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Wirtschaftsstrafrecht SS 2015
Prof. Dr. Luís Greco
Teil 5. Besonderer Teil
D. Korruptionsdelikte
Wirtschaftsstrafrecht SS 2015
Prof. Dr. Luís Greco
Teil 5. Besonderer Teil
I. Korruption im staatlichen Bereich (§§
331 ff. StGB)
II. Korruption im privaten Sektor (§ 299
StGB)
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Prof. Dr. Luís Greco
Teil 5. Besonderer Teil
I. Korruption im staatlichen Bereich (§§
331 ff. StGB)
1. Der Begriff des Amtsträgers
2. Insb. die Vorteilsannahme (§ 331 StGB)
3. Sonstige Fragen
Wirtschaftsstrafrecht SS 2015
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Teil 5. Besonderer Teil
1. Der Begriff des Amtsträgers
„§ 11 (1) Im Sinne dieses Gesetzes ist
…
2. Amtsträger:
wer nach deutschem Recht
a) Beamter oder Richter ist,
b) in einem sonstigen öffentlich-rechtlichen Amtsverhältnis steht …“
Beamter = Beamter im staatsrechtlichen Sinne, d.h. jede natürliche Person, die unter
Aushändigung einer Ernennungsurkunde formell zum Beamten ernannt
worden ist.
Kirchenbeamter (-).
Richter = jeder Träger der rechtsprechenden Gewalt i.S.v. Art. 92 ff. GG.
„sonstiges öffentlich-rechtliches Amtsverhältnis…“ = beamtenähnliches Dienst-
und Treueverhältnis in der Exekutive
etwa: Bundespräsident, Mitglieder der Bundes- oder Landesregierung
nicht aber Abgeordnete (s.a. § 108e StGB)
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Teil 5. Besonderer Teil
1. Der Begriff des Amtsträgers …
§ 11 I Nr. 2 c: „sonst dazu bestellt ist, bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle
oder in deren Auftrag Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unbeschadet der zur
Aufgabenerfüllung gewählten Organisationsform wahrzunehmen“.
Behörde
„sonstige Stelle“ = behördenähnliche Institutionen, die zwar keine Behörden
sind, rechtlich aber befugt sind, bei der Ausführung von Gesetzen und
der Erfüllung öffentlicher Aufgaben mitzuwirken (BGHSt 49, 214 [219]).
Leitlinie: „Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des BGH, dass auch als
juristische Personen des Privatrechts organisierte Einrichtungen und Unternehmen
der öffentlichen Hand als ‚sonstige Stellen‘ den Behörden gleichzustellen sind, wenn
bei ihnen Merkmale vorliegen, die eine Gleichstellung rechtfertigen. Dies ist
insbesondere dann der Fall, wenn sie bei ihrer Tätigkeit öffentliche Aufgaben
wahrnehmen und dabei derart staatlicher – gegebenenfalls auch kommunaler –
Steuerung unterliegen, dass sie bei einer Gesamtbewertung der sie kennzeichnenden
Merkmale als ‚verlängerter Arm‘ des Staates erscheinen.“ (BGHSt 50, 299 [303]).
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…
„sonstige Stelle“
…
Indizien im Rahmen dieser „Gesamtbewertungslehre“ sind: „ob sie im Eigentum der
öffentlichen Hand steht (BGH,NJW 2001, 3062 [3064]), ob sie gewerblich tätig ist und
mit anderen im Wettbewerb steht (BGHSt 45, 16 [20]; BGHSt 52, 290 [294]), ob ihre
Tätigkeit – unmittelbar oder mittelbar – aus öffentlichen Mitteln finanziert wird (BGHSt
45, 16 [20]) und in welchem Umfang staatliche Steuerungs- und
Einflussnahmemöglichkeiten bestehen (BGHSt 43, 370 [378 f.]; BGHSt 45, 16 [20 f.];
BGH, NJW 2001, 3062 [3064]; BGHSt 49, 214 [224 f.]).“
So die Zusammenfassung in BGHSt 56, 97 (102).
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Teil 5. Besonderer Teil
„sonstige Stelle“
…
Kasuistik
Mitglieder von Körperschaften und Anstalten öffentlichen Rechts, etwa
öffentliche Sparkassen
öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (BGHSt 54, 202 [208 ff.])
staatliche Prüfungskommissionen
Kirchenbeamte (-), weil „die kirchenamtliche Verwaltung weder aus der Staatsgewalt
abgeleitet ist noch staatlichen Zwecken dient.“ (BGHSt 37, 191 [194]).
