Post on 25-Aug-2020
transcript
I
Fabian Stein
SEMINAR
FÜR WIRTSCHAFTSINFORMATIK
UND SYSTEMENTWICKLUNG
Prof. Dr. Werner Mellis
Hauptseminar Wirtschaftsinformatik
im Wintersemester 2010/11
Thema 4: Langzeitarchivierungsstrategien
Einflussfaktoren auf die Wahl einer Langzeitarchivierungsstrategie
vorgelegt von:
Stein, Fabian
II
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis ................................................................................................ III
Abbildungsverzeichnis ................................................................................................. IV
1 Einleitung .....................................................................................................................1
1.1 Problemstellung und Zielsetzung .............................................................................1
1.2 Vorgehensweise .......................................................................................................2
1.3 Aufbau der Arbeit.....................................................................................................2
2 Einführung in die Digital Preservation .....................................................................3
2.1 Definition von Digital Preservation .........................................................................3
2.2 Abgrenzung von Archivierungstechnik und Strategie .............................................4
3 Bestandteile einer Archivierungsstrategie ................................................................5
3.1 Bitstream Preservation .............................................................................................5
3.2 Archivierungstechniken ...........................................................................................5
3.2.1 Technologie Emulation ...................................................................................5
3.2.2 Technologie Preservation ...............................................................................6
3.2.3 Encapsulation ..................................................................................................6
3.2.4 Information Migration ....................................................................................6
3.3 Tools .........................................................................................................................7
3.4 Auswahl der Daten ...................................................................................................8
3.5 Organisation der Langzeitarchivierung ....................................................................8
4 Einflussfaktoren auf die Langzeitarchivierungsstrategie .......................................8
4.1 Auswahl der Faktoren ..............................................................................................8
4.2 Faktoren, die das zu archivierende Objekt bzw. seine digitale
Repräsentation betreffen ..........................................................................................9
4.2.1 Komplexität der Daten ....................................................................................9
4.2.2 Ursprung der Daten .......................................................................................10
4.2.3 Abweichungen zwischen Original- und Archivdaten ...................................11
4.3 Faktoren institutioneller Art ...................................................................................12
4.3.1 Copyright-Verhältnis zum zu archivierenden Objekt ...................................12
4.3.2 Zielgruppe der Institution .............................................................................13
4.3.3 Kosten der Langzeitarchivierung ..................................................................14
5 Fazit ............................................................................................................................16
Literaturverzeichnis ......................................................................................................18
Erklärung .......................................................................................................................23
III
Abkürzungsverzeichnis
BIOS
LZA
VHS
Basic Input Output System
Langzeitarchivierung
Portable Document Format
Video Home System
IV
Abbildungsverzeichnis
Abb. 4-1: Einfluss der objektbezogenen Faktoren……………………………………..12
Abb. 4-2: Einfluss der Faktoren institutioneller Art…………………………………...15
1
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Zielsetzung
Bei der Auswahl der passenden Strategie zur Langzeitarchivierung von digitalen Daten
haben unterschiedlichste Faktoren Einfluss, wie zum Beispiel die Sicherheitsrelevanz
oder der Umfang der zu archivierenden Daten. In der Praxis stellt sich das Problem,
dass die Herleitung einer solchen Strategie zur Archivierung ohne Kenntnis dieser
Faktoren schwierig ist.
Unwissenheit darüber, welche Faktoren Einfluss auf eine Organisation haben, die sich
mit dem Thema Langzeitarchivierung befasst, kann zur Wahl einer falschen oder
weniger geeigneten Strategie führen. Dies kann wiederum dazu führen, dass die Kosten
für eine Langzeitarchivierung falsch eingeschätzt werden und eine mögliche Folge kann
der Verlust wichtiger Daten sein.
Es stellt sich somit die Frage, wie ein besseres Verständnis für die Einflussfaktoren auf
die Wahl einer Langzeitarchivierungsstrategie erreicht werden kann.
Dazu ist eine umfassende Kenntnis über sämtliche Einflussfaktoren notwendig. In der
Literatur aber liegt der Fokus dabei auf der Art der zu archivierenden Daten und dieser
Einflussfaktor wird als Hauptkriterium zur Auswahl der Strategie betrachtet.
Es lieg jedoch die Vermutung nahe, dass die Auswahl der passenden Strategie noch
durch weitere Faktoren beeinflusst wird, wie zum Beispiel durch die Umwelt, in der
eine Organisation agiert.
Ein umfassender(er) Katalog von Faktoren, der über die Art der zu archivierenden
Daten hinausgeht, kann einen Beitrag dazu leisten, die Wahl der Strategie besser zu
verstehen.
Ziel dieser Arbeit soll es daher sein, Einflussfaktoren, die bei der Wahl der
Langzeitarchivierungsstrategie zu beachten sind, zu identifizieren und deren Art des
Einflusses zu beschreiben.
2
1.2 Vorgehensweise
Zur Identifikation der Faktoren, welche Einfluss auf die Wahl der
Langzeitarchivierungsstrategie haben, wurde eine systematische Literatur-Analyse
durchgeführt.
Um die Qualität der Literatur zu sichern, wurde zunächst in A, B und C Journals der
WI-Journalliste der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität
zu Köln gesucht. Da diese Suche jedoch nicht genügend Ergebnisse lieferte, wurde die
Suche auf die kompletten Datenbanken von Ebsco und Emerald Insight ausgeweitet.
Als relevant wurden alle Artikel erachtet, die sich im weitesten Sinne mit Digital
Preservation beschäftigen, um einen möglichst großen Einzugsbereich für Faktoren zu
garantieren. Nach Lesen des Abstracts der Artikel wurde eine Vorauswahl getroffen,
und jene Artikel ausgeschlossen, bei denen ersichtlich war, dass sie keinen Beitrag zu
dieser Arbeit leisten können. Die übrigen Artikel wurden komplett gelesen und dabei
hinsichtlich Aussagen zu Einflüssen auf Langzeitarchivierung analysiert.
Zusätzlich zu der wissenschaftlichen Literatur wurden auch die Praxisprojekte
PANDORA1, CEDARS2, CAMiLEON3, Nedlib4 und InterPARES5 untersucht. Kriterien
für die Wahl der Praxisprojekte waren fortgeschrittenes Stadium und eine ausführliche
Dokumentation.
1.3 Aufbau der Arbeit
Um zu untersuchen welche Faktoren Einfluss auf die Wahl einer
Langzeitarchivierungsstrategie haben, wird in Kapitel zwei zunächst eine kurze
Einführung in die Digital Preservation gegeben. Im Rahmen dessen werden Probleme
der Langzeitarchivierung erläutert, welche die Strategie adressieren muss.
1 o. V. (2010) a. 2 o. V. (1998).
3 o. V. (o. J.) a. 4 o. V. (o. J.) b. 5 o. V. (o. J.) c.
3
In Kapitel 3 werden die Hauptbestandteile einer Langzeitarchivierungsstrategie
dargestellt, welche mithilfe der Literaturrecherche identifiziert wurden. Dabei liegt der
Fokus auf den Archivierungstechniken, da ihre Wahl den Kern der Strategie darstellt.
Kapitel vier erläutert schließlich, wie die Faktoren ausgewählt wurden und ordnet sie
Kategorien zu. Der Entscheidungsprozess zur Strategiewahl hängt von
Objektcharakteristika und von institutionellen Anforderungen ab.6 Daher bilden Kapitel
4.2 und 4.3 die Kategorien ‚Faktoren, die das zu archivierende Objekt bzw. seine
digitale Repräsentation betreffen‘ und ‚Faktoren institutioneller Art‘ gewählt.
2 Einführung in die Digital Preservation
2.1 Definition von Digital Preservation
Mit der zunehmenden Menge an Informationen, die erstellt, gespeichert und in digitalen
Formaten verteilt wird, ist die Erhaltung der Information über einen langen Zeitraum ein
zentrales Anliegen.7
Digitale Daten liegen in einer Folge von Bitströmen vor und der Verlust der Daten
durch Fehler im Bitstrom kann eine Reihe von Gründen haben.8 Zum einen können
Daten durch Unachtsamkeit verloren gehen, beispielsweise durch einen Kratzer auf
einer CD, oder wenn eine Festplatte einem Magneten ausgesetzt ist. Auch ist es
problematisch, wenn der Überblick über die Daten verloren geht. Grund dafür ist z. B.,
dass Daten nicht wiedergefunden werden wenn zu viele Daten existieren oder die
Metadaten für eine Suche nicht vorliegen. Technische Probleme liegen vor, wenn
Bitströme beschädigt werden, beispielsweise durch Hardwaredefekte. Zu diesen
Gefahren, von denen alle Speichermedien grundsätzlich betroffen sind, kommt die
Veralterung von Datenformaten und Geräten, die zum Lesen bzw. Bearbeiten der Daten
benötigt werden, hinzu. Das bedeutet, dass Daten nicht mehr genutzt werden können,
sobald ein benötigtes (Daten-)Format nicht mehr unterstütz wird, oder die
entsprechende Hardware zur Nutzung der Daten auf Grund des technologischen
Fortschritts nicht mehr verfügbar ist.
6 Vgl. Strodel et al. (2007), S. 4. 7 Vgl. Hart, Liu (2003), S. 93. 8 Vgl. zu diesem Absatz Dougherty (2010), S. 445.
4
Die so genannte Digital Preservation, versucht den oben genannten Problemen
entgegenzuwirken. Für diese Arbeit werden die Begriffe Digital Preservation und
Langzeitarchivierung synonym verwendet, da es sich lediglich um eine Übersetzung
handelt. Der Fokus der Langzeitarchivierung liegt darauf, das Problem der Veralterung
von Datenformaten zu lösen, um digitale Informationen für zukünftige Generationen zu
erhalten. Die Bestandteile des Begriffs Langzeitarchivierung werden wie folgt definiert:
„Langzeit ist die Umschreibung eines nicht näher fixierten Zeitraumes, währenddessen
wesentliche, nicht vorhersehbare technologische und soziokulturelle Veränderungen
eintreten; Veränderungen, die sowohl die Gestalt als auch die Nutzungssituation
digitaler Ressourcen in rasanten Entwicklungszyklen vollständig umwälzen können“.9
„Archivieren bedeutet […] mehr als nur die dauerhafte Speicherung digitaler
Informationen auf einem Datenträger. Vielmehr schließt es die Erhaltung der
dauerhaften Verfügbarkeit und damit eine Nachnutzer und Interpretierbarkeit der
digitalen Ressourcen mit ein.“10
2.2 Abgrenzung von Archivierungstechnik und Strategie
Der Begriff Strategie im Zusammenhang mit Langzeitarchivierung wird in der Literatur
unterschiedlich verwendet. Die National Bibliothek von Australien versteht z. B.
Migration und Technology Preservation als Strategie,11 während Lee et al. darunter
lediglich Archivierungstechniken verstehen.12
Um den in Kapitel 2.1 genannten Problemen gerecht zu werden muss eine
Langzeitarchivierungsstrategie aber mehr als nur die Archivierungstechnik
berücksichtigen, da sich die Archivierungstechnik eher auf technische Fragen bezieht.
Organisatorische Aspekte beispielsweise werden durch die Archivierungstechnik nicht
angesprochen.
