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DAS MAGAZIN VON DIE FAMILIENUNTERNEHMER UND DIE JUNGEN UNTERNEHMER MÄRZ // APRIL 2015
WIR FAMILIENUNTERNEHMER
05.15DAS MAGAZIN VON DIE FAMILIENUNTERNEHMER UND DIE JUNGEN UNTERNEHMER
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INVESTMENTSTEUERREFORM TOTSCHLAGARGUMENT FÜR GRÜNDER // BANKENFINANZIERUNG WEM NUTZT DER NIEDRIGZINS? // BESUCH IN REUTLINGEN KIRSCHEN ESSEN MIT CEM ÖZDEMIR //
SEPTEMBER // OKTOBER 2015
GETRÄNKETÜFTLER»Am Ende landet der deutsche Mittelstand
immer in der Nische.«
Rüdiger Behn (r.), Geschäftsführender Gesellschafter,
Waldemar Behn Gmbh/Behn Getränke GmbH
D ie Erinnerung malt meist mit goldenem Pinsel, so
ein Sprichwort. Sie erwacht auch, wenn man die
Empfangshalle der Firma Waldemar Behn im Ostsee-
bad Eckernförde betritt. Auf den tragenden Säulen fin-
det der Gast die Geschichte des fast 125 Jahre alten
Unternehmens zusammengefasst. Und natürlich wird
der Besucher sofort mit den wichtigsten aktuellen
Marken des Unternehmens konfrontiert. Eines ist zu-
mindest klar: Nahezu jeder kennt die Getränke des
Hauses, viele mögen sie. Einige Male auf den Tisch
klopfen, Deckel abdrehen, auf die Nase setzen, den
Flaschenhals zwischen die Zähne nehmen und mit
Freunden anstoßen: Es ist ein Ritual, das über Jahre
gepflegt und weitergegeben wurde. Auf Feiern, Ski-
ausfahrten und Junggesellenabschieden darf der
„Kleine Feigling“ nicht fehlen. Das bekannte Augen-
paar des leichten Likörs blickt einem hier, in der gro-
ßen Lobby, von weitem entgegen. Links steht
Dooley‘s, einer der höchst prämierten Creamliköre der
Welt. Und auch der „DANZKA Vodka“ ist hier präsent.
Historische Gemälde zeigen die alte Zeit: Pferde-
fuhrwerke, Frachtsegler, alte Weinfässer, die gerollt
werden. Sie geben einen Eindruck von den Anfän-
gen der Unternehmerfamilie Behn in der Hansestadt
Hamburg.
Großhandel, Spirituosen und die Nachfolge
Seit jeher hatte die Familie ein Faible für Getränke. Es
war der Urgroßvater der heutigen Geschäftsführer
und Eigentümer Rüdiger und Waldemar Behn, der
das Unternehmen 1892 gründete. Er nutzte damals
den Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals, um die Arbeiter
mit Bier zu versorgen. Von der Brauerei seines Vaters
ließ er es aus dem heutigen Hamburger Stadtteil Ot-
tensen liefern, verkaufte es in Trinkhallen an die durs-
tigen Bauarbeiter und fand weitere Kunden in den
Gaststätten der Region. Bald erweiterte er das Ge-
schäft um Spirituosen und alkoholfreie Getränke.
1907 erwarb er die Eckernförder Actienbrauerei.
Doch die Freude währte nicht lange. Das Metall in
der Brauerei wurde im 1. Weltkrieg für den Schiffbau
im nahegelegenen Kiel gebraucht. Sie wurde stillge-
legt und nicht wieder in Betrieb genommen.
Dafür etablierte Waldemar Behn die Herstellung von
Spirituosen und alkoholfreien Getränken und über-
gab an seinen Sohn Richard. Er führte das Unterneh-
men durch harte Zeiten, den 1. Weltkrieg, die Inflati-
onsjahre und den 2. Weltkrieg. Nur dank des für Fa-
milienunternehmen typischen gemeinsamen Anpa-
ckens überlebte das Unternehmen die Kriegsjahre
mit Hilfe von Richard Behns Frau und seiner Tochter.
Durchkommen war die Devise. Nach dem Krieg
übernahm dann der Vater der heutigen Eigentümer,
Harro Behn. Er erkannte das Potenzial von Marken-
artikeln bei Spirituosen. Produkte wie der „Kadeker
Doppelkorn“, „Behn Whisky-Kirsch“ oder die „Zitro-
nenjette“ kamen auf den Markt. Er legte den Grund-
stein für den Erfolg und übergab das Unternehmen
Anfang der 80er Jahre an seine Söhne Waldemar und
Rüdiger.
Heute ist die Firma zweigeteilt: Rüdiger kümmert sich
um die Produktion der Spirituosen. Waldemar ist für
den Getränke-Großhandel verantwortlich. Dieser un-
terscheidet sich deutlich vom Produktionsbetrieb.
„Es ist ein regionales Geschäft mit einer hohen
Marktdurchdringung und hohem Servicegrad“, sagt
Waldemar Behn. Das Unternehmen ist Marktführer
nördlich des Nord-Ostsee-Kanals und südlich der
Portrait
Wer kennt ihn nicht, den „Kleinen Feigling“? Das Unternehmen, das dahinter steckt, ist die Waldemar Behn GmbH
aus Eckernförde. Wie es den Branchengrößen in der Nische Paroli bietet und künftig auch international weiter
wachsen will.
KRAFT DURCHSPEZIALISIERUNGText: Tobias Schorr // Fotos: Frank Eidel
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Rüdiger Behn (l.) ist 1957 in Eckernförde geboren. Auch die Grundschule und
das Gymnasium besuchte er dort. Danach absolvierte er eine Banklehre in
Kiel bei der Landesbank Schleswig-Holstein. In Nürnberg studierte er BWL
und machte seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann. 1984 stieg er dann ins
Familienunternehmen ein. Im Verband war er schon bei DIE JUNGEN UNTER-
NEHMER aktiv. Die Tätigkeit führte er dann bei DIE FAMILIENUNTERNEHMER
fort. Der Hobbyfotograf ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Waldemar Behn ist 1955 wie sein Bruder in Eckernförde geboren und besuchte
dieselben Schulen wie Rüdiger. Nach der Bundeswehr absolvierte er ein
duales Studium zum Betriebswirt (BA) bei der Bavaria-St. Pauli-Brauerei Ham-
burg. 1982 stieg er dann ins Unternehmen ein. Er ist verheiratet, hat drei Kin-
der und beschäftigt sich in seiner Freizeit gerne mit historischen Fahrzeugen.
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»ES IST EIN REGIONALES GESCHÄFT MIT EINER HOHEN MARKTDURCHDRINGUNG.«Waldemar Behn, Geschäftsführender Gesellschafter, Waldemar Behn GmbH/Behn Getränke GmbH
dänischen Grenze mit mehr als 1.000 Kunden. Das
Großhandelsgeschäft ist etwas kleiner als der Pro-
duktionsbetrieb. Die Nähe zum Kunden ist extrem
wichtig. „Die Unternehmen haben eine komplett un-
terschiedliche Infrastruktur“, sagt Rüdiger Behn.
Für ihn war es bedeutend, dass sein Bruder und er
sich die Arbeit aufteilen konnten. Und das möchte er
auch künftig so beibehalten. Man spürt, wie wichtig
es ihm ist, das Unternehmen auch in der fünften Ge-
neration in Familienhand zu halten. Von den fünf Kin-
dern der Brüder kommen aktuell drei als Nachfolger
in Frage. Doch bis es soweit ist, ist es noch ein lan-
ger Weg. Zuerst sollen sie eine Ausbildung oder ein
Studium absolvieren. „Sie müssen sich bewähren,
dann kann man über die Nachfolge sprechen“, sagt
Rüdiger Behn.
David gegen Goliath
Fragt man Rüdiger Behn nach den Meilensteinen im
Unternehmen, kommt die Antwort prompt: Es war
der „Küstennebel“, mittlerweile die meistverkaufte
deutsche Anisspirituose, der zum Durchbruch ver-
half. Doch Aushängeschild ist sicherlich „Kleiner
Feigling“. Zum 100-jährigen Jubiläum 1992 gelang
dem Unternehmen der große Erfolg mit den kleinen
Fläschchen. Was bleibt, ist der Kampf in der Nische.
Den allerdings hat das Unternehmen bislang erfolg-
reich gemeistert: „Zwischen den Beinen von Elefan-
ten lässt sich gut grasen“, sagt Rüdiger Behn.
Seine Marken muss er differenzieren. Beim „Kleinen
Feigling“ etwa ist es die Flaschengröße. „Das Minia-
turflaschengeschäft verstehen die Großen nicht so
gut wie wir“, sagt Behn. Sicherlich sei es nicht immer
ganz einfach herauszufinden, was man besser kann.