Mitarbeiter in der Bauabteilung der Flughafen Frankfurt a.M. AG (-),BGHSt 45, 16.
Direktor der Deutschen Bahn Netz AG (+), (BGHSt 56, 97 [102 ff.]) nicht dagegen
der DB AG (BGHSt 49, 214 [219]).
Die DB Netz AG beschäftigt sich mit den Schienen, also mit der Netzinfrastruktur, was
eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge ist, BGHSt 56, 97 (100 f.)
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Kasuistik
…
Public-Private-Partnership (Kölner Müllverbrennungsskandal). (BGHSt 50, 299 [303 f.])
Nicht aber, wenn der Private an dem Unternehmen in einem Umfang beteiligt ist, dass
er durch eine Sperrminorität einen bestimmenden Einfluss über wesentliche
unternehmerische Entscheidungen ausüben kann (S. 304, 305 f.).
Vertragsarzt, der Medikamente verschreibt, als Amtsträger i.S.v. § 11 I Nr. 2c StGB?
BGHSt GrS 57, 202: Zwar sei die gesetzliche Krankenkasse eine wegen ihrer
behördenähnlichen Einrichtung, ihrer öffentlich-rechtlichen Struktur, des Umstands,
dass sie der staatlichen Rechtsaufsicht unterliegen, eine „sonstige Stelle“ (S. 204 f.).
Der einzelne Vertragsarzt ist aber nicht dazu bestellt, Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahrzunehmen (S. 206 ff.): „Für die Zuordnung der Tätigkeit von Privaten
zum Bereich öffentlicher Verwaltung kommt es darauf an, dass der Ausführende dem
Bürger nicht auf der Ebene vertraglicher Gleichordnung mit der grundsätzlichen
Möglichkeit individueller Aushandlung des Verhältnisses entgegentritt, sondern quasi
als ausführendes Organ hoheitlicher Gewalt“ (S. 207). „Zu prüfen ist jeweils, ob der
Tätigkeit der betreffenden Person im Verhältnis zum Bürger der Charakter – wenn auch
nur mittelbar – eines hoheitlichen Eingriffs zukommt oder ob das persönliche Verhältnis
zwischen den Beteiligten so im Vordergrund steht, dass ein hoheitlicher Charakter der
Erfüllung öffentlicher Aufgaben dahinter zurücktritt“ (S. 207 f.).
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Teil 5. Besonderer Teil
1. Der Amtsträgerbegriff …
§ 11 I Nr. 4 StGB: für den öffentlichen Dienst besonders
Verpflichtete
„ …
wer, ohne Amtsträger zu sein,
a) bei einer Behörde oder bei einer sonstigen Stelle, die Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung wahrnimmt, oder
b) bei einem Verband oder sonstigen Zusammenschluß, Betrieb oder Unternehmen,
die für eine Behörde oder für eine sonstige Stelle Aufgaben der öffentlichen
Verwaltung ausführen,
beschäftigt oder für sie tätig und auf die gewissenhafte Erfüllung seiner
Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet ist;“
z.B.: Praktikant, Bote, Schreibkraft.
Offizielle Verpflichtung nach dem Verpflichtungsgesetz erforderlich (Art. 42 EGStGB)
Medizin- und Biostrafrecht SS 2014
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2. Vorteilsannahme (§ 331 StGB)
„(1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst
besonders Verpflichteter, der für die Dienstausübung
einen Vorteil für sich oder einen Dritten fordert, sich
versprechen läßt oder annimmt, wird mit Freiheitsstrafe
bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
…“
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a) Objektiver Tatbestand (zugleich Prüfschema zu §
331 I StGB)
- Täter: Amtsträger, für den öffentlichen Dienst
besonders Verpflichteter
- Vorteil
- Fordern, Sich-Versprechen-Lassen oder Annehmen
- Dienstausübung
- Unrechtsvereinbarung
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b) Die einzelnen Merkmale
aa) Täter: s.o.
bb) „Vorteil“ = Leistung, die den Amtsträger oder einen Dritten
wirtschaftlich, rechtlich oder auch nur persönlich objektiv besser stellt und auf die er keinen Anspruch hat.
wenn ein Anspruch auf den Vorteil besteht, kann der Abschluss des
anspruchsbegründenden Vertrags den Vorteil verkörpern (BGHSt 31, 264,
280). Argument: Umgehungsgefahr. Str.
auch immaterielle Vorteile:
Verleihung von Titeln, sexuelle Zuwendungen
auch Drittvorteile
Drittmitteleinwerbung (BGHSt 47, 295, 308): Vorteile (+).
