Post on 21-Aug-2021
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Sanierung von
Natursteinkonstruktionen
Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf Profanbauten bzw.
Bürgerhäuser, die nicht im denkmalpflegerischen Sinne betreut werden, also
das Bürger- oder Bauernhaus und nicht Kirche, Kloster oder Ritterburg,
errichtet vor der industriellen Revolution.
Ingenieurbüro Dipl.-Bau-Ing. Georg Böttcher 06449 Aschersleben, Hohlweg 20
Tel 03473/ 814201 und 0172/ 3409116 und 072/ 3420515
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Sanierung von Natursteinwänden
aufsteigende Feuchte, Spritzwasser
In der Regel betrifft die Sanierung Bruchsteinwände, da vor allem
Quaderwände in denkmalpflegerisch betreuten Bauten zu finden sind, deren
Sanierung ist ein Sonderbereich des Bauhandwerkes. Trotzdem dem sind
grundlegende Probleme und ihre Lösungen durchaus vergleichbar.
Werkstein- bzw. Quadermauerwerk finden wir in der Regel im Sockelbereich.
Waagerechte Sperrlagen waren vor 1850 nicht geläufig bzw. finanziell nicht
tragbar (Walzblei). Sie kamen erst auf, als billige industriell hergestellte
Ziegelsteine als Hauptbaumaterial zum Einsatz kamen. Auf Grund ihrer
höheren Kapillarität waren waagerechte Sperrschichten erforderlich, wenn
der Sockel nicht in Werkstein aufgeführt wurde.
Die Sperrung gegen aufsteigende Feuchte und Spritzwasser ist aber sowohl
bei Wänden in Lehm- Holzkonstruktion als auch bei Bruchsteinwänden
notwendig.
Die gängige Lösung vor der Einführung von Sperrbahnen bzw. -schichten war
ein gemauerter Sockel aus Quadersteinen über einem Bruchsteinfundament.
Einhäuptiges Quadermauerwerk verfügt nur über eine geringe Fugenfläche,
die Fugen wurden 10 – max. 20 mm dick ausgeführt. Der grobe Kalkmörtel
weist nur eine geringe Kapillarität auf, als Steine wurden dichte, nicht
saugfähige Arten ausgewählt. Weder Spritzwasser noch Erdfeuchte konnte in
nennenswerten Mengen in das Haus bzw. in die darüber liegende
Außenwand gelangen. Der Sockel blieb unverputzt, warum sollte man auch
die gute Handwerksarbeit verstecken?
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Werksteinsockel funktionieren
auch heute noch einwandfrei,
wenn sie wie auf diesem Bild
freigelegt und neu mit
passendem Mörtel verfugt
werden.
Solche Sockel wurden oft nachträglich verputzt und mit sperrenden Belägen
bzw. Anstrichen versehen.
Ein Sperrputz wirkt wie eine kapillare Brücke und transportiert Feuchtigkeit
nach oben in die Wand. Der dichte, sperrende Sockel wird praktisch
überbrückt.
Dazu kommt das Unvermögen, eventuell vorhandene Feuchte in den Fugen
nach außen abzuführen und verdunsten zu lassen.
Wichtig ist weiterhin die Lage der Erdoberfläche zum Sockel, oft wurden durch
Auffüllungen, Anpflasterungen, Beton usw. die ursprünglichen Höhen
verändert, so das die Sockelhöhe nicht mehr ausreicht.
Hier hilft nur Freilegen oder spritzwasserbrechende Kiesstreifen vor der Wand
einbauen. Vor Imprägnierungen und Beschichtungen der Steine ist abzuraten,
allenfalls eine Hydrophobierung ist denkbar, sollte aber mit einem Fachmann
abgeklärt werden und ist unter Fachleuten umstritten.
Defekte Steine sind in gleichem Material auszutauschen bzw. durch
Vierungen auszubessern. Durch geeignete Saniermörtel können defekte
Steinoberflächen ergänzt werden. Der Fugenverstrich sollte mit einem
passenden Saniermörtel ausgebessert bzw. erneuert werden. Normaler
Zementmörtel für Verfugungen ist nicht ratsam, da er zu hart und zu
diffusionsdicht ist. Ausbesserungen von Natursteinwänden mit hartem
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Zementmörtel, auch für die Verfugung, und neuen, oft härteren Steinen kann
zu Rissen bis zum Ablösen von ganzen Schalen führen!
Bei unterkellerten Bauwerken, die mit einer neuen senkrechten Abdichtung
versehen werden und bei der Erneuerung eines Sockelputzes sind unbedingt
die technischen Regeln zu beachten!
...“Das „Abbügeln“ der Fugenoberflächen führt meist zu einer Feinstzuschlagstoff- und Bindemittelanreicherung an der Fugenoberfläche. Die Folgen können u.a. sein: � Risse sowohl an den Steinflanken als auch an der Fugenoberfläche durch
verstärktes Schwinden. � Entstehung eines Festigkeitsgefälles mit einer entsprechenden Veränderung
der Verformbarkeit. Es können Abplatzungen am Stein und am Mörtel auftreten.
� Veränderungen der Porigkeit, z.B. Verminderung des Luftporengehaltes und damit ggf. Verminderung des Frost- und Salzwiderstandes.
� Beeinträchtigung des Diffusionswiderstandes und des Austrocknungsverhaltens in der Fuge, mit der Folge, dass ein Feuchtestau und / oder eine Salzanreicherung hinter der Fugenoberfläche entstehen kann. Dadurch sind Abplatzungen möglich.“
(Zitat aus „Verfugmörtel, Anforderungen, Eigenschaften, Prüfverfahren, Applikation“ von Dr. Ing.- P. Schubert/ A. Dominik expert Verlag Ehningen 1993)
Grund sind die unterschiedlichen Elastizitätsmodule der Materialien.
Wenn im Zuge von anderen Sanierungsmaßnahmen Lastumlagerungen im
Mauerwerk stattfinden, kann es zu Rissen im Grenzbereich beider Materialien
durch Schub- bzw. Scherspannungen aus unterschiedlicher Verformung
kommen. Zementmörtel können durch Bildung von Treibmineralien zu
Salzausblühungen und Absprengungen führen.
Wenn der Sockel in guter Qualität errichtet wurde und genügend hoch über
den Erdboden reicht, ist der nachträgliche Einbau einer waagerechten
Sperrung nicht erforderlich. Oft werden in Unkenntnis der Wirkung eines
solchen Sockelmauerwerkes Sperrputze im Zuge der Sanierung auf Werkstein
aufgetragen. Wenn dazu noch handwerkliche Fehler kommen, kann aus
einer leidlich trockenen Mauer innerhalb weniger Jahre ein Feuchtbiotop
werden. Das erste Zeichen dafür sind Schäden am neuen Sockelputz, der
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Nässe akkumuliert, nach oben führt und dabei durch Salze geschädigt wird.
Hier ein Haus kurz nach der Sanierung (seltsamerweise wurden die
Gefachausmauerungen, die augenscheinlich irgendwann in den letzten
Jahrzehnten mit Abbruchziegeln erneuert wurden, nicht geputzt). Auch
ästhetisch ist das Erdgeschoss mit seinen geraden Putzkanten und Putzflächen
unpassend zum Bild eines Fachwerkes. Das breite Fensterband rechts ist völlig
untypisch und stört die Symmetrie der Fassade
Am Sockel sind bereits Schäden durch Versalzung und Absprengung zu
erkennen:
Detail, der Putz wurde einfach auf das Pflaster geführt Hier kann Feuchtigkeit in den Putz ziehen und kapillar nach oben steigen. Der diffusionsarme Anstrich
verhindert das Verdunsten des Wassers im unteren Bereich. Zumindest wurde der Sockelbereich mit einer Hohlkehle vom oberen Putz abgesetzt, hier hat die aufsteigende Feuchtigkeit weniger kapillares Material zum Aufsteigen.
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Tausalze haben an so einem Sockelputz leichtes Spiel, wie hier zu sehen.
Ein besonders verheerendes Ergebnis einer früheren Sanierung in Eigenleistung
zeigt das nächste Beispiel:
Das vorhandene Sockelmauerwerk, das als Sperre diente, wurde mit P III
überputzt. So wurde aufsteigende Feuchtigkeit nach oben geleitet.
Zu allem Überfluss wurde der Putz auch noch als Natursteinimitat gestaltet!
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Ein weiterer typischer Fehler ist die Verkleidung der Sockel mit keramischen
oder Natursteinfliesen, die den gleichen Schadensverlauf bewirken.
Im Zuge einer Sanierung angebrachte Sockelverkleidung und die Folgen nach ca. 10 Jahren
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Das Nachbarhaus ohne Sockelverkleidung und Anstrich hat keine Schäden, obwohl es zum
gleichen Zeitpunkt saniert wurde.
Neben der Verkleidung mit keramischen bzw. Natursteinplatten und dem
Aufbringen von Sperrputzen ist die Hydrophobierung von Sockelmauerwerk
eine oft praktizierte Methode zur Ertüchtigung der Abdichtungsfunktion im
Spritzwasserbereich. Durch Auftragen eines flüssigen wasserabweisenden
Mittels soll das Eindringen von Wasser vermieden, das Ausdiffundieren von
gasförmigem Wasser aus dem Stein aber ermöglicht werden. Die
Hydrophobierung ist in Kreisen der Denkmalpflege als Mittel zum Schutz von
Natursteinflächen gegen eindringendes Wasser auch heute noch umstritten.
Es besteht die Gefahr der Bildung von Schichten, hinter denen sich über Risse
eindringendes Wasser stauen kann. Falls die Hydrophobierung richtig
funktioniert, besteht die Gefahr der Salzakkumulation hinter der Oberfläche.
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Dazu folgendes Zitat aus einem Artikel im DAB 2/04: „HYDROPHOBIERUNG HISTORISCHER FASSADEN“ Detlef G. Ullrich Historische Fassaden aus Naturstein, Sichtziegeln und manchmal auch Putzen werden immer wieder hydrophobiert, um eine verbesserte Wasserableitung zu erhalten. Da aber gerade diese Fassaden Gesimse und Fugen als Schwachpunkte haben und mit Schadsalzen belastet sein können, besteht die Gefahr, dass die hydrophobierte Schicht durch Salzanreicherungen hinter dieser Schicht abscheren kann. ... „Die Historie“ des Gebäudes mit all ihren Veränderungen wie nachträgliche Sanierungen und Witterungseinflüssen hat in der Regel zu erhöhten Feuchtegehalten und Schadsalzanreicherungen geführt. Wird nun eine Hydrophobierung so ausgeführt oder abgebaut, dass durch Fugen oder andere Bauteile Feuchte mit zusätzlichen gelösten Salzen eindringen kann, wird diese Lösung in den nicht hydrophobierten Teil diffundieren. Der Wasserdampf kann zwar durch die hydrophobierte Schicht wieder an die Außenluft abgegeben werden, aber die Salze bleiben nach der Verdunstung zurück. Sie können zu hygroskopischen Auffeuchtungen führen oder ein Absprengen der hydrophobierten Schicht durch Kristallisationsdruck bewirken. Allgemein geht man von einer Wirkdauer der Hydrophobierung von 10 Jahren
aus. Meine Erfahrungen zeigen aber, dass in Ziegeln und silikatischen
Natursteinen zwar die äußere Schicht von 1 bis 2 mm ihre wasserabweisende
Wirkung nach 20 Jahren eingebüßt haben kann, aber wegen der früher
höheren Wirkstoffgehalte die dahinter liegende Schicht mit einer Stärke von
etwa 20 mm weiterhin ihre volle Eigenschaft besitzt.
