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[20081108] Evolution der Kommunikation - uni-kassel.de der... · Tauglichkeit im evolutionären...

Date post: 03-Sep-2019
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BENJAMIN P. LANGE, M. A. http://www.uni-kassel.de/~benlange Wintersemester 2008 / 2009 Seminar: Kommunikations- und Medienpsychologie 25.11.2008: Die Evolution der Kommunikation (bitte nicht ohne Erlaubnis hieraus zitieren) Was ist Kommunikation? Zunächst muss geklärt werden, was wir unter Evolution und unter Kommunikation verstehen wollen. Was Kommunikation ist, haben wir vor einigen Wochen gesehen. Zur Erinnerung nenne ich einige mögliche Definitionen: - Zunächst könnte man Kommunikation als die Übermittlung von Informationen auffassen, die zwischen kognitiven Systemen stattfindet, wobei ein Mensch ein kognitives System ist, ein Tier aber auch (Strohner, 2006). - Kommunikation lässt sich auch als einen Prozess bezeichnen, an dem ein Sender, mindestens ein Empfänger und eine Nachricht bzw. eine Mitteilung bzw. ein Zeichen beteiligt sind (Nöth, 2000). - Oder wir sagen mit Watzlawick (Watzlawick, Beavin & Jackson, 2003), dass letztlich jedes Verhalten Kommunikation ist, da jedes Verhalten potentiell Mitteilungscharakter hat. Eines der Modelle, das wir uns angesehen hatten, war Jakobsons Modell der kommunikativen Funktionen, das eine Erweiterung von Bühlers Organonmodell ist: IfP INSTITUT für PSYCHOLOGIE U N I K A S S E L V E R S I T Ä T
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BENJAMIN P. LANGE, M. A. http://www.uni-kassel.de/~benlange Wintersemester 2008 / 2009

Seminar: Kommunikations- und Medienpsychologie

25.11.2008: Die Evolution der Kommunikation (bitte nicht ohne Erlaubnis hieraus zitieren) Was ist Kommunikation?

Zunächst muss geklärt werden, was wir unter Evolution und unter Kommunikation verstehen

wollen. Was Kommunikation ist, haben wir vor einigen Wochen gesehen. Zur Erinnerung

nenne ich einige mögliche Definitionen:

- Zunächst könnte man Kommunikation als die Übermittlung von Informationen

auffassen, die zwischen kognitiven Systemen stattfindet, wobei ein Mensch ein

kognitives System ist, ein Tier aber auch (Strohner, 2006).

- Kommunikation lässt sich auch als einen Prozess bezeichnen, an dem ein Sender,

mindestens ein Empfänger und eine Nachricht bzw. eine Mitteilung bzw. ein Zeichen

beteiligt sind (Nöth, 2000).

- Oder wir sagen mit Watzlawick (Watzlawick, Beavin & Jackson, 2003), dass letztlich

jedes Verhalten Kommunikation ist, da jedes Verhalten potentiell Mitteilungscharakter

hat.

Eines der Modelle, das wir uns angesehen hatten, war Jakobsons Modell der kommunikativen

Funktionen, das eine Erweiterung von Bühlers Organonmodell ist:

IfP

INSTITUT für PSYCHOLOGIE

U N I K A S S E L

V E R S I T Ä T

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Bühler: Darstellungsfunktion

KONTEXT (refrentiell)

SENDER NACHRICHT (poetisch) EMPFÄNGER

(emotiv, KONTAKTMEDIUM (phatisch) (appellativ,

expressiv) KODE (metasprachlich) konativ)

Bühler: Ausdrucksfunktion Bühler: Appellfunktion

Jakobsons Modell der kommunikativen Funktionen (nach Jakobson, 1968, S. 353, 357) (als Erweiterung von Bühlers Organonmodell)

Wir kommen darauf zurück.

Was ist Evolution?

Wenn wir von Evolution sprechen, meinen wir die biologische Evolution. Die

Evolutionstheorie wird in erster Linie mit Charles Darwin und seinen Werken in Verbindung

gebracht (Darwin, 1859; 1871); es spielen aber noch eine ganze Reihe anderer

Wissenschaftler eine Rolle für unsere heutige Vorstellung von der biologischen Evolution wie

der Zeitgenosse Darwins Alfred Wallace oder im 20. Jahrhundert dann z.B. Ernst Mayr

(Kutschera, 2008).

(von http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Darwin)

Das Bild zeigt Darwin im Alter von 51 Jahren, zu der Zeit, als er seine Evolutionstheorie

veröffentlichte.

Es gibt auch Ansätze zu einer (sozio-)kulturellen Evolution, die uns aber hier nicht

interessieren, insbesondere da es hier die Idee gibt, Gesellschaften würden gewisse Stufen der

kulturellen Entwicklung durchlaufen (von der Barbarei über Sklaverei, Feudalismus hin zur

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Demokratie), was ein höchst fragwürdige Idee ist, da sie voraussetzt, dass ein bestimmtes

höheres Ziel quasi fest vorgegeben ist, das irgendwann erreicht wird. Es gibt aber evolutionär

gesehen nichts „Höheres“ in dem Sinne und kein Ziel, auf das zugestrebt wird. Dies

fälschlicherweise anzunehmen ist die sog. Teleologie-Falle. Alle lebenden Individuen und

existierenden Spezies sind evolutionäre Gewinner.

Was also meint Evolution im eigentlichen biologischen Sinn? Wir können zunächst ganz

einfach sagen, Evolution hat zu tun mit der Stammesgeschichte einer Spezies, z.B. des

Menschen (Homo sapies sapiens). Statt Stammesgeschichte sagt man auch Phylogenese. Dies

ist die Entwicklung innerhalb einer Spezies über tausende und mehr Generationen. Dem steht

die Ontogenese gegenüber. Das ist die Entwicklung innerhalb eines Individuums, beginnend

mit der Empfängnis bis zum Tod (Kutschera, 2008; Mietzel, 2005). Wenn wir also über

Spracherwerb reden, meinen wir die Ontogenese der Sprache, also die Entwicklung der

Sprache innerhalb eines Individuums. Wenn wir von der Evolution der Sprache reden, meinen

wir hingegen die Phylogenese der Sprache, wenn wir uns fragen, warum sich bei unserer

Spezies über unzählige Generationen unsere angeborene Sprachfähigkeit überhaupt

entwickelt hat.

