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5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der...

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Heft 21 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 Aufsätze Fehlberatung: Die Schadensentstehung als Voraussetzung des Verjährungsbeginns (RiBGH Prof. Dr. Markus Gehrlein) 1225 Prozesskostenhilfe: Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Prozesskostenhilfe (RAuFAFamR Michael Nickel) 1227 MDR-Arbeitshilfe Arbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungs- management (RA Volker Stück) 1235 Rechtsprechung WEG-Recht: Änderung des Verteilungs- schlüssels durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer (BGH v. 16.7.2010)1241 Baurecht: Verfolgung von Gewährleistungs- rechten durch die Wohnungseigentümer- gemeinschaft (BGH v. 19.8.2010) 1247 Kapitalanlagebetrug: Anrechnung von Steu- ervorteilen bei Schadensersatzansprüchen (BGH v. 15.7.2010) 1255 Familienrecht: Auswahl des Sachverständi- gen in Betreuungssachen (BGH v. 15.9.2010) 1264 Arbeitsrecht: Voraussetzungen der Insolvenz- sicherung von betrieblicher Altersversorgung (BAG v. 16.3.2010) 1267 Gesellschaftsrecht: Haftung des Anlegers trotz Widerrufs nach dem HWiG (BGH v. 12.7.2010) 1270 Verfahrensrecht: Bestellung bzw. Begrün- dung der Nichtbestellung eines Verfahrens- pflegers nach § 276 FamFG (BGH v. 4.8.2010) 1278 Kostenrecht: Keine notwendigen Kosten bei Vertretung mehrerer Kläger durch verschiede- ne Rechtsanwälte (BGH v. 8.7.2010) 1286
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Page 1: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

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Heft 215. November 2010 S. 1225–1288PVSt 4954

AufsätzeFehlberatung: Die Schadensentstehung alsVoraussetzung des Verjährungsbeginns(RiBGH Prof. Dr. Markus Gehrlein) 1225Prozesskostenhilfe: Aktuelle Entwicklungenin der Rechtsprechung zur Prozesskostenhilfe(RAuFAFamR Michael Nickel) 1227

MDR-ArbeitshilfeArbeitsrecht: Betriebliches Eingliederungs-management (RA Volker Stück) 1235

RechtsprechungWEG-Recht: Änderung des Verteilungs-schlüssels durch Mehrheitsbeschluss derWohnungseigentümer (BGH v. 16.7.2010)1241Baurecht: Verfolgung von Gewährleistungs-rechten durch die Wohnungseigentümer-gemeinschaft (BGH v. 19.8.2010) 1247Kapitalanlagebetrug: Anrechnung von Steu-ervorteilen bei Schadensersatzansprüchen(BGH v. 15.7.2010) 1255Familienrecht: Auswahl des Sachverständi-gen in Betreuungssachen(BGH v. 15.9.2010) 1264Arbeitsrecht: Voraussetzungen der Insolvenz-sicherung von betrieblicher Altersversorgung(BAG v. 16.3.2010) 1267Gesellschaftsrecht: Haftung des Anlegerstrotz Widerrufs nach dem HWiG(BGH v. 12.7.2010) 1270Verfahrensrecht: Bestellung bzw. Begrün-dung der Nichtbestellung eines Verfahrens-pflegers nach § 276 FamFG(BGH v. 4.8.2010) 1278Kostenrecht: Keine notwendigen Kosten beiVertretung mehrerer Kläger durch verschiede-ne Rechtsanwälte (BGH v. 8.7.2010) 1286

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RAuFAFamR Michael Nickel Aktuelle Rechtsprechung zur Prozesskostenhilfe

Der Überblick schließt an den Beitrag von Michael Nickel in MDR 2009, 1145 an. Schwerpunkte des diesjährigen Beitrags sind die Themen Erfolgsaus­sichten, Mutwilligkeit sowie einzusetzendes Einkommen bzw. Vermögen. 1225

RiBGH Prof. Dr. Markus Gehrlein Verjährungsbeginn bei Fehlberatung

Verletzt ein Steuerberater oder Rechtsberater seine Beratungspflichten, kommt eine Haftung auf Schadensersatz in Betracht. Der Beitrag geht der Frage nach, wann die Verjährung etwaiger Ersatzansprüche beginnt. Dabei nimmt Markus Gehrlein eine differenzierte Betrachtung für Ansprüche gegen Steuerberater und Rechtsanwälte vor und erläutert sowohl Verletzungshand­lungen, die auf pflichtwidrigem Tun als auch Untätigkeit beruhen. 1227

RA Volker Stück Betriebliches Eingliederungsmanagement

Die Umsetzung des § 84 Abs. 2 SGB IX zum betrieblichen Eingliederungs­management bereitet der Praxis oft Schwierigkeiten und wirft zahlreiche Fra­gen auf, mit denen sich die Rechtsprechung schon auseinandergesetzt hat. Volker Stück beleuchtet Voraussetzungen, Verfahren und Rechtsfolgen und gibt praxiserprobte Muster an die Hand. 1235

Die Themen

BGH – Änderung des Verteilun-■■gungsschlüsselsUrt. v. 16.7.2010 – V ZR 221/09

Eine Vereinbarung der Wohnungs­eigentümer, Heizkosten ausschließ­lich nach Verbrauch abzurechnen, kann durch Mehrheitsbeschluss ge­ändert werden. 1241

BGH – Kapitalanlagebetrug■■Teilurt. v. 15.7.2010 – III ZR 336/08

Eine Anrechnung von Steuervortei­len, die sich aus einer Kapitalanlage ergeben, kommt im Schadenser­satzprozess des Anlegers grund­sätzlich nicht in Betracht, wenn auch die Schadensersatzleistung der Be­steuerung unterliegt. 1255

BGH – Verfahrenspfleger■■Beschl. v. 4.8.2010 – XII ZB 167/10

Der BGH entscheidet über die Fra­ge, wann die Bestellung bzw. die Begründung der Nichtbestellung ei­nes Verfahrenspflegers nach § 276 FamFG geboten ist. 1278

Aus der Rechtsprechung

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Probedruck

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AufsätzeRiBGH Prof. Dr. Markus GehrleinFehlberatung – Die Schadensentstehungals Voraussetzung des Verjährungsbeginns 1225

RAuFAFamR Michael NickelAktuelle Entwicklungen in der Rechtspre-chung zur Prozesskostenhilfe 1227

MDR-ArbeitshilfeRA Volker StückBetriebliches Eingliederungsmanagement(BEM) 1235

RechtsprechungVollständige Übersicht auf R4 und R5 1241–1288

64. Jahrgang · Heft 21/2010 · S. 1225–1288

Herausgeber-BeiratRA am BGH Prof. Dr. H. E. BrandnerRA Michael BückenRA Dr. Hubert W. van BührenRiOLG a.D. Peter DavidRA Dietrich FreybergerNotar Prof. Dr. Dr. Herbert GrziwotzRA Dr. Stefan HertwigVorsRiOLG a.D. Lothar JaegerVorsRiOLG Dr. Wolgang KramerRA Dr. Wilhelm Moll, LL.M.RA Dr. Jörg NerlichRA Dr. Hartmut v. RechenbergRA Dr. Martin RehbornRAin Dr. Uta RoessinkRA Prof. Dr. Günter SchmeelVorsRiLG a.D. Prof. Dr. Friedemann SternelRA am BGH Prof. Dr. Volkert VorwerkRA Prof. Dr. Friedrich Graf von Westphalen

Ständige MitarbeiterVorsRiOLG Rolf AlpesRAin Gisela GoebelRAin Dr. Jeanette NolteRiOLG Ralf KremerVorsRiOLG a.D. E. SchüttVorsRiOLG a.D. Dr. Gerhard SittelRiOLG a.D. Rolf M. SpannuthRAin Iris Theves-TelyakarRiAG Roland Zickler

MDR-ReportGesetzgebung/Anwaltschaft/Rechtsprechung aktuell R7Neue Bücher/Neuauflagen R15Impressum/Verlagsrechte/Hinweise R19ADVO-Cartoon: Anwaltsgeschichten R20

MDR-ReportRechtsprechung aktuell R7Veranstaltungen R11Neuauflagen R13Impressum/Verlagsrechte/Hinweise R15ADVO-Cartoon: Recht bildlich R16

Ständige MitarbeiterVorsRiOLG Rolf AlpesRiOLG Manfred ApsRAin Gisela GoebelRAin Dr. Jeanette NolteRiOLG Ralf KremerVorsRiOLG a.D. E. SchüttVorsRiOLG a.D. Dr. Gerhard SittelRiOLG a.D. Rolf M. SpannuthRAin Iris Theves-TelyakarRiAG Roland Zickler

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Rechtsprechung 21/2010 | R4

Miet- und ImmobilienrechtBGH 16.7.2010 V ZR 221/09 Änderung des Verteilungsschlüssels durch Mehrheitsbeschluss der Woh-

nungseigentümer 1241

BGH 16.7.2010 V ZR 215/09 Grundschuld durch Aufrechnung mit Gegenforderung 1242

BGH 15.7.2010 V ZB 107/10 Keine Anwendung des Voreintragungsgrundsatzes beim Inhaber des betrof-fenen Rechts 1242

BGH 9.7.2010 V ZR 202/09 Änderung des Mehrheitsbeschlusses durch neue Vereinbarung 1243

BGH 2.7.2010 V ZR 240/09 Kein Anspruch des Vormerkungsberechtigten 1243

BGH 26.4.2010 II ZR 159/09 Mehrheitlich beschlossene Kündigung der Miteigentümergemeinschaft 1244

OLG Düsseldorf 4.5.2010 I-24 U 195/09 Umsatzrückgang im Einkaufszentrum kein Mietmangel 1244

OLG Stuttgart 26.4.2010 5 U 188/09 Wahrung der Schriftform des § 550 BGB 1245

OLG Celle 3.3.2010 4 W 44/10 Teilung eines mit Vorkaufsrecht begünstigten Grundstücks 1246

Bau- und NachbarrechtBGH 19.8.2010 VII ZR 113/09 Verfolgung von Gewährleistungsrechten durch die Wohnungseigentümer-

gemeinschaft 1247

BGH 19.8.2010 VII ZR 169/09 Haftung des Baugeldempfängers nach dem ehemaligen GSB 1249

BGH 5.8.2010 VII ZR 14/09 HOAI: Berücksichtigung von Nachträgen bei dem Kostenanschlag für Leis-tungsphasen 5 – 7 1250

BGH 22.7.2010 VII ZR 176/09 Berücksichtigung der Umsatzsteuer bei Schadensersatz statt der Leistung 1251

BGH 21.5.2010 V ZR 10/10 Sondereigentum: Nachbarrechtlicher Ausgleichsanspruch 1252

Kfz-Recht und VerkehrOLG Schleswig 15.4.2010 7 U 17/09 Sturz eines Radfahrers ohne Kollision 1253

LG München I 11.5.2010 17 O 13169/09 Kollision nach Rückwärts-Anfahrt von Bürgersteig aus 1253

Haftungs- und VersicherungsrechtBGH 4.8.2010 XII ZR 118/08 Haftung bei einer Gebrauchsüberlassung aus Gefälligkeit 1254

BGH 15.7.2010 III ZR 336/08 Anrechnung von Steuervorteilen bei Schadensersatzansprüchen aus Ka-pitalanlagebetrug 1255

BGH 14.7.2010 IV ZR 208/09 Lebensversicherung: Verjährung des Anspruches auf weitergehende Rück-vergütung 1257

BGH 30.6.2010 IV ZR 163/09 Darlegungs- und Beweislast bei der Krankentagegeldversicherung 1258

OLG Schleswig 9.8.2010 4 U 105/09 Haftung des Gutachters einer Unfallversicherung 1259

OLG Saarbrücken 29.6.2010 4 U 482/09-140 Verkehrssicherungspflicht für Parkplätze 1260

OLG Zweibrücken 7.6.2010 4 W 53/10 Anspruch wegen Veröffentlichung eines Lichtbildes 1261

OLG Koblenz 30.4.2010 10 U 827/09 Gebäudeversicherer-Ausgleichsanspruch des geschädigten Eigentümers gg.Mieter-Haftpflichtversicherer 1262

OLG Saarbrücken 4.5.2010 4 U 272/09-76 Haftung des Trägers der Straßenbaulast für Verlässlichkeit eines Verkehrs-spiegels 1263

Familien- und ErbrechtBGH 15.9.2010 XII ZB 383/10 Auswahl des Sachverständigen in Betreuungssachen 1264

OLG Oldenburg 16.6.2010 5 U 138/09 Verpflichtung eines Ehegatten zur Zahlung hoher Maklercourtage 1265

OLG München 19.5.2010 31 Wx 38/10 Teilwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments 1266

OLG Düsseldorf 12.3.2010 I-22 U 142/09 Mietkosten bei Auszug des Ehegatten 1266

Arbeits- und SozialrechtBAG 16.3.2010 3 AZR 594/09 Voraussetzungen der Insolvenzsicherung von betrieblicher Altersversor-

gung 1267

BAG 23.2.2010 9 AZR 44/09 Durchgriffshaftung bei unterbliebener Sicherung der Wertguthaben gegenInsolvenz 1268

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Handels- und GesellschaftsrechtBGH 19.7.2010 II ZR 56/09 Gesamtvertretung bei der GbR 1269

BGH 12.7.2010 II ZR 269/07 Gesellschaftsrechtliche Haftung des Anlegers trotz Widerrufs nach demHWiG 1270

BGH 21.6.2010 II ZR 230/08 GmbH-Gesellschafterversammlung: Stimmverbot bei Abstimmung über dieVersammlungsleitung 1271

BGH 31.5.2010 II ZR 105/09 Aktiengesellschaft: Berechnung der Einberufungsfrist nach altem Recht 1272

OLG München 28.7.2010 31 Wx 129/10 Keine Bindung des Registergerichts an die grafische Gestaltung einer ange-meldeten Firma 1273

OLG München 21.4.2010 7 U 5369/09 Inhalt des Buchauszugs für den Handelsvertreter 1273

Wettbewerbsrecht und gewerblicher RechtsschutzBGH 31.3.2010 I ZR 75/08 Tagesrabatt: Kein übertriebenes Anlocken 1274

BGH 25.3.2010 I ZR 197/08 Treuhänderische Domain-Registrierung 1275

BGH 11.3.2010 I ZR 123/08 Aktualität bei Preisvergleichsportal im Internet 1276

BGH 4.2.2010 I ZR 51/08 Eingabe eines Zeichens als Suchwort für Internetsuchmaschine 1277

OLG Saarbrücken 23.6.2010 1 U 365/09-91 Rechtsmissbräuchliches Vorgehen nur gegen Nicht-Mitglieder 1278

VerfahrensrechtBGH 4.8.2010 XII ZB 167/10 Bestellung bzw. Begründung der Nichtbestellung eines Verfahrenspfle-

gers nach § 276 FamFG 1278

BGH 31.5.2010 II ZB 9/09 Rechtsmittel einer nicht mehr existenten Partei 1279

BGH 27.4.2010 IX ZR 108/09 Internationale Zuständigkeit bei Klage über Vertrag mit unterschiedlichen Er-füllungsorten 1280

OLG Hamm 29.6.2010 I-1 W 51/10 Erfolglose Richterablehnung 1282

OLG Rostock 24.6.2010 5 W 37/10 Geschäftswert bei Unternehmensverkauf 1282

OLG Rostock 10.6.2010 3 U 154/09 Klage auf Löschungsbewilligung einer Hypothek 1283

OLG Saarbrücken 8.6.2010 6 WF 56/10 Verweigerung von PKH wegen Anspruchs auf Prozesskostenvorschuss 1284

LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285

Gebühren und KostenBGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine notwendigen Kosten bei Vertretung mehrerer Kläger durch ver-

schiedene Rechtsanwälte 1286

BGH 24.6.2010 VII ZB 6/09 Notwendige Kosten des Berufungsbeklagten 1287

OLG Köln 28.4.2010 17 W 60/10 Flugreisekosten eines RA 1287

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BGH – Ausgleichsanspruch bei Annullierung des ZubringerflugsDas klagende Luftverkehrsunternehmen KLM macht einen nach Grund und Höhe unstreitigen Anspruch auf Vergütung für einen Flug von Berlin über Amsterdam nach Curaçao und zurück nach Amsterdam geltend. Der Beklagte hat gegenüber der auf Zahlung des Flugpreises und Erstattung der vorgerichtlichen Anwalts­kosten gerichteten Klage mit einem Anspruch auf Ausgleichszahlung gemäß Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 (Fluggastrechteverordnung) wegen Stornie­rung der ersten Teilstrecke eines Flugs durch die Beklagte im Mai 2005 aufgerechnet. Dieser Flug von Berlin nach Amsterdam war für den 3. Mai 2005 um 11:40 Uhr vorgesehen, der Anschlussflug von Amster­dam nach Aruba sollte um 14:25 Uhr starten. Ungefähr zwei Stunden vor dem Abflug aus Berlin zog die Klägerin die Flugscheine ein und gab stattdessen Flugscheine für einen Flug am darauf folgenden Tag mit Abflug in Berlin um 9:05 Uhr und Abflug in Amsterdam um 14:25 Uhr aus. Der Beklagte und seine Ehefrau kamen deshalb einen Tag später in Aruba an.

Das AG hat den Gegenanspruch des Beklagten in Höhe von 600 EUR pro Person als begründet angese­hen und deshalb die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist im Ergebnis erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Beklagte für jede Teilstrecke einen gesonderten Ausgleichsan­spruch geltend machen könne. Für die Strecke zwi­schen Berlin und Amsterdam stehe dem Beklagten wegen der Annullierung des Flugs ein Entschädigungs­anspruch in Höhe von 250 EUR pro Person zu. Für die Strecke Amsterdam – Aruba ergebe sich ein weiterer Ausgleichsanspruch von 600 EUR pro Person, weil die insoweit gegen den Willen des Beklagten erfolgte Umbuchung dieses Flugs einer Weigerung gleichkom­me, den Beklagten zu befördern.

Der BGH hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass dem Beklagten schon wegen der Annullierung des Fluges von Berlin nach Amsterdam ein Ausgleichsanspruch von 600 EUR pro Person zusteht. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist für die Bemessung der Aus­gleichszahlung nicht nur die Entfernung zum Zielort des annullierten Zubringerflugs maßgeblich. Vielmehr sind im Falle von direkten Anschlussflügen auch die weiteren Zielorte zu berücksichtigen, an denen der Fluggast infolge der Annullierung verspätet ankommt. Dies ergibt sich aus Art. 7 Abs. 1 Satz 2 der Fluggastrechteverord­

nung, der für die Höhe der Ausgleichszahlung an die Entfernung zum „letzten Zielort“ anknüpft. Die Entschei­dung des EuGH in der Rechtssache C­173/07 (Emirates./.Schenkel), wonach Hin­ und Rückflug als gesonderte Flüge im Sinne von Art. 3 der Fluggastrech­teverordnung anzusehen sind, spricht nicht gegen, sondern für diese Auslegung. Bestätigt wird dieses Ergebnis ferner durch die Rechtsprechung des EuGH zum Ausgleichsanspruch wegen erheblicher Verspä­tung. Dieser setzt voraus, dass der Fluggast das Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrt­unternehmen ursprünglich geplanten Ankunftszeit erreicht. Bei direkten Anschlussflügen im Sinne von Art. 2 Buchst. h der Fluggastrechteverordnung ist mithin nicht eine Verspätung am Zielort einer einzelnen Teilstrecke maßgeblich, sondern eine Verspätung am Endziel. Bei einer Annullierung kann nichts anderes gelten. (Urt. v. 14.10.2010 – Xa ZR 15/10)

Mm (Quelle: BGH)

BGH – Rechtsanwaltskosten für die Kündigung durch einen gewerblichen Großvermieter Der BGH hat entschieden, dass es einem gewerblichen Großvermieter in tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fällen zuzumuten ist, ein Kündigungsschrei­ben ohne anwaltliche Hilfe zu verfassen. Die Kosten für einen dennoch beauftragten Rechtsanwalt sind daher vom Mieter nicht zu erstatten.

Die Klägerin ist ein Unternehmen der Wohnungswirt­schaft, das über eine Vielzahl von Wohnungen verfügt und diese gewerblich vermietet. Die Beklagten, die eine Wohnung von der Klägerin gemietet haben, gerieten mit zwei Monatsmieten in Rückstand. Daraufhin erklärte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben die fristlose Kündigung des Mietvertrags gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB. Die Klägerin hat mit ihrer Klage Räumung und Herausgabe der Wohnung sowie Zahlung der durch das Kündigungsschreiben entstandenen Rechts­anwaltskosten in Höhe von 402,82 EUR begehrt. Hinsichtlich der in der Revision allein noch maßgebli­chen Rechtsanwaltskosten hat das AG die Klage abgewiesen. Das LG hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass Kosten, die aus der Sicht des Vermieters zur Wahrung und Durchsetzung seiner Rechte nicht erforderlich und zweckmäßig sind, vom Mieter nicht als Verzugsschaden zu ersetzen sind. Sofern es sich wie in der entschiedenen Konstellation um einen tatsächlich und rechtlich einfach gelagerten Fall handelt, bedarf ein gewerblicher Großvermieter für die Abfassung einer auf Zahlungsverzug gestützten Kündigung keiner anwaltlichen Hilfe. Dies gilt auch dann, wenn der Großvermieter nicht über eine eigene Rechtsabteilung verfügt. (Urt. v. 6.10.2010 – VIII ZR 271/09)

Mm (Quelle: BGH)

Rechtsprechung aktuell

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BERUFSRECHT

Fehlberatung – Die Schadensentstehung als Voraussetzung des Verjäh-rungsbeginns

RiBGH Prof. Dr. Markus Gehrlein

Verletzt ein Steuerberater oder Rechtsberater seine Bera-tungspflichten, kommt eine Haftung auf Schadensersatzin Betracht. Der Beitrag geht der Frage nach, wann dieVerjährung etwaiger Ersatzansprüche beginnt. Dabeinimmt der Verfasser eine differenzierte Betrachtung fürAnsprüche gegen Steuerberater und Rechtsanwälte vorund erläutert sowohl Verletzungshandlungen, die aufpflichtwidrigem Tun als auch Untätigkeit beruhen.

I. EinleitungAusgangspunkt für die Bestimmung der Verjährungsfris-ten in §§ 51b BRAO a.F., 68 StBerG a.F. bildet die sog.Risiko-Schaden-Formel. Sie ist auch im Rahmen desnach heutigem Recht maßgeblichen § 199 Abs. 1 Nr. 1BGB anzuwenden, weil diese Vorschrift für den Verjäh-rungsbeginn ebenfalls auf die Schadensentstehung ab-stellt. Die außerdem notwendige Kenntnis bzw. grobfahrlässige Unkenntnis des Gläubigers (§ 199 Abs. 1Nr. 2 BGB) kann im vorliegenden Zusammenhang außerBetracht bleiben. Die für den Verjährungsbeginn aus-schlaggebende Schadensentstehung ist anzunehmen,wenn der Schaden wenigstens dem Grunde nach erwach-sen ist, mag seine Höhe noch nicht beziffert werden kön-nen, ferner durch die Verletzungshandlung eine als Scha-den anzusehende Verschlechterung der Vermögenslageeingetreten ist, ohne dass feststehen muss, ob ein Scha-den bestehen bleibt und damit endgültig wird, oder wenneine solche Verschlechterung der Vermögenslage oderauch ein endgültiger Teilschaden entstanden ist und mitder nicht fern liegenden Möglichkeit weiterer, noch nichterkennbarer, adäquat verursachter Nachteile bei verstän-diger Würdigung zu rechnen ist. Unkenntnis des Scha-dens und damit des Ersatzanspruchs hindert den Verjäh-rungsbeginn nicht. Ist dagegen noch offen, ob ein pflicht-widriges, mit einem Risiko behaftetes Verhalten zu einemSchaden führt, ist ein Ersatzanspruch noch nicht entstan-

den, so dass eine Verjährungsfrist nicht in Lauf gesetztwird.1

II. Ersatzanspruch gegen Steuerberater

1. Grundsatz: Bekanntgabe des SteuerbescheidsAuf der Grundlage der Risiko-Schaden-Formel beginntdie Verjährung eines vertraglichen Ersatzanspruchs ge-gen einen Steuerberater, der steuerliche Nachteile seinesMandanten verschuldet hat, regelmäßig mit der Bekannt-gabe des belastenden Steuerbescheids; dessen Bestands-kraft oder Unanfechtbarkeit ist für den Verjährungs-beginn nicht erforderlich. Die Vermögenslage des Man-danten verschlechtert sich infolge der Fehlberatungdurch den Erlass eines ihm nachteiligen Steuerbescheids.Daran ändert es nichts, dass ein solcher Steuerbescheidnoch geändert oder aufgehoben werden kann. Ein Scha-den ist auch dann entstanden, wenn noch nicht feststeht,ob er bestehen bleibt und damit endgültig wird.2 Bestehtder Schaden des Auftraggebers in vermeidbaren Umsatz-steuern infolge fehlerhafter Selbstveranlagung, entsprichtdem Zeitpunkt der Bekanntgabe eines Steuerbescheidsdie Einreichung der Umsatzsteueranmeldung beim Fi-nanzamt. Dies beruht auf dem Umstand, dass die Um-satzsteuer von dem Unternehmer jährlich anzumelden ist(§ 18 Abs. 3 Satz 1 UStG) und die Anmeldung gem.§ 168 Satz 1 AO einer Steuerfestsetzung unter dem Vor-behalt der Nachprüfung gleichsteht.3

2. Sonderfälle

a) Versäumung RechtsbehelfEine verjährungsrechtliche Anknüpfung an den Steuer-bescheid scheidet aber aus, wenn das pflichtwidrige Ver-halten des Steuerberaters erst nach Erlass des Steuer-bescheids einsetzt. Besteht die Pflichtwidrigkeit darin,dass der gebotene Rechtsbehelf gegen den Bescheid nichteingelegt wird, so entsteht der Schaden in dem Augen-blick, in dem der Steuerpflichtige von sich aus nichtmehr durch einen Rechtsbehelf die Abänderung des Steu-erbescheids erwirken kann; die eng begrenzten Abände-rungsmöglichkeiten nach § 173 AO reichen nicht aus,den Eintritt des Schadens erst für den Zeitpunkt anzu-nehmen, von dem an auch sie nicht mehr bestehen. Hatder Steuerberater pflichtwidrig gegen einen Steuer-bescheid keinen Rechtsbehelf eingelegt, so beginnt die

64. Jahrgang · Heft 21/2010 · S. 1225

Der Autor gehört dem IX. Zivilsenat des BGH an.1 BGH v. 2.7.1992 – IX ZR 268/91, BGHZ 119, 69 (70 f.) = MDR

1992, 1088.2 BGH v. 11.5.1995 – IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386 (389 f.) =

MDR 1995, 1070.3 BGH v. 14.7.2005 – IX ZR 284/01, MDR 2006, 21 = WM 2005,

2106 (2107); v. 29.5.2008 – IX ZR 222/06, MDR 2008, 1036 =WM 2008, 1416 (1417 Rz. 19); v. 5.3.2009 – IX ZR 172/05, MDR2009, 865 = WM 2009, 863 (864 Rz. 11).

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Verjährung des Ersatzanspruchs mit Eintritt der Be-standskraft des Bescheids. Hier kann nicht an den Erlassdes Bescheids angeknüpft werden, weil sein Inhalt nichtauf einer Pflichtwidrigkeit des steuerlichen Beraters be-ruht. Vielmehr entsteht der Schaden erst in dem Augen-blick, in dem der Steuerpflichtige von sich aus nichtmehr durch einen Rechtsbehelf die Abänderung des Steu-erbescheids erwirken kann.4 Diese Grundsätze geltenauch, wenn eine Umsatzsteueranmeldung nicht zu bean-standen ist, es der Steuerberater aber versäumt hat, imZeitraum bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist (§§ 164,168 AO) eine etwa auf einer Rechtsprechungsänderungberuhende Korrektur wahrzunehmen. Hier beginnt dieVerjährung mit dem Ende der Festsetzungsfrist zu lau-fen.5

b) Fehler im EinspruchsverfahrenBegeht der Steuerberater im Einspruchsverfahren einenFehler, kann es für den Schadenseintritt und damit denVerjährungsbeginn wiederum nicht auf den Zeitpunktdes früheren Erlasses des Steuerbescheids ankommen;denn ein Schadensersatzanspruch kann nicht entstehen,bevor die den Schaden auslösende Vertragsverletzung be-gangen worden ist. Maßgeblich ist in einem solchen Falldie Bekanntgabe des Bescheids der Finanzbehörde, indem sich der von dem Steuerberater begangene Fehlerniederschlägt; das ist der das Rechtsbehelfsverfahren ab-schließende Einspruchsbescheid.6 Begründet ein steuerli-cher Berater weder einen Einspruch gegen einen belasten-den Steuerbescheid, der nicht auf einer Pflichtverletzungdes Beraters beruht, noch eine nachfolgende Anfech-tungsklage, so beginnt die Verjährung eines vertraglichenSchadensersatzanspruchs des Mandanten wegen desSteuernachteils mit der Bekanntgabe der Einspruchsent-scheidung.7

c) Versäumung einer Einspruchs-, Klage- oder Rechts-mittelfrist

Geht es um die Versäumung einer Einspruchs-, Klage-oder Rechtsmittelfrist durch den Berater, ist der Mandantregelmäßig bereits im Augenblick des Fristablaufs ge-schädigt.8 Der BGH stellt jedoch dann, wenn der Steuer-berater eine Ausschlussfrist nicht beachtet und die Frist-versäumung erst viele Jahre später zu einer dem Man-danten ungünstigen Steuerfestsetzung geführt hat, ausGründen der Rechtssicherheit auf den Erlass des Beschei-des ab.9

d) WürdigungDiese Grundsätze führen zwar – je nach dem, ob dieFehlberatung vor oder nach Erlass des belastenden Steu-erbescheids erfolgt – zu einem unterschiedlichen Beginnder Verjährungsfrist. Unterläuft einem Berater bei derAnmeldung von Umsatzsteuer ein Fehler, steht er sichwegen der ab der Anmeldung laufenden Verjährunggünstiger als ein Berater, der nach der Anmeldung bera-tungsfehlerhaft tätig wird und zu dessen Nachteil derVerjährungsbeginn bis zum Ablauf der gem. §§ 164, 168AO vier Jahre betragenden Festsetzungsfrist hinaus-geschoben ist. Gleichwohl sind diese Grundsätze inhalt-lich aufeinander abgestimmt. Ausgangspunkt bildet dieÜberlegung, dass ein Schadensersatzanspruch nicht ent-stehen kann, bevor die den Schaden auslösende Vertrags-verletzung begangen worden ist.10 Darum ist auf die Ent-scheidung des Finanzamts abzustellen, in der sich ein zu-vor begangener Beratungsfehler manifestiert. Folgerich-tig wird bei der Versäumung einer steuerlichen Aus-schlussfrist ebenfalls der spätere Steuerbescheid als maß-geblich erachtet. Ist der Bescheid inhaltlich nicht durcheine Fehlleistung des Beraters beeinflusst, besteht aber

zugunsten des Mandanten eine Änderungsmöglichkeit,wird an den Ablauf der Rechtsbehelfsfrist angeknüpft.Würde der Verjährung bei Versäumung eines Rechts-behelfs zu einem früheren Zeitpunkt einsetzen, könnte es– auch im Blick auf die Anwaltshaftung – zu Wertungs-widersprüchen kommen.Zum einen wäre es nicht verständlich, wenn ein An-spruch nach § 68 StBerG a.F. bereits verjährt wäre, ob-wohl die vierjährige Frist des §§ 164, 168 AO noch läuftund der Schadenseintritt weiter verhindert werden kann.Dadurch könnte auch die Bereitschaft des Beraters, sichzwecks Verhinderung einer Haftung weiter mit der recht-lichen Entwicklung des Falles auseinander zu setzen, be-einträchtigt werden. Ist der Anspruch verjährt, kannnach den Grundsätzen der Schadenseinheit eine nachfol-gende Pflichtverletzung keinen Ersatzanspruch begrün-den.11 Zum anderen könnte man dem Mandanten kaumdurch eine Sekundärverjährung weiterhelfen, wenn dersteuerliche Berater etwa kurz vor Ablauf des Vorbehaltsder Nachprüfung im Rahmen einer Betriebsprüfung un-tätig bleibt. Denn hier besteht die Pflichtwidrigkeit desSteuerberaters nicht in der versäumten Unterrichtung desMandanten über einen Regressanspruch.12 Dem Beraterwird vielmehr der Fehler vorgeworfen, den Bescheidnicht mit einem noch möglichen Rechtsbehelf angegrif-fen zu haben. Eine Sekundärhaftung kann aber nicht auseiner die Primärhaftung auslösenden Pflichtverletzunghergeleitet werden, die einen eigenständigen Ersatz-anspruch begründet.13

Im Übrigen wird der Berater, der schon eine fehlerhafteVoranmeldung vorgenommen hat, im Verhältnis zu ei-nem Berater, der nach der Anmeldung einen Rechtsbehelfversäumt, nicht notwendig günstiger gestellt, wenn dasMandat bis zum Ablauf des Vorbehalts der Nachprüfungfortdauert. Vielmehr kann ohne weiteres eine Sekundär-haftung eingreifen, wenn der Berater bei späterem Anlassnicht auf den gegen ihn bestehenden Anspruch hinweist.Insoweit ist eine Identität zwischen der dem Primär-anspruch und der den Sekundäranspruch auslösendenPflichtwidrigkeit nicht gegeben, weil durch die fehlerhaf-te Voranmeldung bereits ein Schaden entstanden ist, aufden allein sich die sekundäre Hinweispflicht bezieht.Praktisch wird sich die Hinweispflicht aber vielfach da-hin auswirken, dass der Schaden noch vermieden werdenkann. Günstiger stellt sich der Berater, der eine fehlerhaf-te Voranmeldung zu verantworten hat, in dem Ausnah-mefall, dass erst später als drei Jahre danach Veranlas-sung entsteht, sich mit der Voranmeldung auseinander zusetzen.

III. Ersatzansprüche gegen RechtsanwaltFerner gelten diese Unterscheidungen auch bei der der Ver-jährung gegen einen Anwalt gerichteter Ersatzansprüche.

1226 Gehrlein MDR 21/2010

Berufsrecht

4 BGH v. 20.6.1996 – IX ZR 100/95, MDR 1997, 102 = WM 1996,2066 (2067); v. 12.2.1998 – IX ZR 190/97, WM 1998, 786 (787).

5 BGH v. 23.9.2010 – IX ZR 26/09.6 BGH v. 20.6.1996 – IX ZR 100/95, MDR 1997, 102 = WM 1996,

2066 (2068).7 BGH v. 12.2.1998 – IX ZR 190/97, WM 1998, 786 (787 f.).8 BGH v. 16.10.2008 – IX ZR 135/07, MDR 2009, 143 = WM 2008,

2307 (2308 Rz. 14).9 BGH v. 3.11.2005 – IX ZR 208/04, MDR 2006, 419 = WM 2006,

590 (591).10 BGH v. 20.6.1996 – IX ZR 100/95, MDR 1997, 102 = WM 1996,

2066 (2068).11 BGH v. 12.2.1998 – IX ZR 190/97, WM 1998, 786 (787 f.).12 BGH v. 11.5.1995 – IX ZR 140/94, BGHZ 129, 386 (391) = MDR

1995, 1070.13 BGH v. 4.4.1991 – IX ZR 215/90, BGHZ 114, 150 (157) 159 =

MDR 1991, 726.

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MDR 21/2010 Nickel 1227

Prozesskostenhilfe

1. GrundsatzIn der Regel verschlechtert sich die Vermögenslage desMandanten bereits mit der ersten nachteiligen Gerichts-entscheidung infolge anwaltlichen Fehlverhaltens in ei-nem Verfahren; die frühere Ansicht, ein Schaden infolgeeines Anwaltsfehlers im Prozess sei regelmäßig nochnicht eingetreten, solange nicht auszuschließen sei, dassdie Entscheidung in einem weiteren Rechtszug zugunstendes Mandanten geändert werde, hat der BGH aufgege-ben. Ausschlaggebend für die Anknüpfung an die erstenachteilige Entscheidung ist, dass sich damit die Ver-mögenslage des Betroffenen objektiv spürbar verschlech-tert und es unsicher ist, ob diese Vermögensverschlechte-rung durch eine spätere Aufhebung der Entscheidungwieder wegfällt.14 Damit wird ebenso wie bei einemnachteiligen Steuerbescheid auf das erste dem Mandan-ten nachteilige staatliche Erkenntnis abgestellt.

2. Nichtverhinderung der VerjährungLässt der Rechtsanwalt einen Anspruch seines Mandan-ten verjähren, entsteht der Schaden mit Ablauf der Ver-

jährungsfrist. Erst ab diesem Zeitpunkt verjährt der Er-satzanspruch gegen den Anwalt. Obwohl die Verjährungnur auf Einrede berücksichtigt wird, ist zumindest beistreitigen Ansprüchen ein Schaden infolge des Ablaufsder Verjährungsfrist zu bejahen, weil nach der Lebens-erfahrung damit gerechnet werden muss, dass derSchuldner zur Abwehr des erhobenen Anspruchs von derVerjährungseinrede Gebrauch machen wird.15 Erleidetder Mandant durch eine Unterhaltsbelastung für einnicht von ihm stammendes Kind einen Schaden, so wirddie Verjährung erst mit Ablauf der Anfechtungsfrist inGang gesetzt.16 Auch hier kommt es zu einer verjäh-rungsrechtlichen Schlechterstellung eines Beraters, derdie Geltendmachung eines Anspruchs über den Ablaufder Verjährungs- bzw. Anfechtungsfrist hinaus verzögert,im Vergleich zu einem solchen Berater, der einen begrün-deten Anspruch nicht durchzusetzen vermag und ein kla-geabweisendes Urteil erstreitet.

IV. FazitFür den Beginn der Verjährung von gegen Steuerberaterund Rechtsanwälte gerichteten Ersatzansprüchen ist stetsdie konkrete Art der Pflichtverletzung maßgeblich. Ma-nifestiert sich der Beratungsfehler in einer behördlichenoder gerichtlichen Entscheidung, setzt die Verjährungs-frist bereits mit der Bekanntgabe der Entscheidung ein.Beruht der von dem Mandanten erlittene Rechtsnachteilhingegen auf einer Untätigkeit seines rechtlichen Bera-ters, greift eine Verjährung erst ab dem Zeitpunkt, indem der Rechtsnachteil wegen des Ablaufs einer Rechts-behelfs- oder sonstigen Frist nicht mehr beseitigt werdenkann.

PROZESSKOSTENHILFE

Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung zur ProzesskostenhilfeRAuFAFamR Michael Nickel

Der folgende Überblick schließt an den Beitrag des Au-tors in MDR 2009, 1145 an. Schwerpunkte des diesjäh-rigen Beitrags sind die Themen Erfolgsaussichten, Mut-willigkeit sowie einzusetzendes Einkommen bzw. Ver-mögen.

I. Erfolgsaussichten

1. AnforderungenWird PKH für die Durchführung eines selbstständigenBeweisverfahrens beantragt, sind nicht die Erfolgsaus-

sichten einer beabsichtigten Klage, sondern die des Be-weisverfahrens ausschlaggebend. In einem solchen Fallkann PKH wegen fehlender Erfolgsaussichten einer beab-sichtigten Klage nur dann verweigert werden, wenn einAnspruch offensichtlich nicht besteht.1 Nach der ständi-gen Rechtsprechung des BVerfG sind an die Erfolgsaus-sichten keine überspannten Anforderungen zu stellen.2PKH ist daher schon dann zu bewilligen, wenn eine er-folgreiche Beweisaufnahme ernsthaft in Betrachtkommt.3 Die fehlende Begründung einer Klage alleinrechtfertigt nicht bereits die Ablehnung des PKH-An-trags.4

PKH darf daher insbesondere dann nicht versagt werden,wenn die Entscheidung in der Hauptsache von einerschwierigen, bisher ungeklärten Rechtsfrage abhängtund die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsver-teidigung damit grundsätzliche Bedeutung hat.5 Ist eineNichtzulassungsbeschwerde gem. § 26 Nr. 8 EGZPOgrundsätzlich zulässig, bestehen Erfolgsaussichten jedochnur wegen eines geringeren als dem Beschwerdewert,darf Prozesskostenhilfe nicht mit der Erwägung versagtwerden, die dann durchgeführte Nichtzulassungsbe-

14 BGH v. 9.12.1999 – IX ZR 129/99, MDR 2000, 481 m. Anm. Otten= WM 2000, 959 (960); v. 27.1.2000 – IX ZR 354/98, MDR 2000,672 = WM 2000, 969 (970); v. 21.2.2002 – IX ZR 127/00, MDR2002, 879 = WM 2002, 1078 (1079); Zugehör in Zugehör/Fischer/Schlee/Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl. Rz. 1347; Fah-rendorf in Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, Die Haftung desRechtsanwalts 8. Aufl. Rz. 1214.

15 BGH v. 21.6.2001 – IX ZR 73/00, MDR 2001, 1381 = NJW 2001,3543 (3544); v. 7.4.2005 – IX ZR 132/01, MDR 2005, 1139 = WM2005, 1812; v. 17.11.2005 – IX ZR 8/04, MDR 2006, 689 = WM2006, 592 (594) = NJW-RR 2006, 275 (276 Rz. 13); Zugehör in Zu-gehör/Fischer/Schlee/Sieg, Handbuch der Anwaltshaftung 2. Aufl.Rz. 1345; Fahrendorf in Fahrendorf/Mennemeyer/Terbille, a.a.O.,Rz. 1204.

16 BGH v. 23.9.19994 – IX ZR 137/03, NJW-RR 2005, 494 (497).

Der Autor ist Rechtsanwalt in Hagen.1 OLG Stuttgart v. 4.12.2009 – 12 W 59/09, MDR 2010, 169.2 Zuletzt BVerfG v. 8.12.2009 – 1 BvR 2733/06, NJW 2010, 1129; v.

11.3.2010 – 1 BvR 3031/08, NJW 2010, 1658.3 LAG Rheinland-Pfalz v. 6.10.2008 – 1 Ta 94/08, juris (Beschwerde

eingelegt: 3 AZB 92/08); OVG Magdeburg v. 7.6.2010 – 4 O 111/10, juris.

4 OVG Münster v. 3.2.2009 – 13 E 1694/08, NJW 2009, 2395.5 BGH FamRZ 2007, 1006; keine Vorwegnahme der Hauptsache:

BVerfG v. 19.2.2008 – 1 BvR 1807/07, MDR 2008, 518 = NJW2008, 1060; unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit: OLG Branden-burg v. 25.11.2008 – 10 WF 163/08, juris; LSG Nordrhein-West-falen v. 21.01.2009 – L 19 B 243/08 AS, juris.

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schwerde sei unzulässig.6 Die Frage, ob und gegebenen-falls in welchen Grenzen entgegen dem eindeutigenWortlaut des § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine Prüfung derErfolgsaussichten oder des Mutwillens möglicherweiseauch bei einem in der Vorinstanz siegreichen Verfahrens-beteiligten verfassungsrechtlich erlaubt oder gar gebotenist, hat das BVerfG ausdrücklich offen gelassen.7

2. Maßgebender Zeitpunkt, KlagerücknahmeHat das Gericht über einen Antrag auf Gewährung vonPKH pflichtwidrig nicht vorab, sondern erst mit derHauptsache entschieden, ist für die Beurteilung der Er-folgsaussicht ausnahmsweise auf die Sachlage abzustel-len, die für den Antragsteller zur Zeit der Klageerhebungbei verständiger Würdigung bestand.8 Haben die Bewil-ligungsvoraussetzungen vor der Rücknahme einer Klagevorgelegen, kann PKH auch noch nach Klagerücknahmebewilligt werden.9 Allerdings ist der Kläger gehalten, ent-weder zugleich in der Klagerücknahme oder jedenfallsim engen zeitlichen Zusammenhang damit deutlich zumachen, dass er trotz der Klagerücknahme an seinemPKH-Antrag festhalten will.10

3. Günstige BeweisprognoseZwar ist eine Beweisantizipation im Verfahren der PKHnur in eng begrenztem Rahmen verfassungsrechtlichnicht zu beanstanden.11 Insbesondere kann der Beweis-wert einer Zeugenaussage ausnahmsweise antizipiertwerden, wenn der benannte Zeuge den Sachverhalt infrüheren Zeugenaussagen bereits zweimal bestritten hatund insoweit behauptete Widersprüche nicht substanti-iert dargelegt werden.12

4. Einzelfällea) ScheidungNach dem FamFG nehmen die Ehe- und Familienstreit-sachen eine Sonderstellung ein: Gemäß § 113 Abs. 1FamFG sind in diesen Verfahren die §§ 76 ff. FamFGvon der Anwendung ausgenommen; stattdessen geltendvon vornherein die Vorschriften der ZPO zur Prozesskos-tenhilfe. Für den Scheidungsantrag des Ehemannes nachpakistanischem Recht („talaq“) liegen hinreichende Er-folgsaussichten vor, wenn die Ehefrau mit der Scheidungeinverstanden ist.13

b) AbstammungssachenBei Abstammungssachen ist grundsätzlich wegen ihrerexistenziellen Bedeutung die Beiordnung eines Anwaltserforderlich, denn die Aufklärung- und Beratungspflichteines Anwalts geht über die Reichweite der Amtsermitt-lungspflicht des Richters hinaus.14 Jedoch liegt Rechts-missbrauch vor, wenn bereits ein gerichtliches Abstam-mungsgutachten mit eindeutigem Ergebnis vorliegt undder Antragsteller nicht auf bessere Methoden der Ab-stammungsklärung hinweist.15

c) Anerkenntnis, Teilrücknahme, KlageänderungEinem Beklagten, der das Klagebegehren anerkennt,kann trotz des Anerkenntnisses PKH gewährt werden,wenn er für die Klageerhebung keine Veranlassung gege-ben hat.16 Dies ist beispielsweise der Fall bei fehlendervorheriger außergerichtlicher Aufforderung zur Erfül-lung des Klageanspruchs17 bei umgehendem Anerkennt-nis nach einer Klageänderung.18 Hingegen gibt ein Un-terhaltsschuldner, der nur Teilleistungen auf den geschul-deten Unterhalt erbringt, auch dann Veranlassung füreine Klage auf den vollen Unterhalt, wenn er zuvor nichtzur Titulierung des freiwillig gezahlten Teils aufgefordertworden ist.19 Hat der Beklagte unmittelbar nach Zustel-lung der Klage sowohl den Auskunftsanspruch als auch

den – noch unbezifferten – Leistungsanspruch anerkannt,ist vor dem Wechsel von der Auskunfts- zur Zahlungsstu-fe ein Versuch erforderlich, seine Zahlungsbereitschaftaußergerichtlich herbeizuführen. Geschieht dies nicht,trägt der Kläger bei sofortigem Anerkenntnis die Verfah-renskosten selbst.20

d) RechtsbehelfeDer BGH hat es für ausreichend erachtet, zur Begrün-dung der Berufung auf Schriftsätze im PKH-Prüfungsver-fahren Bezug zu nehmen,21 was allerdings die Beachtungder Erfordernisse aus § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO, d. h. ins-besondere die Unterzeichnung der Berufungsbegründungvoraussetzt. In Zweifelsfällen ist dennoch dringend zuempfehlen, rechtzeitig die Rechtsauffassung des mit derEntscheidung befassten Senats einzuholen. Beabsichtigtdas Rechtsmittelgericht, das Rechtsmittel wegen der Ver-säumung der Rechtsmittelbegründungsfrist als unzuläs-sig zu verwerfen, ist dem Rechtsmittelführer zuvor Gele-genheit zur Stellungnahme hinsichtlich der Fristversäu-mung zu geben.22

Den Meinungsstreit um die Beantwortung der Frage, obder erstinstanzlich obsiegenden Partei die beantragtePKH mit der Begründung versagt werden darf, dass nochnicht über die Möglichkeit eines Beschlusses nach § 522Abs. 2 ZPO23 entschieden worden sei und deshalb eineNotwendigkeit für die Rechtsverteidigung (noch) nichtbestehe, hat der BGH inzwischen beendet.24 Etwas ande-res gilt allenfalls dann, wenn das Berufungsgericht be-reits ankündigt, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zu-rückweisen zu wollen.25 In diesem Fall hat der Beru-fungsgegner regelmäßig keine Veranlassung, innerhalb

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Prozesskostenhilfe

6 BGH v. 29.1.2009 – VII ZR 187/08, MDR 2009, 459 = NJW 2009,1423.

7 BVerfG v. 29.12.2009 – 1 BvR 1781/09, NJW 2010, 987.8 OVG NRW v. 17.3.2010 – 5 E 1700/09, FuR 2010, 419 m.w.N.9 So bereits OLG Rostock v. 20.3.2001 – 10 WF 48/01, FamRZ 2001,

1468; OLG Hamm v. 17.3.2004 – 11 WF 4/04, FamRZ 2005, 463;zur Kostentragung vgl. BGH v. 18.11.2009 – XII ZB 152/09, MDR2010, 402 = FamRZ 2010, 197 m.w.N.

10 OVG Hamburg v. 26.10.2009 – 5 So 178/09, NJW 2010, 695.11 BVerfG v. 1.7.2009 – 1 BvR 560/08, JurBüro 2009, 547; v.

15.10.2009 – 2 BvR 2438/08, NJW 2010, 287.12 BVerfG v. 15.10.2009 – 2 BvR 2438/08, NJW 2010, 287.13 OLG Frankfurt v. 11.5.2009 – 5 WF 66/09, FamRZ 2009, 1504.14 Anwaltsbeiordnung für das minderjährige Kind: OLG Rostock v.

20.8.2009 – 10 WF 184/09, JurBüro 2009, 647 (Wahlrecht zwischenVertretung durch Jugendamt und Anwalt).

15 OLG Stuttgart v. 10.8.2009 – 17 WF 181/09, FamRZ 2010, 53.16 LG Leipzig v. 20.1.2009 – 3 T 37/09, JurBüro 2009, 264.17 OLG Karlsruhe v. 20.7.2009 – 18 WF 65/09 18 WF 64/09, FamRZ

2009, 1932.18 OLG Celle v. 22.1.2009 – 6 W 5/09, OLGReport Celle 2009, 319.19 BGH v. 2.12.2009 – XII ZB 207/08, MDR 2010, 213 = FamRZ

2010, 195 m. Anm. Gottwald und Schmidt, FamRZ 2010, 447.20 OLG Köln v. 27.3.2009 – 2 W 28/09, NJW-Spezial 2009, 536 (hier:

Stufenklage wegen Pflichtteils).21 BGH v. 5.3.2008 – XII ZB 182/04, MDR 2008, 705 = NJW 2008,

1740.22 BGH v. 24.2.2010 – XII ZB 168/08, MDR 2010, 710 = FamRZ

2010, 882.23 Zu dessen Unanfechtbarkeit vgl. Krüger, NJW 2008, 945 und

BVerfG v. 18.6.2008 – 1 BvR 1336/08, MDR 2008, 991 = FamRZ2008, 2103 (nicht bei umstrittenen, höchstrichterlich nicht geklärtenRechtsfragen) m. Anm. Gottwald.

24 BGH v. 28.4.2010 – XII ZB 180/06, MDR 2010, 828 = FamRZ2010, 1147; zum Entstehen der Verfahrensgebühr für die 2. Instanzvgl. aber OLG Koblenz v. 26.8.2009 – 14 W 538/09, FamRZ 2009,2112 sowie OLG München v. 20.6.2008 – 11 WF 857/08, FamRZ2009, 2113!

25 OLG Schleswig v. 4.9.2008 – 14 U 73/08, NJW-RR 2009, 416; nichtbei entscheidungserheblicher sowie klärungsbedürftiger und klä-rungsfähiger Rechtsfrage: BVerfG v. 4.11.2008 – 1 BvR 2587/06,FamRZ 2009, 192; wegen der Kosten des Anschlussberufungsklä-gers in diesem Fall vgl. OLG Stuttgart v. 23.3.2009 – 12 U 220/08,MDR 2009, 585 = FamRZ 2009, 1701.

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der mit dem Hinweis verbundenen StellungnahmefristKosten auslösende Maßnahmen zu ergreifen.26 Vielmehrdarf er erst nach Bewilligung von PKH und darauf fol-gender Einlegung der Berufung anwaltliche Hilfe in An-spruch nehmen.27 Wird die Berufung danach zurück-genommen, hat ihm der Berufungskläger die entstande-nen Kosten zu erstatten.

e) WiedereinsetzungErheblichen Zündstoff beinhaltet die Entscheidung desBGH vom 6.5.2008:28 Dort hatte die Klägerin zunächst„unbedingt“ Berufung eingelegt.29 Noch während derlaufenden Berufungsbegründungsfrist, jedoch vor derEntscheidung über die Gewährung von PKH reichte ihrBevollmächtigter einen Schriftsatz ein, der zwar den An-forderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO entsprach undinsbesondere auch unterzeichnet, jedoch in der Über-schrift ausdrücklich als „Entwurf“ bezeichnet war. Ob-wohl der Schriftsatz den gesetzlichen Anforderungen aneine Berufungsbegründungsschrift entsprach, wertetenihn das KG Berlin und nachfolgend auch der BGH nichtals solche, sondern nur als Entwurf, weil sich dies miteiner jeden vernünftigen Zweifel ausschließenden Deut-lichkeit ergebe.30 Die durch das Berufungsgericht verwei-gerte Wiedereinsetzung hat der BGH bestätigt mit derBegründung, die Kostenarmut der Berufungsklägerin seinicht ursächlich für die Versäumung der Berufungsfristgeworden.31

Einer solchen Verfahrensweise ist das BVerfG32 inzwi-schen unter Berufung auf das Grundrecht auf effektivenRechtsschutz gem. Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Rechts-staatsprinzip entgegengetreten: Im dort behandelten Fallhatte das LAG München ebenfalls die Wiedereinsetzungin die versäumte Berufungsfrist versagt, nachdem auchdort der Rechtsmittelführer unbedingt Berufung einge-legt hatte. In seiner Berufungsschrift hatte sein Rechts-anwalt jedoch ausgeführt:

Die Vertretung erfolgt unter dem Vorbehalt der Gewäh-rung einer Prozesskostenhilfe. Die Begründung erfolgtnach der Entscheidung über den Prozesskostenhilfe-antrag. (. . .) Berufungsanträge und Berufungsbegrün-dung werden in einem gesonderten Schriftsatz nach-gereicht.

Eine Entscheidung über das PKH-Gesuch unterbliebebenso wie die Einreichung einer Berufungsbegründung.Den späteren Wiedereinsetzungsantrag lehnte das LAGab mit der Begründung, das Nichtvorliegen eines PKH-

Beschlusses stelle keinen Hinderungsgrund dar, die Beru-fungsbegründungsfrist einzuhalten. Das BVerfG hat hier-zu ausgeführt, dass dem – potentiellen – Berufungsklägergrundsätzlich zwei Möglichkeiten gegeben sind, sein Ver-fahren zu gestalten: Entweder könne er PKH für eine be-absichtigte Berufung beantragen oder die Berufung be-reits („unbedingt“) zusammen mit dem Antrag auf Be-willigung von PKH einreichen. Werde in einem solchenFall über den PKH-Antrag nicht vor Ablauf der Beru-fungsbegründungsfrist entschieden und habe der Beru-fungskläger die Berufung deshalb nicht rechtzeitig be-gründen können, sei ihm hinsichtlich der versäumten Be-rufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vori-gen Stand zu gewähren, wenn er sich für bedürftig habehalten dürfen und aus seiner Sicht alles Erforderliche ge-tan habe, damit aufgrund der von ihm eingereichten Un-terlagen ohne Verzögerung über sein PKH-Gesuch ent-schieden werden könne.33 Diese Voraussetzung ist auchdann erfüllt, wenn zwar die Antworten im amtlichenVordruck einzelne Lücken aufweisen, die jedoch auf an-dere Weise geschlossen oder Zweifel beseitigt werdenkönnen, insbesondere durch Bezugnahme auf vorinstanz-liches Vorbringen.34

Insoweit in Übereinstimmung mit dem BGH führt dasBVerfG weiter aus, die fehlende Begründung des Rechts-mittels müsse allerdings gerade auf die Bedürftigkeit derPartei zurückzuführen sein. Zwar könne die erforderli-che Kausalität verneint werden, wenn nicht zu erkennensei, dass der Rechtsanwalt zu einem weiteren Tätigwer-den im Berufungsverfahren nur dann bereit sei, wennPKH bewilligt werde. Dies habe der Bevollmächtigte hierjedoch bereits in der Berufungsschrift eindeutig zum Aus-druck gebracht. Unter diesen Voraussetzungen habe dasLAG die Wiedereinsetzung in die versäumte Berufungs-begründungsfrist auch nicht mit der Begründung ableh-nen dürfen, der Berufungskläger habe die Berufung un-abhängig von der Bewilligung von Prozesskostenhilfeeingelegt. So aber argumentiert der BGH, obwohl derRechtsanwalt des Berufungsklägers dort eine zwar form-gerechte, jedoch ausdrücklich als Entwurf bezeichneteBerufungsbegründung eingereicht hat, die vom BGH aus-drücklich auch nur als Entwurf bewertet wurde.35 DieEntscheidung des BGH vom 6.5.2008 hätte nach alledemeiner Überprüfung durch das BVerfG voraussichtlichnicht standgehalten.

Wird innerhalb der Rechtsmittelfrist weder ein Rechts-mittel eingelegt noch ein vollständiger PKH-Antrag ein-gereicht, kommt eine Wiedereinsetzung nur dann in Be-tracht, wenn der verspätete Eingang der PKH-Erklärungnicht auf einem dem Rechtsmittelführer zuzurechnendenVerschulden beruht.36 Dies setzt insbesondere voraus,dass die Partei dem PKH-Antrag innerhalb der Rechts-mittelfrist alle für die Bewilligung erforderlichen Unterla-gen beifügt.37 Hat der Antragsteller den Beiordnungs-beschluss dahin gehend missverstanden, er brauche selbstnichts weiter zu veranlassen, hat er sich dennoch in ange-messener Zeit nach dem Fortgang der Sache zu erkundi-gen; einen Zeitraum von mehr als 6 Monaten verstrei-chen zu lassen, genügt den Anforderungen in keinem Fal-le.38

Wird die beantragte Prozesskostenhilfe für ein beabsich-tigtes Rechtsmittel nach dem Ablauf der Rechtsmittel-frist verweigert, bleiben der Partei nach der Bekanntgabeder Entscheidung noch höchstens drei bis vier Tage fürdie Überlegung, ob sie das Rechtsmittel auf eigene Kos-ten durchführen will. Danach beginnt die zweiwöchigeFrist des § 234 Abs. 1 ZPO für das Wiedereinsetzungs-gesuch und die damit zu verbindende Einlegung desRechtsmittels, und zwar auch dann, wenn das Gerichtnicht die Mittellosigkeit der Partei, sondern die Erfolgs-

MDR 21/2010 Nickel 1229

Prozesskostenhilfe

26 BGH v. 10.11.2009 – VIII ZB 60/09, FamRZ 2010, 123.27 OLG Karlsruhe v. 6.4.2009 – 13 W 9/09, FamRZ 2010, 61; zu den

verdienten Gebühren vgl. OLG Bremen v. 30.4.2009 – 4 WF 45/09,FamRZ 2010, 61; OLG Düsseldorf v. 14.8.2008 – I-24 W 62/08,FamRZ 2010, 63.

28 BGH v. 6.5.2008 – VI ZB 16/07, MDR 2008, 994 = NJW 2008,2855 m. Anm. Schneider = FamRZ 2008, 1520 m. Anm. Zimmer-mann; zur Gesamtsituation vgl. Henjes, FuR 2009, 559.

29 Vgl. hierzu BGH v. 19.5.2004 – XII ZB 25/04, FamRZ 2004, 1553;v. 20.7.2005 – XII ZB 31/05, FamRZ 2005, 1537.

30 Vgl. hierzu BGH v. 17.12.2008 – XII ZB 185/08, FamRZ 2009,494; v. 24.3.2009 – VI ZB 89/08, FamRZ 2009, 1056; v. 27.5.2009– III ZB 30/09, FamRZ 2009, 1408.

31 Vgl. hierzu BGH v. 24.6.1999 – V ZB 19/99, MDR 1999, 1285 =NJW 1999, 3271.

32 BVerfG v. 11.3.2010 – 1 BvR 290/10, NJW 2010, 2567.33 Vgl. nur BGH v. 13.1.2010 – XII ZB 108/09, MDR 2010, 400 =

FamRZ 2010, 448.34 BGH v. 18.11.2009 – XII ZB 79/09, FamRZ 2010, 283.35 Vgl. zu dieser Problematik auch OLG Schleswig v. 18.2.2010 – 13

UF 167/09, FamRZ 2010, 1359: „Unbedingte“ Klage, es fehlte dieBezeichnung des Schriftsatzes als Entwurf!

36 BGH FamRZ 2008, 1166; vgl. auch BGH v. 6.7.2009 – II ZB 1/09,MDR 2009, 1240 = NJW 2009, 3037.

37 BGH v. 21.1.2009 – IV ZA 17/08, juris.38 BGH v. 28.5.2009 – V ZB 50/09, NJW-RR 2009, 1429.

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aussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung verneinthat.39

Der Umgang mit der Wiedereinsetzung in Ehe- und Fa-milienstreitsachen nach dem FamFG ist nicht unproble-matisch: In Ehe und Familienstreitsachen gelten die all-gemeinen Vorschriften der ZPO (§§ 1 – 252 ZPO) unddie Vorschriften der ZPO über das Verfahren vor denLandgerichten (§§ 253 – 494a ZPO) entsprechend,§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG. Nach § 117 Abs. 1 Satz 1ZPO ist der VKH-Antrag beim Prozessgericht zu stellen.Damit gemeint ist dasjenige Gericht, bei dem das Verfah-ren schwebt oder anhängig gemacht werden soll.40 Da-raus ergibt sich, dass der VKH-Antrag für eine beabsich-tigte Beschwerde beim zuständigen Rechtsmittelgericht,hier also beim OLG einzureichen ist. Nicht etwa ist derVKH-Antrag wegen § 64 Abs. 1 FamFG beim Amts-gericht einzureichen!41

Mit Zugang der VKH-Entscheidung des Rechtsmittel-gerichts beginnt der Lauf der Zwei-Wochen-Frist für denWiedereinsetzungsantrag nach § 234 Abs. 1, Abs. 2ZPO. Ebenso wie der VKH-Antrag ist das Wiedereinset-zungsgesuch an das Beschwerdegericht zu richten, dasnach § 237 ZPO zur Entscheidung über die Einsetzungberufen ist. Darüber hinaus ist ebenfalls innerhalb derWiedereinsetzungsfrist auch die versäumte Verfahrens-handlung nachzuholen, § 236 Abs. 2 Satz 2 ZPO, d. h.innerhalb von zwei Wochen muss auch die Beschwerdeeingelegt werden. Die Frist zur Einlegung der Beschwer-de läuft bereits ab der Bewilligung der VKH, nicht etwaerst ab Bewilligung der Wiedereinsetzung.42 Im Gegen-satz zu VKH-Gesuch und Wiedereinsetzungsantrag istdie Beschwerde nun allerdings beim erstinstanzlichenGericht einzureichen, § 64 Abs. 1 FamFG!43

Damit nicht genug: Zusätzlich ist regelmäßig auch dieBeschwerdebegründung nachzuholen, deren Frist beiEntscheidung über den VKH-Antrag zumeist abgelaufensein wird.44 Auch hierfür ist Wiedereinsetzung zu bean-tragen; die Frist beträgt allerdings nicht zwei Wochen,sondern einen Monat, §§ 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG, 134Abs. 1 Satz 2 ZPO. Ihr Lauf beginnt erst mit Zustellungdes Beschlusses zu laufen, durch den die Wiedereinset-zung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Be-schwerdefrist gewährt worden ist (BGH v. 5.3.2008 –XII ZB 182/04, MDR 2008, 705 = FamRZ 2008, 1063).Beschwerdebegründung und zugehöriger Wiedereinset-zungsantrag sind nun allerdings gem. § 117 Abs. 1 Satz 2FamFG wiederum beim Beschwerdegericht einzureichen.Zur Vermeidung von Haftungsfällen ist nach alledemdringend zu empfehlen, die „in langjähriger Praxis er-probten“ Textbausteine einer eingehenden Kontrolle undggf. Korrektur zu unterziehen!

II. Mutwilligkeit

1. AllgemeinesMutwilligkeit liegt vor, wenn eine nicht kostenarme Par-tei vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe eine au-ßergerichtliche Streitschlichtung versucht hätte.45 Solan-ge ein Betreiben des eigenen Verfahrens in zumutbarerWeise zurückgestellt oder ruhend gestellt werden kann,ist es nicht zu beanstanden, wenn die Fachgerichte davonausgehen, dass eine anwaltliche Vertretung und damitdie Gewährung von PKH nicht erforderlich sind. Dies istz. B. dann der Fall, wenn zum Zeitpunkt der Klageer-hebung bereits Musterverfahren beim Revisionsgerichtanhängig sind.46 Mutwillig soll auch ein Arbeitnehmerhandeln, der im Kündigungsschutzprozess zusätzlich dieEntfernung einer oder mehrerer Abmahnungen aus derPersonalakte begehrt.47

Hingegen ist Mutwilligkeit nicht gegeben, wenn ein Ge-schädigter seinen Schmerzensgeldanspruch auf dem Zi-vilrechtsweg geltend macht, obwohl er – anwaltlich ver-treten – dieses Ziel auch im Adhäsionsverfahren hätteverfolgen können.48 Ebenso liegt keine Mutwilligkeitvor, wenn sich der Unterhaltsschuldner weigert, einen Ti-tel über den freiwillig gezahlten Sockelbetrag zu errich-ten.49 In diesem Zusammenhang ist insbesondere zu be-rücksichtigen, dass ein Schuldner Anlass zur Klage i. Satzv. § 93 ZPO gibt, wenn er nur Teilleistungen erbringt,denn dazu ist er nicht berechtigt.50

Immer noch hoch umstritten ist, ob einem Beklagten, derim PKH-Prüfungsverfahren keine Stellungnahme abge-geben hat, nach Rechtshängigkeit der Klage die Gewäh-rung von PKH für die eigene Verteidigung wegen Mut-willigkeit verweigert werden kann. Dagegen spricht be-reits, dass er zu einer solchen Stellungnahme nach demeindeutigen Wortlaut von § 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO nichtverpflichtet ist.51

Sofern einstweiliger Rechtsschutz voraussetzt, dass einHauptsacheverfahren anhängig ist oder zumindest einPKH-Antrag für ein solches Verfahren gestellt ist, kannnicht die Erfolgsaussicht für die einstweilige Anordnungbejaht, für das Hauptsacheverfahren dagegen verneintwerden.52 Hat das Gericht bereits eine einstweilige An-ordnung in einer Gewaltschutzsache erlassen, so ist dieVerfolgung des gleichen Ziels im Hauptsacheverfahrendann nicht mutwillig, wenn die einstweilige Anordnungnoch nicht zu einer dauerhaften Befriedigung der Betei-ligten geführt hat.53

2. EhesachenFür einen Eheaufhebungsantrag kann VKH wegen Mut-willigkeit nicht gewährt werden, wenn davon ausgegan-gen werden kann, dass die Schließung und die Auf-hebung der Ehe von vornherein von einem einheitlichenWillen umfasst waren.54 Der Antrag auf Bewilligung von

1230 Nickel MDR 21/2010

Prozesskostenhilfe

39 BGH v. 20.1.2009 – VIII ZA 21/08, MDR 2009, 462 = NJW 2009,3038.

40 BGH v. 9.3.1994 – XII ARZ 8/94, NJW-RR 1994, 706; vgl. auch§ 119 Abs. 1 ZPO.

41 Gutjahr in FamVerf, 2. Aufl. 2010, Rz. 102; Horndasch/Viefhues/Göt-sche, Familienverfahrensrecht, 1. Aufl. 2009, Rz. 106 zu § 76FamFG.

42 BGH v. 29.5.2008 – IX ZB 197/07, MDR 2009, 531 = FamRZ2008, 1616.

43 Vgl. Henjes, FuR 2009, 559 f.44 Gutjahr s. Fn. 41, Rz. 108; vgl. jedoch BGH v. 19.5.2004 – XII ZB

25/04, FamRZ 2004, 1553; v. 5.3.2008 – XII ZB 182/04, MDR2008, 705 = FamRZ 2008, 1063.

45 OLG Saarbrücken v. 25.8.2009 – 9 WF 77/09, FamRZ 2010, 310.46 BVerfG v. 18.11.2009 – 1 BvR 2455/08, NJW 2010, 988.47 LAG Hamm, Beschl. v. 22.10.2009 – 14 Ta 85/09, juris.48 OLG Rostock v. 10.06.2010 – 5 W 35/10, juris.49 OLG Karlsruhe v. 14.10.2008 – 5 WF 74/08, FamRZ 2009, 361.50 Vgl. BGH v. 2.12.2009 – XII ZB 207/08, MDR 2010, 213 = FamRZ

2010, 195 m. Anm. Gottwald.51 So u.a. OLG Karlsruhe v. 20.7.2009 – 18 WF 65/09, FamRZ 2009,

1932; jedenfalls bei fehlender anwaltlicher Vertretung: OLG Olden-burg v. 17.2.2009 – 13 WF 24/09, MDR 2009, 834 = FamRZ 2009,895; OLG Brandenburg v. 9.9.2009 – 15 WF 98/09, FamRZ 2010,142; a.A. neuerdings OLG Köln v. 25.9.2008 – 2 W 63/08, JurBüro2009, 145; vgl. die Empfehlungen des Vorstandes des 17. DeutschenFamiliengerichtstages, FuR 2008, 79 (81).

52 Z.B. in Gewaltschutzsachen: OLG Jena v. 13.3.2007 – 1 WF 31/07,FamRZ 2007, 1337.

53 OLG Zweibrücken v. 18.11.2009 – 2 WF 215/09, NJW 2010, 540;vgl. OLG Celle v. 10.5.2010 – 10 WF 147/10, AGS 2010, 334; OLGHamm v. 6.11.2009 – 9 WF 93/09; v. 9.12.2009 – 10 WF 274/09,FamRZ 2010, 825; OLG Stuttgart v. 25.1.2010 – 18 WF 5/10,FamRZ 2010, 1266.

54 OLG Saarbrücken 11.11.2008 – 9 WF 26/08, MDR 2009, 451 =FamRZ 2009, 628; OLG Koblenz v. 20.4.2009 – 11 WF 274/09,FamRZ 2009, 1932; wer würde solches vortragen?!