Ein guter Natursteinsockel in Werkstein braucht so etwas nicht.
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Das folgende Beispiel zeigt einen typischen Sanierungsverlauf für diesen
Baumangel:
Vor ca. 10 Jahren wurde dieser Altbau neu bis auf Gehweghöhe verputzt.
Der Putz hielt zwar noch leidlich (ca. 1/3 war als Schale komplett abgelöst und
klang hohl, nur durch den reichlichen Zementeinsatz blieben die Schalen
stehen) aber in den Wohnungen des Erdgeschosses traten immer mehr
Feuchteschäden auf, die letztlich zum Leerstand führten.
Die ca. 1 m dicken Wände waren bis 1 m über dem Sockel durchfeuchtet.
Von den Hauseigentümern wurde die Möglichkeit einer waagerechten
Abdichtung der Wände zur Beseitigung der Feuchteerscheinungen erwogen.
Nach Erstellung des Gutachtens konnten die Eigentümer davon überzeugt
werden, das die eigentliche Ursache der Durchfeuchtung nicht in der
fehlenden waagerechten Abdichtung zu suchen ist. Grund für die
Feuchtigkeit- das Übliche: der Putz am Sockel wirkte wie ein Schwamm, der
eindringendes Spritzwasser kapillar nach oben transportierte. Der
aufgebrachte diffusionsdichte Anstrich und der zementgebundene, dichte
Mörtel verhinderten das Abtrocknen des Putzes. Der ursprüngliche Keller des
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Gebäudes wurde während der Sanierung mit Bauschutt verfüllt, darauf kam
als Erdgeschossfußboden eine bewehrte Betonplatte. Damit konnte keine
Feuchtigkeitsabgabe mehr über die Kellerinnenwände erfolgen. Zur
Sanierung wurde als erster Schritt der versalzene und vernässte Putz innen und
außen entfernt. Die leerstehenden Wohnungen wurden über ca. 5 Monate
regelmäßig gelüftet, im Winter die Heizungen angestellt. Danach wurden die
Wände innen wieder mit einem Sanierputz neu verputzt.
Freigelegter Sockel und freigelegtes Außenmauerwerk Nach der Trocknungsphase wurde der Sockel neu verfugt und die Wand mit
einem passenden Putzsystem neu verputzt:
Sanierter Putz in der Trocknungsphase
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Nur die betroffenen bzw. geschädigten unteren Bereiche des Bestandsputzes
wurden erneuert. Dafür ist nicht unbedingt ein Sanierputz erforderlich. Auch
ein guter Luftkalkputz aus Weißkalkhydrat und scharfem Sand kann die
gleiche Funktion erfüllen und auch noch billiger sein.
Fertiggestellte Wand mit mineralischem Oberputz Die Wohnungen im Erdgeschoss sind wieder vermietet, die Wände ohne
nachträglichen Einbau einer waagerechten Abdichtung wieder trocken.
Die steinsichtige Freilegung des Sockelmauerwerkes sollte allerdings nicht als
alleinseligmachendes Dogma gehandhabt werden. Auch früher wurde
gespart, aus mangelnder Sachkenntnis heraus gearbeitet und schlichtweg
gepfuscht. So ein Bruchsteinmauerwerk ist auf Grund seiner Eigenschaften
natürlich nicht im Sockelbereich als Sperrung einsetzbar.
Bei Bruchsteinmauerwerk von Altbauten vor der Gründerzeit ist Außenputz
erforderlich!
Nur wenn das Mauerwerk von seinem Erbauer als steinsichtig erstellt wurde,
kann es so bleiben und sollte analog zum Sockel neu verfugt werden.
Im folgenden Beispiel wurde ein ursprünglich verputzter Sockel vor 10 Jahren
steinsichtig freigelegt, die Steine gesäuert, hydrophobiert und mit
Zementmörtel ausgefugt.
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Von Weitem sieht es gut aus, trotz des Sammelsuriums von verschiedenen
Steinen und Formaten, aber im Nahbereich.
Das ist kein einhäuptiges Quadermauerwerk!
Wasser dringt durch die viel zu breiten Fugen ein, kann aber nur schwer
wieder austrocknen, da die Füllung solcher Wände oft mit Lehmmörtel
aufgeführt wurde.
Nach einigen Jahren drückt der durch eindringendes Spritzwasser quellende
und ausfrierende Mörtel die neue zementhaltige Verfugung heraus.
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Solch ein Mauerwerk war nie als Sichtmauerwerk und Sockel gedacht! Die Steine zeigen Salzausblühungen und Inkrustierungen.
Durch die Pflasterung des Gehweges dringt verstärkt Spritzwasser an das
Mauerwerk und steigt kapillar nach oben.
Hydrophobierung, Zementmineralien, kapillares Wasser und Salze sprengen den dichten,
harten Zementverstrich ab und zerstören Steine.
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Dazu ein Zitat von Konrad Fischer: ...“Im Umgebungsbereich der wasserblockierenden und schadsalzbelasteten harten Zementmörtelfugen wittern die regelmäßig weicheren und poröseren Mauersteine schneller ab - zurückliegende Steinköpfe und hervortretende Zementmörtelfugen, in denen das Regenwasser direkt aufgefangen und langfristig gespeichert wird, entstehen. Obendrein wird das freie und bestens wasserlösliche Ca(OH)2 - bis zur endgültigen Carbonatisierung noch jahrzehntelang im hinteren Fugenbereich vorhanden (auch wegen Carbonatisierungsblockade durch typischerweise dauerfeuchte Zementfugen) - ausgewaschen und lokal in Ausblühbelag aus Kalksinter oder in Verbindung mit Schwefelsäure in schwärzliche Gipskrusten "verwandelt". Der für überharte Zementmörtel übliche Fugenabriss an der oberen Steinflanke und die entsprechenden Haarrisse quer zum Fugenverlauf wirken natürlich als kapillare Pumpe zur größtmöglichen Befeuchtung des hinteren Fugenbereichs.“
Detail Kellermauerwerk im selben Objekt, die Kellerwand ist innen und außen mit Zementmörtel zugesperrt! Zu sehen sind die schwärzlichen Gipskrusten und der ausgeblühte Kalk. Dem ausführenden Handwerksbetrieb ist nur bedingt die Schuld für die
Schäden zuzuschreiben, er hatte nach einem detaillierten Sanierungsprojekt
gearbeitet, das auf der Grundlage von Forderungen des Denkmalamtes u.a.
nach steinsichtiger Freilegung des Sockels erarbeitet wurde. Allerdings
forderte das Denkmalamt die Verfugung mit einem diffusionsoffenen
Saniermörtel und innen mit einem Luftkalkmörtel.
Zur ästhetischen und bautechnischen Problematik der "romantischen" Mode
der Steinsichtigkeit ein Zitat aus Pat Gibbons: "Case studies of traditional lime
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harling - a discussion document, Technical conservation, research and
education division, Historic Scotland, 1996:
"Früher waren viele Gebäude mit verschiedenen Arten von Oberflächenschutz beschichtet. Sie waren üblicherweise aus kalkgebundenen Baustoffen und bedeckten nicht nur das Mauerwerk, sondern auch die Architekturdetails. Nach einiger Zeit verschlissen diese Schutzschichten und wurden oft nicht mehr ergänzt, der wichtigste Grund für ihre Vernichtung war aber die viktorianische Mode [des 19. Jahrhunderts], Oberflächenbehandlungen mittelalterlicher und nachmittelalterlicher Bauwerke zu entfernen. Hieraus folgte für die dann entblößten Gebäude nicht nur, das sie sehr unterschiedlich im Vergleich zu ihrem gewohnten Erscheinungsbild aussahen, sondern sich auch ganz ungeeignet verhielten. Die bis ins späte 20. Jahrhundert fortgesetzte Mode, Mauerwerkfassaden zerstörerisch freizulegen, wurde in seiner schädigenden Wirkung noch verstärkt durch überall eingesetzte zementhaltige Fugen- und Putzmörtel.
In beiden Fällen ist das Ergebnis eine Parodie auf das historische Erscheinungsbild und eine dauerhaft schlechtere Widerstandsfähigkeit des Bauwerks gegen Bewitterung." (Übersetzung Konrad Fischer) Die Liebe der Engländer und des deutschen Bildungsbürgertums, das Ende
des 19.Jhr. in Scharen nach Italien pilgerte (den Run hatte u.a. ein gewisser
Herr Goethe aus Weimar ausgelöst) galt den wunderschönen, 600, 700 Jahre
alten Fassaden der prächtigen Bauten solcher Städte wie Florenz, Siena und
Pisa. Das sind allerdings sorgfältig aus Werksteinquadern mit hydraulischen
Kalkmörteln aufgeführte Wände, die keinen Putz benötigen. (Auf solche
Kleinigkeiten wurde natürlich nicht geachtet)
So etwas hatte man doch auch im eigenen Land, also runter mit dem Putz,
nicht nur die Welschen hatten alte Kulturgüter vorzuweisen! Wahrscheinlich
wurzeln hier alte und immer noch vorhandene Minderwertigkeitskomplexe.
Auf mit einer Handvoll Kalk gemauerten Bruchsteinwände kann die
Freilegung vom Putz verheerend wirken.
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Außenwand eines kleinen Hauses aus Bruchstein mit Lehmmörtel gemauert. Nur der Putz bot Schutz vor Nässe. Wie wenig fest bzw. frostsicher Bruchsteinmauerwerk geringerer Qualität sein
kann, zeigt dieses Beispiel:
Ein Nebengebäude in einem Bauerngehöft verlor im Laufe der Jahre seinen
Putz, das Dach war defekt, das Gelände wuchs und damit erhöhte sich der
Spritzwassereintrag. Der restliche Putz wurde abgetragen, geplant war die
steinsichtige Verfugung des Gebäudes durch Eigenleistung im Zuge der
Modernisierung des Gehöftes. Das Fehlen des Putzes führt zum Zerstören der
Fugenmörtel. Sind die oft nur etwa handtiefen festeren Kalkmörtel aus der
Lagerfuge gewittert, wird die Zerstörung des Mauerwerkes stark beschleunigt.
Detail der Wand im Spritzwasserbereich, der innere Lehmmörtel beginnt auszufrieren.
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Bereits nach einigen Wintern ist die Tragfähigkeit einer solchen Wand in Frage
gestellt.
Auf dem Bild entspricht sie dem einer schlecht gesetzten Trockenmauer.
Zum Verputz einer Bruchsteinwand sollten Sanierungsmörtel auf Luftkalkbasis
verwendet werden. Vor dem Verputzen sollten lose Teile und
Verschmutzungen mechanisch entfernt werden. Die Wand wird mit der Kelle
oder der Putzmaschine mit 2 Lagen Putz versehen, der mit dem Reibebrett
oder der Kelle und einer Bürste geglättet wird. Das Anwerfen mit Kelle oder
Maschine sorgt für eine ausreichende Verzahnung mit dem Untergrund.
Wichtig ist die Einhaltung einer entsprechenden Abbindezeit zwischen den
Schichten. Man sollte nicht versuchen, den ungleich fluchtenden Wänden
gerade, ebene Flächen aufzuzwingen. Das kostet unnütz Material, Geld und
entspricht nicht dem originalen Verputz, der möglichst sparsam aufgetragen
wurde, und der ästhetischen Wirkung.
Rondell, Aschersleben
Das obige Foto zeigt als Beispiel des wieder verputzte Bruchsteinmauerwerk
einer Kanonenbastion aus dem 16.Jhr. Das Obergeschoss aus Fachwerk
wurde im 19.Jhr. im Zuge eines Umbaues aufgesetzt. So ähnlich sahen
Bruchsteinmauern zum Zeitpunkt ihrer Entstehung aus. das Rondell so aus, ein
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Die Wiederherstellung von Außenputz an mittelalterlichen Bauwerken mit
Bruchsteinfassaden führt oft zu kontroversen Diskussionen in der Bevölkerung,
die dies als Kulturschande und Modernisierung empfinden, da sie seit
Generationen das gewohnte Bild der abgewitterten Fassaden kennen.
Bei der Ausführung von Putzen auf Bruchsteinmauerwerk wird wieder verstärkt
auf reine Luftkalkputze ohne hydraulische und hydrophobierende Zusätze
zurückgegriffen. Der Vorteil dieser Putze ist ihre relative Rissfreiheit, ihre geringe
Neigung zum Abscherbeln und zu Salzausblühungen und – Auswaschungen.
Nachteile sind der Preis und die aufwendigere Verarbeitung im Vergleich zu
herkömmlichen vergüteten Maschinenputzen.
Reine Luftkalkputze verfügen dach dem Erhärten über ein Porenvolumen bis
30%. Sie können aufgenommenes Wasser schnell wieder abgeben, sind aber
nicht frostsicher. Bedingt durch die langsame Erhärtung des Kalkes von außen
nach innen kann eine Putzfläche beim Abklopfen hohl klingen, da der innere
Kalk noch nicht ausgehärtet ist. Bei einer Putzstärke von ca. 2 cm dauert die
Durchhärtung bis zu 80 Tage. Schon aus diesem Grund wurden und werden
Luftkalkputze nicht in großen Dicken aufgetragen, um Trocknungszeiten und
Arbeitsgänge beim Auftragen zu sparen.
Hygroskopische Feuchte und Kondenswasser, Salze
Bereits stark durchfeuchtete und versalzene Wände zu sanieren ist ein sehr
komplexer und vielschichtiger Vorgang, für den es keine einfachen Lösungen
gibt. Jede Wand stellt, was inneren Aufbau, verwendetes Material und
Feuchtebelastung betrifft, ein Unikat dar, für den eine spezielle Lösung
gesucht werden muss. Jeder Sanierung muss eine umfangreiche Analyse der
Bauteile, insbesondere des Wandaufbaues und der Ursachen des
Wassereintrages vorangehen.
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Der nächste Schritt ist die Beseitigung der Ursache des Wassereintrages. Hier
hilft oft das Fernhalten von Regen- und Sickerwasser durch Dachüberstand
und Spritzwasserschutz im Sockelbereich einschließlich Ableitung von
Oberflächenwasser. Im Inneren ist Kondens- und Planschwasser fernzuhalten
bzw. zu minimieren. Was dann noch bleibt, ist der Eintrag von aufsteigender
kapillarer Feuchte aus dem Erdreich, wenn kein geeigneter Sockel vorhanden
ist und durch Nutzung entstehendes Kondenswasser. Erfahrungsgemäß ist das
nicht mehr viel an Feuchte, da die Steine in der Regel eine geringe Kapillarität
aufweisen. Lehmmörtel sind zwar hoch kapillar, aber weisen nur eine geringe
Durchlässigkeit hinsichtlich der Menge auf. Auf jeden Fall sind
Bruchsteinwände weniger kapillar als die Kombination Ziegel-
Kalkzementmörtel. Kondenswassereintrag hängt stark von der Nutzung der
Räume ab. Natursteinwände haben zwar eine schlechte Wärmedämmung,
aber ein hohes Wärmespeichervermögen und durch ihre Masse eine hohe
Wärmebeharrung. Wenn die Wand die Möglichkeit erhält, über ihre
Oberflächen innen und außen Feuchtigkeit durch Verdunstung abzugeben,
wird sich in der Wand ein Feuchtegleichgewicht einstellen, das in der Regel
akzeptabel ist. Die Vermeidung von Kondenswasser bzw. die Austrocknung
sichert eine angemessene Wandtemperierung durch Strahlheizungssysteme.
Je nach Grad der Durchfeuchtung und der Massigkeit der Wand kann das
Jahre dauern. Eine staubtrockene Bruchsteinwand anzustreben wäre unnötig
und töricht, da eine gewisse Eigenfeuchte auch zur Stabilität der Wand
beiträgt. Um dieses Gleichgewicht beizubehalten, sind geeignete
Beschichtungen der Wand erforderlich. Am besten eignen sich Kalkputze mit
diffusionsoffenen Anstrichen auf Kalkbasis. Wenn ein gut gefugtes und sauber
gesetztes Sockelmauerwerk als Abdichtung für die aufgehenden Mauern
vorhanden ist, sollte aufsteigende kapillare Feuchte aus dem Erdreich kein
Problem sein. Anders verhält es sich, wenn das Mauerwerk durch äußere
Einflüsse oder falsche Sanierungsversuche in der Vergangenheit mit Salzen
belastet ist oder bei der Sanierung Fehler gemacht werden. Nicht nur früher
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und in Eigenleistung durch Laien, auch heute sind Fachleute mit modernen
Werkstoffen vor Schäden nicht gefeit.
Innerhalb kurzer Zeit nach der Sanierung aufgetretene Nässeschäden an Natursteinmauerwerk. Ursachen: Hygroskopische Feuchtigkeit, Salze, diffusionsarme Beschichtungen, überputzter Sockel
Detail des kürzlich sanierten Altbaues, der Spritzwasserschutz durch Kies hat nichts genutzt. Der Neuverputz der Wand beginnt sich bereits zu lösen. Bei der Komplexität der Probleme hinsichtlich Feuchtigkeit in massiven
Natursteinwänden ist also auch ein Fachmann nicht vor Misserfolgen gefeit.
Oft sind es aber banale und dumme Fehler, die auftreten und die man
einfach vermeiden kann.
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Salze in Natursteinwänden Versalzene Wände im Zusammenhang mit Feuchtigkeit stellen ein erhebliches
Gefährdungspotential für Wände dar:
Im Foto sind verheerende
Schäden in einer
Sandsteinschicht zu
erkennen, die im
Verdunstungshorizont liegt.
Das hier in der
Verdunstungszone aus-
kristallisierende Salz machte
aus dem Sandstein eine
pulverige Masse. Der Verlust an Tragfähigkeit führte bereits zu Verformungen
des Giebels und ersten Rissen im Bereich der Deckenverankerungen.
Was macht Salze so gefährlich?
Salze sind normalerweise in Baustoffen enthalten, vor allem in Bindemitteln.
Auf Grund ihrer Schwerlöslichkeit spielen sie in trockenen Wänden keine Rolle,
vielmehr sichern sie den Bestand und die Funktion der Bindemittel. Mit
zunehmender Löslichkeit nimmt das Gefährdungspotential einer
schädigenden Wirkung auf die Baustoffe zu. Ausgelöst werden Schäden
durch die treibende Wirkung von Salzen bei Hydratation und Kristallisation
sowie durch Frost-Tau- Perioden. Verschiedene Salze und Minerale, die sich in
Bindemitteln befinden, reagieren bei Wasseraufnahme volumenvergrößernd.
Dies trifft vor allem für Zementmineralien zu wie bei dem oben beschriebenen
Ettringitzyklus. Vor allem in frühhochfesten Portlandzementen sind solche
treibenden Mineralien zu finden. Zemente mit vorwiegend
dicalciumsilikatischer Erhärtung neigen weiniger zum Treiben. Es gibt aber eine
Reihe weiterer Salze, deren Hydratationsverhalten reversibel ist und das
abhängt vom Wassergehalt der Baustoffe und der Umgebungstemperatur.
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Wenn die Hydratationstemperatur im Bereich normaler
Umgebungstemperaturen, wie sie in Bauwerken vorkommen, liegt, stellen
solche Salze ein Gefährdungspotential dar. Mit Hydratationstemperatur wird
der Temperaturwert bezeichnet, bei dem die Wasseranlagerung bzw. die
Wasserabgabe erfolgt. Anlagerung bzw. Abgabe von Wasser erfolgen, wenn
die Hydratationstemperatur über- bzw. unterschritten wird. Die bei der
Wasseraufnahme entstehenden Volumenvergrößerungen können Drücke
erzeugen, die zur Zerstörung des Gefüges von mineralischen Baustoffen mit
geringer Porosität führen können. Dies trifft für eine Reihe von Natursteinen zu,
vor allem Sandsteine, Kalke und andere Sedimente, die infolge ihrer
Entstehung als Meeresablagerungen über genügend Salze verfügen und die
in Bruchsteinmauerwerk zu finden sind.
Harte eruptive Gesteine haben eine zu geringe Porosität für Schädigungen
durch Salzkristallisation. Der Kristallisationsdruck einiger Salze ist erheblich. Bei
Magnesiumsulfat (Bittersalz MgSO4 x 7 H2O) beträgt die
Volumenvergrößerung ca. 430%! Die Wasserzuführung einer versalzenen
Mauer braucht nicht durch Bodenfeuchte, Regen oder Kondenswasser
erfolgen, bei einer genügend hohen Salzkonzentration erfolgt eine
hygroskopische Feuchtigkeitsaufnahme aus der Umgebungsluft. Je nach
Temperatur, Salzgehalt und Luftfeuchte kann eine Mauer ein Vielfaches an
Wasser binden als es bei einer salzfreien Mauer mit der
Gleichgewichtsfeuchte möglich ist.
Die mechanische Zerstörung erfolgt durch die ständigen Schwankungen von
Temperatur und Feuchtegehalt infolge der Nutzung und/oder der
jahreszeitlich bedingten Klimawechsel.
Wenn das verdunstende Wasser einer Wand Nachschub aus Erdfeuchte,
Regenwasser oder Kondenswasser und Salzen wie Tausalze und Nitrate aus
dem Boden erhält, wird ein fortschreitender Verfall der Wand stattfinden.
� die wichtigsten bauschädigenden Salze
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Zu den wichtigsten und am häufigsten auftretenden bauschädigenden
Salzen zählen
Sulfate Ca SO4 x 2 H2O Calziumsulfat, Gips MgSO4 x7H2O Magnesiumsulfat, Bittersalz
Na2SO4 x10H2O Natriumsulfat, Glaubersalz 3 CaO Al2O3 3CaSO4 x 32H2O Ettringit
Chloride CaCl2 x 6H2O Calziumchlorid NaCl Kochsalz MgCl2 Magnesiumchlorid Carbonate Na2CO3 x10 H2O Natriumcarbonat, Soda K2CO3 Kaliumcarbonat, Pottasche Nitrate Ca(NO3)2 x 4H2O Calziumnitrat 5 CaO (NO3)2 4NH4NO3 x10H2O Kalksalpeter Über einen längeren Zeitraum wird sich bei relativer Konstantheit der
Bedingungen ein Feuchtegleichgewicht in der Wand einstellen. Ab einer
bestimmten Steighöhe über dem Punkt des Wassereintrags (zum Beispiel
Erdfeuchte) bleibt die Wand trocken, die Verdunstungsrate ist gleich der
Wasseraufnahme. Auf der Wandoberfläche zeichnen sich mehr oder weniger
Wasserränder ab, die häufig durch Salzränder verstärkt werden.
Bei genügend hoher
Luftfeuchtigkeit wie
Nordseiten von Fassaden
und Innenwänden,
schlecht gelüfteter
Räume kommt noch ein
Befall mit Mikro-
organismen und/ oder
Schwarzschimmel dazu,
die das Salz und die Feuchte als Nährsubstrat nutzen.
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Wenn die Trocknungs-
rate erhöht wird, der
Salzgehalt der Wand
gesenkt werden kann
und/ oder die Wasser-
zufuhr verringert wird,
kann die Verdunstungs-
linie unterhalb der
betroffenen Aufenthalts-
räume und in das Wandinnere wandern, ohne das teure mechanische oder
elektrophysikalische Trockenlegungsverfahren angewandt werden müssen.
Die Feststellung von Art und Menge von Salzen, die Analyse der
Feuchteschäden und die Festlegung von geeigneten Sanierungskonzepten
sollten durch Fachleute durchgeführt werden. So bietet die
Handwerkskammer Halle Laborkapazitäten zur Salzbestimmung und zur
Schadensanalyse an. Der marktschreierischen Werbung von
Trockenlegungsfirmen in Tageszeitungen vertrauen sollte man lieber nicht.
Mit gesundem Menschenverstand und Informationen über die Nutzung des
Gebäudes in der Vergangenheit kann man schon selber einige wichtige
Angaben erhalten. Das Schwätzchen mit den Rentnern der Nachbarschaft
(die natürlich immer wissen wollen, was ich da mit Feuchtemesser, Hammer
und Kamera mache) kann wertvolle Informationen über frühere Nutzungen
liefern. Angaben über Tierhaltungen, Lagerungen von Düngemitteln und
Pflanzenschutzmitteln, Lage von Trockentoiletten und Jauchegruben auf
dem Dorf oder gewerbliche Nutzungen in Hinterhöfen bei städtischen
Bebauungen können sehr wichtig sein. Wenn man dann Kristallwachstum auf
der Wand findet, wo früher einmal auf dem Hof die Mistgrube war, ist mit
einem Taschenlabor(Feuerzeug) schnell festgestellt, ob hier die Wand mit
Nitraten belastet ist.
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Zu den Sanierungsverfahren für feuchte und versalzene Wände Bruchsteinwände mit ihrer üblicherweise mehrschaligen Ausführung sind
grundsätzlich viel weniger kapillar und damit feuchtegefährdet wie
Ziegelwände. Wenn aufsteigende Nässe auftritt, dann in der äußeren Schale
und hier im Putz. Der Kern ist ohnehin nur gering kapillar. Daher sind feuchte
Natursteinwände im Gegensatz zu Ziegelwänden oft mit geringen und
einfachen Mitteln trocken zu legen, da die Ursache innen fast immer
Kondensatfeuchte ist. Im Kellerbereich sind Natursteinwände auf Grund der
porösen Mörtel empfindlich gegen drückendes oder mäßig drückendes
Wasser. Seit Vitruv wurden solche Wände durch eine außen vorgesetzte
zweite Mauerschale trockengehalten. Wenn die Hohlräume irgendwann
einmal verfüllt werden und die Entwässerung nicht mehr funktioniert, dringt
natürlich Wasser durch die Wand. Ansonsten sollte man sich bei einem Altbau
überlegen für was der Keller einmal gedacht war: zum Lagern von Bier, Wein,
Gemüse und Obst; als natürlicher Kühlschrank im Sommer.
So sollte man es auch jetzt halten.
Trockenlegungsverfahren Bruchsteinwände sind also, bedingt durch die Materialien Naturstein und
grobporigen Mörtels, nie solchen Belastungen durch aufsteigende Feuchte
ausgesetzt wie Ziegelwände, deren poröses, hochkapillar wirkendes Material
viel mehr Feuchtigkeit transportieren kann. Feuchtebelastungen entstehen bei
Natursteinmauerwerk hauptsächlich durch kapillare Putzschichten,
Nässeeintrag durch Spritz- und Kondenswasser sowie hygroskopische Salze.
Die Trockenlegungsverfahren sind daher für die Anwendung von
Ziegelmauerwerk entwickelt worden. Die Trockenlegung von Mauerwerk hat
sich zu einem lukrativen Geschäftszweig entwickelt, in dem neben seriösen
Firmen eine ständig wachsende Zahl von Anbietern mit mehr oder weniger
aggressiven Werbemethoden Kunden aquiriert. Diese Firmen haben sich auf
eine der möglichen Methoden und Verfahren spezialisiert und versuchen,
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allen möglichen Kunden ihre Methode als „alleinseligmachende Wahrheit“ zu
verkaufen, egal, ob die konkreten Umstände dies zulassen oder nicht. Die
Gefahr besteht, den Bock zum Gärtner zu machen, wenn solche Firmen
kostenlose Feuchtemessungen und Salzanalysen anbieten. Ob die dann
angebotenen Trockenlegungsmaßnahmen sinnvoll oder erforderlich sind oder
nicht, kann der Kunde ohne einige Grundkenntnisse nicht mehr
unterscheiden. Vor allem bei Angeboten solcher Firmen zur Trockenlegung
von Natursteinwänden sollte man sehr vorsichtig mit der Vergabe von
Aufträgen sein und hier in jedem Fall einen Fachplaner bzw. Gutachter
einschalten. Die Außendienstmitarbeiter solcher Firmen sind hervorragende
Verkäufer, aber wenig geschult in bauphysikalischen Fragen, fachliches
Grundwissen ist für solche Leute eher störend.
Spätestens wenn man beginnt, die marktschreierischen Aussagen zur
Wirksamkeit zu hinterfragen merkt man das am plötzlich frostigen oder
patzigen Ton der Verkäufer, die auf konstruktive Fragen nicht gedrillt wurden.
Zu den Verfahren einer aktiven Trockenlegung von Bruchsteinwänden ist
Folgendes zu sagen:
Grundsätzlich gehe ich hier von einer Trockenlegung im Wohnbereich aus.
Keller sind ein Sonderfall, ich bitte dazu die Information über
Kellertrockenlegung oder das Vademecum Teil 4 zu nutzen.
� Mechanische Verfahren
Zweck dieser Verfahren ist der nachträgliche Einbau einer waagerechten
Abdichtung, die den kapillaren Feuchtetransport in der Wand nach oben
unterbrechen soll.
Grundsätzlich sind mechanische Verfahren, mit denen Bleche in
Lagerfugen getrieben werden, ungeeignet, da bei Bruchsteinmauerwerk
keine durchgehenden Lagerfugen vorhanden sind. Sie wurden für
Ziegelmauerwerk entwickelt.
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Das Aufsägen der Mauer und das nachträgliche Einbauen von
Abdichtungen hängt vom Zustand des Wandinneren ab. Auch dieses
Verfahren ist für Ziegelwände entwickelt worden, um die Lagerfuge
auszuräumen bzw. die weichen Ziegel zu schneiden.
Da bei beiden Verfahren erhebliche Kräfte auftreten, kann dies zu
Zerstörungen führen, da Bruchsteinwände völlig inhomogen sein können.
Einem Abschnitt mit hoher Festigkeit und dichter Struktur kann eine mehr
oder weniger lose Anhäufung von Steinen folgen oder in der Wand
befinden sich plötzlich einzelne Steine mit einer mehrfach höheren
Festigkeit. Mechanische Verfahren sind sehr teuer und kritisch im Hinblick
auf die Standfestigkeit des Bauteils zu betrachten. Sie sind entwickelt
worden für die Trockenlegung von Ziegelmauerwerk und gehören auch
dafür eingesetzt.
� Injektagen, Imprägnierungen
Schon das Ausführen der großen Anzahl von Bohrlöchern, die für diese
Verfahren benötigt werden, stellen eine Belastung der Tragfähigkeit der
Wand dar und können im ungünstigsten Fall zur Zerstörung der Wand
führen. In die Bohrlöcher werden Suspensionen, Schmelzen oder
chemische Lösungen eingebracht, die das Ziel haben, die Kapillaren in
den Steinen und im Mörtel zu verstopfen oder die Kapillarwirkung zu
unterbrechen. Sowohl druck- als auch drucklose Injektagen können bei
den unkalkulierbaren Hohlräumen in einer Bruchsteinwand zu nicht
vorausplanbaren Ergebnissen führen, sind aber grundsätzlich möglich.
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Bohrungen in einer Bruchstein- Giebelwand
Gut für Bruchsteinmauerwerk geeignet ist eine Kombination mit dem
Impulssprühverfahren.
Hierbei werden die Imprägniermittel in kurzen Impulsen in die Bohrlöcher
eingesprüht und sickern über die Innenflächen der Bohrlöcher in das
Wandmaterial ein. Ein weiteres mögliches Verfahren ist die Versiegelung
mit Paraffin. In eng gesetzte Bohrungen werden Heizstäbe eingesetzt, die
das Mauerwerk aufheizen und austrocknen. Dann wird in die Bohrlöcher
flüssiges, heißes Paraffin eingefüllt, dessen Viskosität der von Wasser
entspricht und die Kapillaren und Hohlräume ausfüllt. Die Preise der
mechanischen und chemischen Verfahren liegen zwischen etwa 300,- bis
ca. 500,- € pro m², allein dies sollte zu einer sorgfältigen Abwägung von
Maßnahmen zur Trockenlegung führen.
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� Senkrechte Abdichtung
Oft hilft der nachträgliche Einbau einer senkrechten Abdichtung die Zufuhr
von Bodenfeuchte so zu senken, das sich ein akzeptables
Feuchtegleichgewicht in der Wand einstellt. Die Kosten liegen bei etwa
160,- € pro m². Das Mauerwerk wird bis auf Höhe Fundamentoberkante
abschnittsweise freigelegt und gereinigt. Auf die Wand wird lagenweise
ein Ausgleichsputz PIII mit Dichtmittelzusatz als Dichtputz aufgetragen.