Im 19. Jahrhundert, zu Darwins Zeit, meinte man mit Evolution noch die Ontogenese, heute

meint man damit also die Phylogenese. Für Darwin war Evolution, so wie wir sie heute

verstehen, also als Phylogenese, folgendes: Deszendenz plus Modifikation, also Abstammung

mit Abweichung (Kutschera, 2008). Es gibt zwei Teilprozesse der Evolution: die natürliche

und die sexuelle Selektion. Sehen wir uns die Bedingungen für Evolution im biologischen

Sinne an, und zwar mit Blick auf die natürliche Selektion:

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(aus Kutschera, 2008, S. 32)

Zunächst haben wir eine sog. Überproduktion an Individuen. Ein Pärchen Frösche hat mehr

als zwei Nachkommen, teilweise bis zu 10.000. Frösche sind damit im Speziesvergleich

quantitative Fortpflanzer bzw. sog. r-Strategen (Voland, 2000). Noch extremer ist es bei

Austern, wo das Weibchen bis zu 10 Mio. Eier pro Saison legen kann. Auf die

Fortpflanzungsstrategien kommen wir noch zu sprechen. Die vielen Nachkommen treffen auf

begrenzte Ressourcen, also auf begrenzte Nahrung. Die vielen Individuen unterscheiden sich

zufallsbedingt (u. a.) aus genetischen Gründen, genauer gesagt aufgrund Mutation und

Rekombination (Kutschera, 2008). Das ist die zweite Bedingung. Die Nachkommen, die mit

den begrenzten Ressourcen am besten zurechtkommen, also z.B. schneller fressen als Andere,

überleben. Es findet also Selektion statt, und zwar durch die Umweltbedingungen. Nicht alle

bestehen in diesem Daseinswettbewerb. Das ist die dritte Bedingung. Die Individuen, die

überleben, geben diese Fähigkeiten, durch die sie überlebt haben, an die Nachkommen weiter.

Das ist die vierte Bedingung: genetische Transmission. Das ist das Grundprinzip der

natürlichen Selektion, bei der es also primär um das Überleben geht. Nun bringt einem

Individuum evolutionär gesehen sein Überleben nichts, wenn es sich nicht reproduziert, wie

man schon an der eben genannten Definition von Evolution (Abstammung mit Abweichung)

merkt: Jeder Mensch hat Vorfahren. Das verweist auf einen zweiten evolutionären Prozess,

dem der sexuellen Selektion, bei der es um Partnerwahl geht. Die Evolutionsbiologen sehen

die sexuelle Selektion eher als Variante der natürlichen Selektion (Mayr, 2003). In der

Evolutionären Psychologie würde man eher dazu tendieren, natürliche und sexuelle Selektion

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stärker zu differenzieren und beide als Teilprozesse der Evolution zu sehen (Buss, 1994;

2004; Miller, 2001).

Sehen wir uns die sexuelle Selektion näher an: Hier gelten die gleichen Bedingungen wie bei

der natürlichen Selektion. Es ist gibt eine Überproduktion an Individuen. Die Individuen

zeigen auch Varianz hinsichtlich sexuell selektierter Merkmale, die sogar tendenziell größer

ist als bei natürlicher Selektion. Denn dadurch, dass die natürliche Selektion an die Umwelt

anpasst, macht sie die Individuen einander eher ähnlich, während die sexuelle Selektion die

Variation einerseits voraussetzt – nur so ergibt die Auswahl, sprich: die Partnerwahl einen

Sinn – und andererseits neue Variation erzeugt (Kutschera, 2008). Bei der sexuellen Selektion

gibt es ebenfalls eine Auswahl, die jedoch nicht durch die Umweltbedingungen erfolgt,

sondern durch Mitglieder der eigenen Spezies, i. d. R. Individuen vom anderen Geschlecht.

Das ist die schon angesprochene Partnerwahl. Schließlich gibt es auch eine genetische

Transmission bei der sexuellen Selektion. Das ist klar: Wenn Partnerwahl zur Fortpflanzung

führt, werden Gene in die nächste Generation gebracht.

(von www.aboutpixel.de)

Bei der sexuelle Selektion unterscheidet man wiederum zwei Teile: Die intrasexuelle

Selektion meint den Wettbewerb innerhalb eines Geschlechts um den Zugang zum anderen

Geschlecht. Wer in einer Auseinandersetzung um Weibchen besser besteht als andere hat

bessere Chancen, die Eigenschaften, die ihn bestehen lassen, an die Nachkommen

weiterzugeben. Klassisches Beispiel sind zwei kämpfende Hirsche wie auf dem Bild.

Die intersexuelle Selektion meint dann die eigentliche Partnerwahl, meist in Form von

Damenwahl (Bischof-Köhler, 2006; Eibl, 2004; Grammer, 1993). Bei den meisten Spezies

müssen die Männchen zeigen, was sie haben, die Weibchen begutachten dies und treffen dann

ihre Wahl. Wichtig ist dabei der Begriff des Fitnessindikators und das Handicap-Prinzip

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(Zahavi & Zahavi, 1975). Fitness meint hier Tauglichkeit, man könnte ergänzen: genetische

Tauglichkeit im evolutionären Sinn. Ein Indikator ist ein Zeichen, das kausal mit dem in

Verbindung steht, was es bezeichnet (Peirce, 1983). Beim Pfauen-Hahn ist der

Fitnessindikator das Gefieder: Es gibt eine kausale Beziehung zwischen der Pracht des

Gefieders und der Stärke des Immunsystems des Hahnes, denn das Gefieder ist physiologisch

derart schwer hervorzubringen, dass sich nur die gesündesten Hähne das prächtige Gefieder

und insbesondere eine hohe Anzahl an Augen auf dem Gefieder leisten können. Das Habitat

des Pfaus in Asien ist in der Tat sehr Parasiten belastet, und entsprechend korreliert die

Augenzahl negativ mit Parasitenbefall. Das heißt: je mehr Augen, desto weniger Parasiten.

Wählt die Henne also einen Hahn mit möglichst prächtigem Gefieder, wählt sie gleichzeitig

ein gutes Immunsystem für ihre Nachkommen. Hennen mit Präferenz für unscheinbare Hähne

hatten weniger gesunde Nachkommen, die nicht überlebt haben, wodurch die Präferenz für

unscheinbare Gefieder zusammen mit den Trägern dieser Präferenz ausstarb. Das Gefieder ist

eigentlich eine Behinderung, ein Handicap: Es erschwert die Flucht, lockt Fressfeinde an und

ist wie gesagt schwer zu produzieren. Es scheint reine Verschwendung zu sein. Genau das ist

das Handicap-Prinzip, und die Merkmal, die diesem Prinzip folgen daher so gute

Fitnessindikatoren wie hier in der Kommunikation zwischen Hahn und Henne (Eibl, 2004;

Hauser, 1997; Miller, 2001). Es fällt nicht schwer, dieses Prinzip auf den Menschen

anzuwenden und zahlreiche Beispiele dafür zu finden (Miller, 2001; Uhl & Voland, 2002).