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VKH zur Scheidung einer Scheinehe wird als miss-bräuchlich betrachtet.55

3. ScheidungsverbundIm Scheidungsverbund muss VKH für sonstige Folgesa-chen außer Versorgungsausgleich56 grundsätzlich geson-dert beantragt und bewilligt werden. Der Abschluss einesVergleichs über nicht im Verbund anhängige Scheidungs-folgen (Mehrvergleich) ist nicht mutwillig,57 vor allemdann nicht, wenn die Einbeziehung dieses Teils in denVergleich auf einer Empfehlung des Gerichts beruht.58

4. Isolierte VerfahrenFür eine Schutzschrift gegen den drohenden Erlass einereinstweiligen Anordnung ist Verfahrenskostenhilfe zu ge-währen, wenn die Schutzschrift genauso dringend gebo-ten erscheint wie eine entsprechende einstweilige Anord-nung selbst.59 Dies gilt in Sorgerechtssachen dann, wennder Erlass einer einstweiligen Anordnung ohne vorherigeAnhörung der Beteiligten und ohne Berücksichtigung derin der Schutzschrift vorgetragenen Argumente das Kin-deswohl erheblich gefährden würde.60 Den Meinungs-streit, ob die Bewilligung von VKH im Rahmen einesUmgangsverfahrens von der vorherigen Inanspruchnah-me des Jugendamtes abhängig gemacht werden darf, hatdas OLG Koblenz bereichert: Danach soll Mutwilligkeitnur dann vorliegen, wenn die Vermittlungsbemühungen

des Jugendamtes voraussichtlich zum Erfolg geführt hät-ten.61 Umstritten ist, ob die Kosten für eine Mediationüber die VKH abgerechnet werden können, wenn sie ineinem anhängigen Sorgerechtsverfahren auf Empfehlungdes Gerichts durchgeführt wurde, für das VKH bereitsbewilligt wurde.62

5. AbstammungssachenWird das im Rahmen einer Vaterschaftsanfechtung An-trag stellende Kind nicht durch das Jugendamt als Bei-stand vertreten, ist ihm im Rahmen der VKH auf Antraggrundsätzlich ein Rechtsanwalt beizuordnen; der Ver-zicht auf eine Beistandschaft durch das Jugendamt istnicht mutwillig.63 Der Beitritt der Kindesmutter aufsei-ten des Kindes in einem Verfahren auf Anfechtung derVaterschaft zur Wahrung ihrer eigenen Rechte ist jeden-falls nach altem Recht regelmäßig nicht mutwillig.64

6. Negativer Feststellungsantrag, GegenantragDies gilt insbesondere für die Stellung eines isoliertenRückforderungsantrags wegen ungerechtfertigt gezahltenUnterhalts, wenn der Unterhaltsschuldner sein Begehrenhilfsweise mit einem Gegenantrag im Rahmen eines Un-terhaltsverfahrens geltend machen kann.65 Wird für ge-trennte Verfahren VKH bewilligt, obwohl die Stellung ei-nes isolierten Antrags bei bestehender Möglichkeit, in ei-nem bereits laufenden Verfahren Gegenantrag zu stellen,für mutwillig erachtet wird,66 hat es damit für die Ver-gütungsfestsetzung grundsätzlich sein Bewenden.67 Den-noch soll die Staatskasse nicht gehindert sein, trotz er-folgter Bewilligung von PKH für getrennt erhobene Kla-gen im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen, ob diedurch den Rechtsanwalt verursachten Kosten überhauptnotwendig waren.68

7. Fehlende VollstreckungsmöglichkeitenVertreten wird, dass die Klage gegen einen völlig ver-mögenslosen Beklagten ohne jede Aussicht auf künftigeerfolgreiche Vollstreckung mutwillig und PKH deshalbzu versagen ist.69 Etwas anderes mag gelten für eine Kla-ge aus Gewinnzusage, sofern nach den Gesamtumstän-den eine Realisierung in der Zwangsvollstreckung aus-sichtslos erscheint.70

III. Einzusetzendes Vermögen

1. AllgemeinesAuch nach Einführung des FamFG sind die wirtschaftli-chen Voraussetzungen unverändert nach § 115 ZPO zubeurteilen. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilungder wirtschaftlichen Verhältnisse ist der Zeitpunkt derEntscheidung, nicht der Entscheidungsreife.71

2. VerfahrenskostenvorschussErforderlich für einen Anspruch auf VKV ist zunächstein Rechtsstreit in einer persönlichen Angelegenheit,§ 1360a Abs. 4 BGB. Die Einzelheiten hierzu sind um-stritten.72 Einigkeit besteht insoweit, dass die Verfahren,die nur dem allgemeinen wirtschaftlichen Interesse einesEhegatten dienen, nicht zu den persönlichen Angelegen-heiten zählen, wie z. B. die Geltendmachung von Ansprü-chen auf Zahlung von Arbeitsentgelt.73 Eine allgemein-gültige Formel, wann diese Voraussetzung erfüllt ist,wurde bislang nicht gefunden. War der Anspruch bei sei-ner Entstehung als persönliche Angelegenheit einzuord-nen, verliert er diese Eigenschaft durch eine neue Ehe-schließung des Anspruchsinhabers nicht.74

Wenngleich unklar ist, was unter dem Begriff der persön-lichen Angelegenheit gem. § 1360a Abs. 4 BGB zu ver-

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Prozesskostenhilfe

55 Generell zur Aufhebung einer Scheinehe AG Pankow-Weißensee v.13.1.2009 – 12 F 5111/07, AG Berlin-Pankow-Weißensee v.13.1.2009 – 12 F 5111/07, FamRZ 2009, 1325, die Beschwerdebeim BGH unter XII ZB 212/09 anhängig!

56 Götsche, ZFE 2009, 368; auch nicht bei einem nach § 50 Abs. 1Nr. 2 VersAusglG wieder aufgenommenen abgetrennten Versor-gungsausgleichverfahren: OLG Rostock v. 19.7.2010 – 10 WF 106/10, juris.

57 OLG München v. 18.3.2009 – 11 WF 812/09, MDR 2009, 1315 =FamRZ 2009, 1779.

58 OVG Bremen v. 28.10.2008 – 1 S 444/08, NVwZ-RR 2009, 271.59 LG Lübeck v. 7.2.2005 – 10 O 40/05, JurBüro 2005, 265; a.A. OLG

Düsseldorf v. 6.3.85 – 3 WF 35/85, FamRZ 1985, 502; Zimmermann,s. Fn. 28, Rz. 13; AG Lübeck SchlHA 2006, 315.

60 OLG Thüringen v. 7.1.2009 – 1 WF 473/08, FamRZ 2010, 141 m.Anm. van Els.

61 OLG Koblenz v. 16.2.2009 – 11 WF 135/09, FamRZ 2009, 1230.62 Dagegen: OLG Dresden v. 9.6.2006 – 20 WF 0739/06, FamRZ

2007, 489; dafür: OLG Rostock v. 5.1.2007 – 8 W 67/06, JurBüro2007, 194 für die Kosten der Terminswahrnehmung bei „gerichts-naher Mediation“; KG v. 31.3.2009 – 1 W 176/07, MDR 2009, 835= NJW 2009, 2754; bei entsprechender Anordnung: AG Eilenburg v.20.4.2007 – 2 F 168/07, FamRZ 2007, 1670; hierzu wiederum abl.OLG Stuttgart v. 10.1.2007 – 17 UF 190/06, FamRZ 2007, 1682.

63 OLG Karlsruhe v. 21.1.2009 – 2 WF 205/08, MDR 2009, 390 =FamRZ 2009, 900 m. Anm. Kemper, FamRZ 2009, 1614 und Müller,FamRB 2009, 142.

64 BGH v. 2.6.2010 – XII ZB 60/09, MDR 2010, 928 = FuR 2010,511.

65 OLG Koblenz v. 26.1.2005 – 5 W 57/05, AnwBl. 2005, 296; OLGKarlsruhe v. 29.11.2005 – 20 WF 120/05, MDR 2006, 875 =FamRZ 2006, 627; zum sog. „unechten Hilfsantrag“ vgl. BGH v.17.6.1992 – XII ZR 119/91, MDR 1992, 1060 = NJW 1992, 2415.

66 OLG Koblenz v. 26.1.2005 – 5 W 57/05, AnwBl. 2005, 296; OLGKarlsruhe v. 29.11.2005 – 20 WF 120/05, MDR 2006, 875 =FamRZ 2006, 627; LAG Düsseldorf v. 13.11.2008 – 3 Ta 619/08,juris.

67 OLG Schleswig v. 12.2.2008 – 15 WF 14/08, FamRZ 2009, 537.68 LAG München, JurBüro 2010, 26 m. abl. Anm. Enders.69 OLG Koblenz v. 3.2.2000 – 8 W 68/00, FamRZ 2001, 234; OLG

Dresden v. 23.12.2003 – 8 W 781/03, JurBüro 2004, 147; nicht je-doch im Falle von Schmerzensgeldansprüchen: LG Osnabrück v.12.10.2009 – 7 T 615/09, JurBüro 2010, 40.

70 OLG Koblenz v. 30.4.2009 – 5 W 282/09, MDR 2009, 825 (hier:schweizerische Briefkastenfirma).

71 OVG Lüneburg v. 4.2.2010 – 4 PA 117/09, juris.72 Eingehend hierzu BGH v. 25.11.2009 – XII ZB 46/09, MDR 2010,

214 = FamRZ 2010, 189 m. Anm. Borth.73 LAG Hamm v. 7.12.2009 – 14 Ta 489/09, FamRZ 2010, 828.74 BGH, s. Fn. 72.

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stehen ist, richtet sich der Anspruch unzweifelhaft gegenden „anderen Ehegatten“. Ein Anspruch auf Prozesskos-tenvorschuss gegen den neuen Ehepartner wäre deshalbnur dann abzulehnen, wenn § 1360a Abs. 4 BGB voraus-setzen würde, dass der Anspruch seine Wurzel in der per-sönlichen Beziehung zum neuen Partner hat. Eine dahingehende Auslegung hat der BGH jedoch ausdrücklich ab-gelehnt: Die gegenteilige Auffassung, wonach ver-mögensrechtliche Ansprüche ihre Wurzeln in der ehe-lichen Lebensgemeinschaft oder in den aus der Ehe er-wachsenen persönlichen oder wirtschaftlichen Beziehun-gen haben müssten und daher Unterhalts- oder Zuge-winnausgleichsansprüche aus einer früheren Ehe vom jet-zigen Ehepartner nicht zu finanzieren seien, weil ihnendie Beziehung zur gemeinsamen Lebensführung in derjetzigen Ehe fehle, finde im Gesetz keine Stütze. Wortlautund Sinnzusammenhang sprächen dafür, die Vorschuss-pflicht als eine Unterstützungspflicht des leistungsfähigenEhegatten anzusehen, die ihre innere Rechtfertigung inder gegenseitigen personalen Verantwortung aus der ehe-lichen Lebensgemeinschaft findet und der allgemeinenunterhaltsrechtlichen Pflicht zum finanziellen Beistandam Nächsten komme. Schließlich widerspräche eine ein-schränkende Auslegung dem Grundsatz, dass Familien-solidarität staatlicher Fürsorge vorgehe. Eine Auslegung,die dazu führe, dass – entgegen dem Wortlaut des Geset-zes – nicht der leistungsfähige (neue) Ehepartner, sonderndie staatliche Gemeinschaft in Form staatlicher Kosten-hilfe ein gerichtliches Verfahren finanzieren müsse, seiabzulehnen.75

Die bedürftige Partei kann nur u. a. dann auf einen VKVnach § 115 Abs. 3 ZPO verwiesen werden, wenn der gel-tend zu machende Anspruch alsbald realisiert werdenkann.76 Jedenfalls ist keinem Hilfebedürftigen zuzumu-ten, vor Beginn seines eigentlichen Rechtsstreits einenweiteren unsicheren Prozess um den Kostenvorschuss zuführen.77 Daher kommt insbesondere im Eilverfahreneine Verweisung des Antragstellers auf einen Vorschuss-anspruch in aller Regel nicht in Betracht, wenn dieser er-sichtlich zuvor erst noch gerichtlich durchgesetzt werdenmüsste. Dies gilt erst recht dann, wenn eine anteiligeHaftung mehrerer Vorschusspflichtiger in Betrachtkommt.78

Nach wie vor umstritten ist die Frage, wie die Inan-spruchnahme eines selbst VKH-berechtigten Ehegattenzu behandeln ist:

Nach der in der Rechtsprechung überwiegend vertre-tenen Auffassung besteht bereits generell keine Ver-pflichtung zur Leistung eines VKV, wenn der Ehegat-te selbst Anspruch auf Bewilligung von VKH – mitoder ohne Ratenzahlungsbestimmung – hätte.79

Nach anderer Auffassung ist der Antragsteller zurZahlung eben dieses Ratenbetrages aus seinem Ver-mögen verpflichtet, wobei Teilleistungen angeordnetwerden können.80 Im Übrigen ist eine eigene VKH-Rate des Ehegatten als besondere Belastung von sei-nem Einkommen abgezogen werden.81

Ob eine nach Abschluss des Rechtsstreits erfolgte erneuteEheschließung einen VKV-Anspruch auslösen kann, warfrüher sehr umstritten. Nach einer Entscheidung desBGH82 besteht jedoch für einen Anspruch auf Zugewinn-ausgleich ein Prozesskostenvorschussanspruch gegen denneuen Ehegatten. Auch das volljährige Kind hat einenAnspruch auf VKV.83 Nicht unproblematisch ist die Be-handlung eines gezahlten Verfahrenskostenvorschussesim späteren Kostenfestsetzungsverfahren: Der Vorschusskann regelmäßig nur dann berücksichtigt werden, wenner unstreitig ist und der Deckung der betreffenden Kos-ten diente oder aber der Vorschussempfänger selbst dieAbsetzung beantragt.84

2. Einzelne VermögensbestandteileDie Behandlung von Bausparguthaben ist umstritten:Z. T. wird vertreten, dass sein Einsatz in Höhe des Gut-habens über dem Schonvermögen jedenfalls bei zutei-lungsreifen Bausparverträgen erforderlich ist.85

Nur das selbst genutzte Familienheim ist Schonver-mögen.86 Bestehen Unsicherheiten, ob bei der Veräuße-rung eines Hauses ein Erlös erzielt wird, der die Belas-tungen des Hauses übersteigt, ist kein verwertbares Ver-mögen vorhanden.87 Außerdem kann die Veräußerungeines Hauses im Einzelfall unzumutbar sein, wenn diemit dem Verkauf verbundenen Kosten (Maklerhonorar,Umzugskosten, Notarkosten, Kosten im Zusammenhangmit der Finanzierung) voraussichtlich weit höher sind alsdie zu erwartenden Prozesskosten88 oder eine schnelleVeräußerung ausscheidet und es um die Durchsetzungvon keinen Aufschub duldenden Forderungen, nament-lich Unterhaltsforderungen geht.89

(Nur bereits vorhandener90) Hausrat gehört in angemes-senem Umfang zum Schonvermögen, § 90 Abs. 2 Nr. 4SGB XII.Kostenerstattungsansprüche gegen den in die Kosten ver-urteilten Gegner stellen einsetzbares Vermögen dar. Inso-weit kommt die Bewilligung von PKH nur dann in Be-tracht, wenn die Kosten beim Gegner nicht beizutreibensind.91

Ein Pkw gehört auch dann zum geschützten Vermögen,wenn sein Wert 2.300 EUR übersteigt, wenn seine Nut-zung namentlich zu persönlichen anzuerkennenden Zwe-cken erforderlich ist.92 Etwas anderes gilt nur dann,wenn der Wert nicht mehr im angemessenen Verhältniszu der als notwendig anzusehenden Nutzung steht.93

Hinsichtlich des Einsatzes des Rückkaufswertes privaterLebens- und Rentenversicherungen zur Bestreitung vonProzesskosten besteht Uneinigkeit insbesondere dann,wenn der Rückkaufswert die Schongrenzen nach § 90SGB XII übersteigt. Folgende Auffassungen werden ver-treten:

1232 Nickel MDR 21/2010

Prozesskostenhilfe

75 BGH, s. Fn. 72.76 BGH v. 10.7.2008 – VII ZB 25/08, MDR 2008, 1232 = FamRZ

2008, 1842; LAG Berlin-Brandenburg, FamRZ 2010, 143.77 LAG Berlin-Brandenburg v. 26.6.2009 – 26 Ta 788/09, FamRZ

2010, 143 (hier: Vorschussanspruch eines volljährigen Kindes).78 OLG Saarbrücken v. 8.6.2010 – 6 WF 56/10, juris.79 So u.a. OLG Celle v. 29.7.2009 – 10 WF 222/09, MDR 2009, 1410

= FamRZ 2010, 53.80 So u.a. OLG Saarbrücken v. 20.8.2009 – 6 WF 84/09, FamRZ 2010,

749; ebenso bei volljährigen Kindern: OLG Schleswig v. 1.8.2008 –4 U 52/08, MDR 2009, 393 = FamRZ 2009, 897.

81 So u.a. OLG Stuttgart v. 11.2.2009 – 8 WF 17/09, FamRZ 2009,1163.

82 BGH v. 25.11.2009 – XII ZB 46/09, MDR 2010, 214 = FamRZ2010, 189 m. Anm. Borth.

83 LAG Berlin-Brandenburg v. 26.6.2009 – 26 Ta 788/09, FamRZ2010, 143 (auch zum Darlegungsumfang).

84 BGH v. 9.12.2009 – XII ZB 79/06, MDR 2010, 412 = FamRZ 2010,452 m. Anm. Baronin von König; zur unterhaltsrechtlichen Behand-lung vgl. OLG Düsseldorf v. 24.4.1998 – 3 UF 202/97, FamRZ1999, 44.

85 OLG Stuttgart v. 15.7.2009 – 8 WF 105/09, OLG Stuttgart v.15.7.2009 – 8 WF 105/09, FamRZ 2010, 311; a.A. OLG Branden-burg v. 5.8.2008 – 9 UF 67/08, FamRZ 2009, 986.

86 Vgl. OLG Koblenz v. 10.3.2009 – 9 WF 152/09, FamRZ 2009, 1506für nicht selbst genutzte Eigentumswohnung.

87 OLG Brandenburg v. 9.2.2009 – 9 WF 352/08, FamRZ 2009, 1233.88 OLG Brandenburg, s. Fn. 87; vgl. BSG v. 6.12.2007 – B 14/7b AS

46/06 R, FamRZ 2008, 1250.89 OLG Brandenburg, s. Fn. 87.90 OLG Stuttgart v. 15.7.2009 – 8 WF 105/09, FamRZ 2010, 311.91 OLG Celle v. 20.3.2009 – 2 U 121/08, NJW 2009, 2755.92 OLG Stuttgart v. 9.4.2010 – 13 W 17/10, MDR 2010, 1014 = juris.93 „Wenn man einen Pkw für notwendig halten wollte, muss es kein

Mercedes 280 im Wert von 13.000,00 EUR sein“: OLG Stuttgart v.9.4.2010 – 13 W 17/10, MDR 2010, 1014 = juris.

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Grundsätzlich wird die Verwertung einer privatenKapitallebensversicherung z.B. durch Rückkauf fürzumutbar gehalten, um von dem Erlös die Prozess-kosten zu bestreiten.94 Dies gilt regelmäßig dann,wenn über das Kapital aus der Versicherung jederzeitfrei verfügt werden kann, auch wenn die Versiche-rung zur Alterssicherung bestimmt ist.95

Zwar kann die Verwertung einer Lebensversicherungoder Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht stelltgem. § 90 Abs. 3 SGB XII eine Härte darstellen,wenn sie erkennbar der Altersvorsorge dient. Vo-raussetzung dazu ist allerdings, dass die Ausgestal-tung des Versicherungsvertrages vergleichbar denstattlich geförderten Altersvorsorgeformen ist, wasnach Ansicht des OLG Brandenburg bei einer kapi-talbildenden Lebensversicherung erkennbar nichtder Fall ist. Dass der Antragsteller angesichts seinerbisherigen Altersvorsorge zwingend auf das Vorhan-densein der kapitalbildenden Lebensversicherung an-gewiesen sein wird, setzt in jedem Fall einen entspre-chend substantiierten Vortrag voraus.96

Nur wenn die Lebensversicherung unverwertbar, z.B. unpfändbar nach §§ 811, 812 ZPO ist, oder wenndie Veräußerung wirtschaftlich unvertretbar er-scheint, ist in Ausnahmefällen Zumutbarkeit zu ver-neinen. In aller Regel ist der Einsatz aber auch dannzumutbar, wenn mit der vorzeitigen Kündigung Ein-bußen verbunden sind; die hiermit verbundenenNachteile fallen in die Risikosphäre des Antragstel-lers.97

Lebensversicherungen eines Selbstständigen, die derAltersversorgung dienen, stehen der Bewilligung vonPKH zwar nicht grundsätzlich entgegen.98 Sie kön-nen jedoch dann von der Vermögensverwertung aus-zunehmen sein, wenn der Selbstständige keine hinrei-

chende Alterssicherung in der gesetzlichen Renten-versicherung hat.99

4. FreibeträgeDie Vermögensfreibeträge regelt § 115 Abs. 3 i.V.m. § 90Abs. 2 Nr. 9 SGB XII. Nach § 1 Abs. 1 der dazu ergange-nen Verordnung gelten für die PKH folgende Freibeträge:

Der Freibetrag für den Antragsteller beträgt 2.600EUR, weil die ganz herrschende Meinung die PKHihrer Rechtsnatur nach nicht der „Hilfe zum Lebens-unterhalt“ (Neuntes Kapitel SGB XII), sondern der„Hilfe in besonderen Lebenslagen“ (Drittes KapitelSGB XII) zuordnet.100

Der Freibetrag für den Ehegatten oder Lebenspartnerbeläuft sich auf 614 EUR, es sei denn, es liegen dieVoraussetzungen für die Pflegestufe III oder (zumin-dest annähernd) Blindheit vor, wenn beide Ehegattenzumindest annähernd blind sind oder Hilflosigkeiti.S.d. BVG vorliegt (dann 1.534 EUR).Der Freibetrag für im Haushalt lebende Angehörigebeträgt 256 EUR.

IV. Einzusetzendes Einkommen, Raten

1. AllgemeinesMaßgeblich ist wie im Unterhaltsrecht das durchschnitt-liche monatliche Nettoeinkommen.101 Auch im Falle ei-nes PKH-Antrags eines Miterben für eine Klage auf Leis-tung an die Erbengemeinschaft ist nur das Einkommendes Antragstellers selbst maßgeblich, es sei denn, der „ar-me“ Miterbe wird nur vorgeschoben.102 Das OLG Saar-brücken103 verneint die Bedürftigkeit, wenn der Beteilig-te über einen titulierten Unterhaltsanspruch und damitüber Einkommen i.S.v. § 115 Abs. 1 Satz 2 ZPO verfügt.Ohne zumindest konkrete Vollstreckungsaussichten er-scheint dies jedoch zweifelhaft, da der Beteiligte stets nurbereite Mittel einzusetzen hat.104

2. Einzelne EinkommensbestandteileIn Rechtsprechung und Literatur wird die Möglichkeiterwogen, eine arbeitsfähige, tatsächlich aber nicht be-rufstätige Partei auf fiktive Einkünfte namentlich dannzu verweisen, wenn es ansonsten zu einer missbräuchli-chen Inanspruchnahme von PKH kommen würde.105 Ge-gebenenfalls wird die Anordnung einer Ratenzahlung inBetracht gezogen.106

Kindergeld für ein volljähriges Kind soll als Einkommendes Kindes und nicht des Zahlungsempfängers behandeltwerden, da dem Kind ein zivilrechtlicher Anspruch aufAuskehrung unter Anrechnung auf den Unterhalt zu-steht.107 Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Kindergelddirekt an das volljährige Kind ausgezahlt wird.108

Krankengeld hat Lohnersatzfunktion ist somit Einkom-men.109 Wird es anstelle von Arbeitsentgelt gezahlt undder Höhe nach als Anteil vom Arbeitsentgelt berechnet,ist der gesetzliche Freibetrag für Einkünfte aus Erwerbs-tätigkeit in Ansatz zu bringen, nicht hingegen im Fallevon Krankengeld, das während der Arbeitslosigkeit ge-zahlt wird.110 Daher ist maßgebend, ob der AntragstellerKrankengeld bezieht, das nach § 47 SGB V oder § 47bSGB V berechnet worden ist. Zweifelhaft erscheint, obim Falle des Bezuges von Harz-IV-Leistungen der Mehr-bedarf für Alleinerziehende zum Einkommen gezähltwerden kann.111

Pflegegeld i.S.v. § 39 SGB VIII, das sich aus einem„Grundbedarfssatz“ sowie den „Kosten der Erziehung“(abzüglich ¼ des gesetzlichen Kindergeldes) zusammen-setzt, soll mit seinem Anteil „Kosten der Erziehung“ Ein-kommen i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO sein,112 nach

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Prozesskostenhilfe

94 OLG Brandenburg v. 1.12.2009 – 9 WF 367/09, FamRZ 2010,1361.

95 OLG Stuttgart v. 15.7.2009 – 8 WF 105/09, FamRZ 2010, 311.96 So OLG Brandenburg v. 1.9.2009 – 9 WF 257/09, FamRZ 2010,

1266 bei einem Rückkaufswert von 5.320 EUR.97 So OLG Brandenburg v. 1.12.2009 – 9 WF 367/09, FamRZ 2010,

1361.98 OLG Stuttgart v. 30.6.2009 – 17 WF 137/09, FamRZ 2009, 1850.99 Vgl. LAG Köln v. 27.5.2009 – 9 Ta 199/09, juris.

100 Zuletzt BGH v. 10.6.2008 – VI ZB 56/07, MDR 2010, 767 =FamRZ 2009, 497; a.A. nur LSG Sachsen FamRZ 2007, 156 m. abl.Anm. Wrobel-Sachs.

101 LAG Berlin-Brandenburg v. 26.6.2009 – 26 Ta 788/09, FamRZ2010, 143

102 OLG Saarbrücken v. 30.1.2009 – 5 W 39/09, NJW 2009, 2070.103 OLG Saarbrücken v. 26.1.2009 – 9 WF 11/09, FamRZ 2009, 1233.104 BGH v. 30.9.2009 – XII ZB 135/07, MDR 2010, 43 = FamRZ 2009,

1994.105 BGH v. 30.9.2009 – XII ZB 135/07, MDR 2010, 43 = FamRZ 2009,

1994 m. Anm. Zimmermann; OLG Brandenburg v. 31.8.2009 – 15WF 245/08, FamRZ 2010, 827; einschränkend bei fehlender Berufs-ausbildung: OLG Schleswig v. 4.11.2008 – 10 WF 139/08, FamRZ2009, 1163.

106 BGH v. 30.9.2009 – XII ZB 135/07, MDR 2010, 43 = FamRZ 2009,1994; vgl. OLG Karlsruhe v. 11.12.2009 – 2 WF 138/09, FamRZ2010, 748 (nichtehelicher Lebenspartner); a.A. OLG Karlsruhe v.24.10.2003 – 16 WF 182/03, FamRZ 2004, 1120.

107 OLG Naumburg v. 18.2.2009 – 3 WF 35/09, FamRZ 2009, 1849.108 OLG Naumburg v. 18.2.2009 – 3 WF 35/09, FamRZ 2009, 1849;

bei Abzweigung gem. § 74 Abs. 1 EStG: BFH v. 15.10.2009 – III B57/08, FamRZ 2010, 125 m.w.N.

109 LAG Rheinland-Pfalz v. 21.4.2009 – 10 Ta 86/09, juris.110 BAG v. 22.4.2009 – 3 AZB 90/08, DB 2009, 1828.111 Dafür: OLG Nürnberg v. 12.10.2009 – 11 WF 1120/09, MDR 2010,

47 = FamRZ 2010, 395; zum Mehrbedarf für Alleinerziehende vgl.BSG v. 2.7.2009 – B 14 AS 54/08 R, NJW 2010, 1306; v. 3.3.2009 –B 4 AS 50/07 R, NJW 2010, 1309.

112 OLG Köln v. 15.10.2009 – 4 WF 160/09, FamRB 2010, 3; OLGNürnberg v. 24.3.2010 – 11 WF 329/10, FamRZ 2010, 1361.

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wiederum a. A. zu einem Drittel.113 Der Anteil „Kostenfür den Sachaufwand“ (§ 39 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII) ver-mindert entsprechend § 115 Abs. 1 Satz 7 ZPO den Un-terhaltsfreibetrag des Kindes gem. § 115 Abs. 1 Satz 3Nr. 2b ZPO.114

3. Abzüge vom EinkommenBeiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungenoder ähnlichen Einrichtungen sind abzusetzen, soweitdiese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nachGrund und Höhe angemessen115 sind. Die Berücksichti-gungsfähigkeit von PKW-Haftpflichtversicherungen undSteuern neben den Fahrtkosten bleibt umstritten.116

Ebenfalls vom Einkommen abzusetzen sind Werbungs-kosten (§ 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO i.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 4SGB XII), namentlich Fahrtkosten (neben dem Freibetragfür Erwerbstätige117). In die Diskussion um deren Be-handlung ist einige Bewegung gekommenen:118

Nach einer Auffassung ist bei (notwendiger!) Benut-zung eines Pkw gem. § 115 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) ZPOi.V.m. § 82 Abs. 2 Nr. 4 SGB XII i.V.m. § 3 Abs. 6der VO zur Durchführung des § 82 SGB XII ein Be-trag von 5,20 EUR (Kleinst-Kfz mit max. 500 cm*Hubraum: 3,70 EUR, Motorrad oder -roller: 2,30EUR, Mofa: 1,30 EUR) pro vollem Entfernungs-kilometer für max. 40 km anzusetzen.119

Nach zunehmend vertretener Auffassung sollen dienotwendigen Fahrtkosten nach den im Unterhalts-recht üblichen Kilometersätzen abzuziehen sein.120

Demgegenüber besteht Einigkeit darin, dass daneben dieKosten für Benzinverbrauch, Steuern, Versicherung, War-tung, Kosten für einen aufgenommenen Kredit zur Finan-zierung des Fahrzeugkaufs oder Ähnliches nur in entspre-chender Anwendung der unterhaltsrechtlichen Grundsät-ze zu berücksichtigen sind.121 Zu den Kosten für Unter-kunft und Heizung gehören auch die Betriebskosten i.S.v.§ 27 der Zweiten Berechnungsverordnung.122 Dazu ge-hören nach inzwischen herrschender Meinung nicht dieKosten für Elektrizität und Wasserverbrauch, die bereitsmit den Pauschalbeträgen abgegolten sind.123 Auch dieKosten für Premiere („Sky“) und Mobiltelefon sind ausdem monatlichen Freibetrag zu entrichten.124 Sorgfältigist zu prüfen, ob geltend gemachte Verbindlichkeiten tat-sächlich berücksichtigt werden können. Jedenfalls darfder Antragsteller in Kenntnis der Rückzahlungspflichtoder Pflicht zu Tragung der Verfahrenskosten keine an-derweitigen Verbindlichkeiten eingehen wie z.B. Kon-sumkredite.125 Demnächst vom BGH geklärt wird dieFrage, ob auch Raten auf eine zu zahlende Geldstrafe ab-setzbar sind.126 Unterhaltsleistungen sind nur dann vomEinkommen abzusetzen, wenn sie tatsächlich erbrachtwerden,127 im Falle der Zahlung an einen Lebensgefähr-ten128 als besondere Belastungen.

4. FreibeträgeSeit dem 1.7.2010 gelten nach der Prozesskostenhilfebe-kanntmachung 2009 vom 10.6.2010 – PKH-B 2010129

gelten folgende Freibeträge:für Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätig-keit erzielen (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 lit. b) ZPO),180 EUR,für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebens-partner (§ 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. a) ZPO) 395EUR,für jede weitere Person, der die Partei aufgrund ge-setzlicher Unterhaltspflicht Unterhalt leistet (§ 115Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 lit. b) ZPO), 276 EUR.

Bis zum 31.12.2004 waren über § 115 Abs. 1 Satz 1Nr. 1 a.F. ZPO i.V.m. § 76 Abs. 2a Nr. 2 und 3 BSHGweitere Freibeträge zu berücksichtigen, und zwar für Per-

sonen, die trotz beschränkten Leistungsvermögens einemErwerb nachgehen sowie für Erwerbstätige, die blindsind oder deren Sehschärfe auf dem besseren Auge nichtmehr als 1/50 beträgt oder bei denen dem Schweregraddieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorüber-gehende Störungen des Sehvermögens vorliegen, oder de-ren Behinderung so schwer ist, dass sie als Beschädigtedie Pflegezulage nach den Stufen III bis VI nach § 35Abs. 1 Satz 2 BVG erhielten.130 Darüber hinaus wurdenweitere Beträge „in jeweils angemessener Höhe“ ange-rechnet, und zwar für Personen, die trotz eingeschränk-ten Leistungsvermögens einem Erwerb nachgehen sowiefür Erwerbstätige, die blind sind oder deren Sehschärfeauf dem besseren Auge nicht mehr als 1/50 beträgt oderbei denen dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleich zuachtende, nicht nur vorübergehende Störungen des Seh-vermögens vorliegen, oder deren Behinderung so schwerist, dass sie als Beschädigte die Pflegezulage nach denStufen III bis VI nach § 35 Abs. 1 Satz 2 BVG erhielten.Konkrete Beträge enthielt das Gesetz allerdings nicht.131

Vielmehr wurden die jeweiligen Beträge aus dem jeweilsgültigen Eckregelsatz abgeleitet, der ab dem 1.7.2010gem. § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II bundeseinheitlich 359EUR beträgt.132

Zu Personen, die für die Erwerbstätigkeit besondere Tat-kraft aufwenden müssen, zählt das OLG Köln auch Er-werbstätige, die trotz Betreuung von Klein- oder Grund-schulkindern einer Erwerbstätigkeit nachgehen133 undzieht bei einer neben der Erziehung von einem Kind imGrundschulalter oder mehreren Kindern unter 16 Jahrenüberobligatorischen Tätigkeit vom Einkommen desPKH-Beziehers für alle Kinder zusammen (nur einmal)

1234 Nickel MDR 21/2010

Prozesskostenhilfe

113 LAG Hamm v. 23.5.2005 – 14 Ta 282/05, juris.114 OLG Nürnberg v. 24.3.2010 – 11 WF 329/10, FamRZ 2010, 1361.115 Vgl. hierzu OLG Brandenburg v. 5.11.2008 – 9 WF 309/08, NJW

2009, 2069.116 Für zusätzlichen Abzug: OLG Brandenburg v. 19.2.2007 – 11 W 60/

06, Juris; OLG Koblenz v. 1.7.2008 – 9 WF 465/08, FamRZ 2009,531; nur bei erforderlicher Fahrzeughaltung: OLG Brandenburg v.18.11.2008 – 9 WF 333/08, FamRZ 2009, 896 (auch zur Kfz-Steu-er).

117 OLG Jena v. 11.6.2009 – 1 WF 126/09, FamRZ 2009, 1848.118 Eine Beschwerde ist beim BGH unter XII ZB 126/09 anhängig!119 So u.a. OLG Karlsruhe v. 29.1.2009 – 2 UF 102/08, FamRZ 2009,

1165.120 So u.a. OLG Karlsruhe b. 6.4.2009 – 5 WF 192/07, FamRZ 2009,

1424 (SüdL); OLG Jena v. 11.6.2009 – 1 WF 126/09, FamRZ 2009,1848 (Ziff. 10.2.2. Thüringer Leitlinien); OLG Celle v. 9.7.2009 –12 WF 132/09, FamRZ 2010, 55; OLG Hamm v. 6.5.2010 – II-2WF 240/09, juris.

121 So u.a. OLG Thüringen v. 11.6.2009 – 1 WF 126/09, FamRZ 2009,1848; OLG Hamm v. 29.4.2010 – 2 WF 39/10, juris; OLG Hamm v.6.5.2010 – II-2 WF 240/09, juris.

122 OLG Brandenburg v. 5.11.2008 – 9 WF 309/08, NJW 2009, 2069.123 So u.a. BGH v. 8.1.2008 – VIII ZB 18/06, MDR 2008, 523 =

FamRZ 2008, 781; OLG Brandenburg v. 5.11.2008 – 9 WF 309/08,NJW 2009, 2069; LAG Köln v. 13.7.2010 – 1 Ta 130/10, juris.

124 OLG Nürnberg v. 27.1.2009 – 9 WF 1667/08, MDR 2009, 525 =FamRZ 2009, 1424.

125 OLG Naumburg v. 19.12.2008 – 3 WF 320/08, FamRZ 2009, 1233.126 Dafür: u.a. OLG Brandenburg v. 3.9.2003 – 9 WF 153/03, FamRZ

2004, 646; dagegen: u.a. LAG Berlin-Brandenburg vom 17.7.2008 –21 Ta 1105/08, juris; Rechtsbeschwerde beim BGH unter XII ZB181/10 anhängig!

127 So u.a. LAG Rheinland-Pfalz v. 10.12.2008 – 9 Ta 210/08, juris.128 Hierzu OLG Karlsruhe v. 7.11.2007 – 16 WF 164/07, FamRZ 2008,

421; einschränkend aber OLG Dresden v. 2.3.2009 – 24 WF 116/09,MDR 2009, 1048 = FamRZ 2009, 1425.

129 BGBl. 2010 I, 820.130 Wegen der Einzelheiten vgl. Nickel, MDR 2005, 729 ff.131 Wegen der Berechnung der Beträge vgl. Nickel, s. Fn. 130.132 Bekanntmachung über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2

Satz 1 SGB II für die Zeit ab 1.7.2010 v. 7.6.2010 – BGBl. 2010 I,1342.

133 OLG Köln v. 8.11.2002 – 27 WF 214/02, FamRZ 2003, 773.

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MDR 21/2010 Stück 1235

Arbeitsrecht

einen Mehrbedarf134 wie bei Erwerbstätigen mit einge-schränktem Leistungsvermögen ab. Nach anderer Auf-fassung ist ein Abzug in Höhe von 40% des Eckregelsat-zes gerechtfertigt.135 Nach Auffassung des OLG Bam-berg136 soll der Freibetrag nach dem 31.12.2004 aus§ 30 SGB XII entnommen werden. Diese Auffassung er-scheint jedoch zweifelhaft: Abgesehen davon, dass § 30SGB XII Bestandteil des Dritten Kapitels des SGB XIIist,137 führt dies im konkreten Fall glatt zur Halbierungdes Freibetrags.

Durch das „Gesetz zur Einordnung des Soziahilferechtsin das Sozialgesetzbuch“ vom 27.12.2003138 geriet dasBSHG zwar insgesamt in Wegfall, weshalb sich seit dem1.1.2005 keine Regelung mehr für zusätzliche Freibeträ-ge für behinderte Menschen etc. findet. Die Neufassungvon § 115 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 ZPO spricht allerdingsnicht gegen eine weitere Anwendung der bisherigenRechtsprechung. Dennoch hat der 12. Senat des BGHentschieden, dass pauschalierte Beträge für Mehrbedarfaufgrund der neuen Rechtslage generell nicht mehr in

Abzug gebracht werden können und stellt hierzu – inso-weit zutreffend – fest, dass im Gegensatz zur früherenRechtslage und namentlich infolge des Wegfalls von § 76Abs. 2a BSHG die zusätzlichen Freibeträge nicht mehrüber einen Verweis auf die sozialrechtlichen Bestimmun-gen erfasst werden. Demgegenüber nehme § 115 Abs. 1ZPO hinsichtlich des persönlichen Freibetrags, des Frei-betrags für den Ehegatten, des Erwerbstätigen-Frei-betrags und des Freibetrags für Unterhaltspflichten wei-terhin Bezug auf das Sozialrecht. Daraus ergebe sich,dass der Gesetzgeber hinsichtlich weiterer Belastungenkeine pauschalen Freibeträge habe vorsehen wollen.139

Insoweit allerdings ist der BGH einem Irrtum unterlegen:Der Gesetzgeber hat nämlich auf konkrete Nachfragemitgeteilt, insoweit eine Änderung der Rechtslage garnicht beabsichtigt zu haben!140 Entgegen der Auffassungdes BGH sind daher die zusätzlichen pauschalen Frei-beträge, die bis zum 31.12.2004 Anwendung fanden,auch weiterhin zu berücksichtigen.

5. RatenzahlungBei der Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Anord-nung von Ratenzahlung ist die Entscheidung über dieRatenhöhe anhand der Umstände des Einzelfalles nach-vollziehbar zu begründen; fehlt die gebotene Begrün-dung, liegt ein Verfahrensmangel vor, der die Zurückver-weisung der Sache an die Vorinstanz rechtfertigt.141 DieBeschwerdebefugnis der Staatskasse ist bei bewilligendenPKH-Entscheidungen auf die in § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPOausdrücklich genannten Fälle einer Zahlungsanordnungbeschränkt und rechtfertigt nur solche Beschwerdeanträ-ge, die darauf gerichtet sind, dem Antragsteller die Leis-tung von Zahlungen auf die Kosten der Prozessführungaufzuerlegen. Hingegen ist ihre Beschwerde unstatthaft,wenn sie die Verweigerung von Prozesskostenhilfe zumZiel hat.142 Zunehmend ablehnend wird die Frage beant-wortet, ob die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzver-fahrens der Anordnung einer Ratenzahlungsanordnungentgegensteht.143

ARBEITSRECHT

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)Aktuelle Rechtsprechung und praktische Hinweise

RAVolker Stück

Die Umsetzung des § 84 Abs. 2 SGB IX zum betriebli-chen Eingliederungsmanagement bereitet der Praxis oft

Schwierigkeiten und wirft zahlreiche Fragen auf, mit de-nen sich die Rechtsprechung schon auseinandergesetzthat. Im Folgenden werden Voraussetzungen, Verfahrenund Rechtsfolgen beleuchtet und praxiserprobte Musteran die Hand gegeben.

1. EinleitungMit Wirkung vom 1.5.2004 hat der Gesetzgeber mit§ 84 Abs. 2 SGB IX das betriebliche Eingliederungs-management (im Folgenden BEM) eingeführt.1 Ziel des§ 84 Abs. 2 SGB IX ist die Früherkennung und rechtzeiti-ge Intervention zur Behebung von Krankheitsursachenund zur Sicherung der Beschäftigung möglichst auf dembisherigen Arbeitsplatz, d.h. Prävention und Einglie-derung vor Kündigung. Vor dem Hintergrund der Anhe-bung der Rentenaltersgrenze auf 67 (§§ 35 S. 2, 235Abs. 2 SGB VI),2 des Auslaufens der Altersteilzeitför-

134 Zum Mehrbedarf für Alleinerziehende vgl. BSG v. 2.7.2009 – B 14AS 54/08 R, NJW 2010, 1306; v. 3.3.2009 – B 4 AS 50/07 R, NJW2010, 1311.

135 So OLG Stuttgart v. 15.10.2004 – 8 WF 107/04, FamRZ 2005,1183, allerdings entgegen den Empfehlungen des Deutschen Vereinsfür öffentliche und private Fürsorge (Kleine Schriften, Heft 55).

136 V. 10.2.2006 – 2 WF 271/05 OLG Bamberg v. 10.2.2006 – 2 WF271/05, FamRZ 2007, 1339 m. Anm. Nickel, FamRZ 2008, 157.

137 Siehe Fn. 100.138 BGBl. 2003 I, 3022.139 BGH v. 5.5.2010 – XII ZB 65/10, MDR 2010, 948 = FamRZ 2010,

1320 (1326).140 Vgl. Nickel, MDR 2005, 1151 f.141 OLG Köln v. 22.10.2008 – 2 W 100/08, MDR 2009, 408 = FamRZ

2009, 634; OLG Saarbrücken v. 13.4.2010 – 9 WF 35/10, juris.142 Hierzu BGH v. 17.11.2009 – VIII ZB 44/09, MDR 2010, 235 =

AnwBl. 2010, 220.143 LAG Rheinland-Pfalz v. 8.5.2009 – 7 Ta 68/09, juris; LAG Schles-

wig-Holstein v. 6.7.2009 – 4 Ta 87/09, NZA-RR 2009, 611; v.23.9.2009 – 6 Ta 153/09, ZInsO 2010, 688; OLG Koblenz v.6.4.2010 – 9 WF 159/10, FamRZ 2010, 1360.

Der Autor ist Leiter Personal und Compliance Beauftragter Hoch-spannungstechnik der ABB AG. Er ist Verfasser zahlreicher arbeits-rechtlicher Aufsätze, Referent und Mitautor eines Kommentars zumBerufsbildungsgesetz.

1 Art. 1 Nr. 20 des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Be-schäftigung schwerbehinderter Menschen v. 23.4.2004, BGBl. I,608; http://www.aus-portal.de/aktuell/gesetze/01/index_1120.htm;dazu: Deinert, NZA 2010, 969; Schiefer/Borchard, DB 2010, 1884;Arnold/Fischinger, BB 2007, 1894;Oppolzer, Gesundheitsmanagementim Betrieb, 2006, S. 181 ff.; Seel, br 2006, 30; Zorn, br 2006, 42;Hunold, AuA 2005, 422; Balders/Lepping, NZA 2005, 854; Natzel/Namendorf, FA 2005, 162 sowie DB 2005, 794; von Steinau-Stein-brück, NJW spezial 2005, 129; Gagel, NZA 2004, 1359; Gaul/Süß-brich/Kulejewski, ArbRB 2004, 308.

2 Gesetz zur Anpassung der Regelaltersgrenze an die demografischeEntwicklung und zur Stärkung der Finanzierungsgrundlagen der ge-setzlichen Rentenversicherung vom 20.4.2007, BGBl. I, Nr. 16 v.30.4.2007, S. 554; vgl. Baumeister/Merten, DB 2007, 1306.

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derung Ende 2009, der gesetzlichen Eindämmung derVorruhestandsmodelle sowie des unausweichlichen de-mografischen Wandels – der Anteil von Mitarbeiten 50plus wird weiter wachsen3 – wird die Bedeutung desBEM künftig absehbar zunehmen. Vom BEM könnenalle profitieren:4

Unternehmen (Senkung Entgeltfortzahlungskosten,leistungsfähige, motivierte Mitarbeiter).Mitarbeiter (Erhaltung der Gesundheit, Leistungs-fähigkeit, Motivation).soziale Sicherungssysteme. So soll bei DaimlerChrys-ler jeder in das Gesundheitsmanagement investierteEuro dem Unternehmen zwei und den Sozialsyste-men 21 gespart haben.5

2. Persönliche und betriebliche Voraussetzun-gen

Ein BEM hat der Arbeitgeber durchzuführen, wenn fol-gende Voraussetzungen erfüllt sind:

Es muss sich einen Beschäftigten handeln. Die Vor-schrift beschränkt sich nicht allein auf schwerbehin-derte Arbeitnehmern (§ 2 SGB IX) oder Gleich-gestellte (§ 2 Abs. 3 SGB IX), sondern betrifft alleArbeitnehmer und Beamten unabhängig vom Vorlie-gen einer Behinderung.6

Der Beschäftigte muss im letzten „Jahr“ arbeitsunfä-hig gewesen sein. Jahr meint nicht das letzte Kalen-derjahr, sondern es ist vom aktuellen Beurteilungs-zeitpunkt 365 Tage zurückzublicken.7

Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit muss – ohne Rück-sicht auf Ursachen oder darauf, ob es sich um ein-heitliche oder verwandte Diagnosen – länger als6 Wochen gewesen sein, wobei nicht alle AU-Zeitenmit ärztlichen Attest belegt sein müssen (vgl. 5Abs. 1 S. 2 EFzG8). Dabei kann die Arbeitsunfähig-keit ununterbrochen oder in wiederholten Interval-len aufgetreten sein. Die Vorschrift knüpft allein andie 6-Wochen-Frist an, nicht an die gesunde Rück-kehr der betroffenen Person – BEM ist also keinKrankenrückkehrgespräch.9

Beispiel: Arbeitet der Beschäftigte in der 5-Tage-Woche,liegen die Voraussetzungen nach 30 Arbeitstagen mit Ar-beitsunfähigkeitsmeldung vor; bei einer 6-Tage-Wochesind 36 Arbeitstage mit Arbeitsunfähigkeitsmeldung er-forderlich.10

Auf eine bestimmte Betriebsgröße,11 eine bestimmteDauer der Betriebszugehörigkeit12 oder ein bestimmtesArbeitszeitkontingent (Wochenstundenzahl)13 kommt esnicht an. Eine konkrete Gefährdung des Beschäftigungs-verhältnisses ist – anders als beim Präventionsverfahrenbei Schwerbehinderten und Gleichgestellten nach § 84Abs. 1 SGB IX – nicht Voraussetzung des betrieblichenEingliederungsmanagements nach § 84 Abs. 2 SGB IX.Ob ein BEM nicht mehr erforderlich ist, weil der Arbeit-geber bereits eine stufenweise Wiedereingliederung(Hamburger Modell, § 74 SGB V) erfolglos versucht hatund andere geeignete Arbeitsplätze nicht vorhanden sind,ist fraglich.14

3. VerfahrenSind die Voraussetzungen erfüllt, ist der Arbeitgeber zurDurchführung eines betrieblichen Eingliederungsmana-gements verpflichtet, d.h. ihn trifft die Initiativlast. DasBEM findet jedoch nur statt, wenn der über das Verfah-ren zu informierende Arbeitnehmer zustimmt,15 was ausBeweisgründen dokumentiert werden sollte. Erzwingen

kann der Arbeitgeber wie auch Betriebsrat oder Schwer-behindertenvertretung das BEM gegen den Willen desArbeitnehmers nicht. Der Arbeitnehmer kann eine erteil-te Zustimmung auch jederzeit zurückziehen, also „aus-steigen“16 ohne hierdurch arbeitsrechtliche (Neben-)Pflichten zu verletzen.17

§ 84 Abs. 2 SGB IX enthält keine nähere gesetzliche Aus-gestaltung des BEM.18 Das BEM ist ein rechtlich regu-lierter „Suchprozess“, der individuell angepasste Lösun-gen zur Vermeidung zukünftiger Arbeitsunfähigkeit er-mitteln soll.19 Nach Auffassung des BAG gehört zu denMindestvoraussetzungen eines BEM, dass die gesetzlichvorgeschriebenen Stellen, Ämter und Personen beteiligtund zusammen mit ihnen eine an den Zielen des BEMorientierte Klärung ernsthaft und in fairer Weise versuchtwird. . Eine bestimmte Form oder eine Verfahrensord-nung, die Mitbestimmungspflicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1BetrVG auslösen könnte, sind nicht erforderlich und dasGesetz lässt den Beteiligten jeden denkbaren Spiel-raum.20 Ziel des BEM sei es festzustellen, „aufgrund wel-cher gesundheitlichen Einschränkungen es zu den bishe-rigen Ausfallzeiten gekommen ist und ob Möglichkeitenbestehen, sie durch bestimmte Veränderungen künftig zuverringern, um so eine Kündigung zu vermeiden“.21 Esempfiehlt sich folgender Verfahrensablauf, womit auchdie Mindestanforderungen an ein BEM erfüllt sind:22

BEM-Voraussetzungen im Einzelfall prüfen. Empfeh-len kann sich auch die Einrichtung eines betriebli-chen „Frühwarnsystem“, welches zufällig (z.B. sichaus Gesprächen ergebende) und routinemäßig (Ge-fährdungsanalysen, Fehlzeitenauswertungen, Ergeb-nisse betriebsmedizinischer Untersuchungen, Ergeb-nisse aus Mitarbeiterbefragungen) ermittelte Daten

1236 Stück MDR 21/2010

Arbeitsrecht

3 Z.Z. liegt das Durchschnittsalter der Belegschaft in der BRD bei ca.40 Jahren (vgl. http://www.destatis.de/presse/deutsch/pm1998/mz_stat1.htm), Indien dagegen bei ca. 24 Jahren; vgl. Seel, br 2006,30.

4 Vgl. Magin, br 2006, 37 zur Kosten-Nutzen-Analyse; Seel, br 2006,30.

5 Hattendorf, Personalführung 07/2005, S. 68; Seel, br 2006, 30.6 BAG v. 12.7.2007 – 2 AZR 716/06, MDR 2008, 394 = DB 2008,

189 = BB 2008, 277 = NZA 2008, 173; LAG Hamm v. 24.1.2007 –2 Sa 991/06; LAG Niedersachsen v. 25.10.2006 – 6 Sa 974/05, BB2007, 719; LAG Berlin v. 27.10.2005 – 10 Sa 783/05, MDR 2006,761 = BB 2006, 560; LAG Hannover v. 29.3.2005 – 1 Sa 1429/04,AuA 2005, 433 = LAGE § 1 KSchG Krankheit Nr. 36; KR/Griebe-ling, § 1 KSchG Rz. 324 b; Zorn, br 2006, 42; Gagel, NZA 2004,1359; Düwell, FA 2004, 200 f.; Cramer, NZA 2004, 698 (703); Gaul/Süßbrich/Kulejewski, ArbRB 2004, 310; a.A.: Namendorf/Natzel, DB2005, 1794; Brose, DB 2005, 390; Namendorf/Natzel, FA 2005,162 f.; Balders/Lepping, NZA 2005, 854 die den Begriff des „Be-schäftigten“ auf Schwerbehinderte und Gleichgestellte beschränken.

7 KR/Griebeling, § 1 KSchG Rz. 324 c; Zorn, br 2006, 42; Moderegger,ArbRB 2005, 348; Balders/Lepping, NZA 2005, 855.

8 Zorn, br 2006, 42.9 Zorn, br 2006, 43.

10 Zorn, br 2006, 42; Gagel/Schian, Br 2006, 47.11 Vgl. LAG Kiel v. 17.11.2005 – 4 Sa 328/05; Zorn, br 2006, 43.12 A.A.: LAG Hamm v. 17.12.2006 – 15 (11) 1236/06: Kein Präventi-

onsverfahren (§ 84 Abs. 1 SGB IX) in ersten 6 Monaten.13 Zorn, br 2006, 42.14 Für Entbehrlichkeit: ArbG Essen v. 15.5.2007 – 2 Ca 4309/06.15 Gaul/Süßbrich/Kulejewski, ArbRB 2004, 310; Gagel, NZA 2004,

1360; Balders/Lepping, NZA 2005, 855; Stück/Wein, NZA-RR 2005,508; KR/Griebeling, § 1 KSchG Rz. 324 d.

16 Zorn, br 2006, 43.17 Seel, br 2006, 32 f.18 Vgl. dazu Düwell, LPK-SGB IX § 84 Rz. 5; Joussen, DB 2009, 286 f.19 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, ArbRB 2010, 105 = NZA

2010, 398 = DB 2010, 621; v. 10.12.2009 – 2 AZR 198/09, ArbRB2010, 170 = BB 2010, 1352 = NZA 2010, 639; Kohte, DB 2008,582 f.

20 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 198/09, ArbRB 2010, 170 = BB 2010,1352 = NZA 2010, 639.

21 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19.22 Seel, br 2006, 32.

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sichtet, bewertet und auf bestehenden Klärungs- undHandlungsbedarf beurteilt.Arbeitnehmer anschreiben/Zustimmung einholen.Hinweis auf nachteilige Folgen einer Ablehnung füreine krankheitsbedingte Kündigung und bzw. oderbei Nichtmitwirkung des Arbeitnehmers an der Um-setzung ist empfehlen und von der Rechtsprechunggefordert (vgl. Muster).23

Informationsgespräch führen.Eingliederungsgespräch führen mit Beteiligten unddokumentieren. Das BEM verlangt vom Arbeitgebernicht, bestimmte Vorschläge zu unterbreiten.24 Viel-mehr hat es jeder am BEM Beteiligte – auch der Ar-beitnehmer – selbst in der Hand, alle ihm sinnvollerscheinenden Gesichtspunkte und Lösungsmöglich-keiten in das Gespräch einzubringen.Eingliederungsplan/Maßnahmen aufstellen/verein-baren. Dabei kann die Personalern geläufigeSMART-Formel zur Anwendung kommen. Ziele sol-len danach stets sein: Spezifisch, Messbar, Akzepta-bel, Realistisch und Terminiert = SMART.Umsetzen, kontrollieren, dokumentieren des Plansbzw. der Maßnahmen. Der Arbeitgeber ist grund-sätzlich verpflichtet, einen Vorschlag, auf den sichdie Teilnehmer eines BEM verständigt haben, auchumzusetzen, ehe er eine Kündigung ausspricht.25

Abschlussgespräch führen.

4. BeteiligteAm BEM sind grundsätzlich beteiligt:

der verpflichtete Arbeitgeber, meist vertreten durchdie Personalabteilung und die zuständige Führungs-kraft.26

der zustimmende Arbeitnehmer.der Betriebsrat (§ 93 SGB IX). § 84 Abs. 2 SGB IXsieht die Klärung mit den zuständigen Interessenver-tretungen „unter Beteiligung des Arbeitnehmers“vor. Streng nach dem Gesetzeswortlaut könnte alsoein BEM nicht stattfinden, wenn der Betrieb nichtbetriebsratsfähig ist oder keinen Betriebsrat hat.Nach Sinn und Zweck ist jedoch auch in diesen Fäl-len ein BEM durchzuführen.27

bei schwerbehinderten oder gleichgestellten Arbeit-nehmern: Die Schwerbehindertenvertretung.soweit erforderlich der Werks-/Betriebsarzt (§ 3Abs. 1 S. 2 Nr. 1 f, 2 ASiG).

Kommen Leistungen zur Teilhabe (§§ 33, 34 SGB IX)oder begleitende Hilfen im Arbeitsleben in Betracht (z.B.Kostenübernahme für technische Arbeitshilfen, Einglie-derungszuschüsse, Kostenerstattung für Probebeschäfti-gungen), können Arbeitsagentur, Rentenversicherungs-träger, Integrationsamt, Integrationsfachdienste oderKrankenkasse hinzugezogen werden, deren Beratung undtechnische Gutachten kostenfrei sind. Grundsätzlich er-

gibt sich folgende Zuständigkeit der Fachstellen/Kosten-träger:

Bei schwerbehinderten und gleichgestellten Arbeit-nehmern: Integrationsamt.Wenn der Arbeitsunfähigkeit ein Berufsunfall odereine Berufskrankheit zugrunde liegt: Berufsgenossen-schaft.Handelt es sich um eine erstmalig aufgetrete1ne Er-krankung oder um eine drastische Verschlechterungeiner bisherigen Erkrankung: Träger der beruflichenRehabilitation, d.h. entweder Agentur für Arbeit (beiinsgesamt < 15 Jahren Rentenversicherungszeiten)oder Deutsche Rentenversicherung (> 15 Jahre Ren-tenversicherungszeiten).

Hinweis: Die örtlichen Kontaktadressen findet man un-ter www.reha-servicestellen.de oder unter www.integra-tionsaemter.de.Ggf. kommt auch eine Förderung des Arbeitgebers durchPrämien und Boni als Ermessensleistungen in Betracht(§ 84 Abs. 4 SGB IX). In 2006 wurden z.B. Prämien undBoni von 10.000 – 20.000 an bestimmte Arbeitgeberfür vorbildliches BEM/Disease-Management vergeben.Hinweis: Im Zweifel sollte der Arbeitgeber externeDienstleister/Fachleute beteiligen, um den Vorwurf zuvermeiden, nicht alle (sozialrechtlichen) Möglichkeiten,Förderungen ausgeschöpft zu haben. Bei Verletzung die-ser Verfahrensverpflichtung wäre eine Kündigung risiko-behaftet und ein Diskriminierungsvorwurf möglich.

5. InhalteIm Rahmen des BEM sollen die Möglichkeiten geklärtwerden, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwun-den und mit welchen Leistungen oder Hilfen einer erneu-ten Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatzerhalten werden kann. Das Gesetz enthält keine weiterenVorgaben, erlegt dem Arbeitnehmer keine expliziten Mit-wirkungspflichten auf und überlässt die Ausfüllung ein-zelfallorientiert der betrieblichen Praxis. Es empfiehltsich, das BEM in ein ganzheitliches, integriertes Gesund-heitsmanagement bzw. Personalentwicklungskonzepteinzubetten. Als Eingliederungsmaßnahmen bzw. Ergeb-nisse des BEM kommen häufig in Betracht:

Einholung eines arbeitsmedizinischen Gutachtens,Versetzung auf einen leidensgerechten Arbeits-platz,28

technisch/organisatorische Umgestaltung von Ar-beitsplatz/-ablauf,29

Arbeitszeitreduzierung bzw. -änderungen,Arbeitsversuche oder stufenweise Wiedereinglie-derung gefördert von Krankenkassen bzw. sonstigenSozialversicherungsträgern (§ 74 SGB V, § 28SGB IX),30 auf die schwerbehinderte Arbeitnehmereinen Anspruch nach § 81 Abs. 4 SGB IX haben.31

Während der beruflichen Rehabilitation erhält derweiterhin arbeitsunfähige Arbeitnehmer die ihm so-zialrechtlich zustehenden Leistungen. Arbeitsrecht-lich bedarf die Maßnahme wegen der vom Arbeits-vertrag abweichenden Beschäftigung grundsätzlichder Zustimmung des Arbeitgebers. Entgeltansprücheentstehen nicht.32

Im Rahmen des Eingliederungsmanagements kann derArbeitgeber Informationen über die Erkrankung, ins-besondere Krankheitsursachen und Krankheitsverlauf,erhalten. Aufgrund dieser Informationen wird eine zuver-lässigere Entscheidungsgrundlage gegeben sein.

MDR 21/2010 Stück 1237

Arbeitsrecht

23 Vgl. BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19.24 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 198/09, s. Fn. 19.25 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 198/09, s. Fn. 19.26 Zorn, br 2006, 45.27 So auch LAG Kiel v. 17.11.2005 – 4 Sa 328/05; Zorn, br 2006, 43.28 Vgl. Stück, AuA 2007, 200 ff.29 Vgl. ausführlich Stück, br 04/2007, 89 – 99 m.w.N..30 Vgl. Schimanski, br 2006, 49; Gagel/Schian, br 2006, 53.31 BAG v. 13.6.2006 – 9 AZR 229/05, NZA 2007, 91 = ArbRB 2007,

34.32 BAG v. 13.6.2006 – 9 AZR 229/05, NZA 2007, 91 = ArbRB 2007,

34; v. 29.1.1992 – 5 AZR 37/91, MDR 1992, 882 = AP Nr. 1 zu§ 74 SGB V = NZA 1992, 643 = BB 1993, 143 = DB 1992, 1478;LSG Essen v. 28.3.2006 – L 1 AL 8/06; v. Hoyningen-Huene, NZS1992, 49; Stück, AuA 2007, 594 zur „Schonarbeit“.

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6. Datenschutzrechtliche AspekteDie beim Arbeitnehmer im Rahmen des BEM gewonne-nen Informationen, die mittels IT oder der in Personal-akte verwaltet werden, unterliegen dem Datenschutz(BDSG).33 Sensible Gesundheitsdaten sind vom Arbeit-geber besonders zu schützen, z.B. mittels eines bes. Ku-verts in der Personalakte.34 Die übrigen Beteiligten unter-liegen ebenfalls einem strengen Datenschutz:

Betriebsrat/Personalrat nach § 79 BetrVG bzw. § 10BundesPersVG,Schwerbehindertenvertretung nach §§ 96 Abs. 7, 97Abs. 7 SGB IX,Rehabilitationsträger und Intregrationsamt nach§§ 35 SGB I, 67 ff. SGB X.

Solange eine ausdrückliche Einwilligung des Betroffenen,die den besonderen formalen Erfordernissen des § 4aBDSG genügt, nicht vorliegt, kommt eine Erhebung vonDaten nur in dem Rahmen in Betracht, in dem es sichnur um Daten über die Gesundheit des Arbeitnehmers(Angaben über Krankheitsursache und den Krankheits-verlauf) handelt. Diese Angaben werden von § 28 Abs. 6Nr. 3 BDSG gedeckt, da sie die Pflicht des Arbeitgeberszur präventiven Gesundheitsvorsorge ermöglichen. EineWeitergabe von Daten, die im Rahmen des BetrieblichenEingliederungsmanagements erhoben worden sind, anDritte (z.B. Einrichtungen der Rehabilitation) bedarf dervorherigen Zustimmung des Arbeitnehmers. Inwieweitsich hier durch die beabsichtigte Änderung der §§ 32 ff.BDSG i.S.e. Beschäftigtendatenschutzes Änderungen er-geben, bleibt abzuwarten.35 Hat der Arbeitnehmer demBEM zugestimmt, wird die Erforderlichkeit der Daten-erhebung aber im Hinblick auf § 84 Abs. 2 SGB IX einer-seits sowie die Rechtsprechung zur krankheitsbedingtenKündigung und leidensgerechten Beschäftigung36 ande-rerseits nicht in Zweifel zu ziehen sein..

7. MitbestimmungBetriebsrat und Schwerbehindertenvertretung haben eineÜberwachungsaufgabe (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bzw.§ 95 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX i.V.m. § 84 Abs. 2 S. 7SGB IX). Ob bei der Aufstellung eines formalisierten Ver-fahrens für das betriebliche Eingliederungsmanagementnach § 84 Abs. 2 SGB IX ein Mitbestimmungsrecht nach§ 87 Abs. 1 Nr. 1 (Ordnungsverhalten)37 und Nr. 7 (Ge-sundheitssschutz) BetrVG gegeben ist, ist umstritten,38

aber zu bejahen. So unterliegen formalisierte Kranken-gespräche zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerngrundsätzlich, da ein kollektiver Bezug zur betrieblichenOrdnung und zum Arbeitsverhalten gegeben ist – auchbei Freiwilligkeit –, der Mitbestimmung des Betriebsratesnach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG 1972.39 Regelungsgegen-stand ist nicht das „Krankheitsverhalten“, sondern dasVerhalten der Arbeitnehmer bei der Führung der Gesprä-che selbst. Dieses gehört aber nicht unmittelbar zur Er-bringung der Arbeitsleistung. Dies wird man auch beimBEM anziehen können. BEM gem. § 84 Abs. 2 SGB IXdient nach Sinn und Zweck unmittelbar, erst recht abermittelbar den Beteiligten dazu, Gesundheitsschutz zu be-treiben, wobei dieser Begriff weit auszulegen ist.40 DieVorschrift enthält zudem nur einen Rahmen der betrieb-lich auszufüllen ist. Werden IT-Programme zur Erhebungvon Gesundheitsdaten genutzt, was regelmäßig der Fallsein wird, ist auch an § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG zu den-ken.41 Das BAG hat inhaltlich zur Frage von Mitbestim-mungsrechten noch nicht entschieden. Ein Antrag aufFeststellung von Mitbestimmungsrechten bei der„Durchführung des BEM gem. § 84 Abs. 2 SGB IX“ ist

jedenfalls unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) und da-mit unzulässig, denn damit kommt ein „bunter Strauß“möglicher Regelungen und Maßnahmen in Betracht.42

Die Einigungsstelle ist nicht offensichtlich unzuständigi.S.v. § 98 Abs. 1 S. 2 ArbGG, wenn eine strittige Mit-bestimmungsfrage – wie das BEM – noch nicht höchst-richterlich entschieden wurde und in der Rechtsprechungund Literatur nach wie vor umstritten ist, ob für denstrittigen Regelungsgegenstand ein Mitbestimmungsrechtbesteht. Sie hat dies in eigener Kompetenz zu prüfen.43

Offensichtlich unzuständig ist die Einigungsstelle nur,wenn bei fachkundiger Beurteilung durch das Gericht imEilverfahren sofort erkennbar ist, dass ein Mitbestim-mungsrecht des Betriebsrats in der fraglichen Angelegen-heit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt in Fragekommt und sich die beizulegende Streitigkeit erkennbarnicht unter einen mitbestimmungspflichtigen Tatbestanddes BetrVG subsumieren lässt.44

In jedem Fall können die Betriebspartner eine freiwilligeBetriebsvereinbarung zum BEM abschließen (§ 88BetrVG). Nach Ausgestaltung kann die originäre Zustän-digkeit des Konzern- oder Gesamtbetriebsrats für eineübergreifende Regelung gegeben und zweckmäßig sein(§ 50 Abs. 1; § 58 Abs. 1 BetrVG). Ohne Konsens undVertrauen der betrieblichen Sozialpartner ist ein erfolg-reiches BEM kaum vorstellbar. Zu bedenken sind bei ei-ner Betriebsvereinbarung zum BEM Schnittstellen zu be-nachbarten Regelungen wie:

Integrationsvereinbarung für Schwerbehinderte undGleichgestellte (§ 83 SGB IX),45 auf deren Abschlussdie Schwerbehindertenvertretung jedoch keinen ge-setzlichen Anspruch hat.46

Betriebsvereinbarungen zu formalisierten Kranken-/Rückkehrgesprächen, die mitbestimmungspflichtignach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sind.47

1238 Stück MDR 21/2010

Arbeitsrecht

33 Iraschko-Luscher/Kiekenbeck, Welche Krankheitsdaten darf der Ar-beitgeber von seinem Mitarbeiter abfragen?, NZA 2009, 1239.

34 BAG v. 12.9.2006 – 9 AZR 271/06, MDR 2007, 728 = DB 2007,523 = NZA 2007, 269.

35 Gesetzentwurf zum Beschäftigtendatenschutz v. 25.8.2010: http://www.bmi.bund.de/cln_174/SharedDocs/Downloads/DE/Kurzmel-dungen/pressepapier_beschaeftigtendatenschutz.html; vgl.: Düwell,FA 2010, 234; Beckschulze/Natzel, BB 2010, 2368; Gola/Klug, NJW2010, 2483; Raif, ArbRB 2010, 359; Wybitul, BB 2010, 2235.

36 Vgl. Stück, AuA 4/2007, S. 200.37 In diese Richtung: ArbG Dortmund v. 20.6.2005 – 5 BV 28/05;

Zorn, br 2006, 45 für standardisiertes BEM Verfahren.38 Vgl. Leuchten, DB 2007, 2482; dafür: Gagel, NZA 2004, 1359;

Hjort, AiB 2007, 425; Müller, AuR 2009, 29; dagegen: Namendorf/Natzel, DB 2005, 1794; Seel, br 2006, 34; LAG Hamburg v.21.5.2008 – H 3 TaBV 1/08.

39 BAG v. 8.11.1994 – 1 ABR 22/94, MDR 1995, 829 = DB 1995,1132 = BB 1995, 1188 = NZA 1995, 857; LAG Hamburg v.10.7.1991 – 8 TaBV 3/91, LAGE § 87 BetrVG 1972 BetrieblicheOrdnung Nr. 8.

40 BAG v. 8.6.2004 – 1 ABR 13/03, DB 2004, 2274 = NZA 2004,1175; 15.1.2002 – 1 ABR 13/01, AP BetrVG 1972 § 87 Gesund-heitsschutz Nr. 12 = NZA 2002, 995 = BB 2002, 1762.

41 Müller, AuR 2009, 29.42 BAG v. 18.8.2009 – 1 ABR 45/08; vgl. Düwell, LPK-SGB IX § 84

Rz. 60; Kohte, Anm. LAGE BetrVG 2001 § 87 GesundheitsschutzNr. 3; Feldes, AiB 2005, 546 f.

43 LAG Kiel v. 19.12.2006 – 6 Ta BV 14/06, DB 2007, 924; ArbGDortmund v. 20.6.2005 – 5 BV 28/05.

44 Vgl. LAG Hessen v. 1.8.2006 – 4 TaBV 111/06, NZA-RR 2007/199;LAG Hamm v. 26.7.2004 – 10 TaBV 64/04, AuA 2005, 312.

45 Gagel/Dalitz, br 2006, 40 f.; Stück/Krug, Personalprofi 2000, Heft 9/2001, S. 18; Hoss, ArbRB 2001, 61; Feldes/Scholz, AiB 2001, 327;Feldes, Handbuch Integrationsvereinbarung, 2003.