9 Neuroth et al. (2010), S. 17. 10 Neuroth et al. (2010), S. 18. 11 Vgl. o. V. (2003). 12 Vgl. Lee et al. (2002), S. 94.
5
Daher werden für diese Arbeit die Archivierungstechniken, wie sie im folgenden
Kapitel 3.1 beschrieben werden, als wesentlicher Bestandteil einer umfassenderen
Strategie verstanden.
3 Bestandteile einer Archivierungsstrategie
3.1 Bitstream Preservation
Unter Bitstream Preservation, auch Speicherstrategie genannt, versteht man den
physischen Erhalt des Datenobjekts.13 Im Gegensatz zur logischen Erhaltung des
Datenobjekts, welche seine Interpretierbarkeit sicherstellen soll, geht es bei der
Bitstream Preservation lediglich um den Erhalt des digitalen Signals. Das Signal ist eine
grundlegende Voraussetzung zur Archivierung eines Objekts, da bei Verlust des Signals
weitere Archivierungsaktivitäten hinfällig sind.
Eine effektive Speicherstrategie beinhaltet vier grundlegende Vorgänge bzw.
Prinzipien.14 Dabei handelt es sich zum einen um redundante Datenhaltung wobei die
unterschiedlichen Kopien möglichst räumlich getrennt aufbewahrt werden sollten. Zum
anderen sollten mindestens zwei unterschiedliche Datenträgertypen, z. B. CD und
Festplatte, verwendet werden. Weiterhin sollten die Datenträgertypen international
verbreiteten Standards entsprechen. Schließlich ist noch auf regelmäßige
Datenträgermigration zu achten.
3.2 Archivierungstechniken
3.2.1 Technologie Emulation
Bei dieser Archivierungstechnik werden das originale Anwendungsprogram bzw. die
Daten in ihrer ursprünglichen Form aufbewahrt.15 Um die ursprünglichen Daten oder
Anwendungsprogramme lesen zu können, werden ein oder mehrere Software-
Zwischenschichten wie das BIOS und das Betriebssystem benötigt.16 Da die
Zwischenschichten selbst eine bestimmte Hardware benötigen, die in der Zukunft auf
Grund der technologischen Fortschritte gegebenenfalls nicht mehr verfügbar sein kann,
13 Vgl. zu diesem Absatz Neuroth et al. (2002), S. 162. 14 Vgl. zu diesem Absatz Neuroth et al. (2002), S. 163. 15 Vgl. zu diesem Abschnitt Lee et al. (2002), S. 95. 16 Vgl. Anderson, Delve, Pinchbeck (2010), S. 111.
6
ahmt ein Emulatorprogramm das Verhalten der ursprünglichen Hardware und Software-
Zwischenschichten nach. Es handelt sich bei einem Emulator um eine Software, welche
eine sogenannte virtuelle Maschine bildet.17 Die veraltete Hardware zu erhalten ist also
ausdrücklich nicht Teil der Technologie Emulation, sondern der Emulator soll auf
aktueller Hardware laufen.
3.2.2 Technologie Preservation
Die Technik der Technologie Preservation beinhaltet das Erhalten des ursprünglichen
Anwendungsprogramms, Betriebssystems und der Hardware.18 Ziel ist es insbesondere,
das Verhalten sowie das Aussehen und Gefühl der ursprünglichen digitalen Objekte zu
erhalten. Lee et al. schlagen dazu ein „komplettes Museum“ mit alter Hard- und
Software vor. Der Begriff des Computermuseums wird allerdings von Neuroth et al.
kritisiert, da sich die Ziele der Archivierung digitaler Objekte von denen eines
Technikmuseums im eigentlichen Sinne unterschieden.19
3.2.3 Encapsulation
Bei der Technik der Encapsulation werden das digitale Objekt selbst und die
Informationen darüber, wie jenes Objekt zu interpretieren ist, zusammen ‚gekapselt‘.20
Die Kapselung wird erreicht durch physische oder logische Strukturen, den sogenannten
Containern. Ein Container kann zum Beispiel neben dem digitalen Objekt die
ursprüngliche Anwendung, mit der es kreiert und genutzt wurde, enthalten.
3.2.4 Information Migration
Bei der Migration von digitalen Informationen wird das digitale Objekt periodisch von
einer veralteten Hardware-/Software-Konfiguration in eine neue technologisch folgende
Konfiguration transferiert.21 Ein Beispiel dafür ist die Anpassung von
Anwendungsprogrammen für ein neues Betriebssystem. Aber auch die Konvertierung
17 Vgl. Haupt et al. (2009), S. 201. 18 Vgl. zu diesem Absatz Lee et al. (2002), S. 95. 19 Vgl. Neuroth et al. (2010), S. 183. 20 Vgl. zu diesem Absatz Lee et al. (2002), S. 98. 21 Vgl. Andre et al. (1996), S. 6.
7
einer Datei in ein anderes Format fällt unter die Technik der Migration. Eine Migration
oder Konvertierung kann mit oder ohne Informationsverlust verbunden sein.22
Es wird zwischen vier Typen der Migration unterschieden.23 Zum einen gibt es das so
genannte ‚Refreshment‘, bei welchem es sich um eine Datenträgermigration handelt, bei
der der Bitstream unverändert auf ein neues, gleichartiges Speichermedium kopiert
wird. Der Typ ‚Replication‘ ist ebenfalls eine Datenträgermigration mit unverändertem
Bitstream, jedoch ist das Speichermedium nicht vom selben Typ. Beim Typ
‚Repackaging‘ kommt es zu kleinen Änderungen im Bitstream. Der letzte Typ
‚Transformation‘ versucht den Inhalt des digitalen Objekts zu erhalten, wobei sonstige
Änderungen am Bitstream, wie etwa am Änderungen Format, zulässig sind. Ein
Beispiel hierfür ist die Konvertierung eines Worddokuments in ein PDF. Lee et al.
betrachten den Typ ‚Transformation‘ als die eigentliche Migration,24 da es sich bei den
anderen Typen um Formen der Bitstream Preservation handelt.
3.3 Tools
Es existieren diverse Software-Werkzeuge, die bestimmte Bereiche der
Langzeitarchivierung unterstützen. Beispielsweise können mit der Software JHOVE das
Format und technische Metadaten aus einem Datenobjekt automatisch extrahiert
werden25, was später die Interpretation ermöglicht. Weitere Bereiche in denen Tools
zum Einsatz kommen, betreffen die Identifikation von Datenobjekten,
Datenbeschreibung, Datenhaltung, das Management und die Planung von
Langzeitarchivierung, Repositorien und Bibliotheksmodelle und Webarchivierung.26
Da das Angebot an Werkzeugen sehr umfangreich ist,27 sollte die
Langzeitarchivierungsstrategie die Auswahl und Kombination der Tools untereinander
berücksichtigen um sicher zu stellen, dass sie miteinander kompatibel sind und sich
optimal ergänzen.
22 Vgl. Neuroth et al. (2002), S. 170. 23 Vgl. zu diesem Absatz o. V. (2002), S. 7. 24 Vgl. Lee et al. (2002), S. 96. 25 Vgl. o. V. (2009). 26 Vgl. o. V. (2010) b. 27 Für eine Liste und Beschreibung frei verfügbarer Tools vgl. o. V. (o. J.) d.
8
3.4 Auswahl der Daten
Eine Organisation muss festlegen, welche Daten sie langfristig archivieren möchte.
Bergmeyer et al. (2008) schlagen vor, hierfür Sammelrichtlinien, Auswahlkriterien und
Bewertungskriterien zu erstellen. Häufig ergäben sich diese Kriterien aus dem
Gesamtauftrag der Institution oder seien durch Gesetze vorgegeben. Eine sorgfältige
Auswahl der zu archivierenden Daten ist wichtig, da durch die Masse an Informationen,
welche über einen langen Zeitraum generiert wird, die Gefahr besteht den Überblick
über die Daten zu verlieren. Eine Weitere Gefahr ist, dass die falschen Daten archiviert
werden und das Archiv seine Zielvorgaben nicht erfüllt.
3.5 Organisation der Langzeitarchivierung
Bei der Organisation der Langzeitarchivierung geht es darum, sinnvolle Arbeitsabläufe
zu entwickeln, die den gesamten Weg eines digitalen Objekts sowohl in das Archiv als
auch in umgekehrter Richtung abdecken.28 Die ‚nestor-Arbeitsgruppe
Vertrauenswürdige Archive‘ hat eine Reihe von Maßnahmen und Richtlinien
aufgestellt, die bei der Organisation zu berücksichtigen sind.29 Dazu gehören zum
Beispiel das Definieren von Zielen und Zielgruppen, die Dokumentation von Prozessen,
das Klären von Verantwortlichkeiten und die Finanzierung. Da der Fokus in dieser
Arbeit jedoch auf den Einflussfaktoren zur Wahl der Strategien liegt, soll hier nicht
weiter auf die Maßnahmen eingegangen werden.
4 Einflussfaktoren auf die Langzeitarchivierungsstrategie
4.1 Auswahl der Faktoren
In einem ersten Schritt wurden die Literatur und die Praxisprojekte daraufhin überprüft,
ob konkrete Einflussfaktoren auf die Langzeitarchivierungsstrategie genannt wurden. In
einem weiteren Schritt wurden Aussagen, die sich auf die Wahl einer
Langzeitarchivierungsstrategie beziehen identifiziert und gesammelt.
Artikelübergreifend wurden inhaltlich ähnliche Aussagen zu Gruppen zusammengefasst
und zu einem Einflussfaktor abstrahiert.
28 Vgl. Neuroth et al. (2002), S. 381. 29 Vgl. Bergmeyer et al. (2008), S. 11-20.
9
Ebenso wurden Aussagen dazu gesammelt, auf welche Art und Weise die Faktoren die
Strategie beeinflussen. Durch eine Zusammenfassung und Abstraktion dieser Aussagen
wurde die Art des Einflusses ermittelt.
4.2 Faktoren, die das zu archivierende Objekt bzw. seine digitale Repräsentation
betreffen
Faktoren, die in diese Kategorie fallen, resultieren entweder direkt aus den Daten, die
archiviert werden sollen, oder aus dem ursprünglichen Objekt. Unter Umständen
unterscheidet sich das zu archivierende Objekt selbst, von den Daten die archiviert
werden, was z. B. durch Migration geschehen kann.
4.2.1 Komplexität der Daten
Nach Lee et al. steht die Komplexität der Daten am Anfang des Prozesses zur Wahl der
richtigen Archivierungstechnik.30
Informationen werden digital als Bit-Folge repräsentiert.31 Diese Bit-Folge muss in der
richtigen Art und Weise interpretiert werden um die Daten lesen und speichern zu
können. Diese Interpretation der Daten wird durch ein definiertes Dateiformat
ermöglicht. Ein Programm, das die Daten verwaltet, muss dazu das Dateiformat kennen,
um die Bit-Folge semantisch korrekt auswerten zu können.
Die Art der Datei ergibt sich aus der Konzeption des Objekts. „Das konzeptuelle Objekt
beschreibt […] die gesamte Funktionalität, die dem Benutzer des digitalen Objekts mit
Hilfe von dazu passender Soft- und Hardware zur Verfügung steht“32.
Die Komplexität ergibt sich somit aus der Art der Datei (z.B. Textdatei vs. Videodatei)
und dem Format in dem die Daten vorliegen (z.B. TXT vs. DOC).
Die Komplexität der Daten hat in erster Linie Auswirkungen auf die Wahl der
Archivierungstechnik innerhalb der Strategie.33 Lee et al. unterscheiden hauptsächlich
zwischen den beiden Ansätzen, die Technologie zu erhalten um bestimmte Daten zu
30 Vgl. Lee et al. (2002), S. 103. 31 Vgl. zu diesem Absatz Neuroth et al. (2010), S. 140, 143-144. 32 Neuroth et al. (2010), S. 142. 33 Vgl. zu diesem Absatz Lee et al. (2002), S. 95, S. 103.
10
lesen (Technology Preservation/Emulation), oder die Daten in aktuelle Formate zu
konvertieren (Migration). Je komplexer die Daten sind, oder wenn sogar das
Dateiformat unbekannt ist, desto aufwändiger ist es, die Daten in neue Formate zu
übertragen. Hier wäre es ggf. einfacher, die Technologie, z. B. die Software, die mit
dem Format umgehen kann, zu bewahren.
Beispielsweise wäre die Konvertierung einer großen Video-Dateisammlung sehr
zeitaufwändig, da dazu die Dateien neu gerendert werden müssen. Die Erhaltung des
sog. Codecs könnte hier sinnvoller sein.
4.2.2 Ursprung der Daten
Beim Ursprung von Daten wird zwischen ‚born digital‘ und ‚made digital‘
unterschieden, wobei beide Formen unterschiedliche Archivierungsmethoden und
Ansätze benötigen.34 Born digital bedeutet, dass die Daten bereits bei ihrer Entstehung
digital vorlagen, wie es etwa bei der Erstellung einer Webseite der Fall ist. Made digital
bedeutet, dass die Informationen ursprünglich analog vorlagen und dann digitalisiert
wurden, wie zum Beispiel beim Konvertieren einer VHS-Videokassette in das mpeg-
Format.
Die Herausforderung bei born digital Daten ist die, dass es keine papierbasierten (oder
generell analoge) Sicherungskopien gibt und in der Regel spezifische Hard- und
Software zur Interpretation benötig wird.35 Das bedeutet für die Preservationstechnik,
dass sie den Bitstream nicht ändern darf, wie es z. B. bei der ‚Transformation‘ der Fall
ist. Bei made digital Informationen ist die größte Herausforderung, die Authentizität
des Originales zu übernehmen und zu erhalten.36 Historische Schriften beispielsweise
würden an Authentizität verlieren, wenn nur die reine Textinformation gespeichert wird.
Eine Digitalisierung im Bildformat (z. B.) Jpeg erhielte auch eine Handschrift und
Gebrauchsspuren der historischen Schrift.
34 Vgl. Anbu, Chiambo (2009), S. 44-45. 35 Vgl. Anbu, Chiambo (2009), S. 45. 36 Vgl. Anbu, Chiambo (2009), S. 45.
11
4.2.3 Abweichungen zwischen Original- und Archivdaten
Während der gesamten Zeit einer Digital Preservation, die sich über Jahrzehnte
hinzieht, kann es zu Verlusten unterschiedlicher Art kommen. Verluste können sich z.
B. darin äußern, dass sich Dokumentcharakteristiken beim Migrationsprozess oder sich
Arten der Nutzerinteraktion durch Emulation ändern.37
Ein Beispiel für Änderungen in der Dokumentcharakteristik liegt vor, wenn Hyperlinks
durch den Migrationsprozess wegfallen und so die ursprüngliche Navigation im
Dokument nicht mehr gegeben ist. Ein anderes Beispiel für Verlusten am
ursprünglichen ‚look and feel‘ ist gegeben, wenn eine veraltete Spielkonsole auf einem
PC emuliert wird. Dann steuert der Nutzer das Spiel über die Tastatur und nicht mehr
über einen Controller.
Da ein gewisser Informationsverlust während des gesamten Preservationsprozess
unvermeidbar ist,38 muss in einer Langzeitarchivierungsstrategie analysiert werden, wie
stark die zu archivierenden Objekte von Informationsverlusten betroffen sind. Ebenso
muss definiert sein, inwieweit Abweichungen zum Original zulässig sind.
Die Abweichung zwischen Original- und Archivdaten wirkt sich insbesondere auf die
Entscheidung zwischen Technology Preservation und anderen Archivierungstechniken
aus. Nur die Technology Preservation garantiert eine weitgehende Freiheit von
Abweichungen. Dennoch sind auch hier Änderungen am Archivobjekt in machen Fällen
zwingend, z. B. wenn keine original Ersatzteile verfügbar sind und deshalb auf
Alternativen zurückgegriffen werden muss.
Für das obige Beispiel der Spielkonsole muss eine Definition der Abweichungstoleranz
festlegen, ob nur das für den Nutzer sichtbare Verhalten der Konsole erhalten werden
soll. In diesem Fall würde dies für die Langzeitarchivierungsstrategie bedeuten, dass
Emulation inklusive einer Controllerschnittstelle ausreichend ist. Falls aber auch die Art
ihrer Funktion zu historischen Zwecken, z. B. mit Originalschaltkreisen oder
Prozessoren, erhalten werden soll, muss die Archivierungstechnik das Speichern von
37 Vgl. Strodel et al. (2007), S. 2. 38 Vgl. Strodel et al. (2007), S. 2.
Metadaten ermöglichen. In den Metadaten können dann Änderungen dokumentiert und
so Rückschlüsse auf die ursprüngliche Funktionsweise ermöglicht werden.
Abbildung 4-1 zeigt schematisch, auf welche Bereiche der LZA die o
Faktoren wirken. Die Farben dienen lediglich der besseren Übersicht und haben keine
Semantische Bedeutung.
Abb. 4-1: Einfluss der objektbezogenen Faktoren
4.3 Faktoren institutioneller Art
Langzeitarchivierung kann von verschiedenen Institutio
werden, beispielsweise von Bibliotheken, Softwareherstellern oder Regierungen.
Faktoren, die in die Kategorie ‚Faktoren institutioneller Art‘ fallen, beziehen sich auf
die Rahmenbedingungen, in denen diese Institutionen agieren
wie z. B. deren Größe.
4.3.1 Copyright
Viele Inhalte, seien sie digital oder physisch vorhanden, unterliegen einem
Urheberrecht. Es kann vorkommen, dass eine Institution, welche eine
Langzeitarchivierung durchführen möchte, diese Inhalte nicht selbst besitzt, sondern sie
vom Besitzer lizensiert hat, oder Exemplare besitzt, die sie nicht ohne weiteres
vervielfältigen darf. Dies ist zum Beispiel bei Bibliotheken der Fall. Eine Studie von
Muir ergab, dass z. B. das Urheberrecht von Großbritannien eine Vervielfältigung von
12
Metadaten ermöglichen. In den Metadaten können dann Änderungen dokumentiert und
so Rückschlüsse auf die ursprüngliche Funktionsweise ermöglicht werden.
1 zeigt schematisch, auf welche Bereiche der LZA die o
Faktoren wirken. Die Farben dienen lediglich der besseren Übersicht und haben keine
Semantische Bedeutung.
1: Einfluss der objektbezogenen Faktoren
Faktoren institutioneller Art
Langzeitarchivierung kann von verschiedenen Institutionen oder Personen betrieben
werden, beispielsweise von Bibliotheken, Softwareherstellern oder Regierungen.
Faktoren, die in die Kategorie ‚Faktoren institutioneller Art‘ fallen, beziehen sich auf
die Rahmenbedingungen, in denen diese Institutionen agieren
wie z. B. deren Größe.
Copyright-Verhältnis zum zu archivierenden Objekt
Viele Inhalte, seien sie digital oder physisch vorhanden, unterliegen einem
Urheberrecht. Es kann vorkommen, dass eine Institution, welche eine
vierung durchführen möchte, diese Inhalte nicht selbst besitzt, sondern sie
vom Besitzer lizensiert hat, oder Exemplare besitzt, die sie nicht ohne weiteres
vervielfältigen darf. Dies ist zum Beispiel bei Bibliotheken der Fall. Eine Studie von
dass z. B. das Urheberrecht von Großbritannien eine Vervielfältigung von
Metadaten ermöglichen. In den Metadaten können dann Änderungen dokumentiert und
so Rückschlüsse auf die ursprüngliche Funktionsweise ermöglicht werden.
1 zeigt schematisch, auf welche Bereiche der LZA die objektbezogenen
Faktoren wirken. Die Farben dienen lediglich der besseren Übersicht und haben keine
nen oder Personen betrieben
werden, beispielsweise von Bibliotheken, Softwareherstellern oder Regierungen.
Faktoren, die in die Kategorie ‚Faktoren institutioneller Art‘ fallen, beziehen sich auf
die Rahmenbedingungen, in denen diese Institutionen agieren und interne Eigenschaften
Verhältnis zum zu archivierenden Objekt
Viele Inhalte, seien sie digital oder physisch vorhanden, unterliegen einem
Urheberrecht. Es kann vorkommen, dass eine Institution, welche eine
vierung durchführen möchte, diese Inhalte nicht selbst besitzt, sondern sie
vom Besitzer lizensiert hat, oder Exemplare besitzt, die sie nicht ohne weiteres
vervielfältigen darf. Dies ist zum Beispiel bei Bibliotheken der Fall. Eine Studie von
dass z. B. das Urheberrecht von Großbritannien eine Vervielfältigung von
13
Inhalten zum Zwecke der Langzeitarchivierung nicht erlaubt.39 Deshalb muss in der
Langzeitarchivierungsstrategie berücksichtigt werden, ob die betroffenen Inhalte
überhaupt archiviert werden dürfen.
Auch kann der Fall vorliegen, dass eine Bibliothek Inhalte nur für einen bestimmten
Zeitraum abonniert hat und die Nutzungsrechte mit Ablauf des Abonnements
verfallen.40 Um rechtliche Konsequenzen für die Institution zu vermeiden, stellt sich die
strategische Frage, ob solche Inhalte überhaupt archiviert werden sollen. Falls dies
geschehen soll, muss die Langzeitarchivierungsstrategie es ermöglichen, temporär
lizensierte Inhalte auch später noch zu erkennen und ggf. zu entfernen. Dabei muss die
Strategie berücksichtigen, dass keine anderen Inhalte davon in Mitleidenschaft gezogen
werden. Dies könnte sich z.B. darin äußern, dass sich der Kontext weiterbestehender
Inhalte durch die entfernten Inhalte ändert und somit möglicherweise seine Aussage
verfälscht. Konkret äußert sich diese Problem beispielsweise auf der Videoplattform
Youtube. Nachdem die Lizenzen der Gema für die Werke der von ihr vertretenen
Künstler im Jahr 2009 abgelaufen ist,41 stehen viele Videos nur noch ohne Ton zur
Verfügung.
4.3.2 Zielgruppe der Institution
Die Langzeitarchivierung hat mit einem grundsätzlichen Paradoxon zu kämpfen,
welches durch den Nutzer eines Archivs verursacht wird.42 Auf der einen Seite möchte
der Nutzer, dass die digitalen Informationen vollständig sind und sich das
Archivierungsobjekt bei der Nutzung so wie das Original verhält. Das digitale Objekt
soll also verlässlich und authentisch sein. Auf der anderen Seite möchte der Nutzer auf
das digitale Objekt mit der neuesten Technologie möglichst komfortabel zugreifen.
Bei der Erstellung einer Langzeitarchivierungsstrategie muss dieses Paradoxon beachtet
werden indem analysiert wird wer die Nutzer des Archivs sind, und welche Präferenzen
sie haben. Nicht nur die heutigen Nutzer sind dabei von Interesse, sondern auch
zukünftige Nutzergruppen und deren Ansprüche müssen antizipiert werden.
39 Vgl. Muir (2010), S. 82. 40 Vgl. Muir (2010), S. 74. 41 Vgl. Stefan Krempl (2009). 42 Vgl. zu diesem Absatz Smith (2003), S. 5.
14
In manchen Fällen bevorzugen Nutzer digitale Objekte, die verändert wurden um auf
aktuellen Technologien genutzt werden zu können, obwohl das ‚look and feel‘ der
Objekte dadurch verändert wurde.43
Zum Beispiel unterscheiden sich die Interessen und Ansprüche von Nutzern einer
digitalen Bibliothek von denen der Nutzer von Videospielarchiven. Eine Studie zeigte,
dass Nutzer einer digitalen Bibliothek an nahtlosem Zugang zu heterogenen
Informationen interessiert sind, ungeachtet der Frage wo, bei wem, und in welchem
Format die Daten gehalten werden.44 Die Migration der digitalen Dokumente erfüllt
diesen Anspruch, da bei der Migration die Textinformation nicht geändert wird.
Die Nutzer von alten Videospielen werden hingegen eher an authentischer Interaktivität
interessiert sein. Obwohl Technologie Preservation der Authentizität am ehesten gerecht
wird, eignet sie sich nicht, die digitalen Objekte einer breiten Masse zugänglich zu
machen, da sich die ursprüngliche Hardware nicht originalgetreu reproduzieren lässt.
Technologie Preservation würde sich also in diesem Beispiel nur eignen, wenn die
Zielgruppe bereit ist, ein Technikmuseum zu besuchen. Wenn möglichst viele Nutzer
erreicht werden sollen, eignet sich eine Emulation des Originalsystems besser, da
Anwender den Emulator auf ihren eigenen PCs verwenden können. Falls sich eine
Institution für Emulation entscheidet, müsste die Leistungsfähigkeit der Hardware, die
dem Nutzer zur Verfügung steht, abgeschätzt werden. Wenn den Nutzern nur schwache
Hardware zur Verfügung steht, sollte Migration als Archivierungstechnik erwägt
werden um die Ressourcen, die ein Emulator benötigt, einzusparen.
Eine Studie im Rahmen das CAMiLEON Projekt kommt zwar zu dem Schluss, dass
Emulation nicht unbedingt der Migration überlegen ist,45 jedoch handelte es sich bei
dem migrierten Videospiel um ein wenig komplexes Programm.
4.3.3 Kosten der Langzeitarchivierung
Der Aufbau eines digitalen Langzeitarchivs ist mit Kosten vor allem für Hardware,
Software, Personal, Gebäude und Instandhaltung verbunden. Da keiner Institution
43 Vgl. Hedstrom, Lampe (2001). 44 Vgl. Greenstein, Thorin (2002), S. 14. 45 Vgl. Hedstrom, Lampe (2001).
15
unbegrenzte finanzielle Mittel zur Verfügung stehen, haben Kosten einen großen
Einfluss auf die Langzeitarchivierung.46 Für die Langzeitarchivierung gilt insbesondere,
dass das Personal bei Technologieänderungen neu geschult werden muss, wodurch
zusätzliche fortlaufende Kosten entstehen. Ein weiterer Grund für die hohe Bedeutung
der Kosten stellt die Gefahr des Informationsverlusts dar, wenn die finanziellen
Ressourcen während des Langzeitarchivierungsprojekts ausgehen.
Daher muss in der Langzeitarchivierungsstrategie dafür Sorge getragen werden, dass
finanzielle Mittel auch langfristig zur Verfügung stehen. Die langfristige
Kostenkalkulation ist jedoch schwierig. „Während die normalerweise einmalig
anfallenden Aufbau- und Beschaffungskosten zumindest grob kalkuliert werden
können, fehlen stabile Werte und Erfahrungen für den längerfristigen Betrieb
eines digitalen Langzeitarchivs.“47
Die Langzeitarchivierungsstrategie muss jedoch nicht nur die Kostenplanung selbst
beinhalten, sondern auch die Höhe der finanziellen Mittel, die der Organisation zur
Verfügung stehen, beeinflusst verschiedene Aspekte der Strategie. Zum Beispiel wurde
festgestellt, dass Emulation für große Archive langfristig kosten-effektiver ist als
Migration,48 es ist jedoch denkbar, dass die Organisation die hohen Investitionskosten
für die Entwicklung des Emulators nicht tragen kann und sich deshalb für Migration als
Archivierungstechnik entscheidet.
Abbildung zwei zeigt schematisch, auf welche Bereiche der LZA die Faktoren
institutioneller Art Einfluss haben. Die unterschiedlichen Farben dienen auch hier nur
der Übersicht.
46 Vgl. zu diesem Absatz Anbu, Chiambo (2009), S. 55. 47 Hagel et al. (2009), S. 67. 48 Vgl. Oltmans, Kol (2005).
Abb. 4-2
5 Fazit
Die Arbeit hat dargestellt, was eine Langzeitarchivierungsstrategie beinhalte
konnte aufzeigen, welche Faktoren Einfluss auf die Bestandteile einer
Langzeitarchivierungsstrategie haben. Die Faktoren, die identifiziert wurden, sind
hauptsächlich generischer Art, welche auf die meisten Initiativen zur
Langzeitarchivierung z
Aus der Betrachtung der Praxisprojekte wurde jedoch deutlich, dass weitere
projektspezifische Aspekte hinzukommen, die sich nicht verallgemeinern lassen. Das
liegt insbesondere daran, dass sich die Praxisprojekte sehr individuelle Ziele gesetzt
haben und sich meist auf eine einzelne Domäne, z. B. Onlinepublikationen oder
Bibliotheken, beschränken.
Aber auch für die in dieser Arbeit identifizierten Faktoren gilt, dass sie nicht für alle
Organisationen und Projekte von gleicher Bedeutung sind. Für e
beispielsweise, spielt das Copyrightverhältnis zum zu archivierenden Objekt sicher eine
größere Rolle, als die Komplexität der Daten. Die Faktoren müssen also im Einzelfall
gewichtet werden.
Bei der Vorgehensweise hat die Literaturrecherche
wohingegen aus der Analyse der Praxisprojekte kaum Faktoren abstrahiert werden
konnten. Dies lag zum einen an der oben genannten Individualität der Projekte und zum
anderen daran, dass die Projekte erst nach der Literaturr
so wenig neue Erkenntnisse gebracht haben.
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2: Einfluss der Faktoren institutioneller Art.
Die Arbeit hat dargestellt, was eine Langzeitarchivierungsstrategie beinhalte
konnte aufzeigen, welche Faktoren Einfluss auf die Bestandteile einer
Langzeitarchivierungsstrategie haben. Die Faktoren, die identifiziert wurden, sind
hauptsächlich generischer Art, welche auf die meisten Initiativen zur
Langzeitarchivierung zutreffen.
Aus der Betrachtung der Praxisprojekte wurde jedoch deutlich, dass weitere
projektspezifische Aspekte hinzukommen, die sich nicht verallgemeinern lassen. Das
liegt insbesondere daran, dass sich die Praxisprojekte sehr individuelle Ziele gesetzt
aben und sich meist auf eine einzelne Domäne, z. B. Onlinepublikationen oder
Bibliotheken, beschränken.
Aber auch für die in dieser Arbeit identifizierten Faktoren gilt, dass sie nicht für alle
Organisationen und Projekte von gleicher Bedeutung sind. Für e
beispielsweise, spielt das Copyrightverhältnis zum zu archivierenden Objekt sicher eine
größere Rolle, als die Komplexität der Daten. Die Faktoren müssen also im Einzelfall
gewichtet werden.
Bei der Vorgehensweise hat die Literaturrecherche zahlreiche Ergebnisse geliefert,
wohingegen aus der Analyse der Praxisprojekte kaum Faktoren abstrahiert werden
konnten. Dies lag zum einen an der oben genannten Individualität der Projekte und zum
anderen daran, dass die Projekte erst nach der Literaturrecherche betrachtet wurden und
so wenig neue Erkenntnisse gebracht haben.
Die Arbeit hat dargestellt, was eine Langzeitarchivierungsstrategie beinhalten muss und
konnte aufzeigen, welche Faktoren Einfluss auf die Bestandteile einer
Langzeitarchivierungsstrategie haben. Die Faktoren, die identifiziert wurden, sind
hauptsächlich generischer Art, welche auf die meisten Initiativen zur
Aus der Betrachtung der Praxisprojekte wurde jedoch deutlich, dass weitere
projektspezifische Aspekte hinzukommen, die sich nicht verallgemeinern lassen. Das
liegt insbesondere daran, dass sich die Praxisprojekte sehr individuelle Ziele gesetzt
aben und sich meist auf eine einzelne Domäne, z. B. Onlinepublikationen oder
Aber auch für die in dieser Arbeit identifizierten Faktoren gilt, dass sie nicht für alle
Organisationen und Projekte von gleicher Bedeutung sind. Für eine Bibliothek
beispielsweise, spielt das Copyrightverhältnis zum zu archivierenden Objekt sicher eine
größere Rolle, als die Komplexität der Daten. Die Faktoren müssen also im Einzelfall
zahlreiche Ergebnisse geliefert,
wohingegen aus der Analyse der Praxisprojekte kaum Faktoren abstrahiert werden
konnten. Dies lag zum einen an der oben genannten Individualität der Projekte und zum
echerche betrachtet wurden und
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Die meisten Faktoren, die für diese Arbeit abstrahiert werden konnten, haben Einfluss
auf die Wahl der Archivierungstechnik. Das macht zum einen den hohen Stellenwert
der Archivierungstechniken innerhalb der Gesamtstrategie deutlich und ist
möglicherweise ein Grund warum die Begriffe ‚Archivierungsstrategie‘ und
‚Archivierungstechnik‘ in der Literatur unterschiedlich verwendet werden. Auf der
anderen Seite sollten die übrigen Bestandteile der Langzeitarchivierungsstrategie nicht
unterschätzt werden. Forschung nach Einflussfaktoren mit speziellem Fokus auf die
übrigen Bestandteile könnte weitere wichtige Erkenntnisse über die Wahl der
Langzeitarchivierungsstrategie liefern.
Ein Aspekt, den diese Arbeit nur implizit aber nicht explizit berücksichtigt ist, dass die
Faktoren nicht nur Einfluss auf die Langzeitarchivierungsstrategie haben, sondern dass
sich die Faktoren eventuell auch gegenseitig beeinflussen können. Wenn beispielsweise
die Zielgruppe der archivierenden Institution sehr anspruchsvoll ist, bedeutet das, dass
die Abweichungen zwischen Original- und Archivdaten nur gering sein dürfen. Ein
anderes Beispiel für Zusammenhänge zwischen den Faktoren sind die finanziellen
Mittel die der Organisation zur Verfügung stehen. Sie haben nicht nur Einfluss auf die
Archivierungstechnik, sondern auch auf das Copyright-Verhältnis zum
Archivierungsobjekt, da Nutzungsrechte in der Regel mit Kosten verbunden sind.
Lösungsansätze für solch komplexe Zusammenhänge könnten ein weiteres
Forschungsgebiet darstellen.
18
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