Wenn man über Variation einerseits und genetische Transmission andererseits spricht, ist es

sinnvoll, auf den Begriff der Erblichkeit kurz einzugehen, der in der Umgangssprache etwas

anderes bedeutet als in der Wissenschaft. Erblichkeit wird in Prozent oder mit einer Zahl

zwischen Null und Eins ausgedrückt und gibt Auskunft darüber, wie sehr die Varianz

hinsichtlich eines Merkmals in einer Population auf genetische Varianz zurückgeht, genauer

gesagt auf Unterschiede hinsichtlich individualdifferenzierender, polymorpher Gene, also

unterschiedliche Allelkonfigurationen. Wenn man also sagt, der IQ habe eine Erblichkeit von

70 %, dann bedeutet das, dass 70 % der IQ-Unterschiede auf genetische Unterschiede

zurückgeführt werden können (Plomin, DeFries, McClearn & Rutter, 1999). Insbesondere, da

die Varianz unter den Individuen bei sexuell selektierten Merkmalen größer ist als bei

natürlich selektierten, sind sexuell selektierte Merkmale höher erblich als natürlich selektierte

(Miller, 2001).

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Die natürliche Selektion dreht sich also um Eigenschaften, die das Überleben betreffen, die

sexuelle Selektion um Eigenschaften, die der Fortpflanzung dienen. Da die Eigenschaften, die

dem Überleben dienen, evolutionär gesehen auch an die nächste Generation weitergegeben

werden müssen, kann man letztlich sagen: Evolution ist differentielle Reproduktion. Damit

kommen wir zur eigentlich Grundannahme, die zwingend logisch ist: Keiner unserer direkten

Vorfahren blieb kinderlos, sonst gäbe es uns nicht. Der Evolution liegt ein historisches Prinzip

zugrunde (Kutschera, 2008). Zahlreiche Missverständnisse der Evolutionstheorie hängen mit

der Missachtung dieses Faktums zusammen. Betonen wir also nochmals den wichtigen

Grundgedanken, wenn wir sagen, dass keiner unserer direkten Vorfahren kinderlos blieb. Was

passiert, wenn man Kinder kriegt, ist wie gesagt kein Geheimnis: Gene werden

weitergegeben. Gene konstruieren nun eben nicht nur Organe wie das Herz oder die Lunge,

sondern auch unser Gehirn. Dieses Konstruktionsprinzip spiegelt daher die Zweckmäßigkeit

für Überleben und Fortpflanzung unserer Vorfahren wider. Denn nur durch deren Überleben

und deren Fortpflanzung sind wir die Träger dieser Gene, die dieses Überleben und diese

Fortpflanzung erst möglich gemacht haben. Natürlich spielen auch Umweltfaktoren eine

große Rolle für die Persönlichkeit und Fähigkeiten eines Menschen, aber eben nicht nur. Jedes

Lernen etc. kann nur innerhalb der Grenzen erfolgen, die vorgegeben sind. Wir kennen das

vom Spracherwerb: Aufgrund der angeborenen Sprachfähigkeit braucht das Kind nur Input

und Interaktion und erwirbt die Sprache automatisch. Das Lernen des Schreibens ist hingegen

sehr schwer und das Lernen einer zweiten Sprache nach der Pubertät ebenso. Erst- und

Zweitsprachenerwerb werden auch jeweils von unterschiedlichen Hirnmodulen

bewerkstelligt. Also haben wir natürliche Befähigungen und natürliche Einschränkungen.

Über die Evolution der Sprache werden wir gleich noch sprechen.

Die Evolution nonverbaler Kommunikation

Zur Erinnerung fragen wir uns: Was ist nonverbale Kommunikation? Wir hatten gesagt, dass

wir drei Bereiche abstecken können: Mimik (betrifft das Gesicht), Pantomimik (betrifft den

ganzen Körper) und Paralinguistik (betrifft Aspekte wie Intonation und Stimmhöhe) (Frindte,

2001). Reden wir nun also über die Evolution nonverbaler Kommunikation und sehen uns

dazu die Mimik der Halbaffen an, und zwar am Beispiel des Koboldmakis und des Varis.

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(von http://de.wikipedia.org/wiki/Koboldmaki / http://de.wikipedia.org/wiki/Varis)

Die Mimik bei den Halbaffen ist reduziert wegen der fehlenden Beweglichkeit der Oberlippe

(Hauser, 1997). Anders sieht die Mimik bei Echten Affen aus, z.B. beim Schimpansen.

Das linke Bild zeigt einen Schimpansen kurz vor dem Abtransport in einen anderen Zoo

(Foto: Hans Hofer). Jetzt sehen wir uns die Mimik des Menschen an:

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(aus Zimbardo & Gerrig, 2004, S. 549)

Mensch und Schimpanse teilen nicht nur fast 99 % ihrer monomorphen Gene – eine Zahl, die

man hinsichtlich der Auswirkungen auch nicht überschätzen sollte (Pinker, 1996) –, sondern

haben vor sechs bis sieben Mio. Jahren einen gemeinsamen Vorfahren (Kutschera, 2008).

Vielleicht macht das zahlreiche Übereinstimmungen zwischen den Spezies erklärbar, auch

wenn man hier vorsichtig sein muss. Jetzt kann man nämlich fragen, ob man denn Menschen

und Tiere überhaupt vergleichen darf. Ich denke ja. Ja, es wird in der Wissenschaft sogar der

Ansatz vertreten, dass die Unterscheidung von Mensch und Tier schlicht unwissenschaftlich

ist, weil das Nennen von Aspekten, die beim Menschen anzutreffen sind, aber schon bei

unseren nächsten Verwandten, z.B. den Schimpansen, nicht, zu eingeengt ist und

grundsätzliche Aussagen verhindert. Es gibt auch evolutionstheoretische Gründe dafür, den

Vergleich zwischen dem Menschen und anderen Spezies zu suchen, denn Evolution verläuft

graduell: Vorhandene Designs verändern sich sehr langsam über unzählige Generationen

(Mayr, 2003). Man versteht und belegt Evolution durch das Auffinden von sog. Homologien

und Analogien bzw. Konvergenzen zwischen verschiedenen Spezies (Kutschera, 2008). Das

trifft z.B. auch auf Mimik zu und auf die Sprache auch (Pinker, 1996). Eine funktionale

