Post on 04-Aug-2020
transcript
Flucht und Trauma
Herausforderung für
psychosoziale Versorgung
und Psychotherapie
Marburg, 16. Januar 2017
Zentrum für Konfliktforschung Ringvorlesung
„Konflikte in Gegenwart und Zukunft“
Prof. Dr. Eckhardt Koch
Fachbereich Europäische Ethnologie und
Kulturwissenschaft der
Philipps Universität Marburg
Vitos Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Marburg
Traum(a) Asyl
Hannah Arendt 1943 in „We Refugees“
„Wir haben unsere Sprache verloren und mit ihr die
Natürlichkeit unserer Reaktionen, die Einfachheit
unserer Gebärden und den ungezwungenen Ausdruck
unserer Gefühle. Unsere Identität wechselt so häufig,
daß niemand herausfinden kann, wer wir eigentlich
sind … und das bedeutet den Zusammenbruch
unserer privaten Welt“.
Traum(a) Asyl
Flucht und Trauma: Herausforderungen für die
psychosoziale Versorgung und Psychotherapie
• Geschichtliches (ganz knapp)
• Zahlen, Daten, Fakten (ebenfalls knapp)
• Der Traum Asyl: Fluchtwege (nur kurz)
• Rechtliche Besonderheiten
• Zum Begriff Trauma
• Das Trauma Asyl – Sequenzielle Traumatisierung
• Der Asylsuchende als Fremder - Begegnung
• Psychosoziale Versorgung und Asyl – was wird
gebraucht?
• Psychosoziale Versorgung und Asyl – Therapeutische
Konsequenzen
Traum(a) Asyl
Aeneas verlässt die Trojanische Küste
Geschichte des Asyls
Traum(a) Asyl
Schutzflehende leiten ihre Hiketeia ein. Szene nach den Hiketiden des Aischylos.
Hauptbild eines Volutenkraters aus dem 3. Viertel des 4. Jhs. V. Chr.
(Ruvo, Museo Jatta Inv. Nr. J 414)
Traum(a) Asyl
Kants Auffassung, Hilfsbedürftigen dürfe die
Einreise nicht verwehrt werden, wenn dies zu ihrem
Untergang führen würde, hat als Grundsatz der
Nichtrückschiebung Eingang in die Genfer
Flüchtlingskonvention (UN, 1951) gefunden (nach Benhabib 2008, S. 44f)
Dritter Definitivartikel zum Ewigen Frieden:
„Es ist hier, wie in den vorherigen Kapiteln, nicht von
Philanthropie, sondern vom Recht die Rede, und da bedeutet
Hospitalität (Wirtbarkeit) das Recht eines Fremdlings, seiner
Ankunft auf dem Boden eines andern wegen, von diesem nicht
feindselig behandelt zu werden. Dieser kann ihn abweisen,
wenn es ohne seinen Untergang geschehen kann; so lange er
aber auf seinem Platz sich friedlich verhält, ihm nicht feindlich
zu begegnen“ (Kant, [1795] 1983, S. 213).
Traum(a) Asyl
Traum(a) Asyl
Traum(a) Asyl
Flüchtlinge sind nicht beliebt,
nirgendwo auf der Welt.
Flüchtlinge bringen Ärger und
kein Geld. Flüchtlinge sind
lästig, Regierungen wollen
wenig mit Flüchtlingen zu tun
haben, da Migration eines der
Themen ist, bei denen
Regierungen nur verlieren
können.
Traum(a) Asyl
Psychosoziale und rechtliche Besonderheiten in D:
• Reduzierte Rechte
• Eingeschränkter Zugang zum Gesundheitssystem
• Residenzpflicht
• Geringe finanzielle Ausstattung
• Arbeitsverbot (seit 2015 gelockert)
• Existenzelle Unsicherheit im Status der Duldung
• Daraus folgt: Integration wird nicht (bzw. nach wie vor
nur ungenügend) gefördert, es existiert keine klare
Zukunftsperspektive
Traum(a) Asyl
Definition Trauma
Fischer und Riedesser (München, 1998):
„[…] ein vitales Diskrepanzerlebnis zwischen bedrohlichen
Situationsfaktoren und den individuellen Bewältigungs-
möglichkeiten, das mit Gefühlen von Hilflosigkeit und
schutzloser Preisgabe einhergeht und so eine dauerhafte
Erschütterung von Selbst- und Weltverständnis bewirkt.“
Das medizinische Klassifikationssystem ICD 10:
„[…] ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer
oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung
oder katastrophenartigem Ausmaß, die bei fast jedem eine
tiefe Verzweiflung hervorrufen würde (ICD-10)“
Traum(a) Asyl
Potenziell traumatische Ereignisse • Krieg
• Kampfeinsatz
• Folter
• Vertreibung
• terroristischer Anschlag
• Vergewaltigung
• Naturkatastrophen
• Unfall mit drohenden ernsthaften Verletzungen
• Traumata durch medizinische Eingriffe
• sexueller Angriff oder sexualisierte Gewalt
• Beobachtung des gewaltsamen Todes anderer
• Tod der Eltern in der Kindheit
• Verlust der geliebten Person und/oder der eigenen Kinder
• ausgeprägte emotionale oder körperliche Vernachlässigung
in der Kindheit...
Traum(a) Asyl
Definition Folter nach der
Antifolterkonvention der UN von 1984 Jede Handlung …
• … durch die einer Person von einem Träger staatlicher Gewalt
oder auf dessen Veranlassung hin, vorsätzlich starke körperliche
oder geistig-seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt
werden, um von ihr oder einem Dritten eine Aussage oder ein
Geständnis zu erzwingen, sie zu bestrafen oder sie oder andere
Personen einzuschüchtern … Die Folter ist eine verschärfte Form
absichtlicher grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender
Behandlung oder Strafe“ (United Nations 1984).
Der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (2010) zufolge
wurden 2010 in 98 Ländern Menschen Opfer von Folter und
Misshandlung durch Staatsangestellte.
Traum(a) Asyl
Foltermethoden
Bezüglich der Foltermethoden werden in der Regel
• körperliche,
• psychologische und
• sexuelle Formen
unterschieden, wenngleich es häufig zu einer
simultanen Anwendung kommt und die
psychologischen Auswirkungen der verschiedenen
Formen gleichermaßen schwerwiegend sind
(Başoğlu et al. 2007).
Traum(a) Asyl
Die posttraumatische Belastungsstörung
PTBS ist eine häufige Folge von Folter- und
Kriegserfahrungen.
Zusätzlich zu der traumatischen Exposition wird das
Erkrankungsrisiko durch Migrationsstressoren wie
den Migrationsakt selbst und spezifische Post-
migrationsstressoren erhöht.
Die besonderen strukturellen Merkmale
(Sprachbarrieren, interkulturell divergierende
Krankheits- und Behandlungskonzepte,
aufenthaltsrechtliche Unsicherheiten) bedürfen bei
der Diagnostik und der psychotherapeutischen
Behandlung expliziter Aufmerksamkeit.
Traum(a) Asyl
Risikofaktoren hinsichtlich der Entwicklung
einer posttraumatischen Belastungsstörung
bei Kriegs- und Folteropfern (Steel et al., 2009)
• nichtfolterbezogene traumatische Ereignisse
(„population attributable risk“, 63,9%)
• spezifische Aspekte der Folter (48,9%)
• politischer Terror innerhalb des Landes (26,6%)
• vergangene Zeit seit dem Erleben des traumatischen
Ereignisses ( 45,3%)
• Dosis-Wirkungs-Effekt
Traum(a) Asyl
Schutzfaktoren PTBS
• Vorhersehbarkeit bzw. eine Vorbereitung auf
das traumatische Ereignis (z. B. aufgrund
politischer Aktivität)
• soziale Unterstützung
• Religiosität
Traum(a) Asyl
Folgestörungen von Kriegsopfern in D
In einer repräsentativen Studie zu den Langzeitfolgen, zeigten sich
Vertreibung und Flucht im Jahr 1945 als signifikante Prädiktoren
von
erhöhter Ängstlichkeit und verminderter Resilienz bzw.
Lebenszufriedenheit zum Studienzeitpunkt (Kuwert et al. 2009).
Knaevelsrud et al. (2011) haben eine kognitiv-behaviorale
Lebensrückblicktherapie (Integrative Testimonial Therapy,
„Lebenstagebuch“) zur Behandlung von kriegsbezogenen
posttraumatischen Belastungsstörungen im Alter entwickelt. Der
zentrale Fokus liegt hier v. a. auf der kognitiven Restrukturierung
und der Integration der kriegsbezogenen Kindheitstraumata in die
Lebensbilanzierung.
Traum(a) Asyl
Keilson hat das Schicksal jüdischer Kriegswaisen in den Niederlanden
untersucht. Dabei hat er neben der Traumatisierung vor und während des
2. Weltkrieges die Phase nach dem Kriegsende und die Bedingungen,
unter denen die Kinder lebten, betrachtet.
Die Methodik der komplexen Forschung vereint einen deskriptiv-
klinischen und einen quantifizierend-statistischen Untersuchungsgang.
Keilson benennt drei traumatische Sequenzen:
• Erste traumatische Sequenz: Feindliche Besatzung
der Niederlande mit beginnendem Terror gegen die
jüdische Minderheit. Angriffe auf die soziale und
psychische Integrität der jüdischen Familien.
• Zweite traumatische Sequenz: Deportation von Eltern
und Kindern, resp. Trennung von Mutter und Kind;
Versteck in improvisierten Pflegemilieus; Aufenthalt in
Konzentrationslagern
• Dritte traumatische Sequenz: Die Nachkriegszeit mit
allen Schwierigkeiten der Wiedereingliederung.
Traum(a) Asyl
• Die dritte traumatische Sequenz ist für Keilson von
besonderer Bedeutung. „Sie ist durch die Rückkehr
aus der Rechtlosigkeit in rechtlich gesicherte und
bürokratisch geordnete Zustände charakterisiert. […]
Das ‚Auftauchen‘ oder ‚Zurückkehren‘ geschah in eine
andere Welt, als die, die man verlassen hatte“
(Keilson, S. 58).
• Kinder mit einer günstigen zweiten, aber einer
ungünstigeren dritten traumatischen Sequenz zeigten
25 Jahre später ein ungünstigeres Entwicklungsbild
als Kinder mit einer ungünstigeren zweiten, aber einer
günstigeren dritten traumatischen Sequenz.
• Das heißt, von entscheidender Bedeutung ist der
Umgang mit den Kriegswaisen nach Beendigung der
ersten beiden Traumatisierungsphasen.
• „Die Bedeutung der dritten Sequenz liegt […] in
seinem Vermögen, die Traumatisierungskette zu
durchbrechen und dadurch das
Gesamtgeschehen zu mildern…“ (Keilson, S. 430).
Traum(a) Asyl
Studie Irakischer Asyl-Suchender (Laban 2010)
Ergebnisse: Gruppe 1 Gruppe 2
6 Monate 2 Jahre
N= 143 N=151
% %
Angststörungen 14,0 30,5 *
Depressive Störungen 25,2 43,7 *
Somatoforme Störungen 4,9 13,2 *
PTBS 31,5 41,7
Alkoholabhängigkeit 0,0 6,6 *
1 Psych. Störung 42,0 66,2 *
* p < 0,05
Psychopathologie
Traum(a) Asyl
Studie Irakischer Asyl-Suchender (Laban 2010)
Risikofaktoren
Gr1 % Gr 2 %
unsichere Zukunft 62.2 86.8 *
Verlust der Familie 71.3 87.4 *
Familienprobleme 69.2 84.1 *
Einsamkeit 55.2 78.1 *
Fehlende Arbeit 31.7 74.2 *
Wohnungsprobleme 63.6 68.9
Fehlende Privatsphäre 44.1 59.6 *
Finanzielle Probleme 45.5 57.6 *
Fehlende soziale Kontakte 36.4 47,7 *
Lebensbedingungen
nach der Migration
Traum(a) Asyl
Studie Irakischer Asyl-Suchender (Laban 2010)
Ein langes
Asylverfahren
verdoppelt das
Risiko, eine
psychiatrische
Störung zu
entwickeln,
unabhängig von
den Erfahrungen im
Heimatland.
Traum(a) Asyl
Daher erfordert der Dialog […] ernsthaftes
Bemühen, geduldige Toleranz, den Willen der
Teilnehmer, einander zu verstehen und sich
miteinander zu verständigen. Das Wissen,
dass ich, wenn ich mit dem Anderen spreche,
jemand vor mir habe, der im selben Moment
die Welt anders sieht als ich und sie anders
begreift, dieses Bewusstsein ist wichtig, um
die Atmosphäre eines positiven Dialogs zu
schaffen (2008, S. 42-43).
Traum(a) Asyl
Das Fremde ist ein Grenzphänomen par
excellence. Es kommt von anderswoher,
selbst wenn es im eigenen Haus und in der
eigenen Welt auftritt. Kein Fremdes ohne Orte
der Fremde. Welches Gewicht der Fremdheit
zuteil wird, hängt also davon ab, wie die
Ordnung beschaffen ist, in der unser Leben,
unsere Erfahrung, unsere Sprache, unser Tun
und unser Schaffen Gestalt annimmt. Mit dem
Wandel der Ordnung wandelt sich auch das
Fremde […]. Die Grenzzonen, die sich
zwischen den Ordnungen und jenseits der
Ordnung ausbreiten, sind Brutstätten des
Fremden (S. 15.)