Mm.: keine Vorteile; Begr.: Staatsnützigkeit;
Wissenschaftsfreiheit (so Ulsenheimer, in:
Laufs/Kern, HB des Arztrechts, 4. Aufl., § 152 Rn. 80),
Sozialadäquanz.
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bb) „Vorteil“
…
Ausschluss durch Sozialadäquanz?
nach h.M. möglich
Wert: auf jeden Fall unter 50 €, höchstens ca. 30 €
systematischer Standort str.
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cc) Fordern, Sich-Versprechen-Lassen, Annehmen
Überschneidungen möglich; genaue Abgrenzung insb. wegen § 331 Abs. 3
(Genehmigung) nicht irrelevant
Abs. 3 bei Drittmittelforschung grds. nicht einschlägig, weil Vorteil
gefordert wird, s.u.
Fordern = einseitiges Verlangen eines Vorteils
Sich-Versprechen-Lassen = Annahme eines Angebots zur Gewährung
eines Vorteils
Annahme = tatsächliche Entgegennahme eines Vorteils
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dd) „Dienstausübung“
Bezug zu einer konkreten Diensthandlung seit 1997 nicht mehr
erforderlich
früherer Wortlaut: Vorteil als „Gegenleistung dafür …, daß er
(der Amtsträger) eine Diensthandlung vorgenommen hat oder
künftig vornehme …”;
nicht erfasst: private Handlungen, Nebentätigkeiten.
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ee) Unrechtsvereinbarung: „für die“
(1) Grundsätzliches
„Zwischen dem Vorteil und der Dienstausübung muss ein
‚Gegenseitigkeitsverhältnis‘ in dem Sinne bestehen, dass der Vorteil
nach dem (angestrebten) ausdrücklichen oder stillschweigenden
Einverständnis der Bet. seinen Grund gerade in der Dienstausübung hat
(…). Dies erfordert, dass Ziel der Vorteilszuwendung ist, auf die künftige
Dienstausübung Einfluss zu nehmen (…) und/oder die vergangene
Dienstausübung zu honorieren“. (BGHSt 53, 6 [16])
Gesamtbetrachtung aller Umstände;
sog. „Klimapflege“ bzw. „Anfüttern“ grds. erfasst
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ee) Unrechtsvereinbarung: „für“
…
(2) Drittmitteleinwerbung
BGHSt 47, 295, 308 ff., „Legitimation durch Verfahren“
insb. Transparenzprinzip; Dokumentationsprinzip
s.a. BGHSt 48, 44, 51.
Diskussion. Einige sind strenger und plädieren noch für ein sog.
„Trennungsprinzip“. Andere meinen: Formalismus, Bürokratismus.
Korruption sei kein heimliches Delikt. Drittmittelforschung werde
auch außerhalb von Hochschulen betrieben.
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(3) „Sponsoring“ bzw. „Hospitality“: Versenden von WM-
Eintrittskarten an hohe Politiker
BGHSt 53, 6
Vorteil (+), auch dann, wenn die Wahrnehmung von
Repräsentativaufgaben Dienstpflichten sind (S. 12 ff.)
Unrechtsvereinbarung problematisch:
BGH stellt auf eine Gesamtschau aller Indizien ab: „Die Stellung des
Amtsträgers und die Beziehung des Vorteilsgebers zu dessen dienstlichen Aufgaben,
die Vorgehensweise bei dem Angebot, dem Versprechen oder dem Gewähren von
Vorteilen sowie die Art, der Wert und die Zahl solcher Vorteile. So können etwa
dienstliche Berührungspunkte zwischen Vorteilsgeber und Amtsträger ebenso in
ausschlaggebender Weise für eine Unrechtsvereinbarung sprechen wie die
Heimlichkeit des Vorgehens“ (S. 16 f.)