Erklärung der menschlichen Ausstattung zur verbalen Kommunikation ist nur zu verstehen

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durch den Vergleich mit Kommunikationssystemen anderer Spezies (Dietrich, 2007). Denn

ob Mensch oder Tier, Individuen kommunizieren, um ihr Leben zu bewältigen, also

evolutionär gesehen, um zu überleben und sich zu reproduzieren. Man muss sich vor zwei

Fehlschlüssen hüten, einmal vor dem naturalistischen Fehlschluss, außerdem vor dem

moralistischen (Bischof-Köhler, 2006; Buss, 2004). Der naturalistische Fehlschluss läge vor,

wenn ich sagen würde, es sei gut, dass Männer aggressiver als Frauen sind. Wenn es unsere

Natur ist, auch aggressiv zu sein, wäre Aggression daher etwas Gutes. Der moralistische

Fehlschluss leugnet, was aus ideologischen Gründen nicht sein darf: Ich will nicht, dass

Männer aggressiver sind, also sind sie es auch nicht. Ich will nicht, dass der Mensch das

Ergebnis der Evolution ist, also ist er es auch nicht. Man leugnet, was einem nicht passt, auch

wenn die Evidenz klar ist. Zahlreiche Vorbehalte und Missverständnisse hinsichtlich

evolutionstheoretischer Forschung haben mit diesen Fehlschlüssen zu tun.

Dafür ist es sinnvoll, kurz auf die Begriffe „Homologie“ und „Analogie“ einzugehen: Die

Knochen des menschlichen Arms und die Knochen in einem Fledermausflügel sind homolog.

Sie gelten als gleiche „Organe“, die jedoch andere Funktionen erfüllen können, aber im Sinne

einer gemeinsamen evolutionären Entwicklung miteinander zu tun haben. Der Flügel eines

Vogels und der Flügel einer Biene hingegen sind analog: Sie erfüllen zwar die gleiche

Funktion, sind aber evolutionär unabhängig voneinander entstanden (Kutschera, 2008).

Sehen wir uns nun also das Bild mit den sieben Gesichtern an (und haben die Mimik der

Schimpansen dabei im Hinterkopf). Welche Emotionen kann man erkennen? Es sind die

folgenden: 1. Freude, 2. Überraschung, 3. Ärger, 4. Ekel, 5. Furcht, 6. Trauer, 7. Verachtung.

1-6 sind die Grundemotionen nach Paul Ekman. Nr. 7 (Verachtung) wird manchmal mit dazu

gezählt (Mietzel, 2005).

Sehen wir uns das anhand eines schon bekannten Modells an:

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Wir erkennen vor allem die expressiven Dimensionen von Emotionen, die durch Mimik

ausgedrückt werden: Ich sage etwas über mich und meine Verfassung aus. Ich habe Angst,

bin traurig, wütend oder ekele mich (Ausdrucksfunktion). All das bezieht sich auf einen

Kontext, z.B. verdorbenes Essen. Und einen appellativen Aspekt erkennen wir auch: Mit

unseren Mimik können wir andere Personen veranlassen etwas zu tun: mir zu helfen, mir

nicht zu nahe zu kommen oder das nicht zu essen, was ich esse und mich ekelt. Es ist so, das

wissen wir alle, dass wir automatisch zu essen aufhören würden, wenn jemand, der mit uns

isst, auf einmal angeekelt guckt. Diese Emotionsausdrücke haben somit Überlebens- und auch

Reproduktionsrelevanz (Euler, 2000).

Nun sucht man in der Evolutionsforschung gerne nach Universalien menschlichen Verhaltens,

um so zu belegen, dass es das Ergebnis einer gemeinsamen evolutionären Entwicklung ist

(Brown, 1991; Buss, 2004). Tatsächlich ist es so, dass wenn ein Merkmal in allen Kulturen

vorkommt, der Schluss nahe liegend ist – Ausnahmen sind möglich (Pinker, 1996) –, dass

hier die evolutionäre Abstammung der Menschen eine Rollen spielt. Denn käme ein Merkmal

durch Erziehung, so müsste es zwischen den Kulturen erhebliche Unterschiede geben, weil

Erziehung ja stark und vor allem beliebig differieren kann. (Das heißt nicht, dass

Unterschiede zwischen Kulturen damit zwangsläufig nichts mit Genen zu tun haben.)

Das Prinzip der Universalität trifft auf mimisch vermittelte Emotionen sehr deutlich zu. Im

19. Jahrhundert war es wieder Darwin (1872), der hier wegweisend war und aufgrund

zahlreicher Belege zu dem Schluss kam, dass der mimische Ausdruck von bestimmten

Emotionen weltweit gleich ist und überall verstanden wird und somit angeboren sein muss.

Ebenfalls erkannte er einige Parallelen in den Ausdrucksweisen von Menschen und Tieren.

Heute verweist man angesichts der Universalität von mimisch zum Ausdruck gebrachten

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Emotionen auf Paul Ekman, der wie gezeigt sechs Basisemotionen annimmt (Freude, Ärger,

Traurigkeit, Ekel, Furcht, Überraschung), die auf aufgrund von Überlebens- und

Reproduktionsvorteilen entstanden und daher kulturuniversal sind, wobei das Ausmaß, mit

dem die Emotionen gezeigt werden, von kulturellen Darstellungsregeln bestimmt wird.

Grundsätzlich gilt aber: Basisemotionen werden in allen Kulturen gezeigt, und zwar von

frühester Kindheit an ohne notwendigen Einfluss von außen und sind daher genetisch bedingt

(Mietzel, 2005). Es lässt sich aus evolutionspsychologischer Perspektive allerdings anführen,

dass das Postulat einiger weniger Basisemotionen zu eingeengt ist, dass es vielmehr unzählige

Emotionen gibt (Euler, 2000).

Die Evolution der Sprache

Jetzt wollen wir über die Evolution der verbalen Kommunikation, also über die Evolution der

Sprache sprechen. Die Tatsache, dass wir immer noch stark über Mimik und Gestik

kommunizieren, zeigt, dass phylogenetisch ältere Formen beibehalten werden können, wenn

sie nützlich sind. Denn es ist klar – das zeigen schon die Beispiele von mimischer

Kommunikation bei anderen Spezies –, dass Mimik und Gestik älter und gewissermaßen die

Vorläufer verbaler Kommunikation sind bzw. mit der Sprache zusammen weiter evolvierten

(Armstrong & Wilcox, 2007; Herrmann, 2005; Sager, 1988). Wie wichtig Gestik und Mimik

trotz des Vorhandenseins der Sprache sind, erkennen Sie selbst, wenn Sie telefonieren und bei

aufregenden Gesprächsinhalten trotzen gestikulieren, obwohl Ihnen rational klar sein müsste,

dass dies keinen Sinn ergibt, weil Ihr Gesprächspartner Sie doch nicht sehen kann.

Die Biologie der Sprache

Wir haben gesagt, Evolution sei die Entwicklung innerhalb einer Spezies über Generationen

in Form differentieller Reproduktion, also im biologischen Sinne. Als wir das Thema

„Spracherwerb“ behandelt haben, wurden schon einige Belege angesprochen, die die

biologische Grundlage der Sprache deutlich machen und wesentlich mit der nativistischen

Spracherwerbstheorie zusammenhängen. Laute und Wörter erwerben wir bis zu einem

gewissen Grad durch Nachahmung, aber das passt auf der Satzebene schon wieder nicht mehr,

denn jeder kann bereits in jungem Alter Sätze hervorbringen, die er nie zuvor gehört hat. Wie

also kann das behavioristisch, also z.B. mit Nachahmung, erklärt werden? Antwort: Gar nicht

(Dietrich, 2007; Pinker, 1996). Im Alter von 2 Jahren besteht der gesamte sprachliche Output

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eines Kindes noch zu 20 Prozent aus Nachahmung, mit 3 Jahren bereits nur noch zu 2

Prozent, mit abnehmender Tendenz (Zimmer, 1994). Das Kind produziert Sätze, die es nie

zuvor gehört hat. Würde es keinen angeborenen Spracherwerbsmechanismus geben, würden

wir unser ganzes Leben benötigen, um auch nur primitivste Sprachkenntnisse zu erlernen,

wenn überhaupt. Stattdessen erwerben Kinder die Sprache mit offensichtlicher Leichtigkeit.

Offenbar liegt dem Spracherwerb vielmehr ein genetisch bedingter Reifeplan zugrunde, denn

mit Erreichen der Pubertät ist der primäre Spracherwerb nicht mehr möglich. Es gibt also eine

sensible Phase, deren Existenz mit Umweltfaktoren nicht erklärbar ist (Birbaumer & Schmidt,

2006; Chomsky, 1959; Pinker, 1996; Zimmer, 1994). Ähnlich wie bei der Universalität

mimischer Emotionsausdrücke können wir also eine universale Grammatik annehmen, die

Teil unserer Sprachfähigkeit und Grundlage jeder spezifischen Einzelsprache ist (Chomksy,

1977; 1986; 1996), auch wenn Fragen offen bleiben, wie diese Grammatik nun genau

beschaffen ist und biologisch zustande kommt. Dieser Fragen werden aber in Zukunft mit

Sicherheit geklärt werden.

Sehen wir uns unser Gehirn an:

(aus Zimbardo & Gerring, 2004, S. 88)

Bei fast alle Rechtshändern findet die Sprachverarbeitung in der linken Hirnhemisphäre statt,

und bei vielen Linkshändern in der rechten Hemisphäre (Pinker, 1996). Und wir wissen, dass

Händigkeit etwas Angeborenes ist, wenn man die krampfhaften Versuche betrachtet, die

früher in den Grundschulen angestellt wurden, um die Linkshänder dazu zu bringen, mit

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rechts zu schreiben. In der jeweils entgegen gesetzten Hirnhemisphäre werden dann die

emotionalen Aspekte der Sprache verarbeitet, bei den meisten Menschen also in der rechten

(Zimmer, 1994).

Wenn wir uns das linke Bild ansehen, sehen wir zwei Zentren, die für die Sprache

mitentscheidend sind: das Broca-Areal und das Wernicke-Areal. Statt „Areal“ sagt man auch

„Zentrum“. Nun kann das Gehirn in einem der Zentren verletzt werden, also eine sog. Läsion

erleiden, z.B. durch einen Unfall, was zum Ausfall einiger Teile der Sprache führen kann.

Man spricht von Aphasie (Pinker, 1996). Eine Aphasie im Broca-Zentrum hat auf

Produktionsseite Wortfindungsstörungen, eingeschränkte Grammatik und Sprechen im

Telegramm-Stil zur Folge. Das Sprachverständnis bleibt meist erhalten. Bei der Wernicke-

Aphasie hingegen ist das Sprachverständnis gestört. Die betroffenen Personen haben

Probleme mit der Bedeutung von Wörtern. Die Lautfolge von Wörtern ist falsch. So werden

Wörter produziert, die es nicht gibt (Dietrich, 2007; Hauser, 1997). Die Wernicke-Aphasie

tritt oft in Verbindung mit Logorrhöe auf. Was für uns hier wichtig ist, ist die Erkenntnis, dass

unser Gehirn recht spezifische Bereiche und Module für die Sprache hat, was bei fast allen

Menschen ziemlich ähnlich ist, und in dieser Spezifität eben nicht einfach, z.B. wenn es um

Spracherwerb geht, mit Umweltfaktoren erklärbar ist (Pinker, 1996). Erinnern wir uns: Gene

konstruieren nicht nur Organe wie das Herz, sondern auch unser Gehirn.

Reden wir über Gene. Denn ein anderer Komplex an Belegen für die biologische Grundlage

der Sprache stammt aus der Verhaltens- bzw. Humangenetik. Der Begriff der Erblichkeit ist

bereits gefallen. Es zeigt sich, dass knapp die Hälfte der sprachlichen Unterschiede zwischen

den Menschen auf genetische Unterschiede zurückgeht (Lenz, 1978). Bei einer Eigenschaft

wie verbale Flüssigkeit liegt die Erblichkeit bei knapp .4 (Plomin, DeFries, McClearn &

Rutter, 1999), beim Wortschatz sogar bei .6 (Miller, 2001). Insgesamt sind vermutlich etwa

7000 Gene am Phänomen Sprache beteiligt (Jenkins, 2000). Und wir haben ja gesagt: Bei

Evolution geht es um Weitergabe von Genen, die für nützliche Eigenschaften kodieren und

somit die Weitergabe eben dieser Gene erst ermöglichen. Eines dieser Gene im Kontext von

Sprache haben wir vor einigen Wochen schon erwähnt: das FOXP2-Gen auf Chromosom 7

(Otte, 2005).

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(von http://de.wikipedia.org/wiki/FOXP2)

Das Bild zeigt das vom FOXP2-Gen kodierte FOXP2-Protein, das aus 715 Aminosäuren

besteht. Das FOXP2-Gen selbst besteht aus mehreren Hundert Tausend Basenpaaren. Das

Protein ist für den ungestörten normalen Spracherwerb offenbar unabdingbar (Otte, 2005).

