Date post: | 05-Apr-2015 |
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12. Forum Frühförderung
am 8. September 2010
in Potsdam
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• Lebensweltorientierte Frühförderung
- am Beispiel der Behindertenrechtskonvention
Klaus Lachwitz
Bundesgeschäftsführer der Bundesvereinigung Lebenshilfe
für Menschen mit geistiger Behinderung;
Präsident
Inclusion International, London
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• Die Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter
Kinder beruht im Wesentlichen auf medizinischen,
therapeutischen und heilpädagogischen Maßnahmen. Während
es in der Praxis längst gelungen ist, diese Maßnahmen zu
bündeln und sinnvoll zusammenzuführen, reagieren
Rechtsordnung und Rechtspraxis nach wie vor nur sehr
schwerfällig auf die fachlichen Anforderungen der Frühförderung
und die Bedürfnisse der Kinder und ihrer Eltern bzw. Elternteile.
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• Im Jahr 2001 hat der Gesetzeber versucht, die medizinischen,
therapeutischen und heilpädagogischen Leistungen mit der
Schaffung des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch (Rehabilitation
und Teilhabe behinderter Menschen – SGB IX) zu
vereinheitlichen und in den §§ 30 SGB IX und § 56 SGB IX die
„Komplexleistung Frühförderung“ einzuführen. Doch noch
immer wird aus der Praxis berichtet, dass die zuständigen
Kostenträger sich außerordentlich schwer tun, gemeinsam
Leistungen zu beschreiben und gemeinsam Entgelte
festzulegen.
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• Vor allem die gesetzlichen Krankenkassen scheuen sich davor,
mit den anderen Kostenträgern (Sozialhilfe und Jugendhilfe)
„gemeinsame Sache zu machen“. So ergibt sich aus dem
Abschlussbericht des Instituts für Sozialforschung und
Gesellschaftspolitik – ISG -, dass die Krankenkassen 2006 nur
14,4 Mio. Euro für die Frühförderung aufgewendet haben,
während die Träger der Sozialhilfe im Jahr 2006 878 Mio. Euro
für die heilpädagogische Förderung von Kindern ausgegeben
haben.
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• Die Frühförderung behinderter und von Behinderung bedrohter
Kinder wird nach dem Landesrecht der meisten Bundesländer
von den Trägern der Sozialhilfe als Eingliederungshilfe für
behinderte Menschen (§§ 53 ff. SGB XII – Sozialhilfe) erbracht
und finanziert, soweit es sich um Kinder mit geistiger und/oder
körperlicher Behinderung handelt. Die Frühförderung seelisch
behinderter oder von einer seelischen Behinderung bedrohter
Kinder hingegen unterfällt der Zuständigkeit der Jugendhilfe
(vgl. § 10 SGB VIII – Jugendhilfe).
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• Seit geraumer Zeit wird darüber diskutiert, die Frühförderung
aller behinderten und von Behinderung bedrohten Kinder
ausschließlich in der Jugendhilfe (SGB VIII) zu regeln. Zur
Begründung wird häufig der Satz zitiert: Behinderte Kinder sind
in erster Linie Kinder und nicht „Behinderte“. Für sie sollte
deshalb ausschließlich der Träger zuständig sein, der auch für
nichtbehinderte Kinder zuständig ist, d. h. der Träger der
Jugendhilfe nach dem SGB VIII.
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Ausgangspunkt jeder Reformdiskussion zur
Zusammenlegung der Eingliederungshilfe für Kinder-
und Jungendliche mit Behinderungen im SGB VIII
oder im SGB XII ist die Behindertenrechtskonvention
der Vereinten Nationen, die in Deutschland seit dem
26.03.2009 im Range eines einfachen Gesetzes in
Kraft ist.
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Behindertenrechtskonvention
Art. 7 (Kinder mit Behinderungen)
(1) Die Vertragsstaaten treffen alle erforderlichen
Maßnahmen, um zu gewährleisten, dass Kinder mit
Behinderungen gleichberechtigt mit anderen Kindern
alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen
können.
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(2) Bei allen Maßnahmen, die Kinder mit
Behinderungen treffen, ist das Wohl des
Kindes ein Gesichtspunkt, der vorrangig zu
berücksichtigen ist.
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(3) Die Vertragsstaaten gewährleisten, dass Kinder mit
Behinderungen das Recht haben, ihre Meinung in allen sie
berührenden Angelegenheiten gleichberechtigt mit anderen
Kindern frei zu äußern, wobei ihre Meinung angemessen und
entsprechend ihrem Alter und ihrer Reife berücksichtigt wird,
und behinderungsgerechte sowie altersgemäße Hilfe zu
erhalten, damit sie dieses Recht verwirklichen können.
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Art. 26 Habilitation und Rehabilitation
Die Vertragsstaaten treffen wirksame und geeignete
Maßnahmen, einschließlich durch die Unterstützung durch
andere Menschen mit Behinderungen, um Menschen mit
Behinderungen in die Lage zu versetzen, ein Höchstmaß an
Unabhängigkeit, umfassende körperliche, geistige, soziale
und berufliche Fähigkeiten sowie die volle Einbeziehung in
alle Aspekte des Lebens und die volle Teilhabe an allen
Aspekten des Lebens zu erreichen und zu bewahren.
,
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Art. 26 Habilitation und Rehabilitation
Zu diesem Zweck organisieren, stärken und erweitern die
Vertragsstaaten umfassende Habilitations- und
Rehabilitationsdienste und -programme, insbesondere auf dem
Gebiet der Gesundheit, der Beschäftigung, der Bildung und der
Sozialdienste, und zwar so, dass diese Leistungen und
Programme
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a) im frühestmöglichen Stadium einsetzen und auf einer
multidisziplinären Bewertung der individuellen Bedürfnisse und
Stärken beruhen;
b) die Einbeziehung in die Gemeinschaft und die Gesellschaft in allen
ihren Aspekten sowie die Teilhabe daran unterstützen, freiwillig sind
und Menschen mit Behinderungen so gemeindenah wie möglich zur
Verfügung stehen, auch in ländlichen Gebieten.
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Art. 25 (Gesundheit)
b) Die Vertragsstaaten bieten Gesundheitsleistungen an, die
von Menschen mit Behinderungen speziell wegen ihrer
Behinderungen benötigt werden, soweit angebracht,
einschließlich Früherkennung und Frühintervention, sowie
Leistungen, durch die, auch bei Kindern und älteren Menschen,
weitere Behinderungen möglichst gering gehalten oder
vermieden werden sollen.
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Art. 24 (Bildung)
(1) Die Vertragsstaaten anerkennen das Recht von
Menschen mit Behinderungen auf Bildung. Um
dieses Recht ohne Diskriminierung und auf der
Grundlage der Chancengleichheit zu verwirklichen,
gewährleisten die Vertragsstaaten ein integratives
(„inclusive“) Bildungssystem auf allen Ebenen
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mit dem Ziel,
b) Menschen mit Behinderungen ihre Persönlichkeit,
ihre Begabungen und ihre Kreativität sowie ihre
geistigen und körperlichen Fähigkeiten voll zur
Entfaltung bringen zu lassen.
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(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die
Vertragsstaaten sicher, dass
a) Menschen mit Behinderungen nicht aufgrund von
Behinderung vom allgemeinen Bildungssystem
ausgeschlossen werden und dass Kinder mit
Behinderungen nicht aufgrund von Behinderung vom
unentgeltlichen und obligatorischen
Grundschulunterricht … ausgeschlossen werden.
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(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die
Vertragsstaaten sicher, dass
c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse
des Einzelnen getroffen werden;
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(2) Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die
Vertragsstaaten sicher, dass
e) in Übereinstimmung mit dem Ziel der vollständigen
Integration („Inclusion“) wirksame individuell
angepasste Unterstützungsmaßnahmen in einem
Umfeld, das die bestmögliche schulische und soziale
Entwicklung gestattet, angeboten werden;
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(3) Die Vertragsstaaten ermöglichen Menschen
mit
Behinderungen, lebenspraktische Fertigkeiten
und soziale Kompetenz zu erwerben …
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Fünfter Familienbericht
3.3 Was bedeutet ein behindertes Kind für eine
Familie?
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Die Pflege und Erziehung eines schwerbehinderten
Kindes stellt eine außerordentliche und zudem
chronische Beanspruchung und Belastung der
ganzen Familie dar (Seite 262).
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Neben den emotionalen, zeitlichen und kognitiven
Beanspruchungen durch das behinderte Kind sehen sich die
Familien auch besonderen ökonomischen Belastungen
ausgesetzt, welche nicht nur aus den erhöhten Kosten des
behinderten Kindes, sondern auch und vor allem aus dem
Verzicht auf den Einkommenserwerb durch einen Ehepartner –
in der Regel die Mutter – resultiert. Denn die Betreuung eines
behinderten Kindes ist mit der Erwerbstätigkeit beider
Ehepartner meistens unvereinbar.
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Familien mit behinderten Kindern sind nicht nur aus
Gründen der Förderung oder der Rehabilitation,
sondern auch aus Gründen der Entlastung auf
öffentliche Hilfen angewiesen.
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Pressemitteilung des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe vom 23.03.2010
Fast jeder zweite Mensch mit Behinderung lebt in seiner Familie:
Zwar wünschen sich die Familien unterstützende Hilfen, sie wollen aber
mehrheitlich die Betreuung ihrer behinderten Angehörigen weiter selbst
übernehmen. Fast in der Hälfte der Fälle sieht sich ein Familienmitglied
gezwungen, die Berufstätigkeit wegen der Betreuung aufzugeben.
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Das Risiko, arm zu werden ist damit deutlich höher
als in der Gesamtbevölkerung.
40 % der Familien haben ein monatliches Nettoein-
kommen unter 1000 € (Gesamtbevölkerung: 13 %).
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit