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SEPTEMBER // OKTOBER 2015 WIR FAMILIEN 05.15 … · Auf Feiern, Ski-ausfahrten und...

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WIR FAMILIEN UNTERNEHMER 05.15 DAS MAGAZIN VON DIE FAMILIENUNTERNEHMER UND DIE JUNGEN UNTERNEHMER www.wir-familienunternehmer.eu www.familienunternehmer.eu www.junge-unternehmer.eu INVESTMENTSTEUERREFORM TOTSCHLAGARGUMENT FÜR GRÜNDER // BANKENFINANZIERUNG WEM NUTZT DER NIEDRIGZINS? // BESUCH IN REUTLINGEN KIRSCHEN ESSEN MIT CEM ÖZDEMIR // SEPTEMBER // OKTOBER 2015 GETRÄNKE TÜFTLER »Am Ende landet der deutsche Mittelstand immer in der Nische.« Rüdiger Behn (r.), Geschäftsführender Gesellschafter, Waldemar Behn Gmbh/Behn Getränke GmbH
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Page 1: SEPTEMBER // OKTOBER 2015 WIR FAMILIEN 05.15 … · Auf Feiern, Ski-ausfahrten und Junggesellenabschieden darf der ... Zuerst sollen sie eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren.

DAS MAGAZIN VON DIE FAMILIENUNTERNEHMER UND DIE JUNGEN UNTERNEHMER MÄRZ // APRIL 2015

WIR FAMILIENUNTERNEHMER

05.15DAS MAGAZIN VON DIE FAMILIENUNTERNEHMER UND DIE JUNGEN UNTERNEHMER

www.wir-familienunternehmer.euwww.familienunternehmer.eu www.junge-unternehmer.eu

INVESTMENTSTEUERREFORM TOTSCHLAGARGUMENT FÜR GRÜNDER // BANKENFINANZIERUNG WEM NUTZT DER NIEDRIGZINS? // BESUCH IN REUTLINGEN KIRSCHEN ESSEN MIT CEM ÖZDEMIR //

SEPTEMBER // OKTOBER 2015

GETRÄNKETÜFTLER»Am Ende landet der deutsche Mittelstand

immer in der Nische.«

Rüdiger Behn (r.), Geschäftsführender Gesellschafter,

Waldemar Behn Gmbh/Behn Getränke GmbH

Page 2: SEPTEMBER // OKTOBER 2015 WIR FAMILIEN 05.15 … · Auf Feiern, Ski-ausfahrten und Junggesellenabschieden darf der ... Zuerst sollen sie eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren.

D ie Erinnerung malt meist mit goldenem Pinsel, so

ein Sprichwort. Sie erwacht auch, wenn man die

Empfangshalle der Firma Waldemar Behn im Ostsee-

bad Eckernförde betritt. Auf den tragenden Säulen fin-

det der Gast die Geschichte des fast 125 Jahre alten

Unternehmens zusammengefasst. Und natürlich wird

der Besucher sofort mit den wichtigsten aktuellen

Marken des Unternehmens konfrontiert. Eines ist zu-

mindest klar: Nahezu jeder kennt die Getränke des

Hauses, viele mögen sie. Einige Male auf den Tisch

klopfen, Deckel abdrehen, auf die Nase setzen, den

Flaschenhals zwischen die Zähne nehmen und mit

Freunden anstoßen: Es ist ein Ritual, das über Jahre

gepflegt und weitergegeben wurde. Auf Feiern, Ski-

ausfahrten und Junggesellenabschieden darf der

„Kleine Feigling“ nicht fehlen. Das bekannte Augen-

paar des leichten Likörs blickt einem hier, in der gro-

ßen Lobby, von weitem entgegen. Links steht

Dooley‘s, einer der höchst prämierten Creamliköre der

Welt. Und auch der „DANZKA Vodka“ ist hier präsent.

Historische Gemälde zeigen die alte Zeit: Pferde-

fuhrwerke, Frachtsegler, alte Weinfässer, die gerollt

werden. Sie geben einen Eindruck von den Anfän-

gen der Unternehmerfamilie Behn in der Hansestadt

Hamburg.

Großhandel, Spirituosen und die Nachfolge

Seit jeher hatte die Familie ein Faible für Getränke. Es

war der Urgroßvater der heutigen Geschäftsführer

und Eigentümer Rüdiger und Waldemar Behn, der

das Unternehmen 1892 gründete. Er nutzte damals

den Bau des Kaiser-Wilhelm-Kanals, um die Arbeiter

mit Bier zu versorgen. Von der Brauerei seines Vaters

ließ er es aus dem heutigen Hamburger Stadtteil Ot-

tensen liefern, verkaufte es in Trinkhallen an die durs-

tigen Bauarbeiter und fand weitere Kunden in den

Gaststätten der Region. Bald erweiterte er das Ge-

schäft um Spirituosen und alkoholfreie Getränke.

1907 erwarb er die Eckernförder Actienbrauerei.

Doch die Freude währte nicht lange. Das Metall in

der Brauerei wurde im 1. Weltkrieg für den Schiffbau

im nahegelegenen Kiel gebraucht. Sie wurde stillge-

legt und nicht wieder in Betrieb genommen.

Dafür etablierte Waldemar Behn die Herstellung von

Spirituosen und alkoholfreien Getränken und über-

gab an seinen Sohn Richard. Er führte das Unterneh-

men durch harte Zeiten, den 1. Weltkrieg, die Inflati-

onsjahre und den 2. Weltkrieg. Nur dank des für Fa-

milienunternehmen typischen gemeinsamen Anpa-

ckens überlebte das Unternehmen die Kriegsjahre

mit Hilfe von Richard Behns Frau und seiner Tochter.

Durchkommen war die Devise. Nach dem Krieg

übernahm dann der Vater der heutigen Eigentümer,

Harro Behn. Er erkannte das Potenzial von Marken-

artikeln bei Spirituosen. Produkte wie der „Kadeker

Doppelkorn“, „Behn Whisky-Kirsch“ oder die „Zitro-

nenjette“ kamen auf den Markt. Er legte den Grund-

stein für den Erfolg und übergab das Unternehmen

Anfang der 80er Jahre an seine Söhne Waldemar und

Rüdiger.

Heute ist die Firma zweigeteilt: Rüdiger kümmert sich

um die Produktion der Spirituosen. Waldemar ist für

den Getränke-Großhandel verantwortlich. Dieser un-

terscheidet sich deutlich vom Produktionsbetrieb.

„Es ist ein regionales Geschäft mit einer hohen

Marktdurchdringung und hohem Servicegrad“, sagt

Waldemar Behn. Das Unternehmen ist Marktführer

nördlich des Nord-Ostsee-Kanals und südlich der

Portrait

Wer kennt ihn nicht, den „Kleinen Feigling“? Das Unternehmen, das dahinter steckt, ist die Waldemar Behn GmbH

aus Eckernförde. Wie es den Branchengrößen in der Nische Paroli bietet und künftig auch international weiter

wachsen will.

KRAFT DURCHSPEZIALISIERUNGText: Tobias Schorr // Fotos: Frank Eidel

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WIR FAMILIENUNTERNEHMER // 05.15

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Rüdiger Behn (l.) ist 1957 in Eckernförde geboren. Auch die Grundschule und

das Gymnasium besuchte er dort. Danach absolvierte er eine Banklehre in

Kiel bei der Landesbank Schleswig-Holstein. In Nürnberg studierte er BWL

und machte seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann. 1984 stieg er dann ins

Familienunternehmen ein. Im Verband war er schon bei DIE JUNGEN UNTER-

NEHMER aktiv. Die Tätigkeit führte er dann bei DIE FAMILIENUNTERNEHMER

fort. Der Hobbyfotograf ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Waldemar Behn ist 1955 wie sein Bruder in Eckernförde geboren und besuchte

dieselben Schulen wie Rüdiger. Nach der Bundeswehr absolvierte er ein

duales Studium zum Betriebswirt (BA) bei der Bavaria-St. Pauli-Brauerei Ham-

burg. 1982 stieg er dann ins Unternehmen ein. Er ist verheiratet, hat drei Kin-

der und beschäftigt sich in seiner Freizeit gerne mit historischen Fahrzeugen.

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»ES IST EIN REGIONALES GESCHÄFT MIT EINER HOHEN MARKTDURCHDRINGUNG.«Waldemar Behn, Geschäftsführender Gesellschafter, Waldemar Behn GmbH/Behn Getränke GmbH

dänischen Grenze mit mehr als 1.000 Kunden. Das

Großhandelsgeschäft ist etwas kleiner als der Pro-

duktionsbetrieb. Die Nähe zum Kunden ist extrem

wichtig. „Die Unternehmen haben eine komplett un-

terschiedliche Infrastruktur“, sagt Rüdiger Behn.

Für ihn war es bedeutend, dass sein Bruder und er

sich die Arbeit aufteilen konnten. Und das möchte er

auch künftig so beibehalten. Man spürt, wie wichtig

es ihm ist, das Unternehmen auch in der fünften Ge-

neration in Familienhand zu halten. Von den fünf Kin-

dern der Brüder kommen aktuell drei als Nachfolger

in Frage. Doch bis es soweit ist, ist es noch ein lan-

ger Weg. Zuerst sollen sie eine Ausbildung oder ein

Studium absolvieren. „Sie müssen sich bewähren,

dann kann man über die Nachfolge sprechen“, sagt

Rüdiger Behn.

David gegen Goliath

Fragt man Rüdiger Behn nach den Meilensteinen im

Unternehmen, kommt die Antwort prompt: Es war

der „Küstennebel“, mittlerweile die meistverkaufte

deutsche Anisspirituose, der zum Durchbruch ver-

half. Doch Aushängeschild ist sicherlich „Kleiner

Feigling“. Zum 100-jährigen Jubiläum 1992 gelang

dem Unternehmen der große Erfolg mit den kleinen

Fläschchen. Was bleibt, ist der Kampf in der Nische.

Den allerdings hat das Unternehmen bislang erfolg-

reich gemeistert: „Zwischen den Beinen von Elefan-

ten lässt sich gut grasen“, sagt Rüdiger Behn.

Seine Marken muss er differenzieren. Beim „Kleinen

Feigling“ etwa ist es die Flaschengröße. „Das Minia-

turflaschengeschäft verstehen die Großen nicht so

gut wie wir“, sagt Behn. Sicherlich sei es nicht immer

ganz einfach herauszufinden, was man besser kann.

Schließlich werde man häufig aber doch fündig. „Am

Ende landet der deutsche Mittelstand immer in der

Nische.“ Doch auch diese kann ziemlich groß wer-

den: Legt man sämtliche „Kleiner Feigling“-Flaschen,

die in 20 Jahren verkauft wurden, nebeneinander, er-

gibt das eine Strecke von 80.000 Kilometern – oder

mehr als zwei Erdumrundungen. „Jedes Jahr ver-

schickt die Versandabteilung Waren mit einem Ge-

wicht von 9.300 Tonnen. In etwa so viel wiegt der Ei-

felturm in Paris“, sagt Behn.

WALDEMAR BEHN GMBH, BEHN GETRÄNKE GMBHGeschäftsführende Gesellschafter: Rüdiger Behn und Waldemar Behn Sitz: Eckernförde, Schleswig Holstein Gegründet:

1892 Gettorf Branche: Getränke Mitarbeiter: 330 (inkl. Ableger in Österreich) Umsatz: k.A. Auszeichnungen: Zertifiziert nach

dem International Food Standard, Qualifizierter Ausbildungsbetrieb

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Mit Markenstretching nach vorne

Anders als etwa der Konkurrent Jägermeister, der ei-

ne klassische Mono-Brand-Strategie fährt, glaubt

Behn an den Erfolg mit verschiedenen Marken. „Wir

wollen nicht alle Eier in einen Korb legen.“ Dazu

passt es nur zu gut, dass es „Kleiner Feigling“ mitt-

lerweile nicht mehr nur in einer Geschmacksrich-

tung gibt. Coco Biscuit, Luxus Lakritz oder Unkraut

sollen die Gaumen der Konsumenten erfreuen.

Behn ist bewusst, dass es bei diesem exotischen

Angebot auch mal zu einem Fehlschlag kommen

kann. Aber in einem Familienunternehmen muss

das kein Weltuntergang sein. Dann wird eben eine

Sorte nicht weiter produziert und mit einer anderen

experimentiert. Er ist überzeugt, dass dieser Weg

der richtige ist: „Insgesamt ist das Markenstretching

gut, weil es die Relevanz erhöht. Die Sichtbarkeit ist

deutlich gestiegen.“ Über die klassischen Kanäle

wie Outdoorwerbung, Plakate, aber auch Social-

Media-Aktivitäten will er den Bekanntheitsgrad er-

höhen und mit seinen Produkten vor allem bei einer

jüngeren Zielgruppe punkten. Mit der Marke ist das

Unternehmen auf Promotion-Touren bei Konzerten,

Open-Airs und Stadtfesten.

Um das Geschäft weiter zu differenzieren und auch

international erfolgreich zu sein, tätigten die Eckern-

förder 2013 die größte Investition der Geschichte:

Sie kauften die dänische Marke „DANZKA Vodka“.

Weil der vorherige Eigentümer in Schwierigkeiten

steckte, bot sich die Möglichkeit, die Marke zu

übernehmen. Nach zweijähriger Verhandlung brach-

te Behn den Deal unter Dach und Fach. Die Nähe zu

Dänemark war sicherlich ein Grund dafür, dass er

zum Zuge kam. „Die Mentalität liegt uns sicherlich

näher als die der Münchner“, sagt der Firmenchef

schmunzelnd. Auch hier das Credo: Spezialisierung.

Stark ist die Marke vor allem im Reisegeschäft und

den Duty-Free-Märkten in den Flughäfen. Verkauft

wird der Wodka in Aluminiumflaschen. Der Vorteil:

Im Vergleich zu den Glasflaschen der Konkurrenz ist

der Transport um ein Vielfaches leichter. „Wir haben

DANZKA nur ins Unternehmen geholt, weil wir

wussten, dass die Kundengruppe hoch spezialisiert

ist“, sagt Behn. Doch auch in diesem Geschäft ist

Erfolg nicht immer garantiert. Sorgen bereitet dem

Unternehmer momentan vor allem der schwache

Rubel. Immer weniger Russen können sich Reisen

leisten. Und demzufolge auch weniger im Ausland

produzierten Wodka kaufen. „Da müssen wir uns

durchbeißen, irgendwann wird sich das auch wieder

normalisieren.“

Ziel wird es immer bleiben, den Gedanken des Fami-

lienunternehmens zu erhalten und weiterzutragen. Es

ist eine Haltung, die in Eckernförde gelebt wird. Eine

Haltung mit dem Ziel des Erhalts der Unabhängigkeit

als höchstem Gut unternehmerischen Strebens. An

der Ostsee wurden die Voraussetzungen geschaffen,

dass dies auch künftig so bleibt. �

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