Bei einer Familie aus England wurden zuerst Sprachdefizite beobachtet, die letztlich auf eine

Mutation des FOXP2-Gens zurückzuführen waren. Die Defizite betreffen grob gesagt die

Produktion grammatisch korrekter Sätze und deren Rezeption sowie motorische Aspekte der

Sprache (Otte, 2005; Pinker, 1996) und ähneln teilweise der Broca-Aphasie. Tatsächlich ist

bei Mutation des FOXP2-Gens auch das Broca-Zentrum defizitär verändert.

Die Wirkung eines defekten FOXP2-Gens ist pleiotrop, d.h. es sind im Phänotyp gleich

mehrere Bereiche der Sprache negativ betroffen. Ein defektes Gen hat demnach mehrere

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Defizite zur Folge, was wohl daran liegt, dass das FOXP2-Protein ein sog.

Transkriptionsfaktor ist, also andere Gene kontrolliert, im Falle des FOXP2-Gens

schätzungsweise über Tausend. Hinsichtlich der eben angesprochenen Sprachzentren des

Gehirns lässt sich sagen, dass Unterschiede zwischen gesunden und betroffenen Menschen in

der Aktivität der Sprachregionen gibt (Otte, 2005).

Jetzt haben wir gesehen, dass wir und die Schimpansen vor etwa sechs bis sieben Mio. Jahren

noch einen gemeinsamen Vorfahren haben. Und auch Schimpansen haben ein Broca- und

Wernicke-Zentrum. Das Wernicke-Zentrum von Schimpansen ist z.B. aktiv, wenn es darum

geht, die Laute anderer Affen zu erkennen (Pinker, 1996). Schimpansen haben auch ein

FOXP2-Gen (wie einige andere Spezies übrigens auch, z.B. Mäuse und Zebrafinken), das

jedoch geringfügig anders aufgebaut ist Offenbar haben in der Evolution des Menschen

wenige nützliche Mutationen (u.a.) des FOXP2-Gens ausgereicht, um den Unterschied

auszumachen, dass wir eine Sprache haben und schon unsere nächsten Verwandten nicht

mehr (Armstrong & Wilcox, 2007; Haider & Schaner-Wolles, 2007; Pinker, 1996). Man

könnte also sagen: Die lautlichen Äußerungen und die menschliche Sprache sind das

miteinander, was die Evolutionsbiologen homolog nennen (Kutschera, 2008; Pinker, 1996):

Sie haben miteinander zu tun im Sinne gemeinsamer Abstammung.

Die Sprache erfüllt nun also in jeder Hinsicht die Voraussetzungen, um sie aus evolutionärer

Perspektive zu betrachten. Bevor wir darüber sprechen, was in unserer Evolution zur

Ausbildung der Sprache in seiner vorfindbaren Form geführt hat, müssen wir über zwei

unterschiedliche Ebene von Ursachen sprechen, die proximaten und die ultimaten. Die

proximaten sind die Wirkursachen, die momentanen Gründe des Verhaltens. Wir fragen:

Wodurch wird das Phänomen, hier sprachliche Kommunikation, verursacht? Es ist die Frage

nach dem Wie. Hier gibt es wieder verschiedene Ebenen, z.B. die molekulargenetische

(FOXP2-Gen) oder die hirnphysiologische (Lateralisation und Sprachzentren des Gehirns).

Eine andere Ebene innerhalb der proximaten Ebene ist die motivationale: Ich will mit anderen

kommunizieren, weil ich mich positiv präsentieren will oder weil ich andere zu etwas

veranlassen will. Das alles gehört zu den proximaten Ursachen. Klassischerweise werden in

den Bereichen der Wissenschaft, die sich mit Verhalten in irgendeiner Form befassen, nur

diese proximaten Ursachen betrachtet. Ganz entscheidend sind aber eben auch die sog.

ultimaten Ursachen, das sind die Zweckursachen: Wir fragen hier, warum es überhaupt eine

Sprache gibt, warum der Mensch sie hat und andere Spezies nicht, warum wir letztlich

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kommunizieren, warum Männer kulturuniversal aggressiver sind als Frauen (auch im

Sprachgebrauch) usw., warum es also diese biologischen Mechanismen überhaupt gibt. Wir

fragen also, welchen Überlebens- und Fortpflanzungsvorteil das Merkmal in der

evolutionären Vergangenheit gebracht hat, damit diejenigen, die es besaßen, überhaupt erst zu

unseren Vorfahren werden konnten (Buss, 2004). Wer die Unterscheidung dieser beiden

Ursachenebenen nicht berücksichtigt, kann Evolution nicht verstehen.

Sprechen wir zuerst über Sprache im Kontext des Überlebens, also im Kontext der natürlichen

Selektion. Im Mittelpunkt der Betrachtung von Sprache im Sinne der natürlichen Selektion

steht der Mensch als soziale Spezies, der mit Anderen im sozialen Wettbewerb steht und auf

kooperative Allianzen und die Einbettung in ein soziales Gefüge angewiesen ist, damit

Überleben gewährleistet ist (Allman, 1999; Flinn, Geary & Ward, 2005). Sprache im Kontext

natürlicher Selektion erscheint zunächst als geeignetes Mittel zur Übermittelung von

Informationen, beispielsweise darüber, wo Nahrung gefunden werden kann und Gefahren

lauern (Buss 2004; Pinker 1996). Der Vorteil der Sprache liegt im Sinne eines reziproken

Altruismus, d.h. wechselseitige Hilfeleistung, darin, einem anderen etwas geben zu können,

nämlich Informationen, die man gleichzeitig selbst behalten kann, und für die Zukunft darauf

hoffen zu können, dass sich der andere in diesem Sinne revanchiert (Dunbar, 1996; Pinker,

1996; 1998). Solche Kommunikation kann man dann als symmetrisch bezeichnen und dient

der Aufrechterhaltung der sozialen Beziehung, findet also auf der Beziehungsebene statt

(Aitchison, 1996; Bickerton, 2000a; 2000b; Klix, 2003; Sager, 1988; Steinig, 2007).

Wir erinnern uns an die Beziehungsseite im Modell von Schulz von Thun.

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Sprache erlaubt außerdem den Austausch darüber, „wer wem was getan hat“ (Pinker, 1996, S.

22), beispielsweise darüber, wer ein verlässlicher und begehrenswerter Sozialpartner, aber

auch Geschlechtspartner ist oder wer wen mit wem betrogen hat (Allman, 1999; Buss, 2004;

Dunbar, 1996). Und ich kann mich mit Hilfe der Sprache mit den Anderen abstimmen und

gemeinsames Handeln koordinieren, z.B. bei der Jagd, gemeinsamer Nahrungssuche oder

Verteidigung, um das Überleben zu sichern.

Ein Aspekt ist besonders wichtig: Gruppengröße. Unsere Evolution fand in Gruppen von etwa

150 Mitgliedern statt, und noch bis heute finden sich diese Gruppengrößen (Dunbar, 1996).

Wenn es in der Evolution um die Gene geht, genau genommen um meine und nicht die der

anderen (Dawkins, 1976), dann sind die anderen Mitglieder nicht nur Kooperationspartner,

sondern auch teilweise meine Gegner. Es herrschte also ein hoher Selektionsdruck auf

Eigenschaften, die gestatteten, von den anderen nicht übers Ohr gehauen zu werden, also auf

Eigenschaften wie Sprache, Empathie (theory of mind) und Kooperationsfähigkeit, letztlich,

um die Gruppe zusammenzuhalten, weil die große Gruppe eben doch mehr Vorteile bringt als

Nachteile. Gruppengröße kommt dabei etwa durch ökologischen Druck zustande wie die

Risiken durch Raubtiere, die Notwendigkeit eines zeitweiligen Nomadentums oder das

Verteidigen von Nahrungsquellen und Frauen gegenüber Anderen (Dunbar, 1996).

Sehen wir uns an, wie unsere nächsten Verwandten ihre sozialen Gruppen zusammenhalten,

nämlich durch gegenseitige Fellpflege, das sog. Groomen.

(von www.affen.at)

Der britische Biologe und Anthropologe Robin Dunbar (1996) argumentiert, dass der Mensch

das soziale Gefüge statt durch Groomen durch Sprache aufrecht erhält, was mit der recht

hohen menschlichen Gruppengröße von wie gesagt etwa 150 Individuen zusammenhängt.

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(von www.aboutpixel.de)

Es ist dem Menschen unmöglich, alle 150 Gruppenmitglieder zu groomen, was beim

Schimpansen mit Gruppengrößen von nur max. 50 Mitgliedern hingegen noch möglich ist.

Nun ist es so, dass bei einer (Säugetier-)Spezies eine hohe Korrelation zwischen der

Gruppengröße und der Größe des Neocortex im Verhältnis zur Größe des Gesamtkortex

besteht. Dies wird die als die Dunbar-Nummer bezeichnet. Der Neocortex ist, wie der Name

sagt, ein evolutionär sehr junger Teil des Gehirns, den es auch nur bei Säugetieren gibt und

der mit bewusstem Denken und der bewussten Verarbeitung von Umweltreizen in

Verbindung gebracht wird, also auch für die Einschätzung von sozialen Aspekten im

Gruppenleben von Bedeutung sein kann (Dunbar, 1996; Sager, 1995). Tatsächlich ist es so,

dass menschliche Gruppen nicht nur dreimal so groß sind wie beim Schimpansen, auch der

menschliche Neocortex ist dreimal größer.

(von http://www.nibb.ac.jp / Copyright: siehe www.brainmuseum.org)

Nun kann man immer nur ein Individuum groomen, aber mit mehreren gleichzeitig sprechen.

Wenn nun also die menschliche Sprache aufgrund des Selektionsdrucks der großen Gruppe

das Groomen sozusagen ersetzt hat, lässt sich anhand dieser Informationen berechnen, wie

groß die optimale menschliche Gesprächsgruppe sein sollte: ein Sprecher, drei Zuhörer.

Psycholinguistische Untersuchungen kommen in der Realität auf fünf (Rickheit,

Sichelschmidt & Strohner, 2004), eine Zahl, die ich in einer eigenen Untersuchung ebenfalls

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ermittelt habe. Dunbars theoretische Überlegungen liegen also nur minimal unterhalb des

tatsächlichen Wertes. Will man also ergründen, welche Faktoren überhaupt erst dazu geführt

haben, warum der Mensch eine Sprache hat und andere Spezies nicht, lohnt ein Blick auf

diese evolutionären Aspekte von Gruppengrößen, obwohl hier auch ganz bestimmte Facetten

der sexuellen Selektion eine Rollen spielen, die wir außen vor lassen müssen (Uhl & Voland,

2002).

Nun ist es so, dass natürliche Selektion Probleme möglichst effizient und sparsam löst (Miller,

2001). Warum haben wir dann einen passiven Wortschatz von mehr als 50.000 Einheiten?

Warum schreiben Menschen Bücher und Gedichte? Warum können wir furchtbar lange Sätze

produzieren? Wieso ist die Anzahl an möglichen Sätzen theoretisch unendlich und nicht auf

ein paar beschränkt, die wir zum Überleben brauchen? Wir können also fragen: Was hat das

mit Sparsamkeit zu tun? Vermutlich nicht viel. Um diese Aspekte der Sprache zu beleuchten,

müssen wir uns die sexuelle Selektion ansehen. Wir haben gesagt, bei der sexuellen Selektion

geht es um Partnerwahl, und zwar mit Bezug auf Fortpflanzung. Nun haben wir vor einigen

Wochen schon gehört, dass sich die Geschlechter in den Reproduktionsbedingungen

unterscheiden: Frauen können nur eine begrenzte Anzahl von Kindern bekommen und müssen

alleine schon durch die Schwangerschaft viel investieren. Sie sind daher sog. qualitative

Fortpflanzer bzw. K-Strategen: Sie sind sehr wählerisch bei der Partnerwahl. Männer

hingegen müssen nicht unbedingt viel investieren und können theoretisch mehrere Hundert

Nachkommen haben. Sie können zwar auch qualitative Fortpflanzer sein, und viele Männer

sind es auch. Sie können aber eben auch sog. quantitative Fortpflanzer bzw. r-Strategen sein,

wenn es ihnen gelingt, möglichst viele Frauen zu bekommen (Bischof-Köhler, 2006; Voland,

2000). Das gelingt ihnen durch außergewöhnliche Fähigkeiten und Eigenschaften, die dem

Handicap-Prinzip folgen und als Fitnessindikator dienen (Zahavi & Zahavi, 1975). Das haben

wir ja schon am Beispiel des Pfauen-Hahnes betrachtet. Es geht also um Eigenschaften, die

schwer hervorzubringen sind, also nur von den fittesten Personen, gerade weil die

Eigenschaften schlicht Verschwendung sind. Das trifft auf die genannten Eigenschaften der

Sprache zu (Herrmann, 2005; Miller, 2001). Man denke z.B. an Poesie. Anstatt einen Inhalt

einfach und klar zu vermitteln, legt man sich selbst das Handicap auf, das sich die Wörter

reimen und innerhalb eines bestimmten Versmaßes bleiben müssen, was dann wieder nur die

fittesten hinbekommen. Sprache wäre demnach analog zum prächtigen Gefieder des

Pfauenhahnes (Miller, 2001). Analog bedeutet, wie ich gesagt habe, dass zwei Merkmale, die

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keine gemeinsame Abstammung haben, also unabhängig voneinander evolvierten, dennoch

die prinzipiell gleiche Funktion innehaben (Kutschera, 2008).

Wenn nun ein Mann reproduktiv gesehen grundsätzlich mehr gewinnen kann als eine Frau,

aber auch mehr verlieren kann, sollten Männer – so die evolutionäre Vorhersage – stärker als

Frauen dazu neigen, mit Sprache in welcher Form auch immer Werbung in eigener Sache zu

machen. Hinsichtlich des sprachlichen Verhaltens ergeben sich aus der Theorie der sexuellen

Selektion somit Annahmen hinsichtlich sprachlicher Geschlechterunterschiede.

Sprachliche Geschlechterunterschiede müssen nun auch eine biologische Grundlage haben,

wenn man sie aus evolutionärer Perspektive betrachten will. Ich will einige nennen: Mädchen

sind im Spracherwerb beim Lexikonerwerb schneller als Jungen, was mit fötalem

Testosteronniveau zusammenhängt (Klann-Delius, 2005). Frauen sind in der Mitte ihres

Zyklus, also wenn Empfängnis am wahrscheinlichsten ist, sprachbegabter als sonst,

vermutlich, um die kommunikativen Darbietungen der Männer besser beurteilen zu können

(Bischof-Köhler, 2006; Klann-Delius, 2005; Lange, 2008). Das haben wir letzte Woche schon

gehört.

Ich möchte nun einige der Annahmen nennen, die sich aus der Theorie der sexuellen

Selektion ergeben und als belegt gelten können. Einiges davon haben wir in den letzten

Wochen schon gehört: Männer sind sprachliche Selbstdarsteller (Buss, 2004; Grammer, 1993;

Miller, 2001); kulturuniversal ist es so, dass Männer durch sprachliche Eloquenz stärker an

Status gewinnen als Frauen (Brown, 1991); unter Männern gibt es mehr sprachlich

Hochbegabte, aber auch mehr sprachlich Unbegabte (Bischof-Köhler, 2006; Klann-Delius,

2005; Lange, 2008); Männer nutzen humorvolles Verhalten zur positiven Selbstdarstellung

(Klann-Delius, 2005); entsprechend lässt sich sagen: Frauen lachen über das witzige

Verhalten eines Mannes mehr als das einer Frau (Wildgen, 2004); Frauen ist es wichtiger als

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Männern, einen witzigen Partner zu haben (Asendorpf, 2004); Männern fällt es leichter, vor

Publikum zu sprechen (Lange, 2008), und sie sprechen umso mehr, je größer das Publikum ist

(quantitative Strategie), während sich Frauen mit zunehmender Gruppengröße zurücknehmen,

vielleicht um die Darbietung der Männer zu beurteilen, so Dunbar (1996). Ein Großteil der

Weltliteratur wurde von Männern geschaffen, und zwar nicht etwa wie zu erwarten in

höherem Alter, wenn hinsichtlich der schriftstellerischen Fähigkeiten die meiste Erfahrung

vorhanden ist, sondern im Durchschnitt im Alter von 35 bis 40, also genau noch im

klassischen Reproduktionsalter (Miller, 1999); tatsächlich ist es so, dass Frauen deutlich

lieber lesen, Männer aber erheblich stärker motiviert sind, Bücher zu schreiben (Miller, 2001;

Lange, 2008). Männer neigen dazu, den ersten Schritt zu machen und eine Frau anzusprechen;

sie achten stärker auf ihre Wortwahl (Lange, 2008). Das sind einige Aspekte, die die

eigentliche Partnerwahl, also die intersexuelle Selektion, betreffen.

Auch hinsichtlich der intrasexuellen Selektion, als dem Wettkampf zwischen Männern, lassen

sich einige Aspekte nennen. Vorher müssen wir jedoch über eine Konsequenz der

quantitativen Fortpflanzungsstrategie sprechen, nämlich Polygynie: Einige Männer kriegen

mehr als eine Frau ab, andere Männer gehen leer aus. Entsprechend ist der Wettbewerb unter

Männer stärker als unter Frauen; anders gesagt: Männer sind (assertiv) aggressiver, also

stärker auf Wettkampf aus. Passend dazu lässt sich über Kommunikation sagen: Männer sind

kommunikativ aggressiver und stärker auf Wettbewerb aus; sie fechten kommunikativ stärker

Dominanzhierarchien aus; sie können dementsprechend Ärger im Gesicht eines Mannes

besser erkennen als im Gesicht einer Frau und sind diesbezüglich grundsätzlich besser als

Frauen (Hauser, 1997; Klann-Delius, 2005); sie neigen stärker dazu, Konflikte mit einem

anderen Mann durch sprachliche Konfrontation zu lösen (Lange, 2008).

Zahlreiche unabhängige Belege aus unterschiedlichen Bereichen legen demnach sehr deutlich

nahe, dass wir zahlreiche sprachliche Aspekte als Ergebnis der Evolution interpretieren

können.

Um zum Schluss einem Missverständnis vorzubeugen: Wenn gesagt wird, dass Männer

stärker dazu neigen, dies oder jenes zu tun, sind damit Durchschnittswerte gemeint, die an

großen (und hoffentlich repräsentativen) Stichproben gewonnen wurde. Zu sagen, es gebe

aber auch Männer, bei denen dieses oder jenes genau anders sei, ist kein gültiges

Gegenargument: Mit Einzelfällen und Einzelbeispielen belegt man nichts, und man widerlegt

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nichts. Geschlechterunterschiede sind Verteilungsunterschiede (Bischof-Köhler, 2006).

Stellen Sie sich für Merkmal XY (z.B. Aggression) eine Gaußkurve für die Frauen und einen

für die Männer vor, deren Mittelwerte auseinander liegen, wobei sich die Gaußkurven

dennoch überschneiden. Heißt: Obwohl die Mittelwerte auseinander liegen, Männer also z.B.

aggressiver sind, haben die Frauen am rechten Ende ihrer Verteilung dennoch höhere Werte

als die Männer am linken Ende ihrer Verteilung.

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