Asyl und Psychiatrisches Krankenhaus |
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden:
1. Wir sind nicht frei von Vorurteilen:
„Ist das überhaupt ein richtiger Flüchtling? Der kommt doch
nur, damit es ihm bei uns besser geht….“
„Es ist immer dasselbe: Bescheinigungen und Atteste…. .
Sonst hat er gar kein Anliegen und keine Motivation.“
„Die Geschichten glaube ich einfach nicht, das ist doch
unmöglich, dass kann der doch gar nicht erlebt haben…“
Traum(a) Asyl
Das nächste Problem ist der ambivalente
Charakter der spontanes Reaktion auf die
Anderen. Einerseits braucht der Mensch den
anderen Menschen, er sucht ihn, weil er weiß,
dass er ohne die anderen nicht leben kann.
Gleichzeitig ist jedoch die spontane Reaktion
im Moment der ersten Begegnung Misstrauen,
Unsicherheit und Angst. Das sind Gefühle, die
sich weitgehend allen Versuchen, sie zu
unterdrücken […] verweigern (2008, S. 43-44).
Asyl und Psychiatrisches Krankenhaus |
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden:
2. Auf die Erwartungen der Schutzsuchenden
eingehen:
Bescheinigungen sind zu Beginn der Behandlung notwendiger
Teil der psychiatrischen Behandlung. Diese Grundhaltung
nimmt Druck von den Mitarbeitern und vermindert negative
Gegenübertragung.
Allerdings müssen wir darauf hinweisen, dass wir nicht
wissen, was diese Bescheinigungen bewirken.
| Seite 28
Traum(a) Asyl
Thomas de Maiziere im Interview mit der
„Rheinischen Post“
Ein Satz sorgt für große Aufregung. Es
könne nicht sein, so der Innenminister,
"dass 70 Prozent der Männer unter 40
Jahren vor einer Abschiebung für krank
und nicht transportfähig erklärt werden."
Gegen so viele - und gleichzeitig so junge -
kranke Männer spreche "jede Erfahrung".
Der Vorwurf wiegt schwer, weil er mit dem
Satz einen ganzen Berufsstand angreift.
Der Vorwurf, der mitschwingt und nicht zu
überhören ist: Viele Flüchtlinge entziehen
sich mit Attesten der Abschiebung - also
muss es viele Ärzte geben, die diese Atteste
fälschlicherweise ausstellen.
Traum(a) Asyl
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden :
3. Zu Beginn der Behandlung die aktive Rolle
akzeptieren:
Wünsche nach Verbesserung der Unterbringung, nach
Sprachkursen, nach Fahrscheinen, nach Praktika oder
Unterstützung bei der Arbeitssuche, nach Telefonaten mit
Betreuern usw. sind verständlich.
Darauf einzugehen schafft Vertrauen und ist die
Voraussetzung für eigene Aktivitäten der Schutzsuchenden.
Traum(a) Asyl
Traum(a) Asyl
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden:
4. Wir sind keine Richter
Es ist keine ärztliche Aufgabe, die Schutzsuchenden der
Unwahrheit zu überführen.
Zweifel sollten reflektiert und mit Kollegen besprochen
werden. Nur wenn wir dazu in der Lage sind, kann eine
vertrauensvolle Beziehung geschaffen, bzw. erhalten werden.
Traum(a) Asyl
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden:
5. Ressourcen suchen und Respekt vermitteln,
um die Gefahr patriarchaler Übertragung wissen
Wer es bis zu uns geschafft hat, muss Stärken haben. Wer
sucht, der findet. Die Rechte der Schutzsuchenden kennen
und unterstützen. Beziehung auf Augenhöhe ist erforderlich
trotz der oft anfangs passiven Erwartungshaltung und evtl.
anderer Erfahrung in der Heimatkultur der Schutzsuchenden.