Schließlich werde man häufig aber doch fündig. „Am
Ende landet der deutsche Mittelstand immer in der
Nische.“ Doch auch diese kann ziemlich groß wer-
den: Legt man sämtliche „Kleiner Feigling“-Flaschen,
die in 20 Jahren verkauft wurden, nebeneinander, er-
gibt das eine Strecke von 80.000 Kilometern – oder
mehr als zwei Erdumrundungen. „Jedes Jahr ver-
schickt die Versandabteilung Waren mit einem Ge-
wicht von 9.300 Tonnen. In etwa so viel wiegt der Ei-
felturm in Paris“, sagt Behn.
WALDEMAR BEHN GMBH, BEHN GETRÄNKE GMBHGeschäftsführende Gesellschafter: Rüdiger Behn und Waldemar Behn Sitz: Eckernförde, Schleswig Holstein Gegründet:
1892 Gettorf Branche: Getränke Mitarbeiter: 330 (inkl. Ableger in Österreich) Umsatz: k.A. Auszeichnungen: Zertifiziert nach
dem International Food Standard, Qualifizierter Ausbildungsbetrieb
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Mit Markenstretching nach vorne
Anders als etwa der Konkurrent Jägermeister, der ei-
ne klassische Mono-Brand-Strategie fährt, glaubt
Behn an den Erfolg mit verschiedenen Marken. „Wir
wollen nicht alle Eier in einen Korb legen.“ Dazu
passt es nur zu gut, dass es „Kleiner Feigling“ mitt-
lerweile nicht mehr nur in einer Geschmacksrich-
tung gibt. Coco Biscuit, Luxus Lakritz oder Unkraut
sollen die Gaumen der Konsumenten erfreuen.
Behn ist bewusst, dass es bei diesem exotischen
Angebot auch mal zu einem Fehlschlag kommen
kann. Aber in einem Familienunternehmen muss
das kein Weltuntergang sein. Dann wird eben eine
Sorte nicht weiter produziert und mit einer anderen
experimentiert. Er ist überzeugt, dass dieser Weg
der richtige ist: „Insgesamt ist das Markenstretching
gut, weil es die Relevanz erhöht. Die Sichtbarkeit ist
deutlich gestiegen.“ Über die klassischen Kanäle
wie Outdoorwerbung, Plakate, aber auch Social-
Media-Aktivitäten will er den Bekanntheitsgrad er-
höhen und mit seinen Produkten vor allem bei einer
jüngeren Zielgruppe punkten. Mit der Marke ist das
Unternehmen auf Promotion-Touren bei Konzerten,
Open-Airs und Stadtfesten.
Um das Geschäft weiter zu differenzieren und auch
international erfolgreich zu sein, tätigten die Eckern-
förder 2013 die größte Investition der Geschichte:
Sie kauften die dänische Marke „DANZKA Vodka“.
Weil der vorherige Eigentümer in Schwierigkeiten
steckte, bot sich die Möglichkeit, die Marke zu
übernehmen. Nach zweijähriger Verhandlung brach-
te Behn den Deal unter Dach und Fach. Die Nähe zu
Dänemark war sicherlich ein Grund dafür, dass er
zum Zuge kam. „Die Mentalität liegt uns sicherlich
näher als die der Münchner“, sagt der Firmenchef
schmunzelnd. Auch hier das Credo: Spezialisierung.
Stark ist die Marke vor allem im Reisegeschäft und
den Duty-Free-Märkten in den Flughäfen. Verkauft
wird der Wodka in Aluminiumflaschen. Der Vorteil:
Im Vergleich zu den Glasflaschen der Konkurrenz ist
der Transport um ein Vielfaches leichter. „Wir haben
DANZKA nur ins Unternehmen geholt, weil wir
wussten, dass die Kundengruppe hoch spezialisiert
ist“, sagt Behn. Doch auch in diesem Geschäft ist
Erfolg nicht immer garantiert. Sorgen bereitet dem
Unternehmer momentan vor allem der schwache
Rubel. Immer weniger Russen können sich Reisen
leisten. Und demzufolge auch weniger im Ausland
produzierten Wodka kaufen. „Da müssen wir uns
durchbeißen, irgendwann wird sich das auch wieder
normalisieren.“
Ziel wird es immer bleiben, den Gedanken des Fami-
lienunternehmens zu erhalten und weiterzutragen. Es
ist eine Haltung, die in Eckernförde gelebt wird. Eine
Haltung mit dem Ziel des Erhalts der Unabhängigkeit
als höchstem Gut unternehmerischen Strebens. An
der Ostsee wurden die Voraussetzungen geschaffen,
dass dies auch künftig so bleibt. �
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