„Der Senat ist sich bewusst, dass das Merkmal der Unrechtsvereinbarung nach der
hier vorgenommenen Auslegung im Randbereich kaum trennscharfe Konturen
aufweist; dies kann zu Beweisschwierigkeiten führen und räumt dem Tatrichter eine
beträchtliche Entscheidungsmacht ein.“ (S. 17)
Diskussion
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(4) Schulfotoaktion
BGH StV 2012, 19
Diskussion
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c) Weitere Fragen
aa) Genehmigung, Abs. 3
„Die Tat ist nicht nach Absatz 1 strafbar, wenn der Täter einen nicht von ihm
geforderten Vorteil sich versprechen läßt oder annimmt und die zuständige Behörde
im Rahmen ihrer Befugnisse entweder die Annahme vorher genehmigt hat oder der
Täter unverzüglich bei ihr Anzeige erstattet und sie die Annahme genehmigt.“
d.h.: auf Einwerbung von Drittelmitteln nicht anwendbar (geforderte Vorteile).
a.A. Ulsenheimer, in: Laufs/Kern, 4. Aufl., § 152 Rn. 99: Fordern =
Druck-Ausüben
bb) Abs. 2: Richter oder Schiedsrichter
„Ein Richter oder Schiedsrichter, der einen Vorteil für sich oder einen Dritten als
Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er eine
richterliche Handlung vorgenommen hat oder künftig vornehme, wird mit
Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Der Versuch ist
strafbar.“
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3. Sonstige Fragen
a) Insb.: Bestechlichkeit (§ 332 StGB) „(1) Ein Amtsträger oder ein für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, der einen Vorteil
für sich oder einen Dritten als Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt,
daß er eine Diensthandlung vorgenommen hat oder künftig vornehme und dadurch seine
Dienstpflichten verletzt hat oder verletzen würde, wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis
zu fünf Jahren bestraft. ….
(3) Falls der Täter den Vorteil als Gegenleistung für eine künftige Handlung fordert, sich
versprechen läßt oder annimmt, so sind die Absätze 1 und 2 schon dann anzuwenden, wenn er
sich dem anderen gegenüber bereit gezeigt hat,
1. bei der Handlung seine Pflichten zu verletzen oder,
2. soweit die Handlung in seinem Ermessen steht, sich bei Ausübung des Ermessens durch den
Vorteil beeinflussen zu lassen.“
Klimapflege nicht mehr erfasst; Pflichtwidrigkeit muss unabhängig
vom Vorteil sein.
b) Vorteilsgewährung (§ 333 StGB), Bestechung (§
334 StGB)
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II. Korruption im privaten Sektor (§ 299 StGB)
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Teil 5. Besonderer Teil
§ 299 Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen
Verkehr
(1) Wer als Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes im
geschäftlichen Verkehr einen Vorteil für sich oder einen Dritten als
Gegenleistung dafür fordert, sich versprechen läßt oder annimmt, daß er
einen anderen bei dem Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen im
Wettbewerb in unlauterer Weise bevorzuge, wird mit Freiheitsstrafe bis zu
drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des
Wettbewerbs einem Angestellten oder Beauftragten eines geschäftlichen
Betriebes einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür
anbietet, verspricht oder gewährt, daß er ihn oder einen anderen bei dem
Bezug von Waren oder gewerblichen Leistungen in unlauterer Weise
bevorzuge.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Handlungen im ausländischen
Wettbewerb.
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Teil 5. Besonderer Teil
I. Einleitende Bemerkungen
§ 12 UWG a.F.
Wettbewerbsmodell vs. Geschäftsherrenmodell
Diskussion de lege ferenda: umf. S. Wolf, CCZ 2014, 29 ff.
Rechtsgut: Wettbewerb
Unklarheit (s.a. Abs. 3). Auch Vermögen?
Relatives Antragsdelikt, § 301 StGB.
Reformdiskussion: BT-Drucks. 18/4350 v. 18.3.2015
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Teil 5. Besonderer Teil
II. Objektiver Tatbestand von § 299 I StGB
1. Täterkreis: Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes
a) geschäftlicher Betrieb = jede auf eine gewisse Dauer angelegte
Tätigkeit im Wirtschaftsleben durch Austausch von Leistungen
weiter Begriff; insb. keine Gewinnerzielungsabsicht erforderlich
auch freiberufliche Tätigkeiten
öffentliche Unternehmen bei fiskalischem Handeln
b) Angestellter: wer in einem mindestens faktischen Vertragsverhältnis zum
Geschäftsinhaber steht und dessen Weisungen unterworfen ist, aber
dennoch eigene Entscheidungsbefugnisse hat.
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Teil 5. Besonderer Teil
II. Objektiver Tatbestand von § 299 I StGB
1. Täterkreis: Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes
…
c) Beauftragter ist, „wer, ohne Angestellter oder Inhaber eines Betriebs zu
sein, auf Grund seiner Stellung im Betrieb berechtigt und verpflichtet ist, auf
Entscheidungen dieses Betriebs, die den Waren oder Leistungsaustausch
betreffen, unmittelbar oder mittelbar Einfluss zu nehmen“, BGHSt GrS 57,
202, 211.
Auffangvorschrift.
z.B. Handelsvertreter, Unternehmensberater, Architekt.
Vertragsärzte sind bei der Verschreibung von Medikamenten keine Beauftragten der
gesetzlichen Krankenkassen, BGH GrS 57, 202, 210 ff.
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II. Objektiver Tatbestand von § 299 I StGB
1. Täterkreis: Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes
…
d) Kein Täter ist der Betriebsinhaber
Vorsicht: Geschäftsführer einer GmbH, Vorstand einer AG sind Angestellte
oder Beauftragte.
Geschäftsführer einer Ein-Mann-GmbH: Str., nach h.M. kein tauglicher
Täter.
Problem: „entschleierte Schmiergelder“
Korkengeld-Fall, RGSt 48, 291. Strafbarkeit (+)
Str., aA etwa Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, HBWiStR 3. Aufl. Teil 3 Kap.
2 Rn. 43 f.
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Teil 5. Besonderer Teil
2. Tatsituation: Handeln im geschäftlichen Verkehr
Jede selbständige Betätigung im Wettbewerb, mit der ein wirtschaftlicher
Zweck verfolgt wird.
fehlt insb. bei rein privatem, betriebsinternem oder hoheitlichem Handeln
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3. Tathandlungen
a) Vorteil = Leistung, die den Angestellter bzw. Beauftragten oder einen
Dritten wirtschaftlich, rechtlich oder auch nur persönlich objektiv besser stellt
und auf die er keinen Anspruch hat.
- wenn ein Anspruch auf den Vorteil besteht, kann der Abschluss des
anspruchsbegründenden Vertrags den Vorteil verkörpern (BGHSt 31, 264, 280).
Argument: Umgehungsgefahr. Str.
- sozialadäquate Zuwendungen keine Vorteile
bei §§ 331 ff. StGB: 30-50 € (s.o.). Bei § 299 StGB sollen die Grenzen deutlich höher liegen;
unklar, wo diese liegen.
Diskussion: Bestechungszahlungen im Ausland als sozialadäquate Leistung?
- Drittvorteile und Vorteile für den Betrieb oder den Geschäftsinhaber
Str., einige wollen diese aus dem Tatbestand ausschließen, so etwa Rönnau, in: Achenbach/Ransiek, HBWiStR 3. Aufl. Teil 2 Kap. 2 Rn. 26.
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3. Tathandlungen
..
b) fordern, sich versprechen lassen oder annehmen
c) Unrechtsvereinbarung: Vorteil als Gegenleistung für eine unlautere Bevorzugung im Wettbewerb
Bevorzugung = jede angestrebte Besserstellung des Vorteilsgebers oder
eines Dritten, auf die dieser keinen Anspruch hat
im Wettbewerb = Vorstellung des Täters maßgeblich; fehlt bei
Monopolstellungen
Unlauterkeit
≠ Sittenwidrigkeit i.S.v. § 138 BGB und Unlauterkeit i.S.v. §§ 1, 3 UWG
h.M.: keine eigenständige Bedeutung
Mm.: Pflichtverletzung ggü Geschäftsherrn
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III. Objektiver Tatbestand von § 299 II StGB
Allgemeindelikt
Tathandlungen: Anbieten, Versprechen oder Gewähren
IV. Sonstige Fragen
Strafbarkeit von Handlungen im ausländischen Wettbewerb, Abs. 3
seit 2002; Druck der USA
auch §§ 3 ff. StGB sind zu prüfen!
Regelbeispiele, § 300 StGB
Vorteil großen Ausmaßes = 50.000€