Traum(a) Asyl
Resilienz nach der Katastrophe
Konsensusdokument (Hobfoll et al. 2007): empirisch unterstützende
Interventionen nach einer Katastrophe
1. Sicherheit schaffen
2. Extreme Emotionen vermeiden
3. Gefühle von Kompetenz and Wirksamkeit vermitteln
4. Zusammengehörigkeit und Verbundenheit mit Anderen anbieten
5. Hoffnung ausdrücken und Pläne entwickeln
Traum(a) Asyl
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden:
6. Teilhabe an der Gesellschaft fördern
Vom Sportverein über Jugendclubs, Aktivitäten der
psychosozialen Vereine bis hin zu Theaterarbeit
Traum(a) Asyl
Theater und Migration + Psychiatrie und Migration:
Gemeinsamkeiten bezüglich Asylsuchender
• Biographische Arbeitsweise (wer erzählt, wird
wahrgenommen…)
• Aktive Gestaltung des eigenen Bildes wird zum
empowerment (Selbstermächtigung)
• Rolle des Sozialopfers wandelt sich zur Rolle des
Handelnden
• Beteiligung ist das Ziel
Traum(a) Asyl
Theater und Migration
„Im Zeitalter der Globalisierung und Internationalisierung bedarf es der identitätsstiftenden Wirkung von Kunst und Kultur“. (Keuchel 2011)
Perspektive: Kultur der Vielfalt – Kunst als Brückenfunktion für mehr interkulturelle Verständigung
Traum(a) Asyl
Theaterprojekt „Romeos und Julias“
Transkultureller Preis der Ambulanz Hadamar 2016
Der grundsätzliche Wunsch war es, junge Menschen
verschiedener kultureller und sozialer Herkunft
zusammenzubringen. Jung zu sein, verliebt zu sein
und die Liebe als zentrales Element menschlichen
Seins sollte als Gemeinsamkeit herausgestellt und
das Verhältnis von Mann und Frau in unserer
Gesellschaft diskutiert werden. Jugendlichen, die erst
seit sehr kurzer Zeit bei uns leben, sollte zusätzlich
die Möglichkeit gegeben werden, ihre Sprach-
kenntnisse aus Schule und Sprachkursen in der
Praxis anzuwenden bzw. zu erweitern. Darüber
hinaus sollte der enge Kontakt und der ständige
Austausch mit Menschen, die schon immer oder sehr
lange in Deutschland leben, Orientierung für den
Alltag in und Wissen über unserer Gesellschaft
geben. | Seite
38
Traum(a) Asyl | Seite
39
Traum(a) Asyl
Besonderheiten der Beziehung helfender Berufe
mit Schutzsuchenden:
6. In Marburger Netzwerken aktiv sein
• Runder Tisch Integration
• Asylbegleitung Mittelhessen (ehrenamtlich)
• Flüchtlingsberatung (Diakonie)
• Psychonothilfe (von niedergelassenen Psychotherapeuten)
• Psychiatrische Erstversorgung durch den Sozialpsychiatrischen Dienst
• PIAs der Psychiatrischen Kliniken
• Psychotherapeutische Ambulanz des Psycholog. Institutes (da.sein)
• Integrationsbeauftragte des Landkreises, der Stadt usw.
Traum(a) Asyl
Wichtiger Therapieansatz: Psychoedukation (Liedl et al. 2010)
Die Entwicklung einer Krankheit sowie das individuelle Krankheits-
und Bewältigungsverständnis sind von dem jeweiligen kulturellen
Kontext geprägt.
So werden Krankheiten in kollektiven Kulturen oftmals als Schicksal
oder Strafe angesehen. Die Betroffenen schämen sich für ihre
Symptome, fühlen sich stigmatisiert und glauben nicht daran, aktiv zur
Genesung beitragen zu können.
In vielen Kulturen ist zudem Psychotherapie als Behandlungsform
nicht verbreitet, sodass eine Irritation seitens des Patienten entstehen
kann, der im Wesentlichen einen medikamentösen Ansatz erwartet.
Die Erklärung von Sinn, Wirkung und Ablauf von Psychotherapie
ist daher essenziell. Zur Erklärung ist es hilfreich, einprägsame
kulturadaptierte Metaphern und Bilder zu benutzen.
Auch die Rolle des Psychotherapeuten muss ausführlich erklärt
werden.
Traum(a) Asyl
Therapeutische Konsequenzen für die
psychosoziale Versorgung und
Psychotherapie: bei Problemen sprachlicher Verständigung immer unabhängige
Dolmetscher beteiligen
Traum(a) Asyl
Migrationsassoziierte Stressoren bei türkischen Patienten
mit und ohne Asylantragstellung
P<0,05 Verständigungserschwernisse
P<0,05 Familienunstimmigkeiten
P<0,05 Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
P<0,05 Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration
Innere Bezogenheit auf Heimat
P<0,05 Erlebte Diskriminierung
0% 50% 100%
ohne mit
Verständniserschwernisse
Familienunstimmigkeiten
Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration ...
Innere Bezogenheit auf Heimat
Erlebte Diskriminierung
Verständniserschwernisse
Familienunstimmigkeiten
Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration ...
Innere Bezogenheit auf Heimat
Erlebte Diskriminierung
Verständniserschwernisse
Familienunstimmigkeiten
Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration ...
Innere Bezogenheit auf Heimat
Erlebte Diskriminierung
Verständniserschwernisse
Familienunstimmigkeiten
Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration ...
Innere Bezogenheit auf Heimat
Erlebte Diskriminierung
Verständniserschwernisse
Familienunstimmigkeiten
Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration ...
Innere Bezogenheit auf Heimat
Erlebte Diskriminierung
Verständniserschwernisse
Familienunstimmigkeiten
Schwierige Migrationsgeschichte
Statusverlust
Schamgefühle
Schuldgefühle
Heiratsmigration ...
Innere Bezogenheit auf Heimat
Erlebte Diskriminierung
Traum(a) Asyl
Traum(a) Asyl
Traum(a) Asyl
Traum(a) Asyl
Veränderbare Determinanten im Zufluchtsland für Angst,
Depression und PTBS bei Flüchtlingen auf der Makro-, der
Familien- und der individuellen Ebene
Makroebene: Finanzielle Situation im Zufluchtsland
Arbeitsmöglichkeiten
Erlebnisse nach der Flucht
Zugang zu psychosozialen Diensten
Diskriminierung
Unsicherer Aufenthaltsstatus
Familienebene: Häusliche Gewalt
Individuelle Ebene: Gesundheitsverhalten
Bildung
Inanspruchnahmeverhalten
Gesundheitskenntnisse
Traum(a) Asyl
Wirkfaktoren psychosozialer Beratung und von
Psychotherapie: gemeinsames Erarbeiten von
unterstützenden Faktoren
• Soziale Kontakte und Aktivierung
• Wertschätzender Umgang
• Unterstützung bei sozialen Fragen
• Einbeziehen von außerklinischen Betreuern
• Behutsame Auseinandersetzung mit der Realität des unsicheren Aufenthaltsstatus
Traum(a) Asyl
Freie Stelle in Amerika – Chefschiedsrichter
für „Wer ist Rassist?“ gesucht
In Amerika gibt es Rassismus, aber keine Rassisten.
Rassisten gehören der Vergangenheit an. Rassisten sind die
schmallippigen fiesen Weißen in den Filmen über die Zeit der
Bürgerrechtsbewegung. Es ist so: Die Manifestationen von
Rassismus haben sich geändert, aber nicht die Sprache.
Wenn Du nicht jemanden gelyncht hast, darfst Du nicht
Rassist genannt werden. ... Jemand muss entscheiden, dass
Rassisten keine Ungeheuer sind. Sie sind Menschen, die von
ihrer Familie geliebt werden, normale Leute, die Steuern
zahlen. Jemand muss entscheiden, wer Rassist ist und wer
nicht. Oder vielleicht ist es auch Zeit, das Wort Rassist zu
verschrotten. Und sich etwas Neues auszudenken. Wie z.B.
Rassische Störung. Dann könnten wir die an diesem
Syndrom Erkrankten unterschiedlichen Kategorien
zuordnen: mild, mittel und akut.
Traum(a) Asyl
Im Vorigen war die Rede von Epochen, in
denen sich das europäische Denken bemühte,
Brücken der Verständigung mit den Anderen
zu errichten. Es ist nicht nur eine ethische
Forderung, an diese Bemühungen
anzuknüpfen und sie fortzusetzen, das ist
vielmehr eine brennende Aufgabe unserer
Zeit, in der alles so brüchig ist und es so viel
Demagogie, Orientierungslosigkeit,
Fanatismus und bösen Willen gibt. (2008,
S.49).
Traum(a) Asyl
„Vor allem mögen wir
es nicht, wenn man uns
Flüchtlinge nennt. Wir
selber bezeichnen uns
als ‚Neuankömmlinge‘
oder als ‚Einwanderer‘“
| Seite
51
Traum(a) Asyl
und – besonders wichtig:
Arbeit mit Schutzsuchenden macht Spaß. Wenn die
Beziehung steht, gibt es häufig erfolgreiche Arbeit…..
Traum(a) Asyl
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit