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1-Ami, Der Junge Von Den Sternen Deutsch

Date post: 09-Jan-2016
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Description:
von Enrique Barrios"Es ist nicht einfach, ein Buch zu schreiben, wenn man 10 Jahre alt ist. Aber ich muss es tun, weil mir mein Freund AMI sagte, ich muss alles niederschreiben, was wir zusammen erlebt haben, wenn ich ihn je wiedersehen möchte. So Pedro, der südamerikanische Junge, der eines Abends am Strand die "Notlandung" eines Ufos beobachtet. Dem "gesunkenen" Fahrzeug entsteigt ein Junge, der so alt zu sein scheint wie er selbst, und die beiden kommen ins Gespräch. Eine ganze Nacht lang sind sie zusammen: auf der Erde, im Raumschiff, über fremden Kontinenten - in anderen Welten weit draußen in der Galaxie, wo Pedro Einblick in eine Zivilisation erhält, deren Bewohner das universelle Grundgesetz der Liebe befolgen und demzufolge sehr glücklich leben. Mit geweitetem Horizont und vielen neuen Einsichten kehrt er von seinem außergewöhnlichen Abenteuer zurück.

of 154

Transcript
  • Inhaltsverzeichnis

    ERSTER TEIL

    Kapitel 1 Die erste Begegnung 9

    Kapitel 2

    Pedro fliegt

    18

    Kapitel 3

    Sorge dich nicht

    28

    Kapitel 4

    Die Polizei

    38

    Kapitel 5

    Von den Ausserirdischen entfhrt!

    50

    Kapitel 6

    Alles hngt von den Punkten ab

    62

    Kapitel 7

    Unser Raumschiff wird gesichtet

    70

    ZWEITER TEIL

    Kapitel 8

    Ofir

    83

    Kapitel 9

    Das Grundgesetz

    96

    Kapitel 10

    Die interplanetarische Bruderschaft

    109

    Kapitel 11

    Unter Wasser

    118

    Kapitel 12

    Das neue Zeitalter

    131

    Kapitel 13

    Eine blaue Prinzessin

    140

    Kapitel 14

    Bis du wiederkommst, Ami!

    154

  • ERSTER TEIL

  • 9

    1. Kapitel

    Die erste Begegnung

    Alles begann an einem Sommernachmittag in Einem Badeort

    am Meer, wohin ich fast jeden Sommer Mit meiner Grossmutter

    fahre. Diesmal hatten wir ein Holzhuschen bekommen mit vielen

    Pinien und Eiben im Innenhof und einem Vorgarten voller

    Blumen. Es lag nahe am Meer an einem Pfad, der zum Strand

    fhrte. Es waren nur noch wenige Leute da, weil die Badezeit zu

    Ende ging. Meine Grossmutter geht gerne in den ersten

    Mrztagen auf Sommerfrische, weil es dann ruhiger und

    ausserdem noch billiger ist, sagt sie.*

    Es fing schon an, dunkel zu werden. Ich sass oben auf einem

    hohen Felsen am menschenleeren Strand und schaute aufs Meer

    hinaus. Auf einmal sah ich ein rotes Licht am Himmel ber

    mir. Ich dachte, es wre ein Feuerwerk oder so eine Rakete, die

    man zu Neujahr anzndet. Es kam tiefer und tiefer, whrend es

    die Farben wechselte und Feuer sprhte. Als es noch etwas tiefer

    sank, wusste ich, dass es kein Feuerwerk und keine Rakete sein

    konnte, weil es immer grsser wurde.

    Es war schon so gross wie ein kleines Flugzeug geworden oder noch etwas grsser. Ungefhr fnf- zig Meter vor der Kste

    sackte es vor meinen Augen ins Meer, ohne einen Ton von sich zu

    geben. Ich glaubte,

    * Anmerkung des bers.: Auf der sdlichen Erdkugel dauert die Sommerzeit von

    Dezember bis Mrz.

  • 11

    gerade ein Flugzeugunglck beobachtet zu haben, und schaute

    angestrengt in den Himmel, ob ich einen Fallschirmspringer

    entdecken konnte. Aber da war

    keiner. Nichts strte die Stille und Ruhe am Strand. Ich bekam

    Angst und wollte loslaufen, um meiner Gross- mutter davon zu berichten, aber dann beschloss ich,

    doch noch ein Weilchen zu warten, ob sich noch etwas ereignete.

    Als ich gerade aufbrechen wollte, sah ich etwas Weisses an der Stelle, wo das Flugzeug oder was immer es gewesen sein mochte abgestrzt war. Jemand begann, auf die Felsen zuzuschwimmen. Ich dachte, dass es vielleicht der Pilot sei, der sich beim

    Unfall gerettet hatte. Ich wartete darauf, dass er nher kam;

    vielleicht konnte ich ihm behilflich sein. Er schwamm sehr gut, also konnte er sich nicht verletzt

    haben.

    Bald hatte er die Felsen erreicht und schickte sich an, sie

    heraufzusteigen. Er sah mich dabei freundlich an, und jetzt

    erkannte ich, dass es ein Junge wie ich war! Ich dachte: muss der

    froh sein, dass er gerettet ist, aber er schien die Lage nicht so

    dramatisch zu nehm- en. Das erleichterte mich etwas. Als er

    neben mir stand, schttelte er sich das Wasser aus dem Haar und

    lchelte mir zu. Jetzt war ich vollkommen beruhigt. Er sah wie ein

    netter kleiner Junge aus. Er setzte sich neben mich und tat einen

    tiefen Seufzer. Dann fing er an, die Sterne anzuschauen, die hie

    und da am Himmel erschienen.

    Er war ungefhr so alt wie ich, vielleicht etwas jnger und

    auch etwas kleiner. Er hatte einen Piloten-

    anzug an, vermutlich aus einem wasserdichten Mate- rial, es war

    kein bisschen nass! An den Fssen trug er

    weisse Stiefel mit dicken Sohlen. Auf der Brust glnzte ein

    goldenes Zeichen: ein Kreis, in dem sich ein Herz

  • 12

    mit Flgeln befand. Auch der Grtel war goldfarben und hatte in

    der Mitte eine grosse goldene Schnalle; an jeder Seite hing eine

    Art Transistorradio.

    Ich setzte mich auch wieder. Wir blieben eine Weile stumm.

    Da er nichts sage, fragte ich ihn, was geschehen sei.

    Notlandung, antwortete er frhlich. Er war sympathisch; seine Aussprache war ziem- lich

    eigenartig, deshalb dachte ich mir, dass er mit seinem Flugzeug

    aus einem fremden Land gekommen sein msse. Seine Augen

    waren gross und gutmtig.

    Was ist mit dem Piloten passiert? fragte ich. Ich dachte, da er ein Kind war, musste der Pilot ein Erwach-

    sener sein.

    Nichts. Er sitzt hier neben dir, sagte er. Ah, sagte ich bewundernd. Dieser Junge war wirklich ein

    Weltmeister, so alt wie ich und Pilot eines Flugzeugs! Seine Eltern mussten steinreich sein.

    Langsam wurde es Nacht, und mir wurde kalt. Er musste es

    bemerkt haben, weil er mich fragte: ,, Ist dir kalt?

    ,,Ja. ,,Die Temperatur ist angenehm, sagte er l- chelnd, und

    wirklich, er hatte recht, es war nicht kalt! ,,Stimmt, gab ich zu. Nach einigen Minuten fragte ich ihn, was er nun machen wolle. ,,Meine Mission erfllen, antwortete er und

    schaute immerfort in den Himmel. Ich dachte, das muss wirklich ein ganz besonderer Junge sein,

    nicht wie ich ein einfaches Schulkind in den Sommerferien. Er

    hatte eine Mission, vielleicht etwas Geheimes. Ich getraute mich

    nicht, ihn zu fra- gen, worum es sich handelte.

  • 13

    ,,Tut es dir nicht leid um das Flugzeug?

    ,,Es ist nicht verlorengegangen, erwiderte er. Ich verstand ihn nicht. ,,Es ist nicht verlorengegan- gen? Ist es

    nicht vollkommen zerstrt? ,,Nein. ,,Wie kann man es aus dem Wasser holen, um es zu

    reparieren, oder kann man es aus dem Wasser holen. ,,Oh ja, man kann es aus dem Wasser holen.

    Dabei schaute er mich freundlich an. ,,Wie heisst du? ,,Pedro, sagte ich zgernd. Es passte mir nicht ganz, dass er

    meine Frage nicht beantwortete. Anscheinend merkte er, dass ich verstimmt war,

    und fand es lustig. ,,Werd nicht bse, Pedrito, wird nicht bse. Wie alt bist du?

    ,,Zehn beinah, und du? Er kicherte leise, wie ein Baby, das gekitzelt wird. Mir kam es

    so vor, als bildete er sich etwas darauf ein, dass er schon Pilot eines Flugzeugs war und ich nicht.

    Das gefiel mir nicht. Trotzdem fand ich ihn weiterhin

    sympathisch, ich konnte ihm nicht wirklich bse sein.

    ,, Ich bin lter, als du mir glauben wrdest, meinte er lchelnd. Dann zog er aus einer seiner Seitenta- schen den

    Apparat heraus, der wie ein Transistorradio

    aussah. Es war eine Art Taschenrechner. Er schaltete ihn ein, und

    es erschienen Leuchtzeichen, die ich nicht deuten konnte. Er

    stellte ein paar Berechnungen an,

    doch als er die Antwort sah, sagte er lachend: ,, nein, nein, du

    wrdest es mir doch nicht glauben, wenn ich es dir sagte. Es war inzwischen Nacht geworden, und ein herr- licher

    Vollmond war aufgegangen, der den ganzen

    Strand in Licht tauchte. Ich schaute mir das Gesicht

    meines Nachbarn genau an. Er konnte nicht lter sein als acht

    Jahre, und trotzdem war er der Pilot eines

  • 14

    Flugzeugs. Vielleicht war er doch lter, oder er war ein Zwerg.

    ,, Glaubst du an die Ausserirdischen? fragte er mich auf einmal. Ich konnte nicht so schnell antwor-

    ten. Er sah mich mit seinen leuchtenden Augen an; es war, als

    spiegelten sich die Sterne in seinen Pupillen. Er war zu schn,

    um nicht etwas ganz Aussergewhnli-

    ches zu sein. Ich dachte an das in Flammen stehende Flugzeug, an

    sein Erscheinen, seine Aussprache, sei- nen Anzug, an den

    Rechner mit den komischen Zei-

    chen und daran, dass er ein Kind war, und Kinder flie- gen

    bekanntlich keine Flugzeuge! ,, Bist du denn ein Ausserirdischer? Meine Stimme

    zitterte ein wenig.

    ,, Und wenn ich es wre, wrde es dir Angst machen? Da wusste ich, dass er wirklich aus einer anderen Welt kam.

    Obwohl er mich in diesem Augenblick ganz lieb ansah, war ich

    keineswegs beruhigt. Ich fragte be-

    klommmen:,, Bist du bse? Er lachte belustigt. ,, Vielleicht bist du ein bisschen bser als

    ich. ,,Warum denn das? ,, Weil du ein Erdenbewohner bist. ,, Und du bist wirklich ein Ausserirdischer? ,, Hab keine Angst, beruhigte er mich lchelnd. Er zeigte

    hinauf zu den Sternen. ,, Dieses Universum ist voller Leben. Es gibt Millionen und Abermillionen von

    bewohnten Planeten; dort oben leben viele gute Wesen. Seine Worte hatten eine eigenartige Wirkung auf mich.

    Whrend er sprach, konnte ich diese Millionen

    von bewohnten Welten voller guter Wesen tatschlich vor mir

    sehen! Auf einmal hatte ich keine Angst mehr.

  • 15

    Ich beschloss, es einfach hinzunehmen, dass er ein Wesen aus

    einer anderen Welt war. Er schien freund- lich zu sein und ganz

    harmlos.

    ,, Warum sagst du, dass wir Erdenbewohner bse sind? Er schaute unentwegt in den Himmel und

    schwrmte: ,, Wie herrlich ist das Firmament von der Erde aus!

    Diese Atmosphre gibt ihm Glanz, Farbe Schon wieder hatte er meine Frage nicht beant-

    wortet! Das passte mir nicht. Wer hat es schon gern, wenn jemand

    ihm sagt, er sei bse! Ich bin es nmlich nicht, ganz im Gegenteil. Frher wollte ich Forscher

    werden, wenn ich gross sein wrde, und in meinen freien Stunden

    Jagd auf bse Leute machen! ,, Dort in den Plejaden gibt es eine wunderbare

    Zivilisation ,, Wir sind nicht alle bse hier. Ich sagte: nicht alle sind bse

    hier! Warum hast du gesagt, dass alle Erden- bewohner bse

    sind?? ,, Das habe ich nicht gesagt, antwortete er sanft und schaute

    unaufhrlich in den Himmel. Seine Augen glnzten. ,, Das ist ein Wunder!

    ,, Doch, das hast du gesagt! Meine Stimme war etwas lauter geworden, und so riss ich ihn endlich aus seinen Trumen. Er hatte genauso ausgesehen wie

    meine Cousine, wenn sie das Foto ihres Lieblingssn- gers

    betrachtet; sie ist nmlich verliebt in ihn. Er sah mich aufmerksam an, aber er schien nicht

    verrgert zu sein. ,, Ich wollte sagen, dass die Erdenbe- wohner

    meistens weniger gut sind als die Bewohner anderer Welten im All.

    ,, Siehst du, du hast gesagt, dass wir die aller- schlechtesten im

    Weltall sind! Er lachte wieder und strich mir bers Haar, wh-

  • 16

    rend er sagte: ,,Das wollte ich auch nicht sagen. Das gefiel mir noch weniger. Heftig drehte ich den Kopf zur

    Seite. Ich werde nicht gern fr dumm gehal- ten, weil ich nicht

    dumm bin. Ich bin einer der Besten in meiner Klasse und werde

    bald zehn Jahre alt sein.

    ,, Wenn dieser Planet so bse ist, was tust du dann hier? ,, Hast du gesehen, wie sich der Mond im Meer spiegelt?

    Wieder berhrte er meine Worte und wechselte einfach das

    Thema!

    ,, Bist du gekommen, um mir zu sagen, ich soll mir ansehen,

    wie sich der Mond im Meer spiegelt? ,,Vielleicht. Hast du gemerkt, dass wir im Univer-

    sum schweben? Als er das sagte, fiel es mir wie Schuppen von den Augen: der

    Junge war verrckt. Ganz klar! Er glaubte,

    ein Ausserirdischer zu sein, deshalb redete er solch komisches

    Zeug! Ich hatte genug von ihm. Wie konnte ich auch nur einen

    Augenblick lang seine phantasti-

    schen Geschichten ernstnehmen! Er hatte sich ganz einfach einen

    Spass mit mir erlaubt. Ein Ausserirdi-

    scher! Und ich hatte ihm geglaubt!! Ich schmte mich und war

    wtend auf ihn und auf mich selbst. Am lieb-

    sten htte ich ihm eine Ohrfeige verpasst!

    ,,Warum? sind meiner Ohren denn so hsslich? Ich starrte ihn entgeistert an. Anscheinend hatte

    er meine Gedanken gelesen! Er strahlte mich an. Ob- wohl ich

    anfing, mich zu frchten, wollte ich nicht klein beigeben. Das war

    sicher nur reiner Zufall. Zufllig hatte er etwas gesagt, was ich

    gerade dachte. Ich tat

    so, als wre ich kein bisschen berrascht. Vielleicht war es doch

    wahr, vielleicht hatte ich ein Wesen aus einer anderen Welt vor

    mir, eine Ausserirdischen, der Ge- danken lesen konnte. Ich

    musste es herausfinden.

  • 17

    So beschloss ich, ihn auf die Probe zu stellen. ,,Was denke ich

    jetzt? fragte ich und stellte mir eine Ge- burtstagstorte vor. ,, Hast du noch nicht genug Beweise? fragte er, doch ich wich

    keinen Millimeter zurck. ,,Welche Beweise?

    Er streckte seine Beine aus und sttzte die Ellbo- gen auf dem

    Felsen auf. ,, Schau, Pedrito, es gibt an- dere Wirklichkeiten, andere feinstoffliche Welten mit

    feinen Tren fr feine Intelligenzen ,, Was heisst: feinstofflich? Er lachte: ,,Also, mit wie vielen Kerzen? Auf einmal war mir ganz flau im Magen. Am lieb- sten htte

    ich geweint, so dumm und ungeschickt fhlte ich mich. Ich bat ihn um Verzeihung, aber er

    hatte mir gar nichts belgenommen. Er lachte nur.

    Ich beschloss, nicht mehr an ihm zu zweifeln.

  • 18

    2. Kapitel

    Pedro fliegt

    ,, Komm mit mir nach Hause, bot ich Ami an. Es wurde langsam spt fr mich.

    Er machte eine abwehrende Bewegung: ,,Lass uns

    Freundschaft schliessen ohne Erwachsene! Er Rmpfte lachend die Nase.

    ,, Ich muss aber gehen. ,, Deine Grossmutter schlft schon tief. Du wirst ihr nicht

    abgehen, wenn wir noch ein Weilchen mitein- ander reden.

    Wieder war ich berrascht und auch verwundert: Wie konnte er

    von meiner Grossmutter wissen? Aber Dann erinnerte ich mich, dass er ja ein Ausserirdischer

    war. ,, Kannst du sie sehen? ,, Von meinem Raumschiff aus konnte ich sehen, wie sie

    gerade einschlief, antwortete er verschmitzt. Pltzlich rief er begeistert: ,, Lass uns am Strand spazieren gehen!

    Mit einem Satz stand er auf den Beinen, lief bis zur Kante des

    hohen Felsens und sprang hinunter! Langsam schwebte er abwrts dem Sande entgegen; Er segelte wie eine Mwe. Dieses

    unbekmmerte Ster- nenkind sorgte fr immer neue

    berraschungen!

    Ich stieg vorsichtig, so gut ich konnte, die Felsen hinunter. ,,

    Wie machst du das? fragte ich ihn nach seinem unglaublichen Segelflug.

    ,, Ich fhle mich einfach wie ein Vogel, meinte er und begann lachend und ohne besonderen Anlass am

  • 19

    Strand umherzulaufen. Ich htte es ihm gerne nachge- tan, aber

    ich konnte so etwas nicht.

    ,, Doch, du kannst es! Schon wieder hatte er meine Gedanken aufgefangen. Er kam zurck, um mir Mut zu

    machen. ,, Wir werden laufen und springen wie die Vgel! Er nahm meine Hand, und ich sprte eine starke Energie. Wir

    begannen, den Strand entlangzu-

    laufen. ,, Jetzt springen wir! Er konnte viel hher springen als ich und half mir mit seiner Hand

    nach. Er schien einige Sekunden in

    der Luft hngen zu knnen! Wir liefen weiter, und in gewissen

    Abstnden setzten wir zum Sprung an. ,,Wir sind Vogel, wir sind Vogel! Mein Vertrauen wuchs, ich war wie berauscht. Etwas ging in

    mir vor- ich hrte langsam zu denken auf und war nicht mehr

    derselbe wie frher: Mitgeris- sen von meinem ausserirdischen

    Freund, beschloss ich einfach, so leicht wie einer Feder zu sein.

    Schliesslich glaubte ich fest, wie ein Vogel fliegen zu knnen!

    ,,Jetzt hoch! Wir hielten uns wirklich einige Augenblicke in der Luft, dann

    sanken wir sanft nach unten und liefen weiter, um uns spter

    wieder zu erheben. Zu meinem grossen Erstaunen ging es besser

    und besser.

    ,,Sei nicht erstaunt, du kannst es jetzt! Jedesmal fiel es mir leichter. Wie im Zeitlupen-

    tempo liefen und sprangen wir am Wasser entlang. Am Himmel

    hingen der Mond und die Sterne. Es war eine neue Art zu leben,

    eine andere Welt.

    ,,Tu es mit Liebe, segle mit Liebe! machte er mir Mut. Dann auf einmal liess er meine Hand los. ,,Du

    kannst es, du kannst es, strkte er mein Vertrauen, indem er neben mir herlief. ,,Jetzt!

    Wir hoben langsam ab, blieben eine Weile in der

  • 20

    Luft und schwebten dann tiefer mit ausgebreiteten Armen wie

    beim Segeln.

    ,,Bravo, bravo, beglckwnschte er mich. Ich weiss nicht, wie lange wir in dieser Nacht so spielten. Es

    war wie ein Traum. Schliesslich war ich mde; ausser Atem liess ich mich auf den Sand fallen und

    lachte glcklich. Was fr eine herrliche, unvergessliche

    Erfahrung! Innerlich dankte ich meinem eigenartigen kleinen

    Freund dafr, dass er mir Dinge beigebracht hatte, die ich nicht

    fr mglich gehalten htte. Ich wusste noch nicht, dass in dieser Nacht noch weitere berraschun-

    gen auf mich warteten. Die Lichter eines Badeortes auf der

    anderen Seite der Bucht flimmerten. Mein Freund betrachtete entzckt die tanzenden Lichter auf dem

    nchtlichen Meer, whrend er neben mir auf dem mondhellen

    Strand dahingestreckt lag. Dann wieder sah er den Vollmond an.

    Wie wunderbar! Er fllt nicht herunter. Ich hatte mir darber nie Gedanken gemacht, aber jetzt, wo er

    es sagte: Ja, es war wunderbar, Sterne zu haben, ein Meer, einen

    Strand und einen hbschen Mond, der da oben hing und nicht

    herunterfiel.

    ,,Ist denn dein Planet nicht schn? Er seufzte tief und sah etwas nach rechts in den Himmel

    hinauf. ,,Oh ja, er ist auch schn. Aber das

    wissen wir auch alle, und darum passen wir auf ihn auf. Ich erinnerte mich, dass er behauptet hatte, wir

    Erdenbewohner seien nicht besonders gut. Nun glaubte ich, eine

    der Grnde dafr zu verstehen. Wir halten unseren Planeten

    anscheinend nicht fr sehr wertvoll, wir passen nicht so sorgsam

    auf ihn auf, wie sie es tun.

  • 21

    ,Wie heisst du ?

    Er fand meine Frage lustig. ,,Das kann ich dir nicht sagen. ,,Warum nicht? Ist es ein Geheimnis? ,,Ach wo, nichts ist ein Geheimnis! Nur gibt es in deiner

    Sprache diese Laute nicht. ,,Welche Laute? ,,Die meines Namens. Das berraschte mich. Ich htte gewettet, dass er in meiner

    eigenen Sprache mit mir redete, wenn auch

    mit einem anderen Akzent.

    ,,Wie konntest du dann meine Sprache lernen? ,,Ich spreche sie nicht, und ich wrde sie auch nicht verstehen,

    wenn ich dies nicht htte, sagte er belustigt und zog einen Apparat aus seinem Grtel.

    ,,Das hier ist ein bersetzer. Dieses Schchtelchen untersucht mit

    Lichtgeschwindigkeit deine Gehirn- strme und bermittelt mir genau das, was du sagen

    willst; auf diese Weise kann ich dich verstehen. Wenn ich nun

    etwas sagen will, hilft es mir, meine Lippen und

    meine Zunge so zu bewegen wie du nun, beinahe so wie du nichts ist vollkommen!

    Er steckte den bersetzer wieder an seinen Platz

    und schaute aufs Meer hinaus. Er sass neben mir im Sand und

    hielt seine Knie umschlungen. ,,Wie soll ich dich dann nennen? fragte ich ihn. ,,Du kannst mich >>amigo

  • 22

    sollte es auch sein.

    ,,Wie heisst dein Planet? ,,O je, da haben wir auch keine entsprechenden Laute, aber

    dort oben ist er, und er zeigte lcheln zu einigen Sternen hinauf.

    Whrend Ami weiter den Himmel beobachtete, kamen mir

    wieder die Filme in den Sinn, die ich so oft

    im Fernsehen gesehen hatte, die mit den ausserirdi- schen

    Eindringlingen. ,,Wann werdet ihr hier ein- dringen? Er fand meine Frage komisch. ,,Warum denkst du, dass wir die

    Erde berfallen wollen? ,,Ich weiss nicht. In unseren Filmen berfallen die

    Ausserirdischen immer die Erde. Oder nicht? nicht alle? Diesmal war sein Lachen so ansteckend, dass ich

    mitlachen musste. Trotzdem versuchte ich mich zu rechtfertigen:

    ,,Weit du, in allen Fernsehfilmen ,,Ja, natrlich, das Fernsehen? Komm, lass uns

    zusammen einen Fernsehfilm ansehen, in dem Ausser- irdische

    die Erde berfallen, schlug er begeistert vor und zog einen Apparat diesmal aus der Schnalle sei- nes Grtels. Er drckte auf

    einen Knopf, und wir hatten einen leuchten den Bildschirm vor

    uns. Es war ein klei- ner Farbfernseher mit einem gestochen

    scharfen Bild. Schnell wechselte er von einem Programm zu

    ande-

    re. Das berraschte mich, da wir in dieser Gegend nur zwei

    Programme empfangen knnen, aber in diesem Apparat gab es

    eine Unmenge von Filmen, Live- Programmen, Nachrichten,

    Werbung, alles in ver- schiedenen Sprachen und mit Menschen

    verschiede- ner Nationen.

    ,,Diese Filme mit den Invasoren aus dem Weltraum sind doch

    einfach lcherlich, meinte Ami frhlich.

  • 23

    ,,Wie viele Programme bekommst du damit? wollte ich wissen.

    ,,Alle Programme, die es in diesem Augenblick auf deinem

    Planeten gibt. Ich bekomme aber auch die

    Satellitensignale, und zwar verstrkt. Halt, hier gib es einen Film

    in Australien, schaus dir an. Ich konnte eine Anzahl grsslicher Ungeheuer er-

    kennen, die Kpfe wie Tintenfische hatten. Aus ihren vielen

    vorquellenden Augen mit roten Adern drin schossen sie Strahlen

    auf eine Ansammlung vllig ver- ngstigter Menschen. Ich

    schauderte, aber mein Freund fand diese Szene nur komisch.

    ,,Was fr ein Unsinn, rief er, ,,findest du das nicht lcherlich? ,,nein, warum? ,,Weil es diese Monsterwesen nur in der krankhaf- ten

    Einbildung der Menschen gibt, die solche Filme

    fabrizieren! Ich war noch nicht berzeugt. Seit Jahren hatte

    man mir alle mglichen Weltraumreisen gezeigt, die zu

    schrecklich und bsartig waren, als dass sie jetzt so

    einfach aus meinem Kopfe zu blasen wren. ,,Aber es gibt hier

    auf der Erde doch auch Leguane, Krokodile und Meeresungeheuer. Warum sollten die nicht auch in anderen

    Welten existieren? ,,Ah, die meinst du? Ja, die gibt es natrlich, aber die

    konstruieren keine Pistolen, die Strahlen schiessen!

    Die sind so wie die euren hier. Es sind Tiere ohne Intelligenz. ,,Aber vielleicht gibt es Welten mit Wesen, die bse

    und intelligent sind? ,,Intelligent und bse? Ami lachte aus vollem Halse. ,,Das ist

    dasselbe, als wenn du sagen wrdest: bse-gut! Ich konnte ihn nicht verstehen. ,, Und was ist mit

  • 24

    diesen verrcken, perversen Wissenschaftlern, die Waffen

    erfinden, um die Welt zu zerstren? Du weisst schon, die gegen Batman und Superman kmpfen?

    Ami verstand meine Gedanken und antwortete la- chend: ,,Die

    sind nicht intelligent, die sind verrckt! ,,Gut, es kann aber doch sein, dass es irgendwo ein

    paar verrckte Wissenschaftler gibt, die die Welt zer- stren

    knnten ,,Die gibt es nur auf der Erde, sonst nirgendwo. ,,Warum? ,,Pass auf. Wer verrckt ist, wird immer zuerst sich selbst

    zerstren. Verrckte erreichen nie das wissen-

    schaftliche Niveau, das ntig wre, um den Planeten verlassen

    und andere Welten erreichen zu knnen. weisst du, es ist

    einfacher, eine Bombe zu konstruieren

    als intergalaktische Weltraumschiffe. Hat eine Zivilisa- tion keine

    Gte, wendet sich ihre Zerstrungskraft gegen sie selbst, und

    zwar bevor es dazu kommt, dass

    sie in andere Welten gelangt. ,,Aber es knnte ja doch sein, dass Verrckte auf irgendeinem

    Planeten berleben, zufllig! ,,Zufllig?? In meiner Sprache gibt es diesen Aus-

    druck nicht. Was heisst Zufall? Ich fhrte verschiedene Beispiele an, damit er ver- stand, was

    ich meinte. Als er es schliesslich erfasst hatte,

    fand er es sehr komisch. Er sagte, dass alles, was es gebe,

    zusammenhnge, aber dass wir die Gesetzte, die alle Dinge

    miteinander verbinden, nicht verstnden

    oder nicht verstehen wollten.

    ,,Wenn es nun aber so viele Millionen von Welten gibt, wie du

    sagst, dann knnte es doch sein, dass einige

    Bse irgendwo berleben, ohne sich zu zerstren? Ich dachte immer noch an die Mglichkeit einer Invasion.

  • 25

    Nun versuchte Ami, es mir noch besser zu erkl- ren. ,,Stell dir

    vor: Viele Personen mssten, eine nach der anderen, eine

    glhend heisse Eisenstange mit blo- ssen Hnden anfassen. Was

    meinst du: htte einer von ihnen Aussicht, sich nicht zu

    verbrennen? ,,Keiner, antwortete ich. ,,Alle verbrennen sich! ,,Siehst du, genauso zerstren sich alle Bsen selbst, wenn sie

    nicht imstande sind, ihre Bosheit zu berwinden. Diesem Gesetz kann niemand entrinnen!

    ,,Welchem Gesetz? ,,Wenn in einer Welt das Niveau der Wissenschaft hher steigt

    als das Niveau der Liebe, dann zerstrt diese Welt sich selbst. ,,Das Niveau der Liebe? Ich begriff sehr gut, was er mit dem

    wissenschaftlichen Niveau eines Planeten meinte, aber unter

    einem Niveau der Liebe konnte ich

    mir nicht das geringste vorstellen.

    ,,Das Einfachste ist fr manche am schwierigsten zu verstehen.

    Die Liebe ist eine Kraft, eine Schwin-

    gung, eine Energie, deren Auswirkungen wir mit unse- ren

    Instrumenten messen knnen. Wenn in einer Welt

    das Niveau der Liebe niedrig ist, entsteht daraus fr alle Unglck,

    Hass, Gewalt, Trennung, Krieg, und das

    alles mit einem hchst gefhrlichen Grad von Zerst- rungskraft.

    Verstehst du mich, Pedrito? ,,Eigentlich nicht so ganz. Was willst du damit

    sagen? ,,Ich will dir viele Dinge sagen, aber wir mssen schrittweise

    vorgehen. Mir wre es lieber, wenn du mir

    deine Zweifel mitteiltest. Ich konnte immer noch nicht glauben, dass es keine

    Invasorenmonster geben sollte. Ich erzhlte ihm darum von einem

    Film, in dem ausserirdische Eidech- sen viele Planeten

    beherrschten, da sie so gut organi-

  • 26

    siert waren.

    Er meinte dazu: ,,In einem solchen Fall herrschen Zwang und

    Gewalt. Das Resultat davon ist Aufleh-

    nung, Trennung, Zerstrung. Ohne Liebe gibt es keine dauerhafte

    Organisation. Die einzige universell vollen- dete Ordnung, Die

    imstande ist, das berleben zu ga-

    rantieren, ergibt sich von selbst, wenn sich eine Zivili- sation der

    Liebe nhert, whrend sie sich entwickelt. Jene Welten, die dies

    erreichen, nennen wir ent-

    wickelt, zivilisiert. Da richtet niemand mehr einen Schaden an!

    Im ganzen Universum gibt es keine an- dere Alternative. Eine

    hhere Intelligenz als die unsere

    hat dies alles so eingerichtet. Ich verstand es immer noch nicht so recht. Ami erklrte es mir

    noch einmal und noch genauer, aber

    mir wollten die Monster, die gleichzeitig bse und in- telligent

    waren, einfach nicht aus dem Kopfe!

    ,,Zu viel Fernsehen!! rief Ami in leiser Verzweif- lung, aber dann versuchte er es von neuem: ,,Die Mon- ster, die

    du dir vorstellst befinden sich in unserem eigenen Inneren.

    Solange wir sie nicht loswerden, sind wir es nicht wert, all die

    Wunder des Universums zu erleben! Die Bsen sind weder schn

    noch intelligent. ,,Was ist zum Beispiel mit diesen schnen Frauen, die garstig

    sind? ,,Entweder sind sie nicht garstig oder nicht wirk- lich schn.

    Wahre Intelligenz und Schnheit und Gte gehen immer Hand in

    Hand. Das ist alles die Folge

    eines einzigen Evolutionsprozesses, der auf der Liebe beruht. ,,Damit willst du mir doch wieder sagen, dass es im

    ganzen Universum nur auf der Erde bse Wesen gibt! ,,Aber nein, die gibt es auch noch woanders, Es gibt zum

    Beispiel Welten, in denen du keine halbe

  • 27

    Stunde berleben wrdest, so wie das hier auf der Erde vor ein

    paar Millionen Jahren auch mal war. Es gibt sogar Welten, die

    von wahren Menschenmonstern be- wohnt sind.

    ,,Na, siehst du, na, siehst du! triumphierte ich. ,,Du sagst es ja selbst! Ich hatte also doch recht!! Genau diese Monster habe ich

    gemeint! ,,Du brachst dich nicht aufzuregen. Die sind

    unten, nicht oben! Die leben in Welten, die rckstndi- ger sind

    als diese hier. Die Entwicklung ihrer Gehirne

    hat ihnen noch nicht einmal das Rad beschert, also knnen sie

    kaum bis hierher kommen. Das hrte sich wirklich beruhigend an. ,,Dann sind

    wir Erdenbewohner also doch nicht die schlechtesten im ganzen

    Universum! ,,Nein. Aber du bist einer der dmmsten in der

    Galaxie! Wir lachten wie zwei gute Freunde.

  • 28

    3.Kapitel

    Sorge dich nicht

    ,,Was ist das fr ein Zeichen, das du da auf der Brust trgst? fragte ich Ami.

    ,,Das ist ein Symbol fr meine Arbeit, entgegnete er. Dann sagte er, nach oben deutend: ,,Weit du, dass

    es hier >>ganz in der Nhe

  • 29

    von Raum und Zeit beziehen. Das ist auch gar nicht notwendig. Schau mal die Vgel da! Sie gleiten auf dem Wasser wie mit

    Schlittschuhen. Wunderbar!

    Er sah dem Spiel der Mwen zu, die in Schwrmen am

    Wassersaum hin und her trippelten; sie holten sich die Nahrung, die die Wellen zurckliessen.

    Pltzlich erinnerte ich mich, dass es schon spt war. ,,Ich muss

    gehen, meine Grossmutter ,,Sie schlft noch. ,,Ich mache mir Sorgen. ,,Sich Sorgen machen, wie dumm! ,,Wieso? ,,Ich mache mir nie Sorgen, ich sorge fr die Dinge. ,,Das ist mir zu hoch, Ami. ,,Sorge dich nicht um Dinge, die noch nicht einge- troffen sind

    und auch nicht eintreten werden. Geniesse die Gegenwart. Das Leben ist kurz. Wenn wirklich ein Problem

    auftritt, dann sorge fr die Lsung! Wre es zum Beispiel gut, wenn wir uns jetzt Sorgen machten, dass eine

    Riesenwelle kommen und uns wegschwem- men knnte? Es wre

    doch zu schade, diesen Augen- blick jetzt nicht zu geniessen,

    diese wundervolle Nacht! Schau den Vgeln zu; sie nehmen das

    Futter auf, ohne sich zu sorgen. Merk dir, tausche nie den

    Augenblick fr etwas ein, das es gar nicht gibt! ,,Aber meine Grossmutter gibt es. ,,Ja, und das ist berhaupt kein Problem. Dieser Moment aber,

    existiert der vielleicht nicht? ,,Ich mach mir trotzdem Sorgen ,,Ach, du Erdenbrger, du Erdenbrger, seufzte

    Ami, ,,okay, lass uns nach deiner Grossmutter schauen. Er nahm seinen Fernsehapparat und begann an den Knpfen zu drehen. Auf dem Bildschirm erschien der

  • 30

    Weg zu unserem Huschen. Die Kamera bewegte sich weiter

    zwischen Bumen und Felsen, alles in Farbe und hell erleuchtet

    wie am Tage. Wir spazierten durch ein Fenster ins Haus hinein

    und sahen meine Gross- mutter schlafend in ihrem Bett. Man

    konnte mit diesem unglaublichen Apparat sogar ihr Atmen hre.

    ,,Sie schlft wie ein Engel, meinte Ami lachend. ,,Bist du sicher, dass das hier kein Film ist? ,,Nein, Pedrito, das ist live. Gehen wir doch ins Ess- zimmer.

    Die Kamera drang durch die Wand des

    Schlafzimmers, und wir standen im Esszimmer. Auf dem Tisch

    mit dem grosskarierten Tischtuch stand an meinem Platz ein

    Teller, ber den ein zweiter gestlpt

    war.

    ,,Schaut benah wie mein Raumschiff aus, meinte Ami witzig. ,,Lass sehen, was es zum Abendessen gibt.

    Er hantierte an seinem Fernseher, und pltzlich wurde der

    obere Teller durchsichtig wie Glas. Da lag ein Steak mit Pommes

    frites und Tomatensalat.

    ,,Uahh!! rief Ami entsetzt aus, ,,wie knnt ihr Lei- chen essen?

    ,,Leichen? ,,Tierleichen! Tote Khe, ein Stck von einer toten Kuh!! So wie Ami das sagte, klang es auch fr mich

    ekelerregend.

    Ich versuchte abzulenken und fragte ihn: ,,Wie funktioniert das

    alles eigentlich? Wo ist die Kamera? ,,Ich brauche keine Kamera. Dieser Apparat hier

    visiert, nimmt auf, filtert, whlt aus, verstrkt und proji- ziert , du siehst, alles hchst einfach! Anscheinend machte er sich ber mich lustig.

    ,,Wieso ist es Tag hier, wo es doch Nacht ist? ,,Es gibt ein Licht, das deine Augen nicht sehen

  • 31

    knnen. Dieser Apparat hier kann es.

    ,,Kompliziert! ,,berhaupt nicht. Dieses Ding hier habe ich selbst gebaut. ,,Du hast es selbst? ,,Ist schon etwas altmodisch, aber ich hnge nun mal dran. Es

    ist ein Andenken, eine Arbeit aus der

    Grundschule. ,,Seid ihr denn alle Genies?? ,,berhaupt nicht. Kannst du multiplizieren? ,,Klar, antwortete ich. ,,Dann bist du ein Genie fr einen, der das nicht kann. Weit

    du, es ist alles eine Frage des Entwick-

    lungsstandes. Ein Transistorradio zum Beispiel ist fr einen

    Wilden im Urwald ein Wunder. ,,Da hast du recht. Glaubst du, dass wir hier auf der

    Erde eines Tages auch solche Erfindungen machen werden? Da wurde er zum ersten Mal ernst. Er sah mich an

    mit einem Blick, in dem so etwas wie Trauer lag. ,,Ich weiss es

    nicht , sagte er leise. ,,Wieso weisst du das nicht? Du weisst doch sonst alles. ,,Nicht alles . . . Die Zukunft kennt niemand,

    glcklicherweise. ,,Warum sagst du: glcklicherweise? ,,Stell dir das mal vor! Das Leben htte doch gar keinen Sinn,

    wenn man die Zukunft schon kennen wrde. Mchtest du zum

    Beispiel schon im vorhinein den Ausgang des Filmes sehen, den

    du dir anschauen willst?

    ,,Natrlich nicht, dann wre ja alle Spannung weg. ,,Oder kannst du ber einen Witz lachen, den du

  • 32

    schon kennst?

    ,,Kaum, das wre doch langweilig. ,,Mchtest du vorher schon wissen, was du zum Geburtstag

    bekommst? ,,Das noch weniger! Es gefiel mir, wie er mir die Dinge mit anschauli- chen

    Beispielen klarmachte.

    ,,Ja, das Leben verlre vollkommen seinen Sinn, wenn man die

    Zukunft kennen wrde. Man kann be- stenfalls Mglichkeiten

    abschtzen. ,,Wie? ,,Man kann zum Beispiel Mglichkeiten berden- ken, die die

    Erde noch hat, um sich zu retten. ,,Zu retten, wovor? ,,Was heisst, wovor? Hast du noch nie was von der Vergiftung

    der Erde gehrt, von Kriegen und Bomben?

    ,,Ja doch. Willst du damit sagen, dass wir hier auch in Gefahr

    sind, uns selbst zu zerstren? Wie in den Welten der Bsen? ,,Es gibt viele Mglichkeiten. Pass auf: Wissen- schaft und

    Liebe mssen gleich stark sein, wenn alles

    gut sein soll. Bei euch aber neigt sich die Waagschale der

    Wissenschaft ganz mchtig nach unten. Das ist der

    Punkt! Millionen von Zivilisationen wie eure hier haben sich

    selbst zerstrt. Ihr seid am Wendepunkt, an einem sehr

    gefhrlichen! Langsam bekam ich es mit der Angst. Ich hatte bisher nicht

    wirklich an die Mglichkeit eines dritten Weltkrieges oder

    anderer Katastrophen geglaubt. So

    blieb ich eine Zeitland in Gedanken versunken. Dann kam mir auf

    einmal eine wunderbare Idee: ,,Tut ihr

    doch etwas!

  • 33

    ,,Und was zum Beispiel? ,,Ich weiss nicht. Vielleicht mit tausend Raumschif- fen landen

    und den Prsidenten aller Lnder sagen, dass sie Schluss mit den

    Kriegen machen sollen ir- gend so was. Ami lchelte. ,,Wenn wir das tten, gbe es erstens Tausende

    von Herzinfarkten. Alle Welt glaubt doch an

    diese Weltraumfilme mit den blutrnstigen Invasoren! Dabei

    knnen wir so unmenschlich gar nicht sein! Und zweitens: Wenn

    wir euch zum Beispiel sagten: >>Wan-

    delt eure Waffen in Werkzeuge um!

  • 34

    einfach nicht lassen, wie ein Erdenbrger zu denken.

    ,,Warum? ,,Gewalt, zerstren, zwingen! Das ist die Sprache der

    Erdenbrger! Wir nennen so etwas unzivilisiert,

    aggressiv! Die menschliche Freiheit ist etwas Heiliges, die eigene

    wie die des anderen. Zwang gibt es in unse- ren Welten nicht.

    Jedes Individuum ist wervoll und

    wird respektiert. Die Macht an sich reissen und etwas zerstren ist

    Gewaltanwendung. Das wre eine Verlet- zung des universalen

    Gesetzes! ,,Fhrt ihr denn keine Kriege? Noch ehe die Frage ganz

    heraus war, wusste ich schon, wie dumm sie war. Er sah mich liebevoll an und legte mir die Hand auf

    die Schulter. ,,Wir fhren keine Kriege, weil wir an Gott

    glauben. Diese Antwort berraschte mich sehr. Ich glaubte

    auch an Gott, aber in letzter Zeit schien es eher so, als wenn nur

    noch die Patres meiner Schule an ihn glaub- ten und noch ein paar

    Leute, die keine allzu grosse Bildung haben. Ich dachte an meine

    Onkel, der Atomphysik an der Universitt lehrt; er sagt immer,

    dass die Intelligenz Gott umgebracht habe.

    ,,Dein Onkel ist ein Dummkopf. Ami hatte meine Gedanke aufgefangen!

    ,,Das stimmt nicht, emprte ich mich; ,,mein Onkel ist einer der intelligentesten Mnner des Landes!

    ,,Er ist ein Dummkopf, beharrte Ami. ,,Kann denn ein Apfel einen Apfelbaum umbringen. Kann eine Welle das

    Meer umbringen? ,,Ich dachte mir ,,Du bist im Irrtum. Gott existiert. Ich begann ber Gott nachzudenken, etwas schuldbe- wusst,

    weil ich an seiner Existenz gezweifelt hatte.

  • 35

    ,,Hr auf! Lass den weissen Bart und das wallende Gewand

    weg!

    Ami lachte; er hatte mitbekommen, wie ich mir Gott vorstellte.

    ,,Ja, hat er denn keinen Bart? Rasiert er

    sich etwa? Mein Freund amsierte sich kstlich ber meine Verwirrung. Dann wurde er ernst: ,,Dein Gott entspricht zu sehr

    euren irdischen Vorstellung. ,,Und warum? ,,Weil ihr nicht anders knnt, als ihn euch wie einen Irdischen

    Menschen vorzustellen. Wollte Ami mir vielleicht sagen, dass die Ausserirdi- schen

    nicht wie menschliche Wesen aussahen? ,,Aber du hast doch

    gesagt, dass die menschlichen Wesen

    anderer Welten nicht fremdartig oder wie Monster aus- sehen. Du

    selbst siehst doch auch wie ein Erdenbrger aus. Ami nahm lchelnd ein Stckchen vom Boden auf und

    zeichnete eine menschliche Figur in den Sand.

    ,,Das menschliche Modell ist universell: Kopf, Rumpf, Arme und Beine. Natrlich gibt es in jeder Welt kleine

    Abweichungen wie Grsse, Farbe der Haut, Form der Ohren,

    eben kleine Unterschiede. Ich sehe wie ein Erdenbrger aus, weil

    die Menschen meiner Welt ge- nauso aussehen wie die Kinder

    hier auf der Erde. Aber Gott hat keine menschliche Form. Komm, lass uns etwas gehen.

    Wir nahmen den Pfad, der zum Dorfe fhrte. Ami legte seinen

    Arm um meine Schulter, und ich fhlte, dass er mein Bruder war,

    der Bruder, den ich mir immer gewnscht hatte. Ein paar

    Nachtvgel krchzten in der Ferne. Ami schien das alles zu

    geniessen. Tief atmete er die Meeresluft ein und sagte: ,,Gott hat

    kein menschli- ches Aussehen. Sein Gesicht schien in der Nacht zu leuchten, als er vom Schpfer sprach. ,,Er hat ber-

  • 36

    haupt keine Form, er ist keine Person wie du und ich, er ist etwas

    Unendliches, reine Energie, reine Liebe

    ,,Ah. Er sagte das so schn, dass auch ich gerhrt war. ,,Deshalb ist das Universum schn und gut, es ist wunderbar! Ich dachte an die Bewohner der primitiven Welten,

    die er erwhnt hatte, und auch an die bsen Menschen auf diesem

    Planeten.

    ,,Und die Bsen? ,,Eines Tages werden auch sie gut sein. ,,Aber wre es nicht viel besser, wenn sie schon von Anfang an

    gut geboren worden wren, dann gbe

    es doch nirgends etwas Bses? ,,Wenn man das Bse nicht kennt, wie will man dann das Gute

    geniessen? Wie kann man es schtzen? fragte Ami.

    ,,Das versteh ich nicht. ,,Findest du es nicht wunderbar, sehen zu knnen, dein

    Augenlicht zu haben? ,,Ich weiss nicht. Darber hab ich nie gedacht. Wahrscheinlich

    schon. ,,Wenn du blind geboren wrest und auf einmal

    sehen knntest, wre es fr dich doch ein Wunder, sehen zu

    knnen. ,,Doch, ja. ,,Wenn jemand ein hartes Leben der Gewalt gelebt hat und

    dann lernt, ein menschlicheres Leben zu fh- ren, dann schtzt er

    das so hoch ein wie niemand ausser ihm. Wenn es keine Nacht

    gbe, knnten wir keinen Sonnenaufgang geniessen.

    Wir schritten auf dem mondbeschienenen Wege, der von

    Bumen eingesumt war, voran und erreichten unser Haus. Ich schlpfte rasch hinein und kehrte mit

  • 37

    einem Pullover zu Ami zurck. Dann setzten wir unse- ren

    Spaziergang fort. Whrend wir uns unterhielten, beobachtete

    Ami alles, was ihm in den Blick fiel. Wir waren noch ein Stck

    vom eigentlichen Dorf entfernt, es gab noch keine

    Strassenbeleuchtung.

    ,,merkst du eigentlich, was du tust? fragte Ami. ,,Nein, warum? ,,Du gehst, du kannst gehen! ,,Ja, natrlich. Ist da was Besonderes dran? ,,Wenn Menschen gehbehindert waren und dann nach Monaten

    oder Jahren des bens endlich wieder gehen knnen, dann ist das fr sie etwas Wunderba-

    res, und sie sind dankbar dafr und geniessen es. Du hingegen

    gehst einfach so dahin und denkst dir nichts dabei!! Ami sah mich bekmmert an.

    ,,Hast recht, Ami, trstete ich ihn, ,,aber ich muss heute so viele Dinge von dir lernen.

  • 38

    4. Kapitel

    Die Polizei

    Wir erreichten die ersten Strassenlaternen etwa eine Stunde vor

    Mitternacht. Es war fr mich schon etwas abenteuerlich, ohne

    meine Grossmutter so spt noch durch die Strassen des Dorfes zu

    gehen, aber an Amis Seite fhlte ich mich vollkommen sicher.

    Wir schritten ruhig vor uns hin. Von Zeit zu Zeit blieb mein

    Freund stehen, um irgend etwas zu bewun-

    dern: den Mond, der durch die Eukalyptusbltter lugte, dann ein

    besonders hbsches Huschen, eine Weg- biegung oder ein

    malerisches Eckchen; er machte

    mich auf das Rauschen der fernen Brandung aufmerk- sam, auf

    das Quaken der Frsche und das Zirpen der Nachtgrillen. Tief sog

    er das Aroma der Nadelbume,

    der Baumrinden und den Duft der Erde in sich ein.

    Er geriet ins Schwrmen: ,,Wie schn das alles ist! Schau die

    Laterne! Wie ihr Licht auf diese Kletter- pflanze fllt, das msste

    man malen! Schau, wie die Antennen sich von dem

    Sternenhimmel abheben! Ge- niesse es, Pedrito, ganz

    unbeschwert, das ist der Sinn des Lebens! Sei aufmerksam!

    Versuche, ganz in dich aufzunehmen, was das Leben dir bietet.

    Du kannst es nur mit dem Gefhl, nicht mit dem Verstand! Den

    tiefen Sinn des Lebens findest du jenseits des Denkens! - weisst

    du, Pedrito, das Leben ist ein Mrchen, das Wirklichkeit wurde,

    ein wunderbares Geschenk, das Gott dir gibt. Gott liebt dich, Pedrito!!

    Amis Worte ffneten mir das Tor zu einer vllig

  • 39

    neuen Welt, die kaum noch hnlichkeit hatte mit mei- ner alten,

    alltglichen Welt, auf die ich so wenig geach- tet hatte. Ich begriff

    pltzlich, dass ich in einem Para- dies lebte, ohne es zu wissen!

    Unterdessen hatten wir den Dorfplatz erreicht. Einige junge

    Burschen und Mdchen standen im Ein- gang einer Diskothek

    herum, andere unterhielten sich auf der Strasse. Es war ziemlich

    ruhig, die Saison ging ja schon zu Ende. Trotz Amis Aufmachung

    achtete niemand auf uns, vielleicht dachten sie auch, er htte sich

    zum Karneval verkleidet. Ich stellte mir vor, was passieren wrde,

    wenn sie wssten, was fr ein sonder- bares Wesen da ber den

    Platz spazierte. Man wrde sich sofort um uns drngen,

    Journalisten rckten an und das Fernsehen

    ,,Nein, danke, sagte Ami, als er meine Gedanken auffing, ,,ich mchte nicht gekreuzigt werden.

    Ich starrte ihn mit offenem Munde an.

    ,,Erstens wrden sie es sowieso nicht glauben, und wenn sie es schliesslich doch glaubten, wrden sie mich erst

    mal verhaften, weil ich ja illegal gelandet bin. Dann wrden sie

    vermuten, dass ich ein Spion sei, und mich vielleicht sogar

    foltern, um an Informationen her- anzukommen. Zum guten

    Schluss kmen dann whr- scheinlich noch die rzte, um in

    meinen Krper hineinzuschauen.

    Obwohl Ami eine so schwarze Zukunft malte, lachte er.

    Wir suchten uns jetzt ein ruhiges Pltzchen und setzten uns dort auf eine Bank. Ich dachte mir, die

    Ausserirdischen sollten sich ruhig nach und nach etwas mehr

    zeigen, damit sich die Leute an sie ge- whnten; eines Tages

    knnten die Sternbewohner dann ja ganz ffentlich auftreten.

  • ,,Ja, so ungefhr machen wir es ja nun, besttigte Ami. ,,Aber uns ffentlich zeigen! Hast du die drei Grnde vergessen, warum

    das nicht mglich ist? Jetzt sage ich dir noch einen, den

    Hauptgrund: es wre gegen die Gesetze! ,,Welche Gesetze? ,,Die Gesetze des Universums. Pass auf: in deiner Welt gibt es

    Gesetze, stimmts? In den zivilisierten Wel- ten gibt es auch Gestze, sagen wir, allgemeine

    Grundstze, die von allen respektiert werden mssen. Einer von

    ihnen heisst: Greife nie in die Entwicklungs- prozesse der unzivilisierten Welten ein!

    ,,Unzivilisiert?? ,,Wir nennen jene Welten unzivilisiert, die die drei

    Grundbedingungen noch nicht erfllen. ,,Welche Grundbedingungen? ,,Die drei Grundbedingungen aller zivilisierten Welten! Sie

    lauten erstens: Das Grundgesetz des Uni- versums muss bekannt

    sein; aus der Kenntnis und An- wendung dieses Gestzes ergeben

    sich die beiden anderen Bedingungen von selbst. Zweitens muss

    eine zivilisierte Welt eine Einheit sein, die unter einer einzi- gen

    Weltregierung steht, und drittens muss diese zivili- sierte Welt

    ihre Verfassung auf dem Grundgesetz des Universums

    aufbauen.

    ,,Also ehrlich, davon hab ich nicht allzu viel ver standen. Was

    ist das fr ein Grundgesetz, wie heisst es?

    ,,Siehst du, du kennst es nicht, lachte er spttisch, ,,du bist nicht zivilisiert!

    ,,Aber ich bin doch nur ein Kind, protestierte ich, ,,die Erwachsenen kennen das Gesetz bestimmt, un- sere

    Wissenschaftler und Prsidenten Jetzt musste Ami noch viel mehr lachen: ,,Die Er-

    40

  • 41

    wachsenen, die Wissenschaftler, die Prsidenten! Die nun schon

    am wenigsten! Mit ganz wenigen Ausnah- men ,,Wie heisst dieses Gesetz? ,,Ich werde es dir spter mal sagen ,,Wirklich? Ich fand es toll, dass ich bald etwas erfahren

    wrde, was offensichtlich kaum einer von uns

    Menschen wusste.

    ,,wenn du ganz brav bist. Mein Freund machte sich schon wieder ber mich lustig.

    Wir schwiegen eine Weile. Ich dachte ber das Verbot nach, in

    die Geschehnisse unzivilisierter Wel- ten einzugreifen. Pltzlich

    ging mir ein Licht auf:

    ,,Dann tust du also etwas, was gegen das Gesetz ist? ,,Bravo, du hast es erfasst! ,,Na klar, erst sagst du, dass es verboten sei einzu- greifen, und

    dann redest du trotzdem mit mir! Ami lchelte. ,,Ja und nein. Das, was ich tue, greift

    nicht in die Entwicklung der Erde ein, ich zeige mich nicht offen

    und nehme keine Verbindung mit der gro-

    ssen Masse der Menschheit auf, denn das wre gegen das Gesetz.

    Das, was ich tue, ist nur ein Teil unseres Nothilfeprogramms. ,,Wie bitte? Das musst du mir nher erklren. ,,Weit du, das ist etwas kompliziert. Alles kann man nicht

    erklren, du wrdest es doch nicht verste-

    hen. Spter mal vielleicht. Frs erste sage ich dir nur soviel: das

    Nothilfeprogramm ist so was wie eine Medi- zin, die wir ganz,

    ganz vorsichtig und feindosiert

    verabreichen. ,,Was fr eine Medizin? ,,Information. ,,Information? Was fr eine Information? ,,Hr zu: Nach der Explosion der ersten Atom-

  • 42

    bombe begannen unsere Raumschiffe, sich hier und

    da zu zeigen. Ihr solltet merken, dass ihr nicht die einzi- gen im

    weiten Universum seid. Das ist Information! Mit der Zeit dann

    konntet ihr immer mehr Raumschiffe sichten, das ist noch mehr

    Information! Irgendwann einmal werden wir uns von euch sogar

    fotografieren lassen! Gleichzeitig dazu stellen wir mit einigen

    Men- schen direkte Kontakte her wie zum Beispiel mit dir, auch

    senden wir Nachrichten auf den Mentalfrequen- zen. Diese

    Frequenzen verhalten sich in der Luft wie Radiowellen. Sie

    wenden sich an alle Menschen:

    Einige haben ihren Sender auf Aufnahme gestellt und empfangen

    diese Schwingungen, andere nicht. Von

    denen, die unsere Nachrichten aufnehmen, glauben die einen, es

    handele sich um ihre ureigenen Ideen, andere denken, dass es

    gttliche Eingebungen seien,

    und wieder andere kommen dahinter, dass wir es sind, die sie

    ausgesandt haben. Es gibt dann welche, die geben diese

    Nachrichten ziemlich verdreht wieder,

    bunt vermischt mit ihren eigenen Ideen und berzeu- gungen,

    andere drcken sie sehr przise aus. ,,Und wann werdet ihr vor allen Menschen erscheinen? ,,Wenn Ihr euch bis dahin nicht selbst zerstrt

    habt und wenn ihr die drei Grundbedingungen erfllt. Vorher auf

    keinen Fall! ,,Ich finde das trotzdem ganz schn egoistisch von euch, dass

    ihr nicht eingreift und diese Zerstrung ver- meidet, sagte ich etwas erbost.

    Ami lchelte und sah zu den Sternen hinauf. ,,Unser Respekt vor eurer Freiheit geht so weit, dass wir euch dem

    Schicksal berlassen mssen, das ihr ver- dient. Entwicklung ist

    etwas sehr Heikles. Man kann da nicht einfach eingreifen. Man

    kann nur empfehlen,

  • 43

    ganz sanft, ber besondere Menschen wie du.

    ,,Wie ich?? Was ist denn an mir Besonderes? ,,Das sage ich dir vielleicht auch spter mal. Im Augenblick

    gengt es, dass du gewisse Bedingungen

    erfllst . . . he, das mssen nicht unbedingt Tugenden sein!! Pedrito, ich werde dich bald verlassen. Mch- test du mich wieder

    sehen? Mein Herz begann zu klopfen. ,,Aber natrlich! Ich hab dich

    doch liebgewonnen! ,,Ich dich auch. Aber wenn du wirklich willst, dass

    ich wiederkomme, musst du ein Buch schreiben, in dem du alles

    erzhlst, was wir miteinander erlebt haben. Deshalb bin ich

    nmlich gekommen, das ist ein Teil unseres Nothilfeprogramms.

    Willst du? ,,Ich soll ein Buch schreiben? Aber das kann ich doch gar

    nicht! ,,Schreibe es einfach als eine Geschichte fr Kin- der, als wr

    das alles Phantasie. Wende dich an die Kinder; sie werden nicht

    glauben, dass du lgst oder

    verrckt bist. brigens kannst du noch deinen Vetter, der so gerne

    schreibt, um Hilfe bitten: Du erzhlst ihm alles, und er schreibt es auf.

    Anscheinend wusste Ami mehr von mir als ich selbst. ,,Auch diese Buch wird eine Information sein,

    mehr drfen wir nicht tun. Sag, Pedrito, frchtest du immer noch, dass bse Wesen einer fortgeschrittenen Zivilisation eines Tages kommen und die Erde

    berfallen? Ich musste lachen.

    ,,Na, siehst du! Aber ihr, Ami blickte mich ein- dringlich an ,,wenn ihr eure Bosheit nicht berwin- den knntet nimm an, wir wrden euch helfen zu berleben! dann wrdet ihr nichts anderes mehr im

  • 44

    Kopfe haben, als andere Zivilisation zu erobern, zu beherrschen

    und auszubeuten! Das zivilisierte Univer- sum ist aber ein Ort der

    Liebe, der Brderlichkeit! Dann ist da noch etwas: Es gibt im Weltraum noch viele andere ungeheuer starke Energien die Atomenergie wrde sich dagegen ausnehmen wie eine

    Streichholz- flamme neben der Sonne. Wir knnen es einfach

    nicht erlauben, dass eine gewaltttige Menschenrasse den Frieden

    der zivilisierten Welten in Gefahr bringt, und noch viel weniger,

    dass sie eine kosmische Katastrophe heraufbeschwrt! ,,Ich bin beunruhigt, Ami, druckste ich. ,,Wegen der Gefahr einer kosmischen Katastrophe? ,,Nein, weil ich frchte, dass es schon sehr spt ist. ,,Zu spt, um die Menschheit zu retten, Pedrito? ,,Nein, zu spt, um schlafen zu gehen Ami bog sich vor Lachen. ,,Beruhige dich, Pedrito, wir werden

    nach deiner Grossmutter schauen. Er be- nutzte wieder den kleinen Fernseher aus seinem Gr- tel. Meine Grossmutter schlief

    mit offenem Munde.

    ,,Sie geniesst ihren Schlaft wirklich, witzelte Ami. ,,Ich bin mde und schlfrig, ghnte ich, ,,ich mchte auch

    schlafen gehen. ,,Gut, gehen wir. Wir waren auf dem Weg zu unserem Haus, als uns ein

    Polizeiauto entgegenkam. Fr die Polizisten war

    der Fall klar: zwei Kinder spt nachts allein auf der Strasse! Sie

    hielten den Wagen an, stiegen aus und schritten auf uns zu. Mir

    schlotterten die Knie. ,,Was

    treibt Ihr den hier um diese Zeit? ,,Wir gehen spazieren und geniessen das Leben, sagte Ami

    betont ruhig, ,,und ihr, was treibt ihr? Arbei- ten? Jagd auf

    Schurken machen?, und er lachte wie immer. Ich hielt den Atem an, als ich hrte, wie Ami mit

  • 45

    den Polizisten umsprang. Aber die fanden das Verhal- ten meines

    Freundes seltsamerweise ungeheuer lu- stig. Sie lachten mit ihm

    um die Wette. Ich versuchte mitzulachen, aber ich war zu nervs

    dazu.

    ,,Wo hast du denn diesen Anzug her? ,,Von meinem Planeten, antwortete Ami keck. ,,Ah, du bist wohl ein Marsmensch! ,,Nicht gerade das, aber ein Ausserirdischer bin ich allemal.

    Ami gab sich heiter, fast ausgelassen, ich dagegen wurde immer

    zappliger.

    ,,Und wo hast du deine Ufo gelassen? fragte einer der Beamten und sah Ami vterlich an, Er glaubte offensichtlich, das

    sich mein Freund ein kindliches

    Spiel mit ihm erlaubte; er konnte nicht ahnen, dass Ami ganz

    einfach die Wahrheit sagte. ,,Das habe ich am Strand geparkt, unten am Meer,

    nicht wahr, Pedrito? Ich wusste nicht, wie ich mich verhalten sollte. Ich lchelte nur

    und machte ein ziemlich dummes Gesicht

    dazu. Ich hatte nicht den Mut, einfach ja zu sagen.

    ,,Und hast du keine Pistole, die Strahlen schiesst? Die Polizisten genossen den Spass, Ami auch. Nur ich war vllig

    verwirrt und aufgeschreckt.

    ,,Die brauche ich nicht, wir greifen niemanden an, wir sind

    gut! ,,Und was tust du, wenn dir pltzlich ein Schurke

    mit einer Pistole wie dieser gegenbersteht? Der Poli- zist tat so, als ob er ihn mit einer Waffe bedrohte.

    ,,Wenn er mich angreift, dann setze ich ihn mit meiner Gedankekraft ausser Gefecht.

    ,,Na, das will ich sehen. Los, setz mich ausser Gefecht! ,,Sehr gerne, aber das wird zehn Minuten anhalten!

  • 46

    Die drei lachten frhlich. Auf einmal wurde Ami still, fasste die

    Mnner ins Auge und sagte in einem sehr eigenartigen befehlenden

    Ton: ,,Bleibt unbeweglich

    fr zehn Minuten, ihr knnt ihr knnt euch nicht bewegen jetzt!

    Die beiden standen pltzlich da wie gelhmt, in

    der Haltung, die sie gerade eingenommen hatten; sie lchelten

    sogar! ..Siehst du, Pedrito, so kann man die Wahrheit

    sagen, als ob es ein Spiel wre oder Phantasie, er- klrte er mir, whrend er die Nasen seiner Opfer an- fasste und ihre Schnurrbrte bewegte. Das Lcheln der

    Polizisten wirkte unter diesen Umstnden schon fast tragisch! Ich aber geriet regelrecht in Panik. ,,Mensch,

    nichts wie weg hier! Wenn die aufwachen . . .! wollte ich rufen, aber es kam nur ein heiseres Flstern aus meiner Kehle.

    ,,Mach dir doch keine Sorgen, Pedrito, zehn Minu- ten sind eine

    Ewigkeit! Ami hatte noch immer nicht genug: er gab den Dienstmtzen einen Stoss, dass sie auf die Seite

    rutschten. Ich wre am liebsten im Boden versunken. ,,Los, Ami, lass uns abhauen!!

    Ami zuckte die Achseln. ,,Jetzt bist du schon wie- der besorgt,

    anstatt den Augenblick zu geniessen, aber gehen wir eben, meinte er resigniert. Er nherte sich noch einmal den lchelnden Polizisten und befahl ihnen mit

    derselben Stimme wie vorher: ,,Wenn ihr auf, werdet ihr fr immer

    diese beiden Kinder vergessen haben. Wir entfernten uns rasch, bogen an der nchsten Strassenecke

    zum Strand ein und gewannen immer mehr Abstand. Mir fiel ein

    Stein vom Herzen.

    ,,Wie hast du das gemacht, Ami?

  • 47

    ,,Hypnose! Das kann jeder!

    ,,Ich hab mal gehrt, dass sich nicht jeder hypnoti- sieren lsst;

    die beiden htten ja auch von dieser Sorte sein knnen. ,,Es ist nicht nur so, dass man alle Menschen hyp- notisieren

    kann, sondern so: alle Menschen sind hypnotisiert! ,,Was willst du damit sagen? Ich zum Beispiel bin nicht

    hypnotisiert, ich bin hellwach. Ami lachte ber meine Beteuerungen. ,,Erinnerst

    du dich, wie es war, als wir den Weg hier herauf- kamen? ,,Ja, ich erinnere mich. ,,Alles erschien dir anders, alles war schn. ,,Oh ja, ich war wie hypnotisiert. Hast du das etwa gemacht? ,,Nein, da warst du hellwach, jetzt schlfst du wie- der! Und

    zwar ganz fest! Du glaubst, dass das Leben wertlos ist, dass alles

    gefhrlich ist, weil du wieder

    hypnotisiert bist! Du hrst das Meer nicht mehr, du riechst die

    Dfte der Nacht nicht mehr, du bist dir

    nicht bewusst, dass du gehen und sehen kannst, du sprst deine

    Atmung nicht, du bist hypnotisiert, und

    zwar negativ! So wie die Leute, die glauben, dass der Krieg

    irgendeinen glorreichen Sinn hat, oder wie sol- che, die alle fr

    ihre Feinde halten, die bei ihrer Hyp-

    nose nicht mitmachen, oder wie andere, die der Mei- nung sind,

    dass die Art der Kleidung ihrer Person ir- gendeinen besonderen

    Wert verleihe. Das alles ist

    Hypnose, sie sind alle hypnotisiert, sie schlafen alle! Aber jedes

    Mal, wenn jemand sprt, dass das Leben

    oder auch nur ein einziger Augenblick im Leben herr-

    lich ist, dann fngt er an aufzuwachen. Ein Mensch, der erwacht

    ist, weiss, dass das Leben ein herrliches Para-

  • 48

    dies ist, und geniesst es jeden Augenblick. Aber so viel kann man von einer unzivilisierten Welt wohl nicht verlangen! Wenn

    ich daran denke, dass es sogar Leute gibt, die sich umbringen!

    Stell dir vor, wie kriminell! Sie bringen sich um!! ,,Wenn du das so sagst, meinte ich nachdenklich,

    ,,dann gebe ich dir recht. Aber sag mal, wie kam das eigentlich, dass die beiden Polizisten sich ber deine Spsse nicht rgerten?

    ,,Weil ich an ihre gute Seite appelliert habe, an ihre kindliche

    Seite. ,,Aber es sind Polizisten! Ami sah mich an, als htte ich etwas Dummes gesagt. ,,Schau,

    Pedro, alle Menschen haben eine gute Seite, eine kindliche. Beinahe niemand ist vollkommen

    schlecht. Wenn du willst, gehen wir in ein Gefngnis und suchen

    uns den rgsten Verbrecher ,, Nein, nein, vielen Dank! ,,Alle Menschen sind mehr gut als schlecht, sogar hier auf

    deinem Planeten. Alle glauben sie, dass sie dass

    Richtige tun, manche irren sich aber. Das ist nicht Bosheit,

    sondern Irrtum! Nur wenn sie schlafen, wer- den sie dumpf und

    gefhrlich. Aber wenn du an ihre

    gute Seite rhrst, geben sie dir das Gute in ihnen zurck,

    appellierst du an ihre schlechte Seite, antwor- ten sie mit ihrem

    Schlechten. Aber die meisten von

    ihnen spielen gern. ,,Warum ist es denn so, dass es auf dieser Welt mehr Unglck

    als Glck gibt? ,,Das liegt an den alten Systemen, nicht an den Menschen! Die

    meisten Menschen haben sich lngst

    weiterentwickelt, doch eure Organisationssysteme

    sind zurckgeblieben. Falsche Systeme schaden den Menschen,

    dadurch werden sie unglcklich und bege-

  • 49

    hen Irrtmer. Ein gutes System der Weltorganisation knnte die

    Bsen ganz leicht in Gute verwandeln.

    Es klang wunderbar, was Ami sagte, aber ehrlich gesagt, ich

    verstand nicht allzu viel von seinen Worten.

  • 50

    5. Kapitel

    Von den Ausserirdischen entfhrt!

    ,,Hier sind wir schon bei deinem Haus. Gehst du jetzt

    schlafen? ,,Ja, ich bin schrecklich mde, ich kann einfach nicht mehr.

    Und du, was wirst du machen? ,,Ich geh zu meinem Raumschiff und werde eine

    Runde zu den Sternen drehen. Eigentlich wollte ich dich einladen,

    aber wenn du zu mde bist ? ,,Aber keine Spur! Im Ernst, wrdest du mich auf

    eine Runde mitnehmen in deinem Ufo? ,,Natrlich. Und deine Grossmutter? Die phantastische Mglichkeit, in einer Fliegen- den

    Untertasse spazieren zufahren, hatte meine M- digkeit weggeblasen. Ich fhlte mich pltzlich frisch

    und unternehmungslustig. Mir fiel auch sofort ein Plan ein, wie

    ich wegbleiben knnte, ohne vermisst zu wer-

    den.,, Ich werde das Abendbrot aufessen und den lee- ren Teller

    auf dem Tisch stehen lassen. Dann stopfe ich mein Kopfkissen

    unter die Bettdecke, und wenn

    meine Grossmutter aufsteht, wird sie glauben, dass ich zu Hause

    bin. Ich werde mir auch was anderes anzie- hen. Wenn ich ganz

    leise bin, wird sie mich nicht

    hren. ,,Wunderbar. Wir werden zurck sein, ehe sie auf- wacht;

    mach dir keine Sorgen. Es verlief alles nach Plan; nur als ich das Steak essen wollte,

    ekelte ich mich derart, dass es mir fast im Halse stecken geblieben

    wre! Ein paar Minuten spter

  • 51

    gingen wir zum Strand hinunter.

    ,,Wie komme ich in das Raumschiff rein? ,,Ich werde hinausschwimmen und es an den Strand bugsieren. ,,Ist das Wasser nichtn bisschen kalt fr dich? fragte ich. ,,Keine Angst! Dieser Anzug hlt mehr Hitze und Klte aus, als

    du dir vorstellen kannst. Gut, ich werde das Raumschiff jetzt holen. Wart hier auf mich, und wenn

    ich komme hrst du? brauchst du dich nicht zu frchten!

    ,,Oh, nein, ich hab keine Angst mehr vor euch

    Ausserirdischen! Ich lchelte ber seine berflssige Empfehlung.

    Ami marschierte auf die seichten Wellen zu, direkt ins Meer

    hinein, und begann dann zu schwimmen.

    Weiter draussen konnte ich ihn im Dunkeln dann nicht mehr sehen,

    da sich der Mond hinter ein paar eher finsteren Wolken versteckt

    hatte. Zum erstenmal,, seit

    Ami in meinem Leben aufgetaucht war, hatte ich Zeit, alleine

    nachzudenken. Ami? Ein Ausserirdischer?? War es wirklich wahr, oder trumte ich das alles nur?

    Ich wartete ziemlich lange und begann langsam,

    unruhig zu werden. So gut fhlte ich mich auch wieder nicht, so

    ganz allein am dunklen Strand. Und nun sollte

    ich ein Raumschiff kennenlernen! Meine Phantasie gaukelte mir

    dunkle Schatten zwischen den Felsen vor, im Sande, dann aus dem

    Wasser steigen. Wenn Ami nun ein Bsewicht wre, einer, der sich nur als Kind

    verkleidet und mir nette Dinge gesagt hatte, damit ich ihm vertraute? Nein, das konnte nicht sein. Von einem Raumschiff entfhrt werden!

    Auf einmal ereignete sich vor meinen Augen ein

  • 52

    furchterregendes Schauspiel. Aus den Tiefen des Meeres begann

    ein gelbgrner Schein langsam em- porzusteigen. Pltzlich

    erschien eine Kuppel, die sich mit Lichtern in vielen Farben

    drehte. Es war tatschlich wahr! Ich sah wirklich ein Raumschiff

    aus einer ande- ren Welt! Dann konnte man das Riesending sehen,

    oval mit heller leuchteten Fenstern. Es strahlte ein silbrig- grnes

    Licht aus. So etwas Grossartiges hatte ich nicht erwartet. Ich war

    vor schreck wie gelhmt!

    Es ist eine Sache, mit einem Kind zu reden Kind? . . . war das Liebe und gute vielleicht nur Maske?? und eine ganz andere, nachts allein am dunklen Strand zu stehen und dieses Schiff aus einer anderen

    Welt zu sehen, ein Schiff, das sich ausserdem noch auf dich zu bewegt, um dich weit fortzufhren!

    Mit einem Schlage vergass ich das Kind und alles, was es mir

    gesagt hatte! Fr mich war das Schiff nur noch eine Hllenmaschine, wer weiss, aus welchem dunklen

    Fleck im Raume stammend, voller grausamer Monster- wesen,

    die gekommen waren, mich zu entfhren!! In

    diesem Augenblick schien mir das Ding viel, viel gr- sser als das

    Objekt, das ich vor ein paar Stunden in Wasser hatte fallen sehen!

    Es kam auf mich zu, etwa drei Meter ber dem Wasser

    schwebend, es gab keinen Ton von sich. Das war eine

    schreckliche Stille! Und es kam unausweich-

    lich auf mich zu . . .

    Ich kmpfte mit mir, ob ich davonlaufen sollte oder nicht.

    Htte ich diesen Ausserirdischen doch niemals

    kennengelernt! Wie gerne htte ich die Zeit zurckge- dreht, dann

    schliefe ich jetzt seelenruhig im Huschen bei meiner Grossmutter, beschtzt in meinem Bett, ein

    ganz normales Kind in einem ganz normalen Leben. Dies hier war

    schrecklich. Ich konnte nicht laufen und

  • konnte es auch nicht lassen,

    dieses erleuchtete Monstrum anzustarren, das kam, um mich zu

    holen. Vielleicht fr einen Weltraumzoo . . . !

    Als es ber meinem Kopf schwebte, fhlte ich mich

    vollkommen verloren. Im Innern des Schiffes erschien ein gelbes Licht,

    und dann wurde ich von dem Strahl eines Scheinwerfers

    geblendet. Ich war halbtot vor Angst! Ich empfahl meine Seele

    Gott und bergab mich seinem hchsten Willen . . .

    Da sprte ich, wie ich Hochgehoben wurde in einer Art von

    Aufzug, aber meine Fsse standen auf nichts.

    Gottergeben erwartete ich die schrecklichen Wesen

    Mit Stachelrochenhuptern und roten, blutrnstigen Augen . . .

  • 54

    Auf einmal fhlten meine Fsse weichen Boden unter sich, und

    ich befand mich in einem hellerleuch- teten, mit Tapeten und

    Teppichen ausgestatteten Raum. Ami stand vor mir und lchelte

    mich mit seinen grossen, lieben Kinderaugen an.

    Sein Blick beruhigte mich, holte mich in die Wirk- lichkeit

    zurck, in diese wunderbare Wirklichkeit, die

    er mich zu sehen gelehrt hatte. Er legte seine Hand auf meine

    Schulter und sagte: ,,Ruhig ruhig , alles ist in Ordnung. Als ich wieder reden konnte, stammelte ich:

    ,,Mensch, Ami, hatte ich eine Angst! Dabei lchelte ich etwas schief.

    ,,Das tut deine ungezgelte Phantasie, meinte Ami lakonisch, ,,zgellose Phantasie kann einen durch Angst

    tten, kann Dmonen schaffen, wo in Wirklich-

    keit nur Freunde sind! Aber denk daran, es sind immer nur unsere

    eigenen inneren Monster, die Wirklichkeit ist einfach und schn

    und unkompliziert. ,,Dann bin ich jetzt also wirklich in einem Ufo? ,,Na ja Ufo heisst >>Unidentified Flying Object

  • 55

    nahe in Bodenhhe. Ich begriff: das alles hier war fr Kinder

    gemacht, die Sthle und auch die Hhe des Raumes! Kein

    Erwachsener htte hier aufrechte stehen knnen. Wenn ich den

    Arm hochreckte, berhrte ich die Decke!

    ,,Das ist ja ganz phantastisch! rief ich begeistert. Ich lief auf die Fenster zu, whrend Ami sich vor die

    Kontrollinstrumente setzte. Hinter den Scheiben konnte ich in der

    Ferne die Lichter des Dorfes sehen. Ich sprte ein leises Zittern

    am Boden, und schon war

    das Dorf verschwunden. Jetzt sah ich nur noch Sterne!

    ,,Ami, was hast du mit dem Dorf gemacht?! ,,Schau hinunter, antwortete Ami.

    Ich fiel beinah in Ohnmacht: Wir waren schon Taus- ende von

    Metern ber der Bucht! Man konnte alle Drfer der Umgebung

    sehen. Mein Dorf lag da unten, ganz tief unten! Wir waren in

    einem einzigen Augen- blick Tausende von Metern gestiegen,

    und ich hatte keine Bewegung gesprt!

    ,,Das ist ja super! Supertoll! Meine Begeisterung wurde immer grsser, aber auf einmal fhlte ich in dieser Hhe einen

    merkwrdigen Schwindel. ,,Ami! ,,Ja, was ist? ,,Bist du sicher, dass dieses Ding hier bestimmt nicht

    runterfllt? ,,Na ja, wenn jemand an Bord wre, der immer

    noch zu Lgen zuflucht nhme, dann dann knnten allerdings gewisse Mechanismen ausfallen

    ,,Ach, bitte, dann landen wir besser wieder! Bitte,

    Ami, lass uns landen!! Als Ami herzlich lachte, wusste ich, dass das ein Witz gewesen

    war.

    ,,Kann man uns von da unten sehen? ,,Wenn dieses Licht hier an wre, dann schon. Er

  • 56

    zeigte auf ein Oval am Armaturenbrett.

    ,,Willst du damit sagen, dass wir gesehen werden knnen? ,,Wenn dieses Licht ausgeschaltet ist, wie zum Bei- spiel jetzt,

    dann sind wir unsichtbar. ,,Unsichtbar? ,,Ja, genau wie der Herr hier auf diesem Stuhl, und er zeigte

    auf den leeren Sitz neben sich. Ich war

    verwirrt, bis Amis Lachen mich belehrte, dass er schon

    wieder einen Witz gemacht hatte.

    ,,Wie machst du es, dass sie uns nicht sehen? ,,Wenn sich das Rad eines Fahrrades sehr schnell dreht, kann

    man die Speichen nicht sehen. Wir ma- chen es durch die Beschleunigung der Molekle des

    ganzen Schiffes. ,,Genial! Du, Ami, ich htte eigentlich ganz gern, wenn die

    da unten uns sehen knnten. ,,Das kann ich nicht tun! Ob unsere Raumschiffe in

    den unzivilisierten Welten sichtbar oder unsichtbar sind, wird

    durch den nothilfeplan bestimmt, und zwar von einem

    gigantischen Computer, der sich im Zen- trum dieser Galaxis

    befindet. ,,Das verstehe ich nicht. ,,Dieses Schiff hier ist wie alle anderen mit dem

    Zentralcomputer verbunden, und der beschliesst, ob

    wir gesehen werden sollen oder nicht. ,,Und wie kann dieser Computer wissen, wann? ,,Der Computer weiss alles. Pedrito, mchtest du an eine

    bestimmten Ort reisen? ,,Ja, in die Hauptstadt. Ich mchte so gern mein Haus von oben

    sehen. ,,Gut, gehen wir. Ami bewegte ein paar Kontrollhebel und sagte:

    ,,Jetzt.

  • 58

    Ich richtete mich auf eine lngere Fahrt ein; ich stand am

    Fenster, um sie von dort aus zu geniessen.

    Aber wir waren schon da! Hundert Kilometer im Bruch- teil einer

    Sekunde!! Ich war ganz hingerissen:

    ,,Mensch, das ging aber schneller als schnell!! ,,Ich habe dir schon gesagt, dass wir normalerweise nicht

    reisen, sonder uns situieren; eine Sache der

    Koordination. Wir knnen aber auch reisen. Die nchtliche Stadt sah von hier oben unbe-

    schreiblich schn aus. Ich sah die grossen, leuchten-

    den Strassen und fand auch das Viertel, in dem wir wohnten. Ich

    bat Ami, dorthin zu gehen. ,,Aber, bitte langsam reisen, ich

    mchte die Spazierfahrt geniessen. Die Lichter am Armaturenbrett waren ausgeschal- tet; niemand

    konnte uns sehen. Leicht und lautlos be- wegten wir uns zwischen

    den Sternen und den Lich-

    tern der Stadt. Dann sah ich auf einmal mein Haus; es sah von

    oben ganz seltsam aus. ,,Mchtest du wissen, ob drinnen alles in Ordnung

    ist? ,,Wie bitte? ,,Wir knnen es auf diesem Bildschirm sehen. Vor Ami erschien auf einem der Bildschirme eine

    Strasse, von oben gesehen. Es schien dasselbe System zu sein, mit

    dem wir meine schlafende Grossmutter beobachtet hatte, und

    doch gab es einen Unter-

    schied: hier war das Bild viel plastischer, wie ein Relief. Es

    schien, als ob man die Hand durch den Bildschirm strecken und

    die Dinge anfassen knnte. Ich versuchte

    das zu tun, stiess aber gegen unsichtbares Glas.

    Ami lachte mich aus. ,,Alle tun dasselbe! ,,Alle? Wer alle? ,,Du denkst doch nicht etwa, dass du der erste Unzi- vilisierte

    bist, der in einem ausserirdischen Raumschiff

  • spazierenfhrt?

    ,,Doch, das habe ich eigentlich geglaubt, sagte ich etwas enttuscht.

    ,,Nun, das stimmt leider nicht. Das Bild der Kamera oder was immer es war schien durch das

    Dach ins Haus einzudringen, jeden Winkel abtastend. Alles war in

    Ordnung.

    ,,Warum sieht man auf deinem tragbaren Fernse- her nicht so

    gut wie auf diesem Bildschirm? ,,Ich habe dir schon gesagt, es ist ein altmodisches

    System. Jetzt bat ich Ami, eine Runde ber der Stadt zu drehen. Wir

    flogen ber meine Schule; ich sah den Hof,

    den Fussballplatz, die Tore, meinen Klassenraum. Ich musste

    schmunzeln, als ich mir vorstellte, dass ich mei- nen Mitschlern

    spter stolz mein grosses Abenteuer

    beschreiben wrde: ,,Hrt mal her, ich habe unsere Schule von

    einem Ufo aus gesehen! Nachdem wir die ganze Stadt berflogen hatten,

    meinte ich: ,,Eigentlich schade, dass es nicht Tag ist. ,,Warum? ,,Weil ich die Stdte und Landschaften gern bei Tage von

    deinem Raumschiff aus anschauen mchte,

    dann, wenn die Sonne scheint. ,,Wie blich, lachte Ami. ,,Warum lachst du? ,,Mchtest du so gerne, dass es Tag sein soll? ,,Schon. Aber das wirst selbst du nicht schaffen, auch noch den

    Stand der Sonne zu verndern! Oder doch?

    ,,Nein, die Sonne nicht, aber wir knnen uns ver- ndern. Er ttigte etwas an seinen Kontrollinstrumenten, und wir

    begannen uns sehr schnell zu bewegen. Wir

  • 60

    59

    stiegen die Bergkette der Anden hoch und berquer- ten sie in

    etwa drei Sekunden. Dann erschienen meh- rere Stdte, die wie

    Leuchtpunkte aussahen, so gross war die Hhe, die wir

    inzwischen erreicht hatten. Dann befanden wir uns schon ber

    dem riesigen Atlanti- schen Ozean, der im vollen Mondlicht

    schimmerte. Es gab einige Wolkenbnke, die die Sicht etwas

    behinder- ten. Am Horizont wurde der Himmel langsam heller,

    wir bewegten uns gegen Osten. Endlich erreichten wir eine

    Landmasse, ber der gerade die Sonne aufging. Ich konnte es

    kaum fassen: Ami hatte die Sonne be- wegt, nur ein paar

    Augenblicke und schon war es Tag geworden! ,,Warum hast du behauptet, dass du sie nicht bewe- gen

    kannst? Ami hatte wieder einmal Grund, sich ber meine Unwissenheit

    zu amsieren. ,,Ich habe nicht die Sonne bewegt, wir haben uns

    schnell bewegt! Ich sah meinen Irrtum augenblicklich ein, aber schliesslich gab

    es gute Grnde dafr, wenn man am

    Horizont auf einmal die Sonne aufgehen sieht, und zwar so

    schnell, wie man es noch nie zuvor gesehen

    hat!

    ,,Wo sind wir jetzt? ,,ber Afrika. ,,Aber vor einer Minute waren wir doch noch in Sdamerika! ,,Da du bei Tage in diesem Raumschiff fliegen

    wolltest, flogen wir eben dahin, wo es Tag ist. >>Wenn der Berg

    nicht zum Propheten kommt. Geht der Pro- phet zum Berge,,hhh . . . Indien. Als ich Ami kichern hrte, merkte ich, dass mich

  • 61

    meine Kenntnisse in Geographie wieder mal im Stich gelassen

    hatten.

    ,,Gut, gehen wir eben nach Asien, nach Indien. Welche Stadt

    dort mchtest du dir ansehen? ,,Mmh, mir ist alles recht, such du dir eine aus. ,,Ist dir Bombay recht? ,,Ja, Ami, herrlich!! Sehr hoch und mit grosser Geschwindigkeit ber- querten wir

    den afrikanischen Kontinent. Ich habe mir spter zu Hause auf

    einer Karte die ganze Reise noch einmal angesehen. Whrend die

    Sonne schnell hher stieg. Erreichten wir den Indischen Ozean,

    und bald waren wir in Indien angelangt. Pltzlich blieb das

    Raumschiff still stehen.

    ,,Wie kommt es, dass wir nicht gegen die Scheiben knallen,

    wenn du so scharf bremst? fragte ich ber- rascht.

    ,,Die Trgheit der Masse wird aufgehoben. ,,Ach, so einfach!!

  • 62

    6. Kapitel

    Alles hngt von den Punkten ab

    Nachdem wir uns ungefhr hundert Meter ber der Stadt

    befanden, begann unsere Spazierfahrt ber den Himmel von

    Bombay.

    Ich glaubte zu trumen, es war wie im Kino. Die Menschen

    hatte Turbane auf, und die Huser sahen alle ganz anders aus als bei mir zu Hause. Unglaublich,

    die vielen Menschen, die berall auf den Strassen um- herliefen.

    In meiner Stadt ging es nicht einmal im Zen- trum oder bei Broschluss so lebhaft zu, hier aber gab

    es berall eine Unmenge von Menschen. Ich war in einer anderen

    Welt! Niemand konnte uns sehen, das entsprechende

    Licht war ausgeschaltet.

    Auf einmal kam ich wieder in die Wirklichkeit zu- rck.

    ,,Meine Grossmutter! ,,Was ist mit deiner Grossmutter? ,,Es ist schon Tag. Sie ist aufgestanden und macht sich Sorgen,

    weil ich nicht da bin. Gehen wir doch zurck!

    Ami schien aber auch alles, was ich sagte, uner- hrt komisch

    zu finden! ,,Pedrito, deine Grossmutter schlft tief. Bei ihr am anderen Ende der Welt ist es im

    Augenblick zwlf Uhr nachts. Hier ist es nmlich zehn Uhr frh. ,,Von gestern oder von heute? ,,Von morgen! lachte Ami. ,,Mach dir keine Sor- gen. Wann

    steht sie denn gewhnlich auf?

  • 63

    ,,So gegen halb neun.

    ,,Dann haben wir ja noch achteinhalb Stunden, ganz

    abgesehen davon, dass wir die Zeit auch strecken knnen. ,,Ich mache mir trotzdem Sorgen, warum gehen wir nicht

    nachsehen? ,,Was willst du nachsehen? ,,Vielleicht ist sie aufgewacht. Bitte, lass uns doch hingehen. ,,Das knnen wir auch von hier tun. Ami bewegte seine Kontrollknpfe, und es er- schien die

    sdamerikanische Kste, aus grosser Hhe gesehen. Dann sauste

    das Bild wie im Sturzflug mit phantastischer Geschwindigkeit

    nach unten. Bald konnte ich die Bucht sehen, das Dorf, das

    Strandhus- chen, das Dach, meine Grossmutter. Es war nicht zu

    glauben, ganz so, als wenn ich dort wre! Sie schlief mit offenem

    Mund, genau wie vorher.

    ,,Man kann nicht behaupten, dass sie keinen guten Schlaf hat, schmunzelte Ami, und dann sagte er:,,Nun

    werden wir etwas tun, damit du vllig beruhigt bist. Er nahm eine Art Mikrofon und schrfte mir ein, ganz still zu sein. Dann

    drckte er auf den Knopf des

    Gerts und machte: Pssst.

    Meine Grossmutter musste das gehrt haben; sie erwachte,

    stand auf und ging ins Esszimmer. Wir konn-

    ten ihre Schritte hren, ja sogar ihren Atem. Sie sah den

    halbleeren Teller auf dem Tisch, nahm ihn und trug ihn in die

    Kche. Dann ging sie hinber in mein

    Zimmer, machte die Tr auf, schaltete das Licht an und sah zu

    meinem Bett hin. Alles schien in Ordnung, es

    sah wirklich so aus, als ob ich im Bett lge. Doch dann

    schien ihr etwas aufzufallen. Ich konnte mir nicht vor- stellen,

    was es sein knnte, doch Ami schaltete sofort:

  • 64

    Er begann in sein Mikrofon hineinzuatmen! Als meine

    Grossmutter die Atemzge hrte, war sie berzeugt, dass ich im

    Bett war und schlief. Sie lschte das Licht und schlurfte wieder in

    ihr Zimmer. Ami schaltete den Bildschirm aus.

    ,,Bist du nun beruhigt? ,,Ja, danke, jetzt schon. Es ist einfach nicht zu glauben: Sie

    schlft dort, und wir sind hier am hellich- ten Tag!

    ,,Ihr Menschen seid zu festgelegt in eurer Vorstel- lung von

    Entfernungen und Zeitrumen. ,,Das verstehe ich nicht. ,,Was wrdest du zum Beispiel sagen, wenn wir heute auf

    Reisen gingen und gestern ankmen? ,,Ami, mach mich doch nicht ganz verrckt! Du,

    knnten wir nicht mal nach China gehen? ,,Natrlich. In welche Stadt? Diesmal wollte ich mich nicht schmen mssen, stolz und

    sicher sagte ich: ,,Nach Tokio. ,,Gut, gehen wir nach Tokio, der Hauptstadt von Japan,

    meinte er und tat so, als ob es gar nichts zu lachen gbe.

    Nun flogen wir ber ganz Indien von Westen nach Osten und

    erreichten die Bergwelt des Himalaja. Dort blieb das Schiff auf einmal stehen.

    ,,Wir bekommen Befehle, teilte mir Ami mit. Auf dem Bildschirm erschienen fremdartige Signale. ,,Es handelt sich darum, jemandem einen Beweis zu lie-

    fern. Der Zentralcomputer sagt, dass wir uns an einem

    bestimmten Ort von jemandem sehen lassen sollen. ,,Wie lustig . . . und von wem? ,,Das weiss ich auch nicht, wir werden vom Compu- ter

    geleitet. Wir sind brigens schon da. Wir hatten das System der augenblicklichen Orts-

  • 65

    vernderung angewandt! Wir befanden uns ber einem Walde,

    ungefhr fnfzig Meter hoch. Das Licht

    zeigte an, dass wir sichtbar waren. Alles in der Gegend war mit

    Schnee bedeckt.

    ,,Das ist Alaska, sagte Ami, der die Landschaft kannte. Die Sonne schickte sich gerade an, ber dem Meer unterzugehen. Auf

    einmal setzte sich das Raum-

    schiff in Bewegung: Es beschrieb ein Riesendreieck und

    wechselte dabei unaufhrlich die Farben. ,,Warum tun wir das? ,,Um Eindruck zu machen. Wir wollen diesen Freund auf uns

    aufmerksam machen. Dort kommt er. Ami sah auf den Bildschirm. Ich schaute zum Fen-

    ster hinaus, und dann sah auch ich ihn. Ziemlich weit weg

    zwischen den Bumen stand ein Mann in einer braunen Pelzjacke.

    Er trug ein Gewehr. Er schien sich sehr zu frchten und richtete

    pltzlich die Waffe gegen uns. Ich duckte mich unwillkrlich, um

    Deckung zu suchen. Ami fand das wieder einmal sehr komisch.

    ,,Hab keine Angst, dieses Ufo ist natrlich kugelsi- cher und auch sicher gegen so manches andere.

    Wir stiegen nun hher und verhielten dort eine Zeitlang. Jetzt

    sandte das Raumschiff Lichter in allen

    Farben aus.

    ,,Es ist notwendig, dass der Mann da unten diese Vision

    niemals wieder vergisst. Ich dachte, es wre sicher nicht ntig gewesen, den Mann so

    furchtbar zu erschrecken; wenn wir ein- fach nur so durch die Luft geflogen wren, htte er das

    Schauspiel auch nie mehr vergessen! Das sagte ich Ami.

    ,,Da bist du sehr im Irrtum, meinte er. ,,Millionen von Menschen haben unsere Raumschiffe in der Luft gesehen und es doch wieder vergessen. Meist sind sie

  • 66

    in dem Augenblick mit ihren eigenen Gedanken be- schftigt oder

    machen sich Sorgen ber irgend etwas, und dann sehen sie uns,

    ohne uns wirklich zu sehen. Und dann vergessen sie es eben

    wieder. Wir haben da eine ziemlich eindrucksvolle Statistik. ,,Warum ist es notwendig, dass dieser Mann uns jetzt sieht? ,,Das weiss ich nicht genau. Vielleicht ist gerade seine

    Wiedergabe des Erlebnisses wichtig fr eine an- dere Person, die

    wiederum aus anderen Grnden in-

    teressant ist, oder vielleicht ist er selber auch was ganz Spezielles.

    Ich werde mal mein Sensometer auf ihn richten. Auf einem weiteren Bildschirm konnte man den- selben Mann

    sehen, aber diesmal ganz durchsichtig! Mitten in seiner Brust

    leuchtete ein goldenes Licht wunderschn!

    ,,Was ist das fr ein Licht? ,,Man knnte vielleicht sagen, dass dieses Licht die Menge von

    Liebe ist, die in ihm steckt , aber so ganz genau stimmt das nicht. Vielleicht sagen wir besser, dass es sich

    um die Auswirkung der Liebeskraft auf seine Seele handelt. Das

    ist dann sein Entwicklungs-

    grad. Seiner misst 750 punkte. ,,Was heisst das denn nun?

    ,,Dass er interessant ist. ,,Interessant, warum?

    ,,Sein Entwicklungsstand ist fr einen Erdenbe- wohner

    ziemlich hoch. ,,Entwicklungsstand? ,,Der Grad, der bestimmt, ob er einer Bestie hnli- cher ist oder

    einem Engel. Schau Auf dem Bild- schirm hatte Ami jetzt einen Bren, der ebenso durch- sichtig aussah. Auch er trug ein

    Licht in der Brust, aber

  • 67

    das leuchtete viel weniger als das des Mannes. ,,Zwei- hundert

    Punkte genau, mass Ami. Jetzt richtete er das Gert auf einen Fisch: das Licht war minimal. ,,Fnfzig Punkte, sagte Ami, und dann erklrte er: ,,Der Durch- schnitt bei den Menschen auf der

    Erde liegt bei 550 Punkten. ,,Und wie viel Punkte hast du, Ami? ,,760. ,,Was? Nur zehn Punkte mehr als der Jger? Ich war

    berrascht ber den winzigen Unterschied zwi-

    schen einem Erdenmenschen und ihm.

    ,,Auf der Erde bewegt sich das Niveau zwischen 330 und 800

    Punkten. ,,Einige von uns haben also mehr als du?? ,,natrlich! Mein Vorteil ist nur, dass ich gewisse Dinge weiss,

    die sie nicht wissen; aber es gibt hier sehr,

    sehr wertvolle Menschen Lehrer, Knstler, Kranken- pfleger, Feuerwehrleute

    ,,Feuerwehrleute? ,,Nun, findest du es nicht edel, sein Leben fr an dere zu

    riskieren? ,,Da hast du recht. Aber auch mein Onkel, der Atomphysiker,

    ist sicher sehr wertvoll. ,,Er ist vielleicht berhmt. Sag mal, auf welchem Gebiet der

    Physik bettigt sich denn dein Onkel? ,,Er ist dabei, eine neue Waffe zu entwickeln, eine

    mit Ultraschallwellen! ,,Er glaubt nicht an Gott und stellt ausserdem Waffen her

    Ich glaube, dass er leider nur ein ziemlich

    niedriges Niveau hat. ,,Was?? Aber er ist doch ein Weiser!! protestierte ich. ,,Du verwechselst schon wieder die Dinge. Schau, dein Onkel

    hat Informationen, aber Informationen

  • 68

    haben heisst nicht notwendigerweise, dass man auch intelligent

    ist, und noch viel weniger weise. Ein Com- puter kann ein sehr

    eindrucksvoller Speicher von Daten sein, aber deshalb ist er doch

    nicht intelligent! Findest du es zum Beispiel sehr intelligent, wenn

    ein Mensch eine Grube grbt, in die er selbst einmal fallen

    wird? ,,Nein, aber . . . ,,Waffen wenden sich immer gegen diejenigen, die sie

    erfinden. Diese Aussage schien mir nicht so sonnenklar, aber ich wollte

    ihm trotzdem glauben. Wer war ich denn schliesslich, um an

    seinen Worten zu zweifeln?

    Aber ich war schon ziemlich durcheinander: Mein Onkel war

    immerhin mein Vorbild gewesen, so intelli- gent, wie der war!

    ,,Er hat einen guten >>Computer

  • 69

    ,,Ami, du krempelst meine ganze Welt um! Aber ich glaub, ich

    kapier es langsam. Und was ist mit denen, die das Gehirn in der Brust besser entwickelt haben als das Gehirn im Kopf?

    ,,Das sind die gutmtigen Dummen. Man kann sie leicht

    hereinlegen, und die intelligenten Bsen tun das auch mit Wonne.

    Man kann den Dummen sogar einre- den, dass sie das Rechte tun,

    whrend sie in Wahrheit Schaden anrichten. Die Entwicklung des

    Verstandes muss Hand in Hand gehen mit der Entwicklung des

    Gemtes. Nur so kann jemand wirklich intelligent oder weise

    werden. Nur so kann das Licht, das du gesehen hast, wachsen. ,,Und ich, Ami? Wieviel Punkte habe ich? ,,Das kann ich dir nicht sagen. ,,Warum nicht? ,,Wenn du eine hohe Punktzahl httest, wrdest du eitel werden

    . . . ,,Ah, ich verstehe. ,, . . . aber wenn sie niedrig lge, wrest du viel- leicht sehr

    gekrnkt. ,,Ah . . . ,,Stolz lscht das Licht aus. Der Stolz ist der Same des Bsen.

    Das wieder versand ich nicht so ganz.

    ,,Wir mssen versuchen, immer bescheiden zu sein. Schau, wir brechen schon wieder auf.

    Augenblicklich waren wir wieder in den Bergen

    des Himalaja, auf der anderen Seite des Planeten.

  • 70

    7. Kapitel

    Unser Raumschiff wird gesichtet

    In Sekundenschnelle bewegten wir uns auf ein fernes Meer zu,

    berquerten es und gelangten zu ein paar Inseln. Dann gingen wir

    ber der Stadt Tokio nieder. Ich dachte mir, wir wrden Huser

    mit diesen komischen Dchern sehen, die sich nach oben hoch-

    biegen, aber was ich sah, waren hauptschlich Wol- kenkratzer,

    moderne breite Strassen, Parks und Autos.

    ,,Wir werden gesichtet, sagte Ami und zeigte auf das Licht am Armaturenbrett.

    Auf den Strassen liefen die Leute zusammen und zeigten mit den Fingern auf uns. Wieder spielten die Aussenlichter

    in allen Farben. Wir standen ziemlich hoch und blieben dort fr

    ungefhr zwei Minuten sichtbar.

    ,,Noch eine Sichtung, erklrte Ami, whrend er die Zeichen auf seinem Bildschirm beobachtete. ,,Unser Standort wird verndert werden.

    Mit einem Male erlosch das Tageslicht; hinter den Fenstern

    funkelten die Sterne. Man konnte kaum etwas erkennen: in der

    Ferne eine kleine Stadt, wenige

    Lichter, dann einen Weg, auf dem uns ein Auto entgegenkam. Ich

    stellte mich neben Ami vor den Bild- schirm. Dort war das gesamte Panorama hell ausge- leuchtet. Alles, was man wegen der Dunkelheit mit den Augen

    nicht wahrnehmen konnte, erschien auf dem Bildschirm so wie bei

    Tageslicht. Das Auto, das lang- sam nher kam, war grn; drinnen

    sassen ein Mann und

  • 71

    eine Frau, anscheinend ein Ehepaar.

    Wir standen auf etwa zwanzig Meter Hhe und waren, unseren

    Lichtsignalen zufolge, weithin sicht- bar. Ich wollte mir alles

    weitere auf dem Bildschirm ansehen, ich kriegte es dort viel

    genauer mit als selbst in der Wirklichkeit.

    Als das Fahrzeug in unserer Nhe war, blieb es am Wegesrand

    stehen, und die Insassen stiegen aus. Sie begannen zu schreien und zu gestikulieren, whrend

    sie und mit weit aufgerissenen Augen anstarrten.

    ,,Was sagen sie? fragte ich. ,,Sie wollen Kontakt aufnehmen, mit uns in Verbin- dung

    treten. Dieses Ehepaar studieret Ufos oder, besser

    gesagt, sie beten die Ausserirdischen an. ,,Dann nimm doch Kontakt mit ihnen auf, drngte ich, etwas

    besorgt wegen dieser aufgeregten Leute.

    Sie w


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