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COVER
Generationen |� Generaziuns�# 44 : W
inter | Inviern 2012|�2013
#44Winter | Inviern 2012�|�2013
Generationen[ Generaziuns ]
AM KÜCHENTISCH DER GROSSFAMILIEHierbleiben muss man aushalten
DER SCHLOSSHERR SCHWÄRMTTarasp als Lieblingsprojekt
SEIT 100 JAHREN FÄHRT DIE RHB BIS SCUOLEine Bahn für grosse und kleine Fische
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INHALT / CUNTGNU
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Editorial. Mehr als eine Familiensache.
«Hierbleiben muss man aushalten.» Diskussionen am Küchentisch einer Grossfamilie.
«Tarasp ist mein Lieblingsprojekt.» Der Sanierer von Schloss Tarasp über sein Engagement und seine Ideen – eine Fiktion aus dem Sommer 1912.
Zeitlauf am See. Die Künstlerin Gabriele Horndasch hat am frühen Morgen die Stimmungen am Lai Nair in Tarasp dokumentiert.
Strecke für grosse und kleine Fische. Seit genau hundert Jahren fährt die RhB ins Unterengadin. Dazu ein Blick ins Bahnmuseum Albula.
Olympias Riesendefizite. Köbi Gantenbein über die Geschichte und die hinterlassenen Finanzlöcher der Grossveranstaltungen.
Dad ons grass e dad ons majers. Üna spassegiada tras la ils ultims decennis da la culrua rumantsch la-dina – mit einer deutschen Zusammenfassung.
Kindergärtnerin der Kindeskinder. Tina Puorger betreut bereits die Kleinen ihrer ersten Kindergärtler.
Engiadina narrais-cha. Extracts da las nardats dad Alfons Clalüna e Caricaturas da Jürg Parli.
Warum Töchter die Eltern pflegen. Fast immer kümmern sich Töchter um ältere Familienangehörige.
Das Geschäft bleibt in der Familie. Obwohl es nicht immer einfach ist: Oft werden die gleichen Berufe gelernt und die Unternehmen weitergeführt.
Der Rollator neben dem Kinderwagen. Betagte und Kinder unter einem Dach, das kann funktionieren.
Die Zukunft der «Fränzlis» ist weiblich. Drei junge Frauen in den musikalischen Fussstapfen ihrer Väter.
Paradies der Worte und Gedanken. Die Biblioteca Engiadinaisa in Sils ist das Werk einer Stifterin.
Bücher. Neuerscheinungen aus der Region.
Pizzeria. Aktuelles aus Südbünden.
Vorschau. Impressum.
Titelbild Gabriele Horndasch, Bild rechts: pictore/istockphoto.com
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Liebe Leserinnen und Leser – chara lectura, char lectur
EDITORIAL Urezza Famos
Seit Generationen bebaut die Familie dieses
Stück Land.» Wir verstehen den Satz sofort: Es
geht um Väter, Grossmütter und Urgrossväter –
um eine Familienangelegenheit, um Traditionen.
Doch der Begriff «Generationen» geht darüber hin-
aus. Wir gehen in dieser Ausgabe zwar auch den tradi-
tionellen Bildern nach, wo Grossfamilien über Gene-
rationen zusammenleben und wo die Jugend in die
Fussstapfen der Eltern und Grosseltern tritt und Ho-
tels, Unternehmen oder die Musikgruppe der «Fränz-
lis» weiterpflegen und weiterführen. Wir stellen Ih-
nen eine Kindergärtnerin vor, die bereits die Kinder
ihrer ersten Kinder auf einem Stück Lebensweg beglei-
tet, und es geht um Töchter, die ihre Eltern pflegen.
Aber wir zeigen Ihnen auch, wie nichtfamiliäres Zu-
sammenarbeiten und -leben über Generationen hin-
weg funktioniert. Etwa im «Neugut» in Landquart, wo
Alterszentrum und Kindergarten unter dem gemein-
samen Dach untergebracht sind – ein Modell, über das
man auch im Engadin intensiv nachdenkt.
Wir befassen uns mit dem Generationenwechsel in
der romanischen Literatur und blenden zurück in die
hundertjährige Geschichte der Bahnverbindung ins
Unterengadin und – provokativ im Hinblick auf die
Bündner Abstimmung im März 2013 – in die Verände-
rungen im Olympia-Zirkus. Symbolträchtig zeigt die
Fotostrecke den Lauf der Zeit – auch ein Element des
Generationenbegriffs. Wir laden Sie ausserdem ein zu
einem Ausflug in die Fiktion, wenn es darum geht, zu
ergründen, was der Retter von Schloss Tarasp vor ge-
nau 100 Jahren gesagt hat – gesagt haben könnte!
All diese Geschichten wollen Ihnen zeigen, dass über
die Generationen nicht nur Materielles weitergegeben
wird, sondern auch soziale Kompetenz und kulturelle
Werte. Freuen Sie sich also wieder auf ein Heft voller
überraschender Geschichten und abonnieren oder
verschenken Sie piz: www.pizmagazin.ch
Daspö generaziuns cultivescha la famiglia quist
toc terrain». Dalunga inclegiaina la frasa: I’s
tratta da baps, da nonas e da tats – i’s tratta
d’üna fatschenda da famiglia, da tradiziun. Ma il pled
«generaziuns» tendscha sur quai oura. In quist’ediziun
muossaina bainschi eir purtrets tradiziunals, ingio
cha famiglias grondas vivan insembel düront genera-
ziuns e generaziuns, ingio cha’ls giuvens surpiglian
l’hotel o l’affar dals genituors e da lur nonas e bazeg-
ners, uschè sco ch’eir ils «Fränzlis» chüran e mainan
inavant lur tradiziun musicala. No As preschantain
üna muossadra chi accumpogna fingià als uffants da
seis prüms scolarins sün ün toc da lur via ed i’s tratta
implü da figlias chi pisseran per lur genituors.
No As muossain però eir co chi funcziuna la convi-
venza e la collavuraziun sur plüssas generaziuns tan-
ter persunas na paraintas. Quai es per exaimpel il cas
i’l «Neugut» a Landquart, ingio ch’ün center d’attem-
pats ed üna scoulina as rechattan suot il listess tet – ün
model chi vain tut in consideraziun intensivamaing
eir per l’Engiadina.
No ans occupain cun la müdada da generaziuns illa
litteratura rumantscha e dain ün sguard inavo sün
100 ons istorgia da la viafier in Engiadina Bassa – e pro-
vochain ün sguard inavant sün las müdadas i’l circus
olimpic chi han da gnir admissas illa votumaziun
chantunala in marz 2013. Las fotografias simbolise-
schan l’ir dal temp – ün ulteriur elemaint chi’d es col-
lià cul term generaziuns. Dasper tuot quist As invi-
daina da far ün’excursiun fictiva e tadlar che cha
l’iniziant restoratur dal Chastè da Tarasp ha dit precis
avant 100 ons – o pudess avair dit!
Tuot quistas istorgias muossan cha las generaziuns nu
dan inavant be mezs materials, mobain eir cumpeten-
zas socialas e valuors culturalas. S’allegrai dimena da
leger darcheu ün magazin plain istorgias surprenden-
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Mehr als eine Familiensache
6 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Das Haus an der Via Spelma in St. Moritz ist die
Antithese zur Behauptung, dass der Lebens-
raum für Einheimische im Oberengadin bald
so knapp wird wie für Bären. In der Gemeinschaftskü-
che des hundertjährigen Hauses gehen drei Generati-
onen einer Grossfamilie ein und aus. Die Spaghetti
schmecken hervorragend und nach zwei Stunden Ge-
spräch am grossen Tisch stellt sich so was wie Gebor-
genheit ein. Man fühlt: Das hier ist ein Zuhause.
Am Tisch mit uns sitzen Marcella Maier, die 92-jährige
Schriftstellerin, engagierte Journalistin und streit-
bare Politikerin, im Haus Nona genannt; ihre Tochter,
Corina Huber, und deren Tochter, Selina Huber. Drei
Frauen, drei Generationen St. Moritzerinnen, die ge-
meinsam Erfahrungen teilen, die beinah ein ganzes
Jahrhundert umfassen. Sie empfangen uns stellvertre-
tend für den gesamten Haushalt. Zwei weitere Töchter
von Marcella Maier leben mit ihren Familien eben-
falls unter demselben Dach, fünf Enkel und einige Un-
termieter gehen hier ein und aus. Eine Lebensgemein-
schaft, wie sie in unseren Breitengraden nur noch
selten anzutreffen ist.
Gibt es noch Unterschiede?St. Moritz ist ein janusköpfiger Ort, Dorf und Mini-
stadt in einem. Die Mischung aus provinziellem Dorf-
leben und mondäner Weltläufigkeit bestimmt hier
den Lauf der Dinge und die Biografien derjenigen, die
hier aufwachsen, ihre Jugend verbringen und viel-
leicht auch bleiben. Obwohl das die wenigsten tun,
wie Corina Huber sagt. Aus ihrer ehemaligen Schul-
klasse sei es gerade mal eine Handvoll, die sich für ein
Leben im Engadin entschieden hätte. Die anderen ha-
ben sich über die Berge davongemacht.
Davongemacht, weil hier oben etwas Entscheidendes
fehlt für ein «erfülltes» Leben? Unterscheidet sich die
Kindheit und Jugend im Engadin überhaupt noch von
derjenigen im Unterland? Die Einkaufsmöglichkeiten
sind doch in etwa dieselben wie in grossen Agglome-
rationen. Die elektronischen Netzwerke garantieren
wie anderswo die Teilhabe am globalen Informations-
fluss. Persönliche Kontakte können dank Facebook,
Twitter und schnellen Verkehrswegen auch über die
Berge hinweg intensiv gepflegt werden.
Weg – und wieder zurück«Es ist eben nicht so einfach, sich selbst zu finden, sei-
nen eigenen Weg zu beginnen in einem Tal, in dem es
doch eng ist, wo alles schon vorgegeben ist, wo man
sofort auffällt, wenn man nur ein bisschen aus der
Reihe tanzt», sagt Selina, die jüngste der drei Frauen.
Sie habe schon ab der sechsten Klasse gewusst: «Ich
muss hier weg.» Dank des weltoffenen Elternhauses
hat sie ihre Kontakte anderswo gesucht, gefunden und
gepflegt. Als sie nach der KV-Ausbildung nach Zürich
zog, erging es ihr aber doch ein wenig wie Johanna
Spyris Heidi in Frankfurt: Die Menschenmassen, die
Vielzahl der Lebensentwürfe, die tägliche Hektik wa-
ren ebenso erschlagend wie inspirierend. Ganz zu
schweigen vom Ausgeh- und Kulturangebot, das die
Angebote im Engadin doch etwas alt aussehen lasse.
Und doch: Nachdem die Stadt «erobert», einige neuste
Trends ausprobiert waren, verblasste der Reiz des Un-
bekannten. Und dann wurde auch Selina sachte von
der ältesten aller Engadiner Krankheiten gestreift,
vom Heimweh.
«Der Drang, wegzugehen, die Welt zu sehen, keimt
hier oben besonders gut», meint ihre Grossmutter.
Das kommt natürlich auch durch Begegnungen mit
Gästen, die einem allein schon durch ihre Herkunft –
sei es Hamburg, London oder São Paulo – ständig den
Duft der weiten Welt durch die Nase ziehen. «Ist man
aber länger in der Stadt, beginnt man die Natur zu ver-
missen. Und dann auch wieder umgekehrt», erklärt
Selina, die vorläufig zurückgekommen ist in die WG
der Nona. Die Enkelin arbeitet bei einem Tourismus-
«Hierbleiben muss man aushalten»
Text: Mathias Balzer
Fotos: Flurin Bertschinger
Was prägt eine Jugend im Engadin? Unterscheidet sie sich in globalisierten Zeiten überhaupt noch von einer in Basel oder Zürich? Wir versuchen die Frage am Küchentisch einer Grossfa-milie in St. Moritz zu klären.
Foto rechte Seite:
Eine Grossfamilie über
drei Generationen lebt im
selben Haus. Drei Frauen
diskutieren als Stellvertreter-
innen: Marcella Maier (Mitte),
deren Tochter Corina Huber
(rechts) und die Enkelin,
Selina Huber (links).
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büro, weiss aber genau, dass sie es hier oben nicht
allzu lange aushalten wird. Zu viel gebe es noch zu ent-
decken in dieser Welt. Indien und Nepal hat sie bereits
intensiv bereist. Weitere Ziele, als Ferien- oder als Ar-
beitsort, stehen auf ihrer Wunschliste. Auch ihr
Freundeskreis wohne weit um den Piz Nair herum.
Andere Zeiten – andere BedingungenFür Marcella Maier, 1920 geboren, stand ein solch glo-
baler Lebensentwurf vorerst nicht zur Disposition. In
den Dreissigerjahren verbrachte sie das damals auch
für Engadinerinnen obligate Welschlandjahr als Au-
pair-Mädchen bei einer kulturell engagierten Familie
in Genf. Nach einem darauf folgenden Italienaufent-
halt war es aber bereits fertig mit der Entdeckung der
Welt. Die Jahre des Zweiten Weltkriegs verbrachte sie
fast ausschliesslich in St. Moritz. «Wo hätte man auch
hingehen sollen? Die Grenzen waren dicht. Am
Abend wars im ganzen Land dunkel», erinnert sich die
heute beinah erblindete Schriftstellerin. «Aber das
war kein langweiliges Leben», sagt sie nachdrücklich.
«Der Zusammenhalt im Dorf war gross. Man half sich
mit dem Nötigsten aus. Die Frauen nähten oder strick-
ten gemeinsam. Kulturell lief wenig. Die Hotels waren,
mit Ausnahme des ‹Palace›, geschlossen. Einige vom
Krieg geflüchtete Musiker gaben ab und zu ein Kon-
zert. Dann ging man eben zu Fuss nach Silvaplana
und kehrte nach dem Konzert unter dem Sternenhim-
mel nach Hause zurück.»
Als es nach der Olympiade 1948 wieder aufwärtsging,
in den Fünfzigern die Hollywoodstars wieder anreis-
ten, war Marcella Maier bereits Mutter und hatte sich
für ein engagiertes Leben im Engadin entschieden.
Die Welt habe sie erst später bereist.
St. Moritz weiss, woher der Zeitgeist wehtCorina Huber, heute Leiterin der Dokumentationsbi-
bliothek in St. Moritz, steht quasi in der Mitte der Er-
fahrungen ihrer Mutter und derjenigen ihrer Tochter
Selina. Sie widerspricht der Tochter, wenn diese das
hiesige Kulturangebot etwas belächelt. Es gebe mitt-
lerweile Anlässe, wie das Jazzfestival oder das Art Mas-
ters, die internationalen Wind ins Kulturleben bräch-
ten und den Vorteil hätten, dass man hier, im Dorf,
den Künstlern auch persönlich begegnen könne.
Ihr, die Ende der Sechzigerjahre zwanzig war, habe es
hier oben auch in der Jugend nicht an Essentiellem ge-
fehlt. Natürlich hätten auch sie oft Freunde in Zürich
besucht und spätestens nach dem ersten Openair-Be-
such in Wetzikon, an dem «Deep Purple» aufspielten,
habe auch sie gewusst, woher der Zeitgeist weht.
St. Moritz war damals ganz und gar nicht unberührt
von den Kulturimpulsen, die aus San Francisco und
London über den grossen Teich wehten. So entschied
sie sich, als nach einer neunmonatigen Indienreise
mit ihrem Mann die Familiengründung anstand, in
St. Moritz zu bleiben. «Mir ist das leicht gefallen», sagt
sie heute. «Ich bin eben ein Naturkind.»
So unterschiedlich die zeitlich bedingten Umstände
dieser drei Biografien sind, so klar wird beim Gespräch
hier in der Küche, dass es ohne einmal wegzugehen
kein Hierbleiben gibt. Dass nur wenige zurückkom-
men, liege vor allem an den Arbeitsmöglichkeiten,
meint Selina Huber. «Das Jobangebot ist sehr be-
schränkt, etwas wirklich Interessantes zu finden, ist
schwierig.» Demnach sind die Engadiner, wie zu Zei-
ten der Zuckerbäcker, im Grunde immer noch Aus-
wanderer. Nur sind die Bodenpreise mittlerweile zu
hoch, um sich als Rückkehrer ein Sommerhaus zu
bauen, wie es vorhergehende Generationen taten.
Einheimische als ZaungästeFür diejenigen, die hier bleiben, haben sich die Mög-
lichkeiten, mit dem globalen Dorf in Kontakt zu blei-
ben, durch die Mobilität und die Oberflächen der elek-
tronischen Kommunikationsmittel erweitert. Vom
realen Gast bekomme man heute aber weniger mit, als
früher, meint Selina und stellt ihrer Grossmutter die
Frage, ob es denn früher nicht interessanter gewesen
sei, als die Gäste nicht wie heute nur drei Tage, son-
dern drei Wochen oder drei Monate geblieben seien.
Grossmutter und Mutter bestätigen, dass sich das Ver-
hältnis zu den Gästen bestimmt verändert habe. Für
Selina hat der Tourismus im Spiegel der Erzählungen
ihrer Grossmutter, die immerhin Persönlichkeiten
wie Hermann Hesse oder Charlie Chaplin begegnet ist,
an persönlichem Charme eingebüsst.
Die Nona lächelt: «Wir leben hier in einem Theater.
St. Moritz ist eine Bühne und die Einheimischen sind
dabei Zaungäste und Zudiener. Das ertragen nicht alle.
Diese Rolle muss man schon aushalten, wenn man
hier lebt.»
Hier noch das Bild der Frauen am Tisch, ganz klein?
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v i v a n d a g e n u i n a e n g i a d i n av i v a n d a g e n u i n a e n g i a d i n a
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Das ist er also, der Mann mit den vielen Millio-
nen, Fabrikant, Reklamegenie, Bazillenkrieger,
Aufsteiger aus einfachen Verhältnissen. Freun -
de sagen: Ausnahmemensch.
Das «Teehaus» unterhalb des Schlosses ist unser Treff-
punkt. Ein flacher Holzbau, zwei Räume mit Telefon,
wenige Möbel, ein Harmonium, alles rauchgeschwän-
gert. Lingner begrüsst mich freundlich-skeptisch. Er
trägt Bart, ist von blasser Gesichtsfarbe, etwas steif-
nackig, ausgesucht höflich im Umgang. Die warme
Nacht lockt auf die Korbstühle im Freien. Das Heer der
Grillen gibt den Ton an und die Fledermäuse stürzen
sich in ihre Jagdgründe.
Ich bin auf 22 Uhr bestellt worden. Bausekretär Vaja
hat mich hierhin begleitet, sich ein paar Bemerkun-
gen zu Lingner gestattet, mir dann etwas von einer
Staubsauganlage erzählt, die nun doch nicht einge-
richtet werde, den vielen elektrischen Steckdosen und
der Zentralheizung und dass der Chef immer das Mo-
dernste wolle. Ich hörte nur mit halbem Ohr zu.
Lingner kramt einen dünnen Karton aus seinem lei-
nenen Anzug und steckt ihn wieder ein – seine Agenda,
die er jeden Tag wegwerfen kann, er mag es nicht, das
Erledigte verflossener Wochen mit sich herumzu-
schleppen. Offenbar bin ich heute sein letzter Gast.
Ein smarter junger Mann füllt zwei Gläser mit franzö-
sischem Rotwein, stellt etwas Gebäck dazu, sein Auf-
treten hat etwas Mondänes, steht in eigenartigem
Kontrast zur natürlichen Umgebung aus Wiese und al-
lerlei Buschwerk.
Lingner schaut mich prüfend an, setzt dann, gemes-
sen und kunstvoll, eine Zigarre in Brand, nimmt ei-
nen Zug und betrachtet sichtbar entspannt, fast liebe-
voll das glühende Ende. Derweil mache ich mir über
die korrekte Anrede Gedanken. Nach seiner Weltge-
sundheitsausstellung in Dresden vom letzten Jahr
wurde er mit Ehrungen aller Art überhäuft. Also Ex-
zellenz (der Wirkliche Geheime Rat)? Oder Herr Dok-
tor (als Ehrendoktor der Medizin der Universität
Bern)? Oder (da ich gehört hatte, er möge Schmeiche-
leien nicht) einfach Herr Lingner? Ich versuche es:
Exzellenz.
Lingner wehrt ab: Einfach Doktor, bitte.
Dann will er alles über mich erfahren, wer ich sei, wel-
che Ausbildung ich genossen habe, in wessen Dienst
ich stehe und so weiter.
Warum gerade Tarasp?Endlich ergibt sich Gelegenheit für die erste Frage: Die
Menschen möchten immer zuerst wissen, wieso Sie über-
haupt nach Tarasp gekommen sind.
Oh, der Name Tarasp begegnete mir erstmals anläss-
lich eines wohltätigen Basars in Dresden, und zwar in
Gestalt eines Aquarells, welches unsere damalige Kö-
nigin Carola, eine grosse Frau, gemalt hatte. Sie besass
in Tarasp ein Hausgrundstück, verbrachte gern den
Sommer hier oben, malte fleissig. Neugierig geworden,
fuhr ich im Jahr 1900 hin, damals noch mit der Kut-
sche über den Pass. Natürlich lockten mich ebenso die
arzneikräftigen Glaubersalz-Quellen, die grossartige
Trinkhalle, das vorzügliche Alpenklima, die ganze
wilde Gebirgsnatur – Marienbad und Vichy erschei-
nen mir demgegenüber geradezu als langweilig.
Hatte denn eine Krankheit Sie geplagt?
Nein, nein, ich war damals etwas überarbeitet, da
braucht man Gratifikation. Aber man geht ja auch aus
anderen Gründen in die Kurhäuser, trifft sich dort mit
interessanten Menschen.
Und dann haben Sie sich in Schloss Tarasp verguckt?
Verguckt? Da ist nichts bloss gefühlsmässig. Es gibt lei-
der viele mittelalterliche Burgen in Deutschland und
der Schweiz, die zerfallen oder, was fast noch schlim-
mer ist, die ungeschickt oder kitschig restauriert wer-
«Tarasp ist mein Lieblingsprojekt»
Text: Walter A. Büchi
Fotos: Susanna Fanzun
Tarasp verdankt den Wiederaufbau der Ruine zum Schloss vor hundert Jahren dem «Odol könig» Karl August Lingner. Lingner-Biograf Walter A. Büchi hat den damaligen Schlossherrn zu ei-nem Interview auf der Baustelle überreden können – eine Fiktion aus dem Sommer 1912.
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Im «Teehaus» unterhalb des Schlosses unterhält sich Biograf und Interviewer Walter A. Büchi mit «Odolkönig» Karl August Lingner. Lingner liess die Ruine vor hundert Jahren wieder zum Schloss ausbauen.
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den. Mein Ziel ist klar: Das Alte erhalten, das Neue ge-
stalten! Dabei vertraue ich mich ganz der Führung der
Wissenschaft an. Ich will etwas Einmaliges hinstellen,
eine mustergültige Rekonstruktion.
Also kein Neuschwanstein …
... ums Himmels willen! Eine mustergültige Rekonst-
ruktion unter Mitwirkung der besten Herren vom
Fach. Die Wiederherstellung deutscher Burgen ist üb-
rigens auch ein Herzensanliegen unseres Kaisers Wil-
helm, einer seiner Burgenforscher war mehrfach hier.
Was möchten Sie mit dieser Burg?Man arbeitet bereits sechs Jahre am Schloss – wann wird
man fertig sein? Die Leute denken ja, Sie hätten beliebig
Mittel zur Verfügung. Auch weiss niemand so recht, was ei-
gentlich Ihr Ziel ist. Werden Sie dereinst darin wohnen?
Halt, halt. Sie sollten eine Frage nach der anderen stel-
len, und jetzt sind es schon deren drei! Um die Über-
sichtlichkeit zu wahren, nochmals von vorn. Die Bau-
zeit: Ich suche bei all meinen Bestrebungen kristallene
Klarheit – was hier nicht gleichermassen möglich ist,
weil es viele Überraschungen gibt und zu viele Ent-
scheide aus der Situation heraus geschehen müssen.
Die Beschaffung der Inneneinrichtung, der Möbel
und Kunstwerke, verläuft gut. Mit dem Aufrichtfest
rechne ich in spätestens zwei Jahren. Bitte bedenken
Sie, dass wir im Winter nicht viel machen können!
Wir freuen uns jedenfalls, dass die Engadin-Bahn im-
mer näher kommt. Schon nächstes Jahr fährt sie bis
Schuls – elektrisch!
Die Mittel?
Gewiss ging eine intensive Planarbeit voraus! Einen
Kostenvoranschlag festzusetzen, war nicht einfach.
Denn die Burg fordert uns ständig heraus, die jewei-
lige Sachlage befiehlt, was zu tun ist. Was meine Mit-
tel angeht, so sind diese selbstverständlich begrenzt,
da irren sich die Leute. Wer allerdings findet, Schloss
Tarasp sei mein Lieblingsprojekt, der irrt nicht.
Und nun Ihr Ziel, Herr Doktor?
Am Ende wird Schloss Tarasp als eine herrliche Baute
dastehen, verwandelt in ein Fest-, Kunst- und Gäste-
haus, wo meine Freunde sich aufhalten und sich im
Tempel der Kunst ergehen können. Wo Männer der
Tat sich zum Gedankenaustausch treffen, Neues in die
Wege geleitet wird. Oberstes Gesetz wird das Wohl der
Gäste sein, weshalb es auch einen Tennisplatz geben
wird, Bootsfahrten auf dem Wildsee und anderes
mehr. Auch der Tempel der Natur soll zu seinem Recht
kommen. Zurzeit wird grad über die Bepflanzung des
schrecklich kahlen Schlosshügels verhandelt, ich
denke an Ahorn, Esche, Vogelbeere, Birke, Silberpap-
pel, Blautanne, Berberitze, Legföhre, Wildrebe, Aka-
zie, Holunder, Efeu und habe angeordnet, dass nur ge-
pflanzt wird, was auch tatsächlich hierher gehört.
Spätere Generationen können sich dann in Botanik
üben! Lingner setzt seine «Romeo y Julieta» nochmals
in Brand, schmunzelt dabei. Die Tarasper werden mit
Giessen alle Hände voll zu tun haben!
Und die «schöne Gräfin», von der alle reden und für die im
Schloss ein Schlafzimmer reserviert sei?
Einen Moment lang blicke ich in Lingners Abwehr-
maske, jene Mischung von Entrüstung und Arroganz,
welche in Dresden berüchtigt sei. Ich bitte Sie! Solche
Fragen sind nicht verabredet! Und bis jetzt bestimme
immer noch ich, wer wo zu Bette geht!
Nach einigem Schweigen versuche ich es mit der
nächsten Frage: Nun haben wir vom Besten noch gar
nicht gesprochen: Es soll ein klingendes Schloss werden?
Ein rascher Zug an der Zigarre. Lingner blickt mich er-
neut eindringlich an. Misstrauen flackert auf. Der
Glutstängel ist jetzt bedrohlich auf mich gerichtet.
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Impressionen aus dem Schloss
Tarasp und der Plan für
Lingners «Schnellen Seekreuzer
Tarasp».
Wer hat dies austrompetet?
Ich weiss nicht, was antworten. Jeder auf dem Hügel
hat doch schon davon gehört. Und den Bausekretär
will ich keinesfalls denunzieren: Er hat mir geflüstert,
gerade eben seien erste Pläne für den Einbau einer rie-
senhaften Orgel nach Dresden abgegangen, und die
werde um die 20'000 Mark kosten – etwa gleich viel
wie damals der Erwerb der ganzen Burgruine. Lingner
sei ein verhinderter Künstler und begnadeter Organist.
Und ich brauche jetzt dringend eine begnadete Frage,
um Lingners Goodwill zurückzugewinnen. Hatte
man mich nicht gewarnt, der Krösus lasse seine Pläne
nicht gern durchschauen und sei in solchen Dingen
ziemlich zart besaitet?
So kommt Geld ins DorfIch habe bemerkt, dass die Tarasper Sie sehr schätzen, auch
am liebsten mit Ihnen persönlich verhandeln …
… und ich mag halt die Tarasper ebenfalls gut leiden!
Nicht wenige können von uns profitieren. Dies soll
auch für die Zukunft gelten – die wieder belebte Burg
wird für die Aufgeschlossenen unter ihnen allerlei
Möglichkeiten bieten. So kommt etwas Geld ins Dorf.
Tarasp soll aufblühen. Meinerseits biete ich gerne
Hand für Neuerungen, doch die Wasserversorgung ist
leider immer noch ungelöst. Ich habe dafür doch An-
gebote gemacht. Stattdessen erzählt man sich, ich
würde über den Inn eine Brücke bauen, was ich ins
Land der Fabeln verweisen muss. Ich denke, die Ein-
heimischen sollten da und dort sich selber mehr rüh-
ren anstatt auf Hilfe von aussen zu warten.
Konflikte gibt es auch?
Wir haben das Baden im Wildsee einschränken müs-
sen. Dass unsere Arbeiter am Feierabend nackt in den
See sprangen, war zwar einerseits unverschämt, ihnen
anderseits an den heissen Tagen zu gönnen. Aber die
Empfindlichkeiten der Dorfbevölkerung gehen vor.
Ein Wirklicher Geheimer Rat, das bewohnbare Schloss,
Ihre Nachforschungen bei früheren adeligen Besitzern in
Österreich – könnte es sein, dass Sie mit Schloss Tarasp auf
die Übernahme eines Adelstitels hofften?
Die Frage gefällt ihm nicht. Energisch drückt er das
Rauchzeug ins Gras. Und dann, nach einiger Zeit:
Ach, dieses Geschwätz wegen der Rangerhöhung.
Sehen Sie, ganz Dresden hatte im vergangenen Jahr
erwartet, dass mich der sächsische König adeln würde.
Diese Gnade wurde mir nicht zuteil. Ansonsten habe
ich fast alle Ehrungen bekommen, die ein deutscher
Bürger bekommen kann. Auch diejenige der Dresdner
Bürgerschaft, die – spät genug – einsah, dass ich Idea-
list bin. All die Jahre blieb ich meiner Stadt treu, habe
nach besten Kräften dem Gemeinwohl gedient, Ideen
eingebracht und Schenkungen gemacht. Aber eigent-
lich waren wir ja bei Schloss Tarasp.
Sie fahren gern zur See, verfügen über eine 18-Meter-Luxus-
Yacht, welche den Namen «Tarasp» trägt …
… den exklusivsten Namen, den man sich denken
kann! Sehen Sie, ich mag die Extreme, das tiefe Meer
und die hohen Berge. Für Letzteres … Der smarte junge
Mann erscheint wieder, macht Lingner im Flüster-
ton – beinahe ein bisschen sehr intim – darauf auf-
merksam, die Geschäftsherren warteten im Hotel
Waldhaus schon geraume Zeit auf die Exzellenz.
Sind Sie beauftragt, mich hier abzuholen, und wenn
ja: Wer glaubt mir Befehle erteilen zu müssen? Damit
kann der junge Mann nicht dienen – er tat dies aus ei-
genem Antrieb, um Lingner nützlich zu sein, viel-
leicht auch um eines Trinkgeldes willen. Barsch wird
er weggewiesen. Und Lingner denkt nicht daran, un-
ser Gespräch zu beenden.
Sie wollten dereinst Musiker werden?
Meine musikalische Leidenschaft geht bis in die Ju-
gendjahre zurück und fand lange keine Erfüllung.
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LITERATURHINWEIS:Walter A. Büchi:
Karl August Linger: Das grosse Leben des Odolkönigs,
Edition Sächsische Zeitung, 2006, Fr. 29.50
Kaufmann wurde ich wider Willen, was mir heute kei-
ner mehr glaubt. Aber ohne Musik kann ich nicht sein,
sie ist mehr als wohltuend, sie ist heilend, heilsam, gibt
Kraft. Wenn ich schmutzig bin, nehme ich ein Bad,
wenn ich mich seelisch reinigen will, spiele ich Orgel.
Das klingende SchlossDann wird Schloss Tarasp tatsächlich ein klingendes
Schloss werden?
Ja. Und was auch immer ein späterer Besitzer treibt,
die Musik darf keinesfalls aus dem Schloss mehr ent-
weichen, man soll sie im ganzen Schloss vernehmen
können, sie bringt Leben ins riesige Gehäuse wie
nichts anderes sonst. Dafür steht die Orgel. Verschie-
dene weitere passende Anlässe sind denkbar – als Gast-
geber hier oben muss man die Zweieinigkeit von mu-
sischer und kaufmännischer Begabung mitbringen.
Übrigens habe ich damit begonnen, alte Musikinstru-
mente zu sammeln, um sie erforschen zu lassen und zu
vervollkommnen – auch diese könnten hierher passen.
Inzwischen geht es gegen Mitternacht. Es scheint zu
stimmen, was ich sagen hörte: dass Lingner regelmäs-
sig die Nacht zum Tag mache. Eine persönliche Ar-
beitszeiteinteilung sei ihm fremd. Ausgerüstet mit
enormem Erkenntnisdrang und einem phänomena-
len Gedächtnis sei er stets ganz bei der Sache, was im-
mer es sei. Unter Freunden soll er geäussert haben, er
habe wenig vom Leben, müsse immerfort grübeln
und sinnen Nächte hindurch.
Lingner lehnt sich zurück. Tja, es ist ein köstlicher Be-
sitz – genau so werde ich es ins Vermächtnis schreiben.
Schloss Tarasp möchte ich gewissermassen dem Adel
zurückschenken. Falls dies nicht gelingen sollte,
müsste es wegen der hohen Kosten an einen reichen
Mann verkauft werden. Dieser sollte keine Steuern da-
für zahlen müssen. Aber: Trau, schau wem! Es darf
nicht sein, dass Schloss Tarasp wieder in Untätigkeit
und Zerfall gerät und meine ganze Arbeit hier oben für
die Katz war. Es muss doch jemanden geben, der wie
ich Freude daran hat, Gastgeber zu sein und die schö-
nen Künste zu fördern.
Als wir uns verabschieden, äussert Lingner den
Wunsch, ins Manuskript Einblick zu nehmen, mur-
melt etwas von schlechten Erfahrungen. Ist er das
Schosskind des Glücks, wie viele denken? Ich weiss
nicht. Wie ich zum Teehaus zurückschaue, sehe ich
hinter dem Fensterglas ein Streichholz aufflammen.
Dem Publikum öffnen? Sicher!Auf dem Weg ins Dorf komme ich am Wachthaus vor-
bei, wo noch Licht brennt. Sekretär Vaja öffnet das
Fenster, sein Arbeitstag ist nicht zu Ende, eine Kiste
voller rostiger Türschlösser sei auszupacken, frühmor-
gens kämen die Fachleute.
Meine Frage, ob Lingner denn die fertige Burg wenigs-
tens zeitweise auch dem Publikum öffnen werde, be-
antwortet er mit «sicher!» In der Tat: Lingners Unter-
nehmungsgeist hat immerfort Öffentlichkeit gesucht.
Dementsprechend, mutmasse ich, wird er auch
Schloss Tarasp nicht als verriegeltes Anwesen gedacht
haben, vielmehr soll es die Menschen anziehen und
ihr Interesse an Geschichte, Musik und Kunst wecken.
Und während ich mutmasse, sagt Sekretär Vaja: «Ex-
zellenz Lingner war mit dem Gespräch offenbar zu-
frieden – ganz zufrieden ist er nie! – und hat jedenfalls
grad angerufen, ich solle Ihnen unbedingt die Denk-
schrift mitgeben!»
Vaja steckt mir ein Büchlein zu: «Denkschrift zur Errich-
tung eines National-Hygiene-Museums in Dresden, darge-
legt von Dr. med. h. c. K. A. Lingner, Wirklicher Geheimer
Rat, März 1912».
Was lädt sich dieser Mann noch alles auf?
PS: Der Interviewer macht darauf aufmerksam, dass Karl August Lingners Worte zum Teil nicht im wissenschaftlichen Sinn zitier-bar sind. Gleichwohl beruhen die meisten Aussagen dieses fikti-ven Textes zumindest sinngemäss auf Aussagen von Lingner selbst, einige von mit ihm Vertrauten.
Karl August Lingner besuchte die Tarasper Schlossbaustelle nicht nur 1912, sondern auch in den darauf folgenden Sommern. 1914 gab es ein grandioses Auf- richtfest. Letztmals kam er 1915 nach Tarasp, bereits kränkelnd, doch immer in der Hoffnung, die Fertigstellung des Schlosses mitsamt der Orgel zu erleben. Es kam anders: Er starb am 5. Juni 1916 in einer Berliner Klinik – ohne Tarasp wieder gesehen zu haben.
Das Schloss ging testamentarisch an den Grossherzog Ernst Ludwig von Hessen. In neuester Zeit sind Bestrebungen im Gang, es in die Hand einer öffentlichen Stiftung zu überführen. Bereits in den 1990er Jahren hat eine Orgelstiftung das kostbare Instrument wieder zum Klingen gebracht.
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16 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Im Sommer 2012 lief die Künstlerin Gabriele Horndasch jeden Morgen hinauf zum Lai Nair in Tarasp, um diesen im Morgenlicht zwischen 6 und 7 Uhr einmal zu umkreisen. Dabei hat sie eine Art Flügelpaar getragen, das neonrot leuchtet. Mit Video und Fotografie festgehaltene Bild-sequenzen dokumentieren diese tägliche, meist publikumslose Performance, in der die Künst-lerin das frühe Tageslicht mit dem Kunstlicht Zwiesprache halten lässt und auf diese Weise dem Betrachter den Lauf der Zeit vermittelt.
Zeitlauf am See
Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 12
17piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 24
GABRIELE HORNDASCH (*1969) lebt in Düsseldorf.
Nach ihrer Ausbildung in Bildhauerei und Film an der
Kunstakademie Düsseldorf widmet sie sich vor allem
«Dingen, die in Bewegung sind». Ihre Arbeiten zeigt
sie an Gruppen- und Einzelausstellungen weit über
Deutschland hinaus. Nach verschiedenen Arbeitsauf-
enthalten in Frankreich, Südkorea, Polen und den
Niederlanden war sie im Sommer 2012 Stipendiatin
im Zentrum für Gegenwartskunst Nairs in Scuol.
Die Künstlerin bewegt sich zwischen den Disziplinen
von Bildhauerei, Film und Fotografie. Sie setzt dort an,
«wo wir unsere Alltagswirklichkeit, unser Denken und
Verhalten mit den Zeichen der Sprache fest im Griff zu
haben scheinen», schreibt Jürgen Kisters im Kölner
Stadtanzeiger über die Künstlerin. Zuletzt hatte sie
mit einer beweglichen Neobuchstaben-Installation
auf der Fassade des Japanischen Kulturinstituts in
Köln immer wieder neue Sätze kreiert und so den Sinn
der geschriebenen Sprache in Frage gestellt, denn da-
bei ist Sinnloses und Paradoxes entstanden. Dabei
«verlieren wir nicht nur die Sicherheit der Orientie-
rung, sondern unsere Fantasie wird zugleich mit aller-
hand Verrücktheiten beflügelt», schreibt Kisters – eine
Wirkung, die die Künstlerin erklärtermassen erzielen
will. Auch die den Lai Nair umkreisende rote Figur soll
uns beflügeln.
Fotos: Gabriele Horndasch
Schwarzes Loch, 26.8.2012 / 35
AUSSTELLUNGSTIPPHorndaschs Arbeit «Schwarzes Loch» (1-Kanal-Videoprojektion, HD, 9 Min., Farbe) wurde zur Jahresausstellung der Bündner Kunst-schaffenden im Kunstmuseum Chur eingeladen und ist dort bis zum 20. Januar 2013 zu sehen.
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22 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Die Fahnen sind gehisst, die Kanonen in Stellung
gebracht und die Rollen verteilt. Kinder und
Jungfrauen werden den Ehrentrunk kredenzen,
die Männer singen und die hohen Herren halten Re-
den. Noch hat im Unterengadin alles seine Ordnung,
und von Bever bis Scuol wird das Glas erhoben und
angestossen. Und man solle die Traditionen nicht ver-
gessen, heisst es, weder die vaterländische Gesinnung
noch die Vergangenheit noch das Rätoromanische –
auch nicht an einem Tag wie diesem.
Es ist der Samstag, 28. Juni 1913. In Zuoz erwartet die
Festgemeinde den ersten Zug – und damit den Beginn
der Zukunft. Dann donnern die Geschützsalven in
den klaren Morgen hinein und dem Zug entsteigen
Bundes-, National- und Regierungsräte, Bundes- und
Kantonsrichter, Bezirks-, Kreis- und Gemeindepräsi-
denten und einige wichtige Herren mehr. Blumen
werden in die Luft geworfen. In den Reden wird auch
die Jugend gepriesen, sie sei die eigentliche Zukunft,
die Trägerin des Fortschrittgedankens.
Die Herren Bundesräte Schulthess, Calonder und
Hoffmann stehen Pate, als ein Jugendbaum gepflanzt
wird, ein Vorgang, der sich unter dem sachverständi-
gen Blick des ersten und damals bereits 91-jährigen
eidgenössischen Oberforstinspektors vollzieht: Jo-
hann Wilhelm Fortunat Coaz, bekannt als Erstbestei-
ger der Bernina, nimmt an der Feier ebenso teil wie
sein Freund Jakob Christoph Heer, Verfasser des viel-
verkauften Heimatromans «Der König der Bernina».
Und die Dorfjugend trägt dessen Gedicht «Arven-
weihe in Zuoz» vor.
Streckenführung mit KometenschweifDoch die Feier ist nur kurz, der Zug entschwindet bald
in Richtung S-chanf. Dort ist der Halt noch kürzer,
sehr zur Enttäuschung des Redaktors des «Fögl
d’Engiadina», der eine Rede halten will, aber als einer
der Ersten im Engadin wortwörtlich erfährt, was es
wirklich auf sich hat mit der Redewendung «der Zug
ist abgefahren».
Angekommen ist der erste Zug im Engadin allerdings
bereits vor einem Jahrzehnt. Ende Juni 1903 war «die
erste völkerverbindende Lokomotive unter dem Don-
ner der Salutschüsse» in die Bahnhofshalle von Same-
dan eingefahren, erinnert das illustrierte Fremden-
blatt «Engadin Express & Alpine Post» an die
Einweihung der Albulastrecke. Seit dem 1. Juli 1903
fuhr die Bahn von Thusis bis Celerina, seit dem 10. Juli
Strecke für grosse und kleine Fische
Text: Thomas Kaiser
Vor 100 Jahren wurde die Eisenbahn durchs Unterengadin eröffnet. Hier fuhren und fahren nicht nur berühmte Menschen mit, sondern auch lebende Fische. Und die Bahn verbindet über Generationen hinweg die Geschichte mit der Gegenwart.
1
100-JAHRE-JUBILAUMAm Wochenende vom
29. / 30. Juni 2013 wird im Unterengadin das 100-jährige
Bestehen der Bahnstrecke Bever–Scuol-Tarasp gefeiert.
Weitere Infos unter www.rhb.ch
THUSIS
CHUR
AROSA
LANDQUART
KLOSTERS
ST. MORITZPONTRESINA
BEVER
POSCHIAVO
DAVOS
FILISUR
SCUOL-TARASP
DISENTIS
23piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
1904 bis St. Moritz. Aber erst jetzt, mit der Einweihung
der Strecke bis «Schuls-Tarasp» wird Bever das «enga-
dinerische Olten», wie das Fremdenblatt urteilt.
Knapp 50 Kilometer misst die neue Strecke Bever–
Schuls-Tarasp mit ihren 18 Tunnels und den 29 Brü-
cken und Viadukten. Den grössten Höhenunterschied
meistert sie mittels einer grosse Schlaufe, die «wie ein
langer Kometenschweif nach Zernez hinunter» führt.
«Ausserordentlich pittoresk», so das Fremdenblatt, sei
dann die Strecke vor Scuol, wo sich Felsstürze und Ab-
gründe eröffneten, aber die Waldidylle von Vulpera
mit ihrer prachtvollen Hotelfront diesen starken Ein-
druck doch gleich mildere.
Die Hotels finanzieren den Bahnbau mitDen touristischen Wert der Bahn schätzt man im
«Kurhaus» Tarasp» und im «Waldhaus» Vulpera hoch
ein. Beide Hotels zeichnen Aktien von je 117’000
Franken. Insgesamt ist die Verbindung – samt Rollma-
terial, Bahnhofbauten und Landkauf – mit 17 Millio-
nen Franken budgetiert. Bislang, so rechnet das
«Fremdenblatt» vor, brauchte man von Chur nach
Scuol «eine tüchtige Tagesreise, nun wird die Strecke
mit den Schnellzügen in 4 ½ bis 5, mit den gewöhnli-
chen Reisezügen in 5 ¾ Stunden zurückgelegt».
Am Eröffnungssamstag dauert die Reise allerdings ei-
niges länger. In Lavin wird der Zug mit einer Chalanda-
marz-Inszenierung begrüsst, in Ardez lässt der Män-
nerchor den «Bart Guglielm» aufleben, den
Freiheitshelden des 15. Jahrhunderts. Dazwischen
gibts weitere Ansprachen – und eine Ehrung der acht
Opfer, die der Zusammensturz des Baugerüstes des
Val-Mela-Viaduktes im August 1911 gefordert hatte.
Das Fest dauert das ganze Wochenende. In Scuol ver-
anstaltet man einen Umzug zum Hotel «Belvédère».
wo «feurige Toasts» ausgebracht werden, am Abend
lädt das «Kurhaus Tarasp» zum «Bierabend», am Sonn-
tag gibts einen Festgottesdient, ein Mittagsbankett im
«Waldhaus», Darbietungen der Engadiner Chöre mit
nahezu 800 Mitwirkenden und am Abend einen «Bal
Engiadinais» im «Viktoria». Offiziell nimmt die Bahn
am Dienstag, 1. Juli 1913, den Betrieb auf.
Mit dem «Rhätischen Krokodil» unterwegsGenau 62 Jahre später, am 1. Juli 1975, tritt Alfons
Ernst seine Stelle als Lokführer in Samedan an – bei
30 Zentimeter Neuschnee, wie er sich erinnert. Die
Witterung beeindruckt ihn allerdings weniger als das
historische Datum – und die Bahn an sich. Alfons
Ernst bleibt der RhB bis zur Pensionierung 2008 treu,
30 Jahre führt er von Scuol aus Züge durchs Unter-
engadin, später durch ganz Graubünden, unter ande-
rem mit dem «Rhätischen Krokodil». Und 1999 lenkt
er auch den ersten Zug durch den Vereinatunnel, der
die Reisezeit vom Unterland markant verkürzt.
Die Vereinalinie ist die erste Streckenerweiterung der
RhB seit dem Ersten Weltkrieg. Ursprünglich sollte die
Unterengadiner Linie ein Teilstück einer Bahnverbin-
dung von Chiavenna nach Landeck werden und Mai-
land mit München verbinden. Dieser grössere Kon-
text sei «unmöglich zu verkennen», hatte schon der
Bahningenieur Friedrich Hennings 1905 festgehalten.
Aber der Weltkrieg, der «Zusammenbruch der vielge-
rühmten Zivilisation des alten Europas», machte die
Pläne zunichte und – zumindest kurzzeitig – musste
auch das «Illustrierte Fremdenblatt» sein Erscheinen
einstellen.
Auf einen Schwatz oder einen Schnaps«Den ersten Zug durch den Vereina zu führen, das war
schon eine grosse Ehre», sagt Alfons Ernst heute, aber
er erinnert sich auch noch gut, wie sich damals die
Bauern gegen den Tunnel gewehrt haben, wie Schilder
mit der Aufschrift «Verei – Na» die Wiesen geschmückt
hatten. Die damaligen Vorbehalte kennen auch Si-
mon Rohner, RhB-Verkaufsleiter im Unterengadin,
2 3 4
1, 3 Mit einem Festumzug
wurde 1913 die Ankunft der
Bahn in Scuol-Tarasp gefeiert.
(Fotos: Archiv RhB)
2,4 Eines der letzten «Rhäti-
schen Krokodile» steht vor dem
Bahmuseum Albula in Bergün.
Auch den Führerstand gibts
zu bestaunen.
(Fotos: Maurice Haas und
Gian Marco Castelberg)
24 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
und Gian Meyer, Leiter Betrieb Scuol / Zernez. Aber ob
die Unterengadiner Linie ohne Vereinatunnel heute
noch bestehen würde, ist für diese beiden Bähnler
fraglich. Zumindest sei es zweifelhaft, ob man noch je
über 20 Millionen in die Umbauten der Bahnhöfe von
Scuol (2009) und Zernez (2011) investiert hätte – beide
sind inzwischen erneuert. Jetzt ist die Zukunft der
Bahn gesichert und die bereits realisierten und noch
geplanten Erneuerungen kosten rund 100 Millionen.
Nach der abgeschlossenen Sanierung des Tasnatun-
nels 2009 wird von 2014 bis 2017 der Magnacun-
tunnel saniert und verlängert.
Einige kleine Bahnhöfe sind aber heute nahezu ver-
waist. Simon Rohner und Gian Meyer erinnern sich
noch an andere Zeiten. «In Madulain, S-chanf, Gu-
arda oder Cinuos-chel war der Bahnhofvorstand
gleichzeitig auch Pöstler», blendet Meyer zurück. Er
selbst arbeitet schon seit 39 Jahren bei der RhB. Als
früherer Bahnhofvorstand brachte er den Pensionier-
ten jeweils die AHV ins Haus. «Dann wurde man zu-
weilen auf einen Schnaps eingeladen. Da durfte man
die Zeit nicht aus den Augen verlieren, denn ich
musste am Bahnhof auch die Weichen stellen.» Tempi
passati. Heute werden die Weichen ferngesteuert ge-
stellt, von Klosters oder Landquart aus.
Mit Geissböcken und Fischen unterwegsSimon Rohner, seit 21 Jahen bei der RhB, erinnert sich
an besondere Transporte: «In den kleinen Bahnhöfen
wurden nicht nur Koffer verladen, sondern auch
Schafe und Ziegen. Und wenn ein Bauer seinen Geiss-
bock brachte, dann hat man das manchmal noch Tage
später riechen können.» Bis vor 50 Jahren transpor-
tierte die RhB auch Fische, «und zwar nicht nur ‹gro-
sse Fische› wie Politiker, sondern auch echte: «Im
Oberengadin verdiente man sich mit der Fischerei da-
mals ein Zubrot, die lebenden Forellen wurden in Bot-
tichen im Zug nach Scuol gefahren und von hier ans
Kurhaus Tarasp geliefert.» Heute ist der Güterum-
schlag an den kleinen Stationen eingestellt und der
Transport von Schweinen, Ziegen und Forellen durch
die Tierschutzvorschriften verboten.
Eine Bahn, die Generationen verbindet Güter und Personen hat Alfons Ernst jede Menge
transportiert. Früher waren in Scuol nur zwei Lokfüh-
rer stationiert, erzählt er, einer für die Früh-, einer für
die Spätschicht, an den Wochenenden habe mal der
eine, mal der andere gearbeitet. Heute fahren die Lok-
führer durch ganz Graubünden. Mit der Eröffnung
des Vereinatunnels ergab sich eine eigentliche «Tour
des Grisons»: Vom Unterengadin ins Prättigau, weiter
nach Chur und über die Albulastrecke zurück ins En-
gadin. Heute rollen die Zugskompositionen von Scuol-
Tarasp durch den Vereina nach Landquart und weiter
nach Chur bis Disentis-Mustèr und zurück.
Und was war sein schönstes Bähnlererlebnis? Da muss
Alfons Ernst nicht lange überlegen: Eines Tages habe
es bei ihm geklingelt und eine junge Frau und ein jun-
ger Mann aus Deutschland seien an der Türe gestan-
den. Vor 25 Jahren, so erklärten sie ihm, da habe ih-
nen ein gewisser Lokführer das «Rhätische Krokodil»
gezeigt und alle Schalter erklärt, den Stromabnehmer,
den Motor … Das habe sie fürs Leben geprägt, sagten
die beiden. Deswegen seien sie heute gekommen, um
sich zu bedanken – das habe ihn doch sehr gerührt.
Eines der letzten «Rhätischen Krokodile» steht nun
vor dem Bahnmuseum Albula in Bergün. Von 1922 bis
1985 fuhr die 66 Tonnen schwere Lok über vier Milli-
onen Kilometer – auch Alfons Ernst lenkte sie. Und ein
paar virtuelle Kilometer kommen für ihn noch dazu.
Bei seinem Besuch im Bahnmuseum fährt er per Simu-
lator Richtung Engadin. Wenn man ihm zuhört, be-
greift man, warum für so viele Kinder Lokomotivfüh-
rer der Traumberuf ist und warum so viele Bähnler
jahrzehntelang ihrem Beruf treu bleiben.
65
BAHNMUSEUM ALBULA, BERGUN / BRAVUOGN
Die Linien der Rhätischen Bahn zwischen Thusis und Tirano
sind seit 2008 Unesco-Welterbe. Das Bahnmuseum Albula in
Bergün / Bravuogn liegt an der Albulalinie. Gezeigt werden
dort aber auch andere RhB- Strecken und das Museum rich-
tet sich nicht nur an Bahn-spezialisten. Neben Technik und
Bahngeschichte werden auch kulturelle und soziale Aspekte in
teils multimedial inszenierten Räumen, interaktive Installatio-
nen, in Klangräumen oder an Simulatoren gezeigt. Im Simula-
tor sind Fahrten mit dem «Rhätischen Krokodil» möglich.
Winter-Öffnungszeiten: Di-Fr 10-17 h, Sa, So 10-18 h
www.bahnmuseum-albula.ch
5 Gian Meyer (links) und Simon
Rohner erinnern sich noch
gut an die RhB-Fischtransporte.
6 Alfons Ernst fährt noch
einmal mit dem «Rhätischen
Krokodil» – im
Simulator des Bahnmuseums.
(Fotos: Thomas Kaiser)
1888 – 1969
Als er sich 1924 zur Erholung ins Bündner land begeben musste, fand er in der grossen Bergnatur ein Ebenbild des Menschen schicksals. Hans Fürst, Basel, 1957
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Milan Kunc: GoldbilderWinter 2012/2013
Die in St. Moritz und Zürich etablierte Galerie Andrea
Caratsch eröffnet diesen Winter neue Räumlichkeiten
an der Via Serlas 12, unterhalb des Kulm Hotels. Die
moderne Architektur der neuen Galerie mit ihren grossflächigen
Fensterfronten lädt zu einem Kunstbesuch in drei Räume auf
500 Quadratmetern ein. In diesem grosszügigen Volumen wer-
den Werke der klassischen Moderne und der zeitgenössischen
Kunst dem Publikum präsentiert.
Am ursprünglichen Standort, an der Via Serlas 35-37, zeigt die
Galerie Andrea Caratsch ab Dezember «Goldbilder» von Milan
Kunc aus den Jahren 2005 bis 2012. Gross- und mittelformatige
Ölgemälde auf Goldgrund bespielen die Räume und werden
zum ersten Mal als geschlossene Werkgruppe gezeigt. Mit
Blattgold hinterlegt der 1944 in Prag geborene Künstler seine
surrealen Bildmotive und bringt mit der künstlerischen Verwen-
dung von Gold nicht nur Materialwert und Lichtglanz des Edel-
metalls an sich ins Spiel, sondern auch seine lange Tradition in
der Kunstgeschichte hinsichtlich Lichtsymbolik, Sakralität und
Spiritualität. Gold ist nicht aus der Malerei verschwunden, erlebt
seit Yves Klein einen Neuaufschwung und präsentiert sich in
den «Goldbildern» von Milan Kunc als feierlicher Goldgrund, der
der Nobilitierung der dargestellten Konsum-, Kultur- und Natur-
landschaften dient, aber auch auf eine tiefergehende Kritik an
den Werten des heutigen Zeitgeists und des Kunstbetriebs ab-
zielt. Dass sich Gegenstände und Lichtquellen der Umgebung
sowie der Betrachter selbst, je nach Blickwinkel, im Goldhinter-
grund spiegeln, macht diese Kunstwerke wandelbar und betont
den immateriellen Wert ihrer selbst. Das Traumartige von Kunc'
Visionen, das sich als roter Faden durch sein Werk zieht, findet
damit auf feierlichem Goldgrund seinen Höhepunkt.
Milan Kunc ist ein tschechischer Vertreter einer postmodernen
Pop Art und Mitbegründer der «Gruppe Normal» in Düsseldorf.
Sein Kunststudium hat er unter der Leitung von Joseph Beuys
und Gerhard Richter an der Kunstakademie in Düsseldorf ab-
solviert.
Beide Galerien in St. Moritz sind in der Hauptsaison von Montag
bis Samstag von 14.00 bis 19.00 geöffnet.
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28 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Das Heldenfähnlein aus Graubünden setzt stolz
die Zahl XXIV vor sein Vorhaben, im Jahr 2022
Olympische Spiele in St. Moritz und Davos zu
veranstalten. Welch ein Bewusstsein von Ahnenfolge
und Generationengeschichte! Zuerst waren die Pio-
niere des 19. Jahrhunderts. Auf sie folgten in der zwei-
ten Generation die Machtmenschen. Sie haben der
dritten Generation den Weg geebnet: den Medien-
und Geschäftemachern. Diese regieren die Spiele bis
heute mit fester Hand als weltumspannendes Milliar-
dengeschäft. Und jetzt steht also die vierte Genera-
tion am Horizont: Das Heldenfähnlein aus Graubün-
den will «Weisse Spiele», klein und fein wie einst.
Athen und St. Moritz: die erste GenerationDie Pionierzeit begann am 25. März 1896 mit olympi-
schen Spielen in Athen. Es waren Spiele des edlen
Menschen, der mit einem Fuss im schon lange unter-
gegangenen Griechenland stand und mit dem andern
in der noch nicht so lange toten Romantik. Gegründet
von einem alternden Baron und gefördert vom grie-
chischen König Georg I. war Olympia der Reunions-
platz ihresgleichen und der Parvenus des Geldes. Lau-
fen, Speere werfen, Kugeln stossen; und ab 1924 in
Chamonix mit Skis durch Abhänge brausen, über
Schanzen springen und mit Schlitten tollkühn durch
Eiskanäle brettern – all das gehörte zum exquisiten Le-
bensstil der oberen Klassen. Arbeiten mussten sie
nicht, deshalb war auch sonnenklar, dass Sport eine
Freude des Amateurs zu sein hat – zwecklos schön, rit-
terlich und edel.
Die «Weissen Spiele» von 1928 in St. Moritz waren
kein Versprechen, sondern mühselige Realität. Denn
die Schneetechnik beschränkte sich aufs Schaufeln
und Eisschleppen. Halbverrückte pröbelten an Berg-
bahnen und Skiliften. Die Pistenmaschinen und die
Schneekanonen waren noch nicht einmal ein Thema
von Science-Fiction-Romanen. Zum Amusement ge-
hörte auch, dass edle Wilde in Form von verwegenen
Berg- und Tundraburschen sich mit stiebenden Eisläu-
fen und tollkühnen Skifahrten mit den adeligen Müs-
siggängern massen und den Klassen- und Völkerfrie-
den zelebrierten. 1932 fand die erste Generation der
Spiele ihr Ende in Lake Placid mitten in der Krise der
Weltwirtschaft. Olympia war beinahe pleite.
Garmisch und Berlin: die zweite GenerationDie 1930er-Jahre hatten keine offenen Ohren für Völ-
kerverständigung und edle Ritterspiele. Der Faschis-
mus in Italien und vor allem in Deutschland ent-
deckte den Sport als Massen- und Propagandamedium
und erfand den Sportler als Protagonisten des ari-
schen Helden. Die Generation Macht und Anspruch
löste den vornehmen und verarmten Adel ab. Nun galt
schiere Grösse der Spiele zur Darstellung von Macht
und Herrlichkeit. Ein schöner, edler, und gestählter
Sportlerkörper als Zeichen von Überlegenheit, Wille
und Disziplin, und das nicht mehr nur in der Arena,
sondern gefilmt und weltweit im Kino verbreitet.
Eindrücklich hat die Regisseurin Leni Riefenstahl
(1902–2003) diesen Generationenbruch angefeuert
und dokumentiert. Die ehrgeizige, künstlerisch und
technisch versierte Bergfilmerin drehte reihenweise
Streifen mit dem Adjektiv «weiss», von der Hölle über
den Rausch bis zum Paradies. Der Führer soll ein gros-
ses Faible für die sportliche Schönheit gehabt haben,
er war ihr Schutzherr und Förderer, sie von 1932 bis
1945 seine «Reichsfilmregisseurin». Sie inszenierte
monumentale Parteitagsschwarten und filmte die
Olympischen Spiele von Berlin 1936 und bekam dafür
eine olympische Goldmedaille.
Das adlige Antikenspiel, bereichert von Naturbur-
schen, hatte der grossen und mächtigen politischen
Inszenierung Platz gemacht, die die Bewegung der
Massen feierte. Die zweite Generation ging 1945 unter
und blieb dennoch am Leben. Die altersschwachen
Text: Köbi Gantenbein *
* Der Autor ist Chefredaktor von «Hochparterre». Er lebt und
arbeitet in Fläsch und Zürich und kandidiert für einen
Sitz im Comitée Internationale Olympique IOC.
Im März 2013 wird im Kanton Graubünden über den Olympia-Kredit abgestimmt. Im Jahr 2022 wollen die Promotoren die Spiele nach St. Moritz und Davos holen. Köbi Gantenbein schildert die Geschichte und kommentiert Geld und Geist des gigantischen Sport-Events.
Olympias Riesendefizite
29piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Diktatoren in Moskau widmeten ihr 1980 eine Renais-
sance, die chinesischen Kommunisten peitschten
Machtspiele ebenso durch wie es der Autokrat Putin
2014 in Sotschi tun wird.
Tokio: die dritte GenerationDer Generationenbruch geschah in Tokio, wo sich ein
politisch und militärisch ruinierter Staat in neuem
Licht zeigen konnte. Weltweit präsent, denn erstmals
wurden die Leistungen der Kugelstösser und Läuferin-
nen per Satellit bis ins Engadin geschickt. Gleichzeitig
wurde die Welt massenhaft mit TV-Apparaten aus Ja-
pan versorgt. Geld, Medien und Spiele waren wirksam
und vielfältig profitabel verknüpft.
Leni Riefenstahl überstand die Reinigung Deutsch-
lands von den Nazis wundersam. Ihre Filme von den
Olympischen Spielen wurden Wegbereiter für diese
nächste Generation Olympia. Ihre Ästhetik der
grossen Massen und der schönen Körper war nun das
Mass der Dinge.
Die Spiele lernten schnell im neuen Massstab laufen.
Sie übernahmen aus der Zeit der faschistischen Herr-
lichkeit die Logik, dass der Staat und die Allgemein-
heit alles bezahlen, von Infrastrukturen bis zur Linde-
rung der Schäden und die Defizite, wogegen die
Privaten – von den Weltkonzernen bis zum Wirt vor
Ort – den Profit kassieren. Diese unverfrorene Ökono-
mie beschleunigte das Wachstums rasant. Denn sie
war und ist für die Waren- und Werbekonzerne und
für den Gastwirt vor Ort ebenso wie für das IOC und
seine Klientel vollkommen ohne Risiko. Letzteres
bleibt bei den Gemeinde- und den Staatskassen.
Es gab seit 1896 in Athen keine Olympischen Spiele
ohne mittleren oder grossen Kater für die öffentlichen
Haushalte: In Lillehammer stottern Stadt und Region
die gigantischen Schulden von 1994 auch nach zwan-
zig Jahren noch ab, die Eishalle ist eine Ruine, die
Hälfte der Hotels gingen Pleite und die Skilifte koste-
ten umgerechnet einen Dollar, inklusive aller Sesseli.
In Nagano hinterliessen die Spiele von 1998 unge-
deckte Milliarden, die die Stadt noch lange Jahre ab-
bezahlen muss. In Salt Lake City blieben 2002 unge-
deckte Checks von 600 Millionen Dollar zurück. In
Turin musste der italienische Staat 2006 ein 4-Milliar-
den-Dollar-Defizit bezahlen. Wer will, kann dort
noch eine Bobbahn abholen, deren Abbruch aber
250 Millionen Dollar kostet. Und schliesslich Van-
couver. Hier ist seit 2010 der Schuldenberg eine Milli-
arde Dollar gross und für die «grünsten Spiele aller
Zeiten» mussten 100’000 Bäume gefällt werden. Wel-
che Bündner aber haben wegen der Olympischen
Spiele ihre Ferien in Vancouver verbracht? Wer weiss,
wo auf der Landkarte Nagano liegt? Und wer wird
künftig in Sotschi statt in Laax snowboarden?
St. Moritz und Davos: die vierte GenerationDas kann so nicht weitergehen. Ein vierter Generatio-
nenbruch ist fällig. Diesen wollen die Heldenfähn-
leinträger aus Davos und St. Moritz mittels der Farben-
lehre einfädeln. Das ist klug und symbolträchtig. Leo
Trotzki erfand die «Rote Armee», die Palästinenser ter-
rorisierten die Welt mit dem «Schwarzen September»,
Jimmy Carter setzte auf die «Grüne Revolution» als
Friedensprojekt. Der Bündner Olympia-Promotor
Gian Gilli will nun «Weis se Spiele». Das ist ein ge-
schicktes Design, denn mit Weiss kann man vorab die
romantischen, bodenständigen und vernünftigen
Menschen begeistern: Die Skirennfahrerinnen sollen
über weissen Schnee brettern, die Schlittschuhläufer
über weisses Eis flitzen und die Biathlonisten durchs
weisse Schneegestöber schiessen. Weiss steht auch in
der Tagespolitik hoch im Kurs. Bundesrätin Widmer-
Schlumpf ruft nach einer «Weissgeld-Strategie», da-
mit das «Schwarze Geld» auf den Bahamas bleibe.
Die 60 Millionen schwere Designkampagne für die Be-
werbung der «Weissen Spiele» fordert auch zum Wi-
derspruch auf. Weiss soll die bunten, geldgierigen Vö-
gel im und ums IOK verscheuchen. Doch dort hält
man sich wohl vor Lachen die Bäuche ob dieser klei-
nen Bündner Truppe mit ihrer weissen Fahne. Das
IOC wird seine fetten Pfründe kaum verlassen.
Die «Weisse Spiele»-Truppe will die Kassenwarte der
Eidgenossenschaft und der Kantone dazu überreden,
im Fall der Fälle 4,3 Milliarden (bisher) herzugeben.
Hoffentlich sind die Politiker nicht chinesisch ange-
haucht. In China bedeutet Weiss nämlich hinterlistig.
Und das wollen die Fähnleinträger gewiss nicht sein,
obschon sie keck fordern, dass nicht sie und andere
Private, sondern die Steuerzahler im Land die unge-
deckten Checks von 1,3 Milliarden Franken (bisher)
bezahlen sollen. Die unter Finanzlasten ächzenden
Städte und Agglomerationen werden wohl in Weiss-
glut geraten, wenn sie hunderte Millionen an Medien-
multis und IOC-Klienten überweisen müssen.
Doch dazu kommt es kaum: Die Bündnerinnen und
Bündner sind schon lange nicht mehr katholisch, wo
Weiss unschuldig und jungfräulich heisst. Sie wissen,
dass Weiss in Tasmanien für Armut steht, im Budd-
hismus Trauer und in afrikanischen Kulturen Tod be-
deutet. Allein schon ihrer Kultiviertheit wegen wer-
den sie die «Weissen Spiele» im nächsten Frühling mit
Karacho an der Urne versenken.
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32 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Romanische LiteraturDie ladinische Kultur hat in den letzten Jahrzehnten Höhen und Tiefen durchlebt. Autor Romedi Arquint geht im romanischen Text den Entwicklungen im Detail nach und kommt in seiner deutschen Zusammenfassung zum Schluss, dass heute die Zweisprachigkeit zur Nor-malität wird – so wie es die Jungen sagen: «Ebain, here we are.» Seite 35
33piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Las uniuns Patagonas vaivan invidà al cunt-
schaint professer Struz per cha quel detta impuls
e nouv schlantsch al movimaint Patagon. La sala
da l’Uors d’eira stachida plaina cur ch’el ha cumanzà
seis referat: «Sch’eu pens inavo a meis 7 ons ch’eu n’ha
pudü passantar pro Vus, il pövel Patagon, am vain adi-
maint il sömmi da Josef da las vachas grassas e da quel-
las maigras chi seguan – set ons abundanza e davo ün
temp da s-charsdà. Ed eu am dumond, scha quist
sömmi nun es forsa eir üna sumaglia pels trends e las
modas, forsa dafatta per las tambas-charias cha nus
nomnain istorgia mundiala».
Davo quista introducziun filosofica fixa el il public:
«Sco cha savais – quai d’eira avant 50 ons – am vaiva ün
stipendi dat la pussibiltà da stübgiar lingua e cultura
dals Patagons culla spranza cha quellas experienzas
possan eir gnir trattas a nüz dad oters pövelets. Apaina
rivà «sü ot illas muntagnas blovas d’ingiuonder ve-
gnan gio als ovas» (Selina Könz) sun eu gnü invidà ad
üna rapreschantaziun da teater. «Nus d’eiran adüsats
a teaters populars illa lingua da noss chantunais, dra-
mas tanter guardgiachatscha, frodulader e’ls duos
amants tanteraint ed otras cumedgias cun ün nivo so-
lalà…, ed uschè vaina cumanzà a scriver agens tocs, ra-
gischats ill’istorgia da nossa val e chi a listess temp
trattaivan dumondas existenzialas da la vita.
Il temp dal fain grassBe la lingua patagona es buna da tocker las ragischs
chafuollas da nos pövelet. Ma, na be quai», manzuna
l’autur chi, insembel cun sia duonna, faiva eir la re-
dschia, «avant ün pêr ons ans vaina miss insembel ca-
gio ill’ustaria e vain scrit e lura eir inscenà ün cabaret,
ingio cha vain fat ir dür e tender tras la Panaglia (Men
Rauch, Jon e Menhia Semadeni, Cla Biert)». Davo la ra-
preschantaziun n’haja fat la cugnuschentscha da quel
da las Neglas cotschnas da Müstair, ün homet viscul
chi giraiva cul microfen per la Patagonia intuorn (Ti-
sta Murk). Il pegasus d’ün’otra Musa (Artur Caflisch)
galoppaiva cun penna fina e schluppet da fraud tras la
val, e gnanca la gronda lavina nun es statta buna da til
paschantar. Pac temp davo sun eu stat al bal da la Pata-
gonia giuvna (inscunter da stà da la Ladinia) ed eu
n’ha realisà, cun quant entusiassem cha eir ils giuvens
as ingaschaivan: Ün cun la festa pro Antonio (Clo Duri
Bezzola), chi trattaiva l’integraziun, quella vouta das
las famiglias talianas, tschel chantaiva dals tragliuns
e disegnaiva Comics Patagons (Paulin Nuotcla), in-
tant cha’l Corv (periodic studentic) cratschlaiva sü da
l’Öli (ustaria da Gottfried Keller a Turich) e cha’l Char-
dun (periodic ladin) pizchaiva, i daiva apa-raintama-
ning ün erbari critic in poesia e prosa (Armon Planta),
perfin il diavel pizzaiva sü da l’infiern cul piz da la
corna tschanca (Jon Demarmels).
Casü illas nüvlas liricas tscherchaiva la randulina La
terra impromissa (Andri Peer), intant cha suot il sulai
d’avuost battaiva il cour da la liunessa plü plan (Luisa
Famos). Aint il «Fögl» (Fögl Ladin) as dispittaivan
quels chi van e quels chi stan (Cla Biert e Duri Gau-
denz); Laina verda annunzchaivan l’entrada dal sex
illa litteratura Patagona; ma la vaira sensaziun dasper
tuot quista richezza: I d’eira güst cumparü il prüm ro-
man patagon! Propcha üna Müdada! (Cla Biert). A nos
referent glüschivan ils ögls, sco schi’s vess averta üna
sfalizcha dal paradis, intant cha Gisep scuttaiva cagio
aint il public a Jonni: «Be plan, uossa am para’l dad es-
ser sfuondrà bel e bain in sömmis nostalgics – tuorna
darcheu sün terra, sar professer!»
Ils set ons majers «Eu sun hoz amo cha’m dumond, co ch’üna tala dina-
mica es insomma statta pussibla pro ün pövelet sco chi
sun ils Patagons! In mincha cas nu m’esa stat pussibel
dad impizzar in mia patria ün tal fö litterar. Ok, tuor-
naina a la realtà dad hoz. L’on passà sun eu dimena
tuornà davo bod 50 ans per la prüma vouta darcheu
Üna spassegiada tras la ils ultims decennis da la culrua rumantsch ladina. Ons grass ed ons ma-jers, fluraschun, normalità o resignaziun as dan il man. Nouvas spranzas a l'orizont ladin: I vain giovà cun las linguas, il patagon balla roc e'ls pleds fan nozzas culs purtrets.
Dad ons grass e dad ons majers
text: Romedi Arquint
illustraziun: Gregor Gilg
34 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
illa Patagonia. Che scuvertas n’haja fat? Ün cuntschaint,
mort massa bod, am vaiva tradi il misteri: «Als Pata-
gons mauncha ün Homer u ün Dante, be ün’ouvra da
reputaziun mundiela pudess der nouv fö a quist tröpet
spers (Giuliano Pedretti).» Talas vuschs sun suspettu-
sas e cur ch’el am muossa publicaziuns rezaintas – in
custüms exteriurs chi fan parada – crescha il suspet. E
pelvaira: Che müdada incredibla. I cumparan bainschi
amo adüna ils chalenders e’ls periodics in parada mo-
derna, tas-chabels ed in culur, reminiscenzas biografi-
cas schloppan sco Ovas da savun, intant cha gio da Fex
boffan Ventins e ventatschs ed otras publicaziuns bio-
graficas (Martin Rascher / Attilio Bivetti); i dà amo
adüna Vardats e nardats (GionTscharner) e Roba da
tschel muond (Dumenic Andri).
Ün pêr instancabels ramassan Raschladüras (Göri
Klainguti), publicheschan Bras-chers, Pennarias e ca-
ricaturas (Jacques Guidon), il pavel cuort es qua,
sainza dubi, quel pavel züjus ed indispensabel per
l’orma patagona. I dà dafatta eir trats squisits illa Cha-
dafö gio Giarsun (Leta Semadeni) e prosa fina sü Ftan
(Rut Plouda); gio’l fuond da la val as doda La rumur da
l’En (Oscar Peer). Üna fluraschun ha la lavur scienti-
fica; uschè es cumparü – i vaivan lönch spettà –
ün’ouvra remarchabla da la vita e lavur dad ün dals
monumaints Patagons (Peider Lansel da Rico Valär), la
distanza dal temp dà lapro eir l’ocasiun da tillas lovar
aint il context sozial e politic da seis temp. Stut suna
stat dal resun litterar dal Patagon Grischun; lapro
vaiva Flurin Spescha lantschà la nouva scripziun cul
prüm crimi rumantsch. L’inspecter Linard Lum (Göri
Klainguti) chargia pero inavaunt sia püppa cun s-chet
tabac patagon. E lstess, eu nun ha plü chattà quel fluid
vital, quella dinamica chi’m vaiva impreschiunà pro
mia prüm visita. Per resümar: In congual cun mia
prüma visita pasculeschan hoz vachas maigras süls
rars clerais Patagons.
Inscunter sül sunteri patagonDa pensar am dà alch oter; eu sun schmort da la pre-
mura cha’ls Patagons as dan per cultivar las fossas sül
sunteri patagon. Ünguott’incunter il cult dals morts,
quel ha tradiziun e seis lö pro’ls Patagons. El es segn
d’ün respet e d’üna valütaziun da las prestaziuns dals
antenats, po però eir servir per suogliar il vöd, pü mal
füssa sch’el impediss la cultivaziun dals vivs. La Pata-
gonia es plaina da reediziuns da cudeschs chi per part
d’eiran güst cumparüts pro mia prüma visita, dad edi-
ziuns, reediziuns e nouvas da reediziuns bilinguas. I
dà eir in ögl cun che verva e fantasia chi vegnan festa-
giats rituals commemorativs da Patagons e Patagonas
morts. Ils Patagons paran d’as fixar sül passà. Eu pre-
sum chi darà amo oters morts ch’els fan reviver. Min-
chatant vez eu la Patagonia sco ün grond desert, raras
las oasas cun aua frais-cha chi sadaja. «Nus eschan
bain amo qua, pels Patagons daja amo ün avegnir», pa-
ran ils Patagons da clomar sur il mür dal sunteri oura,
dond aua da prümavaira a las fluors e suogliond d’u-
tuon las fossas cun dascha.
Here we are!«Avuonda cul lamentöz!» interrumpa qua ün da quels
intellectuals our dal public: «Eir ils Patagons sun cuol-
pits da mega-trends globals, da sdarlossadas chi toc-
can la fundamainta da la società. Nun esa logic, cha’l
pled scrit perda da valur in vista als mezs electronics
ed a la surabundanza da purtrets? Eir noss vaschins as
lamaintan, cha la cugnuschentscha da la lingua giaja
almain, chi nu vegna plü discurri, ed amo damain
scrit correctamaing; co vessan ils Patagons dad esser
ün’excepziun?» «Hei, intant cha da plü bod i d’eiran ils
homens, magisters e ravarendas chi portaivan l’ierta
patagona, sun quels hozindi svanits davo computers
ed oters mobels moderns. Sport ed economia domine-
schan, intant cha lingua e litteratura sun dvantats
chomps d’occupaziun per pensiunats.» Ed uossa esa
gnü ad ün’ erupziun, cha’l moderatur ha gnü fadia da
tgnair in frain. Eu vögl finir meis rapport cun trais ci-
tats da quella discussiun animada.
Il prüm quel d’ün patagon chi viva a «Pürich»: «Nun
esa remarchabel co cha la bilinguità vivüda dals Pata-
gons driva las portas per publicaziuns da texts in dif-
ferentas linguas, e nun esa remarchabel cun quanta
bainvuglientscha, cha quels vegnan acceptats da la
critica litterara naziunala.» Üna duonna plü veglia:«Il
Patagon es plü preschaint co quai ch’el d’eira, cur
ch’eu d’eira giuvna. Eu passaint meis dis suletta in
stüva, e dürant di e not m’accumpognan il radio pata-
gon e la televisiun patagona. Eu nun ha mai vivü in ün
muond uschè patagon sco hoz!». Ün’otra vusch, quista
vouta d’ün giuven: «Quist cuntinuant marmuognöz
es tipic per vus vegliets, vus tuots in età avanzada. Da
tschella vart, da tschella vart, «Bibi vaplan» (Bianca
Mayer), hei quai nu resguardais vus sco cultura. Per
nus es il patagon dvantà ün hit! Bod in mincha chan-
tun da la Patagonia sunaina, registraina e prodüaina
songs in rap o roc cun nossas bands. Nus scrivain da-
fatta svess ils texts patagons. Giuvnas artistas ed ar-
tists actuali seschan cun musica, texts bilings e sot
l’jerta culturala da noss babuns! In voss discuors da
dumengias dschais vus adüna, cha la giuventüna saja
l’avegnir. «Ebain, here we are!»
35piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Als ich vor einigen Jahren mit dem in-
zwischen verstorbenen Giuliano Pe-
dretti bei einem Glas Wein zusam-
mensass, bemerkte er: «Es müsste ein Dante
oder ein Homer her. Nur eine ausserge-
wöhnliche literarische Kapazität könnte es
schaffen, dem Romanischen Auftrieb und
Zukunft zu geben.» Ich meinte, aus seinen
Worten eine leise Resignation herauszuhö-
ren. Tatsächlich bewegt sich die literarische
Debatte in einer Kleinsprache ständig zwi-
schen (zu) hohem Anspruch und einer un-
kritischen Beliebig keit. Diese Bandbreite
aus zuloten und das eigene literarische
Schaffen mit einer kritischen Brille zu ana-
lysieren, fällt den Rätoromanen schwer,
treffen wir doch in der Kleinräumigkeit auf
personelle Verflechtungen, Rücksichtnah-
men und Sensibilitäten. Kommt dazu, dass
nur schon der Einsatz für die Erhaltung ei-
ner bedrohten Sprache Lob verdient; die lei-
seste Kritik wird in diesen Kreisen im besten
Fall als nicht qualifiziert, normalerweise je-
doch als Nestbeschmutzung ausgelegt.
Kurioser Trend zum AhnenkultEin Überblick über das ladinische Kultur-
schaffen der letzten Jahre zeigt einen leicht
kuriosen Trend zum Ahnenkult. Nichts ge-
gen die Achtung und Verehrung der Toten,
eine lebendige Erinnerungskultur ist im-
mer auch Nährboden für die Bewältigung
der Gegenwart – dies wird manchmal ver-
gessen. Gegenwärtig scheint das Pendel
aber eher in die andere Richtung auszu-
schlagen. Bücher, die vor weniger als fünf-
zig Jahren zum ersten Mal herausgegeben
wurden, werden neu aufgelegt. Es erschei-
nen kommentierte Neuausgaben. Andere
werden, obwohl zweisprachig schon vor-
handen, neu übersetzt und die alt-neuen
Bände werden gerne öffentlich präsentiert.
Gedenkveranstaltungen für tote ladinische
Klassiker boomen, oft genügt ein entfernter
Bezug zum Engadin. Dies mag nach aus sen
als Zeichen von Vitalität empfunden wer-
den. Doch selbst die ausserordentlich gefäl-
lige Ausstattung der Neuerscheinungen
lässt einen leicht müffelnden, resignativen
Geruch zurück.
Hochblüte und ZweisprachigkeitZugegeben, einem ergrauten Romanen
kann nostalgische Träumerei vorgeworfen
werden, wenn er sich bei der Betrachtung
des zeitgenössischen literarischen Betriebes
von seinen Jugenderfahrungen leiten lässt.
Tatsächlich lässt sich die Gegenwart nicht
mit der Hochblüte des ladinischen Kultur-
schaffens der ersten Jahrzehnte nach dem
Zweiten Weltkrieg vergleichen. Damals
wurden dem deutschsprachigen Volksthea-
ter romanische Stücke entgegengesetzt, die
die historischen Wurzeln der Engadiner
mit Lebensfragen konfrontierten, die sich
die französischen Existenzialisten stellten.
In der Zeitung «Fögl Ladin» duellierten sich
«quels chi van e quels chi stan»: Jene, die ge-
hen, und jene, die bleiben, und es fanden
sich hier auch ironische und kämpferische
Kommentare. Die Studenten liessen den
«Corv» («Rabe») krähen und schossen sich
auf das Establishment ein. Das Integrati-
onsproblem wurde in Form einer romani-
schen Adaption eines Stücks des bekannten
Berliner Grips-Theaters thematisiert.
Solche Zeiten lassen sich nicht wiederholen.
Obwohl die Entwicklung der Standardspra-
che Rumantsch Grischun vor allem bei der
studentischen Jugend auf euphorische Be-
geisterung gestossen ist, gibt es bisher kaum
Literatur im noch jungen Idiom. Doch es
gibt auch Erfreuliches zu berichten: In letz-
ter Zeit sind vermehrt bilinguale – zum Teil
von den Autorinnen und Autoren selber
übersetzte – Bücher erschienen, etwa die
Werke von Leta Semadeni oder Ruth Plouda.
Sie machen deutlich, wie sehr die Zweispra-
chigkeit heute zur Normalität der Rätoro-
manen geworden ist. Man mag dies als ei-
nen weiteren Salamischnitt zum Untergang
des Romanischen bedauern oder aber als
Ausdruck eines bewussten und selbstver-
ständlichen Umganges mit der Sprache und
den Sprachen deuten.
Im Vergleich zu den «fetten» Jahren der
Hochblüte leben wir heute in literarisch
mageren Zeiten. Der Ruf nach dem erlösen-
den Ausnahmewerk oder die inflationäre
Pflege «dal sunteri rumantsch» (des «Fried-
hofes der Rätoromanen») könnten dies be-
stätigen. Vielleicht sind magere Jahre aber
einfach der normale Alltag einer Kleinspra-
che, wobei sich diese Normalität der litera-
rischen Produktion im Vergleich mit
deutschsprachigen Bündner Talschaften
immer noch auf einem hohen Niveau be-
wegt. Selbst grosse Kulturräume beklagen,
die schriftliche Sprache werde immer
schlechter beherrscht, und weitherum ist
eine Abnahme des Leseverhaltens festzu-
stellen. Das traditionelle Buch hat mit der
medialen und elektronischen Über-
schwemmung mächtige Konkurrenz erhal-
ten und hat einen schweren Stand.
Die Jugend machts vorDie positive Seite der Medaille: Noch nie
war die Präsenz des Romanischen in Radio
und Fernsehen derart breit und qualitativ
ansprechend wie heute. Und in beinahe je-
dem Luftschutzkeller der Rumantschia pro-
ben Jugendbands und schreiben Songs,
die – zur grossen Überraschung – auf Ro-
manisch von Liebe und Alltag erzählen. Die
Jungen entwickeln – zweisprachig – mit
Mu sik, Wort und Tanz Neues. «Ihr Alten be-
schwört bei jeder Gelegenheit, die Zukunft
gehöre der Jugend; here we are!» RA
Ein Spaziergang durch die letzten Jahrzehnte der ladinischen Kultur zeigt einen kuriosen Ahnenkult, aber er zeigt auch, dass die Zweisprachigkeit neue Chancen birgt.
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38 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Talina, Scoulina Sent, so meldet ein helles Mäd-
chenstimmchen. Ich frage förmlich nach der
Kindergärtnerin. Und höre, wie Talina fröhlich
und unbefangen nach Tina ruft. Tina! Tina! Nicht
etwa duonna Puorger oder tanta Tina, wie es früher
wohl geheissen hätte. Aber damals hatte der Kinder-
garten noch kein eigenes Telefon. Bis 1997 war die
Scoulina im Schulhaus einquartiert gewesen, dann
erst bekam sie ihr jetziges, grosszügigeres Quartier,
das ehemalige Gemeindehaus in Schigliana – wie im
Paradies. Daraus wird man unweigerlich vertrieben,
wenn man erst einmal in die richtige Schule muss. Die
Kinder haben ihre Tina sehr gern.
Angefangen als Kindergärtnerin hat Tina 1975/76,
nach dem Seminar in Chur. In Sent mit seinen heute
knapp 900 Einwohnern ist sie aufgewachsen, hat ge-
heiratet und hier arbeitet sie seit 25 Dienstjahren, die
Familienpause mit reduzierten Pensen nicht mitge-
rechnet. Die drei Töchter sind erwachsen, alle künst-
lerisch «erblich belastet», wie die Mutter sagt, und
nach Zürich ausgeflogen. Aber an den Wochenenden
kommen sie immer noch gern nach Hause, in die
wohnliche Familienküche, in der wir nun sitzen, am
schulfreien Samstagmorgen. An der Wand, handge-
schrieben, eine inspirierende Wörterspielerei: Kopf-
nuss / Nusstorte / Tortenguss / Gusseisen / Eisenkraut /
Krautstiel. Vor der Balkontüre sitzt dekorativ die Katze
Dolly. Auf dem Tisch stehen frisches Brot und eine Fla-
sche Wasser.
Jedem Kind sein «Ämtli»«Die Telefonansage haben wir in der Klasse richtig ge-
übt», erzählt Tina. Ihre derzeit 18 Senter Buben und
Mädchen teilen sich nämlich im Wochenrhythmus in
verschiedene Ämtchen, eines ist der Telefondienst.
Oder dem behinderten Gspänli beim Schuhebinden
und in den Rollstuhl helfen. Die Marenda-Täschli ver-
teilen – den Zvieri essen die Kinder gemeinsam.
Wer was zu tun hat, ist auf einem farbigen Plan ver-
merkt, der an der Wand hängt. Jedes Kind hat am ers-
ten Schultag ein Symbol für sich auswählen können,
weil Fünfjährige ja noch kaum lesen und schreiben
können. Das Emblem von Talina ist ein Mäuschen,
üna mürina. Nein, keine Computermaus. Auch Han-
dys haben im Chindsgi noch nicht Einzug gehalten.
Vor bald vierzig Jahren übernahm Tina für ihre erste
Klasse 32 Schülerinnen und Schüler, «happig» sei das
schon gewesen, erinnert sie sich. Aber sie habe bald
Text: Esther Scheidegger
Fotos: Susanna Fanzun
Kindergärtnerin für KindeskinderSeit Mitte der Siebzigerjahre engagiert sie sich als Kindergärtnerin in Sent, als Mutter und als Künstlerin mit Herzblut: Tina Puorger-Zanetti. Generationen von Kindern begleitet sie seit bald vierzig Jahren auf dem Entwicklungsweg Richtung Schule.
39piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
gelernt, was es heisst, in der Praxis aufmerksam, liebe-
voll und konsequent zu sein, nicht nur in der Theorie.
Die Kinder sollen spielend lernen, altersgemäss. Ihre
«Defizite» müsse man checken, und man könne auf
ihre natürliche Neugier bauen. Zuhören muss man
lernen, auch einmal stillsitzen, sich konzentrieren,
mit verschiedenen Materialien experimentieren und
spielen. Auch Langeweile darf einmal sein, dann kön-
nen neue Ideen kommen. Auf Technik will Tina ihre
Schützlinge nicht trimmen. Aber demnächst wird sie
ihren Fünfjährigen beibringen, wie man ein Blatt Pa-
pier zu Konfetti zerreisst. Und später wird auch der
Umgang mit einer Schere geübt.
Auch in den Bergen sind Kinder gestressterKinder fordern heute anders heraus als früher, sagt
Tina, ohne moralisierenden oder anklagenden Unter-
ton. Auch in Sent sind sie gestresster als in den fernen
1970er-Jahren, ihre Freizeit ist häufig heftig verplant
mit Turnen, Fussball, Hockey, Tennis und einigem
mehr. Die meisten Eltern wollen ihre Sprösslinge nach
Kräften fördern. «Ja, auch die Elternarbeit ist anders,
ist anspruchsvoller geworden», das bestreitet Tina
nicht. Heutige Eltern nehmen den Kindergarten nicht
auf die leichte Schulter, er ist nicht einfach nur ein Ort,
wo man seinen Nachwuchs vertrauensvoll parkieren
kann, Eltern wollen einbezogen werden, helfen gerne
mit, wenn es sich ergibt.
Tina Puorger versteht sich nicht als Animatorin, ob-
wohl sie mit ihrer Klasse bald Bauchtanz übt und vor
Weihnachten mit Gewürzen kocht und backt. Weil
das gemeinsame Jahresprogramm der drei Kindergär-
ten in Sent und in Scuol diesmal der Orient ist, mit ei-
nem gemeinsam inszenierten Musical im Frühling als
krönendem Abschluss. Solche wechselnden fächer-
und klassenübergreifenden Jahresthemen – «Zirkus»
zum Beispiel oder «Wasser» und nun eben «Orient» –
werden von den verschiedenen muossadras, den Kin-
dergärtnerinnen, und natürlich von den Kindern seit
rund zehn Jahren mit viel Engagement und Herzblut
bearbeitet. Kindergarten ist heute aber auch lernen.
Fünf Mädchen und Buben haben zweimal wöchent-
lich eine halbe Stunde Romanischunterricht, denn
die Umgangssprache in der Scoulina ist Vallader, das
die Kleinen bald wie im Schlaf beherrschen werden.
Mehr als fünf Ausländerkinder gab es in Sent übrigens
(noch) nie.
Erholung mit der KunstIhre Lust am Kindergartengeben sei nach so vielen
Jahren gottlob ungebrochen, sagt Tina Puorger. Aber
sie weiss auch, wie sie auftanken kann. Im Integrati-
ven Ausbildungszentrum Zürich IAC hat sie sich be-
rufsbegleitend zur Gestaltungspädagogin ausbilden
lassen, und seither erschafft sie kunstvolle schwe-
bende, federleichte Figuren aus Draht und Papierma-
ché, aus Schwemmholz und den Trouvaillen, die sie
auf ihren Spaziergängen unten am Inn sammelt. Ihre
beseelten Frauen und Engel hat sie schon mehrfach
ausstellen können, mit Erfolg, um den sie sich aber
nicht reisst. Schade findet sie in diesem Zusammen-
hang, dass es in Sent die Grotta da Cultura nicht mehr
gibt. Hier hatte sie auch eine Ausstellung mit Kinder-
zeichnungen organisiert. Doch die Gewölberäume ge-
hören nun zum neuen Kunsthotel.
Doch zurück in die heimelige Küche. Tina sagt:
«Quista lavur nun es amo lönch na a fin, ne in quai chi re-
guarda il tema, ne il material.» Die Arbeit sei noch längst
nicht fertig, weder aus thematischer Sicht, noch was
die Materialien im Kindergarten betrifft. Sie spricht
zwar explizit über ihre Figuren – es könnte aber ebenso
gut ihre Arbeit in der Scoulina gemeint sein. Denn was
sie sich niemals vorstellen könnte: Alle paar Jahre die
immer gleichen alten Vorbereitungen aus der Mappe
zu ziehen und nochmals anzubieten, weil das Leben
doch weitergeht!
Impressionen aus der Scoulina,
dem Kindergarten, von Sent, wo
Tina Puorger seit vierzig Jahren
mit Generationen von Kindern
spielt, bastelt, singt und lernt.
40 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
I d'eir'aint a Samignunbe'n moppel, mo ün grond furbun.Quel inventà ha 'na maschinachi our da naiv sa far benzina.
A d'eir'a Segl ün signur,na grand amih d'la lavur.
Ma'l faiva affers in TaiwanPer na murir da la fam.
I d'eir'a Sent üna matta,tant jent mangiaiv'la salata,garnida cun verms e lindornas.Ün di as sdruagl'la cun cornas.
A d'eir'a Puntraschigna'na giuva taunt bella e fina,vivaiva be da salata,numneda «miss secha» dafatta.
I d'eir'a Brail ün barbetchi spettaiva l'uors cul schluppet.Dal campel s'ho quel culozzoed el nu s'ho mê pü musso!
Engiadina narrais-chaZeichner Jürg Parli und Autor Alfons Clalüna haben einen kleinen Band mit Karika-turen und witzigen kleinen Gedichten in den romanischen Idiomen Puter und Valla-der über fiktive Personen aus den Engadiner Dörfern veröffentlicht . Erhältlich in den Buchhandlungen im Engadin oder bei der Uniun dals Grischs. www.udg.ch
40 Jahre La Fainera SportAn den XI. Olympischen Winterspielen von Sapporo sorgten Marie-Theres «Maite» Nadig und Bernhard Russi für Schweizer Triumphe, im deutschen Fernsehen wurde die erste Folge von «Raumschiff Enterprise» ausgestrahlt und in Schweden nahmen vier junge Leute namens Agnetha, Björn, Benny und Anni-Frid ihre erste Single auf – Abba startete die Erfolgskarriere. Und es gab noch ein wichtiges Ereignis im Jahr 1972: Am 18. Dezember öffnete in Sils-Maria das Sport- und Modegeschäft La Fainera seine Türen.
Ein Amerikaner im Engadin
Als der junge, sportbegeisterte Amerikaner Richard Weiner im
Jahr 1970 das erste Mal das Engadin besuchte, verguckte er
sich nicht nur in die Landschaft, sondern auch in Arlette Moeckli
aus Sils-Maria. Das Paar heiratete und gründete 1972 in einem
alten Stall am Dorfrand sein gemeinsames Sport- und Mode-
Fachgeschäft La Fainera. Richard kümmerte sich um alles
Sportliche. Arlette, die bei einem Sprachaufenthalt in London ihr
Faible für Boutiquen und trendige Fashion-Labels entdeckt
hatte, war für die Mode zuständig. Die Kombination von Sport-
artikeln und modischem Chic war ein Novum in dieser Zeit, kam
jedoch von Beginn weg hervorragend bei den Kundinnen und
Kunden an.
Segelschulpionier der ersten Stunde
Parallel zur Tätigkeit im Sportgeschäft brachte Richard Weiner
als Gründer einer Segelschule am Silsersee und mit einer Surf-
schule am oberen Ende des Silvaplanersees kräftig Wind in den
Engadiner Sommer-Tourismus. 1992 wurde La Fainera umge-
baut und mit einem Mountainbike-Kompetenzzentrum erweitert.
Ein weiterer Meilenstein bildete die Eröffnung des zweiten La
Fainerageschäfts mit Fokus Fashion im Zentrum von Sils-Maria
im Jahr 2008. In diesem gibt auch heute noch Arlette Weiner-
Moeckli modisch den Ton an.
Im Sommer und im Winter eine Top-Adresse
In der Silser Sportscheune haben mittlerweile Sohn Kevin Wei-
ner und seine Frau Francesca das Zepter übernommen. Sie sind
mit der gleichen Begeisterung für ihre Kundinnen und Kunden
da wie die Eltern in den letzten 40 Jahren. La Fainera gilt heute
als Top-Adresse im Engadin für Sport und Sportmode. Ob
Langlauf, Alpinski, Snowboard oder Schneeschuhwandern im
Winter sowie Biken, Wandern oder Golf im Sommer – La Fainera
garantiert für kompetente Beratung, ein umfassendes Sortiment
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grosses Mietangebot im Rahmen des Intersport-Rent-Network
Engadin gehört.
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1 - Bestens ausgerüstet auf die Piste: Kevin Weiner in seinem Element.2 - In den letzten 40 Jahren nicht weniger als sechs Mal geklaut: die Amerika-Flagge vor dem La Fainera-Hauptgeschäft.3 - Richard Weiner als Segellehrer in den 1970er-Jahren.
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Engadin – St. Moritz
42 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Meine Mutter ist eine Rosinenpickerin», sagt Ur-
sina *, die ihre Mutter pflegt und anonym blei-
ben möchte. Die Tochter, um die sechzig, ist
ins Bergdorf zurückgekehrt, um sich um ihre über
90-jährige pflegebedürftige Mutter zu kümmern. Der
Vater wohnt unterm selben Dach des stattlichen Enga-
diner Hauses. Für ihn allein wäre das alles zu viel ge-
worden. Und da bei Ursina privat nicht alles so lief,
wie sie sich das gewünscht hatte, stand einer Rückkehr
ins Elternhaus nichts mehr im Weg. Sie schickt sich in
ihr neues Leben als Privatpflegerin ihrer Mutter.
Rund um die Uhr ist sie für die alte Frau da und küm-
mert sich auch um Haushalt und Garten. Ein Vollzeit-
job. Der Vater geht zur Hand, wo er kann. Manchmal
kommt auch die Schwägerin vorbei. Ursina steht auf,
wenn die Schmerzen der rheumageplagten Seniorin
zu gross werden. Und sie schildert jenen Sonntag-
abend, als die Mutter notfallmässig ins Spital über-
führt werden musste. «Das Schwierigste ist, jeden Tag
präsent zu sein», räumt die Tochter ein. Aber weil es
ihre Mutter ist, «macht man das». Mehr ist ihr über die
aufopfernde Pflege nicht zu entlocken: «Ich an ihrer
Stelle wäre auch froh.» Die Mutter ins Pflegeheim zu
geben, kommt für Ursina nicht in Frage. Zu teuer, zu
unpersönlich. Die Mutter geniesst zu Hause eine auf
sie zugeschnittene individuelle Rundum-Betreuung
durch ihre Tochter. Und als sie im vergangenen Win-
ter wegen sehr starker Rückenschmerzen eine Zeit
lang ganz bettlägerig war, organisierte die Tochter ei-
nige Tage zur eigenen Entlastung den Mahlzeiten-
dienst der Spitex. Doch die Mutter mochte das Essen
nicht: «Das Fleisch war nicht gar genug.» Die Tochter
steht nun wieder selber am Herd: «Meine Mutter ist
halt verwöhnt.»
Grosse ErwartungenDas Modell der pflegenden Tochter entspricht auch
dem Altersleitbild der Bündner Regierung. Nach den
im Februar 2012 verabschiedeten Richtlinien sollen
ältere Menschen so lange wie möglich zu Hause blei-
ben können und erst ins Heim müssen, wenn es gar
nicht mehr anders geht. Damit das möglich ist, müs-
sen die ambulanten Dienste der häuslichen Pflege und
Betreuung gestärkt und ausgebaut werden. Was aber
die Spitex oder eine privat angestellte Pflegeperson
nicht leistet, müssen die Angehörigen übernehmen.
In der überwiegenden Mehrheit sind es die Töchter
und Schwiegertöchter.
Warum Töchter die Eltern pflegen
Text: Daniela Schwegler
Fotos: Spitex Verband Schweiz,
Alan Meier
Im gewohnten Umfeld alt werden und zu Hause sterben dürfen, wer will das nicht? Umsetzbar ist der Wunsch nur, wenn genügend gute Seelen da sind, die bei Haushalt und Pflege zur Hand gehen. Fast immer sind das Frauen, Töchter und Schwiegertöchter. Warum eigentlich?
* Name geändert
43piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Ob immer aus freien Stücken, ist eine andere Frage. In
der kürzlich im rätoromanischen Fernsehen ausge-
strahlten Dokumentation «Vegl e cuntent – alt und zu-
frieden» hat Filmemacherin Susanna Fanzun fürs In-
terreg-Projekt «Insieme sano – gemeinsam gesund»
alte Menschen im Südtirol und in Südbünden besucht.
Darunter Anna Pezzei im Südtiroler Gadertal, die dort
ihre 90-jährige Mutter pflegt. «Die Frauen überneh-
men die pflegerische Aufgabe nicht immer ganz frei-
willig», stellt diese Tochter fest: «Der gesellschaftliche
Druck und die Erwartungen sind sehr hoch.» Im ka-
tholisch-konservativen Südtirol sicher noch höher als
in den Bündner Südtälern, wie Susanna Fanzun beob-
achtet hat: «Bei uns ist der Druck nicht mehr so hoch.»
Ambulante Dienste bringen EntlastungDennoch: Die Erwartungen an die Töchter und
Schwiegertöchter sind noch immer massiv. Ein de-
menter Vater, der von der Schwiegertochter gepflegt
wird und sie ständig fertig macht, kann zur Belastung
werden. Oft opfern sich die Frauen so lange auf, bis sie
selber krank werden, bis der Rücken schmerzt oder sie
mit den Nerven am Ende sind. Dann erst verwerfen sie
die Hände, halten es nicht mehr aus, schlagen Alarm.
«Zum Glück werden solche Konstellationen immer
seltener. Die Leute nutzen Entlastungsangebote deut-
lich schneller als früher», beobachtet Ursla Pedotti,
Sozialberaterin der Pro Senectute Südbünden. «Frü-
her hatte man mehr Hemmungen. Wegen des biss-
chen Waschens, Anziehens und Pflegens wollte man
nicht gleich Unterstützung holen.» Dank des heute
gut ausgebauten Entlastungsnetzes sei der Druck auf
Angehörige deutlich geringer, so Ursla Pedotti.
Die Angebote müssen allerdings auch genutzt werden.
Noch in den Startlöchern steckt das Tageszentrum «la
girandola» in Poschiavo. «Die Töchter und Schwieger-
töchter haben Mühe, ihre dementen Angehörigen ei-
nen Tag zu uns zu bringen», sagt Pia Mathiuet, Ge-
schäftsleiterin der Spitex Valposchiavo. Das schlechte
Gewissen stehe ihnen im Weg, und sie denken, sie
könnten das doch selber. Das Umdenken, sich auch
mal einen Tag frei zu nehmen, brauche Zeit. Genauso
wie die Tatsache, dass in der Pflege auch Männer tätig
sind. Zwei ältere Damen im Tal beharrten beispiels-
weise strikte darauf, dass eine Frau von der Spitex
kommen müsse. Obwohl zum vierzigköpfigen Spitex-
Team im Puschlav auch zwei Männer gehören.
Warum fast immer die Frauen?Frauen sind nicht nur in der privaten, sondern auch in
der professionellen Pflege stärker gefragt. Woran liegt
das? Sind Frauen die besseren Pflegerinnen? Können
Männer das nicht auch? Schliesslich sind auch heute
noch die meisten Ärzte Männer. In der Arztpraxis darf
ein Mann einem also an den Leib, aber zu Hause
nicht? Warum? Mit dieser Frage beschäftigte sich
Frank Spreeuwers, stellvertretender Geschäftsleiter
der Spitex Oberengadin, in seiner Abschlussarbeit zur
Kaderausbildung in der Pflege. «Pflegen wird mit
Frauen assoziiert, auch heute noch, trotz Genderdis-
kussion», stellt er fest. Frauen hätten heute zwar die-
selben Rechte, aber nicht dieselben Chancen. Sprich:
Die Eltern haben bezüglich Hilfe und Pflege im Alter
höhere Erwartungen an die Töchter als an die Söhne.
«Die Frauen erfüllen diese Erwartungen und überneh-
men zu 80 Prozent die Pflege», schätzt Frank Spreeu-
wers. Wenn ein Mann am Pflegebett stehe, dann sei es
oft der Ehemann oder Partner, der sich um seine Frau
kümmere. Söhne seien viel weniger eingebunden.
«Sie verstecken sich hinter dem Argument, sie müss-
ten arbeiten. Aber viele haben auch schlicht keinen
Zugang zur Pflege.»
Frank Spreeuwers selber hat den Draht, steht er doch –
wenn auch seltener – an Krankenbetten. Dass die
Pflege in Frauenhand ist, zeigt sich auch bei der Ober-
engadiner Spitex. Hier ist er der einzige Mann unter
Wenn die Töchter und Schwie-
gertöchter Entlastung von
der Pflege ihrer Angehörigen
brauchen, springt die Spitex ein.
FILM-TIPPDen Film «vegl e cuntent – alt und zufrieden» gibt es auf DVD. Bestelladresse: Gesundheitsamt Graubünden, Gesundheitsför-derung & Prävention, Tittwiesenstr. 27, 7000 Chur
44 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
45 Angestellten. «Wenn ein Mann im Pflegebereich
arbeitet, rutscht er häufig und rasch in Kaderpositio-
nen – wie ich selber auch», stellt er fest. Dass der Pfle-
geberuf für Männer wenig attraktiv sei, hänge auch
mit den tiefen Löhnen zusammen. Die Rollenteilung
sei aber auch schon in der Erziehung angelegt, denn
Kinder werden normalerweise von Müttern grossge-
zogen und lernen dabei, dass es Frauensache sei, für
die anderen zu sorgen.
«Männer haben Mühe damit, zu Hause den dienenden
Part zu erledigen», stellt Spreeuwers fest und fügt halb
im Ernst und halb schelmisch hinzu: «Wir möchten
herrschen, nicht dienen. Die Frauen zwar auch, aber
sie geben es weniger zu.»
Professionalisierung nimmt zuSamantha Ieronimo, Einsatzleiterin der Spitex im Un-
terengadin, zeichnet allerdings ein anderes Bild.
Heute seien auch in den Bergregionen die meisten
Frauen berufstätig. Immer weniger Töchter können
deshalb die Pflege der Angehörigen übernehmen. Und
viele aus den nachfolgenden Generation wollen diese
Verantwortung auch nicht. Dafür hat sie volles Ver-
ständnis: «Dass sich jemand heute 24 Stunden um
seine Eltern kümmert, kann man nicht mehr erwar-
ten. Jeder hat sein eigenes Leben, seine eigene Fami-
lie.» Und immer mehr Kinder ziehen auch weg. Dann
bleiben viele Leute allein in ihrem grossen Haus.
Für die Spitex-Krankenschwester Gaby Schmid aus La-
vin ist es «ein grosses Glück, für solche Leute da sein
zu dürfen. Ich bin geboren für die Pflege», sagt sie.
«Den alten Menschen daheim helfen zu können, und
ihnen geduldig eine herzliche, empathische und pro-
fessionelle Pflege zu bieten: Das ist der schönste Job
der Welt!» Und Männer könnten das wohl ebenso gut,
wenn sie wollten.
Marina Giacometti, Einsatzleiterin der Spitex im Ber-
gell, beschäftigt ausschliesslich Frauen. Aber auch sie
sieht, dass die Rollenverteilung zwischen Männern
und Frauen nicht mehr so starr ist. In einigen Jahren
werde es auch im Bergell ganz normal sein, dass Män-
ner in der Pflege arbeiten. «Es würde mich allerdings
sehr erstaunen, wenn ich das noch selber erlebe», sagt
sie augenzwinkernd.
Pro Senectute berätBeratung rund um die Pflege und Entlastungsmög-
lichkeiten gibt es auch bei Pro Senectute. Im Engadin
bricht bei dieser Organisation eine neue Ära an: Ursla
und Reto Pedotti werden nach 25 Jahren pensioniert.
Neu im Team sind Hermann Thom und Anna Bisaz
und sie beziehen neue Büros in Bahnhofsnähe in Sa-
medan. Anna Bisaz ist im Oberengadin aufgewachsen
und mit ihrer Familie zurückgekehrt. Sie wagt einen
Wiedereinstieg in die professionelle Sozialberatung.
Hermann Thom stammt aus dem Unterengadin, hat
Sozialarbeit studiert und steigt nach vielen Jahren der
journalistischen Tätigkeit bei Pro Senectute ein.
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um sich bei der Pflege zu ent-lasten, gibt es viele: Für de-
mente oder psychisch kranke Senioren zum Beispiel die Ta-
gesstrukturen des Pflegeheims Promulins in Samedan, der Chasa Puntota in Scuol, der
Girandola in Poschiavo oder der Tagesklinik in St. Moritz. Dazu
existieren Ferienangebote für alte Menschen mit pflegerischer
Betreuung, Mahlzeitendienste, Weiterbildungsabende
für Angehörige.
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Das Ideal ist bekannt: Die Chefin oder der Patron
bleiben als Berater oder als Verwaltungsräte im
Hintergrund, geben hin und wieder einen Tipp,
lassen die Jungen aber machen. Gerade in wirtschaft-
lich eher klein strukturierten Regionen wie in Südbün-
den gilt dieser Weg als ideales Modell. Es gehen ihn
aber nicht nur Klein- und Mittelbetriebe. Auch be-
kannte Konzerne sind im Familienbesitz: Denner
wurde vor dem Weiterverkauf an Migros vom Enkel
übernommen, Swatch vom Sohn, die EMS-Chemie
ging an die Tochter. Unter den Grossbetrieben sind das
zwar die Ausnahmen, aber schweizweit bleiben nach
wie vor 40 Prozent der Firmen in den Familien und
werden von einer Generation an die nächste überge-
ben. Bei der grossen Bedeutung, die diese Nachfolge
weiterhin hat, geht gerne vergessen, wie komplex und
anspruchsvoll solche Entscheidungen sind – und zwar
für alle Beteiligten. Das beginnt bei der Besitzerin oder
dem Patron, die sich möglichst rechtzeitig Gedanken
über die Nachfolge machen müssten. Das Kunststück
dabei: Die Planung sollte beginnen, wenn sich die äl-
tere Generation noch voll im Saft fühlt und nicht erst,
wenn gesundheitliche Probleme auftreten.
Auf die lange Bank geschobenDie Erfahrungen zeigen allerdings, dass das Thema
gerne auf die lange Bank geschoben wird. Zum einen,
weil sich vor allem charismatische Unternehmerin-
nen und Unternehmer gerne für unersetzlich halten,
zum anderen, weil das Tagesgeschäft in einer Firma
anspruchsvoll ist und kaum Raum für längerfristige
Nachfolgeplanungen lässt. Fällt schliesslich der Ent-
scheid, sich damit auseinanderzusetzen, geht es zu-
erst um die Frage, wer überhaupt für die Nachfolge in
Betracht kommt: Sind Sohn oder Tochter fähig? Wol-
len sie überhaupt? Und wann? Falls ein Nachkomme
für die Nachfolge ausgewählt wird, müssen die An-
sprüche der anderen Erben gelöst werden. Steuern,
Erb- und Eherecht spielen eine wichtige Rolle. Nicht
zuletzt muss neben der Altersvorsorge der abtreten-
den Generation auch geklärt werden, womit sie sich
künftig beschäftigen, wenn das Unternehmen immer
der Lebensinhalt war.
Anspruchsvoll sind auch die Fragen, die sich die Nach-
folgerinnen und Nachfolger stellen müssen. Wollen
sie in die Fussstapfen der Älteren treten oder lieber et-
was Eigenes aufbauen? Vielleicht ziehen sie es vor, zu-
erst Erfahrungen in anderen Bereichen zu sammeln
und erst dann zu entscheiden. Ist die ältere Genera-
tion überhaupt bereit, die Verantwortung auch tat-
sächlich abzugeben – oder muss man sich ständige
Kritik oder Einmischungen gefallen lassen? Nicht sel-
ten führen solche Überlegungen zum Schluss, dass es
für alle Beteiligten besser ist, eine Geschäftsführung
ausserhalb der Familie zu suchen und bloss noch im
Verwaltungsrat mitzubestimmen oder das Unterneh-
men ganz zu verkaufen.
Viele BeratungsangeboteBei der Komplexität solcher Nachfolgeregelungen ist
es kein Wunder, dass es dafür zahlreiche spezialisierte
Beratungsangebote gibt. Die meisten grösseren Ban-
ken preisen sich als Spezialisten und organisieren re-
gelmässig Informationsveranstaltungen zu diesem
Thema. Es gibt diverse Unternehmensberatungen, die
sich spezialisiert darauf haben, oder auch Steuerex-
perten, die sich um Lösungen kümmern. Mediatorin-
nen und Coaches helfen mit, bei familiären Streitig-
keiten zu schlichten und eine Lösung zu finden.
Bei all den schwierigen und heiklen Fragen, die es zu
besprechen gilt, ist es nicht selbstverständlich, wenn
eine Nachfolge im Einvernehmen mit allen Beteilig-
ten gelöst wird. Wenn es gestandene Familienbetriebe
gibt, die gar von mehreren Generationen gemeinsam
geleitet werden, dann darf das fast schon als Kunst-
stück bezeichnet werden.
Text: Andreas Kneubühler
Fotos: Mayk Wendt
Es hat viel mit Tradition zu tun und irgendwie auch mit einer nostalgisch-heilen Wirtschafts-welt: Irgendwann übergibt der Firmengründer sein Geschäft an den Nachfolger aus der eige-nen Familie und der führt das Unternehmen weiter. Doch dieser Weg ist nicht hindernisfrei.
Das Geschäft bleibt in der Familie
47piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
DEM EDELSTEN LEBENSMITTEL VERSCHRIEBEN. «Wir sind drei
Brüder und jeder hätte gerne die Metzgerei übernommen, die schon
unser Grossvater vor rund 100 Jahren aufgebaut hat», sagt Ludwig
Hatecke (Mitte). Als Ältester der drei hatte er ebenfalls Metzger ge-
lernt und hat den Betrieb von seinem Vater Anton (rechts) übernom-
men, «aber meine Brüder würden das sicher mindestens so gut ma-
chen.» In der Familie leben die Väter den Söhnen die Qualitätsarbeit
vor: Fleisch als edelstes Lebensmittel hat grösste Sorgfalt verdient.
Entsprechend präsentieren sich auch die Geschäfte: Auf das eher
grobschlächtige einer Metzgerei trifft man hier nicht. – Und was hält
die vierte Generation davon? «Eigentlich arbeite ich ja hier für mich
und meine Generation, aber wenn die Jungen weitermachen, dann
freut einen das natürlich», sagt Ludwig Hatecke, und lachend ruft
Sohn David (links) quer durch den Laden: «Er hat mich hier hinein-
geprügelt.» Dass das nicht stimmen kann, merkt man sofort an der
selbstverständlichen Zusammenarbeit der Generationen. Vater Lud-
wig und Sohn David waren diesen Herbst zusammen in Paris, «um
uns schlau zu machen, was auf uns zukommt». Denn sie sind über-
zeugt, dass das, was sie dort entdecken, bald auch ins Engadin kom-
men wird. Dass Sohn David, der gelernte Koch, der zwischen zwei
Jobs und dem Militär ganz routiniert in Scuol in der Metzgerei steht,
den Familienbetrieb weiterführen wird, zeichne sich ab, sagt der Va-
ter – und der Sohn dementiert das nicht. Foto: Bernadette Steiner
48 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
WAS IMMER DU MACHST, MACH ES GUT. «Zwang gab es nie in der
Familie», sagt Thomas Walther (sitzend, 2. v.r.) vom gleichnamigen
Hotel in Pontresina. Die Urgrosseltern mit ihrem Betrieb in Films
mitgezählt, gehört er zur vierten Generation Hoteliers – seit drei Ge-
nerationen in Pontresina. Als Bub habe er allerdings noch die übli-
chen Berufswünsche gehabt, erinnert er sich: Lokführer oder Pilot.
Aber dann kam es doch zur klassischen Karriere: Kochlehre im «Pa-
lace» in St. Moritz und später Hotelier. Zehn Jahre war Thomas Wal-
ther weg und nie hatten die Eltern Barbara und Christian (sitzend, 1.
und 2. v.l.) gedrängt, sondern immer nur eines geraten: «Wenn du et-
was machst, mach es richtig.» – Lange vor der Rückkehr in den Fa-
milienbetrieb wurde über die Generationen hinweg diskutiert. Über
die Ziele war und ist man sich immer einig. Der Wechsel in der Be-
triebsführung zusammen mit Thomas’ Frau Anne-Rose (sitzend
rechts) verlief dann sehr harmonisch. Drei Generationen Walther –
mit den Kindern Valeria, Janick und Annina (stehend v.l.n.r.) – tref-
fen sich jeden Tag gemeinsam am Familientisch. So wie er es mit sei-
nen Eltern erlebt habe, so hält es Thomas Walther auch mit seinen
Kindern. Wenn im Hotel ein Anlass stattfindet, sagt er zu ihnen:
«Kommt, wenn ihr mögt.» Das Rezept funktioniert: Valeria hat sich –
ganz von sich aus – für eine kaufmännische Lehre in einem Hotel
entschieden. Foto: Mayk Wendt
49piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
DIE GRENZWÄCHTER-TRADITION IST ZU ENDE. Seit drei Gene ra-
tionen waren und sind die Rietmanns «Zöllner», Grenzwächter. Jac-
ques (links) und schon dessen Vater Robert (auf dem Foto). Sohn Ro-
bert (mit schwarzer Jacke) arbeitet sei den frühen Achtzigerjahren
beim Zoll, doch Sohn Patrick (rechts) hat die Tradition unterbro-
chen. Zwar liebäugelte auch er mit dem Beruf seiner Vorfahren, aber
als er die Ausbildung als Elektromonteur beendet hatte, war die Struk-
turanpassung bei der Grenzwacht im Gange und eine Berufskarri-
ere alles andere als sicher – jetzt arbeitet er bei der Kraftwerksgesell-
schaft. Der Vater hat dafür Verständnis, denn der Beruf habe sich
stark gewandelt. «Früher waren wir noch auf zweitägigen Kontroll-
touren in den Bergen unterwegs», das sei damals eine wichtige Mo-
tivation für die Berufswahl gewesen, «und natürlich habe ich den
Job von Grossvater und Vater her gekannt.» Heute geniesst Robert
Rietmann die Berge in der Freizeit und fliegt nur gelegentlich mit
den Heli-Kontrollen mit. Schmuggel zu Fuss über die Berge gibt es
nicht mehr. Heute geht es um grosse Mengen Schmugglerware, und
die kommt mit den Lastwagen. Und der Computer hat Einzug gehal-
ten. Seit Robert vor rund dreissig Jahren bei der Grenzwache begann,
ist der Personalbestand halbiert worden. Mit ein Grund, dass der Ju-
nior, Patrick, eine andere Karriere gewählt hat. Foto: Mayk Wendt
50 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Eine Gruppe Kinder rennt durch einen Gang. Es
wird gelacht und gespielt. Ein Junge hat ein we-
nig den Anschluss verloren und springt deshalb
gleich noch ein wenig schneller, um seine Kollegen
wieder einzuholen. Zu schnell. Er stolpert über die ei-
genen Füsse und fällt. Die ersten Tränen lassen nicht
lange auf sich warten. Die erste Hilfe aber auch nicht.
Ein älterer Herr mit einer – nicht qualmenden – Bris-
sago im Mund hat das fröhliche Kindertreiben amü-
siert mitverfolgt und ist sogleich zur Stelle. Kurzer-
hand legt er seinen Gehstock zur Seite und hilft dem
Jungen wieder auf die Beine. Das Weinen hat aufge-
hört. Der Junge und der Mann stehen sich gegenüber
und lachen einander an.
Es ist keine Szene aus einem kitschigen Familienfilm,
sondern aus dem «Neugut» in Landquart. Das «Neu-
gut» ist der Inbegriff eines generationenübergreifen-
den Projektes: eine Alterssiedlung mit integrierter
Kindertagesstätte. Und entscheidend: Im «Neugut»
wird tatsächlich mit- und nicht nebeneinander gelebt.
«Der Austausch zwischen Jung und Alt soll auf eine
möglichst ungezwungene Art und Weise stattfinden»,
sagt Marica Juric, langjährige Pflegefachfrau und
Qualitätsverantwortliche des Betriebs. «So können
die Kinder den natürlichen Umgang mit der älteren
Generation lernen und treffen manchmal auch auf
die gesundheitlich handicapierte Generation», er-
gänzt Rosmarie Holzknecht, die stellvertretende Lei-
terin der Kindertagesstätte.
Bisher einziges BeispielIm «Neugut» gilt das Prinzip «alles kann, nichts muss».
Spontane Begegnungen zwischen Jung und Alt sind
jederzeit möglich, im Gang, in der Kantine beim Essen-
holen, auf den Stationen, im Garten, im Saal, auf dem
angegliederten Bauernhof oder in der Cafeteria. Aber
es gibt auch geplante Begegnungen. Zweimal im Mo-
nat findet «Turnen im Heim» statt, einmal im Monat
«offenes Spielen». Und vor Weihnachten werden ge-
meinsam Guetzli gebacken, es gibt den Samichlaustag
und einiges mehr.
Das Landquarter Beispiel zeigt eindrücklich, dass Pro-
jekte von generationenübergreifenden Mittags-
tischen und Kinderbetreuungen nicht nur funktio-
nieren, sondern für alle Beteiligten auch ein Gewinn
sind. Umso erstaunlicher, dass das Beispiel im Kanton
Graubünden noch immer eine Ausnahme ist. Ähnli-
che Ansätze gibt es immerhin in der Alterssiedlung
Der Rollator neben dem Kinderwagen
Text: Franco Brunner
Fotos: Gabriele Horndasch
Altersheime mit integrierten Kindertagesstätten. Firmenkantinen und Hotels, die Mittagsti-sche anbieten. Was sich in der Theorie als vorbildliche Vermischung der Generationen anhört, erweist sich in der Praxis – mit Ausnahmen – als eher unspektakulär.
51piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Bodmer in Chur. Dort gibt es einen Mittagstisch für
die Seminaristinnen und Seminaristen. Zum eigentli-
chen Generationenaustausch kommt es dort aber
nicht. «Es ist mehr ein animiertes Nebeneinander»,
sagt der Leiter der Alterssiedlung, Andrea Menn. Trotz-
dem habe sich das Angebot seit mittlerweile sieben
Jahren bewährt. «Der Schüler-Mittagstisch belebt den
Betrieb und fördert den Kontakt und das Verständnis
unter den Generationen», so Menn. Auch im Senesca
Alterszentrum in Maienfeld holen die Primarschüler
ihr Essen am gleichen Ort wie die Seniorinnen und Se-
nioren. Gegessen wird jedoch in separaten Räumen. In
Laax ist ein Projekt, das sich Landquart als Vorbild ge-
nommen hatte, vor zwei Jahren abgelehnt worden,
noch bevor es konkret geplant werden konnte.
Essen im Hotel oder in der KantineAuch im Engadin haben sich die Mittagstische noch
nicht durchgesetzt, weder im eher urbanen Ober-
noch im eher ländlichen Unterengadin.
Beispiel S-chanf: Die Primarschule bietet einen Mit-
tagstisch im Hotel Scaletta an. Da die Kinder mit den
Lehrpersonen jeweils erst um 12.15 Uhr im Hotel er-
scheinen und es schon vor 13 Uhr wieder verlassen,
würden sich nur selten Kontakte mit den Hotelgästen
ergeben. «Von generationenübergreifenden Kontak-
ten und Begegnungen zu sprechen, wäre übertrieben»,
sagt Eva Pünchera von der Primarschule S-chanf. Das
Angebot werde aber rege genutzt: «Wir haben seit
sechs Jahren sehr gute Erfahrungen gemacht.»
Beispiel Bever: Dort steht die Kantine der Baufirma Le-
natti als Mittagstisch für die Schulkinder bereit. Doch
die Nachfrage ist derzeit zu klein und das Projekt ist
bis auf weiteres auf Eis gelegt, wie Schulleiterin Tania
Badel erklärt: «Wir sind eine sehr kleine Gemeinde, in
der das soziale Umfeld noch intakt ist.» Trotzdem
könne und würde man das Angebot von heute auf
morgen wieder aktivieren, wenn Bedarf vorhanden
wäre. Derzeit benötige in Bever nur eine Familie ein
Mittagstischangebot. Das betreffende Mädchen kann
bei der Familie eines ihrer Schulkollegen essen.
Scuol sucht nach einer LösungIn Scuol diskutiert man schon länger über einen Schü-
ler-Mittagstisch im Altersheim Chasa Puntota. Noch
bleibt es bei der Idee und die involvierten Stellen –
Schule, Gemeinde, Altersheim und Eltern – warten
auf einen ersten Schritt der jeweils anderen. Doch mit
dem neuen Schulgesetz können Gemeinden ab dem
nächsten Schuljahr zu Tagesstrukturen respektive
Mittagstischen verpflichtet werden, weiss Anna Ma-
this, Schulratspräsidentin in Scuol: «Die Blockzeiten
die mit dem neuen Schulgesetz eingeführt werden,
und die stetig steigenden Schülerzahlen geben die
Richtung vor.» Anna Mathis ist klar, dass ein generati-
onenübergreifender Mittagstisch eine ideale Lösung
wäre. «Die Idee steht bei uns ganz klar an erster Stelle»,
doch das Projekt stecke noch in den Kinderschuhen.
Immerhin seien alle Beteiligten positiv eingestellt.
Doch generationenübergreifende Angebote können
auch zu Problemen führen. In der Montalin-Schule in
Chur wurde das gemeinsame Essen im nahen Alters-
heim nach kurzer Zeit wieder aufgegeben, denn die
Heimbewohner fühlten sich vom Lärm und dem Trei-
ben der Kinder überfordert. Heute gibt es dort eine (ge-
nerationen-)gestaffelte Essensabgabe. – In Landquart
kennt man solche Probleme nicht. Wohl auch, weil
dort nicht gemeinsam gegessen wird und es – für beide
Seiten – immer Rückzugsmöglichkeiten gibt. «Das Ge-
meinschaftsprojekt hat sich bei uns bewährt», zieht
Rosmarie Holzknecht Bilanz. Bei den gemeinsamen
Unternehmungen sei jeweils rundum Freude zu spü-
ren, die sie nicht mehr missen möchte. Muss sie auch
nicht, denn der nächste Fasnachtsumzug durch das
Betagtenheim samt Rollator-Mitfahrgelegenheit für
die Kleinen folgt bestimmt.
5
Informationen über das Zentrum für Betagte und Kinder Neugut, Landquart:www.neugut-landquart.ch
52 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Stubete am See 2012: Im romantischen Sommer-
garten «Bauschänzli» mitten in Zürich singen
drei bildhübsche junge Frauen glockenhell und
inbrünstig «s’ Landidörfli», jene überschwängliche,
walzerselige Liebeserklärung an die Landesausstel-
lung 1939, die für Generationen eine Art sentimentale
Nationalhymne war. Es sind Madlaina (27), Cristina
(25) und Anna Staschia (18), Töchter der Musiker von
den «Fränzlis da Tschlin» (siehe piz 36, Winter
2008/2009). Sie singen kapriziös, herzerweichend,
eine Augen- und Ohrenweide, ständig in Bewegung,
wippend, tänzelnd. Alle drei musizieren konzertreif.
Ihr Liedchen ist ein Highlight im Programm «Zürich
wackelt», mit dem die Engadiner Musikerfamilie Ja-
nett Zürich als Ländlerstadt rehabilitieren, wenn
nicht gar reaktivieren, will. Denn das war Zürich tat-
sächlich einmal, eine Ländlerstadt, in den 1920er-
und 1930er-Jahren.
Widerborstige ModerationenMadlaina Janett ist diplomierte Grafikerin und Illust-
ratorin. Sie spielt aber auch Bratsche, und dies mehr
als nur hobbymässig. Mit Musik, vielen romanischen
Kinderliedern und Flötenunterricht aufgewachsen,
wollte sie aber nie Musik studieren. Obwohl ein Leben
ohne Musik für sie nicht auszuhalten wäre. Sie gestal-
tet die Drucksachen und Flyer für die Konzerte. Auch
das witzige Cover der jüngsten CD «Fränzli live! Da la
Turnhalla a la Tonhalla», trägt ihre Handschrift. Sie
moderiert auch «Giodim», den rumantschen Lieder-
abend mit tieftraurigen Balladen, bösen Spottliedern
und lüpfigen Tänzen. Sie ist dabei der verschworen
eingespielten, schwarz gekleideten «Fränzli»-Män-
nerrunde spürbar zugeneigt und sie über setzt die
volkstümlichen Herzschmerztexte brillant und
manchmal widerborstig aus dem Romanischen:
«Wieso meinen diese Mädchen bloss immer alle, hei-
raten sei das Wichtigste überhaupt?»
Madlaina kontrastiert die alten Lieder unbefangen
mit heutigen Sichtweisen einer modernen Frau. Wer
sie in dieser Rolle erlebt, ist nicht nur begeistert, son-
dern auch beruhigt: «Ils Fränzlis da Tschlin» bleiben
unermüdlich spielfreudig und «in viadi», sie sind
auch in Zukunft unterwegs. Sie bleiben die Profis des
melodischen «Increschantüm», des Heimwehs, das
die Engadinerinnen und Engadiner auch dann plagt,
wenn sie zuhause sind – wo auch immer.
Eine musikalische BergtourZusammen mit der Historikerin Dorothea Zimmer-
mann (sie lernten sich beim Jobben im Service ken-
nen) hat Madlaina aufgrund ihrer Masterarbeit an der
Zürcher Hochschule der Künste («Projekt für eine
Stadtintervention») zum Thema Volksmusik eine
«vergnügliche Bergtour durch die Zürcher Innenstadt»
als Stadtführung konzipiert. «Es ist nicht immer über-
all Land drin, wo Ländler draufsteht», provoziert die
Heimwehbündnerin Madlaina vergnügt: «In Zürich
hat vor nicht allzu langer Zeit einiges begonnen, was
wir heute als uralte, bäuerlich-ländlich geprägte
Volkskultur wahrnehmen. So hat etwa die Trachten-
bewegung von Zürich aus ihren Siegeszug ins Land hi-
naus begonnen.» Und sie zitiert genüsslich die heute
unerhört pathetische Prosa eines Landi-Journalisten,
der damals einen Umzug beschrieb: «In diesem Trach-
tenvolk, das in seiner Herrlichkeit vor uns Städtern vo-
rüberzog, erkannten wir uns plötzlich selber in den
besten Zügen unseres eigenen Wesens. Wir spürten
alle leise in uns das Bauernblut rollen, das immer wie-
der die Bevölkerung der Städte mit neuen Säften
durchsetzt», die Passage findet sich im Goldenen Buch
der Landi, 1939.
Mit von der Partie an dieser unvergesslichen Stadtfüh-
rung war auch der Klarinettist, Saxophonist und Kom-
ponist Domenic Janett (63), das musikalische Gewis-
sen der Grossfamilie. Ihr Star, ihr Primus inter
Text: Esther Scheidegger
Fotos: Maurice Grünig
Sie sind keine Volksmusik-Quotenfrauen. Das haben ihre in die besten Jahre gekommenen Vä-ter, «Ils Fränzlis da Tschlin», fürwahr nicht nötig. Und ihre musikalischen Töchter Madlaina, Cristina und Anna Staschia Janett sowieso nicht.
Die Zukunft der Fränzlis ist weiblich
Foto rechte Seite:
Die Frauen der jüngsten
Generation der Grossfamilie
Janett spielen auf:
Madlaina, Cristina und
Anna Staschia (v.l.n.r.)
54 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Pares – ohne ihn geht eigentlich nichts! Madlaina, die
Älteste der nachfolgenden Janett-Generation, ist in
Sulgen im Thurgau aufgewachsen. Die Mutter, Kin-
dergärtnerin, hat ihren Vollblutmusiker-Ehemann
Curdin (59) – wie im Bilderbuch – schon als Mäd-
chen in Tschlin kennengelernt, wo sie oft in den Fe-
rien war. Tochter Madlaina war noch nicht einmal auf
der Welt, als ihr Vater und seine Brüder Domenic (Kla-
rinette) und Duri (Kornett) zusammen mit Men Stei-
ner (Violine) und Flurin Caviezel (Bratsche) «Ils Fränz-
lis da Tschlin» gründeten. Der «Urfränzli», der Erfinder
der eigenwilligen, auch manchmal schrägen Volks-
musik, war der blinde Geiger und Klarinettist Franz-
Josef «Fränzli» Waser (1858–1895).
«L’amur nun es pulenta». Für die «Fränzlis» ist – wie
im romanischen Sprichwort – die Volksmusik wie die
Liebe keine gewöhnliche Polenta, keine Alltagskost.
Musiziert haben sie alle von Kindsbeinen an. Wie
schon ihre Onkel, baba Clà und baba Giovanin, die
zuhause im Unterengadin im legendären (ehemali-
gen) Hotel Muttler für ihr Dorf und bei Hochzeitsfes-
ten, aber auch bei Beerdigungen lüpfig aufspielten. Ihr
Grossvater Men Janett war langjähriger Dirigent der
Tschliner Dorfmusik und des gemischten Chors.
«Machsch en Witz?»Die lavuratori (Musikwerkstatt) der «Fränzlis», die je-
den Sommer in Tschlin stattfindet, hat mittlerweile
Kultstatus und wachsenden Zulauf, mit täglichen
Platzkonzerten und einem Abschlussfest. Ihr 30-Jahr-
Jubiläum feiert die Formation mit dem neuen Pro-
gramm «3 x 7 = 21 + 9 = 30, nimm den Löffel und iss
die Polenta». Den geradezu dadaistischen Titel ver-
danken sie einem Kollegen, dem er vor 150 Jahren zu
einem alten Engadiner Schottisch einfiel.
Madlaina ist seit 2002 eine «Fränzli», sie übernahm
den Part von Flurin Caviezel, der fünf Jahre lang das
Amt für Kultur des Kantons Graubünden leitete und
heute wieder als Multiinstrumentalist und Kabarettist
durchs Land tourt. Als sie ihr Vater damals fragte, ob
sie mitmachen wolle, erinnert sich Madlaina, sei sie
perplex gewesen: «Machsch en Witz?»
Schwester und CousineNeu ist nun auch ihre Schwester Cristina mit dabei,
die klassische Konzertcellistin und Cellolehrerin. An
der Hochschule der Künste in Bern hat sie mit einem
Master in Musikpädagogik abgeschlossen. In Zürich
absolvierte sie den Studiengang Master Perfomance.
Cristina war Mitglied des Schweizer Jugend-Sinfonie-
Orchesters. Heute spielt sie in verschiedenen Kam-
mermusik-Ensembles und auch in der Formation für
neue Schweizer Volksmusik namens «C’est si B.O.N.».
Zusammen mit Barbara Gisler, ebenfalls eine bravou-
röse klassische Cellistin und früher einmal Nachbars-
kind, mit Madlaina, mit Bruder Niculin (22), dem
Jazz-Saxophonisten, und mit Curdin Janett. Die Beat-
les werden auf Romanisch übersetzt, Streicher jo-
deln – es bleibt kein Auge trocken.
Zur jüngsten Janett-Generation gehört auch Anna Sta-
schia, die Tochter von Domenic und seiner indisch-
schweizerischen Frau Rupali. Sie leben in Stugl im Al-
bulatal. Ins Gymi geht Anna Staschia nach Samedan,
Ärztin möchte sie vielleicht werden. Oder doch lieber
Berufsmusikerin? Zur Geigenstunde fährt sie nach
Davos. Auch bei ihrem Onkel Jachen Janett hat sie Un-
terricht. Bei ihren anderen Onkeln und Cousinen
spielt sie mit, wann immer es möglich ist. Sie schlingt
eine Schärpe um die Taille, trägt auch einmal den Uni-
formhut mit Federbusch aus dem Fundus der Vorfah-
ren – und sie spielt virtuos!
Die Grossfamilie Janett spielt traditionelle und neue
Volksmusik, sie bewegt sich lustvoll auch in anderen
Stilen, selbst Klassik ist nicht tabu: Weltmusik mit
Tschliner Wurzeln. Der Applaus ist nicht enden wol-
lend – auch im Unterland.
CD-TIPPFränzlis live.
Da la Turnhalla a la Tonhalla. Zytglogge Verlag, 2009.
CHF 28.50
Der Fototermin am Zürcher
Stadthausquai wird zum
spontanen Konzert mit begeis-
terten Touristen als Zuhörer:
Madlaina, Cristina und
Anna Staschia Janett (v.l.n.r.)
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56 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Als Luise Silverberg am 26. November 1905 in
Köln geboren wurde, hätte niemand gedacht,
dass ihr – später französisch geschriebener
Name «Louise» – im Engadin lange über ihren Tod hi-
naus ein Synonym für Grosszügigkeit und Weitblick
sein würde. Louises Vater, Paul, war der einzige Sohn
von vier Kindern, wurde Rechtsanwalt und trat nach
dem plötzlichen Tod seines Vaters 1903 in die Fami-
lienunternehmungen ein. Er war jüdischer Herkunft
und trat mit neunzehn Jahren zum protestantischen
Glauben über, baute ein Wirtschaftsimperium auf,
das zu den bedeutendsten der Weimarer Republik ge-
hörte. Er hatte über fünfzig Vorstands- und Aufsichts-
ratsmandate inne, engagierte sich politisch, sozial
und kulturell. 1905 heiratete er die katholische Jo-
hanna Stieger und Tochter Louise wurde katholisch
getauft, war aber nach dem Verständnis der National-
sozialisten trotzdem Halbjüdin. Louise wuchs behü-
tet in Köln auf und verbrachte die Sommerferien am
Starnberger See, bei der Grossmutter väterlicherseits
in Bozen und wohl auch schon im Engadin.
Aus ihrer Kindheit rührt ihre Liebe zu Hunden und
Katzen, zur Bergwelt und der Natur. Sie wurde zu
Hause von Privatlehrern unterrichtet. Doch mit dem
Ausbruch des Ersten Weltkriegs, 1914, ging diese un-
beschwerte Zeit zu Ende. Der Vater musste an die
Front, die Mutter eröffnete zu Hause eine Pflegesta-
tion. 1917 wurde die Ehe der Silverbergs geschieden,
für die Tochter ein existentieller Schock. Die Mutter
hatte sich neu verliebt und Louise kämpfte zeitlebens
mit Schuldgefühlen, da sie sich als Vermittlerin der
Bekanntschaft mit dem neuen Mann, den die Mutter
1920 heiratete, verantwortlich fühlte.
Der Vater emigriert 1933 in die Schweiz …Die späteren schulischen Leistungen waren schlecht
und Louise verliess das Berliner Lyceum. Sie zog zum
Vater nach Köln, besuchte dort eine Landwirtschafts-
schule, absolvierte ein Haushaltsjahr und arbeitete
auf dem Gut des Vaters. Dieser entschloss sich 1933,
nach der Machtübernahme Hitlers, in die Schweiz ins
Exil zu gehen. Er verkaufte den Hof, das Geld floss an
Louise, da es bereits nicht mehr aus Deutschland her-
austransferiert werden konnte.
Die junge Frau zog es nach München, wo sie schnell ei-
nen grossen Bekanntenkreis hatte und sportlich sehr
aktiv war. Die Urlaube verbrachte sie mit dem Vater im
Hotel «Waldhaus» in Sils oder im «Suvretta House» in
Paradies der Worte und Gedanken
Text: Marina U. Fuchs
Fotos: Biblioteca Engiadinaisa
Die Biblioteca Engiadinaisa in Sils ist ein spezieller Ort – ein ruhiges Paradies der Worte und Gedanken, mehr stilvolles privates Wohnhaus denn öffentlicher Raum. Die Bibliothek geht zu-rück auf eine grosszügige und vorausschauende Stifterin: Louise Silverberg.
Quelle: u.a. Louise Silverberg, Stationen ihres Lebens,
Zur Erinnerung an die Gründe-rin der Stiftung Biblioteca
Engiadinaisa, Sils/Segl, 2001
57piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
St. Moritz. Dort lernte sie die verwitwete Gertrud
Thyssen kennen und es entstand eine enge Beziehung
mit vielen gemeinsamen abenteuerlichen Reisen.
Der Verfolgung durch die Nazis entging Louise Silver-
berg auch deshalb, weil ihre Freundin sie immer wie-
der versteckte und ihr Vater Aktien an die Nationalso-
zialisten abtrat. Diese hatten gedroht, im Falle einer
Weigerung gegen die Tochter vorzugehen. Nach den
ersten Bombenangriffen auf München 1944 brachten
sich die beiden Frauen auf dem Land in Sicherheit.
Dort entstand ihr Plan, ein Geburts- und Wohnheim
für Mütter und Kinder zu gründen, dazu später noch
ein Kinderheim. In Wartaweil, westlich von Mün-
chen, fanden sie ein passendes Anwesen. Gertrud
Thyssen, eine gelernte Hebamme, übernahm die Lei-
tung, Louise Silverberg kümmerte sich um Verwal-
tung und Küche. Doch ob all der Arbeit lebten sich die
Freundinnen auseinander.
… die Tochter folgt dem Vater 1957Louise Silverberg verliess Bayern 1957, begleitet von
ihrer Sekretärin Marianne Hauer. Die Entscheidung
für das Engadin fiel nicht nur, weil sie dort als Kind
und Jugendliche glückliche Zeiten verbrachte, son-
dern auch, weil sich die starke Raucherin von der Hö-
henlage Besserung für ihre angegriffene Gesundheit
versprach. Zunächst bewohnten die beiden Frauen Sil-
verbergs Ferienwohnung in der «Chesa Serlas» in
St. Moritz, zogen aber schon bald mit den Hunden
und Katzen in die neu erbaute Villa «Peter und Paul»
an die Via Anemona im Suvrettagebiet. Louise Silver-
berg lebte dort sehr zurückgezogen, widmete sich der
Literatur, der Musik und der Naturfotografie und be-
suchte oft ihren Vater, der inzwischen in Lugano lebte
und Bürger von Liechtenstein geworden war. 1959
starben sowohl Vater Paul wie Mutter Johanna.
Selbst gesundheitlich sehr angeschlagen, gründete
Louise mit dem ererbten Vermögen mehrere Stiftun-
gen. Die wichtigste und bekannteste ist die Biblioteca
Engiadinaisa in Erinnerung an ihren Vater und des-
sen Liebe zum Engadin. Zum Erbe Paul Silverbergs ge-
hörte auch eine umfangreiche Bibliothek. 2600 Bü-
cher aus den Bereichen Geschichte und Belletristik
sollten zum Grundstock einer Bibliothek werden, wie
es sie im Engadin noch nicht gab. Ihr schwebte eine
Freihandbibliothek vor, in der Einheimische und
Ferien gäste kostenlos Bücher ausleihen und in schö-
nem Ambiente vor Ort lesen können. Ihre Freundin
Anita Forrer bot ihr Bauland in Sils-Baselgia an, an ei-
nem Ort, den Louise besonders schätzte, weil er fernab
von Glamour und Partys lag. Vom ererbten Vermögen
werden aber auch zahlreiche kulturelle Projekte im
Engadin und in den Südtälern unterstützt.
Treffpunkt der GenerationenAm 5. Juni 1962 wurde die Bibliothek mit einem Fest-
akt eröffnet. In ihrer Ansprache betonte die Stifterin
die Dankbarkeit ihres Vaters gegenüber der Schweiz,
die ihm 1933 eine Heimat bot und die er bis zu seinem
Tode nie mehr verlassen hatte. Und sie verwies auch
auf ihre eigene Liebe zum Engadin. Schnell etablierte
sich die Bibliothek. Anita Forrer, die im Obergeschoss
auf Lebzeiten Wohnrecht hatte, berichtete beim fünf-
jährigen Jubiläum von bis zu fünfzig Besuchern täg-
lich. Trotzdem wurden Erweiterungspläne verworfen,
um den intimen Charakter nicht zu zerstören.
Louise Silverberg starb am Weihnachtstag 1969, und
nach dem Tod von Anita Forrer wurde auch das Ober-
geschoss zur Bibliothek. Der grösste Anziehungs-
punkt ist die ständig wachsende Sammlung an Bü-
chern, die sich mit dem Engadin und der romanischen
Sprache befassen, sowie die Bände heimischer Auto-
rinnen und Autoren. – Am grossen Holztisch, mit
Blick in die faszinierende Natur, treffen sich regelmäs-
sig die Generationen, denn Kinder und Senioren sind
die intensivsten Nutzer der Biblioteca.
Louise Silverberg (links) hat die
Biblioteca Engiadinaisa in Sils-
Baselgia gegründet. Heute ist
daraus eine moderne Freihand-
bibliothek geworden, in einzel-
nen Räumen mit dem Charme
der Gründungszeit.
TAUSENDE BUCHER In der Biblioteca Engiadinaisa stehen 18’000 Bücher. Eine um-fangreiche Sammlung über das Engadin, aber auch Klassiker, aktuelle Bestseller, Sachbücher, Zeitschriften und Kinderbücher, dazu fast 2’000 Kassetten und CDs sowie mehr als 600 DVDs. In den fünfzig Jahren des Beste-hens der Biblioteca wurden die Bestände gut 350’000-mal aus-geliehen.
Biblioteca Engiadinaisa Via da Baselgia 467515 Sils/Segl-Baselgiawww.bibliotecasegl.ch Öffnungszeiten: Mo–Fr 10–11.30 und 15–18 hDo bis 21 h
Im Herzen des Tourismus
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60 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
BUCHER
Von Jägern und Hirten
Thomas Reitmaier (Hrsg.): «Letzte Jäger,
erste Hirten, hochalpine Archäologie in der
Silvretta», Amt für Kultur Graubünden /
Südostschweiz Buchverlag, 2012, Fr. 32.–
Seit Jahrtausenden rin-
gen Menschen auch in
den Alpen der Natur
ihr tägliches Brot ab.
Wenig scheint dabei so
selbstverständlich wie
die sommerliche Nutzung der rei-
chen Hochweiden. Die Ursprünge der
Alpwirtschaft sind bislang unbe-
kannt. Seit 2007 untersucht ein breit
angelegtes Forschungsprojekt die Sil-
vrettagruppe zwischen dem Unter-
engadin, Paznaun und Montafon.
Die reich bebilderte Publikation gibt
Einblick in die vielseitigen Methoden
der Archäologie im Hochgebirge.
17 Beiträge informieren über den ak-
tuellen Stand des Projektes: Von der
Entdeckung der ältesten Schweizer
Alphütte im Fimbertal bis zum wie-
der aufgetauchten «Veltliner Hüsli»
im Silvrettasee.
Neu aufgelegt: Hotelgeschichte
Isabelle Rucki: «Das Hotel in den Alpen. Die
Geschichte der Oberengadiner Hotelarchitektur
ab 1860». Fotos: Heinrich Helfenstein.
Verlag hier + jetzt, 2012, Fr. 69.–
Vor über 20 Jahren
war das Buch zum
ersten Mal erschie-
nen, aber seit Jahren
vergriffen. Die Auto-
rin, Isabelle Rucki,
die kurz vor der Fertigstellung des Bu-
ches starb, hat ihre Forschungen wei-
tergetrieben und sie verfolgte die En-
gadiner Hotelgeschichte bis in die
Gegenwart. Sie konnte die Neuauf-
lage noch bis fast zum Schluss beglei-
ten. Neue Schwerpunkte sind das Ho-
telbauverbot von 1915, die klassische
Moderne und deren weitgehendes
Fehlen im Engadiner Hotelbau. Auch
die in den 1940er-Jahren angestrebte
«Sanierung» ist ein grosses Thema.
Der Band ist mit aktuellen Aufnah-
men des Architekturfotografen
Heinrich Helfenstein grossformatig
illustriert.
Scuol dokumentiert
Paul Eugen Grimm: «Scuol, Landschaft –
Geschichte – Menschen», Druckerei Gamme-
ter, St. Moritz, 2012, Fr. 79.–
Ein 600 Seiten dickes
und schweres Buch
hat der Historiker
Paul Eugen Grimm
zur Geschichte von
Scuol verfasst. Er be-
schreibt darin alle Facetten: Land-
schaft, Geschichte und Menschen.
Das wissenschaftliche Werk ist aber
keineswegs trocken, sondern schil-
dert auch zahlreiche amüsante Anek-
doten. Der Band ist reich illustriert
und man entdeckt hier auch die ers-
ten Fotos, die von Scuol gemacht
wurden. Autor Paul Eugen Grimm
war bis vor kurzem Lehrer am Hoch-
alpinen Institut Ftan und er hat auch
bereits eine Chronik von Ftan ver-
fasst. Scuols Geschichte schildert er
immer in grösseren Zusammenhän-
gen. Der Blick geht über die Nachbar-
gemeinden hinaus bis nach Chur,
Bern oder Innsbruck.
Eine persönliche Reise
Angelika Overath: «Fliessendes Land»,
Luchterhand, 2012, Fr. 24.50
«Fliessendes Land» ist
vielleicht das persön-
lichste Buch der in Sent
wohnhaften Schriftstel-
lerin Angelika Overath:
eine Reise in die eigene
Vergangenheit, in andere Länder und
Kulturen, in die Welt des Schreibens.
Ihre Geschichten erzählen von der
Begegnung mit ungewöhnlichen
Menschen und geben uns Einblick in
ihre Werkstatt. Sie kehrt zurück ins
verlorene Atlantis der Kindheit und
der Jugend. Sie erzählt von Verheis-
sung und Scham, von väterlichen
Fussballritualen, von den Irritatio-
nen erster Sexualität unter Kirsch-
bäumen und den scheuen Gesten er-
hoffter Freundschaft. Sie fragt immer
wieder, was Wirklichkeit ausmacht
und wie die Grenzen zwischen geleb-
tem Augenblick und Traum, Glücks-
erfahrung und Angst verlaufen.
Bewegte «Schwarze Geschichte»
Patrick A. Wild: «Die Buchdruckerkunst im
Engadin», Verlag Casanova, 2012, Fr. 37.–
Romanisch war lange
eine gesprochene
Sprache. Mit der Refor-
mation im 16. Jahr-
hundert nahm das
(religiöse) Lesebedürf-
nis vielerorts zu. Im Sommer 1659
bekamen die beiden reformierten
Pfarrer Joan Pitschen Salutz und Ja-
chen Andri Dorta die Erlaubnis, in
«Schultz» (Scuol) eine Druckerei zu
eröffnen. Sie fuhren nach Poschiavo,
machten sich in der dort schon 1548
gegründeten Offizin Dolfino Lan-
dolfi kundig und veröffentlichten
1679 die erste romanische Bibel. In
Chur war ab 1672 der aus Vorarlberg
stammende Drucker Johann Georg
Barbisch tätig, der sich als Wander-
drucker etablierte. All das erfahren
wir im leidenschaftlich recherchier-
ten neuen Buch über die Buchdru-
ckerkunst im Engadin. (es)
Kindheitserinnerungen
Martin Raschèr: «Ova da Savun – Seifen-
wasser». Chasa editura rumantscha, Ru-
mantsch puter / deutsch. 2012, Fr. 29.–
«Die Zeit, die ich auf der
Stallbank neben dem
Grossvater verbrachte,
ist unvergesslich.
Manchmal denke ich,
dass ich auf dieser Bank,
wenn nicht mehr, so doch ebenso
Wichtiges gelernt habe wie auf den
unzähligen Schulbänken, die ich in
meinem Leben habe drücken müs-
sen.» In «Ova da savun / Seifenwas-
ser» beschreibt der heute 91-jährige
Autor Martin Raschèr in 35 Episoden
und Erinnerungen seine Kindheit
und sein Leben. Er hatte die Ge-
schichten zuerst auf Deutsch für
seine Familie niedergeschrieben.
Die Puter-Fassungen sind speziell für
das Buch entstanden. Eine der Ge-
schichten erzählt vom milchig-
blauen Seifenwasser, mit welchem
sich die Kinder wuschen – es gab
dem Buch den Titel.
Bergeller Architektur
Bündner Heimatschutz Sektion Engadin
und Südtäler: «Bergell – Architekturrundgänge
in Graubünden», Verlag Desertina, 2012,
Fr. 12.– (auch als italienische Ausgabe)
Der erste Architektur-
führer des Heimat-
schutzes erschien
2003 zu Poschiavo.
Jetzt ist der zweite
Band dem Bergell ge-
widmet. Er führt zu 25 Stationen der
Baukultur zwischen Maloja und Cas-
tasegna. Der Führer wurde von der
Kunsthistorikerin Ludmila Seifert-
Uherkovich verfasst und ist mit Auf-
nahmen des Fotografen Ralph Feiner
illustriert. Es gibt ihn in Deutsch und
Italienisch.
Aus dem Dunkeln leuchten
Ulrich Wismer, Hrsg.: «Glasmaler Gian
Casty – Aus dem Dunkeln leuchten», Verlag
Wälchli, Aarwangen, 2012, Fr. 62.–
Bestelladresse: bwf@bluewin.ch
Gian Casty (1914–
1979) stammte aus
Zuoz und arbeitete
als Glasmaler in
Basel. Seiner Heimat
Oberengadin aber
blieb er immer verbunden. In den
1970er-Jahren wurden seine Werke
im selben Atemzug genannt wie jene
von Marc Chagall. Seine Arbeiten
sind weitgehend vergessen, obwohl
sie bis heute zu bewundern sind,
etwa in den Kirchen in St. Moritz-
Bad, in Madulain und Zuoz oder am
grossen Fenster mit den dreizehn
Lämmern in der reformierten Kirche
in Scuol. Castys Werke findet man
aber in der ganzen Schweiz. Der
Künstler stellte seine Glasfenster sel-
ber her und entwickelte neue Techni-
ken. Er legte grossen Wert auf die
Wirkung des Lichtes.
Buchhandlung · PapeterieST. MORITZ
Ausflugstipps Engadin / Valposchiavo
Beratung / Reservation / VerkaufAn jedem bedienten RhB-Bahnhof oder direkt am Bahnhof St. Moritz, Tel +41 (0)81 288 56 40, stmoritz@rhb.ch www.rhb.ch
Bernina ExpressVon den Gletschern zu den PalmenErleben Sie eine der spektakulärsten Alpenüberquerun-gen: Die Berninastrecke der Rhätischen Bahn von St. Mo-ritz oder Pontresina nach Poschiavo und bis ins südliche Tirano. Sie verbindet ohne Zahnrad den Norden und den Süden Europas. Ein besonderer Hochgenuss ist die Pano-ra mafahrt im Bernina Express – vorbei an Gletschern, hi-nunter zu den Palmen. Steigungen von bis zu 70 Promille meistert der Zug mit Leichtigkeit. Auf 2 253 Metern über Meer thront das Dach der RhB, Ospizio Bernina.
VollmondfahrtAlp GrümErleben Sie bei Vollmond die Berninastrecke in einem Pan-oramawagen der Rhätischen Bahn. Bahnfahrt von St. Mo-ritz / Pontresina im Extrazug nach Alp Grüm. Nach dem Aperitiv auf der Terrasse geniessen Sie einen Gletscher-fondue-Plausch im Ristorante Alp Grüm. Anschliessend Rückfahrt durch die grandiose Bergwelt.
Januar 2013: 26. / 27. / 28. – Februar 2013: 24. / 25. / 26. März 2013: 26. / 27. / 28.
SchlittelweltPreda — BergünAuf weltberühmten Schienen zum einzigartigen Vergnü-gen auf Kufen. Das Schlittelabenteuer Preda/Darlux — Bergün der RhB. Von 1800 m ü. M. in Preda geht es bergab: sechs Kilometer Schlittenfahren vom Feinsten nach Bergün. Die Schlit telbahn ist nachts beleuchtet (Di – So).
täglich ab 14.12.2012
PanoramawagenAuf der AlbulalinieIn allen Zügen zwischen St. Moritz und Chur oder um-gekehrt bieten wir Ihnen den gesamten Winter durch Panoramawagen 1. und 2. Klasse an. Reservieren Sie Ih-ren Sitzplatz frühzeitig. Die Reservationsgebühr beträgt CHF 5.00 pro Person und Weg.
täglich 15.12.2012 — 10.03.2013
BahnmuseumZeitreise in BergünIn Bergün, unmittelbar an der Albulalinie der RhB, steht das neue Bahnmuseum Albula. Ein Ort für Familien und Bahnliebhaber. Profitieren Sie mit einem Kombiangebot.
Dienstag bis Sonntag geöffnet
100 Jahre Bever-ScuolAm 29. und 30. Juni 2013 feiert die RhB ihre Jubiläums linie entlang der Strecke Bever – Scuol-Tarasp. Reservieren Sie sich das Datum. Detailinformationen unter:
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62 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
PIZZERIA
Der Verein Pro Büvetta will die Trinkhalle von Tarasp retten.
Sauna erneuert Das Bogn Engiadina in
Scuol präsentiert nun auch
seine Saunalandschaft
aufgefrischt und vergrös
sert. Gestaltet wurde sie
von Innenarchitekt Cord
Glantz und seinem Team
aus Stuttgart. Grosszügige
Fenster gewähren Aus
blick auf das Bergpanorama.
Die Duschen sind gross
zügiger und ein Tauchbecken
und ein Eisbrunnen er
gänzen die Anlage. Schon im
vergangenen Jahr wurde
die Bäderlandschaft reno
viert. Das Gesamtprojekt hat
6,6 Mio. Franken gekostet.
Hotel Holz-Ellipse In Form einer fünfzig Meter langen, mit unregelmässigen Holzbrettern verschalten Ellipse präsentiert sich der Neubau des Hotels Arnica in Scuol. Der aussergewöhnliche Bau wurde vom bekannten Scuoler Architekten Teodor Biert entworfen. Er hat Engadiner Tradition innovativ und frech inszeniert. Auf der Fassade hat er die sich verjüngenden Holzlatten gegeneinander verdreht montieren lassen, so dass ein lebendiges Bild entsteht. Der grosszügige, offene Frühstücksraum besticht durch frische Farben. Aus der Lounge mit Cheminée und den bis zum Boden verglasten Zimmerfenstern geniesst man die Aussicht auf die Unterengadiner Bergwelt und das wilde Flusstal des Inn. Im Neubau sind 12 Zimmer, eine Suite und der Wellnessbereich sowie die Tiefgarage untergebracht. In den Zimmern stehen die Badewannen frei im Raum. Die ArvenholzBetten stehen auf einem erhöhten Podest und wurden von einer Schreinerei speziell für das Hotel produziert. Mit dem Neubau gibt es in Scuol im oberen 3SterneHotelsegment ein neues Haus mit zeitgenössischem Design.
Kulturagenda Hotel Laudinella, Winterprogramm 2012/2013Details: www.laudinella.ch; Die Abendveranstaltungen beginnen, wo nicht anders vermerkt, um 20.30 Uhr.
26.12. Weihnachtskonzert: Familie Saitkoulov Oppert spielt Bach, Mozart, Rachmaninov, Grieg.
28.12. Kasperlitheater: «Rotkäppchen». Für Kinder ab 4 Jahren. Eintritt 12.– / 10.–, 17 Uhr.
5.1. Konstantin Scherbakov: Russische Werke für solo Klavier. Eintritt 45.–
7.1. Laura de Weck liest aus ihren Stücken und Kolumnen.
13.1. SushiZubereitungskurs. Gebühr 120.–, 15 Uhr.17.1. Vom Essen in der Literatur. Vortrag von Mirella
Carbone und Joachim Jung.21.1. Menschen erzählen ihre persönliche Geschich
te: Marco Mehli, RegaPilot und Bergführer. 4.2. Vortrag von Chasper Pult: Romanisch und
Deutsch geben Rätsel auf. Sind Morteratsch, Corvatsch und Rosatsch verwandt?
5.2. Highheels, oder wie Schuhe mit hohen Absätzen zum Vergnügen werden. Kursgebühr 150.–
6.2. Saxophonquartett Signum.12.2. Annette Postel erzählt aus dem OpernNähkäst
chen und präsentiert Opernparodien.16.2. Jahreskonzert der Musikgesellschaft St. Moritz.22.2. Giuliano Pedretti – Filmporträt.23.2. Neues Zürcher Orchester.4.3. Menschen erzählen ihre persönliche Geschich
te: Diana Segantini, Urenkelin von Giovanni Segantini, und ihre Mutter Ragnhild.
14.3. Friedrich Nietzsche: Die Kunst der Gesundheit. Vortrag von Mirella Carbone und Joachim Jung.
17.3. ThaiKochkurs, Teilnahmegebühr 120.–, 15 Uhr.22.3. Handtaschenmonolog. Theaterstück von und
mit Eliane Barth Poltera.27.3. Eingemacht – Dramödie von Crusius & Deutsch
und Matthias Fankhauser, mit Songs von Roman Riklin. Musik: Marc Bänteli.
31.3. Osterkonzert: The Zurich Ensemble. 6.4. Werkstattkonzert des BlockflötenSeminars.14.4. Hochzeitstorte selbst gemacht, 15 Uhr.1.5. Schweizer JugendSinfonieOrchester: öffentli
che Generalprobe, 19.30 Uhr.
Büvetta rettenAnlässlich des UNOWeltwassertages 2012 wurde im Frühling der Verein zur Rettung der Trinkhalle Büvetta in Nairs gegründet. Die wegen Felssturzgefahr nicht mehr zugängliche Trinkhalle Tarasp am Ufer des Inn war ein Bijou der Bädertradition und sie ist die letzte erhaltene Trinkhalle der Schweiz. Geplant wurde sie vom Architekten Bernhard Simon, dem «Erfinder» von BadRagaz. Rund siebzig Personen waren zur Gründung des Vereins Pro Büvetta Tarasp gekommen. Präsidiert wird der Verein von Architekt Werner Reichle aus Uster. In früheren Jahren hatte sich der ehemalige Hotelier Rolf Zollinger für die Erhaltung der Trinkhalle eingesetzt, doch aus den verschiedenen Plänen und Studien ist bisher nichts geworden. Wichtig sind als erste Schritte die Sicherung des Hanges oberhalb des historischen Gebäudes und erste Reparaturen an der Bausubstanz. Dafür sind rund sieben Millionen Franken nötig. Der Verein will danach ein Nutzungskonzept für den historischen Bau erarbeiten. Das bedrohte Gebäude steht auf der «Roten Liste» des Schweizer Heimatschutzes.
63piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
PIZZERIA
INTERSPORT Rent-Network EngadinWeitere Infos: Tel. +41 81 838 73 37www.rentnetwork-engadin.ch
PUBLITEXT
Engadin – St. Moritz
Rent-Shop: Dienstleistungen aus einer HandMöglichst schnell, möglichst bequem, möglichst
flexibel: Nach diesen Grundsätzen arbeitet das neue
Intersport RentNetwork EngadinSt. Moritz. Praktisch
und schnell ist auch das Konzept im neuen RentShop.
Dieser befindet sich direkt in der Talstation der Berg
bahn Corvatsch. Material abholen und ab auf die Bahn
und die Piste. Und nach dem Skivergnügen können
Sie Ihre Ausrüstung im praktischen Depot einstellen –
bequemer geht es nicht! Durch die Vernetzung mit
den IntersportStandorten in St. Moritz, SilsMaria,
Pontresina und Zuoz sind wir als RentExperten im
Engadin für Sie da!
Seit Frühling 2012 besteht das Intersport Rent-Network
Engadin-St.Moritz mit seinen sechs Partnern:
· INTERSPORT Schweiz, Ostermundigen
· Corvatsch Bergbahnen, Silvaplana
· Ender Sport Trend Fashion, St. Moritz
· Willy Sport, Zuoz
· La Fainera Sport und Mode, Sils/SeglMaria
· Gruber Sport, Pontresina
Aus dem neuen Rent-Shop in der Talstation gehts direkt auf die Corvatschbahn.
Jeden Dienstag kommt im Hotel Piz Tschütta eine Engadiner Spezialität auf den Tisch, zum Beispiel Capuns.
Der Neubau der Sportanlage Promulins, Samedan. © Mierta & Kurt Lazzarini Architekten
Sportanlage Promulins, SamedanEin auffälliger Bau des örtlichen Architekturbüros Mierta und Kurt Lazzarini ist das Herz der erweiterten Sportanlage Promulins in Samedan. Ins Auge sticht der Bau wegen seiner Rundungen. Die Terrasse des multifunktional nutzbaren Hauses ist gleichzeitig Tribüne für den Sportplatz. Promulins verfügt nun im Sommer über ein Kunstrasenfussballfeld und einen Hartplatz, im Winter über eine Kunst und Natureisbahn. Dazu gibt es eine Kletterwand, Tennisplätze und ein Fitnesszentrum und vieles mehr. Die Arena dient dem Breiten wie dem Spitzensport. Die neue Sportanlage hat 15 Millionen gekostet. www.promulins-arena.chWer sich für die in Samedan zahlreich anzutreffende zeitgenössische Architektur interessiert, dem sei die GratisiApp «Samedan baut» von Hochparterre empfohlen. www.hochparterre.ch oder im iTunes Store.
Programm Hotel Piz Tschütta, Vnà:>> Romanischkurse Ab dem 14. Januar bis Ostern bietet das Hotel Piz Tschütta, Vnà, wöchentlich einen Romanischkurs an: Morgens Romanisch lernen und die Geschichte der Sprache erfahren. Nach dem Mittagessen die Kulturlandschaft des Unterengadins erwandern (einfache Wanderungen bis zu drei Stunden). Der pensionierte Lehrer Mario Oswald aus Ramosch begleitet Sie und führt Sie zu Orten in der Kulturlandschaft, die Sie neu entdecken werden. Jeweils Dienstag ab 8.30 Uhr bis Donnerstag 18.30 Uhr.Teilnehmerzahl: minimal 6, maximal 10 Personen, Kurskosten: CHF 180.– p.P. Kost und Logis individuell.
>> Engadiner Gesangs- und Kulinarik-AbendJeden Dienstag ab 18 Uhr wird Ihnen im Hotel Piz Tschütta eine Engadiner Spezialität serviert. Zur Auswahl gehören: Ofenfrische Plain in pigna (Kartoffeln mit Speck im Ofen gebraten), Pizzocels cun verdüra, Costinas e ravitscha, Rippli und Sauerkraut mit pizzocels, Capuns (gefüllte Mangoldtaschen), Canedels (Knödel nach Grossmutterart), Micluns cun compott e chaschöl (Kartoffelriebel mit Kompott und Käse).Anschliessend, ab 20 Uhr, lernen und singen wir beim fröhlichen Beisammensein gemeinsam Engadiner Lieder.
64 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
PIZZERIA
Das Zuoz Globe TheaterDas Zuoz Globe führt die Theatertradition des Engadiner Dorfs Zuoz und des Lyceum Alpinum Zuoz weiter. Mit seinem spektakulären Vordach, das kühn in die Engadiner Bergwelt hinausragt und die Besucher empfängt, dem grosszügigen Foyer und dem Theaterraum mit seiner besonderen Atmosphäre ist der Bau eine architektonische Perle des Zürcher Architekturbüros Gasser Derungs. Das neue Theater fügt sich sehr selbstverständlich in die älteste Substanz und das ehemalige Schwimmbad des Lyceum Alpinum ein. Es verfügt über eine zentrale Bühne von 30 Quadratmetern mit Sitzplätzen für 99 Zuschauer auf drei Seiten. Schauspieler können auch die halboffenen Gänge hinter den obersten Zuschauerrängen sowie die Fensternischen bespielen. Im Zuoz Globe findet nicht nur Theater statt. Der Raum eignet sich für Anlässe aller Art: Konzerte, Vorträge, Lesungen, aber auch Workshops und Weiterbildungsveranstaltungen. Die Infrastruktur umfasst eine komplette Licht, Audio und Videoanlage, Leinwand, Beamer, WLAN und Rednerpult mit entsprechendem technischem Support.
Der Restaurationsbetrieb des Lyceum Alpinum übernimmt auf Wunsch das Catering für Apéros und Stehlunches.Am Lyceum Alpinum Zuoz widmet sich die Shakespeare Company unter Theaterleiter Giovanni Netzer konsequent und engagiert dem Werk Shakespeares. Diese wertvolle Bühnenerfahrung lehrt Empathie und Teamgeist, Geduld und Mut und schult für das Leben. Dieses Jahr zeigt die Shakespeare Company die Verwechslungskomödie «Was ihr wollt». Die letzten Vorstellungen finden am 15. und 16. Februar statt. Ticketverkauf unter:zuozglobe@lyceum-alpinum.ch oder Tel. +41 (0)81 851 30 00.
Theaterförderverein Der Theaterförderverein
Zuoz Globe fördert eine
hohe künstlerische Kompe
tenz sowie Engagement
und Begeisterung für das
Theater. Er unterstützt
die Engadiner und damit
auch die romanisch
sprachige Theatertradition
und ist gut in der Region
verankert. Der Verein fördert
insbesondere das Kinder
und Jugendtheater im Ober
engadin und den Aufbau
einer Theatergruppe für
die Jüngsten.
Foto
s: L
uca
Cri
velliYoga auf der Piste. Auf der «ParadisoPiste» in
St. Moritz wird erstmals eine Yogapiste eingerichtet.
An vier fixen Stationen kann Yoga unter fachkundiger
Leitung praktiziert werden. Die Orte sind speziell ge
wählt und passen zum jeweiligen Yogathema. Damit
wird die Piste auf eine andere Art «befahren». Es ändern
sich der Rhythmus und die Sichtweise des Skifahrens.
Eingerichtet wurde die neue Piste von Sabrina und
Nick NussbaumBerger, die bereits im Frühling 2012
den weltweit ersten Yogawanderweg im Tessin eröffnet
haben. – Sabrina Nussbaum arbeitet seit 27 Jahren bei
Suvretta Snowsports und ist ausgebildete Yogalehrerin.
Die Suvretta Snowsports School bietet begleitete Fahr
ten an, sie sind individuell oder in der Gruppe buchbar:
Samstags, 10–13 Uhr: Yoga on Snow
Samstags, 17–18.30 Uhr: Yoga Indoor
Sonntags, 10–16 Uhr: individuelles Training
www.b-yoga.ch
Kulturarchiv UnterengadinDas Kulturarchiv Unterengadin (Archiv cultural Engiadina bassa, ACEB) ist nach der Startphase nun in Betrieb. Es sammelt, erschliesst, archiviert und macht Informationsmaterial zugänglich. Das Archiv möchte so das kulturelle Wissen über die Region fördern. Gesammelt werden Materialien hauptsächlich aus den Gebieten Kunst, Architektur, Archäologie, Geschichte, Fotografie, Literatur, Musik und Naturwissenschaften. ACEB übernimmt Bücher, Zeitungen, Zeitschriften, Fotos, Zeichnungen, Ton und Filmaufnahmen, Postkarten, Pläne, Urkunden, Karten, Notenblätter usw. Das Quellmaterial muss in Verbindung mit dem Unterengadin (Martina bis Brail) stehen. Private und Firmen, die solche Materialien besitzen, sind aufgerufen, sich mit dem Archiv in Verbindung zu setzen. – Die Diskussionen um die Gründung des Archivs gehen Jahre
zurück. Vor gut zehn Jahren drängten Privatpersonen den Regionalverband Pro Engiadina Bassa (PEB), vorwärtszumachen. Zuerst wurden provisorische Räume in Vulpera bezogen, dann finanzierte PEB eine Halbtagsstelle. Einer der Grundbestände des Archivs sind Dokumente aus der Sammlung des früheren Hoteliers Rolf Zollinger. Er übergab Materialien des abgebrannten Hotel Waldhaus in Vulpera. Inzwischen ist das Archiv ins ehemalige Schulhaus Schadatsch in Strada eingezogen.
www.archivcultural.ch (romanisch) undwww.archivcultural-de.ch (deutsch)
Community Skiing Eine weitere neue und
angesagte Art des Skifahrens
ist das Community Skiing
in der Gruppe. Es geht um
die gemeinsame Aktion und
Interaktion auf der Piste
und danach. Der Link vom
«Internetskifahren» zur
Begegnung und der gemein
samen Liebe zum Schnee
sport und zur Natur, gepaart
mit angesagtem Lifestyle.
Bei der Suvretta Snowsports
School kann Community
Skiing per Telefon oder
EMail reserviert werden.
Auf der FacebookSeite «Suv
retta Snowsports» kann man
neue Schneesportfreunde
kennenlernen. Skiprofis
begleiten die Gruppen.
65piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
PIZZERIA
Hotel Waldhaus, Sils-Maria, Winterprogramm 2012 / 2013Details und Ergänzungen: www.waldhaus.ch
31.12. «Scheherazade» ist das Thema des Silvesterballs. In der Bar spielt Clau Maissens «Clamür».
5.1. «TastenTanz». Video und Klavier mit Werken von Tschaikowsky bis Prokofiew.
7.1. «Love Letters» von A. R. Gurney. Szenische Lesung (Deutsch).
9.1. Klavierquintette mit Solisten des Sinfonieorchester Engadin und der koreanischen Pianistin Wonmi Kim. Werke von Mozart und Dvorak.
11.1. Theater: «Doledo da Silva». Clo Bisaz als Concierge «Giacometti» und Philippe Kuhn als Barpianist «Jeremy» spielen Hotelgeschichten.
14.1. Autorenlesung: Brigitte Kronauer.15.1. «Tafelrunde. Schriftsteller kochen für Freunde».
Angelika und Silvia Overath und Manfred Koch haben Lieblingsrezepte und Geschichten zusammengetragen. Mit Abendessen.
16.1. Autorenlesung: Hans Magnus Enzensberger. 21.1. «Bruno, Chef de Police.» Martin Walker liest auf
Englisch aus «Delikatessen». Mit deutscher Moderation.
24.1. Film: Porträt über Jacques Guidon, «Persona non grata».
30.1. Kammerkonzert mit Maja Weber (Violoncello) und Per Lundberg (Klavier): Beethoven, Rachmaninow und De Fallas.
1.2. Swing und Jazz in der Bar mit der Swiss Ramblers Dixieland Band.
4.2. Autorenlesung: Maja WickiVogt über «Kreative
Vernunft: Mut und Tragik von Denkerinnen der Moderne».
9.2. Chansonabend mit Olivia Stahn und dem Pianisten Bari Büyükyildirim.
11.2. Ziegenhirtin Pia Solèr im Gespräch mit Chasper Pult über ihren Erlebnisbericht «Weite fühlen».
13.2. «HanneliMusig», 10JahresJubiläumstournee. Vergessene Melodien, quicklebendig und flott.
18.2. «Der kleine Stern auf Erden». Schattenfigurentheater für Kinder.
18.2. «Rose. Vom Schtetl nach Miami Beach. Unruhige Fahrt» von Martin Sherman. Mit Graziella Rossi.
23.2. Boogie Woogie und Blues in der Bar mit Silvan Zingg, Nuno Alexandre und Valerio Felice.
25.2. Theater: «I tre secondi» zeigen «I Doganieri – Die Zöllner». Komödie.
1.3. Lukas Hartmann im Gespräch mit Chasper Pult über «Räuberleben».
4.3. Klaus Henner Russius liest aus «Der Kurgast» von Hermann Hesse.
8.3. Jazz in der Halle mit Walter Weber und Band.11.3. «Der Elegant». Tierische Verse von Peter
Zeindler.16.3. Film: «Unter Bauern». 25.3. «Die Grossherzogin von Gerolstein» Operette.5.4. Autorenlesung: «Über Bord» von Ingrid Noll. 6.4. Musik: Der St. Moritzer ACappellaChor Las
Lodolas.
Engadin Winter-FestivalNach dem Erfolg des BSI
Engadin Musikfestivals
im vergangenen Sommer
findet nun auch im Winter
eine solche Konzertreihe
statt. An jedem Samstag
im Februar und März
werden bekannte Künstle
r innen und Künstler
auftreten. Folgende
Konzerte sind geplant:
2.2.: Renaud Capuçon,
David Kadouch
16.2.: Sergei Nakariakov,
Russische Kammerphil
harmonie St. Petersburg
23.2.: Winterreise
2.3.: Gabriela Montero
9.3.: Giora Feidman,
Gershwin Quartett
16.3.: Patricia
Kopatchinskaja
www.engadinfestival.ch
Gore Vidal (1925–2012) Ende Juli ist der amerikanische Schriftsteller und Gesellschaftskritiker Gore Vidal gestorben. Berühmt wurde er mit seinen Büchern und mit seiner teils harschen Kritik an der Politik der USA. Bekannt war er aber auch im Unterengadin, das er zuletzt 2006 besuchte. Im ersten Teil seiner 1995 erschienenen Autobiografie «Palimpsest» erzählte er bereits, was er über seine Vorfahren wusste: Sein Urgrossvater war aus Feldkirch in die USA ausgewandert, ein anderer Teil der Familie wohnte auf Schloss Heidegg im Luzerner Seetal. Dass seine Familie mit den Vitals, dem ältesten Geschlecht von Sent, verwandt sein könnte, war ihm immer bewusst. Gore Vidal und der Künstler Not Vital aus Sent waren miteinander bekannt. In der Fundaziun Not Vital sind in einer kleinen Publikation Teile aus Gore Vidals Autobiografie auf Romanisch übersetzt. Dort wird auch der möglichen Verwandtschaft der Vidals / Vitals nachgespürt. Ausserdem ist die Geschichte des Alesch d'Uina romanisch und englisch nacherzählt. Als Gore Vidal in Sent zu Besuch war, gewährte er dem «TagesAnzeiger» ein Interview und sagte zur Schweiz: «Ich glaube, die Schweizer haben einen grossen Akt des Gleichgewichts vollbracht: Sie sind auf einem Hochseil, von dem sie nicht herunterfallen.»
Endstation Scuol-TaraspMit dem neuen Prioritätenplan der Bündner Regierung zum Bahnausbau bleibt ScuolTarasp wohl auf Jahrzehnte hinaus weiter Endstation für den Zug. Die Regierung hat sowohl die Weiterführung der Bahn Richtung Landeck zurückgestellt als auch dem Traum von einem Tunnel in den Vinschgau eine Absage erteilt. Für die Verbindung UnterengadinMals kommen auch aus Südtirol wenig ermunternde Signale: Landeshauptmann Luis Durnwalder hatte im Frühling 2012 bei einem Besuch in Chur eingeräumt, kein Geld für ein solches Bahnprojekt zu haben. Die EU müsste hier mitzahlen, doch das sei zurzeit so illusorisch, wie für dieses Bahnprojekt private Investoren zu finden.
PUBLIkaTIonGore Vidal, Los Angeles – Sent, als 27 gün 2006, Fundaziun Not Vital, 2006, www.fundaziun.notvital.com
66 piz 44 : Winter | Inviern 2012/2013
Herausgeberin | editura Edition piz, Urezza Famos, Schigliana 183, 7554 Sent Tel. +41 (0)79 610 48 04, info@pizmagazin.ch, www.pizmagazin.ch
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Copyright Edition piz, Scuol
Druck | stampa AVD, Goldach (SG)
Autorinnen und Autoren, Fotos | auturas ed auturs, fotografias
Romedi Arquint, *1943, ist Theologe, Pfarrer, Kulturförderer und Ex-Politi-ker. Er lebt in Chapella / Cinuos-chel.
Mathias Balzer, *1967, aufgewachsen in St. Moritz. Kulturredaktor «Südost-schweiz», Theaterproduzent und Dramaturg. www.mathiasbalzer.ch
Flurin Bertschinger, *1981, ist in Sent im Unterengadin aufgewachsen und arbeitet als freiberuflicher Fotograf in Zürich. www.flurinbertschinger.com
Franco Brunner, *1997, freier Journalist in Chur. www.francobrunner.ch
Walter A. Büchi, *1945, Historiker, Publizist und Erwachsenenbildner. Lebt in St. Gallen.
Susanna Fanzun, *1963, Redaktorin bei der Televisiun Rumantscha. Arbei-tet und lebt in Scuol.
Marina U. Fuchs, *1953, freie Kulturjournalistin, Kulturvermittlerin und -beraterin, Juristin. Lebt und arbeitet in Celerina. www.marinafuchs.ch
Köbi Gantenbein, *1956, Chefredaktor von «Hochparterre», der Zeitschrift für Architektur und Design, Zürich, lebt in Zürich und Fläsch.
Gregor Gilg, *1964, visueller Gestalter und Comic-Zeichner in Bern. www.malepiwo.ch
Maurice K. Grünig, 1964, ist freischaffende Fotografin in Zürich, www.mauricegruenig.ch
Gabriele Horndasch, *1969, ist Bildhauerin und arbeitet mit Video und Fo-tografie. Sie lebt in Düsseldorf. www.gabriele-horndasch.de
Thomas Kaiser, *1979, betreibt in Chur die Denk- und Schreibwerkstatt. www. wortwert.ch
Andreas Kneubühler, *1963, freier Jour nalist im «Pressebüro St. Gallen»
Esther Scheidegger, *1946, freie Journalistin in Zürich.
Daniela Schwegler, *1970, freie Journalistin in Wald (ZH).
Mayk Wendt, *1982, ist in Ostdeutschland aufgewachsen und lebt als Fo-tograf im Engadin. www.maykwendt.com
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Nr. 44, Winter | Inviern 2012 / 2013.
Erscheint zweimal jährlich. Auflage: 30’000 Ex.
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Edition piz, Schigliana 183, CH-7554 Sent.
Zweijahresabonnement: Fr. 35.– (exkl. Versandkosten und Mehr-
wertsteuer). Das Abonnement ist mit einer Frist von zwei Mo na ten
vor Ablauf kündbar. Ohne schriftliche Kündigung erneuert es sich
automatisch um zwei Jahre. info@pizmagazin.ch
Nächste Ausgabe: Juni 2013
Für unverlangt einge sandtes Text-, Bild- und Tonmaterial über-
nimmt der Verlag keine Haftung. – Nachdruck, auch auszugs-
weise, nur mit ausdrücklicher Genehmigung der Redaktion.
Magazin für das Engadin und die Bündner SüdtälerMagazin per l'Engiadina ed il Grischun dal süd
Wandel | MüdamaintDie nächste Ausgabe wird piz-Magazin dem Wandel widmen. Das Thema
hat es in der rätoromanischen Literatur zum bekannten Schlagwort ge-
bracht. Cla Biert (1920–1981) hat sich in seinem 1962 erschienenen Buch «la
müdada» damit befasst. Inzwischen sind weitere fünfzig Jahre vergangen
und die Veränderungen haben sich massiv beschleunigt. piz wird diesem
«Müdamaint» nachgehen. Wir werden Ihnen wieder Menschen vorstellen,
die diese Veränderungen hautnah miterlebt haben, und wir fragen nach, ob
sich das Leben in den Bergtälern Südbündens langsamer wandelt als in den
Städten oder ob die Tourismusregionen sich mitten im Strudel des Wandels
befinden. Was passiert dabei in der Gesellschaft, in der Wirtschaft, im kul-
turellen Umfeld und im Privaten? Wo sind die Veränderungen am grössten?
Was bewerten wir als gut, was als negativ – und wieso? Und welche Heraus-
forderungen für die Zukunft ergeben sich daraus? Freuen Sie sich also auf
piz im Sommer 2013.
Foto
: Edi
tion
piz
In der schönsten Ferienregion der Schweiz erwartet Sie eine einmalige Wohnsituation auf höchstem Niveau: exklusive Eigentumswohnungen (2.5, 4.5 und 5.5 Zimmer) an sonniger, unverbaubarer Lage mit Blick in die imposante Bergwelt des Oberengadins. Der maleri-sche Dorfkern von Samedan mit seinen Sehenswürdigkeiten, dem abwechslungsreichen Tourismusangebot und einer Vielzahl hochstehender Gastronomiebetriebe ist in wenigen Gehminuten erreichbar.
DIE HIGHLIGHTSZ Moderne Architektur und ausgesuchte, exklusive MaterialienZ Höchste Wohnqualität mit einer funktionalen aber dennoch flexiblen RaumaufteilungZ Viel Licht dank grosszügigen FensterflächenZ Verkehrsgünstige Lage (gute Strassen- und Bahnverbindung, Flugplatz in der Nähe)Z Vielfältiges Freizeitangebot vor der Haustüre (3 Golfplätze, Schnee- und Bergsport)
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