Nach Aushärtung kann weiter mit mineralischer Dichtschlämme gearbeitet
werden. Wichtig ist die Ausbildung des Überganges zwischen Wand und
überstehender Fundamentkante, hier ist ein Haupteintrittspunkt von
Wasser, das sich auf dem Absatz staut und über die Aufstandsfugen
eindringen kann. Die aufgehende Wand oberhalb des Sockels wird außen
durch Schlagregen und Luftfeuchtigkeit belastet. Als Schlagregenschutz
dient der Außenputz, der Dachüberstand und die Traufrinne. Beim Aufbau
des Sockelputzes, der sich etwa 40 cm im und bis ca. 30 cm oberhalb des
Geländes befinden sollte, sind die einschlägigen Regeln der Technik zu
beachten, die man z.B. in den „Leitlinien für das Verputzen von Mauerwerk
und Beton“ des Industrieverbandes Werkmörtel e.V. findet. Welches
Putzsystem eingesetzt wird, sollte immer individuell vor Ort abgeklärt
werden.
Man sollte nicht versuchen, den alten, oft unebenen und nicht exakt
fluchtenden Wänden eine ebene und lotrechte Fläche aufzuzwingen.
Abgesehen vom Materialeinsatz ist dies auch ästhetisch nicht
angemessen, da es den Charakter des Gebäudes verfälscht.
� Elektrische Verfahren
Trotz der teilweise seit Jahrzehnten angewandten Verfahren sind diese in
Fachkreisen immer noch umstritten, obwohl sich damit Erfolge haben
erzielen lassen.
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Die Wirkprinzipien der Ladungswanderug sind labortechnisch nachweisbar.
Trotzdem gibt es keines der am Markt vorhandenen Systeme, mit dem sich
ein nachweisbarer und überprüfbarer praktischer Erfolg sicher erzielen
lässt. Mal klappt es, mal nicht. Neben älteren Verfahren, die mit Elektroden
arbeiten, gibt es Methoden, deren Wirkung wissenschaftlich nicht
nachvollziehbar ist. Auch bei bewährten Verfahren ist der Erfolg nicht
immer gegeben, da die Komplexität der elektrochemischen Vorgänge nur
schwer zu erfassen ist und eine umfassende Analyse des Ist-Zustandes
erfordert.
Elektrophysikalische Verfahren bedienen sich des Prinzips der
Elektroosmose und des Zeta- Potentials. Das Prinzip der Elektroosmose ist
schon seit mehr als 180 Jahren bekannt. Wenn an Wasser mit gelösten
Salzen mittels Elektroden ein elektrisches Feld angelegt wird, erfolgt eine
Ladungswanderung und damit ein Wassertransport. Dieser Transport
erfolgt auch in natürlichen elektrischen Feldern, die zwischen Wasser-
Salzlösungen unterschiedlicher Konzentration entstehen können.
Der erste Versuch, die Elektroosmose passiv anzuwenden wurde bereits
1935 vorgenommen. Die Idee war, durch „kurzschließen“ des Mauerwerkes
das Strömungspotential zwischen Verdunstungszone und Fundamentfuß zu
kompensieren und damit den kapillaren Anstieg des Wassers zu bremsen.
Bei der aktiven Elektroosmose werden Elektroden ins Mauerwerk
eingesetzt, und mit einer Stromquelle verbunden. Die Idee des Verfahrens
ist, eine größere elektroosmotische Kraft über die Stromeinspeisung als die
vorhandene Kapillarkraft zu erzeugen und in die entgegengesetzte
Richtung, nach unten wirken zu lassen.
Nachteile des Verfahrens sind die Vielzahl von zu berücksichtigenden
Faktoren wie Salzkonzentration, Durchfeuchtung, metallische Einbauteile
wie Leitungen, Blitzschutz usw. Aus Sicherheitsgründen und im Hinblick auf
den Stromverbrauch kann die Anlage nur mit begrenzten
Spannungen/Stromstärken arbeiten. Das Verfahren wirkt nur so lange, wie
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Strom fließt. Der Arbeits- und Kostenaufwand für solche Anlagen ist sehr
hoch, ein Nachweis der Funktionsfähigkeit konnte in vielen
Anwendungsfällen nicht nachgewiesen werden.
Eines der Steuerkästen eines Elektroosmoseanbieters.
Es besteht hier die Gefahr, das die Anbieter sich die Notwendigkeit einer
Trockenlegung und das natürlich erfolgreiche Ergebnis durch eigene
Messungen herbeischaffen.
Große Vorsicht sollte man bei den sogenannten „Zauberkästchen“ üben.
Bezeichnet werden damit Geräte zur Mauerwerkstrockenlegung, die
mittels Funkwellen (langwellige elektromagnetische Impulse, IR-
Technologie) oder „Gravo-Magnetismus“ (und vielleicht noch
irgendwelchen Beschwörungsformeln) arbeiten sollen. Als Beweis für die
Wirksamkeit und Seriösität des Verfahrens werden Referenzlisten mit
öffentlichen Gebäuden, begeisternde Kommentare von Wissenschaftlern
und Dankschreiben zufriedener Kunden vorgelegt. Die eigentliche
Funktionsweise ist wissenschaftlich nicht nachgewiesen und wird von der
Fachwissenschaft einhellig bestritten. Die von einigen Anbietern genannte
IR- Technologie wird z.B. in der Lebensmitteltechnologie als Messverfahren
eingesetzt. Die ausgesendeten Impulse sollen das elektrostatische Feld der
Kapillaren zerstören und damit die elektrostatische Auftriebskraft für
Mauerwerksfeuchte beseitigen. Diese Verfahren werden als schonend,
sanft und nachhaltig beschrieben und mit der Homöopathie verglichen,
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die natürlich auch keinerlei Strahlenbelastung für die Hausbewohner
emitieren. Gewährleistung wird für die technische Funktion der Geräte und
deren Betriebssicherheit zugesichert, nicht aber für den Erfolg der
Trockenlegung. Messungen zur Wirksamkeit von solchen Zauberkästchen
wurden bereits durch die TU Wien und die ETH Zürich durchgeführt, eine
Wirksamkeit konnte weder im Labor noch am Bauwerk festgestellt werden.
Die Erfolge in der Trockenlegung, mit denen diese Geräte beworben
werden, sind sicher nicht auf deren Einsatz zurückzuführen. Nur wenn sich
alle anderen Rahmenbedingungen nicht ändern und beim Einsatz eines
solchen Gerätes dann eine signifikante Austrocknung erfolgt, wäre das
dem Gerät zuzuschreiben. In der Regel ist es aber so, das eine
Trockenlegung im Rahmen einer Sanierung oder Modernisierung erfolgt.
Dort erfolgen üblicherweise solche Baumaßnahmen wie Erneuerung der
Dacheindeckung und der Dachentwässerung, Erneuerung Sockel- und
Fassadenputz, Nutzungsänderung, Freiflächengestaltung usw. Schon diese
Maßnahmen führen in der Regel zu einer erheblichen Austrocknung des
Mauerwerks, da Wassereintrag, der zur Durchfeuchtung führte,
weitgehend minimiert wird. Der Erfolg stellt sich auch ohne Kästchen ein.
� Trocknungsverfahren
Nach dem Beseitigen des Feuchteeintrages kann man die überschüssige
Feuchte aus der Wand versuchen zu entfernen, um ein niedrigeres
Feuchtegleichgewicht einzustellen. Das funktioniert auch auf natürliche
Weise, dauert aber dann länger. Um diese Zeitspanne bis zur Nutzung zu
beschleunigen, werden erschiedene Verfahren angeboten. Wirkprinzip ist,
die feuchten Wandteile zu erwärmen und zu belüften, um die
Austrocknung zu beschleunigen. Der Wärmeeintrag kann mit Warmluft,
Mikrowellen oder Infrarotwellen erfolgen. Wer mehr Zeit hat: Im Winter die
Heizung hochfahren und die Räume nach Erwärmung der Innenluft
durchlüften, je kälter die Außenluft, um so besser.
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Verfahren zur Entsalzung Für denkmalpflegerische Belange wurden in den letzten Jahren eine Reihe
von Verfahren zur Entsalzung und Trocknung von Wänden entwickelt, die
belastete Wände und Putze von schädlichen Salzen befreien sollen. Dabei
sollte man davon ausgehen, das eine vollständige Entsalzung technisch nicht
machbar und schädlich ist, da Salze Bestandteile der Bindemittel darstellen
und so auch die Festigkeit der Baumaterialien sichern.
� Opferputz
Hier wird ein spezieller Putz mit hoher Verdunstungsoberfläche eingebaut,
in dem sich die Salze durch Verdunstung akkumulieren sollen. Opferputz
wird eingesetzt in Kombination mit Verfahren zu Erhöhung der
Austrocknung der Wand (Heizung/Lüftung) und unter
Nutzungsbedingungen. Der Opferputz sieht ästhetischer aus als eine rohe,
unverputzte Wand, auf der Salzkristalle ausblühen. Wenn die
Speicherkapazität erschöpft oder die Entsalzung abgeschlossen ist, wird
der mit Salz befrachtete Opferputz ausgebaut und der endgültige Putz
aufgebracht. Der einfachste und billigste Opferputz ist ein Kalkputz aus
Weißkalkhydrat und scharfem, grobem Sand.
� Kompressenverfahren
Auf die versalzenen Wandoberflächen werden nach gründlicher
Vornässung Putzkompressen aus Mineral- und Zellulosegemischen
aufgebracht, in die Salze aus dem Mauerwerk eindiffundieren sollen.
Kompressen sollen schneller und effektiver funktionieren wie Opferputz.
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� Strömungsverfahren (Vakuum- Fluid)
Die Wand wird vorgenässt und das Wasser mit den gelösten Salzen durch
Vakuum wieder entfernt.
� Chemische Immobilisierung
Ein weiteres Verfahren aus der Denkmalpflege ist das Barium- Verfahren.
Bariumverbindungen werden als Lösung in die Bauteile gebracht, bei den
dann erfolgenden Ionenaustauschreaktionen werden schwerlösliche,
immobile Bariumverbindungen gebildet, die nicht an der Oberfläche
auskristallisieren.
Der Nachteil der letzten 3 Verfahren besteht in der vorsätzlichen Vernässung
der Bauteile, um die Salze in Lösung zu bringen. Dieses Wasser muss auch
wieder heraus.
� mechanische und thermische Verfahren
Das einfachste und wirksamste Mittel der Entsalzung ist immer noch das
mechanische Abbürsten der Wandoberflächen im Zuge der Austrocknung.
Wenn sich danach die Bauteilfeuchte der Wand eingestellt hat und nicht
durch äußere Wasserzufuhr periodisch verändert wird, werden auch keine
Versalzungen mehr sichtbar sein. Voraussetzung dafür ist, das die
Kondensation von Luftfeuchte als weiterer Motor des Salztransportes
vermieden wird. Durch geeignete Zuordnung der besonders belasteten
Gebäudebereiche mit Nutzungen, die keine hohen Ansprüche an die
Trockenheit der Räume stellen, können so Auswirkungen von
Bauteilfeuchte minimiert werden. Mit dem gezielten Einsatz geeigneter
Heizungs- und Lüftungsanlagen kann man die Trocknung der kritischen
Wandbereiche beschleunigen und Taupunktbildungen durch den Einsatz
von vielleicht etwas mehr Energie vermeiden. Bewährt hat sich seit einigen
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Jahren die Wandtemperierung feuchter Bereiche durch in die Wand
eingelassene bzw. aufgebrachte Heizrohre, über die Wärme gezielt in die
Wände eingebracht wird und zur Trocknung bei gleichzeitiger
Verhinderung von Tauwasser führt. Zu verheerenden Schäden kann das
Aufbringen von diffusionsdichten Farbanstrichen führen. Damit werden die
Verdunstungsraten drastisch vermindert; eindringende Feuchte wie an
Fassaden dringt dann immer noch über vorhandene Risse in die Wand ein,
wird aber am Verdunsten gehindert.
Das Ergebnis sind solche typischen Schadensbilder:
Salz- und Dampfdruck
sprengen die Farbe
weg; die erhöhte
Verdunstungs- rate
entlang der Farbrisse
führt zu verstärkten
Salzabsprengungen.
Räume mit hohen
Luftfeuchten sollten
entsprechend belüftet werden können. Im Zweifelsfall sollte man sich nicht
auf das Lüftungsverhalten der Nutzer verlassen, sondern zu automatischen
Belüftungen, die über Luftfeuchtesensoren gesteuert werden, greifen.
In solchen Bereichen wie Bädern und Küchen ist es ratsam, die
Bauteilinnentemperatur an besonders gefährdeten Stellen durch
Innendämmungen und vorgesetzte dampfdichte Schalen zu erhöhen, um
Kondenswassereintrag in die Wand zu vermeiden. Ein normaler Fliesenbelag
ist weder wasserdicht noch dampfdicht!
Vorhandene Keller, die in Gewölbetechnik erstellt wurden, sind als
Aufenthaltsräume nicht geeignet. Üblich waren einfache Tonnengewölbe,
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die nicht gegen Feuchte gedichtet wurden. Das war auch völlig überflüssig;
Kellerräume waren als Lager für Bier, Wein und Lebensmittel wie Obst und
Gemüse gedacht. Dazu war eine möglichst hohe Luftfeuchtigkeit und eine
konstante Kühle erforderlich. Die Verdunstung der Bodenfeuchte und der
aufsteigenden Erdfeuchte im Sommer kühlte den Keller, je mehr Verdunstung,
je besser.
Nach diesem Prinzip wurden auch noch in der Gründerzeit Keller gebaut; es
gab noch keine erschwinglichen Kühlschränke. Deshalb hatten diese Keller
Flachschichtpflaster als Bodenbelag, der direkt auf den Baugrund verlegt
wurde. So sollte im Sommer eine möglichst hohe Verdunstungsrate erzielt
werden, um die Umgebung im Keller kühl und feucht zu halten. Gewölbekeller
in Altbauten sollte man daher nicht versuchen, in staubtrockene
Aufenthaltsräume zu verwandeln, in dem man die Fußböden und die Wände
abdichtet.
Das Ergebnis sind rapide steigende Salz- bzw. Feuchteränder im darüber
liegenden Geschoss, da die kapillare Feuchte nicht mehr im Keller verdunsten
kann und weiter nach oben steigt. Besser ist es, den Keller so zu nehmen, wie
er ist: kein Lager für alte Möbel, sondern ein schöner Weinkeller mit möglichst
hoher Verdunstungsleistung.
Trotz aller Probleme mit Natursteinwänden sind gemauerte Ziegelwände, die
etwa seit 1870 im mehrgeschossigen Wohnungsbau Verwendung fanden,
stärker durch Feuchte und Salzbelastung gefährdet. Das liegt an der höheren
Kapillarität, dem größeren Porenraum und den Ausgangsmaterialien für die
Ziegelherstellung.
Sicherung der statischen Funktion Die Sicherung der Tragfähigkeit einer Natursteinsteinwand einzuschätzen ist
durch ihre Inhomogenität ein schwieriges Problem. Selbst die äußeren
Unterscheidungsmerkmale für Bruchstein-, Schichten- bzw. hammerrechtes
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Schichtenmauerwerk sagen nichts über die Art der Ausführung des
Mauerwerkes aus.
Für die Tragfähigkeit einer Mauer sind außer der äußeren Form und dem
Material entscheidend:
� das Verhältnis Fugenhöhe/Länge der Steine,
� die Neigung der Lagerfugen und
� der Übertragungsfaktor (Anteil der Steine, die als Binder durch die
Mauer gehen),
� die Dicke der Fugen.
Die DIN 1053 schreibt dafür Mindestwerte vor. Für Bruchsteinmauerwerk
betragen die Mindestanforderungen:
0,25 als Verhältnis Fugenhöhe zu Steinlänge,
0,30 als Tangens des Neigungswinkels der Lagerfugen zur Horizontalen,
mindestens 0,50 als Verhältnis der Grundflächen der durchgehenden
Bindersteine zur Mauergrundfläche.
Lagerfugen sollten 10 bis 20 mm dick sein, max. 30 mm
(Bruchsteinmauerwerk). Bruchsteinwände mit Lehmmörtel und
Abweichungen von den o.g. Gütekriterien liegen damit unter dem
Mindestgrundwert der zulässigen Druckspannung von 0,2MN/m². Wie soll man
das Tragverhalten einer solchen Wand sicher einschätzen? Anders als bei
verputzten Ziegelsteinwänden sind bei abgewitterten Bruchsteinwänden Risse
und Verformungen als Zeichen von Überlastung kaum erkennbar, da Risse in
den Fugen nur bei erheblicher Breite sichtbar sind. Wenn ein Statiker mit den
heute zulässigen Materialkennwerten eine Bruchsteinwand nachrechnet, wird
wohl häufig ein negatives Ergebnis herauskommen.
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Die Wand fällt deshalb nicht um; aber die üblichen Sicherheitsreserven sind
oft aufgebraucht. Gefährlich kann es werden, wenn Sanierungsmaßnahmen
die Tragfähigkeit weiter einschränken.
Dazu ein kleiner Exkurs in die Statik:
Die Tragfähigkeit von Mauerwerk wird mit der zulässigen Druckspannung
definiert. Diese zulässige Spannung wurde experimentell für die jeweiligen
Wandmaterialien ermittelt und in Normen festgelegt. Nach den heute
geltenden Normen werden Natursteinmauern in 4 Güteklassen eingeteilt (DIN
1053 Teil 1). Bruchsteinmauerwerk hat die Güteklasse N 1 und gemäß DIN nur
eine max. zulässige Druckspannung von 0,3 MN/m², die betrachteten Wände
eher nur 0,2 MN/m². Das bedeutet, das eine Wand aus Bruchstein und dem
durchschnittlichen Gewicht von ca. 2,5 to pro m³ max. 8 m hoch sein dürfte,
nur um ihr eigenes Gewicht tragen zu können. Dabei sind noch nicht
berücksichtigt die Auflast der Wand, die ja noch die Decke des
Erdgeschosses und das Dach bzw. das nächste Geschoss tragen muss. Dazu
kommt noch ein geometrischer Faktor, die Gefahr des Ausknickens.
Der deutsche Mathematiker Leonard Euler befasste sich im 18.Jhr. mit der
Standsicherheit von Wänden, Säulen, Pfeilern und Stützen. Dabei stellte er
fest, das neben der Festigkeit des verwendeten Materials nicht allein die
Länge bzw. Höhe des Bauteils ausschlaggebend ist, sondern auch seine
geometrische Form und die Art der Einbindung in das Bauwerk oben und
unten. Euler versuchte, das in mathematische Formeln zu fassen. Für die Art
und damit die Festigkeit des Materials verwendete er das Elastizitätsmodul,
eine materialabhängiger Kennzahl, die das Verhältnis von aufgebrachter
Spannung zur Verformung wiedergibt(Hooke`sches Gesetz). Die geometrische
Form des Bauteils berücksichtigte er durch das Verhältnis von der Knicklänge
zur Form, dem Schlankheitsgrad λ.
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Mit der Knicklänge berücksichtigte Euler nicht nur die Länge des Bauteils,
sondern auch seine Art des Einbaues, heute bekannt als die Euler`schen
Knickfälle, aus denen sich Beiwerte zur Erhöhung bzw. Minderung der
geometrischen Länge ableiten.
Das bedeutet, das besonders schlanke Wände eine geringere rechnerische
Druckfestigkeit aufweisen, da bereits geringste Abweichungen von der
Lotrechten, der zentrischen Krafteintragung oder Inhomogenitäten im
Wandmaterial zum Versagen führen können.
Einspannungen oben oder unten, rechts bzw. links erhöhen die Sicherheit
gegen Ausknicken und somit die rechnerische zulässige Druckfestigkeit.
Bei unserem Beispiel einer 2- geschossigen Hauswand aus
Bruchsteinmauerwerk sind keine Minderungen erforderlich, da wir von einer 4-
seitigen Einspannnung ausgehen können (Fundament, Dach, Giebelwände
rechts und links). Es gilt die rechnerische Druckfestigkeit.
Der Nachweis funktioniert allerdings nur bei einer Wand mit ungestörtem
Querschnitt. Tür- und Fensteröffnungen verringern den tragenden Querschnitt
und erhöhen die Druckbelastung des verbleibenden Querschnittes.
Bei einer angenommenen Wandlänge von 10 m und 2 Fenstern sowie einer
Tür im EG ergibt sich bereits in den Wandpfeilern eine Belastung von 0,23
MN/m², und zwar ohne die Auflasten aus Decke und Dach! Auch wenn die
Belastung noch nicht zum Versagen der Wand führt, so werden erhebliche
Verformungen in den höher belasteten Wandteilen auftreten. Deshalb ist der
nachträgliche Einbau von zusätzlichen Fensteröffnungen in Bruchsteinwände
immer riskant und sollte sorgfältig geplant und ausgeführt werden, um
Verformungen des restlichen Mauerwerkes zu vermeiden.
Was passiert aber, wenn eben keine 4- seitige Einspannung vorliegt?
Hier ist so ein Fall im Grenzbereich der Statik, es gibt keine Verzahnung mit der
Giebelwand! Man kann nur hoffen, das es noch aussteifende Querwände
gibt und die Bundbalken halten...
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Wie man sieht, hat sich hier schon was bewegt!
Weder der untere Teil aus
Bruchstein noch der obere
Abschnitt aus Trockenlehmsteinen
sind mit der Längswand verzahnt.
Auf die Wand wurde vor ca. 100
Jahren noch eine zusätzliche
Auflast in Form einer Veränderung
der Dachneigung gesetzt. Resultat: die Längswand beginnt auszuknicken.
Hier sind so ziemlich alle Sicherheitsreserven aufgebraucht.
Mauerwerksart Mörtel- Gesteinsgruppe Gruppe A B C D E Bruchsteinmauerwerk I 0,2 0,2 0,3 0,4 0,6 II 0,2 0,3 0,5 0,7 0,9 III 0,3 0,5 0,6 1,0 1,2 Hammerrechtes I 0,3 0,5 0,6 0,8 1,0 Schichtenmauerwerk II 0,5 0,7 0,9 1,2 1,6 III 0,6 1,0 1,2 1,6 2,2 unregelmäßiges und I 0,4 0,6 0,8 1,0 1,6 regelmäßiges II 0,7 0,9 1,2 1,6 2,2 Schichtenmauerwerk III 1,0 1,2 1,6 2,2 3,0 Quadermauerwerk I 0,8 1,0 1,6 2,2 3,0 II 1,2 1,6 2,2 3,0 4,0
III 1,6 2,2 3,0 4,0 5,0
Zulässige Druckspannungen in MN/m² nach DIN 1053 T 1
Gruppe Gesteinsarten Mindestdruckfestigkeit in MN/m²
A Kalksteine, Travertin, vulkanische Tuffe 20
B weiche Sandsteine ( tonige BM ) 30 C dichte (feste) Kalksteine u. Dolomite, 50 einschl. Marmor, Basaltlava.
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D Quarzitische Sandsteine ( mit kiesigem BM ), 80 Grauwacke u. dgl. E Granit, Seynit, Diorit, Quarzporphyr, Melaphyr, 120 Diabas usw.
Die Sanierung von Rissen sollte immer erst nach der Feststellung der
Schadensursache und der Konsolidierung der Risse erfolgen. Die Wahl des
Verfahrens hängt ab von der Größe der Risse und der Struktur der betroffenen
Mauer. Das wichtigste Verfahren ist die Verpressung der Risse mit fließfähigen
Mineralsuspensionen auf Trasszement oder Trasskalkbasis, welcher vom E-
Modul her auf das Wandmaterial abgestimmt sein sollte. Um die
Schalenablösung zwischen innerer und äußerer Wandschale zu sichern,
können Nadelanker in Verbindung mit kraftschlüssig wirkenden Suspensionen
eingebracht werden. Nadelanker bestehen aus Stahlstäben um 10 mm
Durchmesser, die in ca. 800 mm tiefe Bohrlöcher eingebaut werden. Die
Verankerung erfolgt durch Verpressung der Bohrlöcher und das Aufschrauben
auf eine Ankerplatte, die vertieft auf den Wandflächen eingebaut wird, um
die Ankerköpfe zu verdecken. Die Anker sollten nicht mit einer hohen
Vorspannung eingebaut werden, um weitere Risse möglichst zu vermeiden.
Wie entstehen solche Kraftumlagerungen?
� Durchbrüche
Eine der Hauptursachen ist die Veränderung von Querschnitten durch
Schwächungen wie Tür- und Fensterdurchbrüche:
Die vorhandene Belastung konzentriert sich auf einen kleineren
Wandquerschnitt, dies führt zu höheren Drücken und Verformungen.
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Vorgeschwächte Abschnitte in diesen höher belasteten Bereichen können
dann durch Bruch versagen, wie z.B. ausgefrorene bzw. zu weiche Steine, zu
große Fugen, untergelegte Zwickelsteine in Lagerfugen, die bei der
punktförmigen Belastung brechen usw. Durch plötzlich vorhandene freie
Abschnitte fehlt in den angrenzenden Wandbereichen der Gegendruck,
Steine wandern aus.
Bei der Herstellung der Durchbrüche wird mechanische Energie aufgewandt,
die zur Lockerung des angrenzenden Gefüges führt. Die Schäden kann man
durch abschnittweises Arbeiten und das Einsetzen von umlaufenden Rahmen
mit möglichst schnellem Verbund minimieren; so werden Kraftumlagerungen
klein gehalten. Manchmal werden in Wände Bögen eingelassen, um
Fehlstellen im Gründungsbereich zu überbrücken. Wenn solche tragenden
Elemente geschwächt werden, kann es ebenfalls zu ernsthaften Schäden
führen.
� Tür- und Fensterverbreiterungen
Um mehr Licht bzw. Durchgang zu schaffen, werden Durchbrüche neu
geschaffen oder Laibungen weggenommen und so Öffnungen verbreitert.
Hier in diesem Beispiel wurde
der Pfeiler unter einem Endfeld
eines Kreuzgratgewölbes
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weggenommen, um einen Türdurchbruch zu schaffen.
Selbst bei sorgfältigster
Ausführung sind an einem solch
hoch belasteten Bereich
Verformungen unvermeidbar.
Das Ergebnis sind Risse.
� Stützgewölbebildung
über Durchbrüchen
Um Erdgeschosse für
gewerbliche Zwecke nutzen zu
können, werden große Öffnungen für Türen und Schaufenster geschaffen.
Die darüber liegenden Wände werden mit Stahlträgern abgefangen.
Wenn die Träger nicht stramm genug unterfüttert werden und sich bei
Belastung verformen (Durchbiegung), entsteht im darüber liegenden
Bereich der Wand ein Stützgewölbe, praktisch ein flacher Bogen. Da dieser
entstehende Bogen weder über die entsprechenden Widerlager verfügt
noch für seine Funktion ausgelegt ist, führt der Schub am Bogenende
beim Durchsacken zur Verschiebung der Wand und zu Rissen.
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Detail Risse Stützgewölbe
Ähnliche Schäden können entstehen, wenn durch Abbruch von
Nachbargebäuden Stützkräfte an Außenwänden wegfallen und die
Stützgewölbe zusammenfallen.
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Risse über einem Torbogen, hervorgerufen durch den Abriss des Nachbarhauses
Trotz eines stehen gebliebenen Teiles der Nachbarwand und zusätzlicher
Stützpfeiler reißt die Fassade durch Kraftumlagerungen.
Ursache ist die damals übliche Bauweise mit Kommunwänden als Giebel, die Häuser halten sich gegenseitig. � Entlastungsbögen über scheitrechten Gewölben
Um rechteckige Fenster- und Türöffnungen zu erzielen, wurden
scheitrechte Stürze verwendet. Bei hohen Belastungen aus den darüber
liegenden Wänden und Decken wurden über die scheitrechten Stürze
Entlastungsbögen aufgemauert. Bei verputzten Wänden sind diese Bögen
nicht sichtbar. Wenn dann im Zuge von Türverbreiterungen oder dem
Versetzen von Fensteröffnungen Widerlager abgebrochen werden, kann
dies zum Absacken der Bögen und zu Rissbildungen in der Wand führen.
� Einbau von Stahlbetondecken
Durch nachträglichen Einbau von Stahlbetondecken werden oft
erhebliche zusätzliche Lasten auf die Wände übertragen. Von Vorteil ist die
Einspannung der Wände unter die Decken durch Reibung und damit die
Verbesserung der Knicksicherheit.
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Das funktioniert aber nur, wenn der gesamte Wandquerschnitt
gleichmäßig durch die Decke belastet wird. Geschieht dies nur im
Innenbereich, kann es bei zweihäuptigem Mauerwerk, wie bei
Bruchsteinwänden üblich, zur einseitigen Belastung der inneren
Wandschale kommen. Schlimmstenfalls verformt sich die innere
Wandschale so stark, das sie von der restlichen Wand abschert. Wenn der
innere Verbund der Wand zerstört ist, besteht die Gefahr des Ausknickens
der äußeren Wandschale.
Infolge der Belastung durch die Decke wird sich die innere Schale stärker
verformen als die Äußere. Schlimmstenfalls kommt es zur Ablösung der
inneren Schale und zum Bruch.
� Neuverfugungen mit Zementmörtel, Vierungen, Steinauswechselungen
Durch die Neuverfugung bzw. die Auswechselung defekter Steine mit
starrem Zementmörtel kommt es zur Kraftumlagerung in die benachbarten,
weicheren Bereiche des Mauerwerks, das Ergebnis sind Verformungen und
Risse.
Riss durch einen Stein infolge Kraftumlagerung in einem Bogen nach Verfugung mit Zementmörtel
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� Setzungen durch Vernässung des Baugrundes und/oder Änderung der
Belastung einzelner Bauteile
Vor allem Säulen, Pfeiler und Stützen, die im Innenbereich punktförmig
hohe Einzellasten in den Baugrund ableiten, sind besonders sensibel
hinsichtlich Änderungen im Baugrund und in der Belastung. Durch die
geringe Zugfestigkeit von Natursteinen können schon geringe
Veränderungen zur Schäden führen. Schon der Abbruch eines
Nachbargebäudes mit Aushub einer Baugrube kann auch bei
Entfernungen von einigen Dutzend Metern zum Nachsetzen von
senkrechten Traggliedern führen. Bei Vorhandensein von bindigen Böden
können Einleitungen von Wasser zum Verlust der Tragfähigkeit und zu
Grundbrüchen führen, wie folgendes Beispiel verdeutlicht.
In der nachträglich eingebauten Wand versteckt befindet sich ein Pfeiler, der
das Treppenpodest einer massiven Treppe aus Sandsteinblockstufen trägt.
Er führte zur Ursache der Schäden im Bodenbelag der Treppe, die behoben
werden sollten.
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Im Bereich des Stützenfußes ist der Treppenbelag durchgestanzt, Fliesen im
Umfeld waren gekippt bzw. einseitig hohlliegend.
Der Boden war in der Nähe der Stütze aufgewölbt.
Ursache der Schäden war ein Grundbruch unter der Stütze. Der bindige
Boden wurde durch eine falsch gesetzte Grundleitung seit etwa 10 Jahren
durchfeuchtet und gab jetzt nach. Die Fallrohre wurden statt in eine
ordentliche Grundleitung in ein Dränrohr in der Hoffnung eingebunden, so die
Versickerung des Regenwassers zu lösen!
Das Ergebnis war eine Fundamentbewässerungsanlage.
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Der bindige Boden unter dem Fundament war nur noch toniger Brei. Die
äußere Schale der Bruchsteinwand begann sich vom Kern zu lösen; besonders
an Stellen höherer Belastung wie Türen und Fenster.
Wenn solche Schäden unter einzelnen Stützen eines Kreuzgewölbes o.ä.
erfolgen, kann das zu einer Kettenreaktion führen, die zum Einsturz des
gesamten Gewölbes führen kann.
Zur Sanierung solcher, durch Vernässung oder statischer Mehrbelastung
versagender Gründungen sind Spezialisten zur Analyse und zur
Sanierungsplanung unerlässlich. Spätestens hier hört die Eigenleistung auf.
Die Auswahl des Sanierungsverfahrens richtet sich nach Art und Umfang der
Schäden, den vorhandenen Baugrund und die Nachbarbebauung.
Mögliche Verfahren sind Injektagen, die die Tragfähigkeit des Baugrundes
erhöhen sollen, Mikrobohrpfähle und Stopfverdichtungen.
Veränderung der Lasteintragungen durch Nutzungsänderung Die häufigste Ursache für erhöhte Lasten eines Altbaues stammen aus der
Umnutzung von Dachgeschossen als Aufenthaltsraum. In den
Dachgeschossen lassen sich große, helle Wohnräume einbauen, die
Dachflächen machen den Einbau einer zeitgemäßen Wärmedämmung
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möglich. Trockenestriche, Gipskartonverkleidungen, Trennwände und die
Verkehrslasten führen zu einer erhöhten Belastung der tragenden Bauteile des
Hauses, vor allem der Außenwände und der Gründung. Schlafzimmer,
Kinderzimmer und Bäder werden deshalb gern in die Dachgeschosse
implantiert, da durch das Dachtragwerk und Trockenbauverfahren eine freie
Grundrisslösung möglich ist. Gerade bei kleineren Gebäuden mit geringen
Gebäudebreiten von 6 – 8 m bieten Sparren- bzw. Kehlbalkentragwerke dafür
gute Voraussetzungen, da bei diesem Typ Dachtragwerk keine Stuhlsäulen
die Raumaufteilung erschweren. Die Problematik ist, das die Dachräume
früher nur als Kaltdach zum Wäschetrocknen und als Abstellraum genutzt
wurden. Die Decken zum darunter liegenden Geschoss wurden daher
schwächer ausgeführt; allerdings ließen die Zimmerer früher große
Sicherheitsreserven bei der Dimensionierung der Holzprofile. Der Ausbau alter
Dachböden bedarf trotzdem immer einer Überprüfung durch einen Statiker
oder einem anderen geeigneten Baufachmann. Vorsicht ist bei
Sparrendächern geboten, wenn Laien selbst Hand am Dachgeschossausbau
anlegen. Dazu einige Erläuterungen zur Funktionsweise von Dachtragwerken.
Die beiden Hauptarten von Satteldächern sind Pfettendächer und
Sparrendächer. Beim Sparrendach bildet ein Sparrenpaar und der
Deckenbalken (Bundbalken) ein unverschiebliches Dreieck (Gespärr). In den
Sparren herrschen durch die Last der Dachhaut vornehmlich Druckkräfte, im
Bundbalken vornehmlich Zugkräfte.
Druck im Sparren
Kehlbalken
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Zug im Bundbalken
Aufschieblinge
Sparrenfußpunkt als Detail; wenn der waagerechte Bundbalken zerstört ist,
wird waagerechter Schub in die Außenwand übertragen:
Aufschiebling Die Aufschieblinge sind charakteristisch für Sparrendächer, sie sichern die
Überdeckung der vorstehenden Bundbalken. Der Überstand ist erforderlich,
damit der Sparren am Fußpunkt (Versatz) nicht ein zu kurzes Holz abschert. Da
die Bundbalken nicht unendlich lang überstehen, ist der Dachüberstand bei
Sparrendächern begrenzt. Die waagerechten Windlasten längs zum First
werden durch schräge Zugbänder, die Windrispen, aufgenommen, die über
die Sparren laufen. Seit etwa 150 Jahren sind diese Windrispen aus verzinktem
Bandstahl, früher erfolgte die Aussteifung über die massiven, leicht nach innen
geneigten Giebelwände im Dachgeschoss. Beim Einbau von
Dachflächenfenstern also bitte nicht einfach die Windrispen trennen, wenn
sie stören! Der Schwachpunkt der Konstruktion ist die Verbindung zwischen
Sparren und Bundbalken (Sparrenfußpunkt). Dieser Punkt liegt in unmittelbarer
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Nähe der Traufe, also dort, wo das Wasser vom Dach abfließt und
Nässeschäden am wahrscheinlichsten sind. Vorteil ist der freie Dachraum.
Kritisch sind Schäden am Fußpunkt, wenn die Verbindung Sparren-
Bundbalken keine Last mehr aufnehmen kann. Der Sparren wandert nach
außen aus, der First senkt sich. Dasselbe passiert, wenn an irgendeiner Stelle
der Bundbalken getrennt wird, z.B. beim nachträglichen Einbau einer Treppe.
Kehlbalken werden eingefügt, wenn die Sparren so lang sind, das die
Durchbiegungen zu groß werden.
Sparrendach mit Kehlbalkenlage
Wenn oberhalb der
Kehlbalkenlage Last
eingetragen wird, kann
unter die Kehlbalkenlage
eine Stuhlsäule gestellt
sein. Laien verwechseln
deshalb oft ein
Sparrendach mit einem
Pfettendach. Daher
gehören Veränderungen am Tragwerk eines Sparrendaches bzw. generell
eines Dachtragwerkes immer in die Hand eines Zimmerers.
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In diesem Fall wurden bei einer Erweiterung des kleinen Häuschens ein Anbau
errichtet und eine Treppe zum vorher ungenutzten Dachboden (Sparrendach mit
Kehlbalkenlage) eingebaut. Dabei mussten einige Bundbalken entfernt werden.
Im Laufe der nächsten Jahre traten am Haus verheerende Risse in der Fassade
und am Giebel auf.
Hinter dieser Wand liegt die Treppe, die Wand schiebt nach außen
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Der zweite Dachtyp ist das Pfettendach. Hier liegen die Sparren auf parallel
zum First laufenden Pfetten. Je nach Lage gibt es Fußpfetten, Mittelpfetten
und Firstpfetten. Die Fußpfetten liegen auf der Längswand auf; die Mittel- und
Firstpfetten werden durch senkrechte Stützen, die Stuhlsäulen getragen, die
durch Kopfbänder mit den Pfetten unverschieblich verbunden sind.
Die Stuhlsäulen tragen die Last des Daches auf die Decke ab. Durch die
Kopfbänder werden waagerechte Windlasten längs zum First aufgenommen.
Damit die Mittelpfetten nicht durch die Last der Sparren nach innen
ausweichen, werden sie von waagerechten Hölzern, den Zangen, auf
Abstand gehalten. Bei der Stuhlsäule unter einer Firstpfette ist dies nicht
erforderlich, da sich die Sparren hier berühren und der waagerechte Druck
sich aufhebt.
Sparren
Zange
Stuhlsäulen
Mittelpfetten
Druck
Fußpfetten
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Das System Pfette-, Stuhlsäule-, Zange heißt Dachstuhl, da das Dach hier
praktisch aufsitzt. Mittlerweile ist das Wort Dachstuhl zum Synonym für alle
Dachtragwerke aus Holz geworden. Der Vorteil des Pfettendaches ist die
Möglichkeit, Häuser mit größeren Tiefen zu bauen; die Sparrenlänge gibt nicht
mehr die Breite des Gebäudes wie beim Sparrendach vor.
Am Fußpunkt werden keine waagerechten Kräfte außer Windkräften in die
Außenmauern eingeleitet. Die Dachneigung kann flacher gehalten werden,
der Dachüberstand kann größer als beim Sparrendach sein. Der Nachteil ist
der erhöhte Holzeinsatz für den Stuhl und die im Dachraum stehenden
Stuhlsäulen. Da die Stuhlsäulen im Gegensatz zum Sparrendach, wo die
Dachlasten ausschließlich in die Außenwände abgeleitet werden, Lasten aus
der Mittel- und den Firstpfetten punktförmig in die Dachgeschossdecke
ableiten, ist hier Vorsicht beim Ausbau geboten. Die Last wird am Fußpunkt
entweder über ein Querholz auf zwei oder drei Deckenbalken verteilt oder
unter der Stuhlsäule steht im darunter liegenden Geschoss eine Stütze oder
eine Wand. Das Querholz wird weggesägt, da es eine Stolperstelle ist, die
Wand darunter weggerissen, weil sie stört. Absenkungen in der Decke und in
der Dachfläche können die Folge sein. Als dritter Dachtyp existiert das
Binderdach. Dachbinder als vorgefertigte Bauelemente sind keine
Entwicklung des Industriezeitalters, es gibt sie seit der Gotik. Einige Kirchen und
Profangebäude in Burgund oder in Italien verfügen über freitragende
vorgefertigte Dachbinder mit Zuggliedern aus Holz, die mit Kränen aufgesetzt
wurden. 1662 – 65 wurde im Rahmen der Aufstockung der Kirche San
Giovannino in Florenz flache, freitragende, vorgefertigte Dachbinder ohne
Zugglied mit dem Kran montiert. Um Platz für das hölzerne Tonnengewölbe
der Decke ohne störende Zugglieder zu haben.
Der Konstrukteur der Binder war übrigens ein katholischer Priester, Domenico
Fontani.
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Prinzip des Fontani-Binders Prinzip eines einfachen Dachbinders
In einfachen Wohngebäuden sind solche Binderkonstruktionen vor 1870
praktisch nicht zu finden. Für den Neuaufbau von Dachtragwerken im Zuge
der Sanierung alter Gebäude sind sie dann interessant, wenn es gilt Raum zu
schaffen und Gewicht, Zeit und Geld zu sparen. Zur Frage der Herstellung der
physikalischen Funktion von Wänden kommt auch noch die ästhetische
Frage:
Sieht das schön aus?
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Hier wurde steinsichtig Bruchsteinmauerwerk saniert. Weder das Mauerwerk noch die Sanierung sind sehenswert. Statt das gleiche
Wandmaterial zu nehmen, wurden alte Ziegel verwendet. Übrigens ist das
kein Karnickelstall auf dem Dorf, sondern Teil der Wasserburg Egeln.
Hier kann man im Detail erkennen, was Materialien mit unterschiedlichen E-
Modulen bewirken. Außerdem zu bewundern: „Die Kunst der Fuge“ oder der
Unterschied zwischen Handwerk und Eigenleistung.
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Natürlich kann man der ganzen Problematik der Sanierung von Wandflächen
aus Bruchstein aus dem Wege gehen, wenn man nach gutem deutschem
Brauch die Wand verkleidet.
So sieht dann die schöne heile (und abwaschbare) Fassade mit
hammerrechtem Bruchstein aus Plastik aus... Es lebe das Imitat.
Quelle dieser steinsichtigen Mode der Darstellung von Bruchsteinmauerwerk
sind einige durchaus bedeutende Bauten des ausgehenden 19. und
beginnenden 20.Jh., als der aufkommende deutsche Nationalstolz sich in
romantisierenden Nachbildungen alter Ritterburgen manifestierte. Den
Anfang machte Schloss Neuschwanstein in Bayern, gefolgt vom
Wiederaufbau der Hochkönigsburg im Elsass, dem Umbau des Schweriner
Schlosses, den allgegenwärtigen Krieger- und Heldendenkmälern usw. Die
alten Landgerichtsgebäude aus wilhelminischer Zeit sind Trutzburgen
gotischer Baukunst.
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Die Hochkönigsburg
(Haute - Koenigsburg)
im Elsass.
Die Bürger der nahe
gelegenen Stadt
Schlettstadt (Selestat)
schenkten die Burg-
ruine, die im 30-
jährigen Krieg von
schwedischer Artillerie
zusammengeschossen
wurde, dem deutschen Kaiser. Der ließ die Burg Anfang des 20. Jh. wieder
(natürlich mit steinsichtigem Mauerwerk) aufbauen.
Viele wohlhabende Bürger und Intellektuelle eiferten ihrem großen
Potentaten im Kleinen nach, so entstanden viele kleine „Koenigs“-burgen, wie
die Georgsburg, die sich ein wohlhabender Bauunternehmer bei Könnern an
der Saale als seinen Traum von Ritterschaft und neuer deutscher Größe
errichtete.
Wie beim großen
Vorbild wurde die
Fassade nicht verputzt,
es sollte ja nach
„original Mittelalter“
aussehen.
Es gab natürlich auch
eine Ritterstube!
Georg Böttcher fecit