46 LAG Hamm v. 16.1.2007 – 13 TaBV 58/06.47 BAG v. 8.11.1994 – 1 ABR 22/94, MDR 1995, 829 = DB 1995,

1132 = BB 1995, 1188 = NZA 1995, 857; LAG Hamburg v.10.7.1991 – 8 TaBV 3/91, LAGE § 87 BetrVG 1972 BetrieblicheOrdnung Nr. 8.

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Die fehlende Durchführung eines BEM vor einer krank-heitsbedingten Kündigung begründet an sich keinen Wi-derspruchsgrund für den Betriebsrat, so dass ein solcherWiderspruch des Betriebsrats „offensichtlich unbegrün-det“ i.S.d. § 102 Abs. 5 S. 2 Nr. 3 BetrVG ist.48

8. RechtsfolgenDie fehlende Durchführung eines BEM führt nicht zu ei-ner Ordnungswidrigkeit i.S.d. § 156 SGB IX und hat un-mittelbar keine Sanktionen.49 Bei Arbeitnehmern, derenKündigung der Zustimmung des Integrationsamtes be-darf (§ 85 SGB IX), kann sich das Verfahren ohne vor-heriges BEM verzögern.50 Die Durchführung eines Prä-ventionsverfahrens nach § 84 Abs. 1 SGB IX ist keineRechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Zustimmungsent-scheidung des Integrationsamts nach §§ 85 ff. SGB IX.Die Unterlassung kann aber im Rahmen der Ermessens-entscheidung Bedeutung gewinnen, wenn die Möglich-keit bestanden hätte, die Kündigung zu vermeiden.51

Die Durchführung des BEM nach § 84 Abs. 2 SGB IX istkeine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung einer krank-heitsbedingten Kündigung, so dass ein Unterlassen alssolches nicht allein zur Unwirksamkeit der Kündigungführt.52 Die gesetzliche Regelung ist aber auch nicht nurein bloßer Programmsatz, sondern Ausprägung des dasKündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeits-grundsatzes, wonach Prävention und Rehabilitation derKündigung vorgehen.53

Führt der Arbeitgeber kein betriebliches Eingliederungs-management durch, hat dies Folgen für die Darlegungs-und Beweislast im Rahmen der Prüfung der betrieblichenAuswirkungen von erheblichen Fehlzeiten. Der Arbeit-geber kann sich dann nicht pauschal darauf berufen, ihmseien keine alternativen, der Erkrankung angemessenenEinsatzmöglichkeiten bekannt.54 Es bedarf vielmehr ei-nes umfassenderen konkreten Sachvortrags des Arbeit-gebers zu einem nicht mehr möglichen Einsatz des Ar-beitnehmers auf dem bisher innegehabten Arbeitsplatz

einerseits und warum andererseits eine leidensgerechteAnpassung und Veränderung ausgeschlossen ist oder derArbeitnehmer nicht auf einem (alternativen) anderen Ar-beitsplatz bei geänderter Tätigkeit eingesetzt werdenkönne. Ein Kündigungsgrund steht vor Durchführungdes BEM-Verfahren nur dann fest, wenn er offensichtlichist oder der Arbeitgeber darlegt und beweist, dass eineentsprechend ungünstige Prognose auch bei einem ord-nungsgemäß durchgeführten BEM vorgelegen hätte, dasVerfahren also keine Aussicht auf Erfolg hätte,55 waspraktisch sehr schwierig sein wird. Ohne in der Sache er-folglose Durchführung des BEM bzw. einen gescheitertentatsächlichen Arbeitsversuch zu geänderten Bedingungenwird der Arbeitgeber meist beweisfällig bleiben.Auch wenn im Kleinbetrieb (§ 23 Abs. 1 KSchG)56 oderin den ersten 6 Monaten (§ 1 Abs. 1 KSchG)57 eine Kün-digung nur auf Willkür geprüft wird, empfiehlt sich eineEinhaltung des BEM, damit der Arbeitgeber die Geset-zesintention nicht völlig ignoriert. In den ersten6 Monaten (Wartezeit, § 1 KSchG) hängt die Wirksam-keit einer Kündigung nicht von der Durchführung einesPräventions-/BEM Verfahrens ab.58

Bedarf es – wie beim BEM – der Einwilligung oder derMitwirkung des Arbeitnehmers, muss nach dem BAGder Arbeitgeber um diese nachsuchen oder den Arbeit-nehmer hierzu auffordern. Dazu kann er dem Arbeitneh-mer eine Frist setzen. Der Arbeitgeber muss den Arbeit-nehmer dabei deutlich darauf hinweisen, dass er im Wei-gerungsfall mit einer Kündigung rechnen müsse, wasletztlich auf eine „personenbedingte Abmahnung“ hi-nausläuft. Lehnt der Arbeitnehmer die Maßnahme den-noch ab oder bleibt er trotz Aufforderung untätig,braucht der Arbeitgeber die Maßnahme vor Ausspruchder Kündigung nicht mehr als milderes Mittel berück-sichtigen.59

Da eine gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers zurDurchführung des BEM besteht, könnte ein Unterlassenauch Schadensersatzansprüche des Arbeitnehmers be-gründen (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB60 bzw. § 823Abs. 2 BGB i.V.m. § 84 Abs. 2 SGB IX61).62 Als möglicheRechtsfolgen kämen etwa Wiedereinstellung oder Ver-gütungsnachzahlung in Betracht, wenn der Arbeitnehmernicht leidensgerecht beschäftigt wird, obwohl dies mög-lich und zumutbar gewesen wäre.63

Die Nichtinanspruchnahme von Hilfen für behinderteArbeitnehmer durch den Arbeitgeber, also auch ein BEMunter kooperativer Einbeziehung der betrieblichen Ak-teure und externen Fachleute, könnte ferner als Diskri-minierung nach Art. 5 RiLi 2000/78/EG64 anzusehensein.

9. Anlagen/MusterMitarbeiteranschreibenSehr geehrter Herr,Sie waren innerhalb der letzten 12 Monate mehr als6 Wochen arbeitsunfähig erkrankt. Wir sind deshalb ge-setzlich verpflichtet, mit Ihnen zu klären, ob Sie Interessean einem betrieblichen Eingliederungsmanagement(BEM) haben (§ 84 Abs. 2 SGB IX).Das BEM Verfahren hat zum Ziel , die bestehende Ar-beitsunfähigkeit möglichst bald zu überwinden und neu-en Fehlzeiten vorzubeugen. Das BEM ist von Ihrer – frei-willigen – Zustimmung/Einwilligung abhängig. Eine Ver-pflichtung zur Teilnahme an einem betrieblichen Einglie-derungsmanagement besteht Ihrerseits nicht.Die Teilnehmenden an dem Verfahren sind der Arbeit-geber, der Arbeitnehmer, der Betriebsrat sowie – soweiterforderlich – der Betriebsarzt; bei schwerbehinderten

MDR 21/2010 Stück 1239

Arbeitsrecht

48 LAG Nürnberg v. 5.9.2006 – 6 Sa 458/06, DB 2007, 752.49 Zorn, br 2006, 44.50 Vgl. Zorn, br 2006, 44.51 BVerwG v. 29.8.2007 – 5 B 77.07.52 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19; v. 23.4.2008 – 2

AZR 1012/06, NZA-RR 2008, 515 = DB 2008, 2091; v. 12.7.2007– 2 AZR 716/06, MDR 2008, 394 = DB 2008, 189 = BB 2008, 277;v. 7.12.2006 – 2 AZR 182/06, MDR 2007, 844 = BB 2007, 1852 =DB 2007, 1089 = NZA 2006, 422; v. 8.11.2007 – 2 AZR 425/06,NZA 2008, 471 (zu § 84 Abs. 1 SGB IX: Präventionsverfahren beiverhaltensbed. Verstoß); LAG Köln v. 18.5.2007 – 11 Sa 632/06; Ar-nold/Fischinger, BB 2007, 1894; Kohte, DB 2008, 582; Tschöpe, NZA2008, 398: Joussen, DB 2009, 286.

53 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19; v. 23.4.2008, s.Fn. 54; v. 12.7.2007 – 2 AZR 716/06, MDR 2008, 394 = DB 2008,189 = BB 2008, 277; LAG Hamm v. 24.1.2007 – 2 Sa 991/06; v.29.3.2006 – 18 Sa 2104/05; LAG Nürnberg v. 21.6.2006 – 4 (9) Sa933/05; LAG Berlin v. 27.10.2005 – 10 Sa 783/05, MDR 2006, 761= LAGE Nr. 37 zu § 1 KSchG Krankheit.

54 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19; v. 23.4.2008, s.Fn. 54.

55 ArbG Berlin v. 19.4.2006 – 31 Ca 26315/05; Kohte, DB 2008, 582.56 LAG Kiel v. 17.11.2005 – 4 Sa 328/05.57 LAG Hamm v. 17.12.2006 – 15 (11) 1236/06.58 BAG v. 28.6.2007 – 6 AZR 750/06.59 BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19.60 Vgl. BAG v. 13.8.2009 – 6 AZR 330/08: Schadensersatz bei Beschäf-

tigungsanspruch eines leistungsgeminderten Mitarbeiters; Schils,Das betriebliche Eingliederungsmanagement i.S.d. § 84 Abs. 2SGB IX, S. 258.

61 Für Schutzgesetzcharakter des § 84 Abs. 2 SGB IX: von Seggern inDäubler/Hjort/Hummel/Wolmerath, Arbeitsrecht § 84 SGB IX Rz. 5.

62 Kritisch Zorn, br 2006, 44.63 Vgl. Stück, br 2007, 95 ff..64 Vgl. http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=CE-

LEX:32000L0078:DE:HTML.

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Menschen außerdem die Schwerbehindertenvertretung.Der Erfolg eines betrieblichen Eingliederungsmanage-ments ist wesentlich von Ihrer Mitwirkung abhängig.

Im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanage-ments werden – soweit z.Z. absehbar – insbesondere dieDaten Ihrer uns bekannten Fehlzeiten herangezogen. Ver-wendete Daten sowie Inhalt und Ergebnisse der Gesprä-che etc. werden selbstverständlich vertraulich und ent-sprechend den gesetzlichen Bestimmungen (Datenschutz)behandelt.

Bitte teilen Sie uns bis zum TT.MM.JJJJ mit, ob Sie einBEM wünschen. Dazu haben wir Ihnen bereits unteneine Rückantwort vorbereitet, die Sie uns zurücksenden.Über eine positive Antwort würden wir uns freuen undstehen Ihnen für Rückfragen gern zur Verfügung.

Wir weisen darauf hin, dass die Ablehnung eines BEModer nicht Nichtmitwirkung an dessen Umsetzung fürden Mitarbeiter nachteilige Auswirkungen haben kann(z.B. Rechtfertigung einer krankheitsbedingten Kündi-gung)65..

Personalleiter

Kopie: Betriebsrat & ggf. Schwerbehindertenvertretung

Rückantwort des/der Mitarbeiters/in ............................. ..........:

An

Personalleitung

� Ich habe Interesse an einem betrieblichen Einglie-derungsmanagement. Bitte setzen Sie sich wegen einesTermins mit mir in Verbindung (Tel.: ............)

� Ich lehne Durchführung des mir angebotenen betrieb-lichen Eingliederungsmanagements ab und habe darankein weiteres Interesse.

............................. ............., den ..................

............................. .............................

Unterschrift Mitarbeiter

Datenblatt für das Betriebliche Eingliederungsmanage-mentName: .......................Vorname: ..................Geschlecht: ...................Personal-Nr.: ....................Kostenstelle: ....................Vorgesetzter: ....................Schicht: .........................Vollzeit/Teilzeit: .................Geburtstag: ....................Betriebszugehörigkeit: ....................sb/gleichgestellt: ..........................Ausbildung: .....................Aktuelle Tätigkeiten: .....................Eingruppierung: ..............Fehlzeiten: ..................Leistungseinschränkungen lt. Betriebsarzt oder sonstigerärztlicher Stellungnahme: .........BEM-Erstkontakt am/durch: ............................BEM-Erstgespräch am/durch: ........................Einverständniserklärung für BEM liegtvor: ........................Beteiligte informiert: BR/SchwbVertr.Sonstiges: ..............................MaßnahmenblattName: ....................Vorname: ..................Personal-Nr.: ....................Kostenstelle: ....................Datum: von .........bis ..............Maßnahme: .............. (Bsp.: Verlauf und Ergebnis vonArbeitsversuchen oder Maßnahmen zur stufenweisenWiedereingliederung)Ergebnis: ...............Verantwortlich: ............

1240 MDR 21/2010

Arbeitsrecht

65 Vgl. BAG v. 10.12.2009 – 2 AZR 400/08, s. Fn. 19.

Stück

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RECHTSPRECHUNG

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Volltext-Service: Abgedruckte Entscheidungen sindauf ihren wesentlichen Inhalt konzentriert. VOLL-TEXTE können Sie in der Redaktion bestellen(10 EUR pro Entscheidung). Bitte geben Sie Bestell-Nr. und möglichst Ihre Kunden-Nr. an: Fax (02 21)9 37 38-951, E-Mail: [email protected]

Miet- und Immobilienrecht

Änderung des Verteilungsschlüssels durch Mehrheits-beschluss der Wohnungseigentümer

WEG § 16 Abs. 3, Abs. 5; HeizkostenVO §§ 10; 12Abs. 6

Eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer, Heiz-kosten ausschließlich nach Verbrauch abzurechnen,kann durch Mehrheitsbeschluss geändert werden.

Ob eine Änderung des Verteilungsschlüssels für Heiz-kosten mit der Heizkostenverordnung vereinbar ist,bestimmt sich nach der Fassung der Verordnung, wel-che bei erstmaliger Geltung des neuen Schlüssels inKraft ist.

BGH, Urt. v. 16.7.2010 – V ZR 221/09(LG Dessau-Roßlau – 5 S 69/09; AG Magdeburg)

Aus den Gründen:... Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nach-prüfung stand. Ohne Rechtsfehler nimmt das Berufungs-gericht zunächst an, dass der Verteilungsschlüssel durchMehrheitsbeschluss geändert werden konnte. Nach § 16Abs. 3 WEG können Wohnungseigentümer durch Stim-menmehrheit beschließen, dass die Betriebskosten des ge-meinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentumsi.S.d. § 556 Abs. 1 BGB, die nicht unmittelbar gegenüberDritten abgerechnet werden, statt nach dem Verhältnisihrer Miteigentumsanteile (§ 16 Abs. 2 WEG) nach Ver-brauch oder Verursachung erfasst und nach diesem odereinem anderen Maßstab verteilt werden. Die genannteVorschrift begründet die Kompetenz der Wohnungs-eigentümer, den Verteilungsschlüssel durch Mehrheits-beschluss abweichend von dem in § 16 Abs. 2 WEG be-stimmten Maßstab, aber auch abweichend von einemdurch die Wohnungseigentümer vereinbarten oder be-schlossenen Verteilungsschlüssel zu regeln (vgl. BGH,Urt. v. 9.7.2010 – V ZR 202/09, z.V.b. – sowie Bärmann/Becker, WEG, 10. Aufl., § 16 Rz. 103; Timme/Bonifacio,WEG, § 16 Rz. 151). Diese Beschlusskompetenz kanndurch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer we-der eingeschränkt noch ausgeschlossen werden (§ 16Abs. 5 WEG). Entgegenstehende Bestimmungen in Ge-meinschaftsordnungen sind unwirksam; das gilt auchdann, wenn sie, wie hier, bei Inkrafttreten der Neufas-sung von § 16 WEG am 1.7.2007 (Gesetz zur Änderungdes WEG und anderer Gesetze vom 26.3.2007, BGBl. I

2007, 370) bereits bestanden haben (vgl. BT-Drucks. 16/887, 25).

Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beschluss-kompetenz der Mehrheit nicht deshalb eingeschränkt,weil die Wohnungseigentümer 1999 einstimmig eine reinverbrauchsabhängige Verteilung der Heizkosten be-schlossen hatten. Selbst wenn dies als eine rechts-geschäftliche Bestimmung i.S.v. § 10 HeizkostenVO an-zusehen sein sollte, folgt daraus nicht, dass eine Ände-rung dieses Maßstabes wiederum einen einstimmig ge-fassten Beschluss erforderte. Nach § 10 HeizkostenVObleiben rechtsgeschäftliche Bestimmungen unberührt,welche höhere als die in § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Heiz-kostenVO genannten Höchstsätze von 70 vom Hundertvorsehen. Damit wird der Privatautonomie Vorrang vorden Vorschriften der Heizkostenordnung insoweit einge-räumt, als deren Ziel, Nutzer zu einem sparsamen Ge-brauch von Energie anzuhalten, durch eine Vereinbarungzwischen dem Gebäudeeigentümer und den Nutzernübererfüllt worden ist (vgl. Lammel, HeizkostenVO,3. Aufl., § 10 Rz. 2). Auch die Vereinbarung, ob und un-ter welchen Voraussetzungen eine solche rechtsgeschäft-liche Bestimmung geändert werden kann, unterliegtgrundsätzlich der Privatautonomie.

Dies gilt jedoch nicht für eine von Wohnungseigentü-mern getroffene rechtsgeschäftliche Bestimmung. Zwarentspricht das Verhältnis der Gemeinschaft der Woh-nungseigentümer zu den einzelnen Wohnungseigentü-mern nach der Konzeption der Heizkostenverordnungdem Verhältnis von Gebäudeeigentümer und Nutzer (§ 1Abs. 2 Nr. 3 HeizkostenVO). Die Privatautonomie derWohnungseigentümer wird aber durch § 16 Abs. 5 WEGbegrenzt. Da die Befugnis der Mehrheit, die Verteilungder Heizkosten im Rahmen von § 16 Abs. 3 WEG zu be-stimmen und – ggf. wiederholt – zu ändern, nicht durchVereinbarungen eingeschränkt oder ausgeschlossen wer-den darf, ist die Festlegung eines Verteilungsschlüssels,welcher nur einstimmig geändert werden kann, nach§ 16 Abs. 5 WEG unzulässig. Zu Recht nimmt das Beru-fungsgericht ferner an, dass die Regelung in § 6 Abs. 4Satz 2 Nr. 1 HeizkostenVO a.F., wonach der Verteilungs-schlüssel nur bis zum Ablauf von drei Abrechnungszeit-räumen nach seiner erstmaligen Bestimmung geändertwerden kann, der Wirksamkeit des angefochtenen Be-schlusses nicht entgegensteht. I.d.F. bis 31.12.2008 istdie Heizkostenabrechnung nur noch auf Abrechnungs-zeiträume anzuwenden, die vor dem 1.1.2009 begonnenhaben (§ 12 Abs. 6 HeizkostenVO). Für später beginnen-de Abrechnungszeiträume gilt dagegen die Neufassungder Verordnung, in der eine entsprechende Beschränkungfehlt. Diese Fassung ist hier maßgeblich, da die Änderungdes Verteilungsschlüssels mit Wirkung für den am1.1.2009 beginnenden Abrechnungszeitraum beschlos-sen worden ist. Dass sie im Zeitpunkt der Beschlussfas-sung noch nicht in Kraft getreten war, ist unerheblich.Die Wohnungseigentümer sind berechtigt, Beschlüsse,die künftige Abrechnungszeiträume betreffen, an dendann geltenden Gesetzen und Verordnungen auszurich-ten; soweit zwingende Vorschriften in Rede stehen, sindsie nach dem Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltunghierzu auch verpflichtet (vgl. Riecke/Schmid, WEG,

MDR 21/2010 1241

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3. Aufl., § 3 HeizkostenVO Rz. 3 und 16; Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, WEG, 9. Aufl., § 16 Rz. 56). ...

Volltext-Bestellnummer 38142

Grundschuld durch Aufrechnung mit Gegenforderung

BGB § 1142 Abs. 2

Durch die Aufrechnung mit einer Gegenforderungkann eine Grundschuld nur abgelöst werden, wennder Duldungsanspruch durch die Aufrechnung voll-ständig abgelöst oder der fehlende Betrag zusammenmit der Aufrechnung im Wege der Zahlung erbrachtwird.

BGH, Urt. v. 16.7.2010 – V ZR 215/09(OLG Köln – 13 U 146/08; LG Köln)

Aus den Gründen:... Die Revision hat keinen Erfolg. ... Die Aufrechnungs-erklärung des Beklagten hat nicht zur Ablösung derGrundschuld geführt, weil die zur Aufrechnung gestell-ten Gegenforderungen nach dem Vorbringen des Beklag-ten den hierzu erforderlichen Betrag nicht erreichen. DieAufrechnung mit Forderungen, deren Erfüllung allein G.P. schuldete, ist ungeeignet, die Ablösung der Grund-schuld zu bewirken.

Eine Forderung, die einer Mehrzahl von Gläubigernnach Maßgabe von § 432 BGB zusteht, kann nur durchdie Aufrechnung mit einer Forderung erfüllt werden, fürderen Erfüllung sämtliche Gläubiger dem Schuldner haf-ten, weil die gemeinschaftliche Forderung nicht durchLeistung an einen Mitgläubiger erfüllt werden kann(BGH, Urt. v. 29.1.1969 – VIII ZR 20/67, NJW 1969,839 f.; Staudinger/Gursky, BGB 2006, § 387 Rz. 25;Bydlinski in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 432 Rz. 9).Entgegen der Meinung der Revision berührt die Aufrech-nung des Schuldners mit einer Gegenforderung gegen ei-nen der Mitgläubiger das Bestehen der Aktivforderungauch im Verhältnis zwischen diesem Mitgläubiger unddem Schuldner nicht. Die gemeinschaftliche Berechti-gung an der Aktivforderung entzieht diese jeder Erfül-lung, die nicht allen Mitgläubigern nach Maßgabe von§ 432 BGB zugute kommt. ...

... Die Befugnis zur Ablösung ist jedoch insoweit be-schränkt, als die Ablösung nur dann durch Aufrechnungerfolgen kann, wenn die Gegenforderung des Eigentü-mers so hoch ist, dass die Aufrechnung mit dieser zur Ab-lösung der Grundschuld führt (BGH, a.a.O.; Urt. v.11.5.2005 – IV ZR 279/04, MDR 2005, 1120 f. = NJW2005, 2398; Palandt/Bassenge, BGB, 69. Aufl., § 1142Rz. 3; PWW/Waldner, BGB, 5. Aufl., § 1142 Rz. 3). EineBefugnis zu Teilleistungen eröffnet § 1142 Abs. 2 zweiteAlt. BGB dem Eigentümer nicht (a.M. RGZ 79, 359;Eickmann in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 1145 Rz. 5;Staudinger/Wolfsteiner, BGB 2009, § 1142 Rz. 18). DieRevision gibt zu einer anderen Entscheidung keinen An-lass. Ein Gläubiger braucht Teilleistungen grundsätzlichnicht entgegen zu nehmen. Unvollständige Leistungenführen zu Belästigung oder Aufwand des Gläubigers, vordenen ihn § 266 BGB bewahren soll (Staudinger/Bittner,BGB 2009, § 266 Rz. 1). Dieser Grundsatz gilt zwarnicht ausnahmslos. ... Die Widerklage ist unzulässig...

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Keine Anwendung des Voreintragungsgrundsatzesbeim Inhaber des betroffenen Rechts

GBO §§ 19, 39 Abs. 1

Der Voreintragungsgrundsatz in § 39 Abs. 1 GBO ver-langt nicht, dass derjenige, der die Eintragung nach§ 19 GBO bewilligt hat, als Inhaber des betroffenenRechts im Grundbuch eingetragen sein muss.

BGH, Beschl. v. 15.7.2010 – V ZB 107/10(OLG Frankfurt – 20 W 67/10; AG Seligenstadt)

Aus den Gründen:Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die nach§ 78 Abs. 1 GBO statthafte und nach § 78 Abs. 3 Satz 1GBO i.V.m. § 71 FamFG im Übrigen zulässige Rechts-beschwerde ist in der Sache begründet. Entgegen derAuffassung des Beschwerdegerichts kann die Eintragungder Löschung aus keinem der in der Zwischenverfügunggenannten Gründe zurückgewiesen werden. Es liegt einewirksame Bewilligung nach § 19 GBO zur Löschung desGrundpfandrechts durch die Zessionarin vor. Diesekonnte zwar nicht aus eigenem Recht die Löschung be-willigen. Bewilligungsberechtigt nach § 19 GBO ist näm-lich nur derjenige, dessen grundbuchmäßiges Rechtdurch die vorzunehmende Eintragung nicht nur wirt-schaftlich, sondern rechtlich beeinträchtigt wird oder zu-mindest rechtlich nachteilig berührt werden kann (Senat,BGHZ 66, 341 [345]; BGH v. 14.6.1984 – V ZB 32/82,BGHZ 91, 343 [346] = MDR 1984, 830 f.; v. 13.9.2000– V ZB 14/00, BGHZ 145, 133 [136] = MDR 2001,80 f.).Daran fehlt es hier, weil die Zessionarin mangels Eintra-gung der Abtretung nicht neue Grundschuldgläubigeringeworden ist und somit nicht ihr Recht von der Lö-schung beeinträchtigt wird. Das Beschwerdegericht istzutreffend davon ausgegangen, dass die Abtretung derGrundschuld nach § 1154 Abs. 3 BGB i.V.m. §§ 873,878 BGB nur durch deren Eintragung in das Grundbuchauf der Grundlage der Einigung mit dem bisherigenGläubiger wirksam erfolgen konnte (RGZ 54, 362[365]). Das gilt zwar nur für die Buchgrundpfandrechteuneingeschränkt, jedoch nicht für die nach § 1154 Abs. 1BGB abtretbaren Briefgrundpfandrechte. Eine Brief-grundschuld ist hier aber nicht bestellt worden. Die feh-lerhafte Bezeichnung des Rechts in dem angefochtenenBeschluss als Briefgrundschuld ist wegen der Wider-sprüchlichkeit der Feststellungen des Beschwerdegerichtsfür das Rechtsbeschwerdeverfahren nicht bindend, weilnach der ebenfalls zitierten Zwischenverfügung desGrundbuchamts die Grundschuld – wie auch im Grund-buch eingetragen – als Buchgrundpfandrecht bezeichnetworden ist.Die Zessionarin hat jedoch wirksam als Nichtberechtigtemit Zustimmung der berechtigten Zedentin die Löschungder Grundschuld bewilligt. Die von einem Nichtberech-tigten erklärte Bewilligung nach § 19 GBO wird mit Zu-stimmung des eingetragenen Berechtigten wirksam.§ 185 BGB ist auf die Eintragungsbewilligung, obwohlsie – zumindest auch – eine verfahrensrechtliche Erklä-rung ist (BGH v. 26.5.1982 – V ZB 17/80, BGHZ 84,202 [208] = MDR 1982, 838 f.), entsprechend anzuwen-den (RGZ 54, 362 [367]; KGJ 47, 158 [160]; Bay-ObLGZ 1970, 254 [256]; Demharter, GBO, 27. Aufl.,§ 19 Rz. 73; Hügel/Holzer, GBO, § 19 Rz. 95; Kössingerin Bauer/v. Oefele, GBO, 2. Aufl., § 19 Rz. 294; KEHE/Munzig, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 19 GBO Rz. 65;Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 19 Rz. 61). Die Zu-stimmung der Zedentin zu der von der Zessionarin er-

1242 Rechtsprechung MDR 21/2010

Miet- und Immobilienrecht

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klärten Löschungsbewilligung ergibt sich hier aus der Ur-kunde, in der die Zedentin die Abtretung der (Teil-)Grundschuld an die Zessionarin erklärt und die Eintra-gung der Rechtsänderung in das Grundbuch bewilligthat. ...... Die Eintragung der Löschung des Grundpfandrechtsverstößt auch nicht gegen § 39 Abs. 1 GBO. Der in dieserVorschrift enthaltene Voreintragungsgrundsatz ist eineformelle Voraussetzung für die Grundbucheintragung. Erbezweckt nicht nur die klare und verständliche Wieder-gabe des aktuellen Grundbuchstands, sondern auch dieMöglichkeit, seine Entwicklung nachzuvollziehen. Dasbetroffene Recht muss so eingetragen sein, wie es der ma-teriellen Rechtslage und der sich anschließenden neuenEintragung entspricht (BGHZ 16, 101; BGH, Urt. v.20.1.2006 – V ZR 214/04, MDR 2006, 1163 f. = NJW-RR 2006, 888 [890]). Die Voraussetzungen des § 39Abs. 1 GBO sind hier erfüllt. Das von der Löschung be-troffene Recht ist die eingetragene Buchgrundschuld.Von der rechtsändernden Eintragung der Löschung wirdder wahre Inhaber des Rechts betroffen (RGZ 133, 279[282]). Das ist hier die Zedentin, weil die Abtretung derBuchgrundschuld ... mangels Eintragung nicht erfolgt ist.Die Zedentin ist als Berechtigte im Grundbuch eingetra-gen.Eine vorherige Eintragung der Zessionarin ist dagegenauch vor dem Hintergrund des Zwecks des Voreintra-gungsgrundsatzes nicht geboten, dass das Grundbuchnicht nur den aktuellen Grundbuchstand, sondern auchseine Entwicklung richtig wiedergeben soll (RGZ 133,279 [283]; BGHZ 16, 101; BGH v. 20.1.2006, a.a.O.).Auch nach einer Eintragung der Löschung ohne eine Vor-eintragung der Zessionarin gäbe das Grundbuch die sa-chenrechtliche Lage hier in allen Entwicklungsstufenrichtig wieder, weil die Zessionarin das Grundpfandrechtnicht erworben, sondern auf Grund einer ihr von der Ze-dentin erteilten Ermächtigung über deren Recht verfügthat. § 39 Abs. 1 GBO verlangt – entgegen der Ansichtdes Beschwerdegerichts – nicht, dass derjenige, der dieEintragung nach § 19 GBO bewilligt hat, im Grundbuchvoreingetragen sein muss. Eingetragen sein muss der In-haber des durch die Verfügung betroffenen Rechts, nichtjedoch derjenige, der ihn vertritt oder über dessen Rechtverfügen kann (Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 39Rz. 13). § 39 Abs. 1 GBO knüpft an die im Grundbuchauszuweisende Rechtsinhaberschaft, § 19 GBO dem-gegenüber an die Befugnis zur Verfügung über das vonder Eintragung betroffene Recht an (Bauer in Bauer/v.Oefele, GBO, 2. Aufl., § 39 Rz. 39; KEHE/Herrmann;Grundbuchrecht, 6. Aufl., GBO, § 39 Rz. 14). ...

Volltext-Bestellnummer 38113

Änderung des Mehrheitsbeschlusses durch neue Ver-einbarung

WEG § 16 Abs. 3, Abs. 4

a) Auch ein durch Vereinbarung festgelegter Umlage-schlüssel kann durch Mehrheitsbeschluss nach § 16Abs. 3 WEG geändert werden.

b) Die Abänderung eines Umlageschlüssels nach § 16Abs. 3 WEG muss transparent gestaltet werden; hier-für genügt es nicht, dass einer Abrechnung oder einemWirtschaftsplan lediglich der neue Schlüssel zugrundegelegt wird.

c) Eine rückwirkende Änderung des Umlageschlüsselsnach § 16 Abs. 3 WEG entspricht in der Regel nicht

den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Verwal-tung.

d) § 16 Abs. 4 WEG weist den Wohnungseigentümernnicht die Kompetenz zu, einen die Ansammlung vonInstandhaltungsrücklagen betreffenden Verteilungs-schlüssel zu ändern.

BGH, Urt. v. 9.7.2010 – V ZR 202/09(LG Koblenz – 2 S 33/09; AG Montabaur)

Volltext-Bestellnummer 38061

Kein Anspruch des Vormerkungsberechtigten

BGB § 888

Der Anspruch nach § 888 Abs. 1 BGB setzt nicht vo-raus, dass der Vormerkungsberechtigte bereits als Ei-gentümer (oder sonstiger Rechtsinhaber) in dasGrundbuch eingetragen worden ist.

BGH, Urt. v. 2.7.2010 – V ZR 240/09(LG Halle – 2 S 150/09; AG Halle [Saale])

Aus den Gründen:... Die Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nach-prüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Beru-fungsgerichts ist die Frage, ob der Vormerkungsberech-tigte die Löschung einer nachrangigen Zwangssiche-rungshypothek erst dann verlangen kann, wenn er als Ei-gentümer im Grundbuch eingetragen ist, höchstrichter-lich geklärt. Nach ständiger Rechtsprechung des BGHkann der Anspruch nach § 888 Abs. 1 BGB geltend ge-macht werden, wenn der durch die Vormerkung gesicher-te Anspruch entstanden und fällig ist, also gegenüberdem Anspruchsgegner durchgesetzt werden könnte.Nicht erforderlich ist, dass dieser den Anspruch bereitserfüllt hat oder rechtskräftig dazu verurteilt worden ist.Daraus folgt zugleich, dass die Durchsetzung des An-spruchs gemäß § 888 Abs. 1 BGB die Eintragung desVormerkungsberechtigten im Grundbuch nicht voraus-setzt (vgl. BGH v. 30.1.1987 – V ZR 32/86, BGHZ 99,385 [388] = MDR 1987, 568 f.; Urt. v. 31.10.1980 – VZR 95/79, MDR 1981, 304 f. = NJW 1981, 446 f.; Urt.v. 24.6.1988 – V ZR 51/87, MDR 1989, 53 = NJW-RR1988, 1357; Urt. v. 14.7.2000 – V ZR 384/98, MDR2000, 1426 f. = NJW 2000, 3496; Urt. v. 26.4.2007 – IXZR 139/06, MDR 2007, 1097 f. = WM 2007, 1137;ebenso Staudinger/Gursky, BGB, 2008, § 888 Rz. 49;Kohler in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 888 Rz. 11;Kesseler, ZfIR 2007, 88 [92 f.]; Wolf, NZM 2008, 29)....

... Das angefochtene Urteil kann somit keinen Bestandhaben; es ist aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sacheist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563Abs. 1 ZPO), weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist.Der Beklagte wendet ein, dass der Auflassungsanspruchder Klägerin infolge eines vorrangig vorgemerkten Rück-kaufrechts einer Verwaltungsgemeinschaft entwedernicht fällig oder aber bereits erloschen ist. Hierzu hat dasBerufungsgericht, von seinem Rechtsstandpunkt auskonsequent, bislang keine Feststellungen getroffen. Daswird nachzuholen sein. ...

Volltext-Bestellnummer 38018

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1243

Miet- und Immobilienrecht

Page 30: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Mehrheitlich beschlossene Kündigung der Miteigentü-mergemeinschaft

BGB § 745 Abs. 1

a) Die Kündigung eines Mietverhältnisses über ein ge-meinschaftliches Grundstück kann Gegenstand einerVerwaltungsentscheidung sein, die unter den Voraus-setzungen des § 745 Abs. 1 BGB mehrheitlich getrof-fen werden kann.

b) Ist eine mehrheitlich beschlossene Kündigung derMiteigentümergemeinschaft im Außenverhältnis zumMieter unwirksam, steht dies ihrer Beurteilung alsMaßnahme ordnungsmäßiger Verwaltung i.S.v. § 745Abs. 1 BGB jedenfalls dann nicht entgegen, wenn dieRechtslage bei der Beschlussfassung auch nach Ein-holung anwaltlichen Rates nicht zuverlässig ein-zuschätzen war.

BGH, Beschl. v. 26.4.2010 – II ZR 159/09(OLG Schleswig – 4 U 100/08; LG Kiel)

Aus den Gründen:... Das Berufungsgericht (OLG Schleswig v. 29.5.2009 –4 U 100/08, NZG 2010, 103) hat zu Recht angenom-men, dass die Entscheidung, die Mietverträge zu kündi-gen, eine Maßnahme ordnungsgemäßer Benutzung undVerwaltung gem. § 745 Abs. 1 BGB darstellt, die mehr-heitlich beschlossen werden konnte. Ein Mehrheits-beschluss, die Mietverhältnisse zu kündigen, war nichtschon deshalb ausgeschlossen, weil der Abschluss derMietverträge auf einer einstimmig beschlossenen Benut-zungsregelung beruhte (vgl. dazu K. Schmidt in Münch-Komm/BGB, 5. Aufl., §§ 744, 745 Rz. 17, ...). Eine ein-stimmige Benutzungsregelung ergibt sich weder aus dem„Familienvertrag“ von 1968, mit dem den BeklagtenBruchteilseigentum übertragen und der Mutter der Nieß-brauch eingeräumt worden ist, noch aus den mehr alszwanzig Jahre später von der Mutter der Parteien alsNießbraucherin ohne Beteiligung der Beklagten geschlos-senen Mietverträgen. Wie das Berufungsgericht zutref-fend angenommen hat, lässt sich dem Vertrag von 1968keine Verpflichtung der Beklagten entnehmen, den Café-und Konditoreibetrieb dauerhaft an dem Standort in derH. straße zu erhalten. § 745 Abs. 3 BGB steht einerMehrheitsentscheidung, die Mietverhältnisse zu kündi-gen, ebenfalls nicht entgegen.

Die Kündigung der Mietverhältnisse führt nicht zu einer– der einstimmigen Beschlussfassung vorbehaltenen –wesentlichen Veränderung des gemeinschaftlichenGrundstücks gem. § 745 Abs. 3 Satz 1 BGB. Durch dieBeendigung der bestehenden Mietverhältnisse wird we-der die Gestalt noch die Zweckbestimmung des gemein-schaftlichen Gegenstandes erheblich verändert (... BGHv. 14.11.1994 – II ZR 209/93, MDR 1995, 350 = ZIP1995, 649 f.). Denn es bleibt den Gemeinschaftern unbe-nommen, die betreffenden Räume wieder so zu vermie-ten, dass das Grundstück nicht wesentlich verändertwird. Ebenso wenig wird durch die Kündigungen dieStellung des Klägers als Bruchteilseigentümer beeinträch-tigt, § 745 Abs. 3 Satz 2 BGB. Das Gegenteil ist der Fall.Erzielt nach Beendigung der bestehenden Mietverhältnis-se die Eigentümergemeinschaft durch eine Neuvermie-tung der Räume zu dann marktgerechten Bedingungenhöhere Mieterträge, ist auch der Anteil des Klägers anden Nutzungen höher. Dass der Kläger wegen seiner ge-sellschaftsrechtlichen Beteiligung an den Mieterinnen einInteresse daran haben kann, die Mieten möglichst gering

zu halten, berührt seine Stellung als Miteigentümernicht.Vergeblich wendet sich die Revision gegen die Auffas-sung des Berufungsgerichts, dass die Beschlüsse, dieMietverhältnisse zu kündigen, auch dann ordnungs-gemäßer Verwaltung entsprochen haben, wenn die Kün-digungen im Außenverhältnis zu den Mieterinnen un-wirksam gewesen sein sollten. Ordnungsgemäßer Ver-waltung i.S.d. § 745 Abs. 1 BGB entsprechen nicht nurnotwendige Maßregeln nach § 744 Abs. 2 BGB, sondernalle Maßnahmen, die nach den individuellen Gegeben-heiten im Zeitpunkt der Beschlussfassung vernünftig er-scheinen. Eine allgemeine Zweckmäßigkeits- oder Inhalt-skontrolle, bei der die Minderheit oder das Gericht dieAuffassung der Mehrheit ersetzen könnte, findet nichtstatt (vgl. K. Schmidt, a.a.O., §§ 744, 745 Rz. 22; ...).Jedoch dürfen die berechtigten Interessen der Minderheitnicht übergangen werden (vgl. Staudinger/Langhein, . . . ,BGB 2008, § 745 Rz. 5). Nach diesen Maßstäben han-delte es sich bei den beschlossenen Kündigungen umMaßnahmen nach § 745 Abs. 1 BGB. Die Kündigung derbestehenden Mietverhältnisse war wirtschaftlich ver-nünftig, weil der Gemeinschaft hierdurch die Möglich-keit eröffnet wurde, die Räume anderweitig zu vermietenund künftig für die Bruchteilsgemeinschaft marktgerech-te Mieterträge zu erzielen. ...Dass eine etwaige Unwirksamkeit der Kündigungen fürdie Beklagten bei der Beschlussfassung nicht ohne wei-teres erkennbar war, ist schon daraus ersichtlich, dassmehrere Gerichte diese Frage unterschiedlich beurteilthaben. Anders als die Revision meint, waren die Beklag-ten nicht gehalten, vorab – verbindlich – klären zu lassen,ob die Eigentümergemeinschaft ggü. den Mieterinnenzur Kündigung berechtigt war. Eine derartige Verpflich-tung scheidet schon deshalb aus, weil die hier allein inBetracht kommende Kündigungsmöglichkeit gem.§ 1056 Abs. 2 BGB nach der Aufforderung der Mieterin-nen, innerhalb der gesetzten Frist von etwa zwei Wochenzu erklären, ob von dem in dieser Vorschrift geregeltenKündigungsrecht Gebrauch gemacht werde, zeitlich be-schränkt war (§ 1056 Abs. 3 BGB), und eine vorherigegerichtliche Entscheidung der Frage, ob die Kündigungenzulässig waren, somit nicht abgewartet werden konnte....

Volltext-Bestellnummer 38203

Umsatzrückgang im Einkaufszentrum kein Mietman-gel

BGB §§ 535, 536, 242

1. Dass zu Beginn des Mietverhältnisses ein Einkaufs-zentrum besseren Zulauf und auch der Betrieb desMieters höhere Umsätze hatten und sich diese Um-stände allmählich generell wie auch für den Mieterverschlechterten, bedeutet keinen Mangel der Mie-träume.

2. Öffentlich-rechtliche Nutzungsbeschränkungenstellen nur dann einen Mangel des Mietobjekts dar,wenn sie eine Aufhebung oder erhebliche Beeinträch-tigung des vertragsgemäßen Gebrauchs zur Folge ha-ben; solches ist regelmäßig nur der Fall, wenn die zu-ständige Behörde die Nutzung des Mietobjekts unter-sagt oder wenn ein behördliches Einschreiten insoweiternstlich zu erwarten ist.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.5.2010 – I-24 U 195/09(LG Wuppertal – 7 O 421/08)

1244 Rechtsprechung MDR 21/2010

Miet- und Immobilienrecht

Page 31: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Aus den Gründen:. . . (Zu 1:) Der Beklagte kann eine Minderung der Mieteweder auf den von ihm vorgetragenen Leerstand in demEinkaufszentrum noch auf die behauptete negative Um-satzentwicklung in seinem Betrieb stützen. Die Mietewäre – die Richtigkeit des Vortrags unterstellt – hier-durch nicht kraft Gesetzes wegen eines Mangels derMietsache gemindert (536 Abs. 1 S. 2 BGB). Die Mietsa-che ist mangelhaft, wenn sie mit einem Fehler behaftetist, der ihre Tauglichkeit zum vertragsgemäßen Gebrauchaufhebt oder mindert oder wenn der Mietsache eine be-sonders zugesicherte Eigenschaft fehlt. Die vom Beklag-ten gerügten Einschränkungen sind aber weder Fehlerder Mietsache noch stellen sie zugesicherte Eigenschaftendar. Was der Beklagte nicht hinnehmen will, sind die mit-telbaren (negativen) Einflüsse, die nicht der vermietetenSache anhaften, sondern von außen mittelbar auf dieMietsache einwirken. Es entspricht gefestigter höchst-richterlicher Rechtsprechung, dass solche mittelbarenEinwirkungen keine Fehler sind (BGH v. 16.2.2000 – XIIZR 279/97, MDR 2000, 821 m. Anm. Leo = NJW 2000,1714; 1981, 2405). Aus demselben Grund sind sie auchkeine zugesicherten Eigenschaften. Um solche handelt essich nur dann, wenn sie der Mietsache selbst anhaften;mittelbare Einflüsse reichen dafür nicht aus (BGH v.16.2.2000 – XII ZR 279/97, MDR 2000, 821 m. Anm.Leo = NJW 2000, 1714; OLG Düsseldorf v. 3.5.2005 –I-24 U 223/04, OLGReport Düsseldorf 2006, 103; OLGDüsseldorf v. 31.7.2003 – I-24 U 113/01, OLGReportDüsseldorf 2005, 79). Die Erwartung, auf dem zu ge-werblichen Zwecken überlassenen Grundstück gewinn-bringende Geschäfte abzuschließen und nicht etwa Ver-lust zu machen, gehört zum Risikobereich des Mieters(BGH v. 21.9.2005 – XII ZR 66/03, MDR 2006, 506 =NJW 2006, 899; 2000, 1714; 1981, 24056).An diesem Ergebnis vermag auch nichts der Umstand zuändern, dass der Beklagte sein Geschäft in einem von derursprünglichen Vermieterin betriebenen Einkaufszen-trum führte und dass er mietvertraglich verpflichtet war(§ 20 des Mietvertrages), das Gesamtinteresse zu wah-ren. Derartige Vorgaben stehen im Interesse aller Mieterund sind geradezu unabdingbare Voraussetzung dafür,die Attraktivität des Einkaufszentrum zu sichern (OLGDüsseldorf v. 3.5.2005 – I-24 U 223/04, OLGReportDüsseldorf 2006, 103; OLG Rostock NZM 2004, 460;vgl. auch BGH v. 16.2.2000 – XII ZR 279/97, MDR2000, 821 m. Anm. Leo = NJW 2000, 1714). Solche Be-schränkungen des Mieters/Pächters sind auch außerhalbeines Einkaufszentrums nicht ungewöhnlich, so etwa imGaststättengewerbe. Der Vermieter will damit im zwarauch im eigenen Interesse die Werthaltigkeit des Laden-lokals und seine künftige Vermietbarkeit erhalten. Damitübernimmt der Vermieter aber nicht die Gewährleistungdafür, dass das Konzept auch dauerhaft aufgeht. Die An-nahme eines Einkaufszentrums durch das Publikum un-terliegt dem Verwendungsrisiko des Mieters. Anderswäre das nur, wenn der Vermieter ausdrücklich die Ge-währleistung für den nachhaltigen Erfolg des Konzeptsübernommen hätte (BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O.), washier aber nicht der Fall ist.Entgegen der Auffassung der Beklagten rechtfertigtschließlich auch die Tatsache, dass das Einkaufszentrumund auch der Betrieb des Beklagten zunächst besserenZulauf hatten und sich die Situation für ihn erst in denletzten Jahren verschlechterte, keine andere Bewertung.Inwieweit es für die Beurteilung eines Sachverhalts alsMangel erheblich sein soll, ob dieser bereits bei Vertrags-schluss vorlag oder später entstand, ist nicht ersichtlich.Ob und inwieweit der Zustand der allgemeinen Einrich-tungen des Einkaufszentrums einen Mangel der von dem

Beklagten angemieteten Räumlichkeiten darstellen kann,kann offen bleiben, weil der Vortrag des Beklagten hier-zu nicht genügend ist.(Zu 2:) Dass die bauliche Situation der von dem Beklag-ten gemieteten Räumlichkeiten zuletzt nicht mehr denGrundanforderungen der Lebensmittelhygieneverord-nung entsprach, wie dies durch einen Lebensmittelkon-trolleur der Stadt Solingen mit Bericht vom 3.6.2000festgehalten worden ist, rechtfertigt schließlich ebenfallskeine Minderung.Zwar entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass öf-fentlich-rechtliche Gebrauchshindernisse und -beschrän-kungen, die der vertragsgemäßen Nutzung entgegenste-hen, dann einen Fehler der Mietsache i.S.d. § 536 BGBdarstellen, wenn sie mit der Beschaffenheit der Mietsachezusammenhängen, nicht in persönlichen oder betriebli-chen Umständen des Mieters ihre Ursache haben undmietvertraglich nichts Abweichendes vereinbart ist (vgl.BGH v. 3.4.2000 – II ZR 373/98, MDR 2000, 777 =NJW 2000, 1713; OLG Düsseldorf – 10. Zivilsenat –DWW 2006, 240 m.w.N.). In diesem Sinn kann auch dasFehlen öffentlich-rechtlicher Anforderungen für die ver-traglich vorgesehene Nutzung (hier: Betrieb einer Kaffee-stube und zum Verkauf eigener Backwaren . . . einenMangel darstellen, der den Mieter zur Minderung dervereinbarten Miete berechtigen (§ 536 Abs. 1 BGB) undihm daneben die Einrede des nicht erfüllten Vertrages(§ 320 BGB) geben kann.Der Verstoß gegen behördliche Vorschriften – hier: fürdie Nutzung von Räumen als Bäckerei/Kaffeestube –führt allerdings nicht automatisch zur Annahme einesMangels gem. § 536 Abs. 1 BGB wegen unterlassenerGewährung des vertragsgemäßen Gebrauchs. Vorausset-zung ist vielmehr, dass die fehlende Übereinstimmungmit gesetzlichen Bestimmungen eine Aufhebung oder er-hebliche Beeinträchtigung der Tauglichkeit der Mietsa-che zum vertragsgemäßen Gebrauch zur Folge hat. Einesolche liegt regelmäßig nur vor, wenn die zuständige Be-hörde die Nutzung des Mietobjekts untersagt oder wennein behördliches Einschreiten insoweit ernstlich zu er-warten ist (vgl. BGH ZMR 1971, 220; OLG Düsseldorf,Urteil vom 5.5.2009, I-24 U 87/08, MDR 2009, 1386 =bei juris, und BeckRS 2009, 19328; OLG Düsseldorf –10. Zivilsenat – DWW 2005, 235; DWW 2006, 240; KGGE 2002, 664; Wolf/Eckert/Ball, 10. Aufl., Rz. 285).Dies war hier nicht der Fall.

(Einsender: VorsRiOLG Joachim Ziemßen, Düsseldorf)Volltext-Bestellnummer 37893

Wahrung der Schriftform des § 550 BGB

BGB § 550

Für den Nachweis der formgerechten Verlängerungder Mietzeit gemäß § 550 BGB ist es nicht erforder-lich, dass eine Vertragsurkunde heute noch vorgelegtwerden kann.

OLG Stuttgart, Urt. v. 26.4.2010 – 5 U 188/09(LG Stuttgart – 15 O 123/09)

Aus den Gründen:Dem Kläger steht kein Anspruch auf Räumung und He-rausgabe der Gewerberäume gemäß den §§ 546 BGBi.V.m. § 566 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte zu, da derursprüngliche Mietvertrag formgerecht gem. § 550 BGBverlängert wurde und somit gem. § 542 Abs. 2 BGB erstmit Ablauf der bestimmten Mietzeit endet. Die ordentli-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1245

Miet- und Immobilienrecht

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che Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt ist nichtmöglich (§ 542 Abs. 1 BGB). Zwischen den seinerzeiti-gen Mietvertragsparteien ... ist im Mai oder Juni 2003ein formgerechter Vertrag über die Mietzeit von10 Jahren mit einem bestimmten Mietzeitbeginn ge-schlossen worden, auch wenn der genaue Zeitpunkt heu-te nicht mehr feststellbar ist. Für den Nachweis der form-gerechten Verlängerung der Mietzeit gem. § 550 BGB istes nicht erforderlich, dass eine Vertragsurkunde heutenoch vorgelegt werden kann.

Der Senat verkennt nicht, dass die gesetzlich angeordneteSchriftform für längerfristige Mietverträge gem. § 550BGB, der nach § 578 Abs. 2 BGB auch auf Gewerbe-raummietverträge Anwendung findet, in erster Linie demspäteren Erwerber im Hinblick auf den Rechtsüberganggem. § 566 BGB dienen soll, nämlich dahingehend, dasser sich vollständig über die auf ihn übergegangenenRechte und Pflichten des Mietvertrages unterrichtenkann. Darüber hinaus dient die Schriftform der Beweis-barkeit langfristiger Abreden und dem Schutz vor unbe-dachter Eingehung langfristiger Bindungen (BGH v.7.5.2008 – XII ZR 69/06, MDR 2008, 851 f. = NJW2008, 2178). Der Schriftform kommt damit eine Klar-stellungs-, Beweis- und Warnfunktion zu (BGH v.7.5.2008, a.a.O.; vgl. auch Palandt-Weidenkaff,69. Aufl., § 550 BGB Rz. 1 m.w.N.). Liegt eine schriftli-che Urkunde nicht mehr vor, ist der durch die Vorschriftdes § 550 BGB beabsichtigte Schutz des Erwerbers, sichvollständig und zuverlässig über die auf ihn übergehen-den Rechte und Pflichten aus dem Mietvertrag anhandder Vertragsurkunde zu unterrichten, nicht mehr gewähr-leistet.

Dies kann aber nicht dazu führen, dass der einmal form-gerecht errichtete Mietvertrag für eine längere Laufzeitals ein Jahr nicht wirksam ist. Eine entsprechende Auf-fassung wird auch weder in der Rechtsprechung noch inder Literatur vertreten. § 550 BGB knüpft an den Ab-schluss einer schriftlichen Vereinbarung an, nicht an dieFortexistenz der Urkunde. Dem Zweck des § 550 BGB,dem Erwerber eine Grundlage für Bestand und Umfangdes Mietvertrages verschaffen zu können, ist zudem dasRecht des Mieters auf einen tatsächlich abgeschlossenenformgerechten Mietvertrag vertrauen zu können, gegen-überzustellen. Der Mieter kann letztlich nicht für etwaigeNachlässigkeiten des Veräußerers, der etwaige Mietver-träge möglicherweise verliert, im Ergebnis haftbar ge-macht werden. Sind also die gesetzlichen Voraussetzun-gen einer hinreichend bestimmten oder bestimmbaren(BGH v. 30.6.1999 – XII ZR 55/97, MDR 1999, 1431 f.= NJW 1999, 2591) Vereinbarung nachgewiesen, ist voneinem formgerechten Mietvertrag i.S.v. § 550 BGB aus-zugehen.

Zweifel beim Nachweis der -wirksamen- Vereinbarungüberhaupt und über Details betreffend den Inhalt derVereinbarung, namentlich über Beginn und Ende derLaufzeit, gehen ggf. zu Lasten der beweispflichtigen Par-tei. Die Frage, ob es zu einer wirksamen schriftlichen Zu-satzvereinbarung gekommen ist, ist jedoch zu trennenvon der Frage ihres Inhaltes und ihrer Einzelheiten. Stehteine wirksame Vereinbarung fest, ist aber etwa nichtmehr klärbar, was genau hinsichtlich des Beginns derLaufzeit von 10 Jahren im Vertrag geregelt wurde, giltjedenfalls die für die Klägerin günstigste Lösung, die denBeginn der vertraglichen Laufzeit an den ursprünglichenVertrag und dessen Vertragsbeginn – hier den 1.12.2002anknüpft. ...

Volltext-Bestellnummer 38206

Teilung eines mit Vorkaufsrecht begünstigten Grund-stücks

BGB §§ 1025, 1109, 1103 Abs. 1

Wird das Grundstück des Berechtigten geteilt, so ver-bleibt das subjektivdingliche Vorkaufsrecht nicht ohneweiteres allein bei dem „Stammgrundstück“. es be-steht vielmehr grundsätzlich für die Teile des Grund-stücks fort (Anschluss an BayObLGZ 1973, 21 =MDR 1973, 408 = Rpfleger 1973, 133 = DNotZ1973, 415).

OLG Celle, Beschl v. 3.3.2010 – 4 W 44/10(AG Buxtehude)

Aus den Gründen:... Das Grundbuchamt hat zutreffend die Auffassung ver-treten, dass die Löschung des Vorkaufsrechts die Bewil-ligung nicht nur des heutigen Eigentümers des Stamm-grundstücks des herrschenden Grundstücks, W. W., son-dern auch die Bewilligung der heutigen Eigentümer deranderen vom herrschenden Grundstück abgetrenntenTeilflächen erfordert. Dies hat das BayObLG in der zi-tierten Entscheidung (MDR 1973, 408 = Rpfleger 1973,133 = DNotZ 1973, 415) ausgesprochen. Danach ver-bleibt das subjektiv dingliche Vorkaufsrecht nicht ohneweiteres allein bei dem sog. Stammgrundstück, sondernbesteht vielmehr grundsätzlich für die abgetrennten Teiledes Grundstücks fort. Dieser Rechtsauffassung schließtsich der erkennende Senat an, weil die Begründung desBayerischen Obersten LG zwingend und überzeugend ist.Denn im Gegensatz zu den §§ 1025, 1109 BGB, in denenfür den Fall der Grunddienstbarkeit und einer subjektiv-dinglichen Reallast Regelungen für den Fall der Teilungdes herrschenden Grundstücks getroffen sind, fehlt einesolche Bestimmung für das subjektivdingliche Vorkaufs-recht. Gerade weil das Gesetz beim Vorkaufsrecht fürden Fall der Teilung des herrschenden Grundstücks eineausdrückliche Regelung nicht enthält, folgt daraus, dasses bei dem Grundsatz der Unteilbarkeit dieses Rechtsund damit beim Fortbestehen bei einer Grundstückstei-lung verbleibt. Immerhin sieht § 1103 Abs. 1 BGB aus-drücklich vor, dass ein zugunsten des jeweiligen Eigentü-mers eines Grundstücks bestehendes Vorkaufsrecht nichtvon dem Eigentum an diesem Grundstück getrennt wer-den kann. Das BayObLG hat sich auch zutreffend damitauseinandergesetzt, dass die für eine Grunddienstbarkeitund subjektivdingliche Reallast in den §§ 1025, 1109BGB verankerten Regelungen nicht auf das subjektiv-dingliche Vorkaufrecht übertragen werden könnten. ...... Unabhängig davon, dass aus den zutreffenden Grün-den des BayObLG die §§ 1025, 1109 BGB nicht auf dasdinglichsubjektive Vorkaufsrecht übertragen werdenkönnen, ergeben die für die Grunddienstbarkeit bzw.dingliche Reallast verankerten Grundsätze auch kein In-diz für die von den Eigentümern offenbar vertreteneRechtsauffassung, dass mit der Abtrennung der Flächenvom Stammgrundstück für diese das Vorkaufsrecht erlö-sche. Im Gegenteil ergibt sich aus § 1025 S. 2 BGB, dassbei Teilung des herrschenden Grundstücks die Dienstbar-keit für die abgetrennten Teile nur dann erlischt, wennsie für diese ohne jeglichen Vorteil ist. Diesen Grundsatzhat der BGH noch in jüngerer Zeit sogar für den Fall ver-treten, dass bei Teilung des herrschenden Grundstücksdie Dienstbarkeit auch dann zugunsten der Eigentümerder getrennten Teile fortwirkt, wenn sich die Teilungnicht aus den das dienende Grundstück betreffendenGrundbucheintragungen ergibt (BGH v. 25.1.2008 – VZR 93/07, MDR 2008, 497 = NJW-RR 2008, 827 =

1246 Rechtsprechung MDR 21/2010

Miet- und Immobilienrecht

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DNotZ 2008, 528). Dieser vom BGH vertretene Grund-satz steht der Argumentation der Beschwerdeführer ent-gegen, dass es auf eine Löschungsbewilligung der Eigen-tümer der abgetrennten Grundstücke nicht ankommenkönne, weil bei den Abtrennungen die Bedeutung desVorkaufsrechts nicht bedacht worden sei: Es ist für dieFrage, ob mit der Abtrennung der betreffenden Grund-stücke durch Teilung des herrschenden Grundstücks ...für diese das Vorkaufsrecht erlischt, eben ohne Bedeu-tung, dass die Teilung aus dem Grundbuch der Beschwer-deführer (dienendes Grundstück) nicht ersichtlich ist unddiese daher (irrtümlich) davon ausgegangen sind, es we-gen des Vorkaufsrechts nur mit einem begünstigtenGrundstück zu tun zu haben. Insofern passt sich die vomBayObLG und im Anschluss daran vom Grundbuchamtvertretene Rechtsauffassung in die auch für Grunddienst-barkeiten und dingliche Reallasten vom BGH vertreteneRechtsprechung ein, wonach die Teilung eines herrschen-den Grundstücks eben nicht zum Erlöschen eines ding-lichen Rechts bei der Abtrennung von Grundstücksteilenführt. ...

Volltext-Bestellnummer 37486

Bau- und Nachbarrecht

Verfolgung von Gewährleistungsrechten durch dieWohnungseigentümergemeinschaft

BGB § 203, 634 a.F.; WEG § 21 Abs. 5 Nr. 2 a.F.; GGArt. 103 Abs. 1; ZPO § 139

Hat die Wohnungseigentümergemeinschaft mit Mehr-heitsbeschluss die Ausübung gemeinschaftsbezogenerGewährleistungsrechte wegen Mängeln an der Bau-substanz an sich gezogen, ist der einzelne Wohnungs-eigentümer jedenfalls dann nicht gehindert, dem Ver-äußerer eine Frist zur Mängelbeseitigung mit Ableh-nungsandrohung zu setzen, wenn die fristgebundeneAufforderung zur Mängelbeseitigung mit den Interes-sen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht kolli-diert.

Führt die Wohnungseigentümergemeinschaft, die dieAusübung der gemeinschaftsbezogenen Gewährleis-tungsansprüche wegen Mängeln an der Bausubstanzdes Gemeinschaftseigentums an sich gezogen hat, Ver-handlungen mit dem Veräußerer über die Beseitigungder Mängel, wird dadurch die Verjährung der Mängel-beseitigungsansprüche der einzelnen Wohnungseigen-tümer gehemmt. Soweit eine gesonderte Ermächti-gung nicht besteht, hemmt diese Verhandlung nichtdie Verjährung der Ansprüche, die den Wohnungs-eigentümern nach Ablauf einer von ihnen mit Ableh-nungsandrohung gesetzten Frist entstehen.

Ein Berufungsgericht muss grundsätzlich keinen Hin-weis darauf erteilen, dass es von der Auffassung deserstinstanzlichen Gerichts abweichen will, wenn diedem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Auffas-sung des erstinstanzlichen Gerichts als zentraler Streit-punkt zur Überprüfung durch das Berufungsgerichtgestellt wird und die betroffene Partei deshalb von derEntscheidung des Berufungsgerichts nicht überraschtwird.

BGH, Urt. v. 19.8.2010 – VII ZR 113/09(KG – 7 U 93/08; LG Berlin)

Sachverhalt:Die Kläger, zwei Wohnungseigentümer, verlangen von der Be-klagten, einer Bauträgerin, im Wege des großen Schadensersat-zes wegen Mängeln am Gemeinschaftseigentum die Rück-abwicklung ihres jeweiligen Erwerbsvertrags, Schadensersatzund die Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten für künftigeSchäden aus dem Wohnungserwerb. Die Beklagte beruft sicheinredeweise auf Verjährung. Das LG hat die Klage mit der Be-gründung abgewiesen, es fehle an einer Fristsetzung mit Ableh-nungsandrohung. Die Berufung der Kläger hatte überwiegendErfolg. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgte dieBeklagte ihren Klageabweisungsantrag ohne Erfolg weiter.

Aus den Gründen:... Die Revision der Beklagten stellt nicht die Feststellungdes Berufungsgerichts in Frage, dass Mängel an der Bau-substanz des Gemeinschaftseigentums (künftig: Mängeldes Gemeinschaftseigentums) am 30.11.2006 noch vor-lagen und von ihr zu vertreten waren. Sie wendet sichauch nicht gegen die Höhe des den Klägern zuerkanntenSchadensersatzes. Sie beruft sich lediglich darauf, dassden Klägern dem Grunde nach Schadensersatzansprüchegem. § 635 BGB nicht zustünden, weil die Schreibenvom 24.7.2006 und 14.8.2006 den Anforderungen des§ 634 Abs. 1 Satz 1 BGB an eine Fristsetzung mit Ableh-nungsandrohung nicht genügten und im Übrigen im Hin-blick auf die bereits am 31.12.2004 abgelaufene Verjäh-rungsfrist nicht durchsetzbar seien. Damit hat sie keinenErfolg.Die Kläger haben der Beklagten mit Schreiben vom 24.Juli und 14.8.2006 eine Frist bis 30.11.2006 zur Mängel-beseitigung gesetzt.(Wird ausgeführt.) Das Berufungs-gericht hat ... nicht gegen seine Hinweispflicht verstoßen.Allerdings darf eine Partei darauf vertrauen, dass ein Be-rufungsgericht keine Überraschungsentscheidung trifft.Das Berufungsgericht muss daher eine in erster Instanzsiegreiche Partei darauf hinweisen, wenn es der Beurtei-lung der Vorinstanz nicht folgen will und aufgrund seinerabweichenden Ansicht eine Ergänzung des Vorbringensoder einen Beweisantritt für erforderlich hält (... BGH,Urt. v. 16.5.2002 – VII ZR 197/01, MDR 2002, 1139 =BauR 2002, 1432 = ZfBR 2002, 678; ...). Diese Voraus-setzungen liegen regelmäßig nicht vor, wenn eine Parteiin erster Instanz obsiegt hat, die dem zugrunde liegendeAuffassung des erstinstanzlichen Gerichts als zentralerStreitpunkt zur Überprüfung durch das Berufungsgerichtgestellt wird, und das Berufungsgericht sich sodann derAuffassung des Berufungsklägers anschließt. Denn in die-sem Fall, muss die in erster Instanz erfolgreiche Parteivon vornherein damit rechnen, dass das Berufungsgerichtanderer Auffassung ist; seine dementsprechende Ent-scheidung kann im Grundsatz nicht überraschend sein.Das Berufungsgericht hat regelmäßig keinen Anlass zuder Annahme, trotz der in der Berufung zentral geführtenAuseinandersetzung über den Streitpunkt bestehe nochAufklärungsbedarf und müsse der Partei Gelegenheit zuweiterem Vortrag und Beweisantritt gegeben werden(vgl. auch BGH, Urt. v. 21.10.2005 – V ZR 169/04,MDR 2006, 504 = NJW-RR 2006, 235; ...). ...Die Fristsetzung mit Ablehnungsandrohung ist entgegender Auffassung der Revision nicht deshalb unwirksam,weil die Kläger auch angekündigt hatten, möglicherweiseMinderung oder kleinen Schadensersatz zu verlangen.Die Revision geht zu Recht davon aus, dass die Woh-nungseigentümergemeinschaft für die Geltendmachungund Durchsetzung dieser Rechte von vornherein alleinzuständig war, weil diese Rechte ihrer Natur nach ge-meinschaftsbezogen sind und ein eigenständiges Vor-gehen des einzelnen Wohnungseigentümers nicht zulas-sen. Auch die Voraussetzungen für diese Rechte kann al-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1247

Bau- und Nachbarrecht

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lein die Wohnungseigentümergemeinschaft schaffen(BGH, Urt. v. 12.4.2007 – VII ZR 236/05, MDR 2007,1006 ...). Dies hat jedoch nicht die Unwirksamkeit derAblehnungsandrohung als solche zur Folge. Diese istvielmehr insoweit wirksam, als die Kläger in Aussichtstellten, Wandelung oder großen Schadensersatz geltendmachen zu wollen. ...Die Fristsetzung mit Ablehnungs-androhung ist schließlich nicht unwirksam, weil sie zu ei-nem Zeitpunkt erfolgte, zu dem die Wohnungseigentü-mergemeinschaft die das Gemeinschaftseigentum betref-fenden Gewährleistungsansprüche an sich gezogen hatte.Die Wohnungseigentümer können im Rahmen der ord-nungsgemäßen Verwaltung des Gemeinschaftseigentumsgem. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG die Ausübung der auf dieordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschaftseigen-tums gerichteten Rechte der einzelnen Erwerber aus denVerträgen mit dem Veräußerer, die nicht wie der An-spruch auf Minderung und kleinen Schadensersatz be-reits ihrer Natur nach gemeinschaftsbezogen sind (BGHv. 12.4.2007, a.a.O.; ...), durch Mehrheitsbeschluss aufdie rechtsfähige Wohnungseigentümergemeinschaft über-tragen (sog. Ansichziehen) (... BGH, Urt. v. 15.1.2010 –V ZR 80/09, MDR 2010, 433 = BauR 2010, 774 f. =ZfBR 2010, 363). Diese ist dann für die Durchsetzungder auf die Beseitigung von Mängeln des Gemeinschafts-eigentums gerichteten Ansprüche zuständig. Da sich die-se Zuständigkeit auf gemeinschaftsbezogene Ansprüchebeschränkt, bezieht sie sich nicht auf die Rechte der ein-zelnen Wohnungseigentümer, großen Schadensersatz zuverlangen, den Erwerbsvertrag zu wandeln oder von ihmzurückzutreten (BGH, Urt. v. 27.7.2006 – VII ZR 276/05, BGHZ 169, 1 [11] = MDR 2007, 207; ...). ...Die Kläger waren im Hinblick auf die Zuständigkeit derWohnungseigentümergemeinschaft, von der Beklagtendie Beseitigung der Mängel zu verlangen, nicht gehin-dert, die Voraussetzungen für die von ihnen angestrebteRückabwicklung ihrer Erwerbsverträge zu schaffen. Voneinem Teil der Literatur wird angenommen, dass im Hin-blick auf die der Wohnungseigentümergemeinschaftübertragene Befugnis, von dem Veräußerer die Beseiti-gung der Mängel zu verlangen, der einzelne Erwerber ei-nen dahingehenden Anspruch nicht mehr geltend ma-chen kann (Wenzel in Bärmann, WEG, 10. Aufl., nach§ 10 Rz. 39 f., Wenzel, NJW 2007, 1905 [1908]; Mahlerin jurisPK/BGB, 4. Aufl., § 634 Rz. 117). (Wird aus-geführt.)Derart weit reichende Folgen sind damit, dass die Woh-nungseigentümergemeinschaft die Durchsetzung der aufdie ordnungsgemäße Herstellung des Gemeinschafts-eigentums gerichteten Rechte an sich zieht, jedoch nichtin jedem Fall verbunden. Der Erwerber von Wohnungs-eigentum ist vielmehr berechtigt, seine individuellen An-sprüche aus dem Vertrag mit dem Veräußerer selbständigzu verfolgen, solange durch sein Vorgehen gemein-schaftsbezogene Interessen der Wohnungseigentümeroder schützenswerte Interessen des Veräußerers nicht be-einträchtigt sind (BGH v. 27.7.2006, a.a.O.; ...). Der ein-zelne Erwerber kann in diesem Fall dem Veräußerer eineFrist mit Ablehnungsandrohung selbst dann setzen,wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft die Durch-setzung der Mängelansprüche an sich gezogen hat. Dasgilt jedenfalls für den Fall, dass die Wohnungseigentü-mergemeinschaft von dem Veräußerer ebenfalls Mängel-beseitigung fordert und noch keine weiteren Maßnah-men beschlossen hat, sondern noch verhandelt. In diesemFall ist die Interessenlage grundsätzlich identisch. ...Das gilt selbst dann, wenn die Wohnungseigentümer-gemeinschaft bereits beschlossen hat, Vorschuss zu for-dern. Denn die Forderung nach Mängelbeseitigung wirddem vorrangigen Interesse der Gemeinschaft gerecht, ein

ordnungsgemäßes Wohneigentum zu erhalten. Wie zuentscheiden ist, wenn die Wohnungseigentümergemein-schaft beschlossen hat, eine Mängelbeseitigung durchden Veräußerer nicht mehr zuzulassen oder andere Maß-nahmen vorgesehen hat, die mit der Aufforderung zurMängelbeseitigung in Widerspruch stehen, kann dahin-stehen. ...Der Anspruch der Kläger ist – wie das Berufungsgerichtim Ergebnis zu Recht festgestellt hat – nicht verjährt. ...Die Revision geht zutreffend davon aus, dass die Woh-nungseigentümer spätestens mit Beschluss vom28.10.2004 die Ausübung der Gewährleistungsrechtewegen der Mängel des Gemeinschaftseigentums auf dieWohnungseigentümergemeinschaft übertragen und dievorherige Tätigkeit der Verwalterin in Verfolgung dieserAnsprüche genehmigt haben. Zutreffend ist auch dieAuffassung der Revision, dass die Wohnungseigentümer-gemeinschaft danach lediglich befugt war, gemeinschafts-bezogene Gewährleistungsrechte hinsichtlich des Ge-meinschaftseigentums ggü. dem Veräußerer geltend zumachen. Dazu gehört – wie bereits ausgeführt – der An-spruch auf großen Schadensersatz nicht. Die von der Ver-walterin für die Wohnungseigentümergemeinschaft ge-führten Verhandlungen wirkten sich daher nicht verjäh-rungshemmend auf die den Klägern nach Fristsetzungmit Ablehnungsandrohung erwachsenen Ansprüche aufgroßen Schadensersatz aus. Die Ansprüche der Klägerauf großen Schadensersatz sind jedoch deshalb nicht ver-jährt, weil die Verjährung ihrer Ansprüche auf Beseiti-gung der Mängel am Gemeinschaftseigentum durch Ver-handlungen der Verwalterin gem. § 203 BGB zumindestvom 22.4.2004 bis 30.11.2006 gehemmt war und dienachfolgend erwachsenen Schadensersatzansprüchedurch Klageerhebung gehemmt wurden.Die Kläger haben die Mängelbeseitigungsansprüche ggü.der Beklagten erstmals mit Schreiben vom 24.7.2006bzw. 14.8.2006 und damit nach Ablauf der vereinbartenGewährleistungsfrist erhoben. Zuvor sind solche An-sprüche lediglich von der Verwalterin der Wohnungs-eigentümergemeinschaft geltend gemacht worden. Nachden nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungs-gerichts hat die für die Wohnungseigentümergemein-schaft handelnde Verwalterin vom 22.4.2004 bis Ende2007 mit der Beklagten über die Beseitigung der Mängelan den Loggien und den Dächern verhandelt. Sie hat da-mit gem. § 203 BGB die Verjährung der den einzelnenErwerbern zustehenden Mängelbeseitigungsansprüchegehemmt. Da die durch die Verwalterin vertretene Woh-nungseigentümergemeinschaft selbst nicht Anspruchs-in-haberin ist (BGH v. 12.4.2007, a.a.O.; Wenzel, ZWE2006, 109 [113]), können Verhandlungen der Woh-nungseigentümergemeinschaft mit dem Veräußerer keineHemmung der Verjährung von nicht bestehenden Ge-währleistungsansprüchen der Wohnungseigentümer-gemeinschaft bewirken, sondern nur eine solche der Ge-währleistungsansprüche der einzelnen Wohnungseigen-tümer. Die von der Verwalterin geführten Verhandlungenhaben daher die Verjährung der Mängelbeseitigungs-ansprüche der Kläger gehemmt. Den Klägern stand bis30.11.2006 ein Anspruch auf Beseitigung der Mängel zu.Durch die nachfolgenden Verhandlungen der Verwalterinmit der Beklagten konnte die Verjährung ihrer Ansprü-che dagegen nicht mehr gehemmt werden, da das Rechtder Kläger, von der Beklagten Mängelbeseitigung zu ver-langen, gem. § 634 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB mit Ab-lauf der zur Mängelbeseitigung gesetzten Frist erloschenwar. Den Klägern stand nunmehr ein Anspruch auf gro-ßen Schadensersatz zu, dessen Verjährung nur sie selbsthemmen konnten. Dass sie die Verwalterin ermächtigthätten, auch diesen Anspruch geltend zu machen, ist

1248 Rechtsprechung MDR 21/2010

Bau- und Nachbarrecht

Page 35: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

nicht festgestellt. Die Kläger haben die Verjährung ihrerSchadensersatzansprüche durch Klageerhebung ge-hemmt, § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 167 ZPO. (Wird aus-geführt.)

Volltext-Bestellnummer 38232

Haftung des Baugeldempfängers nach dem ehemali-gen GSB

GSB § 1 Abs. 1

a) Ein Generalunternehmer kann auch dann Empfän-ger vom Baugeld sein, wenn nachträglich Leistungenvom Auftraggeber selbst übernommen werden.

b) Der Nachweis zweckentsprechender Verwendungdes Baugeldes ist geführt, wenn feststeht, dass Bau-gläubiger in Höhe des Baugeldbetrages befriedigt wor-den sind.

BGH, Urt. v. 19.8.2010 – VII ZR 169/09(LG Potsdam – 6 S 7/09; AG Potsdam)

Sachverhalt:Die Kläger nehmen den Beklagten, der Alleingesellschafter undGeschäftsführer der später insolvent gewordenen K. GmbH war,auf Schadensersatz wegen zweckwidriger Verwendung von Bau-geld in Anspruch. Mit Vertrag vom 11.10.2005 hatte sich die K.GmbH gegenüber C. verpflichtet, auf dessen Grundstück einschlüsselfertiges Massivhaus zum Pauschalfestpreis von645.000 brutto zu errichten. In zwei weiteren Vereinbarungenvom 17./23.10.2006 und 14.2.2007 einigten sich C. und die K.GmbH unter Berücksichtigung von Mehr- und Minderkostenauf neue Pauschalfestpreise, zuletzt auf 546.979,67 brutto.Minderkosten entstanden auch deshalb, weil einzelne Leistun-gen von C. vergeben werden sollten. Die übrigen Vereinbarun-gen des Werkvertrages blieben unberührt. Mit Vertrag vom 4./8.1.2007 vergab die K. GmbH Fliesenlegerarbeiten in dem Ob-jekt an die Kläger. Diese stellten darüber eine Rechnung, dienicht beglichen wurde. In Höhe des uneinbringlichen Werklohnsverlangen die Kläger nunmehr Schadenersatz vom Beklagten.

Aus den Gründen:... Für die rechtliche Beurteilung maßgeblich sind die Ge-setze in der bis zum 31.12.2008 geltenden Fassung(Art. 229 § 19 EGBGB). Dies gilt auch für das Gesetzüber die Sicherung von Bauforderungen vom 1.6.1909(GSB). Anders als für die Änderungen des BürgerlichenGesetzbuches enthält das Forderungssicherungsgesetzvom 23.10.2008 (BGBl. I, 2022), das auch das Gesetzzur Sicherung von Bauforderungen abgeändert und inBauforderungssicherungsgesetz (BauFordSiG) umbe-nannt hat, für dieses keine Übergangsregelung. Den Ge-setzesmaterialien (BT-Drucks. 16/511) ist zur Frage sei-ner zeitlichen Geltung nichts zu entnehmen. Entspre-chend dem in Art. 170 EGBGB zum Ausdruck kommen-den allgemeinen Rechtsgedanken ist daher davon aus-zugehen, dass Inhalt und Wirkung eines Rechtsverhält-nisses nach dem Recht zu beurteilen sind, das zur Zeitder Verwirklichung seines Entstehungstatbestandes galt(vgl. BGH, Urt. v. 22.1.1987 – IX ZR 100/86, BGHZ99, 363 [369] = MDR 1987, 493 m.w.N.; vgl. auchStammkötter, BauFordSiG, 3. Aufl., S. 221 f.). ...Im Ansatz zutreffend geht das Berufungsgericht davonaus, dass der Geschäftsführer einer Gesellschaft mit be-schränkter Haftung gem. § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1GSB persönlich schadensersatzpflichtig ist, wenn er vor-sätzlich Baugelder i.S.d. § 1 GSB zweckwidrig verwendethat und deshalb eine einem Bauunternehmer zustehende

Werklohnforderung nicht erfüllt wird (... BGH, Urt. v.8.1.1991 – VI ZR 109/90, MDR 1991, 901 = BauR1991, 237). Rechtsfehlerfrei hat das LG auch angenom-men, die K. GmbH sei Empfängerin von Baugeld. Nachder Rechtsprechung des BGH ist der Begriff „Empfängervon Baugeld“ im Interesse der an der Herstellung desBaues Beteiligten weit zu fassen. Danach sind General-unternehmer und Generalübernehmer als Baugeldemp-fänger anzusehen (BGH v. 8.1.1991, a.a.O.; Urt. v.16.12.1999 – VII ZR 39/99, BGHZ 143, 301 [304 f.] =MDR 2000, 325). Sie sind hinsichtlich des Teils der ih-nen von ihrem Auftraggeber gezahlten Beträge, die beiwirtschaftlicher Betrachtung den ihnen nachgeordnetenUnternehmern gebühren, einem Treuhänder angenähert.Sie bestimmen darüber, wie diese Gelder weiter verwen-det werden und haben insoweit die volle Verfügungs-gewalt über das Baugeld zur Finanzierung der Hand-werkerleistungen (BGH v. 16.12.1999, a.a.O.).

Auf dieser Grundlage hat das Berufungsgericht die K.GmbH zu Recht als Empfängerin von Baugeld eingestuft.Sie ist als Generalunternehmerin mit der schlüsselfertigenErstellung des Bauvorhabens beauftragt worden. Sie hataufgrund dieser Stellung nach Maßgabe eines am Bau-fortschritt orientierten Zahlungsplans die Verfügungs-befugnis über die Darlehensmittel erlangt, die bei wirt-schaftlicher Betrachtung den ihr nachgeordneten Unter-nehmern gebühren. Daran ändert sich nichts dadurch,dass die Parteien des Generalunternehmervertrages nach-träglich vereinbart haben, dass einzelne Gewerke von C.in Auftrag gegeben werden. Es ist nicht ersichtlich undwird in der Revision auch nicht geltend gemacht, dassdie K. GmbH damit von ihrer Verpflichtung enthobenwurde, das Haus schlüsselfertig zu übergeben. Nach demletzten Abänderungsvertrag sollten vielmehr die übrigenVereinbarungen unberührt bleiben. ...

Ein weiterhin zur schlüsselfertigen Erstellung eines Ge-bäudes verpflichteter Generalunternehmer, dem einzelneGewerke entzogen werden, weil der Auftraggeber sieselbst vergeben will, ist mit einem Unternehmer, dem nureinzelne Teile des Bauwerks übertragen werden, nichtvergleichbar. Maßgeblich ist nicht, dass ein General-unternehmer bei Vereinbarung von Eigenleistungen nichtmehr das gesamte Bauwerk erstellt, sondern ob er weiter-hin eine dem umfassend beauftragten Generalunterneh-mer vergleichbare Stellung hat (vgl. OLG Schleswig,NZBau 2009, 248 [250]). ...Rechtsfehlerhaft geht dasBerufungsgericht von einer zweckwidrigen Verwendungdes Baugeldes durch die K. GmbH aus. Zutreffend ist al-lerdings die Auffassung des Berufungsgerichts, die Klägermüssten beweisen, dass die K. GmbH Baugeld zumindestin Höhe der Forderung der Kläger erhalten hat und dassdavon nichts mehr vorhanden ist, ohne dass die fälligeForderung der Kläger befriedigt worden wäre. Der Emp-fänger von Baugeld hat sodann die ordnungsgemäße Ver-wendung des Baugeldes nachzuweisen (... BGH, Urt. v.13.12.2001 – VII ZR 305/99, MDR 2002, 513 = BauR2002, 620 f. = NZBau 2002, 392 = ZfBR 2002, 349).Für Beweiserleichterungen wegen des Verlustes einesBaubuchs durch den Verkauf der GmbH besteht dabeientgegen der Revision kein Raum (vgl. BGH v. 8.1.1991,a.a.O.).

Nicht zu folgen ist jedoch dem Berufungsgericht in derMeinung, der Beklagte müsse nicht nur die ordnungs-gemäße Verwendung des Baugeldes, sondern sämtlicherihm vom Bauherrn ausgereichter Mittel nachweisen. Ge-mäß § 1 Abs. 1 Satz 1 GSB ist der Empfänger von Bau-geld grundsätzlich verpflichtet, das Baugeld für die dortgenannten Zwecke zu verwenden. Zulässig ist nach § 1Abs. 1 Satz 2 GSB aber auch dessen anderweitige Ver-wendung, soweit der Empfänger die Baugläubiger aus

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1249

Bau- und Nachbarrecht

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anderen Mitteln befriedigt hat. Das führt im Ergebnis da-zu, dass der Baugeldempfänger aus seiner Haftung gem.§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 1 GSB entlassen wird, sobalder einen dem empfangenen Baugeld entsprechenden Be-trag an Baugläubiger zur Begleichung von Bauforderun-gen ausgekehrt hat (vgl. ... RGZ 167, 92 [98 f.]; ... BGH,Urt. v. 14.1.1986 – VI ZR 164/84, MDR 1986, 573 =BauR 1986, 370 f. = ZfBR 1986, 134; ...).Der Auffassung des Berufungsgerichts liegt offenbar dieVorstellung zugrunde, Baugeld müsse stets zur Befriedi-gung der Baugläubiger verwendet werden. Das ist nichtrichtig. Das Gesetz zur Sicherung von Bauforderungenwill zwar grundsätzlich sicher stellen, dass die zur Finan-zierung des Baues gewährten Mittel, wenn sie auf demGrundstück durch Grundschuld oder Hypothek abge-sichert sind, den an der Herstellung des Baues Beteiligtenauch wirklich zufließen, soweit diese durch ihre Leistun-gen das Grundstück und damit die für das Baugeld be-stellte Sicherheit werthaltig machen (BGH, Urt. v.9.10.1990 – VI ZR 230/89, MDR 1991, 425 = BauR1991, 96 f. = ZfBR 1991, 59). Der Gesetzgeber hat esjedoch als ausreichend angesehen, dass Mittel in Höhedes Baugeldes den Unternehmern zufließen, das Baugeldalso durch nicht zweckgebundene Mittel ersetzt wird.§ 1 Abs. 1 Satz 2 GSB ist während des Gesetzgebungsver-fahrens aufgenommen worden, um dem Baugläubigereine frühere Befriedigung zu ermöglichen und zugleichden Empfänger von Baugeld vor unbilligen Härten zuschützen (Verhandlungen des Reichstags, XII. Legislatur-pe-riode, I. Session, Bd. 242, S. 7727). Diese Begründungverdeutlicht den Willen des Gesetzgebers, von einerstrengen Zweckbindung abzusehen und dem Baugeld-empfänger Flexibilität zu verschaffen, von der auch derUnternehmer profitieren kann. Dieser gesetzgeberischeWille kann nicht durch andere Wertungen unterlaufenwerden, die zudem dazu führen würden, dass er sichnicht vollständig verwirklichen kann. Weist der Empfän-ger die vollständige Verwendung des Baugeldbetrages fürdie Befriedigung von an der Herstellung des Baues betei-ligten Personen nach, treffen ihn keine weitergehendenNachweispflichten. Sie wären nicht zu rechtfertigen, weildie relevante Haftung des Empfängers nicht mehr be-steht, sobald er seine gesetzlichen Pflichten ordnungs-gemäß erfüllt hat. ...

Volltext-Bestellnummer 38233

HOAI: Berücksichtigung von Nachträgen bei demKostenanschlag für Leistungsphasen 5 – 7

HOAI §§ 10 Abs. 2 Nr. 2, 15 Abs. 2 (i.d.F. v.21.9.1995, BGBl. I, 1174)

Das Honorar für die Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15Abs. 2 HOAI bestimmt sich nach den durch den Kos-tenanschlag nachgewiesenen anrechenbaren Kosten.Nachträge, die nach der Vergabe an einen Bauunter-nehmer entstehen, dürfen in die Berechnung der anre-chenbaren Kosten für diese Leistungsphasen nicht ein-bezogen werden.

BGH, Urt. v. 5.8.2010 – VII ZR 14/09(KG – 7 U 27/08; LG Berlin)

Sachverhalt:In der Revision geht es nur noch darum, ob die Klägerin bei derAbrechnung ihres Architektenhonorars für die Leistungsphasen5 bis 7 des § 15 Abs. 2 HOAI einen um die Nachträge fort-geschriebenen Kostenanschlag zugrunde legen darf.

Aus den Gründen:... Das Berufungsgericht ... geht davon aus, dass das Ho-norar für die Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15 Abs. 2HOAI unter Zugrundelegung der DIN 276 nach demKostenanschlag zu ermitteln sei. Die angesetzten Nach-träge seien dergestalt zu berücksichtigen, dass der Kos-tenanschlag fortzuschreiben sei. Jedenfalls dann, wenn essich wie hier um Nachträge handele, mit denen der Ar-chitekt im Rahmen der Leistungsphasen 5 bis 7 des § 15Abs. 2 HOAI befasst sei und die auf vom Auftraggeberveranlassten Änderungen beruhten, sei dies gerechtfer-tigt. ...Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Fürdie Beurteilung des Honoraranspruchs der Klägerin istdie Verordnung über die Honorare für Leistungen derArchitekten und Ingenieure (HOAI) in der Fassung durchdie 5. Verordnung zur Änderung der HOAI vom21.9.1995 (BGBl. I 1174) maßgeblich. Das Honorar ei-nes Architekten für Grundleistungen bei Gebäuden, Frei-anlagen und raumausbildenden Ausbauten richtet sichu.a. nach den anrechenbaren Kosten des Objekts, § 10Abs. 1 HOAI. Die anrechenbaren Kosten für die Leis-tungsphasen 5 bis 7 sind unter Zugrundelegung der DIN276 in der Fassung vom April 1981 grundsätzlich nachdem Kostenanschlag zu ermitteln, § 10 Abs. 2 Nr. 2HOAI. Der Kostenanschlag dient nach DIN 276 Teil 3Ziff. 3 zur genauen Ermittlung der tatsächlich zu erwar-tenden Kosten durch die Zusammenstellung von Auf-tragnehmerangeboten, Eigenberechnungen, Honorar-und Gebührenberechnungen und anderen für das Bau-grundstück, die Erschließung und die vorausgehende Pla-nung bereits entstandenen Kosten. Die Grundlagen fürden Kostenanschlag sind in Ziff. 3 a) bis c) benannt.In der Literatur ist streitig, ob der Kostenanschlag zumZwecke der Honorarermittlung durch Nachträge fort-geschrieben werden kann oder ob Nachträge, die wäh-rend der Bauphase entstehen, nicht mehr berücksichtigtwerden können. Die wohl herrschende Meinung ist derAuffassung, der Kostenanschlag sei wegen der anrechen-baren Kosten aus Nachträgen jedenfalls dann fort-zuschreiben, wenn diese nicht auf Planungsfehlern desArchitekten beruhten und der Architekt mit den Nach-trägen befasst sei. ... (vgl. Koeble in Kniffka/Koeble,Kompendium des Baurechts, 3. Aufl., 12. Teil Rz. 185;Locher/Koeble/Frik, HOAI, 9. Aufl., § 10 Rz. 24; ...).Demgegenüber wird vertreten, die Systematik der HOAIsetze für die Honorarermittlung einen statischen Kosten-anschlag voraus, der nicht fortgeschrieben werden dürfe.... (Stemmer/Wierer, BauR 2006, 1058 ff.).Die herrschende Meinung ist mit der Systematik derHOAI und dem mit der 5. Verordnung zur Änderung derHOAI verfolgten Zweck, das Honorar des Architektenvon den tatsächlichen Kosten abzukoppeln, nicht verein-bar. Nachträge, die nach der Vergabe einer Bauleistungan einen Unternehmer entstehen, dürfen bei dem der Ho-norarermittlung zugrunde zu legenden Kostenanschlagnicht berücksichtigt werden. Den in DIN 276 Teil 3 defi-nierten Kostenermittlungen liegt jeweils ein bestimmterPlanungsstand zugrunde. Art, Umfang und Genauigkeitder Kostenermittlungen sind abhängig vom jeweiligenStand der Planung, von verfügbaren Angaben und Erfah-rungswerten sowie – im Falle der Kostenfeststellung –von den Abrechnungsunterlagen (vgl. DIN 276 Einlei-tung zu Teil 3 Ziff. 3).Nach dem Honorierungssystem der HOAI hängt dem-nach das Honorar von den anrechenbaren Kosten ab, dienach dem jeweiligen Planungsstand den Kostenermitt-lungen zugrunde zu legen sind. Änderungen dieses Pla-nungsstandes können deshalb grundsätzlich nicht mehrzu einer Änderung der honorarrechtlich maßgeblichen

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Bau- und Nachbarrecht

Page 37: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Kostenermittlung führen (vgl. Seifert in Korbion/Mants-cheff/Vygen, HOAI, 7. Aufl., § 10 Rz. 26). Sie werdenhonorarrechtlich dadurch berücksichtigt, dass in derHOAI ein differenziertes System von vier Kostenermitt-lungen entwickelt ist, das die Grundlage für die Honorie-rung der verschiedenen Leistungen eines Architekten ist.Kostenveränderungen, die dadurch entstehen, dass nacheiner Kostenermittlung die Planung verfeinert wird, fin-den bei der Honorierung grundsätzlich erst in der nächs-ten Kostenermittlung Berücksichtigung. Die HOAInimmt es mit diesem Honorierungssystem in Kauf, dasssich ein möglicherweise erhöhter Leistungsaufwand nichtunbedingt in einer Erhöhung der anrechenbaren Kostenund damit einer Erhöhung des Honorars widerspiegelt.Aus diesem Grund kann nicht allein aus dem Umstand,dass der Architekt möglicherweise auch Leistungen fürNachträge (wie Planung, Ausschreibung oder Mithilfebei der Vergabe) erbringen muss, hergeleitet werden, dieanrechenbaren Kosten seien bei der Berechnung dieserLeistungen zu erhöhen.

Entscheidend ist vielmehr allein die Frage, welcher Pla-nungsstand maßgeblich für die Honorierung der Leis-tungsphasen 5 bis 7 ist. Das ist der Planungsstand vorder Vergabe der bis dahin vorgesehenen Bauleistung anden Unternehmer. Die HOAI geht erkennbar unter Bezugauf die DIN 276 und auch durch die systematische Ein-ordnung des Kostenanschlags in die Leistungsphase 7 des§ 15 Abs. 2 HOAI davon aus, dass dem Kostenanschlagdieser Planungsstand zugrunde liegt. Es kann deshalbnicht darauf ankommen, dass sich nach der Vergabe anden Unternehmer höhere Kosten durch Nachträge erge-ben. Unerheblich ist insoweit auch, ob der ArchitektLeistungen für die Nachträge erbringt, die den Leistungs-phasen 5 bis 7 zuzuordnen sind. Diese Leistungen sindnicht nach den durch Nachträge erhöhten anrechenbarenKosten, sondern nach den anrechenbaren Kosten abzu-rechnen, die sich nach dem Planungsstand vor der Ver-gabe ergeben. ...

Der Senat muss auch nicht entscheiden, zu welchen Maß-nahmen der Architekt vertraglich verpflichtet ist oderwerden kann, um eine ständige Kostenkontrolle zu ge-währleisten. Insoweit kann es angebracht sein, den Kos-tenanschlag oder gegebenenfalls die Kostenanschlägefortzuschreiben. Diese Vertragspflichten zur Kostenkon-trolle können jedoch nicht maßgeblich sein für die Beur-teilung der Frage, von welchen Vorgaben die Honorie-rung des Architekten abhängt (Vogelheim, NZBau 2004,579 f.). Insoweit ist allein die HOAI maßgeblich. Nachderen Systematik können solche Nachträge nicht die an-rechenbaren Kosten beeinflussen, die nach der Vergabean den jeweiligen Unternehmer beauftragt worden sind.Die durch die Nachträge entstandenen Kosten sind alleinbei der Kostenfeststellung zu berücksichtigen. Das folgtohne weiteres aus DIN 276 Teil 3 Ziff. 4. Danach sindGrundlagen der Kostenfeststellung auch die Begründungund Beschreibung von Änderungen oder nachträglichenbzw. zusätzlichen Leistungen ggü. dem Kostenanschlag....

Muss der Architekt im Zusammenhang mit Nachträgenan die Unternehmer erneute Grundleistungen erbringen,steht ihm ein weiteres Honorar hierfür zu (vgl. BGH,Urt. v. 26.7.2007 – VII ZR 42/05, BGHZ 173, 314 =MDR 2007, 1366 Rz. 28). Diese Frage steht nicht im Zu-sammenhang mit der Beurteilung des Honorars für dienach dem Vertrag bereits geschuldeten Planungsleistun-gen. Die honorarrechtliche Nichtberücksichtigung vonNachträgen im Kostenanschlag wird auch dem mit der 5.Verordnung zur Änderung der HOAI verfolgten Ziel ge-recht, das Honorar von den tatsächlichen Kosten abzu-koppeln. Die Verteuerung von Bauvorhaben ist in erster

Linie auf Nachträge wegen geänderter oder zusätzlicherLeistungen zurückzuführen. Der Verordnungsgeber woll-te offenbar vermeiden, dass der Architekt von einer sol-chen Verteuerung bei seinem Honorar für die Leistungs-phasen 5 bis 7 profitiert. Vielmehr sollten nach der Be-gründung zur Änderungsnovelle die Leistungsphasen 5bis 7 „endgültig“ nach dem Kostenanschlag zu berech-nen sein (BR-Drucks. 238/94, 65). Eine Fortschreibungdes Kostenanschlags wegen solcher Nachträge würdediese Endgültigkeit in Frage stellen und zudem das Zielverfehlen. Vielmehr würde der Kostenanschlag durch dieFortschreibung weitgehend die tatsächlichen Kosten wi-derspiegeln und sich damit der Kostenfeststellung annä-hern. ...

Volltext-Bestellnummer 38169

Berücksichtigung der Umsatzsteuer bei Schadensersatzstatt der Leistung

BGB §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1 S. 1, 634 Nr. 4

Ein vor der Mängelbeseitigung geltend gemachter An-spruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegender Mängel an einem Bauwerk umfasst nicht die aufdie voraussichtlichen Mängelbeseitigungskosten ent-fallende Umsatzsteuer.

BGH, Urt. v. 22.7.2010 – VII ZR 176/09(OLG München – 28 U 3123/09; LG München II)

Sachverhalt:Die Parteien streiten darüber, ob ein Schadensersatzanspruch derKläger gegen den Beklagten einen Betrag für Umsatzsteuer um-fasst.

Aus den Gründen:... Bei der Bemessung der Höhe des Schadensersatz-anspruches der Kläger ist die Umsatzsteuer nicht zu be-rücksichtigen, die die Kläger aufwenden müssten, wennsie die Mängel durch Dritte beseitigen ließen. Der An-spruch auf Schadensersatz statt der Leistung wegen Män-geln eines Werkes ist abweichend von § 249 Satz 1 BGBnicht auf Naturalrestitution in Form der Mängelbeseiti-gung, sondern auf Zahlung eines Geldbetrages gerichtet.Das folgt daraus, dass nach § 281 Abs. 4 BGB der An-spruch auf die Leistung, der hier in der Herstellung derMangelfreiheit besteht, ausgeschlossen ist. Die Rechts-lage unterscheidet sich insofern nicht von derjenigen, diebis zum 31.12.2001 galt (vgl. hierzu BGH, Urt. v.28.6.2007 – VII ZR 8/06 Tz. 10 ff., BauR 2007, 1567 =NZBau 2007, 580 = ZfBR 2007, 677 m.w.N.). Nach derRechtsprechung des Senats kann dieser auf Zahlung ei-nes Geldbetrages gerichtete Schadensersatzanspruchnach Wahl des Bestellers entweder nach dem mangelbe-dingten Minderwert des Werkes oder nach den Kostenberechnet werden, die für eine ordnungsgemäße Mängel-beseitigung erforderlich sind (BGH, Urt. v. 11.7.1991 –VII ZR 301/90, BauR 1991, 744 = ZfBR 1991, 265m.w.N.). Letzteres gilt unabhängig davon, ob und in wel-chem Umfang der Besteller den Mangel tatsächlich besei-tigen lässt (vgl. BGH v. 28.6.2007, Tz. 10, 13, a.a.O.,zur bis zum 31.12.2001 geltenden Rechtslage). Nach derbisherigen Rechtsprechung des Senats, von der das Beru-fungsgericht zutreffend ausgeht, gehört zu den Kosten,die für eine ordnungsgemäße Mängelbeseitigung in die-sem Sinne erforderlich sind, auch die von einem nichtvorsteuerabzugsberechtigten Besteller an dritte Unter-nehmer zu zahlende Umsatzsteuer (vgl. BGH, Urt. v.18.1.1990 – VII ZR 171/88, BauR 1990, 360 f. = ZfBR

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1251

Bau- und Nachbarrecht

Page 38: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

1990, 171 f. unter II. 3. b). Hieran hält der Senat nichtmehr uneingeschränkt fest.Zwar ist, wie das Berufungsgericht ebenfalls zutreffendannimmt, die Berücksichtigung der Umsatzsteuer nichtnach § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen, wenn undsoweit sie tatsächlich (noch) nicht angefallen ist. DieseVorschrift findet auf den werkvertraglichen Schadens-ersatzanspruch keine Anwendung. Sie gilt nach Wortlautund systematischer Stellung nur in den Fällen, in denenwegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leis-ten ist. Dies ist bei dem Schadensersatzanspruch, der we-gen Mängeln und damit wegen nicht ordnungsgemäßerHerstellung des geschuldeten Werkes besteht, nicht derFall. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB bezieht sich zudem aus-drücklich nur auf den nach Satz 1 erforderlichen Geld-betrag. Dieser kann statt der nach § 249 Abs. 1 BGBauch geschuldeten Herstellung verlangt werden. Bei demSchadensersatzanspruch wegen Mängeln eines Werkesschuldet der Unternehmer den Schadensersatz jedochnicht wegen der Vorschrift des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGBin Geld, sondern ausschließlich deshalb, weil er an dieStelle des Erfüllungsanspruches tritt ... .Nach Auffassung des Senats ist die Bemessung des Ver-mögensschadens des Bestellers in Fällen, in denen er denMangel nicht hat beseitigen lassen, nach den erforderli-chen Mängelbeseitigungskosten unter Einschluss einer zuzahlenden Umsatzsteuer jedoch nicht gerechtfertigt. ImLichte der Erwägungen, die den Gesetzgeber bei Scha-densersatzansprüchen wegen Beschädigung einer Sachebewogen haben, die Umsatzsteuer aus der Berechnungdes zur Herstellung erforderlichen Geldbetrages heraus-zunehmen, sofern sie nicht tatsächlich angefallen ist (vgl.BT-Drucks. 14/7752, 13), hält es der Senat auch bei ei-nem werkvertraglichen Anspruch auf Schadensersatzstatt der Leistung gem. § 634 Nr. 4, § 280 Abs. 1, Abs. 3,§ 281 BGB für eine Überkompensation des Schadens desBestellers, wenn die nicht angefallene Umsatzsteuer be-rücksichtigt wird.Die Bemessung eines bereits durch den Mangel des Wer-kes und nicht erst durch dessen Beseitigung entstandenenSchadens kann nicht ohne eine Wertung vorgenommenwerden. Diese muss zum einen die berechtigte Erwartungdes Bestellers berücksichtigen, den Schaden – nach seinerWahl – an den Kosten bemessen zu können, die eineMängelbeseitigung erfordern, weil der Anspruch an dieStelle des geschuldeten Erfüllungsanspruchs tritt. Geradedie Erfahrungen im Bauvertragsrecht zeigen jedoch, dassdie Schadensberechnung nach geschätzten Mängelbesei-tigungskosten häufig insoweit zu einer Überkompensati-on führt, als dem Geschädigten rechnerische Schadens-posten ersetzt werden, die nach dem von ihm selbst ge-wählten Weg zur Schadensbeseitigung gar nicht anfallen.Der Senat hält es deshalb für gerechtfertigt, den Umfangdes Schadensersatzes stärker als bisher auch daran aus-zurichten, welche Dispositionen der Geschädigte tatsäch-lich zur Schadensbeseitigung trifft. Dies gilt jedenfalls fürden Anteil, der wie die Umsatzsteuer einen durchlaufen-den Posten darstellt, der keinem der an einer Mängel-beseitigung Beteiligten zugutekommt und der in seinerEntstehung von steuerrechtlichen Vorgaben abhängt. Esist gerechtfertigt, gerade bei der Umsatzsteuer eine der-artige Einschränkung zu machen, weil dieser Anteil ein-deutig und leicht feststellbar und abgrenzbar ist und dengrößten preisbildenden Faktor unter den durchlaufendenPosten der Mängelbeseitigungskosten darstellt (vgl. BT-Drucks. 14/7752, 13).Schutzwürdige Interessen des Bestellers werden durchdiese Einschränkung nicht beeinträchtigt. Unbeschadetbleibt die Ersatzfähigkeit eines Betrages in Höhe der Um-satzsteuer, wenn der Besteller diese tatsächlich aufgewen-

det hat und nicht im Rahmen eines Vorsteuerabzugs er-stattet bekommt. Einer Vorleistungspflicht in dieserHöhe kann der Besteller entgehen, indem er einen Vor-schussanspruch nach § 637 Abs. 3 BGB geltend macht.Beabsichtigt er zunächst keine Mängelbeseitigung, ist esihm zumutbar, einer drohenden Verjährung durch Erhe-bung einer Feststellungsklage zu begegnen, falls er sichdie Möglichkeit einer späteren Mängelbeseitigung aufKosten des Unternehmers erhalten will. ...

Volltext-Bestellnummer 38100

Sondereigentum: Nachbarrechtlicher Ausgleichs-anspruch

BGB § 906 Abs. 2 S. 2; WEG §§ 3 Abs. 1, 10 Abs. 1,Abs. 6 S. 3

Wird die Nutzung des Sondereigentums durch einenMangel am Gemeinschaftseigentum beeinträchtigt, sosteht dem Sondereigentümer kein nachbarrechtlicherAusgleichsanspruch in entsprechender Anwendungvon § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB zu.

BGH, Urt. v. 21.5.2010 – V ZR 10/10(LG München I – 1 S 9716/09; AG Augsburg)

Aus den Gründen:... Die Revision der Kläger ist unzulässig, soweit sie sichgegen die Abweisung eines Schadensersatzanspruchsnach §§ 280, 286 BGB wegen einer Verletzung derPflicht zu ordnungsgemäßer Instandhaltung und Instand-setzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Abs. 5Nr. 2 WEG) wendet. Die Revision ist nämlich nur hin-sichtlich der Entscheidung über den nachbarrechtlichenAusgleichsanspruch zugelassen worden, was sich zwarnicht aus dem Tenor, aber aus den Gründen des Beru-fungsurteils ergibt (vgl. dazu: BGH v. 29.1.2003 – VIIIZR 155/02, BGHZ 153, 358 [360] = MDR 2003, 647 f.;v. 17.7.2003 – IX ZR 268/02, BGHZ 155, 392 [394];Urt. v. 8.10.2004 – V ZR 84/04, AuR 2005, 410; Beschl.v. 2.7.2009 – V ZB 40/09, MDR 2009, 1183 f. = NJW-RR 2009, 1431 f.). Eine solche Beschränkung der Zulas-sung liegt - wenn sie in dem Berufungsurteil nicht aus-drücklich (im Tenor) ausgesprochen worden ist - dannvor, wenn die Rechtsfrage, deretwegen das Berufungs-gericht die Revision zugelassen hat, nur für einen selb-ständigen Teil des selbständigen, abtrennbaren Teil desStreitstoffs erheblich ist (BGH v. 29.1.2003, a.a.O.; v.17.7.2003, a.a.O.). Die in dem Berufungsurteil für dieZulassung der Revision benannten Rechtsfragen, ob eineanaloge Anwendung des § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB in Be-tracht kommt und gegen wen ein solcher Anspruch gege-benenfalls zu richten wäre, beziehen sich allein auf denverschuldensunabhängigen Ausgleichsanspruch. Einesolche Begrenzung des in der Rechtsmittelinstanz anfal-lenden Streitstoffs ist allerdings nur dann zulässig, wennes um einen tatsächlich und rechtlich abgrenzbaren Teildes Gesamtstreitstoffs geht, der Gegenstand eines Teil-oder Grundurteils sein kann oder auf den der Rechtsmit-telkläger selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte(BGH v. 26.10.2004 – XI ZR 255/03, BGHZ 161, 15[18] = MDR 2005, 464 f.; Beschl. v. 2.7.2009, a.a.O.). ...... Soweit die Revision sich gegen die Abweisung desAusgleichsanspruchs nach § 906 Abs. 2 Satz 2 BGB wen-det, ist sie unbegründet. Das Berufungsgericht hat mitzutreffender Begründung eine analoge Anwendung derNorm wegen einer auf einem Mangel im Gemeinschafts-eigentum beruhenden Beeinträchtigung des Sondereigen-tums eines Wohnungseigentümers verneint. Die Voraus-

1252 Rechtsprechung MDR 21/2010

Bau- und Nachbarrecht

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setzungen für die analoge Anwendung des § 906 Abs. 2Satz 2 BGB bei Beeinträchtigungen durch sogenannteGrobimmissionen (hier durch das Eintreten von Wasserin die Wohnung der Kläger) sind in dem angefochtenenUrteil rechtsfehlerfrei bestimmt worden. Das Berufungs-gericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das Beste-hen eines Anspruchs auf Abwehr einer solchen Beein-trächtigung nach § 1004 Abs. 1 BGB, der aus besonderen(meist tatsächlichen) Gründen nicht oder nicht rechtzei-tig geltend gemacht werden kann, um die Beeinträchti-gungen zu unterbinden (vgl. BGH v. 11.6.1999 – V ZR377/98, BGHZ 142, 66 [68] = MDR 1999, 1132 f.; v.30.5.2003 – V ZR 37/02, BGHZ 155, 99 [103] = MDR2003, 1225 ff.; v. 17.9.2004 – V ZR 230/03, BGHZ 160,232 [236] = MDR 2005, 141 f.; Urt. v. 27.1.2006 – V ZR26/05, MDR 2006, 869 = NJW 2006, 992), zwar einenotwendige, aber nicht die allein hinreichende Vorausset-zung für die Anwendung der Grundsätze des verschul-densunabhängigen Ausgleichsanspruchs nach § 906Abs. 2 Satz 2 BGB ist. Analogiefähig ist das Rechtsinsti-tut des nachbarrechtlichen Ausgleichs nur bei strukturel-ler Vergleichbarkeit und anders nicht zu befriedigenderSchutzbedürftigkeit (BGH v. 12.12.2003 – V ZR 180/03,BGHZ 157, 188 [195] = MDR 2004, 681 ff.). Letztereshat das Berufungsgericht mit zutreffender Begründungverneint. ...

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Kfz-Recht und Verkehr

Sturz eines Radfahrers ohne Kollision

StVG §§ 7 Abs. 1, 9, 11, 17 Abs. 1, 18 Abs. 1; BGB§ 249 Abs. 2 S 1

1. Der Sturz eines Radfahrer kann dem Betrieb einesentgegenkommenden Pkw auch ohne Kollision undohne verkehrswidriges Verhalten des Fahrzeugführerszuzurechnen sein.

2. Die allgemeine Kostenpauschale in Verkehrsunfall-sachen beläuft sich regelmäßig auf 20 .

OLG Schleswig, Urt. v. 15.4.2010 – 7 U 17/09(LG Itzehoe – 7 O 43/08)

Aus den Gründen:... [D]er Sturz der Klägerin [ist] „dem Betrieb“ des vonder Beklagten ... geführten Fahrzeuges zuzurechnen (§ 7Abs. 1 StVG). Denn ob ein Unfall „bei dem Betrieb desKraftfahrzeuges“ geschehen ist hängt nicht davon ab, obsich der Führer des Fahrzeuges verkehrswidrig verhaltenhat, es braucht auch nicht etwa zu einer Kollision ge-kommen zu sein, vielmehr reicht es aus, dass das Kraft-fahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrs-beeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetra-gen hat. „Bei dem Betrieb“ des betreffenden Kraftfahr-zeuges geschehen ist ein Unfall selbst dann, wenn er un-mittelbar durch das Verhalten des Verletzten oder einesDritten ausgelöst wird, dieses aber in zurechenbarer Wei-se durch das Kraftfahrzeug des in Anspruch genom-menen (mit-)veranlasst ist (vgl. BGH v. 6.7.1988 – IVaZR 241/87, MDR 1988, 1040 = NJW 1988, 2803 f.,m.w.N.). So verhält es sich hier. Zur Überzeugung des Se-nats steht fest, dass die Klägerin sich berechtigterweisedurch die Fahrweise der Beklagten ... veranlasst sah, mit

ihrem Fahrrad nach rechts auszuweichen, wobei sie in-folge des Ausweichens auf dem Grünstreifen zu Fall kamund nicht unerheblich verletzt wurde. Nach ihren eige-nen Angaben fuhr die Beklagte ... mit einer Geschwindig-keit von jedenfalls 30 km/h ..., die auf dem lediglich 2,50m breiten Weg zulässige Höchstgeschwindigkeit, die he-rabzusetzen sie trotz der Tatsache, dass der Weg ... vonmehr Passanten als gewöhnlich frequentiert war keinenAnlass sah. Selbst wenn die Beklagte ... scharf rechts ge-fahren wäre, ... verblieb für die entgegenkommende Klä-gerin ... ein Raum von lediglich noch einem Meter. Esliegt auf der Hand, dass ein Fahrradfahrer angesichts ei-nes ihm unter diesen Umständen aus einer Kurve ent-gegenkommenden Pkw dessen Herankommen als gefähr-lich empfindet und ausweicht.... Die Beklagte ... kann sich nicht gem. § 18 Abs. 1 S. 2StVG entlasten; ... ihr Verschulden [liegt] ohne weiteresdarin, dass sie in Ansehung der ihr entgegenkommendenGruppe von Radfahrern zum einen nicht ihre Geschwin-digkeit erheblich herabgesetzt hat, zum anderen auchnicht den Mindestabstand von einem Meter eingehaltenhat. Denn als Pkw-Fahrerin war ihr ein Ausweichen aufden Grünstreifen viel eher zuzumuten, als den dadurchsturzgefährdeten entgegenkommenden Fahrradfahrern....Hingegen ist die Klage abzuweisen, soweit die Klägerinbei der allgemeinen Kostenpauschale einen höheren Be-trag als 20 geltend macht. Ein Betrag von 20 wird inständiger Rechtsprechung vom Senat in Verkehrsunfall-sachen, in denen ein Direktanspruch gegen einen Haft-pflichtversicherer gegeben ist, zuerkannt. Für eine Erhö-hung dieses Satzes gerade in Zeiten ständig fallender Te-lekommunikationskosten besteht kein Anlass. Soweit dieKlägerin mit dieser „Pauschale“ auch sonstige unfall-bedingte Aufwendungen (u.a. Rezeptgebühren, Kleider-reinigungskosten u.Ä.) geltend machen will, handelt essich um Schäden, die ggf. gem. §§ 249 ff. BGB ersatz-fähig sind, die aber prozessual ordnungsgemäß darzule-gen und ggf. zu beweisen sind. Einer “Pauschalierung“sind sie hingegen nicht zugänglich, handelt es sich bei derallgemeinen Kostenpauschale doch schon um eine (mitt-lerweile allgemein anerkannte) Schadenposition, die al-lein aus Vereinfachungsgründen angesetzt wird, um demGeschädigten bei einem Verkehrsunfall die Darlegungund den Beweis – und damit den Streit um „Kleinigkei-ten“ – gewöhnlich im Zusammenhang mit der unmittel-baren Unfallregulierung stehender Aufwendungen zu er-sparen. Diese rein dogmatisch schon zweifelhaften Erwä-gungen auf weitere unfallbedingte Folgeschäden zu über-tragen verbietet sich. ...

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Kollision nach Rückwärts-Anfahrt von Bürgersteigaus

StVG § 17; StVO § 10 S. 1

Fährt ein Verkehrsteilnehmer rückwärts vom Bord-stein in den fließenden Verkehr ein und kommt es da-bei zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, sospricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass dieAusfahrt nicht mit der im Verkehr erforderlichenSorgfalt erfolgte.

Kann der rückwärts Ausfahrende nicht eine überhöhteGeschwindigkeit des fließenden Verkehrs nachweisen,haftet er für die Unfallfolgen regelmäßig allein.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1253

Kfz-Recht und Verkehr

Page 40: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

LG München I, Endurt. v. 11.5.2010 – 17 O 13169/09

Sachverhalt:Die Beklagte stand mit ihrem Fahrzeug fahrbahnparallel aufdem Gehweg. Sie parkte westlich der durch die zwei Einfahrtengeschaffenen Bordsteinabsenkung auf dem Bürgersteig. Sie beab-sichtigte rückwärts derart auf die Fahrbahn einzufahren, dass siezunächst rückwärts gegen die Einbahnstraße einfuhr, um sodannvorwärts in Richtung Westen zu fahren. Sie hatte sich von ihrerParkposition aus umgeschaut, ob Verkehr nahen würde undkein Fahrzeug gesehen. Sodann ließ sie den mit einem Auto-matikgetriebe fahrenden Wagen mit Standgas rückwärts auf dieStraße auffahren. Dabei hatte sie keine Sicht auf die Straße, daöstlich der Bordsteinabsenkung ein Kleinlaster parkte, der ihrdie Sicht nahm. Der Kläger näherte sich der Unfallstelle. Als erdas Beklagtenfahrzeug auf die Straße zurücksetzen sah, versuch-te er vor dem zurücksetzenden Fahrzeug anzuhalten, was jedochnicht gelang, so dass es zur Kollision kam. Die Klage auf Scha-densersatz hatte in vollem Umfang Erfolg.

Aus den Gründen:... Das Gericht legt der Beweiswürdigung die Anscheins-beweise gegen den in den fließenden Verkehr Einfahren-den sowie gegen den rückwärts fahrenden Verkehrsteil-nehmer zugrunde. Unstreitig ist die Beklagte unmittelbarvor dem Unfallereignis oder sogar zum Unfallzeitpunktrückwärts gegen die Einbahnstraße in den Verkehrsraumfür den fließenden Verkehr eingefahren. Die Beklagtenhaben den aus diesen Anscheinsbeweis folgenden An-schein der Verantwortlichkeit der Beklagten nicht wider-legen können. Die Beweisaufnahme hat im Einzelnennicht dazu geführt, dass von dem Anscheinsbeweis Ab-stand zu nehmen wäre. Das Gericht konnte insb. nichtfeststellen, dass der klägerische Wagen mit überhöhterGeschwindigkeit gefahren sein sollte. ...... Das Gericht hatte damit von einem gegen die Beklag-ten sprechenden Anschein auszugehen. Dieser rechtfer-tigt, eine im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 2und 1 StVG eine alleinige Haftung der Beklagten für dasUnfallgeschehen anzunehmen. Im Rahmen der Abwä-gung der Verursachungsbeiträge nach § 17 Abs. 1 StVGist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, insb.darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem ei-nen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Ab-wägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile derFahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichti-gung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebs-gefahr nur unstreitige bzw. zugestandene und bewieseneUmstände zu berücksichtigen. Jede Seite hat dabei dieUmstände zu beweisen, die der Gegenseite zum Verschul-den gereichen und aus denen sie für die nach § 17 Abs. 1StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstigeRechtsfolgen herleiten will (OLG Brandenburg, Urt. v.17.9.2009 – 12 U 26/09, Abs. 23). Der klägerische Fah-rer hat zu dem Unfall beigetragen, indem er die Straße inwestliche Richtung befuhr und dann mit dem Beklagten-fahrzeug kollidierte. Die Beklagte hat zu dem Unfall-geschehen beigetragen, indem sie rückwärts vom Bürger-steig in die Straße zurücksetzte, obwohl sie keine ausrei-chende Rücksicht hatte. Der Kläger hat geringfügig sorg-faltswidrig gehandelt. Vorliegend steht eine Verletzungdes Sichtfahrgebots (§ 3 StVO) im Raum, da der Klägersah, dass ein Fahrzeug rückwärts auf die Fahrbahn ein-fuhr. Der Kläger hätte sich insoweit bremsbereit zu hal-ten gehabt. Weitere Sorgfaltspflichtverletzungen sinddem Kläger nicht nachzuweisen.Die Beklagte hat sorgfaltswidrig gehandelt, indem sierückwärts auf die Straße zurücksetzte, obwohl sie vorder Einfahrt auf die Straße keine Sicht auf diese hatte,

§ 10 Satz 1 StVO. Zugleich hat sie die sie in besondererWeise beim Rückwärtsfahren treffende Pflicht aus § 9Abs. 5 StVO verletzt. Diese Sorgfaltspflicht war in derEinbahnstraße nochmals erhöht (Hentschel, Straßenver-kehrsrecht, 40. Aufl., Rz. 51). Die Beklagte hätte sichbeim rückwärtigen Ausfahren einweisen lassen müssen.Darüber hinaus hat sie das Sichtfahrgebot (§ 3 StVO)verletzt, indem sie in einen Verkehrsraum eingefahrenist, in den sie nicht einblicken konnte. Die Abwägung derjeweiligen Beiträge führt zu einer alleinigen Haftung derBeklagten. Die Beklagte hat selber eingeräumt, dass sienur beim Anfahren den rückwärtigen Straßenverlauf ge-sehen habe, dann aber ihre Sicht versperrt gewesen sei.Sie hat damit in den Augen des Gerichts in eklatanterWeise sorgfaltswidrig und leichtfertig gehandelt. Die Be-klagte hätte sich einweisen lassen müssen. Dass die Be-klagte nicht zunächst einmal angehalten hat und abge-wartet hat, ob Fahrzeuge passieren oder sie möglicher-weise einfahren lassen, erhöht die Sorgfaltswidrigkeit desVerursachungsbeitrags noch weiter. Der Beitrag desDrittwiderbeklagten tritt demgegenüber vollkommen zu-rück. Vorliegend blieb nicht einmal Raum, eine Mithaf-tung aufgrund der Betriebsgefahr des klägerischen Fahr-zeugs anzunehmen. Die Sorglosigkeit des Fahrstils derBeklagten war zu groß. ...

(Einsender: RiLG Dr. Stephan Mittelsten Scheid, Mün-chen)Volltext-Bestellnummer 38239

Haftungs- und Versicherungsrecht

Haftung bei einer Gebrauchsüberlassung aus Gefällig-keit

BGB § 603 S. 2 analog

Im Rahmen einer Gebrauchsüberlassung aus Gefällig-keit kann eine verschuldensunabhängige Haftung desBegünstigten für die Beschädigung des überlassenenGegenstandes durch einen Dritten, an den der Gegen-stand vom Begünstigten ohne Wissen des Gefälligenweitergegeben worden ist, nicht durch eine entspre-chende Anwendung des § 603 Satz 2 BGB begründetwerden.

BGH, Urt. v. 4.8.2010 – XII ZR 118/08(LG Lüneburg – 9 S 87/07; AG Lüneburg)

Aus den Gründen:... Zwar ist das Berufungsgericht zutreffend davon aus-gegangen, dass nach der Rechtsprechung des BGH derEntleiher eines Fahrzeugs aus positiver Vertragsverlet-zung für alle Schäden haftet, die adäquat – kausal durchdie unerlaubte Überlassung des Fahrzeugs an einen Drit-ten entstanden sind (BGHZ 37, 306 [309 f.]). Denn dasVerschulden des Entleihers muss sich bei der Verletzungder Pflicht aus § 603 Satz 2 BGB nur auf das eigene ver-tragswidrige Verhalten und nicht auf den dadurch ver-ursachten Schaden beziehen (Häublein in MünchKomm/BGB, 5. Aufl., § 603 Rz. 4 m.w.N.). Dieser zur vertragli-chen Haftung bei der Leihe entwickelte Rechtssatz kannjedoch nicht im Wege einer analogen Anwendung des§ 603 Satz 2 BGB auf die Haftung bei einer Gebrauchs-überlassung aus Gefälligkeit übertragen werden.Voraussetzung für eine Analogie ist, dass das Gesetz eineplanwidrige Regelungslücke enthält und der zu beurtei-lende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem

1254 Rechtsprechung MDR 21/2010

Haftungs- und Versicherungsrecht

Page 41: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelthat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeberwäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich vondenselben Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei demErlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu demgleichen Abwägungsergebnis gekommen (BGH, Urt. v.27.1.2010 – XII ZR 22/07, MDR 2010, 496 = NJW2010, 1065 Rz. 21 m.w.N.). Diese Voraussetzungen lie-gen hier nicht vor. Zwar mag bei einer Gebrauchsüber-lassung aus Gefälligkeit, wie vom Berufungsgericht ange-nommen, die Interessenlage der Beteiligten mit der bei ei-ner Leihe vergleichbar sein, weil der Gefällige ebenso wieder Verleiher ein Interesse daran hat, dass der Begünstig-te mit der Sache sorgfältig umgeht und sie ohne entspre-chende Erlaubnis nicht an Dritte weitergibt. Dies alleinrechtfertigt jedoch eine analoge Anwendung des § 603Satz 2 BGB nicht. Es fehlt an einer planwidrigen Rege-lungslücke.

Von der Rechtsprechung (BGHZ 21, 102 (106 f.); BGH,Urt. v. 9.6.1992 – VI ZR 49/91, MDR 1992, 1032 =NJW 1992, 2474 f.; OLG Stuttgart NJW 1971, 660 f.;OLG Koblenz v. 12.5.1999 – 1 U 1067/98, MDR 1999,1509; v. 11.10.2001 – 5 U 570/01, NJW-RR 2002, 595;OLG Karlsruhe Urt. v. 26.2.2003 – 17 U 121/02, jurisRz. 15; OLG Frankfurt VersR 2006, 918 f.) und Teilendes Schrifttums (Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl. Einl.vor § 241 Rz. 8; Erman/Graf von Westphalen, BGB,12. Aufl. vor § 598 Rz. 2; Jauernig/Stadler, BGB,13. Aufl., § 311 Rz. 45; Jauernig/Mansel, a.a.O., § 598Rz. 5) wird eine vertragsähnlich ausgestaltete Haftunginnerhalb eines Gefälligkeitsverhältnisses grundsätzlichabgelehnt und der Geschädigte mit seinen Ansprüchenallein auf das Deliktsrecht (§§ 823 ff. BGB) verwiesen,weil ein ohne Rechtsbindungswillen der Beteiligten ein-gegangenes Gefälligkeitsverhältnis eine an das Vertrags-recht angelehnte Haftung nicht begründen könne.

Bei den Regelungen über die vertragliche Leihe handeltes sich um ein vom Gesetzgeber besonders ausgestaltetesVertragsverhältnis, das einen beiderseitigen Verpflich-tungswillen der Beteiligten voraussetzt und für jeden Ver-tragsschließenden Rechte und Pflichten begründet undausformt (BGH v. 9.6.1992, a.a.O.). Insbesondere ent-halten die Vorschriften über die Leihe umfassende Rege-lungen bezüglich der Haftung von Verleiher und Entlei-her, die ausgewogen die Besonderheiten der unentgeltli-chen Leihe berücksichtigen (vgl. §§ 599, 600, 602, 603,606 BGB). Bei der Überlassung eines Gegenstandes imRahmen eines bloßen Gefälligkeitsverhältnisses fehlt denBeteiligten jedoch gerade der Wille, sich rechtlich zu bin-den (BGH v. 9.6.1992, a.a.O.). Die Beteiligten entschei-den sich in diesem Fall dafür, die Gebrauchsüberlassungnicht den gesetzlichen Bestimmungen über die Leihe zuunterstellen. Folglich können einzelne Bestimmungen,die zur Gestaltung dieses besonderen Vertragsverhältnis-ses beitragen, nicht auf ein dem Deliktsrecht unterfallen-des Gefälligkeitsverhältnis übertragen werden (BGH v.9.6.1992, a.a.O.; OLG Frankfurt VersR 2006, 918 f.;OLG Karlsruhe v. 26.2.2003, a.a.O., Rz. 17, jeweils zurFrage der Übertragung der kurzen Verjährungsfrist des§ 606 BGB auf ein Gefälligkeitsverhältnis; anders OLGKoblenz VRS 100, 85 ff. unter der Annahme eines „leihe-ähnlichen Gefälligkeitsverhältnisses“).

Eine planwidrige Regelungslücke als Voraussetzung füreine analoge Anwendung des § 603 Satz 2 BGB bestehtauch dann nicht, wenn man mit Teilen des Schrifttums(vgl. Canaris, JZ 2001, 499 [502]; Staudinger/Reuter,2005, Vorbem. zu §§ 598 ff. Rz. 11 f.; Kramer inMünchKomm/BGB, 5. Aufl., Einl. Rz. 42; Krebs inAnwKomm/BGB, § 311 Rz. 92; Grüneberg/Sutschat inBamberger/Roth, BGB § 311 Rz. 50; Soergel/Kummer,

BGB, 1997, vor § 598 Rz. 5; Erman/Kindl, BGB,12. Aufl., § 311 Rz. 22; Hoppenz in Prütting/Wegen/Weinreich, BGB, 4. Aufl., § 598 Rz. 8; Gehrlein, VersR2000, 415 ff.) annimmt, dass jedenfalls bei Gefälligkeits-verhältnissen mit rechtsgeschäftsähnlichem Charakter(vgl. zu diesem Begriff Canaris, JZ 2001, 499 [502]), ge-genseitige Schutz- und Treuepflichten bestehen, derenVerletzung zu einer Haftung nach vertraglichen Grund-sätzen (§§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 Nr. 3BGB) führen kann (Kramer, a.a.O., Einl. Rz. 42 und aus-führlich dazu Krebber, VersR 2004, 150 ff.). Denn nachdieser Ansicht haften sowohl der Gefällige als auch derBegünstigte für das Verschulden Dritter gem. § 278 BGB(Kramer, a.a.O., Einl. Rz. 42; Soergel/Kummer, BGB,1997, vor § 598 Rz. 5). Für die Haftung des Begünstigtenwegen der Beschädigung eines im Rahmen eines Gefällig-keitsverhältnisses überlassenen und von diesem an einenDritten weitergegebenen Gegenstandes besteht daher kei-ne planwidrige Regelungslücke des Gesetzes, die durchdie analoge Anwendung einzelner Vorschriften aus demRecht der Leihe geschlossen werden kann.

Volltext-Bestellnummer 38208

Anrechnung von Steuervorteilen bei Schadensersatz-ansprüchen aus Kapitalanlagebetrug

BGB § 249; ZPO § 287

a) Eine Anrechnung von Steuervorteilen, die sich auseiner Kapitalanlage ergeben, kommt im Schadens-ersatzprozess des Anlegers grundsätzlich nicht in Be-tracht, wenn auch die Schadensersatzleistung der Be-steuerung unterliegt.

b) Die Durchsetzung des Schadensersatzanspruchswürde unzumutbar erschwert, wenn die bereits be-kannten Steuervorteile aus der Kapitalanlage auf denSchadensersatzanspruch angerechnet würden und esdem Geschädigten überlassen bliebe, die aus der Ver-steuerung der Ersatzleistung entstehenden Nachteilezu einem späteren Zeitpunkt geltend zu machen.

c) Eine nähere Berechnung ist nur dann erforderlich,wenn Anhaltspunkte für außergewöhnliche Steuervor-teile bestehen, die dem Geschädigten unter Berück-sichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung ver-bleiben; für solche Umstände trägt der Schädiger dieDarlegungs- und Beweislast.

d) Rechnerische Vorteile, die sich daraus ergeben kön-nen, dass dem Geschädigten eine Tarifermäßigungnach § 34 Abs. 1, 3 EStG oder eine allgemeine Absen-kung der Steuersätze zugute kommt, begründen keineaußergewöhnlichen Steuervorteile, die den Schädigervon seiner Schadensersatzpflicht entlasten müssten.Das gleiche gilt, wenn der Geschädigte wegen einerVerschlechterung seiner Einkommenssituation imZeitpunkt der Ersatzleistung einer milderen Besteue-rung unterliegt.

BGH, Teilurt. v. 15.7.2010 – III ZR 336/08(OLG München – 19 U 3592/07; LG München I)

Aus den Gründen:... Ob eine spätere Minderung oder Beseitigung des ein-getretenen Vermögensschadens den Schadensersatz-anspruch beeinflusst, ist nach den Grundsätzen der Vor-teilsausgleichung zu beurteilen. Danach sind Wegfalloder Minderung des Schadens nur insoweit zu berück-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1255

Haftungs- und Versicherungsrecht

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sichtigen, als sie in einem adäquat-ursächlichen Zusam-menhang zu dem schädigenden Ereignis stehen. Außer-dem muss die Anrechnung dem Zweck des Schadens-ersatzes entsprechen und darf weder den Geschädigtenunzumutbar belasten noch den Schädiger unbillig entlas-ten (vgl. BGH, Urt. v. 22.3.1979 – VII ZR 259/77,BGHZ 74, 103 [113 f.] ...). Zu solchen auf den Scha-densersatzanspruch eines Geschädigten anzurechnendenVorteilen gehören grundsätzlich auch Steuern, die derGeschädigte infolge der Schädigung erspart hat (vgl.BGH, Urt. v. 18.12.1969 – VII ZR 121/67, BGHZ 53,132 [134]; v. 22.3.1979, a.a.O.; Urt. v. 17.11.2005 – IIIZR 350/04, MDR 2006, 407 = NJW 2006, 499 Rz. 7).Bei der Betrachtung möglicher Steuervorteile muss aller-dings auch berücksichtigt werden, ob dem Geschädigtenaus der Zuerkennung des Schadensersatzanspruchs unddessen Gestaltung steuerliche Nachteile erwachsen, sei esdurch eine Nachforderung des Finanzamts (vgl. BGH v.18.12.1969, a.a.O.), sei es durch eine Besteuerung derSchadensersatzleistung (vgl. BGH v. 22.3.1979, a.a.O.)oder der Zug um Zug gegen die Schadensersatzleistungvorgesehenen Übertragung der Kapitalanlage (vgl. BGH,Urt. v. 6.11.1989 – II ZR 235/88, MDR 1990, 516 =VersR 1990, 95 f.; Loritz/Wagner, ZfIR 2003, 753[761]). ... Diese Rechtsprechung ist im Zusammenhangmit der Vorschrift des § 287 ZPO zum Teil durch denGedanken ergänzt worden, eine exakte Errechnung vonSteuervorteilen unter Gegenüberstellung der tatsäch-lichen mit einer hypothetischen Vermögenslage würdeangesichts der vielfältigen Besonderheiten und Möglich-keiten der konkreten Besteuerung und ihrer unterschied-lichen Entwicklung in verschiedenen Besteuerungszeit-räumen häufig unverhältnismäßigen Aufwand erfordern.Daher sei eine nähere Berechnung nur dann erforderlich,wenn Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Geschä-digte außergewöhnliche Steuervorteile erzielt habe (vgl.... BGH, Urt. v. 9.10.1989 – II ZR 257/88, MDR 1990,516 = NJW-RR 1990, 229 f.; Urt. v. 17.11.2005, a.a.O.,Rz. 8; Beschl. v. 9.4.2009 – III ZR 89/08, juris = BeckRS2009, 11192 Rz. 10).

An dieser – gerade auch im Zusammenhang mit sog.Steuersparmodellen entwickelten – Rechtsprechung istfestzuhalten, da sie die Zivilgerichte in die Lage versetzt,über Schadensersatzansprüche abschließend zu erken-nen, ohne sich mit steuerlich außerordentlich komplexenGestaltungen im Detail auseinandersetzen und die nurschwer abzusehende künftige Besteuerung der Ersatzleis-tung vorwegnehmen zu müssen. Soweit das Berufungs-gericht von dieser Rechtsprechung abweichen möchte,weil die Berücksichtigung erst zukünftiger Nachteilenicht dem Grundsatz des Schadensrechts entspreche,dass für die Schadensberechnung auf den Zeitpunkt derletzten mündlichen Verhandlung abzustellen sei, blendetes den hier erheblichen Umstand aus, dass die Berück-sichtigung dieser Nachteile eng mit der Frage verbundenist, ob und inwieweit Steuervorteile des Geschädigtendauerhaft und auf seinen Schaden überhaupt anzurech-nen sind. Wegen dieser sachlichen Verknüpfung ist esnicht gerechtfertigt, Vorteile und Nachteile aus einer Ka-pitalanlage in der Weise isoliert zu betrachten. . . ..

Von Rechtsfehlern beeinflusst ist auch die Auffassungdes Berufungsgerichts, es bestünden außergewöhnlicheSteuervorteile des Klägers im Sinne der Rechtsprechungdes BGH, die nicht unberücksichtigt bleiben könnten.Zutreffend geht das Berufungsgericht allerdings davonaus, dass die Erzielung günstiger steuerlicher Wirkungenmit der hier vermittelten Beteiligung beabsichtigt wird.Insoweit kann man mit dem Berufungsgericht durchausvon einem Steuersparmodell sprechen. ... Im Ansatz be-stehen daher keine Bedenken dagegen, einen adäquaten

Ursachenzusammenhang zwischen der durch eine mögli-che Pflichtverletzung der Beklagten beeinflussten Anlage-entscheidung des Klägers und den durch die Verlust-zuweisungen ausgelösten Steuervorteilen anzunehmen.... Ausgehend von der nicht ausdrücklich bestrittenen Be-hauptung der Beklagten, der Kläger habe aufgrund einerVerlustzuweisung Steuervorteile von 60 % seiner Ein-lageleistungen erzielt, nimmt das Berufungsgericht an, esbestünden Anhaltspunkte für „außergewöhnliche Steuer-vorteile“, die den Ersatzanspruch des Klägers beeinfluss-ten; der Kläger habe selbst nicht behauptet, dass dem einauch nur annähernd vergleichbarer Nachteil bei der zu-künftigen Besteuerung der Ersatzleistung gegenüberstün-de.

Die Revision des Klägers wendet hiergegen ein, dass dieursprünglichen Steuervorteile außergewöhnlich hoch ge-wesen seien, könne nicht entscheidend dafür sein, dassder Geschädigte die Steuervorteile und Steuernachteilenäher darlegen müsse; vielmehr komme es darauf an, obdem Geschädigten auf der Grundlage der – vom Schädi-ger darzulegenden – Umstände auch nach einer Anrech-nung der aus der Ersatzleistung resultierenden Steuerlastaußergewöhnliche Steuervorteile verblieben. Im Ansatzhat die Revision recht darin, dass der Schädiger die Dar-legungs- und Beweislast für die Umstände trägt, aus de-nen sich eine Ausgleichung von Vorteilen ergibt, unddass nur außergewöhnliche Steuervorteile, die nach Be-rücksichtigung der Steuerbarkeit der Ersatzleistung ver-bleiben, zu einer Anrechnung führen (vgl. ... BGH, Urt.v. 19.6.2008 – VII ZR 215/06, MDR 2008, 1098 = NJW2008, 2773 [2775] Rz. 13). Allerdings trifft den Geschä-digten eine sekundäre Darlegungslast, die auf dem Um-stand beruht, dass allein er Zugang zu der Frage hat, wel-che Steuervorteile sich aus der Beteiligung für ihn erge-ben (vgl. BGH v. 31.5.2010, a.a.O., Rz. 26). ... Aberauch hinsichtlich der sekundären Darlegungslast des Klä-gers dürfen keine übertriebenen Anforderungen gestelltwerden (ähnlich BGH a.a.O., Rz. 31, das davon ausgeht,dem Anleger sei ein konkreter Vortrag im Schadens-ersatzprozess nicht möglich). Insbesondere ist er nichtverpflichtet, eine auf den Zeitpunkt der möglichen, nochnicht bekannten Ersatzleistung bezogene umfassende(fiktive) Steuerveranlagung zu erstellen, die im Allgemei-nen zu Anlass und Zweck eines wie hier betriebenenSchadensersatzprozesses in keinem vertretbaren Verhält-nis stünde. Es erscheint zudem rechtlich geboten, bei derFrage, in welchem Umfang der Geschädigte seine steuer-lichen Verhältnisse darlegen muss, den Aspekt des Steuer-geheimnisses mit zu berücksichtigen. So dürfte es kaumzu vertreten sein, dem Geschädigten Angaben über dassteuerrechtlich erhebliche Einkommen seines Ehegattenabzuverlangen, wenn er mit diesem zusammen veranlagtwird. Es wäre auch – wegen des mangelnden Zusammen-hangs mit dem Schädigungstatbestand – kaum nach-zuvollziehen, weshalb ein Geschädigter sich dazu erklä-ren sollte, ob ihm aufgrund seiner Vermögensdispositio-nen im Zeitraum der Veranlagung einer möglichen Er-satzleistung steuerliche Tatbestände zugute kommen, mitdenen ein drohender Nachteil der Ersatzleistung vermie-den werden könnte. Denn solche Dispositionen werdenlegitimerweise zum eigenen Vorteil und nicht zur Entlas-tung des Schädigers vorgenommen und stehen mit demschädigenden Ereignis in keinem Zusammenhang. ...

Volltext-Bestellnummer 38094

1256 Rechtsprechung MDR 21/2010

Haftungs- und Versicherungsrecht

Page 43: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Lebensversicherung: Verjährung des Anspruches aufweitergehende Rückvergütung

VVG §§ 12 Abs. 1, 176 a.F.

Der Anspruch des Versicherungsnehmers auf Zahlungder Rückvergütung nach Kündigung eines Lebensver-sicherungsvertrags verjährt gem. § 12 Abs. 1 VVG a.F.fünf Jahre nach Ende des Jahres, in dem der Versiche-rer den Vertrag abgerechnet hat.

Nichts anderes gilt, wenn sich der Anspruch auf Zah-lung einer (weitergehenden) Rückvergütung aus derBerücksichtigung des Mindestrückkaufswerts i.S.d.Senatsurteile vom 12.10.2005 (BGH v. 12.10.2005 –IV ZR 162/03, BGHZ 164, 297, 313 ff. = MDR2006, 204; IV ZR 177/03 – juris Tz. 39 ff.; IV ZR245/03 – juris Tz. 40 ff.) sowie aus der Unwirksam-keit der Bestimmungen über den Stornoabzug (BGHv. 9.5.2001 – IV ZR 138/99, BGHZ 147, 373; 147,354 = MDR 2001, 1057) ergibt, auch wenn die Ab-rechnung vor Veröffentlichung der Senatsurteile vom12.10.2005 (a.a.O.) erfolgte.

BGH, Urt. v. 14.7.2010 – IV ZR 208/09(OLG Hamburg – 9 U 204/08; LG Hamburg)

Sachverhalt:Der Kläger, ein Verbraucherschutzverein, begehrt von der Be-klagten aus abgetretenem Recht und im Wege der Stufenklagezunächst Auskunft über Rückkaufswert und Überschussbetei-ligung hinsichtlich mehrerer vorzeitig beendeter Lebens- undRentenversicherungen und sodann Zahlung einer sich daraus er-gebenden weitergehenden Rückvergütung.

Die jeweiligen Versicherungsnehmer kündigten zu unterschiedli-chen Zeitpunkten im Zeitraum von 1996 bis 2000 die streit-gegenständlichen Versicherungsverträge. Die Beklagte rechnetedie Verträge ab und zahlte für vier Verträge eine Rückvergütung– Rückkaufswert zzgl. Überschussbeteiligung, vermindert um ei-nen Stornoabzug – aus; vier Versicherungsnehmer erhielten kei-ne Auszahlung. Grundlage der Berechnung der Rückvergütungwaren die den Versicherungsverträgen zugrunde liegenden „All-gemeinen Bedingungen für die Lebensversicherung (ABL)“ derBeklagten.

Der Senat hat vergleichbare Allgemeine Versicherungsbedingun-gen in seinen Urteilen vom 9.5.2001 (BGH v. 9.5.2001 – IV ZR138/99, BGHZ 147, 373; 147, 354 = MDR 2001, 1057) als un-wirksam erachtet und mit seinen Urteilen vom 12.10.2005(BGH v. 12.10.2005 – IV ZR 162/03, MDR 2006, 204 = BGHZ164, 297, [313 ff.]; IV ZR 177/03 – juris Tz. 39 ff.; IV ZR 245/03 – juris Tz. 40 ff.) entschieden, dass in Fällen dieser Art einStornoabzug entfällt und der Rückkaufswert bei Kündigung ei-nen Mindestbetrag nicht unterschreiten darf. Dieser Mindest-betrag (Mindestrückkaufswert) entspricht der Hälfte des mitden Rechnungsgrundlagen der Prämienkalkulation berechnetenungezillmerten Deckungskapitals (BGH v. 12.10.2005 – IV ZR162/03, BGHZ 164, 297, 318 = MDR 2006, 204). Vergleich-bares gilt für Rentenversicherungsverträge mit Kapitalwahlrecht(Senat, Urt. v. 26.9.2007 – IV ZR 20/04, ... NJW-RR 2008,188).

Auf dieser Grundlage forderten die jeweiligen Versicherungsneh-mer im Zeitraum zwischen Dezember 2005 und Mai 2007 dieBeklagte zu einer erneuten Abrechnung der Verträge auf, wasdiese unter Berufung auf Verjährung ablehnte. Daraufhin tratendie Versicherungsnehmer eventuelle weitergehende Ansprüchezur gerichtlichen Verfolgung an den Kläger ab.

Das LG hat die Klage abgewiesen, die hiergegen gerichtete Beru-fung des Klägers ist zurückgewiesen worden. Mit der Revisionverfolgte der Kläger sein Begehren ohne Erfolg weiter.

Aus den Gründen:... Eventuelle vertragliche Erfüllungsansprüche auf Zah-lung einer höheren Rückvergütung, die mit der Stufen-klage im Ergebnis durchgesetzt werden sollen, sind ver-jährt.Die Verjährung richtet sich nach §§ 11, 12 VVG a.F., damit dem Anspruch auf eine weitergehende Rückver-gütung – bestehend aus Rückkaufswert und Überschuss-beteiligung – ein Erfüllungsanspruch aus dem Versiche-rungsvertrag (§ 6 ABL bzw. § 6 ABR, § 176 VVG) ver-folgt wird. (Wird ausgeführt.)Die Verjährungsfrist begann mit Ende des Jahres, in demdie Versicherungsverträge von der Beklagten ggü. den je-weiligen Versicherungsnehmern abgerechnet wurden, imStreitfall somit spätestens mit Ende des Jahres 2000. Kla-ge wurde erst im Dezember 2007 erhoben. Daher ist spä-testens zum 31.12.2005 Verjährung eingetreten.Die fünfjährige Verjährungsfrist nach § 12 Abs. 1 Satz 1VVG a.F. beginnt gem. § 12 Abs. 1 Satz 2 mit demSchluss des Jahres, in welchem die Leistung verlangt wer-den kann. Dies setzt nicht nur die Entstehung des An-spruchs, sondern auch dessen Fälligkeit voraus (vgl. Se-nat, Urt. v. 13.3.2002 – IV ZR 40/01, VersR 2002, 698unter 2 a; ...). Der Versicherungsnehmer muss Klage aufsofortige Leistung erheben können (vgl. Senat, Urt. v.19.1.1994 – IV ZR 117/93, MDR 1994, 893 = VersR1994, 337 unter 2 b m.w.N.). Maßgeblich ist dabei dieje-nige Leistung, die vom Schuldner mit der Verjährungs-einrede verweigert wird (Senat, Urt. v. 14.4.1999 – IVZR 197/98, VersR 1999, 706 unter 2 a; RGZ 111, 102[104]), hier also die Zahlung der Rückvergütung.Die Ansprüche auf eine weitergehende Rückvergütungsind mit der Beendigung des jeweiligen Vertrages durchdie Kündigungen entstanden, nicht erst infolge der Se-natsurteile vom 12.10.2005 ... . Auch für Ansprüche, diesich aus ergänzender Vertragsauslegung ergeben, gilt§ 12 Abs. 1 VVG a.F. (Senat, Urt. v. 10.3.2004 – IV ZR75/03, MDR 2004, 938 = VersR 2004, 893 unter II 3 b;...). Zu einem Stornoabzug war die Beklagte – wegen Un-wirksamkeit der entsprechenden Bestimmung – ebenfallsvon Anfang an nicht berechtigt.Fällig wurden die Ansprüche auf Rückvergütung mit derAbrechnung durch die Beklagte (vgl. BK/Schwintowski,VVG § 176 Rz. 29; Winter in Bruck/Möller, VVG Bd. V/2 8. Aufl. Anm. G 441; Kollhosser in Prölss/Martin,a.a.O., § 4 ALB 86 Rz. 10; LG Köln v. 8.9.1993 – 24 S45/92, VersR 1994, 296), auch soweit sie nach Maßgabeder Senatsurteile vom 12.10.2005 (a.a.O.) im Anschlussdaran nicht erfüllt wurden. Dies folgt aus § 6 Abs. 3ABL und § 6 Abs. 3 ABR, die insoweit eine zulässige Ab-weichung von § 11 Abs. 1 VVG a.F. enthalten (vgl. dazuSenat, Urt. v. 22.3.2000 – IV ZR 233/99, ... MDR 2000,766 = VersR 2000, 753 unter 2 c). Mit der Abrechnungwaren den Versicherungsnehmern die Tatsachen be-kannt, aus denen sich der Anspruch ergibt. Sie hättendeshalb bereits auf Grundlage der erteilten Abrechnungeventuelle weitergehende Ansprüche zumindest im Wegeder Stufenklage verfolgen können. ...Für den Beginn der Verjährungsfrist des § 12 Abs. 1VVG a.F. genügt es jedenfalls, wenn der Gläubiger dieTatsachen kennt, aus denen sich der Anspruch ergibt ...,hier also insbesondere die Beendigung des Vertragesdurch die Kündigung, die Vertragsdaten und die Abrech-nung durch die Beklagte. Auf weitere subjektive Elemen-te, etwa die Kenntnis des Gläubigers vom Bestehen einesAnspruchs, kommt es dagegen nicht an. ... Ihr Beginnsoll gerade nicht davon abhängen, dass der Versiche-rungsnehmer aus seiner Tatsachenkenntnis auch dierechtliche Folgerung zieht, ihm stehe wegen einer unzu-treffenden Abrechnung ein weitergehender Anspruch zu.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1257

Haftungs- und Versicherungsrecht

Page 44: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Eine unrichtige rechtliche Beurteilung oder rechtlicheZweifel beeinflussen den Lauf der Verjährungsfrist dahergrundsätzlich nicht (vgl. BGH, Urt. v. 18.1.1972 – VI ZR204/70, VersR 1972, 394 unter II 2 c; OLG Stuttgart v.20.6.2000 – 12 U 37/00, NJW 2000, 2680 (2681) unterVerweis auf BGH, Urt. v. 6.11.1973 – VI ZR 199/71, DB1974, 427 unter A II m.w.N.).

Den Versicherungsnehmern war die Erhebung einer Kla-ge vor den Senatsurteilen vom 12.10.2005 (a.a.O.) nichtunzumutbar. Die Voraussetzungen, unter denen im Ein-zelfall bei unsicherer und zweifelhafter Rechtslage derVerjährungsbeginn hinausgeschoben werden kann, liegennicht vor (vgl. dazu BGH, Urt. v. 18.12.2008 – III ZR132/08, MDR 2009, 315 = NJW 2009, 984 Tz. 14; ...).Zum einen betrifft diese Rechtsprechung Verjährungs-vorschriften, die für den Fristbeginn – anders als § 12Abs. 1 VVG a.F. – ausdrücklich auf die Kenntnis be-stimmter Umstände abstellen. Zum anderen war dieRechtslage hier nicht in diesem Sinne unsicher und zwei-felhaft. Das ist nicht schon dann der Fall, wenn eineRechtsfrage noch nicht höchstrichterlich geklärt ist....Der Möglichkeit zur Klageerhebung steht auch nichtetwa entgegen, dass die Berechnung der Rückvergütungund damit das Bestehen weitergehender Ansprüche vorErlass der Senatsurteile vom 12.10.2005 (a.a.O.) um-stritten und die Erfolgsaussichten einer darauf gerichte-ten Klage ungewiss waren (vgl. Möller in Bruck/Möller,VVG Bd. I 8. Aufl., § 12 Anm. 12). Im Streitfall konntendie einzelnen Versicherungsnehmer nach Veröffent-lichung der Senatsurteile vom 9.5.2001 (a.a.O.) sogar si-cher von der Unwirksamkeit der Bestimmungen aus-gehen. Auch wenn sie mangels Kenntnis der Berech-nungsgrößen regelmäßig nicht in der Lage waren, einenzu fordernden Mehrbetrag selbst zu berechnen, stand ih-nen die Erhebung einer Stufenklage offen. ... Die Verjäh-rung war auch zu keiner Zeit durch das Bestehen eineretwaigen „anspruchsfeindlichen“ Rechtsprechung ge-hemmt (vgl. dazu etwa Peters/Jacoby in Staudinger, BGB[2009] § 206 Rz. 8). Dabei kann offen bleiben, ob eineentgegenstehende ständige Rechtsprechung überhauptgeeignet sein kann, die Verjährung zu hemmen. Andersals bei vor der Deregulierung im Jahr 1994 abgeschlosse-nen Altverträgen (vgl. dazu BGH v. 23.11.1994 – IV ZR124/93, BGHZ 128, 54; 87, 346; = MDR 1995, 910)waren die Fragen der Abschlusskostenverrechnung, desMindestrückkaufswerts, der Überschussbeteiligung undder Klauseltransparenz von Anfang an in Rechtspre-chung und Literatur umstritten.

Der Beklagten ist es nicht nach Treu und Glauben (§ 242BGB) verwehrt, sich auf die Einrede der Verjährung zuberufen.

Die Intransparenz ihrer Bestimmungen ist der Beklagtenzwar objektiv zuzurechnen. Dies allein begründet abernoch nicht den Vorwurf des missbräuchlichen Verhal-tens, wenn sich die Beklagte nach gerichtlich festgestell-ter Unwirksamkeit ihrer Bestimmungen auf die Einrededer Verjährung beruft (vgl. zum Fall einer Rechtspre-chungsänderung: BGH, Urt. v. 6.2.1964 – VII ZR 99/62,NJW 1964, 1022 unter VI b). Der dargelegte Zweck derVerjährung erfordert es, strenge Maßstäbe anzulegenund den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nurgegenüber einem groben Verstoß gegen Treu und Glau-ben, nicht schon bei einem bloß objektiv pflichtwidrigenVerhalten durchgreifen zu lassen. Einen solchen Verstoßkönnte man etwa dann annehmen, wenn die Beklagteden Kläger oder die Versicherungsnehmer durch ihr Ver-halten von der rechtzeitigen Verjährungshemmung durchRechtsverfolgung abgehalten hätte (vgl. Grothe inMünchKomm/BGB, 5. Aufl. Vorbemerkung zu § 194Rz. 19 m.w.N.). Es stellte jedoch keinen solchen Verstoß

gegen Treu und Glauben dar, wenn – wie vom Kläger be-hauptet – die Beklagte die Versicherungsnehmer, derenVerträge bereits beendet und abgerechnet waren, nichtvon sich aus über die Senatsurteile vom 9.5.2001 undvom 12.10.2005 (jeweils a.a.O.) informiert und die da-nach unwirksamen Bestimmungen nicht durch wirksameersetzt haben sollte. ...

Volltext-Bestellnummer 38028

Darlegungs- und Beweislast bei der Krankentagegeld-versicherung

AVB Krankentagegeldversicherung (MB/KT 1978)§§ 1 (3), 15 lit. b

Bei einer Krankentagegeldversicherung ist es grund-sätzlich der Versicherungsnehmer, der Eintritt undFortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfähigkeit dar-zulegen und zu beweisen hat; die Vorlage ärztlicherArbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach § 4 (7) MB/KT 1978 reicht dafür nicht aus.

Hingegen ist es Aufgabe des Versicherers, darzulegenund zu beweisen, dass seine Leistungspflicht zu demvon ihm behaupteten Zeitpunkt wegen Berufsunfähig-keit der versicherten Person geendet hat.

Zu den Anforderungen an die Prognose, ob die ver-sicherte Person nach medizinischem Befund im bisherausgeübten Beruf auf nicht absehbare Zeit mehr als50 % erwerbsunfähig ist.

BGH, Urt. v. 30.6.2010 – IV ZR 163/09(LG Krefeld – 5 O 512/05; OLG Düsseldorf)

Sachverhalt:Die Parteien streiten um die Leistungspflicht der Klägerin auseiner bei ihr zum Tarif TA 6 genommenen Krankentagegeldver-sicherung. Dem Versicherungsverhältnis liegen Allgemeine Ver-sicherungsbedingungen der Klägerin für die Krankentagegeld-versicherung nach den Tarifen TA in der Fassung 1984 zugrun-de, die in ihrem Teil I den Musterbedingungen 1978 des Verban-des der Privaten Krankenversicherung (im Folgenden MB/KT)entsprechen.

Aus den Gründen:Die Berufsunfähigkeit schließt in einer Krankentagegeld-versicherung, der die MB/KT zugrunde liegen, die Ar-beitsunfähigkeit – als Minus – nicht denknotwendig ein,denn nach den in den Versicherungsvertrag einbezogenenBedingungen sind Berufsunfähigkeit und Arbeitsunfähig-keit in ihren Voraussetzungen nicht deckungsgleich. Be-dingungsgemäße Berufsunfähigkeit ist gegeben, wenn dieversicherte Person nach medizinischem Befund im bisherausgeübten Beruf auf nicht mehr absehbare Zeit mehr als50 % erwerbsunfähig ist. Bedingungsgemäße Arbeits-unfähigkeit setzt dagegen voraus, dass die berufliche Tä-tigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend inkeiner Weise ausgeübt werden kann, ferner dass sie nichtausgeübt wird und der Versicherte auch keiner Erwerbs-tätigkeit nachgeht. Die zwei letztgenannten Vorausset-zungen fehlen bei bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit.Demnach kann in der Abgrenzung von Berufs- und Ar-beitsunfähigkeit im Sinne der MB/KT nicht allein auf dasVergleichspaar „vorübergehend – auf nicht mehr abseh-bare Zeit“ abgestellt werden (Senat, Urt. v. 12.12.1990 –IV ZR 163/89, VersR 1991, 451 [452]).Es kommt nach alledem, wie das Berufungsgericht an an-derer Stelle zutreffend erkannt hat, auf die in den MB/KT enthaltenen Regelungen an, die die Voraussetzungen

1258 Rechtsprechung MDR 21/2010

Haftungs- und Versicherungsrecht

Page 45: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

einer bedingungsgemäßen Arbeitsunfähigkeit einerseitsund einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit ande-rerseits für das Rechtsverhältnis der Parteien verbindlichfestlegen.Bei einer Krankentagegeldversicherung mit Bedingungen,wie sie die MB/KT enthalten, gewährt der Versicherer imVersicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeitein Krankentagegeld im vertraglich vereinbarten Umfang(§ 1 (1) MB/KT). Der Versicherungsfall ist gem. § 1 (2)MB/KT die medizinisch notwendige Heilbehandlung ei-ner versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfol-gen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich fest-gestellt wird. Maßgebliches Kriterium für das Vorliegeneines Versicherungsfalles ist danach die zur medizi-nischen Heilbehandlung hinzutretende und in deren Ver-lauf ärztlich festgestellte Arbeitsunfähigkeit, deren Vo-raussetzungen in § 1 (3) MB/KT näher bestimmt werden.Dabei ist es grundsätzlich der Versicherungsnehmer, derEintritt und Fortdauer bedingungsgemäßer Arbeitsunfä-higkeit darzulegen und zu beweisen hat, also Eintritt undFortbestand der Voraussetzungen des § 1 (3) MB/KT, so-weit er vom Versicherer mit dieser Begründung Versiche-rungsleistungen begehrt (vgl. Senat, Urt. v. 3.5.2000 – IVZR 110/99, ... MDR 2000, 1011 = VersR 2000, 841 un-ter II 1). Mit Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähig-keitsbescheinigung nach § 4 (7) MB/KT allein hat er al-lerdings noch nicht bewiesen, dass er bedingungsgemäßarbeitsunfähig war; es genügt also nicht, dass er – in Er-füllung seiner Anzeigepflicht aus § 9 (1) i.V.m. § 4 (7)MB/KT – dem Versicherer Bescheinigungen des ihn be-handelnden Arztes vorlegt, in denen das (Fort-)Bestehenvon Arbeitsunfähigkeit attestiert worden ist. Zwar setztder Eintritt des Versicherungsfalles u.a. voraus, dass Ar-beitsunfähigkeit während der Heilbehandlung „ärztlichfestgestellt“ wird; eine Beweisregel, nach der es dem Ver-sicherer verwehrt sein könnte, (später) die inhaltlicheRichtigkeit dieses Nachweises zu bestreiten, ergibt sichdaraus aber nicht. Vielmehr eröffnet dem Versicherererst der vom Versicherungsnehmer vorzulegende Nach-weis die Möglichkeit der Prüfung, ob der Versicherungs-fall eingetreten ist, ohne dass er an diesen gebunden oderauch nur gehalten wäre, eine Nachuntersuchung gem.§ 9 (3) MB/KT zu verlangen (vgl. Senatsurteil vom3.5.2000, a.a.O., unter II 2 a).Das bedeutet hier: Es ist Aufgabe des Beklagten, soweiter mit seiner Widerklage Versicherungsleistungen für be-stimmte Zeiträume verlangt, über die Vorlage von Ar-beitsunfähigkeitsbescheinigungen hinaus den Nachweiszu erbringen, dass er für die geltend gemachten Zeiträu-me arbeitsunfähig i.S.d. § 1 (3) MB/KT war. Das giltauch, soweit er Zahlungen verlangt, die der Höhe nachüber die von der Klägerin in dem betreffenden Zeitraumerbrachten Versicherungsleistungen hinausgehen. Nursoweit die Klägerin bereits geleistete Zahlungen zurück-fordert, ist es ihre Sache, darzulegen und zu beweisen,dass sie diese ohne Rechtsgrund erbracht hat. Das kannsie dadurch erreichen, dass sie den vom Beklagten be-haupteten Rechtsgrund einer bedingungsgemäßen Ar-beitsunfähigkeit widerlegt.Die Feststellungen des Berufungsgerichts zu den Voraus-setzungen und der Dauer der vom Beklagten behauptetenArbeitsunfähigkeit sind verfahrensfehlerhaft getroffen.(Wird ausgeführt.)Auch die Voraussetzungen einer von der Klägerin be-haupteten Berufsunfähigkeit des Beklagten hat das Beru-fungsgericht rechtsfehlerhaft verneint. Der Vortrag derKlägerin, ihre Leistungspflicht habe gem. § 15 lit. b MB/KT (spätestens) zu den angegebenen Zeitpunkten geen-det, kann zum einen Grundlage für einen Anspruch aufRückgewähr erbrachter Leistungen sein (vgl. Senat, Urt.

v. 26.2.1992 – IV ZR 339/90, ... MDR 1992, 1038 =VersR 1992, 479 unter II 4 c). Zum anderen kann dieKlägerin damit ihrer Darlegungs- und Beweislast für denAntrag auf Feststellung genügen, es habe ab dem1.8.2007, hilfsweise ab dem 18.4.2008, weiter hilfsweiseab dem 1.6.2008 wegen Berufsunfähigkeit ein Anspruchdes Beklagten auf Versicherungsleistungen nicht mehrbestanden.Nach § 15 lit. b Satz 2 MB/KT liegt Berufsunfähigkeitvor, wenn die versicherte Person nach medizinischem Be-fund im bisher ausgeübten Beruf auf nicht absehbareZeit mehr als 50 % erwerbsunfähig ist. Es geht nach die-ser Begriffsbestimmung um einen Zustand (Erwerbsunfä-higkeit), dessen Fortbestand aus sachkundiger Sicht fürnicht absehbare Zeit prognostiziert wird, der jedoch ty-pischerweise nicht auch als endgültig oder unveränder-lich beurteilt werden kann. Denn es lässt sich eine ins Ge-wicht fallende Besserung zu irgendeinem späteren Zeit-punkt nicht selten weder zuverlässig voraussagen nochausschließen (Senatsurteil vom 26.2.1992, a.a.O., unterII 4 b). Die erforderliche Prognose kann nur auf den je-weiligen Einzelfall bezogen gestellt werden; sie ist abhän-gig von individuellen Umständen, wie etwa dem Alterdes Versicherten, der Art und Schwere seiner Erkrankungund den Anforderungen der von ihm zuletzt ausgeübtenTätigkeit. Ein bestimmter Zeitraum, für den die Prog-nose zu stellen ist, im Sinne einer festen zeitlichen Grenze– etwa von drei Jahren (so OLG Hamm v. 11.12.1996 –20 U 134/96, VersR 1997, 1087; OLG Köln v. 16.6.1994– 5 U 196/93, VersR 1995, 284; OLG Koblenz r+s 1993,473) – für die Beurteilung einer Erwerbsunfähigkeit „aufnicht absehbare Zeit“ lässt sich dem klaren und eindeuti-gen Wortlaut der Versicherungsbedingungen nicht ent-nehmen; sie ist daher der Prognose auch nicht zugrundezu legen (zutreffend Wilmes in Bach/Moser, PrivateKrankenversicherung 4. Aufl., § 15 MB/KT Rz. 27 f.;Prölss in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl., § 15 MB/KT 94Rz. 25; Ahlburg in Handbuch des Fachanwalts, Versiche-rungsrecht 3. Aufl. S. 1188 Rz. 225).Die Prognose ist – gegebenenfalls rückschauend – für denZeitpunkt zu stellen, für den der Versicherer das Endeseiner Leistungspflicht behauptet; für die sachverständigeBeurteilung bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit sinddie „medizinischen Befunde“ – d.h. alle ärztlichen Be-richte und sonstigen Untersuchungsergebnisse – heran-zuziehen und auszuwerten, die der darlegungs- und be-weisbelastete Versicherer für die maßgeblichen Zeit-punkte vorlegen kann. Dabei ist es gleich, wann und zuwelchem Zweck die medizinischen Befunde erhobenwurden; auch müssen sie keine – ausdrückliche oder we-nigstens stillschweigende – ärztliche Feststellung der Be-rufsunfähigkeit enthalten (zutreffend Schubach in Mün-chener Anwaltshandbuch, Versicherungsrecht 2. Aufl.,§ 23 Rz. 362). ...

Volltext-Bestellnummer 37981

Haftung des Gutachters einer Unfallversicherung

BGB §§ 242, 328

Der Versicherungsnehmer einer Unfallversicherungkann dem vom Versicherer beauftragten Gutachternicht mit der Begründung auf Schadensersatz in An-spruch nehmen, das Gutachten sei falsch, bei richtigerBeurteilung hätte der Versicherer den entstandenenSchaden erstatten.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1259

Haftungs- und Versicherungsrecht

Page 46: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

OLG Schleswig, Beschl. v. 9.8.2010 – 4 U 105/09(LG Kiel – 8 O 56/08)

Aus den Gründen:... Das LG hat die Grundsätze des Vertrages mit Schutz-wirkung für Dritte zutreffend angewandt und eine Haf-tung des Beklagten unabhängig von der Richtigkeit desvon diesem erstatteten Gutachtens verneint. Der Ver-sicherungsnehmer einer Unfallversicherung fällt nicht inden Schutzbereich des Vertragsverhältnisses zwischendem Versicherer und dem von diesem beauftragten Gut-achter. Die Rechtsgrundlage der Schutzwirkung zuguns-ten Dritter ist eine ergänzende Vertragsauslegung. Dassbei einem Vertrag der eine Vertragspartner gegenüber ei-nem Dritten haften soll, begründete das Reichsgerichtdamit, dass der andere Vertragspartner den Schutz fürden Dritten stillschweigend bzw. in ergänzender Ver-tragsauslegung mit ausgehandelt habe (RG v. 7.6.1915,RGZ 87, 64-68). Damit die Haftung des Schuldnersnicht unkalkulierbar ausgedehnt wird, sind aber an dieEinbeziehung von Dritten in den vertraglichen Schutzstrenge Anforderungen zu stellen; der Schuldner musssein Risiko gegebenenfalls versichern können (BGH, Urt.v. 20.4.2004 – X ZR 250/02, MDR 2004, 1345 = NJW2004, 3035; Palandt/Grüneberg, BGB, 69. Aufl., § 328Rz. 14, 16 m.w.N.). Nach den vom BGH aufgestelltenGrundsätzen (BGH, Urt. v. 17.9.2002 – X ZR 237/01,Versicherungsrecht 2002, 1407 = BGHReport 2003, 66 =NJW 2002, 3625 = MDR 2003, 377) scheidet die An-nahme eines Vertrags mit Schutzwirkung für Dritte beiEinholung eines Versicherungsgutachtens im Rahmen ei-ner allein auf eine Geldleistung gerichteten Versicherungaus. Der BGH hat, a.a.O., ausgeführt:„ ... Eine generelle Pflicht zur Wahrnehmung der Interessen desVersicherten bei der Einholung von Gutachten zur Vorbereitungder eigenen Regulierungsentscheidung, die schon als solche zurEinbeziehung des Versicherten in den Schutzbereich des Vertra-ges führen könnte, besteht nicht. Wie der Senat bereits entschie-den hat, kann eine solche Pflicht allerdings dann bestehen, wenndem Auftraggeber des Gutachtens ggü. dem davon betroffenenDritten eine Personensorge oder Fürsorgepflicht obliegt (BGH,Urt. v. 26.6.2001 – X ZR 231/99, MDR 2001, 1164 = NJW2001, 3115), während die allgemeinen Sorgfaltspflichten, dieVertragsparteien oder staatliche Stellen im Rahmen ihrer Ent-scheidungen treffen, in diesem Zusammenhang nicht genügen.Eine in diesem Sinne gesteigerte Pflicht erscheint auch im Rah-men von Versicherungsverhältnissen etwa dann denkbar, wenndiese – wie möglicherweise bei einer Krankenversicherung – we-sentliche Lebensgrundlagen des Versicherten berühren, dessenLeben und Gesundheit von der Eintrittsbereitschaft des Ver-sicherers für eine Behandlung abhängen können. Auf Versiche-rungen, die wie im Falle der Klägerin lediglich eine Geldzahlungbetreffen, lassen sich diese Erwägungen nicht übertragen. Hierkommt ein Schutz des Dritten allenfalls dann in Betracht, wenndie Stellungnahme des Gutachters auch aus dessen Sicht alsGrundlage für Dispositionen auch des Dritten mit insbesonderevermögensrechtlichen Folgen dient und der Dritte im Vertrauenauf das Gutachten solche Dispositionen getroffen hat. Für einendarüber hinausgehenden Schutz des Dritten ist ein Bedarf nichtzu erkennen. Damit scheidet insoweit die Annahme eines Ver-trags mit Schutzwirkung für Dritte schon deshalb aus, weil die-ses von der Rechtsprechung entwickelte Institut allein dazudient, einen anderweitig nicht oder jedenfalls nicht angemessenGewähr leistenden Schutz des Dritten zu eröffnen.“

In der veröffentlichten Rechtsprechung sind – soweit er-kennbar – infolgedessen auch keine Fälle behandelt, indenen ein zur Regulierungsentscheidung im Rahmen ei-ner Unfallversicherung erstattetes Gutachten zur Haf-tung des Gutachters geführt hätte. Nach der Rechtspre-chung des BGH darf der Kreis der von den Schutzpflich-ten eines Gutachtenauftrags erfassten Personen nichtuferlos ausgeweitet werden (BGH, Urt. v. 20.4.2004 – X

ZR 250/02, MDR 2004, 1345 = NJW 2004, 3035m.w.N.). Der Senat sieht keine Veranlassung, von derRechtsprechung des BGH abzuweichen. Schon dieSchutzwürdigkeit des unfallversicherten Dritten, hier desKlägers, verlangt keine Einbeziehung in den Schutz-bereich des Gutachtenvertrages. Der Versicherungsneh-mer kann jederzeit ein eigenes Gutachten zur Begrün-dung seiner Versicherungsansprüche in Auftrag geben;dies insbesondere dann, wenn er – wie hier – von einemRegulierungsgutachten Kenntnis erlangt, das zu seinenUngunsten ausgefallen ist. Die Einbeziehung des Ver-sicherungsnehmers in den Schutzbereich des Vertragesüber ein Regulierungsgutachten würde andererseits zu ei-nem für den Sachverständigen nicht kalkulierbaren Haf-tungsrisiko führen, das in keinem Verhältnis stünde zudem Gutachtenhonorar. Zwar hat er in der Regel Kennt-nis vom Zweck des Gutachtens und von der faktischenBedeutung des Gutachtens für den Versicherungsnehmer.Daraus folgt aber nicht bereits, dass der Sachverständigebereit gewesen wäre, das eigentlich bei seinem Auftrag-geber liegende Leistungsrisiko zu übernehmen. Dies wür-de eine andere Vertragsgestaltung und Honorierung vo-raussetzen. Ausgangspunkt der Rechtsprechung desBGH zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte sindFallgestaltungen, in denen einem Vertragspartner gegen-über Dritten eine gesteigerte Fürsorgepflicht obliegt, ihmgleichsam deren „Wohl und Wehe“ anvertraut ist (BGHv. 20.4.2004, a.a.O.). Die ergänzende Vertragsauslegungmüsste zu dem Ergebnis führen, dass die Parteien desGutachtervertrages den Willen hatten, zugunsten desVersicherungsnehmers eine Schutzpflicht zu begründen.Dies kann im Rahmen der Unfallversicherung nicht an-genommen werden, zumal die wirtschaftlichen Interessendes Versicherers und des Versicherungsnehmers gegen-läufig sind.Etwas anderes folgt auch nicht aus der vom Kläger zitier-ten Rechtsprechung. Die Fälle der Gutachterhaftung auf-grund eines Vertrages mit Schutzwirkung für Dritte be-treffen Gutachten, bei denen der Sachverständige nachdem Inhalt des Auftrags damit rechnen musste, sein Gut-achten werde gegenüber Dritten verwendet und von die-sen zur Grundlage einer Entscheidung über Vermögens-dispositionen gemacht (BGH v. 20.4.2004, a.a.O.). Diesgilt insbesondere für Wertgutachten und Ankaufgutach-ten. Sie sind maßgeblich für Vermögensdispositionen so-wohl des Auftraggebers als auch des potentiellen Ver-tragspartners des Dritten. Ein Gutachten, das Dritten alsGrundlage für Vermögensdispositionen insbesondere imVerhältnis zu dem Auftraggeber des Gutachtens vor-gelegt wird und dienen soll, erfasst grundsätzlich auchden Schutz dieser Dritten (BGH v. 20.4.2004, a.a.O.).Geschützt wird das Vertrauen des Dritten in die Richtig-keit des Gutachtens. Ein solches Vertrauen ist beim Klä-ger niemals vorhanden gewesen. Er verlangt nicht Ersatzdes sog. negativen Interesses, sondern macht ggü. demBeklagten, der nicht sein Vertragspartner ist, das Erfül-lungsinteresse geltend. Dies ist nicht vom Regelungs-zweck des Vertrages mit Schutzwirkung zugunsten Drit-ter gedeckt. ...

Volltext-Bestellnummer 38242

Verkehrssicherungspflicht für Parkplätze

BGB §§ 823, 839

Der Träger der Straßenbaulast ist in Erfüllung der ge-botenen Verkehrssicherungspflicht gehalten, im Be-reich von Parkplätzen hohe Pappeln zu entfernen, da

1260 Rechtsprechung MDR 21/2010

Haftungs- und Versicherungsrecht

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diese auch in gesundem Zustand dazu neigen, Äste ab-zuwerfen.

OLG Saarbrücken, Urt. v. 29.6.2010 – 4 U 482/09-140(LG Saarbrücken – 4 O 385/08)

Aus den Gründen:... Gemäß § 9 Abs. 3a SaarlStrG sind dem Träger derStraßenbaulast die sich aus der Überwachung der Ver-kehrssicherheit der öffentlichen Straßen ergebenden Auf-gaben als Amtspflicht in Ausübung hoheitlicher Tätigkeitübertragen. Demnach obliegt es dem Träger der Straßen-baulast in Erfüllung dieser Amtspflicht, die Straße in ei-nem hinreichend sicheren Zustand zu erhalten und in ge-eigneter und objektiv zumutbarer Weise diejenigen Vor-kehrungen zu treffen, die zur Herbeiführung und Erhal-tung eines für die Benutzer hinreichend sicheren Zustan-des erforderlich sind. ...Die Straßenverkehrssicherungspflicht erstreckt sich auchauf den Schutz vor solchen Gefahren, die den Benutzernder Straße durch Straßenbäume drohen. Eine schuldhafteVerletzung der Verkehrssicherungspflicht liegt dann vor,wenn Anzeichen verkannt oder übersehen werden, dienach der Erfahrung auf eine weitere Gefahr durch denBaum hinweisen (BGH, Urt. v. 4.3.2004 – III ZR 225/03,MDR 2004, 806 = NJW 2004, 1381). Zu diesen Gefah-ren gehörte es auch, dass – dies ist in tatsächlicher Hin-sicht im vorliegenden Rechtsstreit unstreitig – Pappelndazu neigen, selbst bei äußerem gesunden Zustand Ästeabzuwerfen. Pappeln stellen jedenfalls auf Parkplätzeneine Gefährdung des Verkehrs dar, da ein unter einerPappel abgestelltes Fahrzeug den Gefahren eines Astab-wurfs in größerem Ausmaß ausgesetzt ist als ein die Stra-ße entlang fahrendes Fahrzeug. Es ist ein Gebot der Ver-kehrssicherung, hohe Pappeln, die dazu neigen, Äste ab-zuwerfen, im Bereich von Parkplätzen zu entfernen. ...

Volltext-Bestellnummer 38125

Anspruch wegen Veröffentlichung eines Lichtbildes

KUG § 22

Ein Unterlassungsanspruch wegen unerlaubter Ver-öffentlichung eines Lichtbildes einer Person setzt vo-raus, dass diese für Dritte erkennbar ist; auch wenndaran nur geringe Anforderungen zu stellen sind, ge-nügt die Wiedergabe eines verschatteten Bildes, daskeine typischen Erkennungsmerkmale aufweist,nicht.

OLG Zweibrücken, Beschl. v. 7.6.2010 – 4 W 53/10(LG Frankenthal – 6 O 164/10)

Aus den Gründen:Dem Antragsteller steht der geltend gemachte Unterlas-sungsanspruch gem. §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 Satz 2BGB analog i.V.m. § 22 KUG, Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1GG nicht zu. Das von der Antragsgegnerin ... zur Bebil-derung des nebenstehenden Artikels ... veröffentlichteFoto verletzt den Antragsteller wegen der fehlenden Er-kennbarkeit gerade seiner Person nicht in seinem Rechtam eigenen Bild i.S.v. § 22 KUG. Der in dieser Bestim-mung verwendete Begriff des Bildnisses setzt nach gefes-tigter Rechtsprechung die Erkennbarkeit der abgebilde-ten Person voraus. Ein Bildnis in diesem Sinne ist dieDarstellung einer Person, die deren äußere Erscheinungin einer für Dritte erkennbaren Weise wiedergibt (BGHZ

26, 349 [351] – Herrenreiter; BGH NJW 1961, 558 – Fa-milie Schölermann; NJW 1965, 2148 f. – SpielgefährtenI; NJW 1974, 1947 f. – Nacktaufnahme; NJW 1979,2005 – Fußballtor; NJW 2000, 754 [756] – blauer En-gel). Hierzu genügt es, wenn der Abgebildete, mag auchsein Gesicht kaum oder (etwa durch Retuschen) gar nichterkennbar sein, durch Merkmale, die sich aus dem Bildselbst ergeben und die gerade ihm eigen sind, erkennbarist, oder wenn seine Person durch den beigegebenen Textoder durch den Zusammenhang mit früheren Veröffent-lichungen erkannt werden kann. Entscheidend für denBildschutz ist der Zweck des § 22 KUG, nämlich die Per-sönlichkeit davor zu schützen, gegen ihren Willen in Ge-stalt der Abbildung der Öffentlichkeit vorgestellt und sofür andere verfügbar gemacht zu werden. Der besonde-ren Gefährdung persönlichkeitsrechtlicher Interessen, diemit der Verbreitung oder öffentlichen Schaustellung vonPersonenbildern verbunden ist, trägt die Rechtsprechungim Rahmen des § 22 KUG dadurch Rechnung, dass siezugunsten des Anonymitätsinteresses des Betroffenensehr geringe Anforderungen an die Erkennbarkeit stellt.§ 22 KUG bezweckt jedoch nicht den Schutz von assozia-tiven Bildern, welche möglicherweise vor dem innerenAuge des Betrachters entstehen und eine bloße Verbin-dung zu einer bestimmten Person im Sinne eines geistigenErinnerungsbildes herstellen. Ein Bild, das lediglich eineAssoziation der Abbildung einer Person beim Betrachterhervorruft, aber keine Merkmale dieser Person wieder-gibt, ist kein Bildnis i.S.v. § 22 KUG. Dies bedeutet, dasssich die Erkennbarkeit zunächst einmal aus den per-sonenbezogenen Bildelementen ergeben muss. Soweit dieabgebildete Person in ihrem äußeren Erscheinungsbildverändert wurde, muss sich die Erkennbarkeit aus dennicht unkenntlich gemachten oder unveränderbaren Bild-elementen ergeben (z.B. Gesichtszüge, Körpersilhouette,Statur, Haltung oder Haarschnitt). Die erkennbaren Bild-elemente müssen sich zu einem Persönlichkeitsabdruckeiner abgebildeten Person verdichten (vgl. OLG Karls-ruhe v. 28.7.2004 – 6 U 39/04, NJW-RR 2004, 1633).Nach diesem Maßstab ist der Antragsteller nicht durchMerkmale, die sich aus dem inkriminierten Bild selbst er-geben und die gerade ihm eigen sind, erkennbar. Der An-tragsteller trägt in seiner Antragsschrift ... kein einzigesidentifizierendes Merkmal vor, welches die Annahme sei-ner Erkennbarkeit auf dem Lichtbild rechtfertigen wür-de. Er stützt sich allein darauf, dass ihn bestimmte Per-sonen aus dem Bekanntenkreis erkannt hätten; dies ge-nügt nicht. Auch den vorgelegten eidesstattlichen Ver-sicherungen kann nicht entnommen werden, anhandwelcher spezifischer individueller Merkmale der Antrag-steller als die im linken Bildvordergrund befindliche Per-son erkannt wurde. In den eidesstattlichen Versicherun-gen wird lediglich erklärt, dass der Antragsteller wieder-erkannt worden sei; weitere Angaben dazu erfolgennicht. Dies wäre aber notwendig gewesen, da die drei imBildvordergrund frontal zu sehenden Personen in ver-schatteter Form abgelichtet sind. Erstmals in der ergän-zenden Beschwerdebegründung ... wird behauptet, dassder Antragsteller wegen seines bekannten Haarschnittesund seiner Brille im Bekanntenkreis unschwer erkennbargewesen sei. Das ist für den Senat nicht nachvollziehbar.Denn auf dem vorgelegten Zeitungsausschnitt ist nur er-kennbar, dass die im Bildvordergrund links abgelichtetePerson Haare hat und eventuell auch eine Brille trägt.Aufgrund der Schattierung der Person ist es unmöglichdem Bild einen weitergehenden Informationsgehalt zuder Haartracht oder der Form der Brille zu entnehmen.Deshalb können diese Merkmale von dem Antragsteller(wegen der fehlenden Aussagekraft) nicht als ihm eigenetypische Erkennungsmerkmale herangezogen werden(vgl. KG Beschl. v. 5.9.2006 – 9 W 127/06, juris). Aus

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1261

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dem Beschwerdevorbringen ergibt sich auch nicht, dassder Antragsteller aufgrund der Umrisse der abgebildetenPerson erkannt wurde. Im Übrigen unterscheidet sich diehier interessierende Abbildung von einem sog. Schatten-riss, in dem besondere Merkmale einer Person geradedurch die Art der Abbildung hervorgehoben werden (vgl.LG Berlin v. 28.1.1999 – 27 O 605/98, NJW-RR 2000,555 f.). Entgegen der Auffassung des Antragstellers er-gibt sich seine Erkennbarkeit auch nicht aus der zumFoto gehörenden Textveröffentlichung. In dem Text desArtikels wird der Antragsteller weder erwähnt noch einsonstiger Bezug zu ihm hergestellt. Der Autor des Arti-kels befasst sich kritisch mit einer Kundgebung von ehe-maligen Absolventen der Schule des K... E.... Der Um-stand, dass der Antragsteller anhand des im Text und inder Bildunterschrift benannten Veranstaltungsortes undder zeitlichen Zuordnung identifizierbar sein mag, ist fürsich allein nicht geeignet, einen Verletzungstatbestandi.S.v. § 22 KUG zu begründen (vgl. OLG Köln v.17.5.2005 – 15 U 211/04, NJW 2005, 2554). ...

(Einsender: 4. Zivilsenat des OLG Zweibrücken)Volltext-Bestellnummer 37939

Gebäudeversicherer-Ausgleichsanspruch des geschä-digten Eigentümers gg. Mieter-Haftpflichtversicherer

VVG §§ 59 Abs. 2, 61 a.F., 67 Abs. 1 S. 1 a.F.

Zur Haftungsverteilung mit Ausgleichsansprüchenzwischen Gebäude- und Feuerversicherung des Ver-mieters und Haftpflichtversicherung des Mieters in ei-nem von einem Au-pair-Mädchen grob fahrlässig ver-ursachten Brandfall.

OLG Koblenz, Urt. v. 30.4.2010 – 10 U 827/09(LG Koblenz)

Sachverhalt:Die Klägerin macht gegen die Beklagte einen Ausgleichs-anspruch unter Versicherungsgesellschaften in entsprechenderAnwendung von § 59 Abs. 2 VVG geltend. Sie ist Gebäudever-sicherer bezüglich des Hauses L. Versichert ist u.a. die Feuerge-fahr. Die im ersten Obergeschoss gelegene Wohnung hatte derVersicherungsnehmer der Klägerin an die Eheleute K. vermietet.Die Beklagte ist deren Haftpflichtversicherer. Die Wohnung wur-de neben den Eheleuten bewohnt von ihrem Sohn und einemAu-pair-Mädchen A. Es kam in der Wohnung ausgehend vonder Küche zu einem Brand. Ursache hierfür war ein auf demHerd stehender Topf mit heißem Fett, da Frau A. vor Verlassender Wohnung vergessen hatte, die Herdplatte auszuschalten. DieKlägerin erbrachte Leistungen aus der Gebäudeversicherungund begehrte hälftigen Ersatz. Die Beklagte trug vor, ein Aus-gleichsanspruch bestehe nicht, da der Brand durch Frau A. grob-fahrlässig verursacht worden sei. Ihr Verhalten sei den EheleutenK. versicherungsrechtlich nicht zurechenbar, da sie nicht derenRepräsentantin gewesen sei. Bei einer Zurechnung des Verhal-tens von Frau A. gem. § 278 BGB im Rahmen des Mietverhält-nisses scheide ein Regressverzicht der Klägerin aus, da Frau A.den Brand grob fahrlässig verursacht habe. Ebenso bestehe des-wegen kein Anspruch, da für den vorliegenden Fall kein De-ckungsschutz für ihren Versicherungsnehmer bestehe. Der An-spruch falle nämlich unter das Feuer-Regressverzichtsabkom-men. Für solche Ansprüche sei in den dem Vertrag zugrunde lie-genden BBR ein Ausschluss vereinbart worden. Das LG gab derKlage statt. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen:Das LG hat der Klage zu Recht stattgegeben. Die Kläge-rin hat gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch in

entsprechender Anwendung des § 59 Abs. 2 VVG a.F.wegen von ihr erbrachter Versicherungsleistungen. DieVoraussetzungen, unter welchen der BGH (vgl. BGH,Urt. v. 13.9.2006 – IV ZR 273/05, MDR 2007, 211) ei-nen Ausgleichsanspruch des Gebäudeversicherers des ge-schädigten Eigentümers gegen den Haftpflichtversichererdes für den Schaden verantwortlichen Mieters bejahthat, liegen vor. Der Klägerin ist auch im vorliegendenFall, der ggü. den bisher höchstrichterlich entschiedenenSachverhalten gewisse Abweichungen aufweist, wegendes im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung demGebäudeversicherungsvertrag zu entnehmenden Regress-verzichts daran gehindert, bei dem grundsätzlich nachmietrechtlichen Regelungen dem Gebäudeeigentümerund Vermieter für den Schaden haftenden Mieter Regresszu nehmen. Damit ist ihr auch der Zugriff auf den De-ckungsanspruch aus der Haftpflichtversicherung über§ 67 Abs. 1 S. 1 VVG a.F. verwehrt. Die von der Beklag-ten gegen den Ausgleich vorgebrachten Einwendungen,sind nicht geeignet, den Anspruch der Klägerin zu Fall zubringen. Zunächst einmal ist zwar durchaus zutreffend,dass der Regressverzicht grundsätzlich voraussetzt, dassder Mieter den Schaden nur leicht fahrlässig verursachthat. Unstreitig wurde der Brand jedoch durch ein Verhal-ten – Verlassen des Hauses, obwohl ein Topf mit heißemFett auf der angeschalteten Herdplatte stand – des Au-Pair-Mädchens Frau A. ausgelöst, das üblicherweise alsgrob fahrlässig angesehen wird. Auch im vorliegendenFall sind keine Umstände ersichtlich, die eine Bewertungdieses Verhaltens als lediglich leicht fahrlässig angezeigterscheinen lassen.

Gleichwohl ist auch in diesem Fall der Klägerin der Re-gress ggü. den Mietern, den Versicherungsnehmern derBeklagten, verwehrt, so dass die Beklagte auch insoweitvon ihrer Einstandspflicht für die Haftung ihrer Versiche-rungsnehmer befreit ist. Nach dem Urteil des BGH v.13.9.2006 – IV ZR 378/09 – muss sich der Mieter imVerhältnis zum Gebäudeversicherer das Fehlverhalten ei-nes Dritten nicht gem. § 278 BGB zurechnen lassen. DieHerleitung des Regressverzichts aus dem Gebäudever-sicherungsvertrag führt danach nicht nur zu einer ent-sprechenden Anwendung des § 61 VVG, sondern auchzur Anwendung der versicherungsvertraglichen Zurech-nungsgrundsätze, weil der Mieter so gestellt wird, wiewenn er (bei dem Gebäudeversicherer) versichert wäre.Demgemäß hat der Mieter für das Verhalten Dritternicht nach § 278 BGB einzustehen, sondern nur dann,wenn sie seine Repräsentanten sind (BGH, a.a.O.). Da-von kann bei der als Au-Pair-Mädchen im Haushalt derFamilie K. beschäftigten Frau A. nicht die Rede sein. DieBeklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass nachden Ausführungen der genannten Entscheidung des BGHeine Haftung ihrer Mieter nicht gegeben sei, weil ihnendas grob fahrlässig Verhalten der Frau A. nicht zugerech-net werden könne. Die grundsätzliche Haftung des Mie-ters ggü. dem Eigentümer, ohne die es weder einen Re-gress des Gebäudeversicherers noch logischerweise einenRegressverzicht geben könnte, richtet sich nicht nach ver-sicherungsrechtlichen Regelungen, da in diesem Verhält-nis ein nach dem Mietrecht des BGB zu beurteilenderMietvertrag besteht und nicht ein Versicherungsvertrag.Im Verhältnis zum Vermieter müssen sich die Eheleute K.das Verhalten ihrer Angestellten in vollem Umfang gem.§ 278 BGB zurechnen lassen, ohne dass es darauf an-kommt, ob diese leicht oder grob fahrlässig gehandelthat. Für diese Haftung der Eheleute K. ggü. dem Vermie-ter ist die Beklagte aufgrund des zwischen ihr und denEheleuten K. bestehenden Haftpflichtversicherungsver-trages einstandspflichtig. ...

1262 Rechtsprechung MDR 21/2010

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Aus den vorstehenden Gründen ergibt sich, dass derHaftpflichtversicherer dann, wenn sein Versicherungs-nehmer ggü. dem Geschädigten nach den Bestimmungendes bürgerlichen Rechts für grobe Fahrlässigkeit einesDritten einzustehen hat, durch die Zahlung des Gebäu-deversicherers in gleicher Weise von seiner Leistungs-pflicht befreit wird, wie in den Fällen, in denen der Ver-sicherungsnehmer für eigene leichte Fahrlässigkeit haftet.Auch hier gilt, dass der dem Gebäudeversicherer auf-erlegte Regressverzicht nicht dem Haftpflichtversichererzugute kommen soll. Der vom BGH im Wege der Rechts-fortbildung geschaffene Ausgleichsanspruch ist das Äqui-valent dafür, dass dem Gebäudeversicherer trotz beste-hender Haftpflichtversicherung im Interesse beider Miet-vertragsparteien der Regressverzicht zugemutet wird(BGH, Urt. v. 27.1.2010 – IV ZR 5/09). Auch dann,wenn der Schaden durch einen Erfüllungsgehilfen desMieters grob fahrlässig herbeigeführt wurde, wird demGebäudeversicherer ein Regressverzicht zugemutet, da esihm verwehrt ist, sich ggü. dem Mieter auf die Schadens-verursachung durch den Erfüllungsgehilfen zu berufen(BGH v. 13.9.2006, a.a.O.). Die Interessenlage der betei-ligten Versicherer entspricht derjenigen, die durch denRegressverzicht des Gebäudeversicherers ggü. dem leichtfahrlässig handelnden Mieter entsteht. Auch hier wirdder Haftpflichtversicherer durch eine Gestaltung derRechtsverhältnisse, die ihn nicht begünstigen soll, vonseiner grundsätzlichen Leistungspflicht befreit. Somitentspricht es auch in diesen Fällen der Billigkeit, dasszwischen dem Haftpflichtversicherer und dem Gebäude-versicherer ein Ausgleich nach den Grundsätzen des § 59Abs. 2 S. 2 VVG stattfindet. ...

Volltext-Bestellnummer 37951

Haftung des Trägers der Straßenbaulast für Verläss-lichkeit eines Verkehrsspiegels

BGB §§ 839, 66 Abs. 34

Der Träger der Straßenbaulast ist im Rahmen der ihmobliegenden Verkehrssicherungspflicht gehalten, denöffentlichen Verkehr auch vor solchen Gefahren zu be-wahren, die dem Verkehr aus einem Verkehrsspiegeldrohen. Hierbei erfasst die Verkehrssicherung nichtnur die aus der Substanz des Spiegels drohenden Ge-fahren, sondern auch dessen Funktionalität.

OLG Saarbrücken, Urt. v. 4.5.2010 – 4 U 272/09-76(LG Saabrücken – 4 O 75/09)

Sachverhalt:Der Kläger kollidierte am 19.11.2008 im Kreuzungsbereich zurN. Straße, in die er nach rechts einbiegen wollte, mit dem von P.F. gesteuerten Fahrzeug, der die N. Straße aus Sicht des Klägersgesehen von links befuhr. Gegenüber der Einmündung ist einVerkehrsspiegel angebracht, der den Verkehrsteilnehmern ausder Fahrtrichtung des Klägers einen besseren Einblick in die N.Straße gewähren soll. Der Kläger hat die Auffassung vertreten,dass ihm das beklagte Land auf Schadensersatz hafte, weil derVerkehrsspiegel aufgrund eines älteren Knicks in der Haltekons-truktion falsch eingestellt gewesen sei und er das herannahendeFahrzeug nicht habe sehen können. Wegen der örtlichen Situati-on sei er auf einen ordnungsgemäß eingestellten Verkehrsspiegelangewiesen gewesen. Das beklagte Land hafte, weil es den vonihm aufgestellten Spiegel nicht ausreichend kontrolliert undnicht rechtzeitig repariert habe. Die Schadensersatzklage wurdein beiden Rechtszügen abgewiesen.

Aus den Gründen:... Gemäß § 9 SaarlStrG obliegt dem Träger der Straßen-baulast die Verkehrssicherung hinsichtlich öffentlicherStraßen als öffentliche Aufgabe. Nach einer allgemeinenDefinition muss der Verkehrssicherungspflichtige denVerkehr vor den Gefahren schützen, die ihm bei einerzweckentsprechenden Benutzung öffentlicher Verkehrs-flächen aus deren Zustand entstehen (OLG SaarbrückenNZV 1998, 284; Henschel/König/Dauer, Straßenver-kehrsrecht, 40. Aufl., § 45 Rz. 51). Die Verkehrssiche-rungspflicht umfasst nicht nur den Straßenkörper selbst,sondern auch Einrichtungen am Straßenrand, solangediese geeignet sind, Gefahren in den Verkehrsraum zutragen. Kommt der Verkehrssicherungspflichtige der ge-botenen Verkehrssicherungspflicht nicht nach, so ist ernach Maßgabe des § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG zumSchadensersatz verpflichtet. ...Angewandt auf den vorliegend zu entscheidenden Sach-verhalt steht zunächst mit den Argumenten des LG außerZweifel, dass die Verkehrssicherung alle diejenigen Ge-fahren abwenden muss, die dem Verkehr aus der Sub-stanz eines Verkehrsspiegels drohen. Hierbei ist vor alleman die vom LG beschriebene Gefahr zu denken, die auseiner nicht hinreichenden Standfestigkeit des Mastes re-sultiert. Auch einem möglichen Herabfallen des Spiegelsselber gilt es im Rahmen der Verkehrssicherung zu be-gegnen (zur Kasuistik: OLG Koblenz v. 9.2.2004 – 12 U11/03, OLGReport Koblenz 2004, 367; OLG Nürnbergv. 24.5.2000 – 4 U 60/00, MDR 2000, 957 = NJW 2000,3075; OLG Zweibrücken v. 7.12.1984 – 1 U 209/83,VersR 1986, 821). Im zur Entscheidung stehenden Sach-verhalt verhelfen diese Rechtsgrundsätze der Berufungnicht zum Erfolg: Die Standfestigkeit des Spiegels warnicht beeinträchtigt. Darüber hinaus sprechen die bes-seren Argumente dafür, dass der Träger der Straßenbau-last auch die Funktionalität eines Verkehrsspiegels ge-währleisten muss. Ein Verkehrsspiegel zählt weder zuden Verkehrszeichen i.S.d. § 39 StVO, noch zu den Ver-kehrseinrichtungen i.S.d. § 43 StVO, sondern wird ledig-lich als allgemeines Sicherungsmittel qualifiziert (vgl.Hentschel/König/Dauer, a.a.O., § 39 StVO Rz. 31). ...Aus § 45 Abs. 3 StVO folgt, dass die Straßenbaubehör-den vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenver-kehrsbehörden über die Art der Anbringung und Aus-gestaltung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtun-gen bestimmen. Gemäß § 45 Abs. 5 StVO ist der Trägerder Straßenbaulast zur Beschaffung, Anbringung, Unter-haltung und Entfernung von Verkehrseinrichtungen undVerkehrszeichen und deren Betrieb verpflichtet. DieseAufgabenzuweisung konnotiert, dass der Träger der Stra-ßenbaulast sowohl beim Anbringen von Verkehrszeichenund Verkehrseinrichtungen als auch bei deren Unterhal-tung zugleich die Funktionalität des Verkehrszeichensoder der Verkehrseinrichtung gewährleisten muss. DieseRechtspflicht muss der Träger der Straßenbaulast erstrecht hinsichtlich solcher Hilfsmittel wahren, die keinenunmittelbaren verkehrsregelnden Bezug besitzen und de-ren Anordnung nicht zwingend der Straßenverkehrs-behörde vorzubehalten ist. ...Ist mithin der Träger der Straßenbaulast auch für denFortbestand der Funktionalität eines Verkehrsspiegelsverantwortlich, so kann sich der Beklagte nicht mit demHinweis entlasten, dass der Verkehrsspiegel im vorliegen-den Fall einer Ortsstraße zuzuordnen sei. Diese Betrach-tungsweise verengt den Blick: Der Verkehrsspiegel be-zweckte ein erleichtertes Einfahren in die bevorrechtigteLandesstraße und beeinflusste gewissermaßen mit Not-wendigkeit sowohl den auf der Ortsstraße als auch denauf der Landesstraße fließenden Verkehr. Die Gefahren,denen der Spiegel vorbeugen will, betreffen beide Stra-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1263

Haftungs- und Versicherungsrecht

Page 50: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

ßen, weshalb es im Dienste einer effektiven Verkehrs-sicherung interessengerecht erscheint, beide Straßenbau-lastträger gesamtschuldnerisch zur Gewährleistung derFunktionalität des Verkehrsspiegels zu verpflichten.Dennoch ist es dem Kläger nicht gelungen, einen objekti-ven Verstoß gegen die Verkehrssicherungspflicht des be-klagten Landes schlüssig darzulegen: Die Verkehrssiche-rungspflicht besteht nur in den Grenzen der Zumutbar-keit. Diese verlangt keine lückenlose, kalendertäglicheÜberwachung aller öffentlichen Straßen. Vielmehr ge-nügt der Verkehrssicherungspflichtige seiner Verkehrs-sicherungspflicht schon dann, wenn er den Straßenraumengmaschig kontrolliert. Ob der Beklagte in Erfüllungdieses Gebots gehalten gewesen wäre, die fragliche Land-straße im kurzen Intervall zwischen der Beschädigungdes Spiegels (im Berufungsrechtszug ist unstreitig, dassder Schaden am Mast am 14.11.2008 gegen 21:45 Uhrentstand) und dem hier zu beurteilenden Unfallgeschehen(am 19.11.2008 gegen 6.50 Uhr) zu kontrollieren, er-scheint zweifelhaft. Die erforderliche Kontrolldichterichtet sich nach der Verkehrsbedeutung der Straße, ins-besondere nach der Art und Häufigkeit ihrer Benutzung(BGH v. 10.7.1980 – III ZR 58/79, MDR 1980, 1002 =NJW 1980, 2194; OLG Celle v. 8.2.2007 – 8 U 199/06,MDR 2007, 1075 = NJW-RR 2007, 972). Mit Blick aufdas zwischen der Beschädigung und dem Unfallereignisliegende Wochenende war dem Beklagten im kurzen In-tervall die Durchführung einer Kontrollfahrt nicht auf-zuerlegen.In jedem Fall ist nicht ersichtlich, dass dem Straßen-betrieb bei der gebotenen Routinekontrolle die vom Klä-ger behauptete eingeschränkte Funktionstauglichkeit desVerkehrsspiegels hätte auffallen müssen: Der Knick amMast des Verkehrsspiegels ist minimal. ...

Volltext-Bestellnummer 37997

Familien- und Erbrecht

Auswahl des Sachverständigen in Betreuungssachen

BGB § 1906; FamFG §§ 29 Abs. 2 S. 2, 29 f., 321Abs. 1, 323 Nr. 2

a) Auch der behandelnde Arzt des Betroffenen kannim Unterbringungsverfahren gem. § 321 Abs. 1FamFG zum Sachverständigen bestellt werden, solan-ge es sich nicht um Unterbringungen mit einer Ge-samtdauer von mehr als vier Jahren handelt, § 329Abs. 2 Satz 2 FamFG.

b) Der Verwertung eines Sachverständigengutachtensdes behandelnden Arztes steht nicht entgegen, dassder Betroffene ihn nicht von seiner Verschwiegenheits-pflicht entbunden hat.

c) Ist der Sachverständige nicht Arzt für Psychiatrie,muss das Gericht prüfen und in der Entscheidung dar-legen, ob er als Arzt über Erfahrung auf dem Gebietder Psychiatrie i.S.v. § 321 Abs. 1 Satz 4 Halbs. 2FamFG verfügt. Ein pauschaler Verweis auf die Selbst-einschätzung des Sachverständigen genügt nicht.

d) Ist der Sachverständige i.S.v. § 321 Abs. 1 Satz 4FamFG nicht hinreichend qualifiziert, kann das vonihm angefertigte Gutachten nicht verwertet werden.

e) Dem Betroffenen sind vor seiner Untersuchungdurch den Sachverständigen dessen Ernennung undder Zweck der Untersuchung bekanntzugeben.

BGH, Beschl. v. 15.9.2010 – XII ZB 383/10(LG Chemnitz – 3 T 415/10; AG Chemnitz)

Aus den Gründen:... Der vom AG eingeholte Sachverständigenbeweis ge-nügt den von Gesetzes wegen zu beachtenden Anforde-rungen an das Verfahren nicht. Unbedenklich ist aller-dings, dass das AG die Sachverständige bestellt hat, ob-gleich diese den Betroffenen zuvor behandelt hatte. Nach§ 329 Abs. 2 Satz 2 FamFG soll das Gericht nur bei Un-terbringungen mit einer Gesamtdauer von mehr als vierJahren keinen Sachverständigen bestellen, der den Be-troffenen bisher behandelt hat. Daraus folgt im Umkehr-schluss, dass bei einer kürzeren Unterbringungsdauer derbehandelnde Arzt zum Sachverständigen bestellt werdenkann (so auch Keidel/Budde, FamFG, 16. Aufl., § 280Rz. 6). Ob der Auffassung der Rechtsbeschwerde zu fol-gen ist, wonach ein Arzt, der die Unterbringung angeregthat, nicht zum Sachverständigen ausgewählt werden dür-fe (ebenso Dodegge in Schulte-Bunert/Weinreich,FamFG, 2. Aufl., § 321 Rz. 8), kann hier dahinstehen.Denn es ist weder festgestellt noch sonst ersichtlich, auchnicht aus dem von der Rechtsbeschwerde in Bezug ge-nommenen Antrag der Betreuerin vom 1.6.2010, dassdie Sachverständige die Unterbringung selbst angeregthat.Ebenso wenig steht einer Verwertung des Sachverständi-gengutachtens entgegen, dass der Betroffene die Sachver-ständige als seine behandelnde Ärztin – jedenfalls soweitersichtlich – nicht von ihrer Verschwiegenheitspflichtentbunden hat. Denn soweit ein Sachverständiger von ei-nem ihm kraft Amtes, Standes oder Gewerbes zustehen-den Gutachtenverweigerungsrecht gem. §§ 29 f. FamFGi.V.m. § 408 ZPO keinen Gebrauch macht, setzt selbstder Umstand, dass er sich damit zugleich des Bruchs ei-nes Berufsgeheimnisses schuldig macht, der Verwertungder Begutachtung i.d.R. keine Schranke (vgl. zum Zeug-nisverweigerungsrecht BGH, Urt. v. 23.2.1990 – V ZR188/88, MDR 1990, 610 = NJW 1990, 1734 f.; v.31.5.1976 – RiZ [R] 1/76, NJW 1977, 1198 f.; Müther,FamRZ 2010, 857 [860]. A.A. Keidel/Budde, a.a.O.,§ 280 Rz. 6). Jedoch weist die Rechtsbeschwerde zuRecht darauf hin, dass die gem. § 321 Abs. 1 Satz 4FamFG erforderliche Qualifikation der Sachverständigenvon den Instanzgerichten weder festgestellt wurde nochsonst ersichtlich ist. Nach § 321 Abs. 1 Satz 4 FamFGsoll der Sachverständige Arzt für Psychiatrie sein; jeden-falls muss er Arzt mit Erfahrung auf dem Gebiet der Psy-chiatrie sein (vgl. zu den Voraussetzungen Dodegge,a.a.O., § 321 Rz. 11; s. auch Roth in Prütting/Helms,FamFG § 321 Rz. 4). Ergibt sich die Qualifikation nichtohne weiteres aus der Fachbezeichnung des Arztes, istseine Sachkunde vom Gericht zu prüfen und in der Ent-scheidung darzulegen (vgl. Dodegge, a.a.O., § 321 Rz. 9;Keidel/Budde, a.a.O., § 321 Rz. 3).Aus dem schriftlichen Sachverständigengutachten vom12.6.2010 ergibt sich lediglich, dass die bestellte Sachver-ständige Fachärztin für Allgemeinmedizin, Akupunkturund suchtmedizinische Grundversorgung ist. Feststellun-gen dazu, ob sie auch Erfahrung auf dem Gebiet der Psy-chiatrie hat, enthalten die instanzgerichtlichen Beschlüs-se nicht. Mag das Tätigkeitsfeld einer Suchtmedizinerindurchaus Berührungspunkte zu dem Gebiet der Psychia-trie haben, so ist damit jedoch nicht festgestellt, dass dieSachverständige tatsächlich Erfahrung auf diesem Gebiethat. Zu Recht weist die Rechtsbeschwerde darauf hin,dass der von dem Amtsrichter gefertigte Telefonvermerk

1264 Rechtsprechung MDR 21/2010

Familien- und Erbrecht

Page 51: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

vom 3.6.2010 keine Feststellungen zur erforderlichenSachkunde der Sachverständigen enthält. Dem Vermerkist lediglich zu entnehmen, dass sie nach „eigenen Anga-ben“ genügend Erfahrung habe, um die Frage der Erfor-derlichkeit einer Unterbringung aus medizinisch psycho-logischer Sicht für den Betroffenen beurteilen zu können.Damit hat das Gericht jedoch keine eigene Prüfung derQualifikation der Sachverständigen vorgenommen. Dieseist aber erforderlich; das Gericht kann sich ihr nichtdurch einen bloßen Verweis auf die eigene Einschätzungder Sachverständigen entziehen, sondern hat die für dieQualifikation maßgebenden Tatsachen selbst festzustel-len.

Ist die Sachverständige nicht hinreichend qualifiziert, sodarf ihr Gutachten nicht verwertet werden (vgl. Dodeg-ge, a.a.O., § 321 Rz. 11; Müther, FamRZ 2010, 857[859]). Denn die erheblich in die Freiheitsrechte des Be-troffenen eingreifende Unterbringung lässt sich nurrechtfertigen, wenn ihre Voraussetzungen verlässlichfestgestellt sind. Die angefochtene Entscheidung beruhtauch auf dem festgestellten Verfahrensfehler. Zwar hatdas Beschwerdegericht in der Anhörung vom 13.7.2010die den Betroffenen in der Klinik behandelnde Ärztin an-gehört. Diese Anhörung vermag indes – was die Rechts-beschwerde zu Recht rügt – nicht die gem. § 321 Abs. 1Satz 1 FamFG für eine Unterbringungsmaßnahme erfor-derliche förmliche Beweisaufnahme durch Einholung ei-nes Gutachtens zu ersetzen. § 321 Abs. 1 Satz 1 FamFGsieht für das Unterbringungsverfahren im Hinblick aufdie damit einhergehenden erheblichen Eingriffe in dieFreiheitsrechte eine förmliche Beweisaufnahme vor (Kei-del/Budde, a.a.O., § 321 Rz. 1). Nach § 30 Abs. 1 i.V.m.Abs. 2 FamFG ist diese entsprechend der Zivilprozess-ordnung durchzuführen.

Danach bedarf es zwar nicht zwingend eines förmlichenBeweisbeschlusses (vgl. § 358 ZPO). Jedoch ist die Er-nennung des Sachverständigen dem Betroffenen wennnicht förmlich zuzustellen, so doch zumindest formlosmitzuteilen, damit dieser gegebenenfalls von seinem Ab-lehnungsrecht nach § 30 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 406ZPO Gebrauch machen kann (KG v. 28.11.2006 – 1 W279/06, FamRZ 2007, 1043; LG Berlin, Beschl. v.9.2.2009 – 83 T 42/09, juris Rz. 11 zu § 70e FGG; Zöl-ler/Greger ZPO, 28. Aufl., § 404 Rz. 6). Ferner hat derSachverständige den Betroffenen gem. § 321 Abs. 1Satz 2 FamFG vor Erstattung des Gutachtens persönlichzu untersuchen oder zu befragen. Dabei muss er schonvor der Untersuchung des Betroffenen zum Sachverstän-digen bestellt worden sein und ihm den Zweck der Unter-suchung eröffnen (KG v. 28.11.2006, a.a.O.; LG Berlinv. 9.2.2009, a.a.O.). Andernfalls kann der Betroffenesein Recht, an der Beweisaufnahme teilzunehmen, nichtsinnvoll ausüben (KG v. 28.11.2006 – 1 W 279/06,FamRZ 2007, 1043; LG Berlin Beschl. v. 9.2.2009 – 83T 42/09, juris Rz. 11 zu § 70e FGG).

Schließlich muss das Sachverständigengutachten zwarnicht zwingend schriftlich erfolgen (OLG Brandenburg v.31.3.2000 – 9 AR 8/00, FamRZ 2001 38 f. zu § 68bFGG; Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl., § 411 Rz. 1), wennauch eine schriftliche Begutachtung vielfach in Anbe-tracht des schwerwiegenden Grundrechtseingriffs ange-zeigt erscheinen dürfte (vgl. Roth, a.a.O., § 321 Rz. 6).Jedenfalls aber muss das Gutachten namentlich Art undAusmaß der Erkrankung im Einzelnen anhand der Vor-geschichte, der durchgeführten Untersuchung und dersonstigen Erkenntnisse darstellen und wissenschaftlichbegründen (vgl. OLG Brandenburg, a.a.O.; Keidel/Bud-de, a.a.O., § 321 Rz. 4). Den vorstehenden Anforderun-gen wird die Anhörung der Stationsärztin durch das Be-

schwerdegericht im Termin vom 13.7.2010 nicht ge-recht.Zum einen fehlt es schon an ihrer – jedenfalls ausdrück-lichen – Bestellung zur Sachverständigen. Selbst wennman hier eine konkludente Bestellung unterstellte, man-gelte es jedenfalls an einer entsprechenden Bekanntgabean den Betroffenen vor Beginn der Begutachtung. Außer-dem fehlte es an einer Untersuchung des Betroffenennach Bestellung der Ärztin zur Sachverständigen und vorErteilung des Gutachtens. Die vom Gericht verwertetenErkenntnisse, die die Stationsärztin von dem Betroffenengewonnen hatte, beruhen allesamt auf ihrer Tätigkeit alsbehandelnde Ärztin in der Klinik und nicht als Sachver-ständige. Deshalb konnte der Betroffene keine Kenntnisdavon haben, dass die von ihr durchgeführten Unter-suchungen einer späteren Begutachtung dienen sollten.Schließlich genügen die von der Stationsärztin in der An-hörung getätigten Äußerungen nicht den an ein Gutach-ten i.S.d. § 321 FamFG zu stellenden Anforderungen. Esmangelt sowohl an einer Darstellung der von ihr durch-geführten Untersuchungen als auch an einer entsprechen-den wissenschaftlichen Begründung. ...

Volltext-Bestellnummer 38249

Verpflichtung eines Ehegatten zur Zahlung hoherMaklercourtage

BGB § 1357

Die Verpflichtung zur Zahlung einer Maklerprovisionvon 15.000 im Zusammenhang mit dem Kauf einesEinfamilienhauses zählt nicht zu den Geschäften zurDeckung des Lebensbedarfs.

OLG Oldenburg, , Urteil v. 16.6.2010 – 5 U 138/09(LG Oldenburg – 2 O 1079/09)

Aus den Gründen:Parteien des Maklervertrages sind allein die Klägerin unddie Beklagte zu 2). Der Beklagte zu 1) ist demgegenübernicht mit verpflichtet worden. Die gegen ihn gerichteteKlage hat das LG deshalb im Ergebnis zu Recht abgewie-sen.Entgegen der Auffassung der Klägerin kommt eine Haf-tung des Beklagten zu 1) aus § 1357 Abs. 1 BGB nicht inBetracht. Zwar waren die Beklagten, wie dem Vortragder Parteien zu entnehmen ist, bereits 2008 verheiratet.Doch setzt eine Mitverpflichtung des Ehegatten gem.§ 1357 Abs. 1 BGB ein Geschäft zur angemessenen De-ckung des Lebensbedarfs der Familie voraus. Der An-wendungsbereich der Norm ist damit auf solche Ge-schäfte beschränkt, über deren Abschluss die Ehegattensich nach ihrem konkreten Lebenszuschnitt nicht vorherverständigen (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB,69. Aufl., § 1357 Rz. 1, 12 m.w.N.).Im vorliegenden Fall ging es um die Zahlung einer Mak-lerprovision i.H.v. knapp 15.000 im Zusammenhangmit dem Kauf eines Einfamilienhauses. Über eine derarti-ge Verpflichtung pflegen Eheleute sich in der Regel vor-her abzustimmen (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf,NJW-RR 1996, 1524 [1525]).Aus welchem Grund hier eine Ausnahme vorliegen sollte,ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dass die zu er-werbende Immobilie der Familie als Wohnhaus dienensollte, rechtfertigt nicht den Schluss, dass bei den damitim Zusammenhang stehenden Rechtsgeschäften generellkeine vorherige Verständigung der Ehegatten zu erwar-ten ist. Wie die vorliegende Gestaltung zeigt, können der-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1265

Familien- und Erbrecht

Page 52: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

artige Rechtsgeschäfte erhebliche finanzielle Verpflich-tungen nach sich ziehen.Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf be-rufen, dass hier eine Parallele zu ziehen sei zu der Mitver-pflichtung eines Ehepartners durch eine möglicherweisekostspielige ärztliche Behandlung des anderen Ehepart-ners. Einmal ist schon wegen der existenziellen Bedeu-tung der Gesundheit kein unmittelbarer Vergleich mitGestaltungen der hier vorliegenden Art möglich. Zumanderen bedarf es selbst in den Fällen, in denen es umeine ärztlichen Versorgung geht, einer differenzierten Be-trachtung unter Berücksichtigung der Art und Dringlich-keit einer Behandlung sowie der dadurch entstehendenKosten (vgl. Brudermüller in Palandt, BGB, 69. Aufl.,§ 1357 Rz. 17 f. m.w.N.).

(Einsender: 5. Zivilsenat des OLG Oldenburg)Volltext-Bestellnummer 37938

Teilwirksamkeit eines gemeinschaftlichen Testaments

BGB §§ 2265, 140

Umdeutung eines wegen Testierunfähigkeit eines Ehe-gatten unwirksamen gemeinschaftlichen Testamentsin ein Einzeltestament.

OLG München, Beschl. v. 19.5.2010 – 31 Wx 38/10(LG Landshut – 35 T 242/10; AG Eggenfelden)

Aus den Gründen:... Die Ausführungen des LG sind aus Rechtsgründen(§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) nicht zu beanstanden.Nachdem die letztwillige Verfügung vom 14.3.2003 we-gen Testierunfähigkeit der beigetretenen Ehefrau als ge-meinschaftliches Testament nicht wirksam ist, hat sichdas LG zutreffend der Frage zugewandt, ob die vom Erb-lasser eigenhändig geschriebene und unterschriebene Ver-fügung als Einzeltestament aufrechterhalten werdenkann. Die eigenhändig geschriebenen Verfügungen desErblassers genügen der Testamentsform des § 2247Abs. 1 BGB. In einem solchen Fall ist es grundsätzlichrechtlich zulässig, die als gemeinschaftliches Testamentunwirksame Erklärung als wirksame einseitige Ver-fügung aufrecht zu erhalten, wobei es entgegen der Auf-fassung der weiteren Beschwerde nicht entscheidend da-rauf ankommt, aus welchen Gründen die erstrebte Er-richtung eines gemeinschaftlichen Testaments gescheitertist. Eine Umdeutung (§ 140 BGB) kommt deshalb nichtnur dann in Betracht, wenn Nichtehegatten ein gemein-schaftliches Testament verfassen, sondern auch im Falldes fehlenden Beitritts des anderen Ehegatten oder derUnwirksamkeit von dessen Erklärung wegen Testierunfä-higkeit (vgl. BayObLG v. 2.2.1996 – 1Z BR 146/95,FamRZ 1996, 1036 f.). Eine Umdeutung kann auch hin-sichtlich solcher Verfügungen vorgenommen werden, diezu einer Verfügung des anderen Ehegatten (deren Wirk-samkeit vorausgesetzt) wechselbezüglich i.S.d. § 2270BGB sein könnten, wie die gegenseitige Erbeinsetzungder Ehegatten. Maßgeblich ist auch hier, dass der Erblas-ser auch in Kenntnis der unwirksamen oder fehlendenentsprechenden Verfügung des anderen Testierenden sei-ne eigene Verfügung zu dessen Gunsten treffen wollte(vgl. BayObLG v. 24.1.2003 – 1Z BR 14/02, NJW-RR2003, 659 f.; v. 29.6.2000 – 1Z BR 40/00, NJW-RR2000, 1534; OLG Düsseldorf v. 9.12.1996 – 3 Wx 335/96, FamRZ 1997, 771 f.; Staudinger/Kanzleiter, BGB,2006, § 2265 Rz. 14; Musielak in MünchKomm/BGB,5. Aufl., § 2265 Rz. 4, 8).

Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das LG rechts-fehlerfrei im Wege der Auslegung angenommen, dassnach dem Willen des Erblassers seine Verfügungen, die erals gemeinschaftliches Ehegattentestament entworfenhatte, auch unabhängig von einem wirksamen Beitrittseiner Ehefrau gelten sollten. Die Testamentsauslegungist Sache des Tatrichters. Die Überprüfung im Wege derweiteren Beschwerde ist auf Rechtsfehler beschränkt.Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Aus-legung der Tatsacheninstanz gegen gesetzliche Aus-legungsregeln, allgemeine Denk- und Erfahrungsgrund-sätze oder Verfahrensvorschriften verstößt, ob in Be-tracht kommende andere Auslegungsmöglichkeiten nichtin Erwägung gezogen oder wesentliche Umstände über-sehen wurden (vgl. BGH v. 24.2.1993 – IV ZR 239/91,BGHZ 121, 357 [363] = MDR 1993, 878 = FamRZ1993, 946; BayObLG v. 9.8.2001 – 1Z BR 29/01,FamRZ 2002, 269 [270]; Keidel/Meyer-Holz, FGG,15. Aufl. § 27 Rz. 42; Leipold in MünchKomm/BGB,§ 2084 Rz. 156 ff.). Dabei muss die Auslegung des Tat-richters nicht zwingend sein. Es genügt, wenn sie nurmöglich ist (BGH FamRZ 1972, 561 f.; BayObLG v.22.2.2005 – 1Z BR 094/04, FamRZ 2005, 1933 f.).Nach diesen Maßstäben ist die Auslegung des LG nichtzu beanstanden, der Erblasser habe das Testament vom14.3.2003 auch als einseitiges Testament aufrechterhal-ten wollen. Das LG konnte der ausführlichen Vorbemer-kung entnehmen, dass der Erblasser auf jeden Fall seinebeiden Söhne von der Erbfolge ausschließen wollte. Auf-grund des gesamten Inhalts der letztwilligen Verfügungund aus den Angaben des Beteiligten zu 3 durfte es denSchluss ziehen, dass es dem Erblasser besonders wichtigwar, seine Ehefrau gut versorgt zu wissen. Rechtsfehler-frei hat das LG angenommen, der Erblasser habe seineEhefrau auch für den Fall bedenken wollen, dass ihreVerfügung zu seinen Gunsten nicht wirksam wäre, erhabe sein Vermögen der Ehefrau zu ihren Lebzeiten un-geschmälert zur Verfügung stellen und es nach deren Todden Enkelkindern zu gleichen Teilen zuwenden wollen.Die Auslegung des LG, die Beteiligte zu 1 sei alleinige be-freite Vorerbin, die Enkelkinder Nacherben zu gleichenTeilen, ist aufgrund der gesamten Umstände nicht nurmöglich, sondern naheliegend (vgl. auch BayObLG v.29.6.2000 – 1Z BR 40/00, FamRZ 2001, 518 = NJW-RR 2000, 1534 a.E.). Zu Recht ist das LG dem Vortragder Beschwerdeführer nicht nachgegangen, der Erblasserhabe vor seinem Tod seine Äußerungen ggü. den Söhnenbedauert und diese eigentlich wieder gut machen wollen,was er gegenüber seiner in Amerika lebenden Schwestertelefonisch geäußert habe. Wie das LG zutreffend hervor-gehoben hat, ist für die Frage der Umdeutung der (mut-maßliche) Wille des Erblassers zum Zeitpunkt der Testa-mentserrichtung entscheidend. Die im Testament aus-führlich dargestellte Enttäuschung über seine Söhne hatder Erblasser zudem mit den am 12.3.2004 angebrachtenErgänzungen nochmals bestätigt. . . .

(Einsenderin: RiOLG Margaretha Förth, München)Volltext-Bestellnummer 37746

Mietkosten bei Auszug des Ehegatten

BGB § 426 Abs. 1

Auch dann, wenn ein Ehegatte gegen den Willen desVerbleibenden aus der gemeinsamen Wohnung aus-zieht, unterliegt seine Mithaftung zeitlichen Ein-schränkungen. Ist das endgültige Scheitern der Ehe er-kennbar, muss der verbleibende Ehegatten sich nach

1266 Rechtsprechung MDR 21/2010

Familien- und Erbrecht

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einer Überlegungsfrist um eine Beendigung des Miet-verhältnisses bemühen.

OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.3.2010 – I-22 U 142/09

Aus den Gründen:... Im Ausgangspunkt zutreffend macht die Berufung gel-tend, dass die Ehegatten auch nach dem Auszug einesPartners aus der gemeinsamen Wohnung im Innenver-hältnis zunächst zu gleichen Anteilen verpflichtet sind,§ 426 Abs. 1 BGB. Eine ausdrückliche anderweitige Be-stimmung i.S. dieser Vorschrift ist von den Parteien nichtgetroffen worden. Nach dem Vortrag der Klägerin ist al-lerdings anlässlich eines Beratungstermins am 6.10.2004vereinbart worden, dass die auf ein halbes Jahr be-schränkt Trennung nur vorläufig und sie zunächst in derWohnung verbleiben sollte. Einer solchen Vereinbarungkann auch ohne ausdrückliche Absprache der Parteien zuentnehmen sein, dass die Kosten für die gemeinsame ehe-liche Wohnung weiter gemeinsam getragen werden. Eskann jedoch dahinstehen, ob die von dem Beklagten be-strittene Vereinbarung so getroffen wurde bzw. der Klä-gerin kurz nach dem Beratungstermin mitgeteilt wurde,dass die Trennung endgültig sein sollte.In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch dann,wenn ein Ehegatte gegen den Willen des Verbleibendenauszieht, die Mithaftung des Ausziehenden insbesonderein zeitlicher Hinsicht Einschränkungen unterliegt. Ist dasendgültige Scheitern der Ehe erkennbar, steht dem ver-bleibenden Ehegatten zwar eine Überlegungsfrist zu; ermuss sich jedoch sodann um eine Beendigung des Miet-verhältnisses bemühen (OLG München NJWE-MietR1997, 6; OLG Brandenburg v. 8.8.2007 – 13 U 51/07,FamRZ 2008, 156; vgl. auch OLG Dresden FamRZ2003, 158 f. – dort allerdings keine Entlassung aus demMietvertrag, da ein befristeter Vertrag abgeschlossenwar; vgl. auch Senatsentscheidung vom 24.10.1997,FamRZ 1998, 739 – nichteheliche Lebensgemeinschaft;Herneck, NJW-Spezial 2006, 343). Verbleibt der Ehegat-te nach einer angemessenen Überlegungsfrist in der Woh-nung, ohne sich um eine Auflösung des Mietverhältnisseszu bemühen, gibt er damit zu erkennen, dass er zu einerFortführung des Vertrags unter alleiniger Kostentragungbereit ist. Die Wohnungssituation ist dem verbleibendenPartner dann nicht mehr aufgezwungen, sondern sie istgewählt. Dann ist aber eine weitere Mithaftung des Ehe-gatten nicht mehr gerechtfertigt.Der Klägerin steht unter Berücksichtigung dieser Um-stände ein Ausgleichsanspruch nur für die Monate Janu-ar – April 2005 zu. Es kann dahinstehen, ob die von derKlägerin vorgetragene Vereinbarung am 6.10.2004 zurVorläufigkeit der Trennung getroffen wurde. Nach demSachvortrag beider Parteien steht fest, dass dem Terminnachfolgend weitere Beratungsgespräche nicht statt-gefunden haben. Insbesondere war aber auch nach demVortrag der Klägerin Gegenstand der Vereinbarung, dasseine Wiederannäherung über gemeinsame Aktivitätenstattfinden sollte. Derartige gemeinsame, auf die Fort-führung der Partnerschaft ausgerichtete Aktivitäten ha-ben jedoch nicht mehr stattgefunden. ... Für die Klägerinwar daher jedenfalls Ende Oktober 2004 ersichtlich,dass die Grundlage der Vereinbarung der Parteien, eineWiederannäherung über gemeinsame Aktivitäten, nichtgegeben war und damit die Ehe als gescheitert anzusehenwar. ...Ihr stand daher dem Grundsatz nach eine Überle-gungsfrist zu, ob eine Beendigung des Mietverhältnissesverfolgt werden sollte oder sie die Wohnung unter voll-ständiger Kostenübernahme weiter bewohnen wollte.Eine solche Überlegungsfrist ist der Dauer nach von denUmständen des Einzelfalls abhängig.

Regelmäßig ist ein Zeitraum von drei Monaten ausrei-chend (OLG München NJWE-MietR 1997, 6; OLGBrandenburg v. 8.8.2007 – 13 U 51/07, FamRZ 2008,156). Vorliegend bemisst der Senat die Überlegungszeitabweichend von diesem Grundsatz mit 6 Monaten. Da-bei ist zu berücksichtigen, dass die Parteien die Wohnungbereits seit dem 1.1.1999 bewohnten. Eine längere Nut-zungsdauer führt zu einer stärkeren Bindung an die Woh-nung und das Wohnumfeld, so dass insoweit die Überle-gungsfrist – in Anlehnung auch an die vertraglich vor-gesehene, wenn auch möglicherweise unwirksame Kün-digungsfrist (vgl. hierzu auch LG Hannover v. 8.3.2001 –3 S 1562/00, FamRZ 2002, 29) – auszudehnen ist. Dasentspricht vorliegend auch der Billigkeit. Bei einer Aus-übung der Kündigung wäre die Klägerin nicht gehaltengewesen, die Wirksamkeit der Kündigungsfristen in Fra-ge zu stellen und ggf. diese gerichtlich überprüfen zu las-sen. Auch bei einer – gemeinsamen – Kündigung desMietvertrags Ende Oktober 2004 hätte sich der Beklagtedaher bis Ende April hälftig an den Mietaufwendungenbeteiligen müssen. ...

Volltext-Bestellnummer 37952

Arbeits- und Sozialrecht

Voraussetzungen der Insolvenzsicherung von betriebli-cher Altersversorgung

BetrAVG §§ 1 Abs. 1, 7 Abs. 1, Abs. 2; SGB VI § 45Abs. 3

1. Betriebliche Altersversorgung, für die der Pensions-sicherungsverein als Träger der gesetzlichen Insolvenz-sicherung im Sicherungsfall einzustehen hat, sind nurLeistungen, mit denen die biometrischen Risiken“Langlebigkeit“, Todesfall oder Invalidität abgedecktwerden.Maßgeblich ist auf das Ereignis abzustellen,an das die Versorgung anknüpft.

2. Hausbrandleistungen für ausgeschiedene Arbeit-nehmer nach dem MTV sind betriebliche Altersver-sorgung, soweit die Leistungspflicht im Einzelfall aufeinem tariflichen Tatbestand beruht, der seinerseits anbiometrische Risiken im Sinne des Betriebsrentenge-setzes anknüpft.

3. Eine Werksrente, die gezahlt wird, weil der aus-geschiedene Arbeitnehmer Anpassungsleistungen we-gen Umstrukturierungen im Bergbau erhält, ist keinebetriebliche Altersversorgung.

BAG, Urt. v. 16.3.2010 – 3 AZR 594/09(LAG Köln – 13 Sa 253/09; ArbG Köln)

Aus den Gründen:... Dem Charakter einer Leistung als betriebliche Alters-versorgung steht es grundsätzlich auch nicht entgegen,wenn in einer Regelung Bestimmungen enthalten sind,die mit dem Betriebsrentengesetz nicht übereinstimmen.... So ist es im Gegensatz unschädlich, wenn in einer Re-gelung neben Leistungen, die ein biometrisches RisikoiSd. Betriebsrentengesetzes abdecken, weitere Ansprücheoder Anwartschaften vorgesehen sind, die gegen andereRisiken sichern. Das ändert nichts daran, dass insoweit,als ein von diesem Gesetz erfasstes biometrisches Risikoabgesichert wird, es dabei bleibt, dass die Voraussetzun-gen des Betriebsrentengesetzes erfüllt sind.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1267

Arbeits- und Sozialrecht

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... Entgegen der Ansicht des Beklagten kann den tariflichvorgesehenen Hausbrandleistungen für ausgeschiedeneArbeitnehmer und deren Witwen nicht grundsätzlich derCharakter einer betrieblichen Altersversorgung abge-sprochen werden. Die Tarifvertragsparteien haben alsLeistungsvoraussetzungen überwiegend Tatbestände be-nannt, die ihrerseits an biometrische Risiken im Sinnedes Betriebsrentengesetzes anknüpfen.

... In diesem Zusammenhang ist unerheblich, ob der Ta-rifvertrag als Leistungsvoraussetzung auch Tatbeständenennt, die nicht an eines der vom Betriebsrentengesetzabgedeckten biometrischen Risiken anknüpfen. Die Ge-währung tariflicher Leistungen bei Fallgestaltungen, diekeine Verbindung zu den vom Betriebsrentengesetz er-fassten biometrischen Risiken haben, führt nur dazu,dass insoweit eine Einstandspflicht des Beklagten aus-scheidet.

... Demgegenüber hat der Beklagte nicht für die Werks-rente des Klägers einzustehen. Soweit nach der VO einLeistungsanspruch des Klägers in Betracht kommt, istdieser nicht durch den Beklagten insolvenzgesichert.

... Der Kläger hatte seinerzeit sein 65. Lebensjahr nochnicht vollendet, so dass ein Anspruch nach § 1 Nr. 1Buchst. a VO ausscheidet.

... Nach der Systematik des SGB VI ist - wie oben unterA II 1 c bb (2) gezeigt - die Rente für Bergleute nach § 45Abs. 3 SGB VI, ebenso wie die frühere Bergmannsrentenach dem aufgehobenen Reichsknappschaftsgesetz, eineRente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, nicht je-doch eine Altersrente oder ein Altersruhegeld. ... Nach§ 1 Nr. 1 Buchst. b 2. Abs. der VO kommt allerdings einAnspruch des Klägers auf vorzeitige Altersrente an Be-triebsangehörige in Betracht. ... Nach dieser Bestimmungwird der vorzeitigen Altersrente aus der gesetzlichenRentenversicherung, an deren Bezug der Betriebsrenten-anspruch anknüpft, ua. der Bezug von Anpassungsgeldim Bergbau gleichgestellt. Der Kläger hat kurzfristig An-passungsgeld im Bergbau nach den Richtlinien v.25.10.2005 (BAnz. Nr. 218 v. 18.11.2005 S. 16032 f.)bezogen. ... Ein derartiger Anspruch wäre jedoch keineLeistung der betrieblichen Altersversorgung, so dass eineEinstandspflicht des Beklagten als Träger der gesetzli-chen Insolvenzsicherung ausscheidet. Eine an das Anpas-sungsgeld geknüpfte Versorgungsleistung deckt keinesder im Betriebsrentengesetz angesprochenen biometri-schen Risiken, insbesondere nicht das Altersrisiko, ab.Voraussetzung für die Gewährung von Anpassungsgeldist nämlich (Nr. 3.2 der Richtlinie), dass der Arbeitneh-mer wegen einer ministeriell genehmigten Stilllegungs-oder Rationalisierungsmaßnahme entlassen worden ist.Ebenso wie das aufgestockte Anpassungsgeld knüpft diebetriebliche Versorgungsleistung deshalb nicht an das„Langlebigkeitsrisiko“ Alter, sondern den Verlust des Ar-beitsplatzes und damit an das Risiko der Arbeitslosigkeitan. Dieses Risiko ist nicht im Betriebsrentengesetz ange-sprochen (BAG v. 10.2.2009 – 3 AZR 783/07, Rz. 16 ff.,AP BetrAVG § 1 Nr. 58). Letztlich geht es um die Über-brückung einer erwarteten Arbeitslosigkeit; dafür vor-gesehene Leistungen sind keine betriebliche Altersversor-gung (vgl. BAG v. 18.5.2004 – 9 AZR 250/03, zu A derGründe m.w.N. = EzA TVG § 4 Luftfahrt Nr. 9). ...

Volltext-Bestellnummer 37787

Durchgriffshaftung bei unterbliebener Sicherung derWertguthaben gegen Insolvenz

AltTZG § 8a a.F.; BGB § 823; GmbHG § 13; SGB IV§§ 7b, 7e

§ 8a Abs. 1 AltTZG aF verpflichtet den Arbeitgeber,Wertguthaben, die aufgrund einer Altersteilzeitverein-barung aufgebaut werden, in geeigneter Weise gegendas Risiko seiner Zahlungsunfähigkeit abzusichern.Die Vorschrift ist nur im Verhältnis zum ArbeitgeberSchutzgesetz iSv. § 823 Abs. 2 BGB. Sie begründetkeine Durchgriffshaftung der gesetzlichen Vertreter ju-ristischer Personen.

BAG, Urt. v. 23.2.2010 – 9 AZR 44/09(LAG Düsseldorf – 14 Sa 410/08; ArbG Wuppertal)

Aus den Gründen:... Für organschaftliche Vertreter fehlt der erforderlichebesondere Haftungsgrund. § 8a Abs. 1 AltTZG aF ist ih-nen gegenüber kein Schutzgesetz. Die gesetzlichen Ver-treter sind keine Normadressaten(ebenso z.B. LAG Hes-sen v. 26.9.2008 – 10 Sa 295/08, juris Rz. 35 ff. [vgl.auch das Senatsurteil BAG v. 23.2.2010 – 9 AZR 71/09zu der dagegen gerichteten Revision]; Hamann in ju-risPR/ArbR 14/2007 Anm. 1 zu D; Podewin, RdA 2005,295 [300]; ErfK/Rolfs, 10. Aufl., § 8a AltTZG Rz. 8;HWK/Stindt/Nimscholz, 3. Aufl., § 8a AltTZG Rz. 7;Schaub/Vogelsang, § 81 Rz. 11; a.A. etwa Küttner/Kreit-ner, Personalbuch 2009, Altersteilzeit, Rz. 15; Zwanzi-ger, RdA 2005, 226 [240]).... Eine GmbH haftet als Arbeitgeberin für Schädendurch Verstöße gegen gesetzliche Gebote oder Verbotewegen der gesetzlichen Haftungsbeschränkung nur mitihrem Gesellschaftsvermögen. Eine Haftung ihrer organ-schaftlichen Vertreter sieht § 13 Abs. 2 GmbHG nichtvor. Dieses gesellschaftsrechtlich eingeschränkte Haf-tungssystem kann der Gesetzgeber erweitern. Solche Er-weiterungen sind z.B. die strafrechtlichen und bußgeld-rechtlichen Verantwortlichkeiten von GmbH-Geschäfts-führern nach § 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB und § 9 Abs. 1Nr. 1 OwiG (vgl. BAG v. 21.11.2006 – 9 AZR 206/06,Rz. 41, AP ATG § 8a Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 823Nr. 5).... § 8a Abs. 1 AltTZG aF erweiterte die auf das Gesell-schaftsvermögen beschränkte Haftung nicht in dieserWeise. Die Norm erlaubte keinen Durchgriff auf organ-schaftliche Vertreter.... Der Wortlaut des § 8a Abs. 1 AltTZG aF, der eine Ver-pflichtung des Arbeitgebers zur Insolvenzsicherung desWertguthabens begründet, zeigt das gesetzgeberischeZiel, die Rechte des Arbeitnehmers gegenüber dem Ar-beitgeber zu stärken. § 8a Abs. 1 AltTZG aF geht mitder Verpflichtung des Arbeitgebers über die zuvor gelten-de Regelung des § 7d Abs. 1 SGB IV aF hinaus. Der Ge-setzeszweck der besonderen Insolvenzsicherung vonWertguthaben im Altersteilzeitgesetz wird von der Be-gründung des Gesetzentwurfs betont. Für den Bereichder Altersteilzeit sollte im Altersteilzeitgesetz eine spe-zielle adäquate Insolvenzsicherung gesetzlich vor-geschrieben werden. Bisher sei nicht immer sichergestellt,dass die durch Vorarbeit der Arbeitnehmer in der letztenPhase ihres Erwerbslebens entstandenen Wertguthabenim Insolvenzfall ausreichend geschützt seien(vgl. BT-Drucks. 15/1515, 75).... Das gesetzgeberische Ziel verstärkten Schutzes des Ar-beitnehmers in Blockaltersteilzeit ggü. dem Arbeitgeberzeigt sich auch im Zusammenspiel der in § 8a AltTZGa.F. getroffenen unterschiedlichen Regelungen. § 8a

1268 Rechtsprechung MDR 21/2010

Arbeits- und Sozialrecht

Page 55: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Abs. 2 AltTZG a.F. verbietet dem Arbeitgeber die An-rechnung bestimmter Leistungen und bestimmt damitdas Ausmaß der Absicherung (BT-Drucks. 15/1515,134 f.). Nach § 8a Abs. 3 Satz 1 AltTZG aF hat der Ar-beitgeber dem Arbeitnehmer die zur Sicherung des Wert-guthabens ergriffenen Maßnahmen mit der ersten Gut-schrift und danach alle sechs Monate in Textform nach-zuweisen. Der Arbeitnehmer soll überprüfen können, obdie Angaben des Arbeitgebers richtig sind (BT-Drucks.15/1515, 135). Kommt der Arbeitgeber seiner Verpflich-tung nach § 8a Abs. 3 AltTZG aF nicht nach oder sinddie nachgewiesenen Maßnahmen nicht geeignet undweist er auf schriftliche Aufforderung des Arbeitnehmersnicht innerhalb eines Monats eine geeignete Insolvenzsi-cherung in Textform nach, kann der Arbeitnehmer nach§ 8a Abs. 4 Satz 1 AltTZG a.F. verlangen, dass Sicherheitin Höhe des bestehenden Wertguthabens geleistet wird.Dem Arbeitnehmer wird damit ein gesetzlicher Anspruchauf Sicherheitsleistung in Höhe des bestehenden Wert-guthabens gegen seinen Arbeitgeber eingeräumt (BT-Drucks. 15/1515, 135).... Die gestärkte Stellung des Arbeitnehmers gegenüberdem Arbeitgeber bezieht organschaftliche Vertreter nichtein. Auf einen Durchgriff lassen auch keine Straftat-bestände oder Ordnungswidrigkeitsbestimmungenschließen. Ein solcher klarer gesetzlicher Anhaltspunktfür einen besonderen Haftungsgrund ist unabdingbar,um eine ausnahmsweise Eigenhaftung des GmbH-Ge-schäftsführers entgegen der Regel der auf das Gesell-schaftsvermögen beschränkten Haftung nach § 13 Abs. 2GmbHG zu begründen.... Der Sinn der Insolvenzsicherung reicht nicht aus, umeine persönliche Geschäftsführerhaftung herzuleiten(aAZwanziger, RdA 2005, 226 [240]). Der organschaftlicheVertreter muss als Adressat einer gesetzlich erweitertenHaftung erkennen können, welchem Risiko er persönlichausgesetzt ist. Das trifft auf die Regelungen in § 8aAltTZG a.F. nicht zu. Auch die Gesetzesbegründung ent-hält keinen Hinweis auf eine Eigenhaftung (vgl. Klein-gers, S. 168).... § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV i.d.F. am 1.1.2009 in Kraftgetreten vom 21.12.2008 und der Folgefassung vom12.11.2009 zeigt, dass sich der Gesetzgeber des Problemsder Durchgriffshaftung bewusst ist. Danach haften dieorganschaftlichen Vertreter des Arbeitgebers gesamt-schuldnerisch für den Schaden der Verringerung oder desVerlusts des Wertguthabens, wenn der Arbeitgeber einejuristische Person oder eine Gesellschaft ohne Rechtsper-sönlichkeit ist. Nach § 8a Abs. 1 Satz 1 letzter Halbs.AltTZG n.F. findet § 7e SGB IV in der erstmals am1.1.2009 i.d. F. v. 21.12.2008 – inzwischen ersetzt durchdie am 1.9.2009 i.d.F. v. 12.11.2009 – keine Anwen-dung. Der Senat braucht hier jedoch nicht darüber zuentscheiden, ob diese Bestimmung nur auf den spezialge-setzlichen Vorrang der Regelungen des § 8a AltTZG n.F.im Verhältnis des Arbeitnehmers zum Arbeitgeber hin-weist oder auch die Durchgriffshaftung des organschaft-lichen Vertreters nach § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV aus-schließt. Die in § 7e Abs. 7 Satz 2 SGB IV getroffene Re-gelung zeigt jedenfalls, dass der Gesetzgeber erst seit1.1.2009 den Regelungswillen für eine Eigenhaftung imallgemeinen Insolvenzschutz für Wertguthaben zum Aus-druck gebracht hat (ähnlich LAG Hessen v. 26.9.2008 –10 Sa 295/08, juris Rz. 37 f. [vgl. auch das SenatsurteilBAG v. 23.2.2010 – 9 AZR 71/09 – zu der gegen die Be-rufungsentscheidung gerichteten Revision]).... Ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten aus§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 8a AltTZG a.F. kann nichtaus einer Garantenstellung hergeleitet werden. Das giltselbst dann, wenn die Beklagten als gesetzliche Vertreter

der Arbeitgeberin Organisations- oder Verkehrssiche-rungspflichten verletzt haben sollten (vgl. dazu Klein-gers, S. 109 f.). ... Eine Garantenstellung, die für den or-ganschaftlichen Vertreter eine Handlungspflicht begrün-det, kommt nur in Betracht, wenn das Unterlassen desVertreters kausal für die Rechtsgutsverletzung oder denSchadenseintritt ist. Der organschaftliche Vertreter musszudem in eigener Person alle Voraussetzungen für den de-liktischen Haftungstatbestand erfüllen, wenn keine wei-tergehende Zurechnungsnorm eingreift. ... Diese Erfor-dernisse sind im Streitfall nicht gewahrt.... Der BGH verlangt für eine deliktische Eigenhaftungdes gesetzlichen Vertreters aus dem hier jedenfalls nichtverwirklichten § 823 Abs. 1 BGB die Verantwortung desVertreters aus der mit seinem Geschäftsbereich verbun-denen Garantenpflicht zum Schutz Außenstehender vorGefährdung oder Verletzung ihrer Schutzgüter. Die Ga-rantenpflicht muss sich gerade auf den Schutz absoluterRechte i.S.v. § 823 Abs. 1 BGB beziehen (vgl. z.B. BGHv. 12.3.1996 – VI ZR 90/95, MDR 1996, 591 = NJW1996, 1535, zu II 3 und III der Gründe; v. 12.3.1990 – IIZR 179/89, BGHZ 110, 323 = MDR 1990, 901 f., zu II2 der Gründe; v. 5.12.1989 – VI ZR 335/88, BGHZ 109,297 = MDR 1990, 425, zu II 3 a aa der Gründe). Bestehteine Garantenpflicht und verletzt das Unterlassen des ge-setzlichen Vertreters ein absolutes Recht, erfüllt der or-ganschaftliche Vertreter bei rechtswidrigem und schuld-haftem Verhalten selbst die Tatbestandsmerkmale des§ 823 Abs. 1 BGB. § 823 Abs. 1 BGB richtet sich an je-dermann.

... § 823 Abs. 2 BGB wendet sich demgegenüber nicht anjedermann, sondern nur an den, der ein Schutzgesetz ver-letzt. Soll ein Schutzgesetz verletzt sein, müssen in derPerson des organschaftlichen Vertreters der juristischenPerson alle Tatbestandsmerkmale erfüllt sein, wenn keinedarüber hinausgehende gesetzliche Zurechnungsnormeingreift. Aus den Entscheidungen des BGH v. 5.12.2008– V ZR 144/07, MDR 2009, 256 f. = NJW 2009, 673Rz. 12; v. 11.7.2006 – VI ZR 340/04, NJW-RR 2006,1713, Rz. 12 f.; 21.4.2005 – III ZR 238/03, MDR 2005,1002 = NJW 2005, 2703, zu II 5 der Gründe) ergibt sichnichts anderes. Die Verletzung der dort untersuchtenSchutzgesetze war entweder eine Ordnungswidrigkeitoder sie verwirklichte einen Straftatbestand. Zurech-nungsnormen waren § 9 Abs. 1 OWiG oder § 14 Abs. 1Nr. 1 StGB. ...

Volltext-Bestellnummer 37886

Handels- und Gesellschaftsrecht

Gesamtvertretung bei der GbR

ZPO § 51; BGB § 714

a) Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird gericht-lich durch alle Gesellschafter vertreten, denen die Ge-schäftsführungsbefugnis zusteht, soweit der Gesell-schaftsvertrag keine abweichenden Regelungen ent-hält.

b) Die Gesellschafter können einen Vertretungsmangeldurch Eintritt in den Prozess als gesetzliche Vertreterund Genehmigung der bisherigen Prozessführung hei-len.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1269

Handels- und Gesellschaftsrecht

Page 56: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

BGH, Urt. v. 19.7.2010 – II ZR 56/09(LG Berlin – 51 S 128/08; AG Berlin-Charlottenburg)

Aus den Gründen:... Die Klage ist bereits als unzulässig abzuweisen, weildie Klägerin nicht nach Vorschrift der Gesetze vertretenist (§ 547 Nr. 4 ZPO). Die Klägerin muss organschaftlichvon allen ihren Gesellschaftern vertreten werden. Gemäߧ 51 Abs. 1 ZPO i.V.m. 714 BGB wird eine Gesellschaftbürgerlichen Rechts durch die Gesellschafter gerichtlichund außergerichtlich vertreten, denen die Geschäftsfüh-rungsbefugnis zusteht, soweit der Gesellschaftsvertragkeine abweichenden Regelungen enthält (vgl. BGH, Urt.v. 14.2.2005 – II ZR 11/03, MDR 2005, 762 = ZIP 2005,524 [525]). Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertragsder Klägerin obliegt die Führung der Geschäfte den Ge-sellschaftern gemeinschaftlich, so dass sie die Gesell-schaft als Gesamtvertreter vertreten. Die Klägerin ist imVerfahren nicht von allen Gesellschaftern, sondern nurvon der Gesellschafterin J. B. vertreten. Auf dem Mahn-bescheidsantrag, dessen Vertreterbezeichnung alle fol-genden gerichtlichen Entscheidungen übernommen ha-ben, hat die Klägerin sie als einzige organschaftliche Ver-treterin der Gesellschaft aufgeführt. Sie ist weder aus-drücklich noch konkludent mit der alleinigen Vertretungder Gesellschaft beauftragt worden. ...Der in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu berück-sichtigende Vertretungsmangel wurde nicht geheilt. EineHeilung ist dadurch möglich, dass die gesetzlichen Ver-treter der Klägerin als solche in den Prozess eintretenund die Prozessführung des vollmachtlosen Vertreters ge-nehmigen (BGH, Urt. v. 16.2.2009 – II ZR 282/07,MDR 2009, 701 = ZIP 2009, 717 Rz. 10; ...). Die Gesell-schafter sind – trotz des Hinweises des Senats auf denVertretungsmangel in der Terminsbestimmung – nicht inden Prozess eingetreten und haben die Prozessführung ih-rer Gesellschafterin nicht genehmigt. Die Erklärung desProzessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichenVerhandlung vor dem Senat, er erkläre in Vollmacht derGesellschafter, dass sämtliche Gesellschafter der Klägerindie Prozessführung genehmigen und als gesetzliche Ver-treter in den Prozess eintreten, führt nicht zu ihrem Ein-tritt oder zur Genehmigung der Prozessführung. Er hatseine – bestrittene – Vollmacht, für die Gesellschafter Er-klärungen abgeben zu können, nicht nachgewiesen. ...

Volltext-Bestellnummer 38103

Gesellschaftsrechtliche Haftung des Anlegers trotzWiderrufs nach dem HWiG

EWG-RL 577/85 Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 5 Abs. 2,Art. 7; HGB § 171

Die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Fal-le von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenenVerträgen ist auf den Beitritt zu einem geschlossenenImmobilienfonds anwendbar, wenn der Zweck desBeitritts nicht vorrangig darin besteht, Mitglied dieserGesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen.Dies gilt unabhängig davon, ob der Fonds in derRechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechtsoder einer OHG bzw. KG errichtet ist (acte claire).

Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, die ent-sprechend den allgemeinen Grundsätzen des Zivil-rechts einen vernünftigen Ausgleich und eine gerechteRisikoverteilung zwischen den einzelnen Beteiligten

sichern soll, ist mit der Richtlinie 85/577/EWG ver-einbar und bleibt anwendbar. Art. 5 Abs. 2 der Richt-linie schließt damit auch nicht aus, den widerrufendenVerbraucher auf seine Haftsumme nach § 171 Abs. 1HGB in Anspruch zu nehmen.

BGH, Beschl. v. 12.7.2010 – II ZR 269/07(KG – 23 U 19/07; LG Berlin)

Sachverhalt:Der Senat weist mit diesem Beschluss darauf hin, dass er beab-sichtigt, die Revision durch Beschluss nach § 552 a ZPO zurück-zuweisen. Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknah-me erledigt worden.

Aus den Gründen:... Die Rechtsfrage, deretwegen das Berufungsgericht dieRevision zugelassen hat und zu der sich die Revisions-begründung verhält, ist durch das Urteil des EuGH v.15.4.2010 – Rs. C-215/08, ZIP 2010, 772 ff. geklärt undhat damit keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 543Abs. 2 Nr. 1 ZPO mehr. Es kann dahinstehen, ob die Be-klagte in einer von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG (jetzt: § 312Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB) vorausgesetzten Situation bei-getreten ist. Selbst wenn sie ihre Gesellschaftsbeteiligungwiderrufen konnte, richten sich die Rechtsfolgen nachden Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft undwird die Beteiligung nur ex nunc rückabgewickelt. DerEuGH hat auf die Vorlagefragen des erkennenden Senatsausgeführt, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Ratesvom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz imFalle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenenVerträgen zwar auf den Beitritt zu einem geschlossenenImmobilienfonds in der Form einer Personengesellschaftanwendbar ist, wenn der Zweck des Beitritts nicht vor-rangig darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu wer-den, sondern Kapital anzulegen. Dies gilt unabhängig da-von, ob der Fonds in der Form einer Gesellschaft bürger-lichen Rechts oder einer OHG bzw. KG errichtet ist (acteclaire). Der Gerichtshof stellt auf die Erklärung des Bei-tritts zum Zweck der Kapitalanlage ab; nach seiner Auf-fassung kommt es für die Frage der Anwendbarkeit derRichtlinie in erster Linie auf die Umstände des Vertrags-schlusses und nicht auf die Rechtsform der Anlagegesell-schaft an.Die Richtlinie schließt es nach Ansicht des Gerichtshofsin diesen Fällen aber keineswegs aus, dass der Verbrau-cher gegebenenfalls gewisse Folgen tragen muss, die sichaus der Ausübung seines Widerrufsrechts ergeben (EuGHv. 15.4.2010 – Rs. C-215/08, ZIP 2010, 772 Tz. 45).Wie der Gerichtshof ausdrücklich festgestellt hat, darfdas nationale Recht bei der Regelung der Rechtsfolgendes Widerrufs einen vernünftigen Ausgleich und eine ge-rechte Risikoverteilung zwischen den einzelnen Beteilig-ten herstellen (a.a.O. Tz. 48). Es ist insbesondere zuläs-sig, dem widerrufenden Verbraucher und nicht den Dritt-gläubigern die finanziellen Folgen des Widerrufs des Bei-tritts aufzuerlegen, zumal diese an dem Vertrag, der wi-derrufen wird, nicht beteiligt waren (a.a.O. Tz. 49). DieAusführungen des Gerichtshofs zur Vereinbarkeit derLehre von der fehlerhaften Gesellschaft mit Art. 5 Abs. 2der Richtlinie gelten wegen der identischen Interessenla-ge bei einer Personenhandelsgesellschaft ebenso wie beieiner Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Entgegen derAuffassung der Revision schließt Art. 5 Abs. 2 der Richt-linie damit auch nicht aus, die widerrufenden Verbrau-cher auf ihre Haftsumme gem. § 171 Abs. 1 HGB in An-spruch zu nehmen.Die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft trägt der Be-sonderheit des Gesellschaftsrechts Rechnung, dass –nachdem die Organisationseinheit erst einmal, wenn

1270 Rechtsprechung MDR 21/2010

Handels- und Gesellschaftsrecht

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auch auf fehlerhafter Grundlage in Vollzug gesetzt wor-den ist – die Ergebnisse dieses Vorgangs, der regelmäßigmit dem Entstehen von Verbindlichkeiten verbunden ist,nicht ohne weiteres rückgängig gemacht werden können.Diese Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft, der derfehlerhafte Gesellschaftsbeitritt gleichsteht (... BGH v.16.12.2002 – II ZR 109/01, BGHZ 153, 214 [221]; ...),gehört zum „gesicherten Bestandteil des Gesellschafts-rechts“ (BGHZ 55, 5 [8]). Die gegenläufigen Interessendes Beitretenden, der Mitgesellschafter und der Gläubi-ger der Gesellschaft werden gleichmäßig berücksichtigt.Darin liegt die Eigenheit der gesellschaftsrechtlichenKonstellation. Der Kern der Aussagen der Lehre von derfehlerhaften Gesellschaft bzw. von dem fehlerhaften Be-tritt besteht nach der ständigen Rechtsprechung des Se-nats, der die Literatur einmütig folgt, darin, dass der Bei-tretende – bis zum Austritt infolge der geltend gemachtenFehlerhaftigkeit durch Widerruf/Kündigung – Gesell-schafter mit allen Rechten und Pflichten ist, und zwar so-wohl im Innen- (s. bereits BGHZ 26, 330 [334]) als auchim Außenverhältnis (so zu §§ 128 ff. HGB: BGHZ 44,235 [236]; ... BGH v. 17.6.2008 – XI ZR 122/07, BGHZ177, 108 = MDR 2008, 1050 f., Tz. 22; s. zur Literaturnur Staub/Habersack, HGB 5. Aufl., § 130 Rz. 7m.w.N.). Ist der fehlerhaft Beigetretene bis zum Zeit-punkt seines Ausscheidens Kommanditist mit allen Rech-ten und Pflichten, ist er das auch in Bezug auf seine Au-ßenhaftung nach § 171 HGB. ...

Volltext-Bestellnummer 38106

GmbH-Gesellschafterversammlung: Stimmverbot beiAbstimmung über die Versammlungsleitung

GmbHG § 47 Abs. 4

Ein satzungsgemäß zum Versammlungsleiter in denGesellschafterversammlungen einer GmbH berufenerGesellschafter unterliegt bei der Abstimmung überden Antrag, ihm die Versammlungsleitung im Hin-blick auf einen Interessenkonflikt bei einzelnen Ge-genständen der Tagesordnung zu entziehen, keinemStimmverbot nach § 47 Abs. 4 GmbHG im Hinblickauf diesen Interessenkonflikt.

BGH, Urt. v. 21.6.2010 – II ZR 230/08(OLG Naumburg – 2 U 40/08 [Hs]; LG Magdeburg)

Sachverhalt:Der Kläger ist neben dem Beklagten zu 3 Geschäftsführer derBeklagten zu 4, einer GmbH. Zugleich ist er mit einem Ge-schäftsanteil von 49 % deren Gesellschafter. Weitere Gesell-schafter sind mit einem Anteil von ebenfalls 49 % die Beklagtezu 1 und mit einem Anteil von 2 %, aber ohne Stimmrecht, derBeklagte zu 2. Am Revisionsverfahren beteiligt ist neben demKläger nur noch die Beklagte zu 4. Nach ihrer Satzung obliegtdie Leitung der Gesellschafterversammlungen dem Aufsichts-ratsvorsitzenden, bei Fehlen eines Aufsichtsrats dem dienstältes-ten Geschäftsführer. Am 30.8.2007 fand eine Gesellschafterver-sammlung der Beklagten zu 4 statt. Als Tagesordnungspunktewaren in der Einladung u.a. die Einziehung des Geschäftsanteilsdes Klägers, seine Abberufung als Geschäftsführer und die Kün-digung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertrages angekün-digt.Da die Beklagte zu 4 keinen Aufsichtsrat hat und der Kläger derdienstälteste Geschäftsführer ist, wollte er die Versammlungslei-tung übernehmen. Daraufhin entstand Streit darüber, ob derKläger wegen einer Interessenkollision vom Amt des Versamm-lungsleiters ausgeschlossen war. In der Folge wurden zwei Pro-tokolle erstellt, das eine über eine vom Kläger unter seiner Ver-

sammlungsleitung und unter Mitwirkung des von ihm beauftra-gen Rechtsanwalts T. als Protokollführer durchgeführte Gesell-schafterversammlung, das andere über eine Gesellschafterver-sammlung unter Teilnahme der Beklagten zu 1 und 2 mit Ver-sammlungsleitung durch den Geschäftsführer der Beklagten zu 1,N., und Protokollführung durch Rechtsanwältin H.

Der Kläger hat mit der Klage u.a. beantragt festzustellen, dassdie Beschlüsse der von Herrn N. geleiteten Gesellschafterver-sammlung, die in dem entsprechenden Protokoll festgehaltensind, nichtig sind, hilfsweise für nichtig erklärt werden (Klagean-trag zu 2). Das LG hat die Klage abgewiesen. Mit seiner Beru-fung hat der Kläger nur noch den Klageantrag zu 2 gegen dieBeklagte zu 4 weiterverfolgt. Die Berufung ist zurückgewiesenworden. Dagegen wendet sich der Kläger erfolgreich mit dervom erkennenden Senat zugelassenen Revision.

Aus den Gründen:... Die Abwahl des Klägers als Versammlungsleiter warunwirksam. Damit ist die vom Kläger geleitete Gesell-schafterversammlung maßgeblich. Die Zusammenkunftder Beklagten zu 1 und 2 unter Leitung von Herrn N.war dagegen eine bloße Scheinversammlung. Die auf die-ser Scheinversammlung gefassten Beschlüsse sind nichtig.Das Berufungsgericht ist allerdings zu Recht davon aus-gegangen, dass der Kläger in Bezug auf die ersten dreiTagesordnungspunkte vom Stimmrecht ausgeschlossenwar. Nach dem Rechtsgedanken des § 47 Abs. 4GmbHG ist es einem Gesellschafter verwehrt, als Richterin eigener Sache abzustimmen. Das gilt sowohl für dieEinziehung des Geschäftsanteils aus einem in der Persondes Gesellschafters liegenden wichtigen Grund (Bayer inLutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Aufl., § 47 Rz. 40;Scholz/K. Schmidt, GmbHG, 10. Aufl., § 47 Rz. 138;ebenso für die Ausschließung BGHZ 9, 157 [178]; ...) alsauch für seine Abberufung als Geschäftsführer aus wich-tigem Grund (BGHZ 86, 178 f.) und die außerordentli-che Kündigung seines Geschäftsführer-Anstellungsvertra-ges (BGH, Urt. v. 27.10.1986 – II ZR 74/85, NJW 1987,1889). So liegt der Fall hier. Die angekündigten Beschlüs-se sollten jeweils wegen eines in der Person des Klägersliegenden wichtigen Grundes gefasst werden. Das Beru-fungsgericht hat jedoch rechtsfehlerhaft angenommen,aus diesem Interessenkonflikt ergebe sich die Berechti-gung der Gesellschafterversammlung der Beklagten zu 4,den nach dem Inhalt der Satzung zum Versammlungslei-ter berufenen Kläger gegen dessen Stimmen aus diesemAmt abzuwählen.Dabei kommt es nicht darauf an, unter welchen Voraus-setzungen und mit welcher Stimmenmehrheit ein sat-zungsmäßig bestimmter Versammlungsleiter aus seinemAmt abberufen werden kann (für eine Abberufung nurdurch Satzungsänderung oder satzungsdurchbrechendenGesellschafterbeschluss Hüffer in Ulmer/Habersack/Win-ter, GmbHG § 48 Rz. 31; Böttcher/Grewe, NZG 2002,1086 [1090]; für eine Abberufung mit einfacher Mehr-heit bei Vorliegen eines wichtigen Grundes dagegen Bay-er, a.a.O., § 48 Rz. 15; ebenso für die AG Mülbert inGroßkomm/AktG, 4. Aufl., vor §§ 118-147 Rz. 83).Denn der Beschluss über die Abwahl des Klägers als Ver-sammlungsleiter ist weder mit der satzungsänderndenDreiviertel-Mehrheit des § 53 Abs. 2 GmbHG noch miteinfacher Mehrheit gefasst worden. Der Kläger unterlagentgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bei dieserAbstimmung keinem Stimmverbot. Deshalb konnte dieBeklagte zu 1 mit ihrem nur hälftigen Stimmanteil keinenentsprechenden Beschluss herbeiführen.Der Versammlungsleiter, der zugleich Gesellschafter ist,hat grundsätzlich das Recht, bei der Entscheidung überseine Abwahl aus Anlass eines ihn betreffenden Interes-senkonflikts in Bezug auf den Gegenstand der Tagesord-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1271

Handels- und Gesellschaftsrecht

Page 58: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

nung mitzustimmen (Werner, GmbHR 2006, 127 [129];a.A. Hoffmann/Köster, GmbHR 2003, 1327 [1332];Zöllner in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Aufl.,Anh. § 47 Rz. 120, die sogar einen automatischen Aus-schluss vom Amt des Versammlungsleiters annehmen).Weder nach § 47 Abs. 4 GmbHG noch aus dem darinzum Ausdruck kommenden Rechtsgedanken, niemandsolle als Richter in eigener Sache tätig sein, besteht inso-weit ein Stimmverbot. Voraussetzung für ein Stimmver-bot ist, dass aufgrund eines bestimmten Interessenkon-flikts typischerweise damit zu rechnen ist, der Gesell-schafter werde sich bei der Abstimmung von seinen eige-nen Interessen leiten lassen und die Interessen der Gesell-schaft – hier in Form des Interesses an einer korrektenund gesetzeskonformen Verhandlungsleitung und Be-schlussfeststellung – hintanstellen (Hüffer, a.a.O., § 47Rz. 122). Davon kann nicht ohne weiteres ausgegangenwerden, wenn es um die Frage geht, ob der Versamm-lungsleiter wegen eines in Bezug auf einen Tagesord-nungspunkt bestehenden Interessenkonflikts abberufenwerden soll. Der Versammlungsleiter hat zwar Einflussauf den Gang der Versammlung. Er kann aber weder Be-schlussgegenstände von der Tagesordnung absetzen,noch die Versammlung vertagen (Scholz/K. Schmidt/Seibt, a.a.O., § 48 Rz. 36). Ist ihm – wie regelmäßig soauch hier – die Feststellung des Ergebnisses der Abstim-mungen übertragen, hat er zwar nicht nur die Stimmenzu zählen, sondern auch – vorläufig – zu entscheiden, obeinzelne Stimmen wegen eines Stimmverbots nicht zu be-rücksichtigen sind; das von ihm festgestellte Beschluss-ergebnis ist vorläufig verbindlich und kann – außer beiNichtigkeit – nur durch eine Anfechtungsklage beseitigtwerden (... BGH v. 11.2.2008 – II ZR 187/06, MDR2008, 579 = ZIP 2008, 757 Tz. 22). Bei dieser Feststel-lung hat der Versammlungsleiter jedoch kein Ermessen,sondern muss die gesetzlichen Regeln des § 47 GmbHGeinhalten.Für ein grundsätzliches Stimmrecht bei der Abstimmungüber die Abwahl als Versammlungsleiters sprechen auchpraktische Erwägungen. Ob ein Stimmverbot in Bezugauf einen Tagesordnungspunkt besteht, kann im Einzel-fall umstritten sein. Würde man dieses Stimmverbot aufdie Abwahl als Versammlungsleiter erstrecken, könnte es– wie auch im vorliegenden Fall – zu einer Pattsituationkommen. Der satzungsmäßig berufene Versammlungslei-ter hält sich weiter für zuständig. Die Gegenseite präsen-tiert einen anderen Versammlungsleiter. Es kommt zu pa-rallelen Gesellschafterversammlungen. Derartige Schwie-rigkeiten gilt es – soweit möglich – zu vermeiden. Die üb-rigen Gesellschafter werden durch die im Einzelfall beste-hende Möglichkeit, dass der Versammlungsleiter seinAmt nicht ordnungsgemäß ausübt, nicht unzumutbar be-lastet. Verletzt der Versammlungsleiter grundlegende Re-geln, kann er wegen dieses Verhaltens aus wichtigemGrund abberufen werden. Im Übrigen können die Gesell-schafter die Wirksamkeit der von dem Versammlungslei-ter festgestellten Beschlüsse mit der Anfechtungs- undNichtigkeitsklage nachprüfen lassen. ...

Volltext-Bestellnummer 38105

Aktiengesellschaft: Berechnung der Einberufungsfristnach altem Recht

AktG i.d.F. des UMAG § 123

Der Tag der Einberufung war bei der Berechnung derEinberufungsfrist nach § 123 Abs. 1 AktG a.F. mit-zuzählen.

BGH, Beschl. v. 31.5.2010 – II ZR 105/09(OLG Frankfurt – 5 U 9/08; LG Frankfurt/M.)

Aus den Gründen:... Soweit die Revision zugelassen ist, ist sie nach § 552aZPO zurückzuweisen. Zulassungsgründe bestehen nichtmehr. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Entscheidungdes Revisionsgerichts (vgl. BGH, Urt. v. 20.1.2005 – IZR 255/02, MDR 2005, 1069 = NJW-RR 2005, 650;...). Die Fristenberechnung bei der Einberufung einerHauptversammlung ist spätestens durch die Änderungdes § 123 AktG mit dem Gesetz zur Umsetzung der Ak-tionärsrichtlinie (ARUG) vom 30.7.2009 (BGBl. I, 2479)mit Wirkung für Hauptversammlungen, die nach dem31.10.2009 einberufen werden (§ 20 Abs. 1 EGAktG),geklärt. § 123 Abs. 1 AktG i.d.F. des ARUG schließt aus,den Einberufungstag bei der Fristberechnung mitzuzäh-len. Klärungsbedarf für die Fristberechnung nach § 123AktG i.d.F. vor dem ARUG besteht nicht mehr. Bei aus-laufendem Recht entfällt die Grundsatzbedeutung nurdann nicht, wenn noch über eine erhebliche Anzahl vonFällen nach altem Recht zu entscheiden sein wird (vgl.Wenzel in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl., § 543 Rz. 8,§ 544 Rz. 13). Das ist hier nicht zu erwarten. (Wird aus-geführt.)Die Revision hat keine Aussicht auf Erfolg. Das Beru-fungsgericht nimmt zu Recht an, dass die Beklagte mitder Bekanntmachung der Einberufung am 16.4.2007 dieEinberufungsfrist zur Hauptversammlung vom24.5.2007 gewahrt hat. Die Hauptversammlung warmindestens 30 Tage vor dem Tage der Versammlung ein-zuberufen (§ 123 Abs. 1 AktG a.F.). Da die Satzung derBeklagten eine Anmeldung vorsah, trat an die Stelle desTages der Versammlung der Tag, bis zu dessen Ablaufsich die Aktionäre vor der Versammlung anzumeldenhatten (§ 123 Abs. 2 Satz 2 AktG a.F.). Dies war der16.5.2007. Die Satzung der Beklagten sah eine Anmel-dung bis zum Ablauf des siebten Tages vor der Hauptver-sammlung vor. Der vom 24.5.2007 aus betrachtet siebteTag vor der Hauptversammlung war mit dem 17.5.2007– Christi Himmelfahrt – ein bundesweit und damit aucham Sitz der Beklagten gesetzlich anerkannter Feiertag, sodass an seine Stelle der zeitlich vorangehende 16.5.2007trat (§ 123 Abs. 4 AktG a.F.).Vom 16.5.2007 aus 30 Tage zurück gerechnet lag der16.4.2007. Im Gegensatz zum Tag der Hauptversamm-lung bzw. dem nach § 123 Abs. 2 Satz 2 AktG a.F. maß-gebenden Anmeldeschluss war der Tag der Einberufungmitzuzählen (vgl. Hüffer, 8. Aufl. 2008, § 123 AktGRz. 14; Williamowski in Spindler/Stilz, § 123 Rz. 2; Wer-ner in Großkomm/AktG, 4. Aufl., § 123 Rz. 3 ff.; . . .).§ 107 AktG 1937 sah explizit vor, dass sowohl der Tagder Einberufung als auch der Tag der Hauptversamm-lung nicht mitzurechnen seien. Im Aktiengesetz von1965 fehlte eine Regelung, weil nach Ansicht des Gesetz-gebers nach der Fristenregelung im BGB ohnehin der Tagder Einberufung nicht mitzurechnen sei (BegründungRegE zum AktG 1965, vgl. Kropff, Textausgabe des Ak-tiengesetzes vom 6.9.1965 mit Materialien, S. 172). Da§ 123 Abs. 4 AktG i.d.F. des UMAG im Gegensatz dazuaber ausdrücklich nur noch den Tag der Hauptversamm-lung von der Zählung ausschloss, war der Tag der Ein-berufung mitzuzählen (vgl. Mimberg, AG 2005, 716[717 f.]). Das entspricht auch dem Willen der Verfasserdes Regierungsentwurfs zum UMAG (vgl. BT-Drucks.15/5092, 14). Außerdem wäre die Regelung in § 123Abs. 4 Halbs. 2 AktG a.F. sonst nicht verständlich. WennderTag des Fristendes nicht mitrechnen würde, hättenicht geregelt werden müssen, dass beim Fristende amSonnabend an die Stelle dieses Tages der vorangehende

1272 Rechtsprechung MDR 21/2010

Handels- und Gesellschaftsrecht

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Werktag tritt, da ohne Mitrechnung des Sonnabends vonvorneherein am Freitag hätte einberufen werden müssen(Reger in Bürgers/Körber, AktG § 123 Rz. 13).

Volltext-Bestellnummer 38250

Keine Bindung des Registergerichts an die grafischeGestaltung einer angemeldeten Firma

FamFG § 383 Abs. 3

1. Die Unanfechtbarkeit der Handelsregistereintra-gung nach § 383 Abs. 3 FamFG schließt nicht aus, aufAntrag eine Namens-, Firmen- oder Datumsangabeoder die Verlautbarung rechtlicher Verhältnisse zu be-richtigen („Fassungsbeschwerde“).

2. Das Registergericht ist bei der Eintragung an die inder Anmeldung vorgeschlagene grafische Gestaltungdes Firmennamens (hier: durchgehende Verwendungvon Großbuchstaben) nicht gebunden.

OLG München, Beschl. v. 28.7.2010 – 31 Wx 129/10(AG München – HRB 159345–4)

Aus den Gründen:Mit Schreiben vom 21.4.2010 beantragten die Geschäfts-führer der beteiligten Gesellschaft u.a. die Eintragungdes geänderten Firmennamens. Der derzeitige Firmen-name wurde abgeändert in TXXX CONSTRUCTIONGMBH. Das Registergericht trug am 20.5.2010 die Fir-ma unter dem Namen TXXX [in Großbuchstaben] Con-struction GmbH in das Handelsregister ein. Mit Schrei-ben vom 1.6.2010 beantragte der Verfahrensbevollmäch-tigte die Berichtigung der Eintragung im Hinblick auf dieSchreibweise „Construction“. Die richtige Firmenbe-zeichnung laute auf einen Namen, der durchgehend inGroßbuchstaben geschrieben sei. Nach der Revision desFirmensrechts sei es zulässig, eine Firma durch Groß-und Kleinschreibung sowie mit einer Kombination beiderElemente grafisch zu gestalten. Da maßgebend der Ein-trag im Handelsregister sei und die Beteiligte demgemäßauch gehalten sei, gemäß dem Handelsregistereintrag ih-ren Namen zu verwenden, sei der richtige Name bzw. dierichtige Firmenbezeichnung einzutragen, mithin die ge-mäß dem Gesellschafterbeschluss gewählte Fassung derGroßschreibung. ... Die Beschwerde hat keinen Erfolg.(Zu 1:) Nach § 383 Abs. 3 FamFG ist eine Eintragung imHandelsregister nicht anfechtbar. Es ist jedoch aner-kannt, dass im Wege eines Berichtigungsantrags – auch„Fas-sungsbeschwerde“ genannt – die Korrektur/Klar-stellung von Namens-, Firmen- oder Datumsangabenoder die korrekte Verlautbarung rechtlicher Verhältnisseherbeigeführt werden kann. Diese Möglichkeit wurdedurch § 383 Abs. 3 FamFG nicht abgeschafft; sie bestehtweiterhin (vgl. BT-Drucks. 16/6308, 286; Keidel/Heine-mann, FamFG, 16. Aufl., § 383 Rz. 24). Verfahrens-mäßig ist das an das Registergericht gerichtete Begehrenauf Berichtigung der Eintragung ein „Antrag“ und nichteine „Beschwerde“; denn es ist zunächst einmal Sachedes Registergerichts, über das Berichtigungsbegehren zuentscheiden. Der Antrag ist nur zulässig, wenn er aufeine Berichtigung oder Klarstellung in dem vorgenanntenSinn und nicht etwa auf eine inhaltliche Änderung ge-richtet ist. Hält das Registergericht das Berichtigungs-begehren für unbegründet, so weist es den Antrag durchverfahrensbeendenden Beschluss zurück, gegen den so-dann die Beschwerde eröffnet ist (vgl. Krafka/Willer/Kühn, Registerrecht, 8. Aufl., Rz. 2445; Heinemann,DNotZ 2009, 1 [32 f.]). So ist das Verfahren hier aller-

dings nicht gelaufen. Das Registergericht hat den Schrift-satz vom 1.6.2010 als Beschwerde aufgefasst und – vondiesem Ansatz aus folgerichtig – einen Nichtabhilfe-beschluss gefasst. Richtigerweise hätte es die in demSchriftsatz enthaltenen Verfahrenserklärungen unschwerals – zulässigen – „Antrag“ auslegen können und überdiesen Antrag durch Endentscheidung entscheiden müs-sen. Das kann jedoch dahinstehen; denn das Registerge-richt hat jedenfalls der Sache nach den Berichtigungs-antrag abgelehnt. Die Überprüfung durch das Beschwer-degericht führt zu keinem anderen Ergebnis.(Zu 2:) Das Registergericht ist bei der Eintragung zwaran den gewählten Firmennamen, nicht aber an einen be-stimmten Fassungsvorschlag des Anmeldenden gebun-den. Das gilt insbesondere für das Schriftbild. Die gra-fische Gestaltung des Schriftbildes hat keine namens-rechtliche und somit auch keine firmenrechtliche Rele-vanz. Deshalb bindet die Schreibweise in der Register-anmeldung betreffend die Verwendung nur von Groß-buchstaben oder nur von Kleinbuchstaben das Register-gericht nicht. Ob es dem Vorschlag des Anmeldenden füreine bestimmte Fassung des Schriftbildes folgt, ist nachpflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (vgl. KG v.23.5.2000 – 1 W 247/99, NJW-RR 2001, 173; Krafka/Willer/Kühn, Rz. 173, 206). In der Regel ist es zweck-mäßig, zur Gewährleistung eines einheitlichen, verläss-lichen Standards die Regeln der deutschen Rechtschrei-bung zugrunde zu legen, soweit sich nicht der gewählteName, etwa als Phantasiename, ohnehin dem Regelwerkder deutschen Rechtschreibung entzieht. Nach diesenGrundsätzen ist die Eintragung nicht zu beanstanden.Der Senat sieht keinen Anlass für eine abweichende Er-messensausübung. Soweit das Registergericht den erstenTeil des zweigliedrigen Firmennamens in Großbuchsta-ben eingetragen und so dem Wunsch der GesellschaftRechnung getragen hat, wendet sich die Beschwerde da-gegen nicht und ist das hier nicht Verfahrensgegenstand.Die Differenzierung zwischen den beiden Wörtern desNamens erscheint hier gerechtfertigt, da der erste, japa-nisch klingende Teil in deutscher Sprache kein sinnhaftesWort oder Eigenname ist (soweit es sich um einen in Ja-pan gebräuchlichen Eigennamen handelt, erschließt sichdessen Bezug zur Gesellschaft für Außenstehende nicht),während das zweite Wort „Construction“ ersichtlich denGegenstand des Unternehmens beschreibt (Ausführungvon Bauarbeiten etc.). Es trifft auch nicht zu, wie die Be-schwerde meint, dass die Gesellschaft an die Registerein-tragung gebunden wäre. Die Eintragung hindert die Ge-sellschaft nicht, im geschäftlichen Verkehr auf ihrenBriefbögen, Schildern und Werbeaussagen mit einem an-deren Schriftbild, etwa nur Großbuchstaben, aufzutre-ten. Ihr Interesse an einer bestimmten grafischen Gestal-tung des Firmennamens im öffentlichen Auftreten wirddaher durch eine anderslautende Registereintragung imKern gar nicht beeinträchtigt. ...

(Einsenderin: Ri’inOLG Margaretha Förth, München)Volltext-Bestellnummer 38148

Inhalt des Buchauszugs für den Handelsvertreter

HGB § 87c Abs. 2

Der Buchauszug nach § 87c Abs. 2 HGB muss nur dieAngaben enthalten, die nach der zwischen dem Unter-nehmer und dem Handelsvertreter geschlossenen Ver-einbarung für die Berechnung, die Höhe und die Fäl-ligkeit der Provision von Bedeutung sind.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1273

Handels- und Gesellschaftsrecht

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OLG München, Urt. v. 21.4.2010 – 7 U 5369/09(LG München I – 10 HKO 16781/08)

Aus den Gründen:... Nach § 87c Abs. 2 HGB kann der Handelsvertreterbei der Abrechnung der Provision einen Buchauszug überalle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGBProvision gebührt. Der Buchauszug soll den Handelsver-treter in die Lage versetzen, unter Vergleich mit seinenUnterlagen zu prüfen, ob die Provisionsabrechnung rich-tig und vollständig ist, und ihm somit eine Kontrolle allerprovisionsrelevanten Vorgänge ermöglichen (vgl. BGHDB 1964, 583; v. 23.10.1981 – I ZR 171/79, MDR1982, 378 = WM 1982, 152 f.; v. 20.9.2006 – VIII ZR100/05, MDR 2007, 285 = BB 2006, 2492 f.; Emde inGroßKomm/HGB, 5. Aufl. 2008, § 87c Rz. 109; v. Hoy-ningen-Huene in MünchKomm/HGB, 2. Aufl. 2005,§ 87c Rz. 38). Quasi wie ein „Spiegelbild“ muss er einevollständige Zusammenstellung aller Angaben aus denGeschäftsbüchern und Geschäftsunterlagen des Unter-nehmers enthalten, die für die Berechnung, die Höhe unddie Fälligkeit der Provision des Handelsvertreters von Be-lang sein können (etwa BGH v. 21.3.2001 – VIII ZR149/99, MDR 2001, 823 = NJW 2001, 2333 f.; OLGMünchen v. 26.3.2002 – 7 W 691/02, MDR 2002, 909 =NJW-RR 2002, 1034 f.; Emde, a.a.O., § 87c Rz. 110;Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 34. Aufl. 2010, § 87cRz. 15; Küstner in Küstner/Thume, Handbuch des ge-samten Außendienstrechts, Bd. 1, 3. Aufl. 2000,Rz. 1480).Im Einzelnen hat der dem Kläger zu erteilende Buchaus-zug folgende von ihm begehrte Angaben zu enthalten:a) Auftragsdatum und Auftragsnummer (vgl. OLGHamm v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, NJW-RR 1999,1712 f.)b) Auftragsumfang mit Angabe der Warenart, der Wa-renmenge, Stückpreise und Auftragswert (vgl. OLGHamm v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, NJW-RR 1999,1712 f.; OLG Düsseldorf v. 21.6.1999 – 16 W 12/99,MDR 2000, 167 f.)c) Datum und Umfang der Lieferung bzw. Teillieferung(vgl. v. Hoyningen-Huene, a.a.O., § 87c Rz. 40; Thumein Röhricht/Graf von Westphalen, HGB, 3. Aufl. 2008,§ 87c Rz. 29)d) Rechnungsdatum, Rechnungsnummer und Rech-nungsbetrag (vgl. OLG Hamm v. 15.1.1999 – 35 U 30/98, NJW-RR 1999, 1712 f.; OLG Köln v. 11.8.1998 – 4U 11/98, NJW-RR 1999, 833; OLG München v.26.3.2002 – 7 W 691/02, MDR 2002, 909 = NJW-RR2002, 1034 f.): Die dem Kläger zustehende Provision er-rechnet sich nach § 5 Abs. 5 Satz 1 der jeweils zwischenden Parteien geschlossenen Handelsvertreterverträge ...grundsätzlich auf der Basis des in Rechnung gestelltenNettoverkaufspreises. Der jeweilige Provisionsanspruchentsteht nach § 6 Abs. 1 der Handelsvertreterverträge,sobald die Vertragsprodukte ausgeliefert und dem Kun-den in Rechnung gestellt wurden. Damit kommt derRechnung die entscheidende Bedeutung für die Höheund Fälligkeit des Provisionsanspruchs des Klägers zu.Nur mit ihr kann der Kläger überprüfen, ob die Provisi-onsabrechnung vollständig und richtig ist.e) Kunden mit genauer Anschrift oder die Kundennum-mer (vgl. OLG Düsseldorf v. 21.6.1999, a.a.O.; OLGMünchen v. 26.3.2002 – 7 W 691/02, MDR 2002, 909 =NJW-RR 2002, 1034 f.): An sich hat der Buchauszugeine genaue Bezeichnung des Kunden unter präziser An-gabe seiner Anschrift zu enthalten. Nur dadurch wirddem Handelsvertreter eine Identifizierung des Kundensowie eine Kontrolle ermöglicht, ob der Kunde seinenSitz im Bezirk des Handelsvertreters hat (s. OLG Düssel-

dorf MDR 1958, 42; OLG Bamberg v. 27.5.2008 – 4 W68/07, NJW-RR 2008, 1422 [1425]). Allerdings genügtfür die Kundenbezeichnung die Angabe der Kundennum-mer, falls sie dem Handelsvertreter bekannt ist (so auchEmde, a.a.O., § 87c Rz. 119). Da der Kläger von der Be-klagten eine Liste der Kundennummern und Kunden-anschriften erhalten hat, kann die Beklagte den Buchaus-zug wahlweise durch Angabe der Kundenanschrift oderder Kundennummer erfüllen.f) Annullierung, Nichtausführung und Stornierungen mitAngaben der Gründe (vgl. BGH v. 21.3.2001 – VIII ZR149/99, MDR 2001, 823 = NJW 2001, 2333 [2335];OLG Düsseldorf v. 21.6.1999, a.a.O.; OLG Köln NJW-RR 1999, 833; VersR 2004, 1413 f.; OLG München v.26.3.2002 – 7 W 691/02, MDR 2002, 909 = NJW-RR2002, 1034 f.)g) Retouren nebst Angaben von Gründen (vgl. OLGNürnberg v. 28.7.1998 – 12 W 2209/98, BB 1999, 150 f.;OLG Saarbrücken v. 23.5.2001 – 1 U 760/00-167, NJW-RR 2002, 391).Von der Beklagten nicht geschuldet sind folgende vomKläger begehrte Angaben:a) Datum, Nummer und Umfang der Auftragsbestäti-gung mit Angabe der Warenart und Warenmenge (ggf.mit Artikelnummer), weil die Beklagte unstreitig ihrenKunden gegenüber keine Auftragbestätigung erstellt,sondern die Verträge mit den Kunden durch Versendungder Ware zustande kommen lässt. ...b) Höhe und Datum der Zahlungseingänge, weil nachden zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertre-terverträgen die Regelung des § 87a Abs. 2 HGB nichtgilt, so dass der Provisionsanspruch nicht entfällt, wennder Kunde der Beklagten keine Zahlungen leistet. ...c) Stadium der Ausführung der Geschäfte, weil das jewei-lige Stadium für den Provisionsanspruch ohne Belang ist.Der Kläger kann sich zur Begründung auch nicht auf§ 87 Abs. 3 HGB berufen, da diese Vorschrift ... in zuläs-siger Weise abbedungen wurde. ...

(Einsender: RiOLG Dr. Peter Frank, München)Volltext-Bestellnummer 37671

Wettbewerbsrecht und gewerblicherRechtsschutz

Tagesrabatt: Kein übertriebenes Anlocken

UWG §§ 3, 4 Nr. 1

Eine Werbung mit der Angabe „Nur heute Haushalts-großgeräte ohne 19 % Mehrwertsteuer“ beeinflusstVerbraucher auch dann nicht in unangemessener undunsachlicher Weise i.S.v. §§ 3, 4 Nr. 1 UWG bei ihrerKaufentscheidung, wenn die Werbung erst am Tag desin Aussicht gestellten Rabattes erscheint.

BGH, Urt. v. 31.3.2010 – I ZR 75/08 – Ohne 19 %Mehrwertsteuer –(OLG Stuttgart – 2 U 82/07; LG Stuttgart)

Sachverhalt:Die Parteien sind Wettbewerber u.a. auf dem Gebiet des Handelsmit Haushaltsgeräten. Die Beklagten, sie gehören zur Media-Markt-Gruppe, warben unmittelbar nach Heraufsetzung derMehrwertsteuer von 16 % auf 19 % im Internet mit einer Anzei-ge: „Nur heute ... Haushalts-Großgeräte ohne 19% Mehrwert-

1274 Rechtsprechung MDR 21/2010

Wettbewerbsrecht und gewerblicher Rechtsschutz

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steuer ...“; eine entsprechende Zeitungswerbung erfolgte fürCDs, DVDs und Software-Titel. Die Klägerin beanstandet dasals unlauter (§ 4 Nr. 1 UWG). Die Klage (u.a. auf Unterlassung)war in den Vorinstanzen erfolgreich (OLG Stuttgart v.17.4.2008 – 2 U 82/07). Die Revision führt zur Klageabweisung.

Aus den Gründen:Der Beispielstatbestand des § 4 Nr. 1 UWG erfasst im Be-reich der Verbraucherwerbung nur Wettbewerbshand-lungen, durch die ein unangemessener unsachlicher Ein-fluss auf die Entscheidungsfreiheit der Verbraucher aus-geübt wird. Eine Werbeaussage ist nicht schon dann un-lauter, wenn das Kaufinteresse lediglich durch einen Ra-batt i.H.v. 19 % vom Kaufpreis geweckt wird. Die damitverbundene Anlockwirkung ist nicht wettbewerbswidrig,sondern liegt als gewollte Folge in der Natur des Leis-tungswettbewerbs (vgl. BGH, Urt. v. 7.6.2001 – I ZR157/98, MDR 2002, 413 = GRUR 2002, 287 f. = WRP2002, 94 – Widerruf der Erledigungserklärung; Urt. v.22.5.2003 – I ZR 8/01, MDR 2004, 224 = GRUR 2003,1057 = WRP 2003, 1428 – Einkaufsgutschein, jeweils zu§ 1 UWG a.F.).

Die Schwelle zur wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeit ist nurüberschritten, wenn die geschäftliche Handlung geeignet ist, inder Weise unangemessenen unsachlichen Einfluss auszuüben,dass die freie Entscheidung der Verbraucher beeinträchtigt zuwerden droht (vgl. BGH v. 22.9.2005 – I ZR 55/02, BGHZ 164,153 [157] = MDR 2006, 345 – Artenschutz; Urt. v. 13.11.2003– I ZR 40/01, MDR 2004, 522 m. Anm. Ernst = GRUR 2004,249 f. – Umgekehrte Versteigerung im Internet; Urt. v.13.3.2003 – I ZR 212/00, MDR 2003, 1003 = GRUR 2003,626 f. = WRP 2003; 742 – Umgekehrte Versteigerung II; Urt. v.22.1.2009 – I ZR 31/06, MDR 2009, 1060 = GRUR 2009, 875Tz. 12 = WRP 2009, 950 – Jeder 100. Einkauf gratis).

Diese Voraussetzung ist in der Regel erfüllt, wenn einFall einer aggressiven Geschäftspraktik i.S.d. Art. 8 undArt. 9 der Richtlinie 2005/29/EG gegeben ist (Köhler inKöhler/Bornkamm, UWG, 28. Aufl., § 4 Rz. 1.2a; Köh-ler, GRUR 2008, 841 ff.). Die Vorschrift des Art. 8 derRichtlinie 2005/29/EG verlangt für die Annahme eineraggressiven Geschäftspraktik, dass der Verbraucherdurch die unzulässige Beeinflussung tatsächlich oder vo-raussichtlich erheblich beeinträchtigt wird und dadurchtatsächlich oder voraussichtlich dazu veranlasst wird,eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andern-falls nicht getroffen hätte. Eine unzulässige Beeinflussungerfordert nach Art. 2 lit. j der genannten Richtlinie dieAusnutzung einer Machtposition ggü. dem Verbraucherzur Ausübung von Druck, auch ohne die Anwendungoder Androhung von körperlicher Gewalt, in einer Wei-se, die die Fähigkeit des Verbrauchers zu einer informati-onsgeleiteten Entscheidung wesentlich einschränkt. Beider Feststellung, ob im Rahmen einer Geschäftspraktikdas Mittel einer unzulässigen Beeinflussung eingesetztwird, sind die in Art. 9 der Richtlinie 2005/29/EG be-schriebenen Umstände heranzuziehen. Für die Annahmeeiner unangemessenen unsachlichen Beeinflussung i.S.d.§ 4 Nr. 1 UWG durch Werbung mit einem Preisrabattmüssen zu dem in Aussicht gestellten Nachlass daher be-sondere Unlauterkeitsumstände hinzutreten, die die Fä-higkeit des Verbrauchers zu einer informationsgeleitetenEntscheidung wesentlich zu beeinträchtigen drohen. Die-se können bei einer zeitlichen Begrenzung der Werbeak-tion darin liegen, dass dem Verbraucher nur eine unange-messen kurze Überlegungszeit zusteht (vgl. BGH v.13.11.2003, a.a.O.). Unzulässig können daher überstei-gert zeitgebundene Angebote sein, die den potentiellenKunden unter starken Zeitdruck setzen, um ihn zu einemschnellen und unüberlegten Kaufentschluss zu bewegen(Köhler in Köhler/Bornkamm, a.a.O., § 4 Rz. 1.95). ...

Die Annahme des Berufungsgerichts, eine rationale Kaufent-scheidung setze einen vollständigen Preisvergleich voraus, ist er-fahrungswidrig. Der mündige Verbraucher ist durchaus in derLage, mit einem Kaufanreiz – wie dem im Streitfall – in rationa-ler Weise umzugehen. Zwar wurde die Werbung erst an dem Tagveröffentlicht, an dem auch der Rabatt gewährt wurde. DieserRabatt betrug auch mit 19 % nahezu ein Fünftel des (Brutto-)Kaufpreises, den der Verbraucher der Werbung selbst allerdingsnicht entnehmen konnte. Der Preisnachlass wurde aber immer-hin während der gesamten Öffnungszeit an einem Wochentag inAussicht gestellt. Die beworbenen Artikel – Haushaltsgroßgerä-te, CDs, DVDs und Software – sind im Allgemeinen in ausrei-chendem Maß auf dem Markt erhältlich und unschwer zugäng-lich. Einen Preisüberblick können sich die Verbraucher beispiels-weise auch im Internet verschaffen.Selbst wenn sie dennoch keine Gelegenheit zu einem aus-führlichen Preisvergleich haben sollten, werden sie alleinaufgrund der Werbung keine unüberlegten Kaufent-schlüsse treffen. Das schließt zwar die Möglichkeit ein,dass sich einzelne Verbraucher auch ohne (vollständigen)Preisvergleich zu einem Kauf entschließen und dadurchriskieren, dass ihnen ein noch günstigeres Angebot einesMitbewerbers der Beklagten entgeht. Diese Situation istjedoch nicht ungewöhnlich. Vielmehr kommt es im Han-del häufig vor, dass sich Verbraucher kurzfristig zu einemKauf entschließen, ohne einen umfassenden Preisver-gleich vorzunehmen. Sofern sich der Verbraucher ohneeinen solchen Vergleich zum Kauf entschließt, handelt erbewusst und geht freiwillig das genannte Risiko ein. Beiteuren Artikeln, bei denen die Anschaffungskosten unterUmständen eine beträchtliche Investition darstellen, wirdder Verbraucher ohnehin von dem Angebot erfahrungs-gemäß nur nach reiflicher Überlegung Gebrauch machen.Bei günstigen Angeboten wird der Durchschnittsverbrau-cher gerade nicht derart übertrieben angelockt, dass erunüberlegte Entscheidungen trifft.

Volltext-Bestellnummer 38230

Treuhänderische Domain-Registrierung

BGB § 667

Bei treuhänderischer Registrierung eines Domain-namens richtet sich der Herausgabeanspruch desTreugebers aus § 667 BGB auf Übertragung oder Um-schreibung des Domainnamens.

BGH, Urt. v. 25.3.2010 – I ZR 197/08 – braunkohle-nein.de –(OLG Rostock – 2 U 50/08; LG Schwerin)

Sachverhalt:Der Kläger begehrt vom Beklagten die Freigabe des Domain-namens „braunkohle-nein.de“. Braunkohlegegner hatten eineBürgerinitiative unter dem Motto „Braunkohle-Nein“ gegen Plä-ne gegründet, in in Lübtheen Braunkohle abzubauen. Aus derBürgerinitiative wurde der Kläger unter „BürgerbewegungBraunkohle-Nein e.V.“ gegründet, später geändert in: „Braun-kohle-Nein e.V.“. Der Beklagte, Inhaber eines Computer-geschäfts, ließ den Domainnamen „braunkohle-nein.de“ für sichbei der DENIC registrieren und richtete auf seine Kosten eineHomepage ein. Auf ihr wurden Informationen zunächst über dieBürgerinitiative und später über den Kläger veröffentlicht. DerBeklagte wurde in den Vorstand des Vereins gewählt, späterschied er nach Unstimmigkeiten schied aus dem Verein aus, diestreitgegenständliche Domain gab er nicht heraus. Die Klage(auf Freigabe der Domain) hatte in den Vorinstanzen Erfolg(OLG Rostock v. 3.12.2008 – 2 U 50/08, CR 2009, 184 =MMR 2009, 417). Die Revision bleibt erfolglos.

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1275

Wettbewerbsrecht und gewerblicher Rechtsschutz

Page 62: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Aus den Gründen:... Wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, erweistsich die Klage aus § 667 BGB als begründet. Es bedarf deshalbkeiner Entscheidung, ob sie auch auf Namensrecht gestützt wer-den kann.

Der Beklagte hat den Domainnamen als Beauftragter fürdie Bürgerinitiative registrieren lassen und ist deshalbnach § 667 BGB dem klagenden Verein, der aus der Bür-gerinitiative hervorgegangen ist, zur Herausgabe des Do-mainnamens verpflichtet.Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts hat der Beklagteals Mitglied des mit der Organisation der Bürgerinitiative beauf-tragten Komitees angeboten, einen Internetauftritt für die Infor-mationsarbeit der Bürgerinitiative zu erstellen. Nach Billigungdurch die anderen Teilnehmer der Zusammenkunft hat er so-dann den Domainnamen registriert. Aus diesen tatrichterlichenFeststellungen folgt, dass der Beklagte im Rahmen der Arbeits-teilung unter den Mitgliedern des Organisationskomitees damitbeauftragt war, die Registrierung vorzunehmen. Das gilt auchdann, wenn die übrigen Teilnehmer für die Beiträge der jeweilshandelnden Personen keine Verantwortung hätten übernehmenwollen. Denn es entspricht gerade der auftragstypischen Haf-tungsregelung, dass der jeweils Beauftragte selbst für die Nicht-und Schlechterfüllung des Auftrags einzustehen hat.

Der Beklagte mag seinen Beitrag ferner als persönlichesEngagement betrachtet und deshalb auf Ersatz seiner –geringen – Aufwendungen für die Domainregistrierung(§ 670 BGB) verzichtet haben. Das ändert indes nichtsdaran, dass er den Domainnamen nicht für eigene Zwe-cke, sondern für die Bürgerinitiative hat registrieren las-sen. Das ergibt sich eindeutig aus der Abfolge der Ereig-nisse, der Übereinstimmung des prägenden Teils im Na-men der Bürgerinitiative mit dem Domainnamen, derFunktion des Beklagten bei der Gründung der Bürgerini-tiative sowie der späteren Nutzung der Website für Infor-mationen der Bürgerinitiative bzw. des klagenden Ver-eins und schließlich der Angabe des Domainnamens aufInformationsschriften der Bürgerinitiative.<r9e> Für die rechtliche Bewertung des Geschehens ist ohne Be-lang, ob sich die anderen Teilnehmer der Zusammenkunft be-wusst waren, ob und für wen sie ein Auftragsverhältnis mit demBeklagten begründeten. Unerheblich ist insbesondere, ob dieMitglieder des Komitees mit ihrer Zustimmung zum Angebotdes Beklagten rechtswirksam ein Auftragsverhältnis zwischender Bürgerinitiative als Auftraggeber und dem Beklagten alsAuftragnehmer begründen konnten und wollten. Selbst wenndies nicht der Fall gewesen sein sollte, hätte der Beklagte jeden-falls im Auftrag der Personen gehandelt, die sich in dem Komiteezusammengefunden hatten. Sofern nicht schon der Bürgerinitia-tive, so stand diesen Personen als Gesamthand nach den Vor-schriften für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (§§ 705 ff.BGB) ein auf Herausgabe des Domainnamens gerichteter An-spruch nach § 667 BGB zu. ...

Der Kläger ist berechtigt, den Anspruch auf Herausgabedes Domainnamens geltend zu machen. Das gilt unab-hängig davon, ob dieser Anspruch ursprünglich den Mit-gliedern der nicht rechtsfähigen Bürgerinitiative oder desGründungskomitees zur gesamten Hand zugestandenhat. . .. Dem klagenden Verein steht der geltend gemachteAnspruch auf Freigabe des Domainnamens zu. Aller-dings richtet sich der Anspruch des Treugebers aus § 667BGB auf Herausgabe des Erlangten, bei treuhänderischerRegistrierung eines Domainnamens also auf dessen Über-tragung oder Umschreibung.Es kommt hier nicht auf die in der Rechtsprechung des BGHanerkannten Besonderheiten des Domainrechts an, wonach esbei marken- und namensrechtlichen Ansprüchen hinsichtlich ei-nes Domainnamens nur einen Freigabeanspruch, nicht jedoch ei-nen Umschreibungsanspruch gibt (vgl. BGH v. 22.11.2001 – IZR 138/99, BGHZ 149, 192 [204 f.] = MDR 2002, 835 ff. –shell.de). Denn im Fall einer treuhänderischen Registrierungstellt es keine ungerechtfertigte Bevorzugung des Treugebers ge-

genüber anderen etwaigen Prätendenten dar, wenn er den Do-mainnamen mit der Priorität der treuhänderischen Registrierungerhält. Hätte er dagegen nur einen Freigabeanspruch, bestündedie Gefahr, dass er den Domeinnamen nach der Freigabe nichtfür sich registrieren lassen könnte, wenn ein Prätendent sich inder Zwischenzeit mit einem Dispute-Eintrag gesichert hätte.Der von dem klagenden Verein allein geltend gemachteFreigabeanspruch ist jedoch in dem Herausgabeanspruchaus § 667 ZPO enthalten und stellt sich diesem gegen-über als Minus dar. Die begehrte Verzichtserklärung ggü.der DENIC e.G. kann in Verbindung mit einem rang-wahrenden Dispute-Eintrag die Rechte hinsichtlich desDomainnamens in gleicher Weise sichern wie eine Über-tragung oder Umschreibung. Begnügt sich der klagendeVerein mit der Freigabe, besteht kein Grund, ihm denentsprechenden Anspruch zu versagen.

Volltext-Bestellnummer 38215

Aktualität bei Preisvergleichsportal im Internet

UWG §§ 5 Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 2

Der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preis-vergleichsportals im Internet verbindet mit den ihmdort präsentierten Informationsangeboten vorbehalt-lich klarer gegenteiliger Hinweise regelmäßig die Er-wartung einer höchstmöglichen Aktualität. Er gehtdeshalb grundsätzlich davon aus, dass er das dort be-worbene Produkt zu dem angegebenen Preis erwerbenkann, und wird irregeführt, wenn der tatsächlich ver-langte Preis nach einer Preiserhöhung auch nur für ei-nige Stunden über dem im Preisvergleichsportal ange-gebenen Preis liegt.

BGH, Urt. v. 11.3.2010 – I ZR 123/08(KG – 5 U 50/07; LG Berlin)

Sachverhalt:Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Handels mitHaushaltselektronik. Der Beklagte bot am 10.8.2007 eine Es-pressomaschine über die Preissuchmaschine idealo.de an. DerenBetreiber bekommt von Versandhändlern die Daten ihrer ange-botenen Produkte einschließlich Preise und Versandkosten über-mittelt und ordnet sie in Preisranglisten ein. Die Preisgünstigkeitder Angebote bestimmt die Reihenfolge, in der die Anbieter ge-nannt werden. Da für die Espressomaschine des Beklagten einPreis von 550 angegeben war, stand sein Angebot in der Rang-liste am 10.8.2006 um 20.00 Uhr unter 45 Angeboten an ersterStelle. Auf seiner eigenen Internetseite verlangte der Beklagte fürdas Gerät am 10.8.2006 seit 17.03 Uhr nicht mehr 550 , son-dern 587 . Die Klägerin sieht hierin eine irreführende Werbungdes Beklagten. Das Berufungsgericht hat der im ersten Rechtszugerfolglosen Klage (u.a. auf Unterlassung) stattgegeben. Die Revi-sion bleibt erfolglos.

Aus den Gründen:... Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen,dass der durchschnittlich informierte Nutzer eines Preis-vergleichsportals im Internet mit den ihm dort präsen-tierten Informationsangeboten vorbehaltlich gegentei-liger Hinweise regelmäßig die Erwartung einer höchst-möglichen Aktualität verbindet. Ein entsprechender Nut-zer ist zwar mit den Besonderheiten des Internets und da-mit auch mit dessen technischen Grenzen vertraut. Ergeht deshalb aber nicht davon aus, dass eine Preisände-rung, die ein Anbieter zeitgleich an den Server seiner ei-genen Angebotsseite und an den Betreiber einer Preis-suchmaschine, über die er wirbt, gesendet hat, in der

1276 Rechtsprechung MDR 21/2010

Wettbewerbsrecht und gewerblicher Rechtsschutz

Page 63: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Preissuchmaschine anders als auf der Angebotsseite nichtsofort, sondern erst Stunden später erscheint.

Der Beklagte hat behauptet, dass die sofortige Anzeige der Preis-änderung in der Preissuchmaschine aus technischen Gründennicht möglich sei; er hat hierzu jedoch keinen konkreten Sach-vortrag gehalten. Vor allem hat er nicht dargetan, dass derdurchschnittlich informierte Nutzer eines Preisvergleichsportalsim Internet diese behaupteten technischen Gründe kennt und siedaher bei der Beurteilung der Aktualität der ihm gemachten An-gaben mit in Rechnung stellt. ...

Ohne Rechtsfehler ist das Berufungsgericht davon aus-gegangen, dass die Irreführung des durchschnittlich in-formierten Nutzers des Preisvergleichsportals idealo.denicht durch ihm zugleich gegebene klarstellende Hinwei-se verhindert wurde.

Nach der Auffassung des Berufungsgerichts bezieht sich der Hin-weis „Alle Angaben ohne Gewähr!“ in der Fußzeile der Preisver-gleichsliste aus der Sicht des Verkehrs allenfalls auf Übermitt-lungs- oder Übertragungsfehler, die auf unterschiedliche Preis-angaben in der Preisvergleichsliste einerseits und auf den Seitender werbenden Händler andererseits beruhen. ...

Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht des Wei-teren angenommen, es erscheine auch als zweifelhaft, obder Nutzer, der die Unterstreichung der Wörter „ohneGewähr“ als elektronischen Verweis zu weiteren Erläute-rungen erkenne, dem nachgehen werde, weil dazu wegender grundsätzlichen Verständlichkeit der Preisvergleichs-seite auf idealo.de wenig Anlass bestehe. . . Keinen recht-lichen Bedenken unterliegt schließlich die Beurteilungdes Berufungsgerichts, dass der sich – wenn man den Ver-weis verfolgt – alsdann zeigende Text

Alle Angaben erfolgen ohne Gewähr,

Angebotsinformationen basieren auf den Angaben des jeweili-gen Händlers und werden über automatisierte Prozesse mehr-mals täglich aktualisiert. Eine Aktualisierung in Echtzeit ist unsaus technischen Gründen nicht möglich, so dass es im Einzelfallinsbesondere hinsichtlich der Verfügbarkeit bzw. der Lieferzeitvon Produkten zu Abweichungen kommen kann. Bitte haben SieVerständnis dafür, dass bei der Vielzahl an Informationen trotzgrößter Sorgfalt nicht garantiert werden kann, dass alle richtigund aktuell sind.

wegen des dort enthaltenen ausdrücklichen Hinweisesauf die in Einzelfällen auftretende Problematik, Angabenzur Verfügbarkeit und Lieferzeit sofort zu aktualisieren,auch einen aufmerksamen Verbraucher von der – in demHinweis nicht erwähnten – Problematik der (fehlenden)Aktualität der der Preisvergleichsliste zugrunde liegendenPreisangaben eher ablenkt. ...

Die Bejahung der wettbewerblichen Relevanz der vom Beklagtengemachten irreführenden Angaben durch das Berufungsgerichthält der revisionsrechtlichen Nachprüfung ebenfalls stand. ...

Zumindest im Ergebnis zutreffend ist auch die Beurtei-lung des Berufungsgerichts, der Beklagte sei für die irre-führende Werbung auf der Preisvergleichsseite wett-bewerbsrechtlich verantwortlich, ... weil der Beklagte füreigenes Handeln haftet. Die Revision lässt insoweit unbe-rücksichtigt, dass der Beklagte durch seine nicht mit denAngaben in der Suchmaschine abgestimmten Preisanga-ben auf seiner eigenen Internetseite selbst die Ursache fürdie Divergenz gesetzt hat, die Anlass für die Irreführunggegeben hat. Es wäre dem Beklagten beispielsweise unbe-nommen gewesen, auf der eigenen Internetseite den hö-heren Preis erst zu verlangen, wenn die Änderung in derSuchmaschine vollzogen worden ist.

Volltext-Bestellnummer38160

Eingabe eines Zeichens als Suchwort für Internetsuch-maschine

MarkenG §§ 14 Abs. 2 Nr. 2, 23 Nr. 2; UWG § 6Abs. 2 Nr. 3

Gibt ein Unternehmen in einer bestimmten Zeile sei-ner Internetseite, von der es weiß, dass eine Internet-suchmaschine (hier: Google) auf die dort angegebenenWörter zugreift, zusammen mit seiner Produktkenn-zeichnung eine Bezeichnung an (hier: power ball), diemit der Marke eines Dritten (hier: POWER BALL)verwechselbar ist, ist es dafür verantwortlich, dass dieInternetsuchmaschine die Kennzeichen zusammen alsTreffer anführt.

BGH, Urt. v. 4.2.2010 – I ZR 51/08– POWER BALL–(OLG München – 6 U 5290/06; LG München I)

Sachverhalt:Der Kläger ist Inhaber der Wortmarke „POWER BALL“, unterder er ein Trainingsgerät zur Kräftigung der Hand- und Arm-muskulatur vertreibt. Ein solches Produkt bietet die Beklagteüber ihren Online-Vertrieb im Internet unter der Bezeichnung„RotaDyn Fitnessball“ an. Sie betreibt auf ihrer Homepage eineinterne Suchmaschine, bei der dortigen Eingabe des Begriffs „Po-werball“ öffnete sich eine Internetseite mit dem Suchergebnis,u.a. auch mit dem Produkt der Beklagten. Nach Anklicken die-ses Produkts öffnete sich die Homepage der Beklagten zum Ro-taDyn Fitnessball; in der Kopfzeile fanden sich u.a. die Bezeich-nungen „Powerball“, „power ball“ und „RotaDyn Fitness-Ball“.Dadurch gelangte man auch bei der Eingabe von „power ball“in die Suchmaschine Google u.a. zur Internetseite der Beklagtenmit deren Produkt. Der Kläger sieht den Internetauftritt der Be-klagten und das Ergebnis der Suchmaschine Google als eine Ver-letzung seines Markenrechts und als wettbewerbswidrig an. DerUnterlassungsklage hat das Berufungsgericht stattgegeben (OLGMünchen Mitt. 2008, 559). Die Revision bleibt erfolglos.

Aus den Gründen:... Für eine markenmäßige Verwendung reicht es, dassein als Suchwort verwendetes Zeichen dazu benutztwird, das Ergebnis des Auswahlverfahrens in der Treffer-liste einer Internetsuchmaschine zu beeinflussen und denNutzer zu der Internetseite des Verwenders zu führen(BGH, Urt. v. 7.10.2009 – I ZR 109/06, GRUR 2009,1167 Tz. 14 = WRP 2009, 1520 – Partnerprogramm).Diese Voraussetzungen einer markenmäßigen Benutzung hat dasBerufungsgericht vorliegend festgestellt. Danach wurden nachEingabe der Bezeichnung „Powerball“ in die Suchmaschine derBeklagten näher bezeichnete Produkte einschließlich des Rota-Dyn Fitnessballs angeführt. Über einen Link wurde der Verkehrzu der Internetseite der Beklagten mit dem RotaDyn Fitnessballgeführt, auf der sich die Bezeichnungen „Powerball“ und„power ball“ in der Kopfzeile fanden. Dass es sich um eine inter-ne Suchmaschine der Beklagten handelt, hat auf die Verwendungder beanstandeten Bezeichnungen als Marke keinen Einfluss. ...

Soweit die Revision eine markenmäßige Benutzung unterHinweis auf das Verkehrsverständnis bei Eingabe desSuchbegriffs verneint, berücksichtigt sie nicht hinrei-chend, dass auf der Produktseite der Beklagten zum Ro-taDyn Fitnessball die angegriffenen, mit der Klagemarkeverwechselbaren Bezeichnungen „Powerball“ und„power ball“ in der Kopfzeile angeführt sind. Dadurchkann die Hauptfunktion der Marke, die Herkunft derWaren oder Dienstleistungen ggü. dem Verbraucher zugewährleisten, beeinträchtigt werden. Aus diesem Grundist von einer markenmäßigen Benutzung der in Rede ste-henden Bezeichnungen auszugehen. ...

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1277

Wettbewerbsrecht und gewerblicher Rechtsschutz

Page 64: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Zwischen der Klagemarke „POWER BALL“ und den beanstan-deten Bezeichnungen in Kleinschreibung oder in der Zusammen-fassung zu einem Wort besteht wegen der schriftbildlichen Un-terschiede zwar keine Zeichenidentität (vgl. zum Unternehmens-kennzeichen BGH, Urt. v. 21.2.2002 – I ZR 230/99, GRUR2002, 898, 899 = WRP 2002, 1066 – defacto; zur Markenähn-lichkeit Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 14 Rz. 219;Büscher in Büscher//Schiwy, Gewerblicher Rechtsschutz, Urhe-berrecht, Medienrecht, § 14 MarkenG Rz. 134; weitergehendFezer, Markenrecht, 4. Aufl., § 14 Rz. 215 für Zeichenidentitätbei Unterschieden nur in Groß- und Kleinschreibung im An-fangsbuchstaben). Es liegt aber so hochgradige Zeichenähnlich-keit vor, dass in Anbetracht der Warenidentität auch bei unter-durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke Ver-wechslungsgefahr i.S.v. § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG gegeben ist....Mit Recht ist das Berufungsgericht auch davon aus-gegangen, dass die Verwendung der Bezeichnungen „Po-werball“ und „power ball“ zur Beeinflussung des Sucher-gebnisses der Suchmaschine Google eine Verletzung desMarkenrechts der Klägerin ist, für die die Beklagte ver-antwortlich ist. ... Das Berufungsgericht ... hat hierzurechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Suchmaschine Goo-gle den Treffer mit der Bezeichnung „power ball“ unddem RotaDyn Fitnessball anführt, weil die Beklagte diebeanstandeten Bezeichnungen auf ihrer Internetseite ver-wendete, und dass der Nutzer über den Link in der Tref-ferliste zur Internetseite mit dem RotaDyn Fitnessballder Beklagten gelangte und diese hierfür verantwortlichist. ...Für das in der Trefferliste der Internetseite der SuchmaschineGoogle angeführte Suchergebnis ist die Beklagte als Täterin undnicht nur – wie das Berufungsgericht angenommen hat – als Stö-rerin verantwortlich. Die Beklagte verwendet die Bezeichnungen„Powerball“ und „power ball“ in der Kopfzeile der Internetseitemit der Werbung für ihren RotaDyn Fitnessball. Ihr ist zudemaufgrund der Arbeitsweise der Suchmaschine Google bekannt,dass diese auf die in der Kopfzeile enthaltenen Begriffe als Such-wörter zugreift. Die Revision weist zwar ... auf den Vortrag derBeklagten hin, dass die in der Kopfzeile ihrer Internetseite ent-haltenen Begriffe ohne weiteres Zutun von der internen Such-maschine aufgrund einer statistischen Auswertung von Kunden-eingaben automatisch in die Kopfzeile eingestellt würden. ... DerUmstand, dass die Beklagte die Ergebnisse des Suchvorgangs ih-rer internen Suchmaschine in einem automatisierten Verfahrenin die Kopfzeile ihrer Internetseite einstellen lässt, entlastet siejedoch nicht.Sie kann sich einer Haftung für den beanstandeten Tref-fer bei Google nicht dadurch entziehen, dass sie diesenzwar durch Anführung der Begriffe „Powerball“ und„power ball“ in der Kopfzeile ihrer Internetseite ver-anlasst, die Aufzählung dort aber unkontrolliert durcheine Maschine vornehmen lässt. Anders als in den Fällen,in denen Dritte in einem automatisierten Verfahren dieEinstellung auf einer Internetplattform vornehmen undin denen den Dienstanbieter nur eine Haftung für fremdeInformationen trifft (§§ 9, 11 TDG 2001; §§ 8, 10TMG), ist die Beklagte vorliegend für die Bereithaltungder Suchwörter uneingeschränkt verantwortlich, weil essich um eigene Informationen handelt (§ 8 Abs. 1 TDG2001; § 7 Abs. 1 TMG).

Volltext-Bestellnummer 38041

Rechtsmissbräuchliches Vorgehen nur gegen Nicht-Mitglieder

UWG § 8 Abs. 3 Ziff. 2, Abs. 4

Ein Berufsverband handelt rechtsmissbräuchlich i.S.v.§ 8 Abs. 4 UWG, wenn ein wettbewerblicher Unter-lassungsanspruch nur gegen Außenstehende geltend

gemacht wird, wohingehend er gleichartige Wett-bewerbsverstöße seiner Mitglieder planmäßig duldet.Die diskriminierende Geltendmachung des Wett-bewerbsverstoßes erlaubt den Schluss, dass das Han-deln des Verbandes maßgeblich von der Absicht getra-gen wird, den Verletzer im Wettbewerb zu behin-dern.

OLG Saarbrücken, Urt. v. 23.6.2010 – 1 U 365/09-91(LG Saarbrücken – 7KfH O 77/09)

Volltext-Bestellnummer 38152

Verfahrensrecht

Bestellung bzw. Begründung der Nichtbestellung einesVerfahrenspflegers nach § 276 FamFG

BGB § 1896; FamFG § 276

a) Die Bestellung eines Verfahrenspflegers für den Be-troffenen ist nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFGregelmäßig schon dann geboten, wenn der Verfahrens-gegenstand die Anordnung einer Betreuung in allenAngelegenheiten als möglich erscheinen lässt. Für ei-nen in diesem Sinne umfassenden Verfahrensgegen-stand spricht, dass die vom Gericht getroffene Maß-nahme die Betreuung auf Aufgabenkreise erstreckt,die in ihrer Gesamtheit alle wesentlichen Bereiche derLebensgestaltung des Betroffenen umfassen.

b) Zu den Anforderungen an die Begründung für eineNichtbestellung eines Verfahrenspflegers nach § 276Abs. 2 Satz 2 FamFG.

BGH, Beschl. v. 4.8.2010 – XII ZB 167/10(LG Bielefeld – 23 T 173/10; AG Rahden)

Aus den Gründen:... Das LG hat seine Entscheidung auf ein Sachverständi-gen-Gutachten aus dem Jahr 2005, einen Bericht derKrankenhausärztin vom Dezember 2009 sowie einen Be-richt der Betreuerin gestützt, nach dem sich der Gesund-heitszustand des Betroffenen seit Herbst 2008 stetig ver-schlechtert hat. Von einer erneuten Anhörung des Betrof-fenen hat es abgesehen, weil dieser erst einen Monat zu-vor vom AG ausführlich angehört worden sei. Die Bestel-lung eines Verfahrenspflegers sei nicht erforderlich gewe-sen, weil der Betroffene seine Rechte selbst wahrgenom-men habe und es sich im Übrigen auch nur um eine un-wesentliche Erweiterung der Aufgabenkreise des Betreu-ers handele. Das hält einer Überprüfung nicht stand. DieNichtbestellung des Verfahrenspflegers ist vom LG nichtausreichend begründet worden und ist demnach verfah-rensfehlerhaft.Nach § 276 Abs. 1 FamFG hat das Gericht dem Betroffe-nen einen Verfahrenspfleger zu bestellen, wenn dies zurWahrnehmung der Interessen des Betroffenen erforder-lich ist. Nach § 276 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 FamFG ist dieBestellung in der Regel erforderlich, wenn Gegenstanddes Verfahrens die Bestellung eines Betreuers zur Besor-gung aller Angelegenheiten des Betroffenen oder die Er-weiterung des Aufgabenkreises hierauf ist. Nach § 276Abs. 2 Satz 1 FamFG kann von der Bestellung in den Fäl-len des Abs. 1 Satz 2 abgesehen werden, wenn ein Inte-resse des Betroffenen an der Bestellung des Verfahrens-pflegers offensichtlich nicht besteht. Nach § 276 Abs. 2

1278 Rechtsprechung MDR 21/2010

Verfahrensrecht

Page 65: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Satz 2 FamFG ist die Nichtbestellung zu begründen. DerÜberprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht unter-liegt es, ob die den Tatsacheninstanzen obliegende Ent-scheidung ermessensfehlerfrei getroffen worden ist. Demgenügt die angefochtene Entscheidung nicht.Die Rechtsbeschwerde beruft sich darauf, dass die Be-treuung nach der Erweiterung um die AufgabenkreiseAufenthaltsbestimmung und Wohnungsangelegenheitenim Ergebnis alle Angelegenheiten i.S.v. § 276 Abs. 2Satz 2 Nr. 2 FamFG umfasse. Dem ist insoweit zu folgen,als dass jedenfalls der Verfahrensgegenstand eine umfas-sende Betreuung in diesem Sinne als möglich erscheinenlässt und schon von daher die Bestellung eines Verfah-renspflegers in der Regel erforderlich ist.Dass die Anwendung der genannten Bestimmung nichtdaran scheitert, dass dem Betroffenen einzelne Befugnis-se verbleiben sollen, zeigt sich daran, dass sie auch dannausdrücklich anwendbar ist, wenn die Gegenstände derVerfahren nach § 1896 Abs. 4 BGB (Fernmeldeverkehrund Post) sowie § 1905 BGB (Sterilisation) nicht von derBetreuung umfasst werden. Auch dass die Bestellung sichwörtlich auf alle Angelegenheiten bezieht, ist für die Ver-fahrenspflegerbestellung nach § 276 FamFG nicht erfor-derlich (zur anders gelagerten Frage des Wahlrechtsaus-schlusses – etwa gem. § 13 BWahlG – vgl. LG Zweibrü-cken BtPrax 1999, 244; VG Saarland BtPrax 2009, 254).Das gilt schon deswegen, weil für den verfahrensrecht-lichen Schutz des Betroffenen nicht darauf abzustellenist, welche Maßnahme vom Gericht schließlich getroffenwird, sondern auf den Umfang des Verfahrensgegen-stands (Prütting/Helms/Fröschle, FamFG § 276 Rz. 37m.w.N.). Des Weiteren kann sich eine Betreuung für alleAngelegenheiten aber auch – insbesondere bei einer suk-zessiven Erweiterung der Aufgabenkreise – aus einer Zu-sammenschau mehrerer gerichtlicher Maßnahmen erge-ben.Unter Beachtung des Schutzzwecks des § 276 FamFG istdemnach vielmehr entscheidend, dass der Verfahrens-gegenstand die Anordnung einer umfassenden Betreuungals möglich erscheinen lässt. Auf die das Verfahren aus-lösenden Anregungen an das Gericht und ihren Umfangkommt es nicht an, weil diese den Verfahrensgegenstandnicht beschränken. Für einen umfassenden Verfahrens-gegenstand spricht vielmehr, dass die schließlich von derBetreuung erfassten Aufgabenkreise in ihrer Gesamtheitim Einzelfall alle wesentlichen Bereiche der Lebensgestal-tung des Betroffenen umfassen und somit in die Zustän-digkeit des Betreuers fallen. Wenn dem Betroffenen nachder Entscheidung letztlich auch einzelne restliche Berei-che zur eigenverantwortlichen Wahrnehmung verbliebensind, entbindet dies jedenfalls dann nicht von der Bestel-lung des Verfahrenspflegers, wenn die verbliebenen Be-fugnisse dem Betroffenen in seiner konkreten Lebens-situation keinen nennenswerten eigenverantwortlichenHandlungsspielraum mehr belassen. Nach diesen Grund-sätzen ist im vorliegenden Fall das Regelbeispiel des§ 276 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FamFG erfüllt. Die schließlichangeordnete Betreuung umfasst sämtliche Vermögens-angelegenheiten, die Gesundheitsfürsorge, die Aufent-haltsbestimmung und die Wohnungsangelegenheiten.Daraus ergibt sich, dass die Betreuerin in allen wesentli-chen Bereichen maßgeblichen Einfluss auf die Lebens-gestaltung des Betroffenen hat und sich damit jedenfallsder Verfahrensgegenstand auf alle Angelegenheiten i.S.d.§ 276 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 FamFG bezieht.Gleichwohl kann nach § 276 Abs. 2 Satz 1 FamFG unterden oben aufgeführten Voraussetzungen im Einzelfallvon der Bestellung eines Verfahrenspflegers abgesehenwerden. Eine Verfahrenspflegschaft ist nach den Vorstel-lungen des Gesetzgebers, die der mit § 276 Abs. 2 Satz 1

FamFG übereinstimmenden Vorschrift des § 67 Abs. 1Satz 3 FGG (a.F.) zugrunde lagen, (nur) dann nicht anzu-ordnen, wenn die Verfahrenspflegerbestellung „einenrein formalen Charakter hätte“ (BT-Drucks. 13/7158,36; vgl. Keidel/Kayser, Freiwillige Gerichtsbarkeit,15. Aufl., § 67 Rz. 12). Ob es sich hier um einen Ausnah-mefall im Sinne dieser Umschreibung handelt, ist auf-grund der nach § 276 Abs. 2 Satz 2 FamFG vorgeschrie-benen Begründung zu beurteilen. Die Begründung desangefochtenen Beschlusses ist indessen – wie die Rechts-beschwerde mit Recht geltend macht – unzureichend.Dass der vor dem LG nicht anwaltlich vertretene Betrof-fene seine Interessen habe selbständig wahrnehmen kön-nen, erscheint aufgrund des bei ihm vorliegenden Krank-heitsbilds und seiner mangelnden Krankheitseinsichtfernliegend. Dass es sich nur um eine unwesentliche Er-weiterung der Aufgabenkreise des Betreuers handele, ent-behrt schon in Anbetracht der zentralen Bedeutung desAufenthaltsbestimmungsrechts der Grundlage. Demnachgenügt die Begründung des LG nicht den Anforderungendes § 276 Abs. 2 FamFG und trägt die unterbliebene Be-stellung eines Verfahrenspflegers nicht.

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Rechtsmittel einer nicht mehr existenten Partei

ZPO § 50 Abs. 1

Die Berufung einer nicht existenten oder aus anderenGründen parteiunfähigen Prozesspartei gegen ein inerster Instanz ergangenes Sachurteil ist nicht nur zu-lässig, wenn die Partei mit der Berufung das Fehlender Parteifähigkeit geltend macht, sondern auch dann,wenn sie das Rechtsmittel mit dem Ziel eingelegt hat,ein anderes, ihrem Begehren entsprechendes Sach-urteil zu erreichen.

BGH, Beschl. v. 31.5.2010 – II ZB 9/09(KG – 4 U 184/07; LG Berlin)

Aus den Gründen:... Das Berufungsgericht (KG v. 2.4.2009 – 4 U 184/07,ZIP 2009, 2123) hat ausgeführt, dass die Klägerin zu 1aufgrund der liquidationslosen Vollbeendigung der Ge-sellschaft und der Gesamtrechtsnachfolge des verbleiben-den Gesellschafters infolge des Ausscheidens der Beklag-ten schon vor Anhängigkeit der Klage nicht mehr exis-tent und damit parteiunfähig gewesen sei. Ergebe sichdie bereits bei Klageerhebung fehlende Parteifähigkeitdes in erster Instanz sachlich unterlegenen Klägers in derBerufungsinstanz, sei ausnahmsweise nicht die Klage alsunzulässig abzuweisen, sondern die Berufung als unzu-lässig zu verwerfen, wenn die fehlende Parteifähigkeitnicht wiederhergestellt werden könne. Das erstinstanz-lich ergangene Urteil, mit welchem die Klage der nichtmehr existenten Partei abgewiesen worden sei, gehe insLeere, eine Schutzbedürftigkeit des betroffenen Klägerssei nicht ersichtlich. Die Berufung des Klägers zu 2 seiunzulässig, da sie nicht innerhalb der Berufungsbegrün-dungsfrist erfolgt und der später erklärte Parteiwechselbereits wegen der Unzulässigkeit der Berufung der Kläge-rin zu 1 nicht wirksam geworden sei.Diese Ausführungen halten rechtlicher Prüfung nichtstand. Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus,dass die zum Ausscheiden eines Gesellschafters im Ge-sellschaftsvertrag vereinbarte Regelung zur Folge hatte,dass beim Ausscheiden der Beklagten das Vermögen derKlägerin zu 1 im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1279

Verfahrensrecht

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den allein verbleibenden Gesellschafter überging, ohnedass es eines Übertragungsaktes oder einer Übernahme-erklärung bedurfte (BGH, Urt. v. 7.7.2008 – II ZR 37/07, MDR 2008, 1223 = ZIP 2008, 1677 Tz. 9; v.12.7.1999 – II ZR 4/98, MDR 1999, 1397 = ZIP 1999,1526 f.). Mit dem Ausscheiden der Beklagten war dieGesellschaft daher ohne Liquidation beendet, so dass ihrbereits zum Zeitpunkt der Klageerhebung die Partei-fähigkeit fehlte. Die mangelnde Parteifähigkeit der Klä-gerin zu 1 führt aber entgegen der Auffassung des Beru-fungsgerichts nicht zur Unzulässigkeit der von ihr einge-legten Berufung gegen das landgerichtliche Urteil.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Prozess-partei, deren Parteifähigkeit in Streit steht, zur gericht-lichen Klärung dieser Frage als parteifähig zu behandelnist (BGHZ 24, 91 [94]; BGHZ 74, 212 [215]; BGH,Beschl. v. 29.5.2008 – IX ZB 103/07, ZIP 2008, 2029Tz. 33; v. 13.7.1993 – III ZB 17/93, MDR 1994, 511 =WM 1993, 1939 f.; Urt. v. 21.10.1985 – II ZR 82/85,WM 1986, 145; Urt. v. 29.9.1981 – VI ZR 21/80, MDR1982, 220 = WM 1981, 1387 f.). Eine nicht existenteoder aus anderen Gründen parteiunfähige Partei kannRechtsmittel einlegen, um ihre Nichtexistenz oder ander-weitig fehlende Parteifähigkeit geltend zu machen oderum zu rügen, dass ihre Parteifähigkeit vorinstanzlich zuUnrecht verneint worden ist. Ob auch ein Rechtsmittelzulässig ist, mit welchem sich eine parteiunfähige Parteigegen ein in der Vorinstanz ergangenes Sachurteil mitdem Ziel wendet, ein anderes, ihrem Begehren entspre-chendes Sachurteil zu erreichen (verneinend OLG Köln v.27.2.1997 – 7 U 178/96, VersR 1998, 207 f.), hat derBGH ... bislang nicht ausdrücklich entschieden. In seinenUrteilen (BGH v. 4.5.2004 – XI ZR 40/03, BGHZ 159,94 [103] = MDR 2004, 1197; v. 8.4.1976 – II ZR 212/74, WM 1976, 686) ist er allerdings ohne weiteres vonder Zulässigkeit eines auf eine andere Sachentscheidungabzielenden Rechtsmittels der parteiunfähigen Prozess-partei ausgegangen. Im Schrifttum wird bei der Frage derZulässigkeit des Rechtsmittels einer möglicherweise par-teiunfähigen Partei überwiegend nicht danach differen-ziert, ob mit dem Rechtsmittel ein Prozessurteil oder eineandere Sachentscheidung erstrebt wird (Zöller/Vollkom-mer, ZPO, 28. Aufl., § 56 Rz. 14; ...). Entgegen der An-sicht des Berufungsgerichts besteht kein Grund, in derhier gegebenen Verfahrenskonstellation die Zulässigkeitder Berufung der Klägerin zu 1 ausnahmsweise zu vernei-nen.

Die rechtliche Existenz und damit die Parteifähigkeit je-der an einem Rechtsstreit beteiligten Partei ist eine Pro-zessvoraussetzung, die in jeder Lage des Verfahrens, auchin den Rechtsmittelinstanzen, von Amts wegen zu prüfenist (§ 56 Abs. 1 ZPO) und ohne die ein Sachurteil nichtergehen darf (BGH v. 4.5.2004 – XI ZR 40/03, BGHZ159, 94 [98] = MDR 2004, 1197; v. 21.11.1996 – IX ZR148/95, BGHZ 134, 116 [118] = MDR 1997, 472 f.).Legt eine parteiunfähige Partei gegen ein vorinstanzlichergangenes Sachurteil Rechtsmittel ein, stellt sich für dasRechtsmittelgericht die Frage der Parteifähigkeit gleich-viel, ob der Rechtsmittelführer seine Parteiunfähigkeitgeltend macht oder eine andere für ihn günstigere Sach-entscheidung erstrebt. Dem mit dem Rechtsmittel ver-folgten Rechtsschutzziel kommt insoweit keine Bedeu-tung zu, weil die Parteifähigkeit als Prozessvoraussetzungder Parteidisposition entzogen ist, die rechtsmittelführen-de Partei mithin den Erlass eines Sachurteils nicht mitrechtlicher Bindungswirkung hinnehmen kann (a.A.OLG Köln, a.a.O.). Ergeben sich in der Rechtsmittel-instanz Zweifel an der Parteifähigkeit, ist die Partei nachden allgemein anerkannten Grundsätzen für die Klärungder Zweifel als parteifähig zu behandeln, was die Zuläs-

sigkeit des Rechtsmittels zur Folge hat. Die Zuordnungder Entscheidung über die Parteifähigkeit zur Begründet-heit des Rechtsmittels trägt dem Charakter der Partei-fähigkeit als für den gesamten Rechtsstreit bedeutsamenSachurteilsvoraussetzung Rechnung (vgl. Schemmann,Parteifähigkeit im Zivilprozess, S. 137; Bökelmann, JR1972, 246) und eröffnet einen prozessual einfachen Wegzur Korrektur des in der Vorinstanz fehlerhaft ergange-nen Sachurteils. Hierfür besteht entgegen der Ansicht desBerufungsgerichts auch dann ein Bedürfnis, wenn dasSachurteil für und gegen eine nicht existente Partei ergehtund deshalb keine Rechtswirkungen entfaltet (vgl. Haus-mann, a.a.O., vor § 50 Rz. 24 m.w.N.). Aus diesemGrund ist anerkannt, dass auch solche wirkungslosen Ur-teile durch Rechtsmittel beseitigt werden können (BGH,Urt. v. 24.3.1994 – VII ZR 159/92, MDR 1994, 846 =WM 1994, 1212 f.; v. 13.7.1993, a.a.O.; OLG HamburgMDR 1976, 845; Zöller/Vollkommer, a.a.O., vor § 50Rz. 11 m.w.N.). Auf Erwägungen zur Schutzbedürftig-keit der parteiunfähigen Prozesspartei im Einzelfall kannes, anders als es das Berufungsgericht meint, demgegen-über nicht entscheidend ankommen. ...

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Internationale Zuständigkeit bei Klage über Vertragmit unterschiedlichen Erfüllungsorten

Lugano-Übk Art. 5 Nr. 1; BGB § 269

Für eine Klage auf Feststellung der Wirksamkeit einesVertrags mit mehreren gleichrangigen, in verschiede-nen Vertragsstaaten zu erfüllenden Hauptpflichten be-steht grundsätzlich kein einheitlicher internationalerGerichtsstand des vertraglichen Erfüllungsortes.

BGH, Urt. v. 27.4.2010 – IX ZR 108/09(OLG Karlsruhe – 7 U 253/07; LG Karlsruhe)

Aus den Gründen:... Die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit derdeutschen Gerichte richtet sich im Streitfall nach demLugano-Übereinkommen. ... Aus dem Wortlaut desArt. 5 Nr. 1 LugÜ folgt, dass auch im Falle einer das gan-ze Vertragsverhältnis betreffenden Feststellungsklage ...an den Erfüllungsort der einzelnen Ansprüche aus demVertragsverhältnis anzuknüpfen ist. Umstritten ist aller-dings, was gilt, wenn das streitige Vertragsverhältnismehrere gleichrangige Hauptpflichten enthält, die in ver-schiedenen Vertragsstaaten zu erfüllen sind. Diese Frageist hier entscheidungserheblich. Entgegen der Ansicht derRevision ist das Gericht am Sitz der auf Feststellung derWirksamkeit eines Vertrags klagenden Partei nicht be-reits deshalb international zuständig, weil sie aus demVertrag die Pflicht des Gegners zu der Erklärung ableitet,er bestreite die Wirksamkeit des Vertrags nicht mehr. DieKlage ist nicht auf Abgabe einer solchen Erklärung, son-dern auf die gerichtliche Feststellung der Wirksamkeitdes Vertrags gerichtet. Auch der Gesichtspunkt, dassdeutsche Gerichte im Falle einer auf eine noch offene, inDeutschland zu erfüllende Vertragspflicht bezogenenLeistungsklage auch für eine Zwischenfeststellungsklagenach § 256 Abs. 2 ZPO international zuständig wären,begründet für sich genommen nicht die internationaleZuständigkeit für eine Feststellungsklage.Der im Streit befindliche Vertrag enthält mehrere wech-selseitige Pflichten. Wo diese zu erfüllen sind, beurteiltsich nach dem materiellen Recht, das nach den Kollisi-onsnormen des mit der Sache befassten Gerichts maßgeb-lich ist (lex causae; st. Rspr. des EuGH seit dem Urt. v.

1280 Rechtsprechung MDR 21/2010

Verfahrensrecht

Page 67: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

6.10.1976 – Tessili, NJW 1977, 491; BGHZ 157, 224[231]; BGE 124 III 188 [189]; Geimer/Schütze, a.a.O.,Rz. 76 ff. m.w.N.). Nach Art. 27 EGBGB a.F. ist diesdeutsches Recht, weil die Parteien in § 8 Nr. 2 der Ver-einbarung vom 30.4.2001 eine entsprechende Rechts-wahl getroffen haben. Maßgeblich ist deshalb § 269BGB. Danach hat der Schuldner die ihm obliegende Leis-tungshandlung dort zu erbringen, wo er zur Zeit der Ent-stehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte,sofern nicht ein anderer Ort für die Leistung entwedervereinbart oder aus den Umständen, insb. aus der Naturdes Schuldverhältnisses, zu entnehmen ist. Bei gegenseiti-gen Verträgen besteht im Allgemeinen kein einheitlicherLeistungsort; dieser muss vielmehr für jede Verpflichtunggesondert festgestellt werden (BGH, Urt. v. 4.3.2004 –IX ZR 101/03, FamRZ 2004, 938 = MDR 2004, 765 =WM 2004, 2038 [2039]; v. 24.1.2007 – XII ZR 168/04,MDR 2007, 904 = NJW-RR 2007, 777 [778 Rz. 12]).Die Revision meint, aus der Natur der in Rede stehendenVereinbarung als Vergleich folge ein Ortsbezug der ge-samten Vereinbarung auf den Ort des Streitverhältnisses,das durch den Vergleich im Wege gegenseitigen Nach-gebens geregelt werden sollte. Ort des Streitverhältnissessei der Ort, an dem der durch den Vergleich beendeteRechtsstreit rechtshängig geworden sei oder gewordenwäre; an diesem Ort habe auch das wechselseitige Nach-geben in Form von Willenserklärungen zu erfolgen. Ausden Umständen sei daher zu entnehmen, dass der Erfül-lungsort für die Vereinbarung insgesamt im Land-gerichtsbezirk Karlsruhe liege. Dies trifft jedoch nicht zu.Der Inhalt der Vereinbarung vom 30.4.2001 geht weitüber den Gegenstand der kurz zuvor beim LG Karlsruheeingereichten Klage hinaus. Die Frage der Wirksamkeitdieser Vereinbarung betrifft nicht eine Pflicht, dem Ver-gleich im Wege des Nachgebens zuzustimmen, sonderndie aus der Vereinbarung resultierenden Pflichten. DerOrt, an dem diese zu erfüllen sind, kann nicht einheitlichbeurteilt werden.

Die Leistungshandlungen für einen erheblichen Teil dervereinbarten Pflichten waren in Deutschland vorzuneh-men. Dies gilt etwa für die Zahlungspflichten des Klägersund für die Verpflichtung der Beklagten, dem Kläger inDeutschland belegene Grundstücke zu übertragen. Ver-einbart wurden aber auch Pflichten, die außerhalbDeutschlands zu erfüllen waren. Enthielt die Verein-barung ... verschiedene Hauptpflichten mit Erfüllungs-orten in unterschiedlichen Staaten, so lässt sich für eineKlage auf Feststellung der Wirksamkeit des gesamtenVertrags aus Art. 5 Abs. 1 LugÜ keine einheitliche inter-nationale Zuständigkeit herleiten. In der Rechtsprechungder Instanzgerichte und im Schrifttum ist diese Frage um-stritten. Manche Stimmen bejahen einen Gerichtsstandan jedem Ort, an dem irgendeine vertragliche Verpflich-tung (LG Trier v. 17.10.2002 – 7 HKO 140701, NJW-RR 2003, 287 [288]) oder jedenfalls eine Hauptver-pflichtung zu erfüllen ist (Geimer/Schütze, a.a.O.,Rz. 110; Fasching/Simotta, a.a.O., Rz. 123), andere stel-len auf die für den Kläger maßgebliche Hauptverpflich-tung des jeweiligen Beklagten (OLG Stuttgart IPRax1999, 103; OLG Frankfurt v. 28.11.1979 – 21 U 59/79,RIW 1980, 585; Dasser/Oberhammer, a.a.O., Rz. 29)oder auf die vertragscharakteristische Hauptpflicht(Gottwald in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl. Art. 5EuGVVO Rz. 32; Wolf, IPRax 1999, 82 [85]) ab. Wiederandere halten einen Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 1aEuGVVO (entsprechend Art. 5 Nr. 1 LugÜ) nur dann fürgegeben, wenn alle vertraglichen Verpflichtungen am sel-ben Ort zu erfüllen sind (Schlosser, EU-Zivilprozessrecht3. Aufl. Art. 5 EuGVVO Rz. 9).

Nach der auch für die Auslegung des Lugano-Überein-kommens heranzuziehenden Rechtsprechung des EuGHkommt es für die Bestimmung des Erfüllungsorts i.S.v.Art. 5 Abs. 1 EuGVÜ nicht auf eine beliebige Verpflich-tung aus dem Vertrag an, sondern auf diejenige Ver-pflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet (EuGH,Urt. v. 6.10.1976 – de Bloos, NJW 1977, 490). Stützt derKläger seine Klage auf mehrere Verpflichtungen, die sichaus einem einzigen Vertrag ergeben, entscheidet dieHauptpflicht; Nebensächliches folgt der Hauptsache(EuGH, Urt. v. 15.1.1987 – Shenavai, EuGH v.15.1.1987 – Rs. C-286/85, NJW 1987, 1131 [1132Nr. 19]). Auf die vertragscharakteristische Leistung hatder EuGH nur bei Verträgen über unselbständige Diensteabgestellt (Urt. v. 26.5.1982 – Ivenel, EuGH v. 26.5.1982– Rs. C-133/81, IPRax 1983, 173); darüber hinaus hat erdie Anwendung dieses Kriteriums abgelehnt (Urt. v.19.2.2002 – Besix, EuGH v. 19.2.2002 – Rs. C-256/00,NJW 2002, 1407 [1408 f, Nr. 38-40 m.w.N.]). Betrifftder Rechtsstreit mehrere gleichrangige Verpflichtungenaus ein und demselben Vertrag, die nach den Kollisions-normen des mit der Sache befassten Gerichts in verschie-denen Vertragsstaaten zu erfüllen sind, ergibt sich ausArt. 5 Nr. 1 EuGVÜ kein einheitlicher Gerichtsstand fürdie gesamte Klage (EuGH, Urt. v. 5.10.1999 – Leather-tex, EuGH v. 5.10.1999 – Rs. C-420/97, NJW 2000, 721[723 Nr. 40, 42]). Entsprechendes gilt für Art. 5 Nr. 1LugÜ (BGE 124 III 188 [190]). Eine Aufspaltung der Zu-ständigkeiten kann der Kläger vermeiden, indem er dieKlage beim Gericht am Wohnsitz des Beklagten erhebt(Art. 2 EuGVÜ/LugÜ; EuGH, Urt. v. 5.10.1999 – Leat-hertex, a.a.O., Nr. 41).

Nach diesen Grundsätzen kann im Falle einer Klage, mitder die Wirksamkeit einer Vereinbarung festgestellt wer-den soll, die mehrere gleichrangige Hauptpflichten mitErfüllungsorten in verschiedenen Vertragsstaaten bein-haltet, aus Art. 5 Nr. 1 LugÜ kein einheitlicher interna-tionaler Gerichtsstand hergeleitet werden. Der durchArt. 5 Nr. 1 LugÜ für den Kläger geschaffenen Möglich-keit, den Beklagten nicht nur an seinem Wohnsitz (Art. 2LugÜ), sondern auch am Erfüllungsort der streitigen Ver-bindlichkeit zu verklagen, liegt zugrunde, dass regel-mäßig zwischen der Klage und dem Gericht am Erfül-lungsort eine enge Verknüpfung besteht (EuGH, Urt. v.6.10.1976 – Tessili, a.a.O., Nr. 13; v. 15.1.1987 – Shena-vai, a.a.O., Nr. 6; v. 29.6.1994 – Custom Made Com-mercial, EuGH v. 29.6.1994 – Rs. C-288/92, NJW 1995,183 Nr. 12 f.). ... Der Grundsatz der Rechtssicherheitverlangt, dass die von der allgemeinen Regel des Art. 2abweichenden Zuständigkeitsregeln wie Art. 5 Nr. 1 soausgelegt werden, dass ein informierter, verständiger Be-klagter vorhersehen kann, vor welchem anderen Gerichtals dem eines Staates, in dem er seinen Wohnsitz hat, erverklagt werden könnte (EuGH, Urt. v. 19.2.2002 – Be-six, a.a.O., Nr. 24, 26, 50–52). Dies gilt auch für denKläger. Einen sicheren und verlässlichen Anknüpfungs-punkt, der einen für die Beteiligten vorhersehbaren Ge-richtsstand begründet, bietet, wenn die Wirksamkeit ei-ner komplexen Vereinbarung mit mehreren, an unter-schiedlichen Orten zu erfüllenden Hauptpflichten Gegen-stand des Verfahrens ist, nur der Wohnsitz des Beklagten....

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MDR 21/2010 Rechtsprechung 1281

Verfahrensrecht

Page 68: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Erfolglose Richterablehnung

ZPO § 42 Abs. 2

1. Auch wenn die Partei vor dem anberaumten Terminzur mündlichen Verhandlung nicht ausreichend Gele-genheit hat, auf einen Schriftsatz des Gegners zu erwi-dern, rechtfertigt die Ablehnung des auf diesen Um-stand gestützten Antrages auf Terminsverlegung fürsich genommen nicht das Misstrauen gegen die Un-parteilichkeit des erkennenden Richters.

2. Auf eine vorläufige Meinungsäußerung des Richtersim Rahmen der Prozessleitung kann – wenn nicht wei-tere Umstände hinzutreten – ein Ablehnungsgrund i.S.§ 42 Abs. 2 ZPO nicht gestützt werden.

OLG Hamm, Beschl. v. 29.6.2010 – I-1 W 51/10(LG Essen – 17 O 282/09)

Aus den Gründen:... Entgegen der Auffassung der Beklagten begründet dieAblehnung des Terminsverlegungsantrages durch Be-schluss vom 7.1.2010 aus der maßgeblichen Sicht der Be-klagten bei vernünftiger Würdigung aller Umstände nichtZweifel an der Unvoreingenommenheit und der objekti-ven Einstellung des entscheidenden Richters (vgl. zumPrüfungsmaßstab etwa BGH NJW 1980, 2539; BGH v.2.10.2003 – V ZB 22/03, FamRZ 2004, 176 = MDR2004, 167 = NJW 2004, 164). Wie das LG richtig aus-geführt hat, kann die Verweigerung einer beantragtenTerminsverlegung ausnahmsweise nur dann ein Miss-trauen in die Unparteilichkeit des Richters begründen,wenn erhebliche Gründe für die Terminsverlegung offen-sichtlich vorliegen, die Zurückweisung des Antrags fürdie betreffende Partei schlechthin unzumutbar wäre undsomit deren Grundrecht auf rechtliches Gehör verletzteoder sich aus der Ablehnung der Terminsverlegung derEindruck einer sachwidrigen Benachteiligung einer Parteiaufdrängt (vgl. z.B. BGH v. 6.4.2006 – V ZB 194/05,FamRZ 2006, 944 = MDR 2006, 1246 = NJW 2006,2492; OLG Köln v. 4.9.2009 – 20 W 46/09, MDR 2010,283). Die Ablehnung der Terminsverlegung durch denRichter am LG X verwirklicht einen der vorgenanntenAusnahmetatbestände nicht. Ausweislich der richterli-chen Verfügung vom 3.12.2009 hat der Einzelrichter denTermin zur mündlichen Verhandlung vom 11.1.2010 alsGütetermin und frühen ersten Termin (vgl. § 275 ZPO)angesetzt und das persönliche Erscheinen der Parteienzum Termin angeordnet.Unter diesen Umständen war es nachvollziehbar und da-mit jedenfalls nicht willkürlich und nicht einseitig be-nachteiligend für die Beklagte, wenn der Richter den Ter-min nicht deshalb verlegte, weil die Beklagte vor demTermin nicht ausreichend Gelegenheit hatte, auf dieSchriftsätze der Klägerin und der Streithelferin zu erwi-dern. Die Aufrechterhaltung des Termins diente dazu, diemündliche Verhandlung zum Zwecke der gütlichen Beile-gung des Rechtsstreits durchzuführen (vgl. § 278 Abs. 2,3 ZPO), den Sachverhalt unter Einbeziehung der Partei-en aufzuklären (§ 141 Abs. 1 ZPO) und die Sach- undRechtslage zu erörtern. Hierfür war ein abschließendesschriftsätzliches Vorbringen der Parteien vor dem Terminnicht erforderlich. Durch diese Verfahrensweise hat derRichter den Anspruch der Beklagten auf Gewährungrechtlichen Gehörs nicht verletzt. Soweit die Beklagte indem angesetzten Termin nicht in Lage gewesen wäre, aufdas Vorbringen der Klägerin und der Streithelferin aus-reichend zu erwidern, hätte das Gericht der Beklagten im

Anschluss an den frühen ersten Termin hierzu Gelegen-heit – etwa im Zuge der Vorbereitung eines weiteren Ter-mins zur mündlichen Verhandlung oder durch Einräu-men einer Schriftsatzfrist gem. § 283 ZPO – geben müs-sen. Der abgelehnte Richter hat in den Gründen des Be-schlusses vom 7.1.2010 deutlich zum Ausdruck ge-bracht, dass mit der Aufrechterhaltung des Termins derBeklagten nicht die Möglichkeit genommen ist, auf dasVorbringen der Gegenseite zu replizieren, indem er aus-führt, dass die Beklagte auf das Vorbringen nicht bis zumTermin „duplizieren“ (gemeint ist offensichtlich „repli-zieren“) könne, dies aber nicht daran hindere, einen Gü-tetermin und eine mündliche Verhandlung durchzufüh-ren, in der eine Erörterung der Sach- und Rechtslage inBetracht komme. ...(Zu 2:) ... Das LG hat zutreffend ausgeführt, dass derrechtliche Hinweis des abgelehnten Richters in dem Be-schluss vom 7.1.2010 bei verständiger Würdigung dieBesorgnis der Voreingenommenheit nicht zu begründenvermag, weil es sich um eine vorläufige Meinungsäuße-rung des Richters im Rahmen der Prozessleitung handel-te, die als solche keinen Ablehnungsgrund darstellt (vgl.etwa BVerfG NJW 1998, 370; Zöller/Vollkommer, ZPO,28. A., Rz. 26 zu § 42 ZPO). Das Gericht hat mit seinemHinweis die unstreitige Tatsache aufgenommen, dass dieBeklagte durch Schreiben vom 29.4.2009 den mit derKlägerin geschlossenen Mietvertrag „spätestens“ zum31.12.2009 gekündigt hat und auf Grundlage dieser Wil-lenserklärung nach Art. 4 Abs. 1 des gekündigten Miet-vertrages (in Übereinstimmung mit § 546 Abs. 1 BGB)eine Räumung und Herausgabe des Mietobjekts nach Be-endigung des Mietvertrages (also nach der in der Kündi-gung geäußerten Rechtsauffassung zum 1.1.2010) zu er-folgen hat. Aus dem Hinweis kann bei objektiver Würdi-gung nicht die Besorgnis entstehen, der Richter habe sichabschließend zum Nachteil der Beklagten dahin fest-gelegt, dass er die Kündigung als unwirksam ansieht;vielmehr kann der Hinweis zwanglos in dem Sinne ver-standen werden, dass vor dem Hintergrund der ungeklär-ten Rechtslage, zumal die Beklagte in dem Kündigungs-schreiben die Bereitschaft zu Verhandlungen über einenneuen Mietvertrag zu geänderten Bedingungen anbot,die Aufrechterhaltung des Güte- und Verhandlungster-mins im beiderseitigen Parteiinteresse zweckdienlich seinkann, um die Chance einer gütlichen Beilegung desRechtsstreits in einem recht frühen Verfahrensstadium zuwahren und – sofern eine vergleichsweise Regelung nichtin Betracht kommt – durch eine Aufklärung des Sachver-halts und eine Erörterung der Sach- und Rechtslage dieGrundlage für die weitere, eine zügige Verfahrenserledi-gung gewährleistende Prozessleitung zu schaffen. ...

(Einsender: RiOLG Frank Walter, Hamm)Volltext-Bestellnummer 38084

Geschäftswert bei Unternehmensverkauf

KostO § 39 II

Der gem. 39 Abs. 2 KostO festzusetzende Geschäfts-wert für die Beurkundung eines notariellen Kaufver-trages, mit dem ein Unternehmen veräußert wird, be-misst sich grundsätzlich nach dem vereinbarten Kauf-preis sowie den von dem Käufer übernommenen Ver-pflichtungen.

Die in einer Bilanz angegebenen Buchwerte vonGrundstücken sind nicht maßgebend.

1282 Rechtsprechung MDR 21/2010

Verfahrensrecht

Page 69: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

OLG Rostock, Beschl. v. 24.6.2010 – 5 W 37/10(LG Neubrandenburg – 4 T 54/09)

Aus den Gründen:. . . Das Rechtsmittel der Kostenschuldnerin hat Erfolgund führt zur Änderung der landgerichtlichen Entschei-dung und Aufhebung der beanstandeten Kostenrech-nung. Die Entscheidung des LG beruht auf einer Verlet-zung des Rechts (§ 156 Abs. 2 S. 3 KostO a.F.).Der Geschäftswert für die Beurkundung des Unterneh-menskaufvertrages vom 20.12.2007 musste nach § 39Abs. 2 KostO ermittelt werden, nicht nach § 20 KostO,da letztere Vorschrift nur für den Kauf von Sachen gilt,nicht für den von Geschäftsanteilen (Korintenberg/Lap-pe/Bengel/Reimann, KostO, 18. Aufl., Rz. 4 zu § 20 undRz. 11 zu § 39).Vorliegend kann nicht festgestellt werden, dass die Werteder gegenseitig zu erbringenden Leistungen verschiedensind. Es ist daher der Wert der Leistungen der Käuferin,d.h. der vereinbarte Kaufpreis und der Wert der von ihrübernommenen Verpflichtungen zugrunde zu legen, wieihn die Beschwerdeführerin ermittelt hat. In der Regelentspricht bei Geschäften des normalen Wirtschaftsver-kehrs der Kaufpreis dem Wert für die Übertragung einesGeschäftsanteils (Korintenberg/Lappe/Bengel/Reimann,KostO, a.a.O.). Hier wurden alle Geschäftsanteile andem kommunalen Eigenbetrieb veräußert. Die Notarinhat deshalb ihre Tätigkeit für die Beurkundung des Un-ternehmenskaufvertrages vom 20.12.2007 nach einemweit überhöhten Geschäftswert abgerechnet. Der Buch-wert des Aktivvermögens des veräußerten Unternehmensi.H.v. 9.199.280,29 , insbesondere der Buchwert derGrundstücke von 8.441.953,63 durfte nicht als Grund-lage für die Kostenberechnung herangezogen werden.Der Buchwert ist ein Wertansatz im Rahmen der Bewer-tung von Unternehmen oder einzelnen Wirtschafts-gütern. Dieser Ansatz ist weitgehend willkürlich, bzw.rechtlich vorgegeben und weicht vom tatsächlichen Werteines Wirtschaftsgutes daher in aller Regel ab (Definitionlt. babylon Wörterbuch). Die einzelnen Grundstückesind für sich offenkundig nicht frei am Markt zu ver-äußern. Sie dienen der Zweckbestimmung des Vertragesentsprechend dem Betriebe von Pflege- und Betreuungs-einrichtungen. Hieran ist der Erwerber nach dem Vertraggebunden. Entscheidend ist vielmehr, welchen Kaufpreisdie Parteien vereinbarten. Ist Gegenstand eines Kaufver-trages die Veräußerung eines Unternehmens insgesamt –wie hier – so ist anerkannt, dass bei der Wertbemessungin der Regel der vereinbarte Kaufpreis zugrundezulegenist (BGH NJW 1975, 1417 [1418]; 2009, 653; BayObLGOLGZ 1991, 361). Bei der Ermittlung des Gegenstands-wertes von verkauften Geschäftsanteilen sind die vonden Kaufinteressenten unterbreiteten Angebote undschließlich der vereinbarte Kaufpreis von entscheidenderBedeutung (BGH, a.a.O.) Vorliegend ist davon auszuge-hen, dass es sich um keinen Notverkauf oder Verkauf un-ter Wert handelte. Es kann dann unter Umständen einhöherer Wert zugrunde gelegt werden. Hier wurden dieVerkaufsverhandlungen von den Beteiligten zu normalenBedingungen durchgeführt. Abweichendes trugen dieParteien nicht vor. Eine öffentliche Gebietskörperschaft –wie hier der Landkreis – kann sich aus Rechtsgründennicht auf Verkäufe unter Wert einlassen. Unter solchenVerhältnissen ist aber grundsätzlich der schließlich alsKaufpreis vereinbarte Betrag der geeignete Anknüp-fungspunkt für die Bewertung des Unternehmens. Hinzukommt der Wert der hier von der Kostenschuldnerinübernommene Verpflichtungen.

Volltext-Bestellnummer 38011

Klage auf Löschungsbewilligung einer Hypothek

BGB § 1144

Der Klage auf Abgabe der Löschungsbewilligung Zugum Zug gegen Befriedigung der gesicherten Forderungsteht nicht entgegen, dass eine vollständige Befriedi-gung der Gläubigerin – der Beklagten – noch nicht er-folgt ist.

OLG Rostock, Urt. v. 10.6.2010 – 3 U 154/09(LG Rostock)

Aus den Gründen:... In der überwiegenden Literatur finden sich zu der Fra-ge der Klagbarkeit durch den Eigentümer vor Befriedi-gung oder zumindest vor einem tatsächlichen, den Gläu-bigerverzug begründenden Angebot keine eindeutigenAussagen. Die Klagbarkeit des Anspruchs vor Befriedi-gung wird aber nicht ausdrücklich ausgeschlossen. Einig-keit besteht darin, dass der Eigentümer, wenn der Gläu-biger die Leistung aus dem Grundstück verlangt, sichgem. §§ 273, 274 BGB auf ein Zurückbehaltungsrechtberufen kann (Staudinger/Wolfsteiner, § 1144 BGBRz. 24 m.w.N.; Erman/Wenzel, 12. Aufl., § 1144 BGBRz. 5; Mattern in BGB/RGRK, 12. Aufl. 1996, § 1144BGB Rz. 1). Zur Durchsetzbarkeit des Aushändigungs-anspruches führt beispielsweise Bassenge (in Palandt,Komm. zum BGB, 69. Aufl., § 1144 BGB Rz. 2) aus,dass der Eigentümer vor Befriedigung ein Zurückbehal-tungsrecht habe und den Gläubiger in Annahmeverzugsetzen könne, wenn dieser nicht aushändige. Nach Be-friedigung könne der Gläubiger auf Erfüllung klagen(ähnlich auch Eickmann in MünchKomm/BGB, 5. Aufl.,§ 1144 Rz. 29, 30). Auch das OLG Köln, Beschl. v.21.3.1983 – 2 W 13/83, MDR 1983, 668 f. vertritt ineinem Fall, in dem nach Bezahlung der Hauptforderungnoch Kosten des Gläubigers nach § 897 BGB offen wa-ren, dass, sofern der Grundstückseigentümer den Gläubi-ger bereits befriedigt habe, § 1144 BGB das Recht ge-währe, auf Aushändigung der dort bezeichneten Urkun-den zu klagen. Konzen in Soergel, Komm. zum BGB,13. Aufl., § 1144 Rz. 1, 10 führt dagegen ausdrücklichaus, dass die §§ 1144, 1145 BGB die Rechte des Eigentü-mers insofern erweiterten, als Herausgabe des Hypothe-kenbriefs und Überlassung der Urkunden Zug um Zuggegen Befriedigung des Gläubigers verlangt werden kön-ne. Derselbe und Mattern, a.a.O., § 1144 BGB Rz. 1, 15stellen ausdrücklich klar, dass dies auch die Klage umfas-se. Auch das Reichsgericht hat in einer Entscheidung(RG v. 11.11.1925 – V 22/25, RGZ 111, 397 ff.) die Zu-lässigkeit einer Klage auf Erteilung der Löschungsbewil-ligung Zug um Zug gegen Zahlung des aus der Hypothekgeschuldeten Betrages ohne weiteres angenommen.Nach Auffassung des Senats ist dieser Auffassung zu fol-gen und die Zulässigkeit einer derartigen Klage grund-sätzlich und auch im vorliegenden Fall zu bejahen. Diesentspricht dem Zweck des § 1144 BGB, der im Hinblickauf die Besonderheiten des Grundbuchs dem Eigentümerüber das Recht auf Quittung nach § 368 BGB hinaus ei-nen Anspruch auf Erhalt aller zur Löschung oder Grund-buchberichtigung erforderlichen Urkunden zuspricht,um ihn vor Verfügungen des Hypothekars in der Zeitzwischen Befriedigung und Urkundenaushändigung zuschützen (Eickmann, a.a.O., § 1144 Rz. 1; Palandt/Bas-senge, § 1144 BGB Rz. 1; Mattern, a.a.O., § 1144 Rz. 1;Bamberger/Roth/Rohe, § 1144 Rz. 1). Dies kann zum ei-nen dadurch erreicht werden, dass der Schuldner ein Zu-rückbehaltungsrecht an der geschuldeten Leistung (Eick-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1283

Verfahrensrecht

Page 70: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

mann, a.a.O., § 1144 Rz. 29 m.w.N.; Palandt/Grüne-berg, § 368 Rz. 7 m.w.N.) geltend machen kann. DerSchuldner ist aber nicht darauf beschränkt und auchnicht darauf, den Gläubiger erst in Annahmeverzug zuversetzen und gegebenenfalls den geschuldeten Betrag zuhinterlegen, ehe er auf Erteilung der Urkunden gem.§ 1144 BGB klagen kann. Eine solche Beschränkungwürde dem Regelungszweck insbesondere in dem Fallnicht gerecht, in dem der Gläubiger ankündigt, die Ur-kunden erst zu erteilen, wenn der Eigentümer auch wei-tere Forderungen erfüllt hat, von denen streitig ist, ob diedingliche Sicherung sie umfasst. Der Zweck kann dannmit der Klage auf Quittungserteilung Zug um Zug gegenZahlung der Hypothekenforderung erreicht werden. In-soweit hat auch der BGH in seinem Beschluss (BGH v.1.3.1994 – XI ZR 149/93, MDR 1994, 578 f. = NJW1994, 1475) keine Zulässigkeitsprobleme für eine Klageauf Herausgabe von Grundschuldbriefen Zug um Zuggegen Zahlung der Grundschuldsumme gesehen.Die Klage ist auch im Hinblick darauf zulässig, dass essich vorliegend um eine im Wege der Zwangsvollstre-ckung gem. § 867 ZPO eingetragene Hypothek handelt.Es besteht kein Vorrang der Vollstreckungsabwehrklageggü. der Klage wegen des Anspruchs auf Löschungs-bewilligung gem. § 1144 BGB. Für die Zwangshypothek,die eine Sicherungshypothek gem. § 1184 BGB darstellt,sind gem. § 1185 BGB nur die besonderen Vorschriftenhinsichtlich des Hypothekenbriefes nicht anzuwenden;§ 1144 BGB findet uneingeschränkt Anwendung. DasBetreiben der Zwangsversteigerung des Grundstücksdurch die Beklagte und dessen Beschlagnahme durch dasVersteigerungsgericht führen nicht zum Entfallen einesRechtsschutzbedürfnisses oder zur Unzulässigkeit dervorliegenden Klage aus einem anderen Grund. Zwar istder Beklagten zuzustimmen, dass im Zwangsvollstre-ckungsverfahren Einreden und Einwendungen im Wegeder Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO geltendzu machen sind. § 767 ZPO bezieht sich jedoch auf Ein-wendungen, die den titulierten Anspruch betreffen. DerAnspruch gem. § 1144 BGB ist aber ein eigener An-spruch des Eigentümers und nicht lediglich eine Einwen-dung, die den titulierten Anspruch, dessentwegen voll-streckt wird, betrifft, auch wenn im Falle der Befriedi-gung des Gläubigers die zugrunde liegenden Tatsachensowohl den Anspruch auf Erteilung der Löschungsurkun-den als auch die rechtsvernichtende Einwendung der Er-füllung, § 362 Abs. 1 BGB, begründen (vgl. auch BGH,Urt. v. 15.12.1994 – IX ZR 255/93, MDR 1995, 520 =NJW 1995, 1162 f., der ausdrücklich die Möglichkeitfeststellt, die Klage auf Abgabe der Löschungsbewil-ligung mit der Vollstreckungsgegenklage zu verbinden).Das Rechtsschutzbedürfnis entfällt auch nicht, weil diebegehrte Verurteilung der Beklagten nicht ohne weiteresdas Zwangsversteigerungsverfahren beendet. Zum einenist eine Entscheidung über diese Klage geeignet, das Inte-resse der Klägerin an der Feststellung der Höhe der For-derung, für die die Sicherungshypothek eingetragen wur-de, festzustellen. Zum anderen ist der Titel auf Abgabeeiner Willenserklärung geeignet, der Klägerin den Beweisder Voraussetzungen für Einwendungen nach § 767ZPO, aber auch den Beweis von Tatsachen zu erleich-tern, die eine einstweilige Einstellung der Zwangsverstei-gerung nach § 28 ZVG begründen könnten, jedenfallssoweit es um die Zwangsversteigerung geht, die sich aufdie eingetragene Sicherungshypothek stützt. Dass dieKlägerin mit Zustellung des Beschlusses, durch den dieZwangsversteigerung angeordnet wurde, über dasGrundstück gem. § 23 ZVG nicht mehr verfügen darf,lässt das Rechtsschutzinteresse, insbesondere an der Fest-stellung der Höhe der geschuldeten Gegenleistung für dieSicherungshypothek, ebenfalls nicht entfallen. ...

Die Klage ist begründet. § 1144 BGB verpflichtet die Be-klagte, die Löschungsbewilligung Zug um Zug gegenZahlung der Beträge zu erteilen, die in den Einzelhypo-theken genannt sind. ...... Die Beklagte stellt sich zu Unrecht auf den Stand-punkt, sie müsse die Bewilligung erst erteilen, wenn sievollständig hinsichtlich ihrer gesamten Restforderung ...befriedigt sei. Der Hypothekengläubiger kann ggü. demAnspruch auf Herausgabe der Löschungsbewilligungnach § 1144 BGB kein Zurückbehaltungsrecht wegenanderer persönlicher Ansprüche geltend machen, denn§ 1144 BGB gewährt dem Eigentümer ein uneinge-schränktes Recht auf Aushändigung der Urkunden bzw.Erteilung der Löschungsbewilligung. Andernfalls würdeein Zurückbehaltungsrecht den von § 1144 BGB nichtgewollten tatsächlichen Erfolg haben, dass der Gläubigerwegen der anderen persönlichen Ansprüche durch dieHypothek eine Art Sicherung erhielte (BGH, Urt. v.25.4.1988 – II ZR 17/87, MDR 1988, 841 = NJW 1988,3260). ...

Volltext-Bestellnummer 38174

Verweigerung von PKH wegen Anspruchs auf Prozess-kostenvorschuss

ZPO § 115

In Eilverfahren kommt eine Verweisung des um Bewil-ligung von Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Be-teiligten auf einen Prozesskostenvorschussanspruch inaller Regel nicht in Betracht, wenn dieser ersichtlichzuvor erst noch gerichtlich durchgesetzt werden müss-te. Dies gilt umso mehr, wenn eine Quotenhaftungmehrerer Prozesskostenvorschusspflichtiger in Be-tracht kommt.

OLG Saarbrücken, Beschl. v. 8.6.2010 – 6 WF 56/10(AG Saarbrücken – 39 F 394/09)

Aus den Gründen:... Die auf mangelnde Kostenarmut wegen Vermögens(§ 115 Abs. 3 ZPO) – namentlich unter Verweisung derAntragsteller auf einen Anspruch auf Prozesskostenvor-schuss (vgl. dazu BGH v. 27.1.2005 – IX ZB 270/03,MDR 2005, 893 f. = FamRZ 2005, 883) gegen ihre Mut-ter und den Antragsgegner – gestützte Verweigerung derVerfahrenskostenhilfe kann keinen Bestand haben. DieVerweisung des hilfsbedürftigen Beteiligten auf einen An-spruch auf Prozesskostenvorschuss kommt im Regelfallnur in Betracht, wenn eine alsbaldige Realisierung desProzesskostenvorschusses zu erwarten ist (vgl. dazuBGH v. 10.7.2008 – VII ZB 25/08, MDR 2008, 1232 =FamRZ 2008, 1842). Der Anspruch muss daher rechtlichunzweifelhaft bestehen und darüber hinaus kurzfristig ei-nigermaßen sicher durchsetzbar sein (vgl. OLG Saarbrü-cken, Beschl. v. 7.7.2008 – 6 WF 52/08, m.w.N.). In Eil-verfahren kommt eine Verweisung auf den Prozesskos-tenvorschussanspruch in aller Regel nicht in Betracht,wenn dieser ersichtlich zuvor erst noch gerichtlich durch-gesetzt werden müsste (Prütting/Gehrlein/Völker/Zem-pel, ZPO, 2. Aufl., § 115 Rz. 47; Kalthoener/Büttner/Wrobl-Sachs, Prozesskostenhilfe und Beratungshilfe,4. Aufl., Rz. 355). Denn das in Verfahren des einstweili-gen Rechtsschutzes dem Antragsteller in Art. 2 Abs. 1i.V.m. 20 Abs. 3 GG verbriefte Grundrecht auf effektivenRechtsschutz liefe leer, wenn die gebotene Beschleuni-gung des Eilverfahrens durch längere Streitigkeiten umProzesskostenvorschussansprüche in ihr Gegenteil ver-kehrt würde, zumal dies zugleich den Anspruch des Be-

1284 Rechtsprechung MDR 21/2010

Verfahrensrecht

Page 71: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

dürftigen auf Rechtsschutzgleichheit aus Art. 3 Abs. 1i.V.m. 20 Abs. 3 GG verletzte. Denn dieser Grundsatz ge-bietet, wenn auch keine vollständige Gleichstellung, sodoch eine weitgehende Angleichung der Situation vonBemittelten und weniger Bemittelten bei der Verwirk-lichung des Rechtsschutzes. Danach darf weniger Bemit-telten die Rechtsverfolgung und -verteidigung im Ver-gleich zu Bemittelten nicht unverhältnismäßig erschwertwerden. Der weniger Bemittelte muss grundsätzlichebenso wirksamen Rechtsschutz in Anspruch nehmenkönnen wie ein Begüterter (BVerfG v. 29.12.2009 – 1BvR 1781/09, FamRZ 2010, 530 m.w.N.).Von dieser in Eilverfahren mithin bestehenden Wechsel-wirkung der sich gegenseitig verstärkenden Erfordernissedes effektiven Rechtsschutzes und der Rechtsschutz-gleichheit ausgehend, ist es den Antragstellern hier nichtzumutbar (§ 115 Abs. 3 ZPO), auf die Geltendmachungeines Prozesskostenvorschussanspruchs verwiesen zuwerden. Die Durchsetzung dieses Anspruchs wäre für dieAntragsteller unter den gegebenen Umständen akten-ersichtlich mit erheblichen Unwägbarkeiten behaftet,weil im Tatsächlichen und Rechtlichen problematischund aller Voraussicht nach mit einer gerichtlichen Durch-setzung verbunden, zumal – was das Familiengericht aus-weislich seiner Nichtabhilfe vom 28.5.2010 nicht ver-kennt – eine Quotenhaftung des Antragsgegners und derMutter der Antragsteller in Betracht zu ziehen sein könn-te (vgl. dazu OLG Saarbrücken, Beschl. v. 24.9.2007 – 9WF 122/07, m.w.N.), was die Durchsetzung des An-spruchs weiter erschwerte, und der verfahrenseinleitendeAntrag der Antragsteller bereits am 13.10.2009 beim Fa-miliengericht eingegangen war. Hiernach ist der Senat ei-ner Entscheidung der Frage enthoben, ob die Zurech-nung eines Anspruchs auf Zahlung eines Prozesskosten-vorschusses zum Vermögen der Antragsteller auch des-halb nicht (mehr) in Betracht kommt, weil die einstweili-ge Anordnung bereits erlassen war, als das Familien-gericht die Antragsteller auf jenen Anspruch verwiesenhat (zur in Hauptsacheverfahren insoweit angenom-menen Sperrwirkung des Instanzendes s. BGH v.5.6.1985 – Ivb ZR 27/84, MDR 1986, 198 ff. = FamRZ1985, 902; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 5.1.2007 – 6WF 112/06; v. 8.12.2006 – 6 WF 107/06; OLG Köln v.18.1.1991 – 25 UF 139/90, FamRZ 1991, 842; Wendl/Scholz, Unterhaltsrecht, 7. Aufl., § 6 Rz. 31). Da das Fa-miliengericht die Kostenarmut der Antragsteller im Übri-gen und die Erfolgsaussichten ihrer Rechtsverfolgung –nach den für eine Prozesskostenhilfebewilligung ein-schlägigen Maßstäben – bisher nicht geprüft hat, ist eineabschließende eigene Sachentscheidung des Senats nichtsachdienlich. Vielmehr erscheint es angezeigt, die Sacheunter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses zur er-neuten Behandlung und Entscheidung an das Familien-gericht zurückzuverweisen (§ 113 Abs. 1 FamFG i.V.m.§§ 127 Abs. 2 Satz 2, 572 Abs. 3 ZPO). ...

Volltext-Bestellnummer 38176

Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess

GVG § 169

Die Öffentlichkeit der Verhandlung wird durch eineVideoüberwachung des Eingangs zum Gerichtsgebäu-de nicht beeinträchtigt.

LG Itzehoe, Beschl. v. 2.6.2010 – 1 T 61/10(AG Meldorf – 81 C 305/10)

Aus den Gründen:... Die von Amts wegen angeordnete Aussetzung des Zi-vilverfahrens aufgrund der Überwachung des Zugangeszum Gebäude des AG Meldorf mit einer Videokamera istnicht gerechtfertigt. Eine Verletzung des Grundsatzes derÖffentlichkeit der Verhandlung, § 169 GVG, ist darinnicht zu sehen. Der Grundsatz der Öffentlichkeit ver-langt, dass jedermann ohne Ansehung seiner Zugehörig-keit zu bestimmten Gruppen der Bevölkerung und ohneAnsehung bestimmter persönlicher Eigenschaften dieMöglichkeit hat, an den Verhandlungen der Gerichteteilzunehmen. Dieser Grundsatz gilt jedoch nicht unein-geschränkt. Grenzen ergeben sich nicht nur aus den tat-sächlichen Gegebenheiten, wie der beschränkten Zahlder zur Verfügung stehenden Plätze in den Gerichtssälen,sondern u.a. auch aus Sicherheitsgründen. Sowohl derVorsitzende, als auch der jeweilige Hausrechtsinhaberkönnen vorbeugende Maßnahmen ergreifen, um eine si-chere und ungestörte Durchführung der Verhandlung zugewährleisten. Zu derartigen verhältnismäßigen Sicher-heitsmaßnahmen können unter Umständen sogar Aus-weiskontrollen und Durchsuchungen zutrittswilliger Per-sonen fallen. (OVG Berlin-Brandenburg v. 26.3.2010, ju-ris). Eine Beeinträchtigung des Öffentlichkeitsgrundsat-zes kommt in erster Linie in den Fällen in Betracht, indenen bestimmten Zuhörern die physische Möglichkeitdes Zutritts zu Gerichtsverhandlungen verwehrt wird.Trotz tatsächlich bestehender Zutrittsmöglichkeit kannin Ausnahmefällen eine Beeinträchtigung auch dann vor-liegen, wenn von Seiten staatlicher Organe den Besu-chern an einer Verhandlung Nachteile angedroht werdenoder wenn von Maßnahmen staatlicher Organe im un-mittelbaren Bereich des Zugangs zum Verhandlungssaalein derart starker psychischer Druck ausgeht, dass dies indem unbefangenen Interessenten den Eindruck einer rea-len Gefahr entstehen lässt, der Besuch der Hauptver-handlung könne für ihn konkrete Nachteile von Seitenstaatlicher Organe nach sich ziehen. Allerdings kommtkeineswegs jede möglicherweise als psychologischeHemmschwelle wirkende Maßnahme einer Verwehrungdes Zutritts zur Hauptverhandlung gleich (BGH v.11.7.1979 – 3 StR 130/79, MDR 1979, 860 f. = NJW1980, 249).Die Videoüberwachung im Eingangsbereich des Amts-gerichtsgebäudes in Meldorf könnte allenfalls eine psy-chische Zutrittsbeeinträchtigung darstellen. Aufgrundder allenfalls geringen Eingriffsintensität stünde sie einerphysischen Zutrittsverwehrung jedoch nicht gleich, sodass damit eine Verletzung des Öffentlichkeitsgrundsat-zes nicht einherginge. Es ist weder von den Parteien vor-getragen noch sonst ersichtlich, wodurch eine gewichtigeZwangswirkung entstehen sollte, die potentielle Besu-cher von dem Betreten des Gebäudes abhalten könnte.Weder das AG hat dazu Ausführungen gemacht, noch istunter Beachtung der gesamten Umstände denkbar, worindie konkreten Nachteile bestehen könnten, die einem Be-sucher aufgrund der Videoüberwachung des Eingangs-bereiches des Gerichtsgebäudes drohen könnten. Andersals z.B. bei einer Videoüberwachung einer Demonstrati-on könnte allein aus der Tatsache, dass eine bestimmtePerson zu einem bestimmten Zeitpunkt ein öffentlichesGerichtsgebäude betritt, keinerlei Kategorisierung oderBewertung der Person oder ihres Tuns erfolgen, welchedenkbare Nachteile von staatlichen Organen nach sichziehen könnte.Schließlich lassen sich auch allgemeine Erhebungen zuAuswirkungen von Videoüberwachungen nicht zum Be-leg für das Vorliegen einer konkreten Beeinträchtigung inder hier fraglichen Situation heranziehen. Mangels Ver-letzung des Öffentlichkeitsgrundsatzes kam es vorliegend

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1285

Verfahrensrecht

Page 72: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

nicht mehr darauf an, ob es ermessensgerecht war, dienur notfalls in Betracht zu ziehende Aussetzung des Ver-fahrens bei einem Zivilverfahren vorzunehmen, bei demdie Parteien – die einen Anspruch auf Prozessförderungund Terminierung haben – selber die Verletzung des Öf-fentlichkeitsgrundsatzes nicht gerügt haben. ...

Volltext-Bestellnummer 37812

Gebühren und Kosten

Keine notwendigen Kosten bei Vertretung mehrererKläger durch verschiedene Rechtsanwälte

ZPO § 91 Abs. 1 S. 1; WEG § 50

a) Beauftragen mehrere Kläger denselben Rechts-anwalt mit der Erhebung einer Anfechtungsklage ge-gen dieselben Beschlüsse der Wohnungseigentümer,sind die Kosten der Kläger insoweit nicht zur Rechts-verfolgung notwendig, als sie darauf beruhen, dassder Rechtsanwalt statt für alle Kläger gemeinschaft-lich für jeden Kläger gesondert Klage erhebt.

b) § 50 WEG beschränkt den Kostenerstattungs-anspruch einer Mehrzahl obsiegender Anfechtungs-kläger nicht.

BGH, Beschl. v. 8.7.2010 – V ZB 153/09(LG Düsseldorf – 19 T 210/09; AG Neuss)

Aus den Gründen:... Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis teilwei-se nicht stand. Der den Klägern zu 2 bis 6 zu erstattendeBetrag ist zu hoch festgesetzt. ...Der Kostenerstattungsanspruch ist jedoch nicht unbe-schränkt. Jede Prozesspartei ist vielmehr gehalten, dieKosten ihrer Prozessführung so niedrig zu halten, wiesich dies mit der Wahrung ihrer berechtigten Belange ver-einbaren lässt (BGH, Beschl. v. 15.3.2007 – V ZB 77/06,MDR 2007, 1161 f. = NZM 2007, 411 f.; Beschl. v.2.5.2007 – XII ZB 156/06, MDR 2007, 1160 f. =NJW 2007, 2257; Giebel in MünchKomm/ZPO, 3. Aufl.,§ 91 Rz. 38; Musielak/Wolst, ZPO, 7. Aufl., § 91 Rz. 8).Das bedeutet nicht, dass ein Wohnungseigentümer imKosteninteresse der beklagten Wohnungseigentümer ge-halten wäre, von der Erhebung der Klage deshalb abzu-sehen, weil die erfolgreiche Klage eines anderen Eigentü-mers nach § 48 Abs. 3 WEG gegenüber allen Eigentü-mern Rechtskraft bewirkt. Erst recht ist kein Wohnungs-eigentümer veranlasst, unter Verzicht auf sein Anfech-tungsrecht sich in die Rolle der beklagten übrigen Woh-nungseigentümer zu begeben. Das folgt schon daraus,dass ein Wohnungseigentümer grundsätzlich keinen Ein-fluss darauf hat, dass ein anderer Eigentümer rechtzeitigAnfechtungsklage erhebt, diese rechtzeitig und sachge-recht begründet und das Verfahren bis zu einer rechts-kräftigen Entscheidung führt.Jeder Wohnungseigentümer, der sein Anfechtungsrechtwahrnehmen will, ist vielmehr berechtigt, einen Rechts-anwalt mit der Wahrnehmung seiner Interessen zu beauf-tragen. Grundsätzlich ist auch kein Wohnungseigentü-mer gehalten, einen bestimmten Rechtsanwalt zu beauf-tragen, weil dieser von einem anderen Wohnungseigentü-mer beauftragt ist, der sich gegen denselben Beschlusswendet oder wenden will. Einer Abstimmung über diePerson des zu beauftragenden Rechtsanwalts steht häufigschon entgegen, dass sich die Wohnungseigentümer un-

tereinander nicht kennen, das Recht zur Klageerhebungnicht von der Anmeldung eines Widerspruchs zu Pro-tokoll abhängig ist und auch denjenigen Wohnungseigen-tümern zusteht, die an der Beschlussfassung nicht teil-genommen oder mit der Mehrheit gestimmt haben. DieBeauftragung eines Rechtsanwalts mit der Erhebung derKlage ist Vertrauenssache. Die Beurteilung der Kom-petenz des Rechtsanwalts ist den zur Klage entschlosse-nen einzelnen Wohnungseigentümern in der Regel nichtmöglich. Ein Auswahlverfahren oder die Bestimmungder Art und Weise, wie bei Meinungsdifferenzen um dieFrage, welchem Rechtsanwalt das Mandat angetragenwerden soll, sieht das Wohnungseigentumsgesetz nichtvor. Jeder Wohnungseigentümer, der sich zur Anfechtungentschlossen hat, muss jedoch die Klage innerhalb dervon § 46 Abs. 1 Satz 2 WEG bestimmten Frist erhebenund innerhalb eines weiteren Monats begründen, umeine Abweisung zu vermeiden. Das schließt es grundsätz-lich aus, einen Wohnungseigentümer unter dem Gesicht-punkt, die Kosten des Verfahrens im Interesse der beklag-ten übrigen Wohnungseigentümer gering zu halten, fürverpflichtet anzusehen, sich vor der Erhebung der Klagezu vergewissern, ob weitere Wohnungseigentümer den-selben Beschluss anfechten wollen, und sich mit diesemauf einen Rechtsanwalt zu einigen, der alle Anfechtungs-kläger vertreten soll (Timme/Elzer, WEG, § 50 Rz. 15;Schmid, NZM 2008, 185 f.; Drasdo, ZMR 2008, 266 f.).Die hierdurch begründeten Kosten jedes Rechtsanwaltshaben die unterlegenen übrigen Wohnungseigentümer je-dem Anfechtungskläger als zur zweckentsprechendenRechtsverfolgung notwendig ebenso wie die vorgelegtenGerichtskosten zu erstatten. ...

Aus der Befugnis jedes Klägers, einen Rechtsanwalt aus-zuwählen und mit der Wahrnehmung seiner Interessenzu beauftragen, folgt jedoch nicht, dass von den beklag-ten Wohnungseigentümern Mehrkosten zu erstatten sind,die darin ihren Grund finden, dass ein Rechtsanwalt, dervon einer Mehrzahl von Wohnungseigentümern zur kla-geweisen Anfechtung desselben Beschlusses beauftragtworden ist, für jeden seiner Auftraggeber getrennt Klageerhebt. Die durch die rechtzeitig mit demselben Ziel er-hobenen Klagen anhängig gemachten Verfahren müssenvon dem Gericht gem. § 47 WEG miteinander verbundenwerden. Mit der gesetzlich gebotenen Verbindung ent-steht dieselbe Situation wie bei einer anfänglichen sub-jektiven Klagehäufung. Zur zweckentsprechendenRechtsverfolgung sind im Falle der Beauftragung dessel-ben Rechtsanwalts durch eine Mehrheit von Anfech-tungsklägern nur eine Verfahrensgebühr des Rechts-anwalts, die Mehrvertretungsgebühr und die bei Erhe-bung einer einheitlichen für alle von demselben Rechts-anwalt vertretenen Kläger vorzuschießenden Gerichts-kosten notwendig (... Stein/Jonas/Bork, ZPO, 22. Aufl.,§ 91 Rz. 94). Dass nach § 50 WEG den Wohnungseigen-tümern grundsätzlich nur die Kosten eines Rechtsanwaltszu erstatten sind, führt nicht zu einer weiteren Begren-zung der Kostenerstattungspflicht. Ziel von § 50 WEGist es, die Verpflichtung zur Kostenerstattung gering zuhalten, wenn eine Mehrheit von beklagten Wohnungs-eigentümern sich bei gleichem Prozessziel von verschie-denen Rechtsanwälten vertreten lässt. So liegt es ins-besondere, wenn die beklagten Wohnungseigentümer ei-ner Anfechtungsklage entgegentreten und sich hierbeivon verschiedenen Rechtsanwälten vertreten lassen (vgl.BGH, Beschl. v. 16.7.2009– V ZB 11/09, ZMR 2010,51). ...

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1286 Rechtsprechung MDR 21/2010

Gebühren und Kosten

Page 73: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

Notwendige Kosten des Berufungsbeklagten

ZPO § 91 Abs. 1; RVG-VV Nr. 3200

Beantragt der Berufungsbeklagte nach Einlegung undBegründung des Rechtsmittels dessen Zurückweisung,sind die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren auchdann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung,wenn das Gericht noch keine Frist zur Berufungserwi-derung gesetzt hat, weil es zunächst ein Vorgehennach § 522 Abs. 2 ZPO prüft.

BGH, Beschl. v. 24.6.2010 – VII ZB 6/09(OLG Bamberg – 3 W 114/08; LG Bamberg)

Sachverhalt:Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger für das Berufungs-verfahren trotz Zurückweisungsbeschlusses des Berufungs-gerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO die Erstattung der vollen an-waltlichen Verfahrensgebühr verlangen kann. Das LG hat derKlage durch Endurteil teilweise stattgegeben. Der Beklagte hatgegen diese Entscheidung Berufung eingelegt und diese begrün-det. Die Berufungsbegründung wurde dem Kläger am 12.6.2008mit dem Hinweis zugestellt, dass eine Frist zur Berufungserwide-rung derzeit nicht gesetzt werde und das Berufungsgericht vorabein Vorgehen nach § 522 Abs. 2 ZPO prüfe. Der Kläger hat da-raufhin mit Schriftsatz vom 17.6.2008 (erneut) die Zurückwei-sung der Berufung beantragt. Das Berufungsgericht hat mit Be-schluss vom 1.9.2008 darauf hingewiesen, dass es beabsichtige,die Berufung mit Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurück-zuweisen, und hat – nachdem eine Stellungnahme des Beklagtennicht erfolgt war – mit Beschluss vom 23.9.2008 entsprechendentschieden.

Aus den Gründen:... Beantragt der Berufungsbeklagte nach Einlegung undBegründung des Rechtsmittels dessen Zurückweisung,sind die dadurch entstehenden Anwaltsgebühren auchdann notwendige Kosten der Rechtsverteidigung, wenndas Gericht noch keine Frist zur Berufungserwiderunggesetzt hat, weil es zunächst ein Vorgehen nach § 522Abs. 2 ZPO prüft. Durch den Antrag auf Zurückweisungder Berufung ist nach §§ 2, 13 RVG i.V.m. Nr. 3200RVG-VV eine nach dem Gegenstandswert von10.951,95 zu berechnende 1,6-fache Verfahrensgebühri.H.v. 841,60 entstanden. Die 1,6-fache Verfahrens-gebühr nach Nr. 3200 RVG-VV entsteht nach Teil 3Vorbem. 3 Abs. 2 RVG-VV für das Betreiben des Ge-schäfts. Zum Betreiben des Geschäfts zählt das Einrei-chen von Schriftsätzen bei Gericht. Der Regelung derNr. 3201 Satz 1 Nr. 1 RVG ist zudem zu entnehmen, dassallein die Stellung der Sachanträge die volle Verfahrens-gebühr auslöst, auch wenn der Schriftsatz keinen Sach-vortrag zur Begründung der Anträge enthält.Der Senat hat bereits entschieden, dass der nach Eingangder Berufungsbegründung gestellte Antrag auf Zurück-weisung der Berufung nicht deshalb als eine nicht zweck-entsprechende Rechtsverfolgung i.S.d. § 91 Abs. 1 Satz 1ZPO angesehen werden kann, weil eine Entscheidungnach § 522 Abs. 2 ZPO noch nicht ergangen ist (BGH,Beschl. v. 9.10.2003 – VII ZB 17/03, MDR 2004, 115 =NJW 2004, 73). Er hat dabei darauf hingewiesen, dassder Berufungsbeklagte ein berechtigtes Interesse daranhat, mit anwaltlicher Hilfe in der Sache frühzeitig zu er-widern und eine vom Berufungsgericht möglicherweisebeabsichtigte Zurückweisung der Berufung im Beschluss-wege durch eigene zusätzliche Argumente zu fördern.Eine Förderung in diesem Sinne liegt auch vor, wenn derAbweisungsantrag nicht begründet wird und eine inhalt-

liche Auseinandersetzung mit der Berufungsbegründungnicht erfolgt (BGH, Beschl. v. 2.10.2008 – I ZB 111/07,MDR 2009, 233 = NJW-RR 2009, 859). Entgegen derAnsicht des Beschwerdegerichts spielt es keine Rolle, obdas Berufungsgericht dem Berufungsgegner eine Frist zurBerufungserwiderung gesetzt oder eine solche im Hin-blick auf die bevorstehende Prüfung eines Vorgehens desGerichts nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgestellt hat. Diedieser Verfügung zugrunde liegende Vorstellung des Ge-richts, es könne auch ohne eine Stellungnahme des Beru-fungsbeklagten über eine Zurückweisung der Berufungentscheiden, führt nicht dazu, dass das Interesse des Be-rufungsbeklagten an einer Mitwirkung im Verfahren ent-fällt. Im kontradiktorischen Verfahren gebietet es derAnspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG,dem Berufungsbeklagten die Gelegenheit zu geben, aufeine etwaige Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO durchdie Stellung eines Sachantrags und gegebenenfalls einediesen Antrag unterstützende Begründung Einfluss zunehmen.Aus der vom Beschwerdegericht zitierten Begründungdes Regierungsentwurfs zum ZPO-Reformgesetz vom1.1.2002 (BT-Drucks. 14/4722, 98) ergibt sich nichts Ge-genteiliges. Die dort zur Begründung des neuen § 522Abs. 2 ZPO allgemein angesprochene Möglichkeit derkostengünstigen Berufungsrücknahme auf den Hinweisdes Gerichts zielt ersichtlich auf die Ersparnis noch nichtentstandener Gebühren durch die mündliche Verhand-lung und die Urteilsgebühren ab, ohne dies näher aus-zuführen. Die Möglichkeit der Rücknahme des Rechts-mittels und damit die Einsparung weiterer Kosten stehendem Berufungsführer tatsächlich uneingeschränkt offen.Berechtigte Interessen des Berufungsgegners und seinVerfahrensgrundrecht auf Gewährung des Anspruchs aufrechtliches Gehör werden dadurch jedoch nicht einge-schränkt. ...

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Flugreisekosten eines RA

ZPO § 91 Abs. 1; JVEG § 5 Abs. 1, Abs. 3; RVG-VVNr. 7004

Flugreisekosten des Anwalts sind erstattungsfähig, so-weit sie in einem angemessenen Verhältnis zu den Kos-ten einer Bahnreise in der 1. Wagenklasse stehen.

OLG Köln, Beschl. v. 28.4.2010 – 17 W 60/10(LG Köln – 31 O 760/06)

Aus den Gründen:... Nach der Grundregel des § 91 Abs. 1 ZPO sind nurdie Kosten vom Gegner zu erstatten, die zur zweckent-sprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung not-wendig waren. Das sind solche Kosten, die eine verstän-dige Prozesspartei als sachdienlich ansehen durfte. Dabeihat sie die Kosten so niedrig als möglich zu halten, solan-ge sich dies mit der vollen Wahrung ihrer Rechte verein-baren lässt. Dieses Gebot ergibt sich aus § 242 BGB(Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rz. 12 m.w.N.).Unter mehreren gleichartigen Maßnahmen ist die kosten-günstigste auszuwählen (BGH v. 13.12.2007 – IX ZB112/05, MDR 2008, 412; OLG Düsseldorf v.17.12.2008 – I-10 W 93/08, JB 2009, 199; OLG Frank-furt v. 11.2.2008 – 6 W 207/07, MDR 2008, 1005 =AGS 2008, 409).Geht es um die Erstattung von Flugreisekosten, so recht-fertigt die Zeitersparnis die Mehrkosten für eine Flugrei-

MDR 21/2010 Rechtsprechung 1287

Gebühren und Kosten

Page 74: 5. November 2010 S. 1225–1288 PVSt 4954 · LG Itzehoe 2.6.2010 1 T 61/10 Öffentlichkeit der Verhandlung im Zivilprozess 1285 Gebühren und Kosten BGH 8.7.2010 V ZB 153/09 Keine

se nicht schlechthin, wie sich aus der Verweisung in § 91Abs. 1 S. 2, Halbs. 2 ZPO auf § 5 Abs. 1 und 3 JVEG er-gibt. Ausgehend von der letztgenannten Vorschrift sindFahrtkosten, die über den Betrag der Bahnkosten hinaus-gehen, nur ausnahmsweise erstattungsfähig. Im Falle vonFlugkosten hat die Rechtsprechung Erstattungsfähigkeitnur bei Auslandsreisen sowie nur dann bejaht, wenn dieMehrkosten einer Flugreise nicht außer Verhältnis zu denKosten einer Bahnfahrt erster Klasse stehen (BGH,a.a.O., m.w.N.; Madert/Müller-Rabe in Gerold/Schmidtu.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 7003, 7004 RVG-VV Rz. 30).Auch wenn das JVEG nur die Reisekosten der Partei be-trifft, ist der Rechtsanwalt nicht schlechter zu stellen alsdie Partei selbst (Madert/Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 29),aber auch nicht besser. Letzteres übersieht das OLGHamburg (OLG Hamburg v. 23.4.2008 – 8 W 43/08,MDR 2008, 1428 =Rpfleger 2008, 445), das demRechtsanwalt einen Anspruch auf die Benutzung derBusiness-Class bei entsprechender Kostenerstattung un-eingeschränkt zubilligt, da dieser nur dort während desFluges uneinsehbar arbeiten könne (zutreffenderweisea.A.: LG Freiburg v. 18.9.2003 – 5 Qs 84/03, NJW 2003,3359; Madert/Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 31; Schnapp inN. Schneider/Wolf, RVG, 5. Aufl., Nr. 7003–7006 RVG-VV Rz. 27).

Werden für die Economy-Classe unterschiedliche Tarifeangeboten, etwa mit oder ohne Umbuchungszuschlag, sohat der Rechtsanwalt grundsätzlich die billigere Variantezu wählen. Dies gilt um so mehr, als die Umbuchungs-gebühr in jedem Fall nur 50 beträgt (Madert/Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 32). Eine Pflicht zur Buchung von „Bil-ligflügen“ ohne Umbuchungsmöglichkeit besteht nicht(Madert/Müller-Rabe, a.a.O., Rz. 32 a; Schnapp, a.a.O.;Hartmann, Kostengesetze, 40. Aufl., Nr. 7003 – 7006RVG-VV Rz. 23). Gemessen an diesen Grundsätzenkommt es bei der Beantwortung der Frage, in welcherHöhe vorliegend Kosten, die durch die Anreise des Pro-zessbevollmächtigten der Antragstellerin von C. zum Ter-min vor dem LG bzw. OLG Köln entstanden sind, grund-sätzlich gerade nicht darauf an, welcher Tarif der kon-kreten Buchung zugrunde liegt. Ausgehend von den (fik-tiven) Kosten, die für eine Bahnanreise in der ersten Wa-genklasse von C. nach Köln und zurück angefallen wä-ren, ist allein zu prüfen, ob die konkret entstandenen undzur Erstattung angemeldeten Kosten im Einzelfall demGebot einer möglichst sparsamen Prozessführung gerechtwerden.

Unbestritten hat die Antragstellerin vorgetragen, dass füreine Bahnfahrt von C. nach Köln und zurück 361 inder ersten Wagenklasse angefallen wären. Dabei ist aberzu beachten, dass der Prozessbevollmächtigte vorliegendberechtigt gewesen wäre, per Bahn schon am Vortag an-zureisen. Dieser wäre bei einer reinen Bahnfahrtzeit vonmehr neun Stunden nicht gehalten gewesen, noch am sel-ben Tage nach C. zurückzukehren. In diesem Fall wärensowohl Übernachtungskosten, die der Senat auf 150schätzt, sowie weitere 35 an Tages- und Abwesenheits-geld gem. Nr. 7005 Nr. 2 RVG-VV für den Anreisetagangefallen, so dass insgesamt von fiktiven Kosten i.H.v.606 (361 + 150 + 60 + 35 ) auszugehen ist. Da-rüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch bei einerBahnanreise Parkgebühren und/oder Taxikosten angefal-len wären. Hiernach wären zur Beantwortung der Frage,in welcher Höhe die Antragstellerin Reisekosten für ih-ren Prozessbevollmächtigten erstattet verlangen kann,grundsätzlich die tatsächlich angefallenen Kosten i.H.v.807,65 (587,65 Flugkosten, 42 Parkgebühren, 118

Taxikosten, 60 Abwesenheitsgeld) mit den fiktiv beieiner Bahnanreise entstandenen auf ihre Angemessenheithin zu vergleichen.

Es kann jedoch wegen der Besonderheiten des vorliegendzu entscheidenden Falles dahinstehen, ob dann, wenn dietatsächlichen die fiktiven Kosten um rund 25 % überstei-gen, noch von Angemessenheit auszugehen ist oder nicht.Denn die Klägerin hat für die erste Instanz lediglich dieFestsetzung von 216,74 beantragt, weil ihr Prozess-bevollmächtigter am Anreisetag zwei weitere Gerichts-termine in Köln und am Folgetag einen Termin in E.wahrgenommen hat und sodann erst von dort aus dieRückreise nach C. angetreten hat. Wollte man nun vondem nur anteilsmäßig erstattet verlangten Betrag weitereAbzüge vornehmen, so würde dies dem Bemühen desProzessbevollmächtigten der Antragstellerin, durch einegeschickte Planung Zeit und vor allem Kosten zu sparen,wovon nicht zuletzt die Antragsgegnerin in erheblichemUmfang profitiert, zuwider laufen. Deshalb kann die An-tragstellerin den zur Festsetzung angemeldeten Betrag involler Höhe erstattet verlangen. Aus den vorstehend dar-gelegten Gründen sind auch die Kosten, die dadurch ent-standen sind, dass der Prozessbevollmächtigte den Ter-min vor dem Berufungssenat in Köln wahrgenommenund auch insoweit per Flugzeug angereist ist, antrags-gemäß festzusetzen. Die tatsächlich angefallenen i.H.v.627,57 wären zwar grundsätzlich wieder mit den fikti-ven Kosten bei Anreise mit der Bahn zu vergleichen. Daaber lediglich die Hälfte, nämlich 313,78 zur Festset-zung angemeldet wurden, weil der Prozessbevollmächtig-te der Antragstellerin vor seiner Rückreise nach C. nocheinen Termin in G. wahrgenommen hat, ist aus den obengenannten Gründen ein weiterer Abzug auch hier nichtvorzunehmen. ...

(Einsender: VorsRiOLG Rüdiger Pamp, Köln)Volltext-Bestellnummer 37716

1288 Rechtsprechung MDR 21/2010

Gebühren und Kosten

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21/2010 | R10

Rechtsprechung aktuellBGH – Mietkautionszahlung: Benennung eines insolvenzfesten KontosDer Bundesgerichtshof hat entschieden, dass ein Mieter von Wohnraum die Zahlung der Kaution von der Benennung eines insolvenzfesten Kontos durch den Vermieter abhängig machen darf.

Die Beklagten haben von den Klägern, die Eigentümer eines Gutshofes mit Stallungen und Weideland sind, durch zwei voneinander abhängige Mietverträge eine auf diesem Hof gelegene Wohnung sowie sechs Pferdeboxen nebst Weideland gemietet. Während der Mietvertrag über die Stallungen keine Kautionszahlung der Beklagten vorsieht, enthält der Wohnraummietver­trag in § 6 Nr. 2 folgende Regelung zur Sicherheitsleis­tung:

„Der Mieter leistet bei Beginn des Mietverhältnisses dem Vermieter für die Erfüllung seiner Verpflichtungen eine Barkaution in Höhe von 2.000,00 EUR auf ein Mietkauti­onskonto ­ Übergabe an den Vermieter beim Einzug. Der Vermieter hat diese Geldsumme getrennt von seinem Vermögen bei einem Kreditinstitut zu dem für Spareinlagen mit dreimonatiger Kündigungsfrist üblichen Zinssatz anzulegen. Die Zinsen stehen dem Mieter zu. Sie erhöhen die Sicherheit. Der Mieter ist berechtigt, die Kautionssumme in 3 Monatsraten zu bezahlen. Die erste Rate ist zu Beginn des Mietverhält­nisses fällig, die beiden folgenden Raten mit der zweiten und dritten Miete (…).“

Die Beklagten zahlten die vereinbarte Kaution trotz mehrfacher Aufforderung nicht. Sie beriefen sich darauf, dass eine Zahlung erst dann erfolgen müsse, wenn die Vermieter ihnen ein gesondertes und den gesetzlichen Anforderungen genügendes Mietkautionskonto benannt und nachgewiesen hätten. Die Kläger vertraten die Auffassung, dass ein Mietkautionskonto nicht vorab mitgeteilt werden müsse, und kündigten in der Folge das gesamte Mietverhältnis wegen der fehlenden Kautionsleistung. Die Kläger haben mit ihrer Klage Räumung sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechts­anwaltskosten begehrt. Das AG hat die Klage abgewie­sen. Auf die Berufung der Kläger hat das LG der Klage stattgegeben.

Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat hat entschieden, dass ein Mieter die Zahlung der Kaution davon abhängig machen darf, dass der Vermieter zuvor ein insolvenzfes­tes Konto benennt. Gemäß § 551 Abs. 3 BGB hat der Vermieter eine ihm überlassene Mietsicherheit unab­hängig von der gegebenenfalls vereinbarten Anlageform getrennt von seinem Vermögen anzulegen. Sinn und Zweck der Regelung ist es, die Kaution vom Vermögen des Vermieters zu trennen und so vor dem Zugriff von dessen Gläubigern zu schützen. Es besteht kein Grund dafür, dem Mieter diesen vom Gesetzgeber bezweckten

Schutz nicht von vornherein zu gewähren, sondern bei Beginn des Mietverhältnisses eine Lücke zu belassen, indem der Mieter die Kaution dem Vermieter zunächst in bar übergeben oder auf ein nicht insolvenzfestes Vermieterkonto überweisen muss. Im vorliegenden Streitfall haben die Mieter durch die Nichtzahlung der Kaution daher ihre Pflicht zur Erbringung der Mietsicher­heit nicht verletzt; die darauf gestützte Kündigung ist unwirksam. (Urt. v. 13.10.2010 – VIII ZR 98/10)

Mm (Quelle: BGH)

BGH – Freiwerden einer vergleichbaren Woh-nung nach einer EigenbedarfskündigungDer BGH hat die Pflicht des Vermieters präzisiert, dem Mieter nach einer berechtigten Kündigung wegen Eigenbedarfs eine während der Kündigungsfrist freiwer­dende vergleichbare Wohnung im selben Haus anzu­bieten.

Der Beklagte ist Mieter einer Wohnung der Klägerin in Bonn, in der er zusammen mit seiner ebenfalls in Anspruch genommenen Ehefrau lebt. Die Klägerin kündigte das Mietverhältnis durch Schreiben vom 23.4.2008 wegen Eigenbedarfs zum 31.1.2009. Vor Ablauf der Kündigungsfrist wurde im 1. Obergeschoss des Hauses, in dem auch die Mietwohnung der Beklag­ten gelegen ist, eine weitere Mietwohnung der Klägerin frei. Die Klägerin vermietete diese Wohnung anderweitig neu, ohne sie zuvor den Beklagten angeboten zu haben. Das AG hat die auf Räumung und Herausgabe der Wohnung gerichtete Klage abgewiesen. Das LG hat der Klage auf die Berufung der Vermieterin stattgege­ben.

Die dagegen gerichtete Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der VIII. Zivilsenat hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass der wegen Eigenbedarfs berechtigt kündigende Vermieter dem Mieter eine andere, ihm zur Verfügung stehende vergleichbare Wohnung während der Kündigungsfrist anbieten muss, sofern sich die Wohnung im selben Haus oder in derselben Wohnanla­ge befindet. Anderenfalls ist die ausgesprochene Kündigung wegen Verstoßes gegen das Gebot der Rücksichtnahme rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam. Zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Anbietpflicht muss der Vermieter den Mieter über die wesentlichen Bedingungen einer Anmietung (Größe und Ausstattung der Wohnung sowie Mietkonditionen) informieren. Da im vorliegenden Streitfall der Vermieter dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, hat er keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der an die Beklagten vermieteten Wohnung. (Urt. v. 13.10.2010 – VIII ZR 78/10)

Mm (Quelle: BGH)

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21/2010 | R11

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Der Linke/Hau ist ein knapp gehaltener und systematisch geord-neter Grundriss der Kernbereiche des IZVR. Er bietet eineEinführung mit weiterführenden Hinweisen für Studium undPraxis, ohne dass völker- oder kollisionsrechtliche Vorkenntnissevorausgesetzt werden.In den letzten Jahren hat sich das Internationale Zivilverfahrens-recht – nicht zuletzt infolge seiner fortschreitenden „Euro-päisierung“ – erheblich weiterentwickelt. Diese Entwicklung undvieles mehr erläutert das Buch in ebenso verlässlicher wie ver-ständlicher Form und verdeutlicht dabei die Prinzipien undStrukturen des IZVR. Auf den Punkt gebracht. Linke/Hau,Internationales Zivilverfahrensrecht. Leseprobe gefällig?www.otto-schmidt.de

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Ja, ich bestelle mit 14-tägigem Rückgaberecht Linke/Hau InternationalesZivilverfahrensrecht Von RiOLG Prof. Dr. Hartmut Linke ✝ und Prof. Dr. WolfgangHau. 5., vollständig überarbeitete Auflage 2011, 292 Seiten Lexikonformat, brosch.29,80 €. ISBN 978-3-504-65311-8.

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Neu-auflage

Zugeschnitten auf die speziellen Bedürfnisse des Anwalts, gibtIhnen das Anwalts-Handbuch Familienrecht alles an dieHand, um das familienrechtliche Mandat nach neuesterRechtslage durchdacht, ökonomisch und erfolgreich zu bear-beiten – vom ersten Gespräch bis zur Gebührenabrechnung.Mit UÄndG, FamFG, VersAusglG und ZARefG. Mit vielenpraktischen Beispielen, Checklisten, Praxistipps und Musternfür Anträge, Schriftsätze und Vereinbarungen. Kurz: einhöchst effizientes Arbeitsinstrument. Maßgeschneidert.Leseprobe? www.otto-schmidt.de

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Bestellschein Fax (02 21) 9 37 38-9 43Ja, ich bestellemit 14-tägigem Rückgaberecht Krenzler/Borth (Hrsg.) Anwalts-HandbuchFamilienrecht Herausgegeben von RA Dr. Michael Krenzler und Präs.AG a.D. HelmutBorth. Bearbeitet von 17 erfahrenen Praktikern des Familienrechts. 2009, 1.584 SeitenLexikonformat, gbd. 119,– €. plus Versandkosten. ISBN 978-3-504-18027-0

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Neues Rechtseit 1.9.2009

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NeuauflagenHärtingInternetrechtDr. Otto Schmidt, 4. Aufl. 2010, 731 Seiten, 79,80 EURDieses Handbuch zum Internetrecht enthält eine umfassende und systematische Darstellung aller wesentlichen Gebiete des Privatrechts, die Sachverhal­ten mit Bezug zum Internet zu berücksichtigen sind. Es gibt dem Rechtsanwender eine aktuelle Übersicht über den Stand von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur. Zahlreiche Übersichten und Praxistipps erleichtern das Verständnis. Im Anhang findet sich eine Übersicht zu allen wichtigen gerichtlichen Entscheidun­gen aus den behandelten Rechtsgebieten.

Die Themen im Einzelnen:

Datenschutz und Schutz der Privatsphäre,■z

Vertragsrecht, ■z

Verträge über Internet­Dienstleistungen, ■z

Fernabsatzrecht, ■z

Urheberrecht, ■z

Wettbewerbsrecht, ■z

Domainrecht, ■z

Haftung im Netz,■z

Kollisionsrecht.■z

Zielgruppe: u.a. RAe

SchellhammerErbrecht nach AnspruchsgrundlagenC. F. Müller, 3. Aufl. 2010, 542 Seiten, 74,95 EURÜber eine Standortbestimmung des Erbrechts im System des Zivilrechts beschreibt der Autor:

die Rechtsfolgen von Todes, d. h. Erwerb der Erb­■z

schaft durch Gesamtrechtsnachfolge sowie die Haftung des Erben für Nachlassverbindlichkeiten,

deren Voraussetzungen: die gesetzliche Erbfolge, ■z

Testament und Erbvertrag, ­ Testamentsauslegung,

Vor­ und Nacherbfolge, Erbengemeinschaft, Pflichtteil, ■z

Vermächtnis und Testamentsvollstreckung.

Die 3., neu bearbeitete Auflage des Erbrechts nach Anspruchsgrundlagen berücksichtigt die zum 1.1.2010 in Kraft getretene Reform des Erb­ und Verjährungs­rechts mit der Modernisierung der Pflichtteilsentzie­hungsgründe, der geänderten Honorierung von Pflege­leistungen beim Erbausgleich sowie geänderten Verjährungsvorschriften. Die Rechtsprechung befindet sich auf dem Stand von März 2010.

Zielgruppe: u. a. junge Anwälte und Richter

KellerVergütung und Kosten im InsolvenzverfahrenRWS, 3. Aufl. 2010, 487 Seiten, 78 EURDie dritte Auflage bringt das Werk auf den aktuellen Rechtsstand. Sie berücksichtigt umfassend die Recht­sprechung des Bundesgerichtshofs und der Instanzge­richte zu allen Fragen der Vergütung in Insolvenzverfah­ren.

Schwerpunkte der Neuauflage sind:■z

Neubearbeitung der Vergütung des vorläufigen ■z

Insolvenzverwalters, insbesondere zur Berechnung der Erhöhung der Vergütung.

Abwägung von Erhöhungs­ und Minderungstatbe­■z

ständen der Vergütung; Berechnung der Erhöhung der Vergütung.

Synoptische Darstellung der in der Rechtsprechung ■z

anerkannten Erhöhungstatbestände nach der Kommentarliteratur.

Neues Kapitel zur Vergütung bei Unternehmensfort­■z

führung sowohl im Eröffnungsverfahren als auch im eröffneten Insolvenzverfahren.

Neubearbeitung des Kapitels zur Vorschussgewäh­■z

rung.

Neubearbeitung des Kapitels zur Vergütung der ■z

Mitglieder des Gläubigerausschusses.

Zahlreiche Berechnungsbeispiele.■z

Zielgruppe: Insolvenzverwalter, Richter und Rechtspfleger am Insolvenzgericht

Bärmann/PickWEGC. H. Beck, 19. Aufl. 2010, 876 Seiten, 58 EURDie aktuelle 19. Neuauflage berücksichtigt die umfas­sende Rechtsprechung nach der WEG­Reform mit Stand 1.2.2010, wertet diese aus und integriert sie gemäß ihrer Bedeutung in den Kommentar. Kommen­tiert werden u. a.: WEG, Wohnungsgrundbuchverfügung, Heizkostenverordnung, Energieeinsparverordnung, Wohnflächenverordnung, Betriebskostenverordnung.

Zielgruppe: Richter, Rechtsanwälte, Bauträger, Woh­nungseigentumsverwalter, Verwaltungsbeiräte und Miteigentümer.

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Dornbusch/Fischermeier/LöwischFachanwaltskommentar ArbeitsrechtLuchterhand, 3. Aufl. 2010, 2208 Seiten, 134 EURNeu in der 3. Auflage u.a.:

Erweiterte Kommentierung der allgemeinen schuld­■z

rechtlichen Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen

Auseinandersetzung mit den neuesten Entwicklun­■z

gen zum Arbeitnehmer­Datenschutz durch Aufnahme der arbeitsrechtlich relevanten Teile des Gendiagnos­tikgesetzes sowie durch Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Veränderungen im Bundesdaten­schutzgesetz

Arbeitsrechtlich relevante Teile des Teile des Abge­■z

ordnetengesetzes

Überarbeitung der nun unter neuem Namen abge­■z

druckten „Rom­I­Verordnung“ (ehemals Teile des EGBGB) und des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV), ehemals EG­Vertrag

Gesetzgebung, Rechtsprechung und Literatur des Werkes sind auf dem Stand März 2010.

Zielgruppe: junge Arbeitsrechtler, Personalverantwortliche und Verbände

Karsten Schmidt/Marcus Lutter (Hrsg.)AktiengesetzDr. Otto Schmidt, 2. Aufl. 2010, 3.938 Seiten, 249 EUR Aufgrund der unablässigen Reformarbeit des Gesetzge­bers im Recht der Aktiengesellschaft musste dieser Kommentar bereits drei Jahre nach seiner Erstauflage grundlegend überarbeitet werden. Die Kommentierun­gen basieren durchgehend auf einem modernen Verständnis des Aktienrechts, wie es sich in den letzten Jahren in vielen Änderungsgesetzen und vor dem Hintergrund des Kapitalmarktrechts entwickelt hat:

Vollständige Darstellung aller aktienrechtlichen ■z

Fragen,

Frei von unnützem Ballast und überholten Diskussio­■z

nen,

Sorgfältige Auswertung von Rechtsprechung und ■z

Literatur,

Praxisgerechte, richtungweisende Lösungen,■z

Wissenschaftliche Durchdringung ohne epische ■z

Breite,

Meinungsbildende, eigenständige Erläuterungen.■z

Zielgruppe: u.a.RAe

Ehinger/Griesche/RaschHandbuch UnterhaltsrechtDr. Otto Schmidt, 6. Aufl., 2010, 848 Seiten, 64,80 EURDie Neuauflage des Handbuchs strukturiert die wegen des UÄndG (2008) zahlreich neu bewertete Rechtspre­chung und schafft so notwendige Orientierung in der Informationsflut. Durch anschauliche Beispiele, detaillier­te Berechnungen, Muster und Praxishinweise wird aufgezeigt, wie man Unterhaltsansprüche richtig bemisst und durchsetzt. Alle Neuerungen des Unter­haltsverfahrens durch das FamFG sind eingearbeitet.

Zielgruppe: Fachanwälte für Familienrecht, RAe und Richter

SoergelBGB Schuldrecht 3/3, Bd. 5/3, §§ 328-432Kohlhammer, 13. Aufl. 2010, 570 Seiten, 179 EURBand 5/3 des Großkommentars zum BGB enthält umfangreiche Erläuterungen der §§ 328­432 aus dem Recht der Schuldverhältnisse unter Berücksichtigung aktueller Gesetze, Rechtsprechung und Literatur. Enthalten sind im Einzelnen die §§ 328­335 (Verspre­chung der Leistung an einen Dritten), §§ 336­345 (Draufgabe, Vertragsstrafe), §§ 346­354 (Rücktritt), §§ 355­361 (Widerrufs­ und Rückgaberecht bei Verbrau­cherverträgen), §§ 362­371 (Erfüllung), §§ 372­386 (Hinterlegung), §§ 387­396 (Aufrechung), § 397 (Erlass), §§ 398­413 (Übertragung), §§ 414­419 (Schuldübernah­me), §§ 420­432 (Mehrheit von Schuldner und Gläubi­gern).

Zielgruppe: Rechtsanwälte, Zivilgerichte, Universitäten, Bibliotheken

Neuauflagen

Beilagenhinweis:Dieser Ausgabe liegen die Beilagen „Müller­Gu­ ◆

genberger/Bieneck (Hrsg): Wirtschaftsrecht“ und „Wurm/Wagner/Zartmann: Das Rechts­Formular­buch“, jeweils Verlag Dr. Otto Schmidt, Köln, bei. Wir bitten unsere Leser um freundliche Beach­tung.

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AbonnementDie MDR erscheint jeweils zum 5. und 20. eines Monats. Preis für das Jahresabonnement inkl. CD­ROM und Updates: 229 Euro, Einzelheft 11,45 Euro. Alle Preise zzgl. Versandkosten und inkl. Umsatzsteuer. Abbestellungen müssen 6 Wochen vor Jahresende erfolgen.

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Hinweise für EinsenderBitte senden Sie alle Aufsatzmanuskripte, zum Abdruck bestimmte Gerichtsentscheidun gen und Leserbriefe unmittelbar an die Redaktion. Bei der Einsendung von Entscheidun gen sind wir für den Hinweis dankbar, ob sie rechtskräftig sind. Bitte geben Sie möglichst schon bei der Einsendung Ihre Bankverbindung an. Die Zahlung einer Pauschalvergütung für die Einsen­dung einer Gerichtsentscheidung erfolgt im Falle des Abdrucks und gilt für die Übertragung des Nutzungsrechts auf den Verlag mit der Maßgabe, die Entscheidung auch in anderen Print­ und elektronischen Produkten des Verlages, insbesondere anderen Zeitschriften, veröffentli­chen zu können.

Ihre Manuskripte können Sie in Papierform, auf Diskette oder als E­Mail einreichen. Bei Über­sendung von Disketten bitten wir zusätzlich um Überlassung eines Ausdrucks des Manuskripts und um die Angabe des verwendeten Systems.

Impressum Verlag Dr. Otto Schmidt KG Postfach 511026 · 50946 Köln Gustav­Heinemann­Ufer 58 · 50968 Köln Erfüllungsort und Gerichtsstand ist Köln.

MDR-Redaktion: Rechtsanwältin Natalie Malcolm (verantwortliche Redakteurin) Rechtsanwältin Arabella Schreiber (Redakteurin) Birgit Schumann (Herstellung) Erika Cieply (Redaktionsassistenz)

Tel. 0221/93738­501 · Fax 0221/93738­951 E­Mail: mdr@otto­schmidt.de www.mdr.ovs.de

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21/2010 | R16

Maklercourtage(Zu MDR 2010, 1265)

Recht bildlich

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Zu Ehren des Grafen.Mit diesem Werk ehren namhafteKollegen und Weggefährten aus Anlassseines 70. Geburtstages Friedrich Grafvon Westphalen, der wie kaum einanderer eine langjährige, außerordentlicherfolgreiche Tätigkeit als Rechtsanwaltmit wissenschaftlichem Wirken auf höch-stem Niveau vereinbart.

Über 50 Autoren haben sich vorran-gig mit vielfältigen Fragen aus demAGB-Recht befasst, einem Rechtsgebiet,das zu den maßgeblichen juristischenInteressengebieten des Jubilars gehörtund bei dem er stets um einen angemes-senen Ausgleich zwischen Vertragsfrei-heit und Verbraucherschutz bemüht war.Diese Festschrift gehört wegen ihrerbesonderen Praxisrelevanz auf jedenSchreibtisch eines zivilrechtlich wirkendenWissenschaftlers, aber auch einesWirtschaftsanwalts.

Die Beiträge:Altmeppen Unbestellte Leistungen: DieKampfansage eines „Verbraucherschut-zes“ an die Grundlagen der Privatauto-nomie • Berger Schiedsgerichtsbarkeitund AGB-Recht • Brauch AGB im unter-nehmerischen Geschäftsverkehr – Bringtdas E-Commerce-Recht einen weiterenSchritt auf dem Weg zum Abschied vonder Vertragsfreiheit? • Dauner-Lieb/Khan Betriebsausfallschäden als Gestal-tungsproblem • Drettmann Handelsbräu-che und Allgemeine Geschäftsbedingun-gen • Duve/Sattler Schiedsvereinba-rungen in Verbraucherverträgen • ElsingZur Auslegung von Schiedsvereinba-rungen • Emmerich Verbraucherschutzbei Schönheitsreparaturen • Ewer Ver-braucherschutz und öffentliches Recht •Fandrich Haftungsbeschränkungs- undRegressverzichtsklauseln bei Vorstands-mitgliedern von Genossenschaften • Foerste Weiterfresser- und Produk-tionsschäden in neuem Licht • FurmansAktien als Vergütung – Was den Arbeit-nehmer derzeit in der Rechtsprechungerwartet • Genzow Wegfall der Kfz-GVO: Die Rechtsprechung zum Ver-

triebsrecht zukünftig ohne Rückhalt? •Gollnisch Verbraucherrechte bei der Ver-sorgung mit Trinkwasser • GrunewaldWas sind Vertragsbedingungen im Sinnevon § 305 BGB? • Gündisch Spracheund Stil der europäischen Rechtsetzungzum Verbraucherschutz • Haas/SchulzeUrteilsvertretendes Anerkenntnis undVerjährung • Habersack Die Bürgschaftfür eine nachrangige Forderung • HellwigZum Normenscreening des anwaltlichenBerufsrechts • Henssler Konsequenzenverfassungswidriger Berufsrechtsnormen• Hoeren Die Abschlussgebühr in derAGB-rechtlichen Kontrolle • Horn An-legerschutz und neues Schuldverschrei-bungsrecht • Kappus Strategische Indivi-dualabreden • Kleindiek Die Verfolgungvon Schadensersatzansprüchen gegendie Geschäftsführer in der GmbH mitAufsichtsrat • Krämer Verhaltener An-spruch und Verjährung • Kreft Gedankenzum Girokonto für jedermann • KreindlerRechtsschutz für ausländische Direktin-vestitionen im Energiesektor • KrümmelFlüchtige Begegnung mit einem Totge-glaubten – Verbraucher und Vernunft inder Rechtssprache der EU • LandryExportkontrolle und Terrorismusbekäm-pfung: Auswirkungen auf privatrecht-liche Verträge • Lenz Wirtschaftskrise –Bankvorstände und D&O-Versicherung • Maier-Reimer Gutgläubiger Anteils-erwerb und Bedingung • MathijsenConsumer Protection in the EuropeanUnion: Who is in charge? • MillerSchadet das Verblistern dem Patienten?• Nielsen Die laufende Neubestimmungder Grenzen der Privatautonomie vonKaufleuten und Unternehmen imWandel des Zeitgeistes • Pfeiffer Fluchtins schweizerische Recht? Zu den AGB-rechtlichen Folgen der Wahl schweizeri-schen Rechts • Präve Zur Einbeziehungvon Allgemeinen Geschäftsbedingungenin den Versicherungsvertrag • SandrockAusländische Zweckgesellschaften undder Schutz inländischer Interessen •Schulte-Nölke Bausteine aus der Wissen-schaft für die englische Vertragssprache

• Schütze Der Verbraucher im europäi-schen Justizraum oder: die Zweiklassen-justiz im europäischen Zivilprozessrecht• Seibel/Freiin von Preuschen-vonLewinski Die Verjährung der Prospekt-haftung bei geschlossenen Fonds • Spindler Beratungsverträge mit Auf-sichtsratsmitgliedern • StaudingerSchiedsspruch und Urteil mit vereinbar-tem Wortlaut • Steiling Handlungs-pflichten von Lebensmittel- und Futter-mittelunternehmern nach der EU-Basis-verordnung und ihr Einfluss auf die zivil-rechtliche Produkthaftung • Thüsing/Forst Abführung von Aufsichtsratsver-gütung an gewerkschaftliche Bildungs-einrichtungen • E. Vetter Zur Compli-ance-Verantwortung des Vorstands undzu den Compliance-Aufgaben des Auf-sichtsrats • Vogt Wie viel Informationbraucht der Durchschnitt? • WestermannInsolvenzrechtliche Haftung der Vor-stände von Idealvereinen • Zahn DasLeistungsversprechen des Leasinggebersbeim Projektleasing

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Zwischen Vertragsfreiheit undVerbraucherschutz. Festschrift fürFriedrich Graf von Westphalen zum70. Geburtstag. Herausgegeben von RechtsanwaltProf. Dr. F. Christian Genzow, Prof.Dr. Barbara Grunewald, Prof. Dr.Hans Schulte-Nölke. 2010, 834Seiten, Lexikonformat, gbd. 199,- €.ISBN 978-3-504-06042-8

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Eine einfache Arbeitszeitregelungist schon schwer zu formulieren.

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