Post on 17-Sep-2018
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PFLEGEASPEKTE BEI MENSCHEN MIT UL-CUS CRURIS VENOSUM
MIT DEM SCHWERPUNKT DER OKKLUSIVEN WUNDTHERAPIE
FACHBEREICHSARBEIT
zur Erlangung des Diploms
für den gehobenen Dienst der Gesundheits- und Krankenpflege
an der
Schule für Gesundheits- und Krankenpflege des Bfi und Diakonissen-
Krankenhauses Salzburg gemeinsam mit der Schule
für Gesundheits- und Krankenpflege des A.ö. Krankenhauses Hallein
eingereicht von
Christian Seifter
Diplomjahrgang 2000/2003 Kontakt-email christian.seifter@aon.at
betreut durch
DGKS Helga Langer
Salzburg, im September 2003
Inhaltsverzeichnis
1 EINLEITUNG ................................................................................................................................................. 1
2 ULCUS CRURIS ............................................................................................................................................. 2 2.1 DEFINITION ........................................................................................................................................ 2 2.2 EPIDEMIOLOGIE.................................................................................................................................. 2 2.3 MÖGLICHE URSACHEN DES ULCUS CRURIS ........................................................................................ 2
3 URSACHE UND ENTSTEHUNG EINES ULCUS CRURIS VENOSUM ................................................ 3 3.1 PRIMÄRE VARIKOSIS – WANDSCHWÄCHE, INSUFFIZIENZ OBERFLÄCHLICHER UND TIEFER KLAPPEN. 3 3.2 EINTEILUNG DER CHRONISCH VENÖSEN INSUFFIZIENZ IN GRADEN .................................................... 5
3.2.1 CVI Grad I................................................................................................................................. 5 3.2.2 CVI Grad II................................................................................................................................ 5 3.2.3 CVI Grad III .............................................................................................................................. 6
3.3 SEKUNDÄRE VARIKOSIS – VERLEGUNG ODER INSUFFIZIENZ DER TIEFEN VENEN............................... 6 3.3.1 Tiefe Phlebothrombose (PTS = postthrombotisches Syndrom) ................................................. 6 3.3.2 Risikofaktoren bei Thromboseentstehung (Virchow-Trias):...................................................... 7
4 ULCUS CRURIS – LEBEN MIT EINEM „OFFENEN BEIN“.................................................................. 7
5 DIE PHASENGERECHTE WUNDHEILUNG.......................................................................................... 13 5.1 WUNDANAMNESE VOR THERAPIEBEGINN ........................................................................................ 13 5.2 REINIGUNGS- ODER EXSUDATIVE PHASE .......................................................................................... 14
5.2.1 Mechanische Wundreinigung .................................................................................................. 14 5.2.2 Autolytische Wundreinigung.................................................................................................... 14 5.2.3 Enzymatische Wundreinigungsmittel....................................................................................... 15 5.2.4 Antiseptische Wundreinigungsmittel........................................................................................ 15 5.2.5 Antibiotika zur Wundreinigung: .............................................................................................. 15
5.3 GRANULATIONSPHASE ..................................................................................................................... 16 5.4 EPITHELISIERUNGSPHASE................................................................................................................. 16
6 FAKTOREN, DIE DIE WUNDHEILUNG BEI ULCUS CRURIS VENOSUM BEEINFLUSSEN...... 16 6.1 BINDEGEWEBSVERÄNDERUNGEN UND VERMINDERTE STOFFWECHSELVORGÄNGE .......................... 16 6.2 KOMPRESSION U. MOBILISATION ZUR REDUKTION DES KAPILLARFILTRATIONSDRUCKS ................. 17 6.3 AUSTROCKNEN DER WUNDE ............................................................................................................ 17 6.4 BEGLEITERKRANKUNGEN, ERNÄHRUNGSZUSTAND UND ALTERUNGSPROZESS ................................ 18 6.5 INFEKTIONEN ................................................................................................................................... 18 6.6 PSYCHISCHE ODER SOZIALE URSACHEN ........................................................................................... 19
7 OKKLUSIVE WUNDTHERAPIE BEI ULCUS CRURIS........................................................................ 20 7.1 DEFINITION ...................................................................................................................................... 20 7.2 WUNDBEHANDLUNG GESTERN – WUNDMANAGEMENT HEUTE:........................................................ 21 7.3 ZUR ENTWICKLUNG DER WUNDAUFLAGEN...................................................................................... 22 7.4 FUNKTIONEN, AUFGABE UND BESCHAFFENHEIT DES OKKLUSIVVERBANDES................................... 23
8 FALLGESCHICHTE ................................................................................................................................... 25 8.1 PATIENTENBESCHREIBUNG............................................................................................................... 25 8.2 PFLEGEDIAGNOSE: GEWEBSSCHÄDIGUNG ....................................................................................... 26 8.3 VERLAUFSBESCHREIBUNG UND EVALUATION .................................................................................. 27
9 RESÜMEE, ZUSAMMENFASSUNG, ERGEBNIS, SCHLUSSTEIL..................................................... 29
10 LITERATURVERZEICHNIS ......................................................................................................... 31
11 ANHANG ........................................................................................................................................... 32 11.1 BIOGRAPHIE EINES BETROFFENEN.................................................................................................... 32 11.2 WUNDPROTOKOLL – KRANKENHAUS TAMSWEG.............................................................................. 32
1 Einleitung
Im Rahmen eines Spezialvortrages an der Gesundheits- und Krankenpflegeschule, wurde
uns von Frau Christine Jurasek, einer DGKS und Wundmanagerin im Krankenhaus Hallein
berichtet, dass Venenleiden zu den meistverbreiteten Befindens- und Gesundheitsstörun-
gen unserer Zeit zählen. Die längere Lebenserwartung unserer Gesamtbevölkerung wird
die Anzahl der Erkrankten in den nächsten Jahrzehnten noch deutlich steigern.
Bereits in meiner frühen Kindheit lernte ich die Lebensbeeinträchtigungen eines Menschen
mit chronischem Venenleiden kennen. Meine Mutter litt 13 Jahre an einem Ulcus cruris
venosum, bevor ihr durch eine erfolgreiche konservative und operative Behandlung gehol-
fen werden konnte. Zeitaufwändige schmerzhafte Verbandswechsel sowie Angst vor spon-
tanen Venenblutungen oder Infektionen gehörten danach der Vergangenheit an. Die erfolg-
reiche Behandlung meiner Mutter, brachte letztlich auch für unsere gesamte Familie ein
„Mehr“ an Lebensqualität.
Viele „Ulcus-Patienten“ haben einen jahrelangen Leidensweg aufgrund inadäquater und
frustranter Therapieversuche hinter sich. Sie fügen sich oftmals mit großer Schicksalserge-
benheit dem scheinbar Unvermeidlichen. Meine bisherige Tätigkeit im Bereich der Kran-
kenpflege und der Lernzuwachs durch die Diplomausbildung haben mir gezeigt, dass heute
durch die moderne feuchte Wundtherapie ein Ulcus cruris venosum durchaus beherrschbar
geworden ist. Unter Berücksichtigung der Krankheitsursache, des Allgemein- und Ernäh-
rungszustandes sowie sozialen Gegebenheiten und Ressourcen des Betroffenen, stellt die
okklusive Wundbehandlung einen Teil der erfolgversprechenden Therapie dar.
Das Ziel meiner Arbeit ist es, die Ursachen und Folgen eines Ulcus cruris venosum zu be-
schreiben, die Auswirkungen auf das Leben und die Lebensqualität der betroffenen Men-
schen zu hinterfragen, um danach der Frage nachgehen zu können, wo trotz der hohen
Kosten die Vorteile und der Gewinn einer Okklusionstherapie für den Betroffenen und für
die Krankenpflege liegen. Entsprechend dieser Zielvorgaben habe ich meine Arbeit aufge-
baut, welche auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und persönlichen Erfahrungen beruht.
Die Lebensbeeinträchtigungen der Betroffenen sowie die okklusive Wundtherapie beim
Ulcus cruris Venosum werden zwei Schwerpunkte dieser Arbeit sein.
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2 Ulcus cruris
2.1 Definition
„Das Ulcus cruris (Unterschenkelgeschwür) ist ein Substanzdefekt in vorgeschädigter
Haut, tiefer reichend als zur papillären Dermis; heilt mit Narben“.(Kammerlander 2001,
S. 15)
2.2 Epidemiologie
Ca. 10 % bis 12 % der Bevölkerung sind Träger von fortgeschrittenen chronischen venösen
Problematiken und ca. 1 % bis 2 % der Bevölkerung gehören zur Gruppe der Ulcus cruris
Patienten (in Österreich und der Schweiz je ca. 100 000, in Deutschland ca. 1,2 Millionen
Menschen). Für den Arbeitsprozess bedeutet dies, dass ein Ulcus cruris Patient jährlich im
Durchschnitt über 2 Monate arbeitsunfähig ist und ca. 7 Jahre früher in Pension gehen
muss. (vgl. Kammerlander 3-9/2001, Kapitel IV/II S. 2)
Abgesehen vom Leid jedes Einzelnen, zeigen uns diese Daten die volkswirtschaftlichen
Belastungen für unser Gesundheits- und Pensionssystem. Weiters wird angesichts der de-
mografischen Entwicklung die Anzahl der Menschen mit chronischen Gefäßleiden zuneh-
men. Ich glaube, dass speziell im Bereich der Gesundheitsvorsorge Ressourcen liegen,
wodurch diese Zahl der Neuerkrankten deutlich gesenkt werden könnte.
2.3 Mögliche Ursachen des Ulcus cruris
Häufigste Ursachen Häufigkeit
Venös (Veneninsuffizienz) 65 %
Arteriell (PAVK) 10 %
Venös-arteriell gemischt 10 %
Neuropatische Fußulcera 5 %
Seltenere Ursachen insg. 10 %
Ulcerierte Hauttumore (Neopl. U.)
Metabolische Ulcera
Infektiös (Mikrob. U.)
Exogene Ulcera
Tab.1: Ursachen und Häufigkeit eines Ulcus cruris. (vgl. Kozon 2000, S. 21)
Für uns Pflegende sind besonders die Hintergründe, welche zur Ulcusentstehung führen,
von Bedeutung. Das Wissen über die Ursache gibt entscheidend die weiteren Schritte für
eine effiziente Wundtherapie vor. Eine exakte ärztliche Diagnosestellung, die auch diffe-
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rentialdiagnostische Maßnahmen umfasst, ist daher unerlässlich. Die Klassifizierung und
Einteilung erfolgt durch den Arzt. Weitere Maßnahmen der Wundbehandlung und Infekti-
onsvermeidung sowie Schmerzbekämpfung und Mobilisation obliegen dem Pflegepersonal
im mitverantwortlichen und eigenständigen Aufgabenbereich.
Um den Rahmen meiner Fachbereichsarbeit nicht zu sprengen, werde ich meine Ausfüh-
rungen im speziellen auf das am häufigsten diagnostizierte Ulcus cruris venosum (65 %
aller Ulcusleiden) beschränken und als erstes die Entstehungsursachen darstellen.
3 Ursache und Entstehung eines Ulcus cruris venosum
3.1 Primäre Varikosis – Wandschwäche, Insuffizienz oberflächlicher und tiefer Klappen
Parallel zu der im Rahmen der Evolutionsgeschichte vor ca. 1,5 bis 2 Millionen Jahren
einsetzenden Entwicklung des aufrechten Ganges musste das Venensystem in den unteren
Extremitäten anatomisch den neuen funktionellen Gegebenheiten angepasst werden. Drei
untereinander kommunizierende Systeme bilden nun zusammen mit Muskeln und Gelen-
ken eine so sinnreiche Einheit, dass angesichts ihrer Bedeutung für das gesamte Kreislauf-
system mit Recht vom „peripheren Herzen“ gesprochen werden kann.
Während die inter- bzw. intramuskulär gelegenen tiefen Leitvenen (paarig den jeweiligen
Arterien zugeordnet) als Blutsammler dienen, drainieren die suprafaszialen Venen, unter-
einander vernetzt durch die Vv. communicantes, entweder unmittelbar (Saphena magna in
die V. femoralis bzw. Saphena parva in die V. poplitea) oder über Vv. perforantes, das
Oberflächenblut in die tiefen Venen. Die zweizipfeligen Klappen der Venenwände gestal-
ten die Gefäße zu „Einbahnstraßen“ für den venösen Blutfluss.
Für den Rücktransport des Blutes zum rechten Herzen sind zur Überwindung des hohen
hydrostatischen Gesamtdruckes, der auf dem Beinvenensystem lastet, verschiedene physio-
logische Antriebskräfte und Hilfsmittel erforderlich. Zur Wirkung kommen das Prinzip der
kommunizierenden Röhren mit dem postkapillaren Restdruck, respiratorische Druck-
schwankungen im Brust- und Bauchraum sowie die elastische Ansaugung des Herzens.
Der leistungsfähigste Faktor aber ist die Funktionseinheit der Wadenmuskelpumpe.
Die Wadenmuskulatur gliedert sich nach Modellvorstellungen in mehrere Pump- und
Funktionseinheiten einzelner durch gemeinsamer Faszien verbundener Muskelgruppen mit
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jeweils einheitlicher arterieller Versorgung, venöser Drainage und nervaler Aktivierung.
(vgl. http://www.hartmann-online.de/deutsch/produkte/wundbehandlung/wundforum/3-94-
2.htm, 18.11.02, S. 2)
Durch das Betätigen der Beinmuskulatur werden die tiefen Venen
komprimiert und bei der Muskelrelaxation erweitert. Die Venen-
klappen fungieren als Volumenventile und richten den Blutstrom
herzwärts. Ergänzt wird die wechselnde Druck-Saugwirkung der
Muskelvenenpumpe durch entsprechende Mechanismen an den
Gelenken und durch das Widerlager der Faszien, welche dafür
sorgen, dass der aufgebaute Druck nach innen wirkt (Faszie:
grün).
Abb.: 1 Schematische Darstellung der Muskelvenenpumpe. (Vanscheidt 1993, S. 6)
Durch das Zusammenspiel dieser Mechanismen wird das Blut in mehreren hintereinander
geschalteten Etagen herzwärts gehoben und aus dem suprafaszialen Geflecht der Perfo-
ransvenen abgeschöpft. Das Blut fließt also von der Oberfläche zur Tiefe und von distal
nach proximal. Der Venendruck sinkt ab.
Ist der Rücktransport des Blutes zum Herzen gestört (Veneninsuffizienz), kommt es zur
Drucküberlastung der Beinvenen im Sinne einer Rückwärtsdekompensation bis in die Ka-
pillaren der Endstrombahnen. Die für einen geregelten Stoffaustausch erforderlichen Nie-
derdruckwerte sind erhöht, der Stoffwechsel in den betroffenen Regionen vermindert. Auf
Dauer ist auch das Lymphsystem davon betroffen, das in der Anfangsphase einer Abfluss-
störung die Transportaufgaben der insuffizienten Venen teilweise kompensieren kann.
Ein Ödem ist das erste erkennbare Zeichen einer Entsorgungsstörung. Dadurch wird die
Transitstrecke von der Blutbahn zur Zelle verlängert und die Zellversorgung mangelhaft.
Es kommt mit der Zeit zu einer resorptiven Entzündung mit Bindegewebsproliferation
(Bindegewebswucherung). Die fortschreitende Sklerosierung von Kutis und Subkutis sind
die Grundlage für Ekzem- und Ulkusentstehung. (vgl. Vanscheidt 1993, S. 6ff)
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3.2 Einteilung der chronisch venösen Insuffizienz in Graden
Üblicherweise wird die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) in drei Grade eingeteilt. Die
Lokalisation und der Schweregrad der Gewebsschädigung sind dafür entscheidend.
3.2.1 CVI Grad I
Corona phlebectatica: Charakteristisch sind die fein erweiter-
ten Venengeflechte an der Innenseite der Fußsohle. In diesem
Stadium sind noch keine Ödeme sichtbar, da das lymphati-
sche System durch Mehrarbeit (bis zum 10-fachen) die ver-
mehrte Flüssigkeit aus dem Interzellularraum abtransportiert.
(vgl. Kammerlander 2001, S. 34f) Abb.: 2 CVI-Stadium I
(Kammerlander 2001, S. 35)
3.2.2 CVI Grad II
Durch die Überlastung der Lymphgefäße bildet sich ein Ödem. Die Lymphgefäße funktio-
nieren zwar noch, können aber die erhöhte Wasserlast nicht mehr genügend abtransportie-
ren. Durch das Hämosiderin der Erythrozyten kommt es zu braun/schwarz Farbeinlagerun-
gen (Dermite ocre). Weißliche, atrophe (verdünnte) Hautbezirke (Atrophie blanche oder
Marmorhaut) zeigen, das Blutgefäße zugrunde gegangen sind und ein Abbau von Gewebe
eingetreten ist (Dermosklerose). (vgl. Kammerlander 2001, S.34)
Als weiteres typisches Zeichen wäre noch die Hyperpigmentierung der fest mit der Fascia
cruris verbackenen Haut zu nennen. Leider ist bereits häufig im Stadium II ein schmerzhaf-
ter, therapieresistenter Verlauf zu beobachten.
Abb.: 3 „Ausgeprägte Dermatoliposklerose bei einer CVI
Grad II, die auf eine zunehmende Fibrosierung von Kutis
und Subkutis zurückzuführen ist. Rechts: Atrophie
blanche“. (Vanscheidt 1993, S. 8)
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3.2.3 CVI Grad III
Im Stadium III können die Lymphgefäße die Mehrarbeit nur noch ungenügend ausführen.
Im weiteren Verlauf stellen sie langsam ihre Arbeit ein, es kommt zum gefürchteten phle-
bo-lympho-statischen Ödem. Zusätzlich zu den Erkrankungszeichen der Stadien Grad I
und Grad II, treten Ulcerationen in verschiedensten Größen und Tiefen, häufig in der Ge-
gend des Innenknöchels, auf. Oft führt eine Krampfader vom Ulcus weg (Muttervarize,
Nährvene). In einigen Fällen kommt es zu tumorösen Entartung (Papillomatosis cutis car-
cinoides). (vgl. Kammerlander 2001, S. 34)
3.3 Sekundäre Varikosis – Verlegung oder Insuffizienz der tiefen Venen
3.3.1 Tiefe Phlebothrombose (PTS = postthrombotisches Syndrom)
Die Phlebothrombose ist eine häufige und schwerwiegende Krankheit, welche linear mit
dem Alter ansteigt. Mögliche Komplikationen einer Phlebothrombose sind eine Lungen-
embolie sowie eine lebenslange, irreparable Schädigung der tiefen Beinvenen (postthrom-
botisches Syndrom).
Wenn bei einer akuten tiefen Beinvenenthrombose eine operative Entfernung des Throm-
bus nicht mehr möglich ist, hat der Arzt ca. 10 Tage Zeit, den Thrombus mit Uro- oder
Streptokinase aufzulösen (lysieren). Gelingt die Beseitigung des Thrombus nicht, wird sich
dieser in ca. 7 bis 10 Tagen mit der Venenwand verwachsen. Die dadurch entstandene Ein-
engung des Gefäßlumens ist eine bleibende Abflussstörung und meist der Beginn des post-
thrombotischen Syndroms. Die Schädigung der tiefen Beinvenen beruht auf der stets insuf-
fizienten Rekanalisation und der Zerstörung der Venenklappen. Beides führt zu dauernden
Stauungserscheinungen, eben dem „postthrombotischen Syndrom“. (vgl. Kammerlander
2001, S. 38)
Um der Rekanalisation und einer weiteren Zerstörung der Venenklappen entgegenzuwir-
ken, ist das ständige Tragen eines Kompressionsverbandes oder Kompressionsstrumpfes
für den betroffenen Menschen unerlässlich. Nach meinen Erfahrungen aus der Praxis, ist
ohne wirksame Kompressionsmaßnahme eine Ödemreduktion und in Folge eine Verbesse-
rung der Stoffwechsel- bzw. Wundheilungssituation nicht möglich.
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3.3.2 Risikofaktoren bei Thromboseentstehung (Virchow-Trias):
• Strömungsverlangsamung: Dies kann durch eine Kompressionsmaßnahme, durch La-
gerung und Bewegung positiv beeinflusst werden.
• Schädigung des Gefäßendothels: Kann nur sehr schwer beeinflusst werden, z.B.: mit
Venenmitteln wie Oxerutin®, Troxerutin®, Cumarin® ...
• Veränderung der Blutzusammensetzung: Die erhöhte Gerinnungsneigung kann durch
Gabe von gerinnungshemmenden Substanzen wie Marcumar® oder Heparin positiv
beeinflusst werden. Logische Folge bei zu später Prophylaxe ist die Thrombose, vor al-
lem bei Patienten nach schweren Operationen oder Unfallverletzungen mit vermehrtem
Blutverlust.
Bedingt durch Bewegungsmangel und hohen Druck der Körperfülle auf den venösen
Rückfluss, haben übergewichtige Menschen 3 Mal häufiger Thrombosen und 8 Mal häufi-
ger Embolien als „Normalgewichtige“. Durch Varikosis und CVI wird der venöse Druck
noch mehr erhöht und die „venöse Hypertonie“ verstärkt. (vgl. Kammerlander 2001, S. 39)
4 Ulcus cruris – Leben mit einem „offenen Bein“
In meiner Tätigkeit als Pflegehelfer konnte ich häufig beobachten, dass sich bei Patienten
mit einem fortgeschrittenen chronischen Ulcus cruris venosum eine Therapieresistenz ein-
gestellt hat. Der Volksmund spricht in diesem Zusammenhang auch von „einmal offenes
Bein – immer offenes Bein“. Dies ist jedoch nicht die Regel und trotzdem leben viele Be-
troffene im Glauben dieser Volksmeinung Monate bis Jahre mit ihrer Erkrankung, ohne
jemals eine professionelle Hilfe durch den Arzt oder einer Pflegeperson in Anspruch ge-
nommen zu haben.
Wie bereits in der Einleitung beschrieben, litt auch meine Mutter dreizehn Jahre an einem
chronischen Ulcus cruris venosum, bevor ihr ein Dermatologe aus Salzburg helfen konnte.
Dreizehn Jahre ihres Lebens waren also geprägt von einer chronischen Wunde mit rezidi-
vierenden Infektionen und übel riechenden Wundbelägen, von Phasen einer besseren oder
schlechteren Wundheilung sowie auch spontan auftretenden Venenblutungen. Der 2 Mal
tägliche Verbandswechsel brauchte Zeit. Der damit verbundene Aufwand und die Ein-
schränkungen in ihrem täglichen Leben gingen auch nicht spurlos an unserer Familie vor-
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über. Meine Mutter war durch ihre dicken Bandagen in ihrer Mobilität eingeschränkt und
in ihrer sozialen Kontaktfähigkeit gehemmt. Sie zog es vor, sich so zu kleiden, dass ihre
bandagierten Beine immer bedeckt waren. Dünne Strümpfe, Röcke oder schickes Schuh-
werk konnte, oder wollte sie nie tragen.
Aus Angst vor spontanen Venenblutungen vermied sie es, sich zu weit weg von ihrem Arzt
des Vertrauens oder der ihr bekannten Krankenanstalt aufzuhalten. Einen Familienurlaub
kannten wir nicht. Gemeinsame Ausflüge oder Wanderungen gab es nur sehr wenige. Erst
jetzt, durch die intensive Auseinandersetzung mit diesen Thema, wurde mir bewusst, wie
sehr sich die chronische Erkrankung meiner Mutter auf unser Familienleben ausgewirkt
hat.
Eva-Maria Panfil hat zum Thema: „Leben mit einem offenen Bein“ einige Studienergeb-
nisse, die den Alltag der Betroffenen beschreiben, analysiert. Dazu schreibt sie: Die Hälfte
der 88 Befragten geben Verletzungen bzw. Druck als Ursache ihrer Erkrankung an. Be-
merkenswert ist, dass jeder 5. der Befragten die Ursache nicht kennt. Ein Ulcus cruris muss
immer ursächlich behandelt werden, das Wissen um die Ursache ist also wesentlich für das
Verständnis der Therapie!
Auf die Frage, was das Schlimmste an dem offenen Bein sei, gaben 38 % der Befragten
Schmerzen an. Die Schmerzen werden dabei sehr unterschiedlich erlebt. Für ein weiteres
Drittel der Befragten (31 %) waren Mobilitätsstörungen das Schlimmste. Von 50 Betroffe-
nen haben 40 % Schwierigkeiten in den Bus zu steigen, für 30 % ist das Treppensteigen
beschwerlich geworden und 38 % gehen aus Angst vor Stößen nicht mehr zum Einkaufen
in belebte Einkaufszentren. Patienten sind nicht nur durch die Schmerzen in ihrer Aktivität
eingeschränkt, sondern zusätzlich aus therapiebedingten Gründen. So sind sie wegen des
von dem häuslichen Pflegedienst durchgeführten Verbandswechsel gezwungen, zu be-
stimmten Terminen zuhause zu sein. Die meisten der Betroffenen meiden sportliche Akti-
vitäten, um Verletzungen des Beines zu vermeiden. (vgl. http://www.oegvp.at/2000n.pdf,
S. 158ff, 25. 11. 2002)
Meine Mutter weiß zum jetzigen Zeitpunkt über die Ursachen ihrer Erkrankung Bescheid.
Ihre stehende Berufsausübung als Maschinstrickerin und die Geburt von fünf Kindern mit
insgesamt 45 Schwangerschaftsmonaten, waren die Grundlage zur Entstehung einer chro-
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nisch venösen Insuffizienz ihrer Beinvenen. Physikalische Prophylaxen und/oder gesund-
heitsfördernde Maßnahmen wie Antithrombosestrümpfe, das Anregen der Muskelpumpe
durch Gymnastik und Kneippbäder oder eine Entstauung der Beinvenen durch Hochlage-
rung, waren ihr zum damaligen Zeitpunkt zu wenig bekannt. Im 33. Lebensjahr, während
ihrer vierten Schwangerschaft entstand am rechten Bein ein Ulcus cruris venosum, welches
ihr noch weitere dreizehn Jahre Beschwerden bereitete.
Auf meiner Frage was für sie das Schlimmste an der Erkrankung war, sagte sie, ihre mor-
gendlichen Schmerzen. Trotz der Wundversorgung und Beinbandagierung im Bett, bereite-
te ihr das Aufstehen enorme Schmerzen. Ihr Zeitmanagement musste ihrer veränderten
Mobilität angeglichen werden. Häufig lähmten spontane Schmerzattacken ihre Aktivität,
was sie sehr traurig stimmte.
Bei meiner Pflegearbeit mit Menschen, welche wundbedingten Einschränkungen ausge-
setzt sind, erkenne ich, dass sich teilweise ein starkes Gefühl des Bedauerns, der Depressi-
on und Hilflosigkeit breit machte. Betroffene verlieren durch die mindernde Lebensqualität
an Selbstwertgefühl. Bedingt durch ihre Erkrankung spiegelt sich häufig mangelnde Le-
bensfreude wider. Eva-Maria Panfil schreibt dazu in ihrem Artikel: „Das Erleben des Ge-
fühls der Machtlosigkeit ist eine weitere Thematik. Betroffene beschreiben das Fehlen an
Möglichkeiten, die Erkrankung positiv zu beeinflussen und fühlen sich von einer unkontrol-
lierbaren Natur abhängig“. Panfil betont auch die Erkenntnis, dass ein Phänomen nur kon-
trollierbar sei, wenn man die Ursachen verstehe!
Viele Betroffene kennen jedoch die Ursachen der Erkrankung nicht. Dies führt unnötiger-
weise zu dem Gefühl der Machtlosigkeit. Für manche Betroffene ist es sogar ein Ausdruck
des eigenen Versagens, wegen einer nicht heilenden Wunde Pflege beanspruchen zu müs-
sen. Patienten vergleichen die Wunde mit anderen Wunden, an denen sie in ihrem Leben
schon litten. Sie verweisen auf ihre sonst gute Heilung und können sich nicht erklären,
warum diesmal die Wunde nicht heilt. Viele der Betroffenen setzen sich gedanklich häufig
mit der Erkrankung und der damit verbundenen Therapie auseinander. Unterschiedliche
Aussagen von professionellen Therapeuten und Pflegenden zur Heilungsdauer und zu Hei-
lungsstrategien führen zur Verunsicherung. Diese Problematik ist mir aus meiner Praxis
nicht unbekannt. Ich bin überzeugt, dass nur durch eine ordentlich geführte Pflegeplanung
und Pflegedokumentation eine einheitliche Linie im Therapieverlauf zu erzielen ist. Ein
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auf Basis der Pflegeforschung einheitlicher Wissensstand aller Mitarbeiter, sowie fortlau-
fende Aufzeichnungen im Verlaufs- und Wundprotokoll, werden uns Pflegenden in Zu-
kunft helfen, besser „eine gemeinsame oder einheitliche Sprache“ zu sprechen.
Panfils Ausführungen ist weiter zu entnehmen, dass 10 % der Befragten die Unbequem-
lichkeit der Wundverbände als das Schlimmste an ihrem offenen Bein werten. Manche
Patienten entfernen sich zum Teil den Wundverband, weil sie ihn als sehr unangenehm
empfinden. Andere wiederum äußern das Gefühl der Erleichterung, ihre wunden Körper-
stellen unterhalb des Wundverbandes verstecken zu können. Viele leiden darunter, be-
stimmte Kleidungsstücke wie Röcke, feine Strümpfe oder Schuhe nicht tragen zu können.
Ich glaube, wenn wir in unserer Arbeit eine ganzheitliche Pflege leisten möchten, müssen
wir uns die Frage stellen, welche Auswirkungen der Wundverband auf die Unabhängigkeit
und das Wohlbefinden des Betroffenen hat? Wir sollten beginnen, diese Fragen in der
Pflegeanamnese zu thematisieren, um brauchbare Antworten und Kompromisse darauf zu
finden.
Meine eigenen Erfahrungswerte sowie die Aufzeichnungen von Eva-Maria Panfil verdeut-
lichen mir, welchen Einschränkungen und Alltagsproblemen Betroffene ausgesetzt sind.
Zusammenfassend möchte ich nochmals die Problematik darstellen, mit welchen Men-
schen mit „offenen Beinen“ zu leben haben.
• Wundspezifische Symptome: Schmerzen, Geruch, Nässe, Schwellungen, Juckreiz
und Sprunggelenksversteifung.
• Wundbedingte direkte und indirekte körperliche Aspekte: Einschränkungen der ge-
wohnten Hygiene, Mobilitätseinschränkung, Schlafstörungen.
• Wundbedingte psychische Aspekte: Einschränkungen bei der äußeren Erscheinung,
soziale Isolation, negative Gefühle hinsichtlich der Wundheilung, Körperbildstö-
rungen.
• Wundbedingte soziale Aspekte: Arbeitsunfähigkeit, evtl. finanzielle Probleme.
• Therapiebedingte Aspekte: Unbequemlichkeit der Verbände, Schwierigkeiten bei
der Durchführung der Therapie, Unsicherheit durch Inkonsistenzen der Therapie,
mangelndes Verständnis der Wundursache und Wundtherapie.
Um all diese Aspekte erfassen zu können, sind Pflegende gefordert, mit all ihren Sinnesor-
ganen „auf Spurensuche zu gehen“. Ihr Fachwissen um die situative Problematik struktu-
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riert die pflegerische Anamnese. Pflegende können gezielte Informationen im Rahmen des
Erstgespräches eruieren. Meine Erfahrung ist, je besser ein Patient informiert und bei Ent-
scheidungen integriert wird, desto konstruktiver verlaufen Therapie- oder Prophylaxemaß-
nahmen. Jeder Betroffene hat aus seinem Blickwinkel Ideen und Antworten. Manche be-
sitzen jahrelange Erfahrungswerte und sind Experten für ihr Leben und ihre Erkrankung.
Diesen Erfahrungsschatz gilt es in einer Entscheidung mit einzubeziehen!!
Ein Informationsdefizit oder Missverständnis zwischen Patient und Pflegenden kann sich
hinderlich auf den Heilungserfolg auswirken. Pflegepersonen und der Patient sollten also
gleichermaßen informiert sein:
• Welche Vorstellungen haben Betroffene über die Ursachen der Wunde und zur
Heilung der Wunde? Betroffene verstehen das therapeutische Vorgehen nur mit
Wissen um die eigentliche Ursache. Gleiches gilt für die Dauer der Therapie. Be-
troffene müssen wissen, dass ein offenes Bein nicht wie andere Wunden innerhalb
von acht Tagen oder vier Wochen heilt. Betroffene müssen die Zeitdauer der
Wundheilung kennen, damit sie sich auf die notwendige Zeit der Einschränkungen
einstellen, um das Gefühl der Frustration und des Misserfolgs nicht aufkommen zu
lassen.
• Welche Auswirkungen hat die Wunde und Wundbehandlung auf die Alltagskompe-
tenzen der Betroffenen? Können die Betroffenen sich noch in gewohnter Weise
waschen, sich kleiden, einkaufen, putzen oder sozialen Aktivitäten nachgehen? Wie
können Pflegende die Betroffenen bei der Erhaltung der gewohnten Aktivitäten un-
terstützen? Müssen neue Umgehensweisen erlernt werden? Wissen Betroffene, wie
sie Schmerzen, Schlafstörungen und Wundgeruch vermeiden können? Können Be-
troffene mit den gegebenen Verkehrsmitteln ohne Einschränkungen zum Arzt
kommen?
• Können Betroffene die Maßnahmen zur Wundversorgung in ihr Leben integrieren?
Ist es während der Arbeit möglich, das Bein hochzulagern und im Bedarfsfall einen
Verbandswechsel vorzunehmen? Haben Betroffene morgens ausreichend Zeit, sich
einen Kompressionsverband anzulegen?
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• Wie nennen die Betroffenen die Wunde und die damit verbundenen Phänomene?
Der notwendige Dialog zwischen Betroffenen und Pflegenden mit Schulung, Bera-
tung und Ermutigung lässt sich nur auf Basis einer gemeinsamen Sprache herstel-
len. Betroffene sprechen nur selten von einem Exsudat, sie sprechen von „Wasser“,
welches am Bein hinunterläuft und sprechen nicht von „Ulcus cruris“, sondern von
einem „Offenen Bein“ (vgl. http://www.oegvp.at/2000n.pdf, S. 158ff, 25. 11. 2002)
Die Ausführungen zeigen deutlich, dass Medizin und Pflege das gleiche Geschehen „Ulcus
cruris“ aus unterschiedlichen Perspektiven angehen müssen. Während der Blick des Arztes
die Krankheit fokussiert, gilt der Blick der Pflegenden dem Kranksein, der Rehabilitation
und der Integration des Patienten in seinen gewohnten Lebensalltag. Pflegerische Tätigkei-
ten wie die sachgerechte Beobachtung der Wunde und die Durchführung der Wundversor-
gung und Wunddokumentation sind Aufgaben im Rahmen des mit- und eigenverantwortli-
chen Aufgabenbereiches. Die eigenverantwortlichen Pflegetätigkeiten umfassen die Erhal-
tung, Förderung und/oder Wiedererlangung von Alltagskompetenzen, deren Ausübung
durch die Wunde eingeschränkt oder sogar völlig undurchführbar wurde.
Entsprechende pflegerische Maßnahmen sind eduktive und unterstützende Maßnahmen
wie „beraten“, „anleiten“, „ermutigen“ oder auch „für jemanden anderen handeln“, indem
beispielsweise die Wundversorgung von der Pflegekraft übernommen wird. Eine effektive
Versorgung von Menschen mit einem offenen Bein bezieht sich nicht allein auf die Wun-
de, sondern auf den Menschen mit Wunde. Eine erfolgreiche Wundbehandlung braucht
den Blickwinkel der Medizin, den Blickwinkel der Pflege, aber auch den Blickwinkel der
Betroffenen selbst. Die Betroffenen sind Experten für ihr Leben! Sie müssen die notwen-
digen therapeutischen Maßnahmen in ihr ganz persönliches Leben integrieren und neue
Tätigkeiten erlernen. Eine professionelle Pflege bringt innerhalb der Versorgung von Men-
schen mit einem Ulcus cruris einen eigenen Beitrag. Professionell pflegen bedeutet nicht
„Pflege bei Ulcus cruris“, sondern „Pflege eines Menschen mit einem offenen Bein“.
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5 Die phasengerechte Wundheilung
5.1 Wundanamnese vor Therapiebeginn
Als ersten Schritt vor Therapiebeginn gilt es, eine Analyse der Wunde und der Wundum-
gebung durchzuführen. Es ist wichtig, die Ursachen und den Entstehungszeitpunkt zu hin-
terfragen. Im Speziellen wird dann auf die Lokalisation der Wunde, deren Ausdehnung und
Wundtiefe sowie Entzündungszeichen, Wundbeläge und/oder Nekrosezeichen geachtet.
Die Keimbesiedelung (Wundabstrich/Wundgeruch) und Sekretion der Wunde sowie die
Beschaffenheit der Wundumgebung sind weitere Faktoren, die zur Auswahl der Therapie
und den dazugehörenden Verbandsstoffen entscheidend beitragen.
Bei Wunden welche durch Salbenreste, Krusten oder dicke Hautschuppen nicht exakt beur-
teilbar sind, kann zur „Grundreinigung“ ein Fußbad oder das „Ausduschen“ der Wunde
erfolgen. Zur Vorbeugung einer Infektion wird auf unserer Station dem Badewasser eine
PVP-Jod Desinfektionsmittel (Betaisodona® Lösung, im Verhältnis 1:1000) beigemengt.
Bei einer bestehenden PVP-Jod Allergie wird meist der Badezusatz Tannosynt®, 2ml auf
10 Liter Badewasser verordnet. Die Badedauer sollte bei ca. 10-15 Minuten liegen und die
Badewassertemperatur 32-35°C betragen.
Wenn der Patient Schmerzen verspürt, ist es sinnvoll, vor Therapiebeginn oder einer Anal-
getikagabe, die Schmerzintensität mittels einer Schmerzskala durch den Patienten selbst
bewerten zu lassen und dies im Wundprotokoll zu dokumentieren. Meist können nach ei-
ner einmaligen Grundreinigung die Wundheilungsphase/n eindeutig zugeordnet werden.
Gemeinsam mit einem Arzt, welcher ein fundiertes Wissen über Wundbeurteilung und
phasengerechte Wundheilungsprozesse besitzt, werden lokale und/oder chirurgische The-
rapiemaßnahmen vereinbart. Die Pflegeziele sollten entsprechend den drei im Anschluss
beschriebenen Wundheilungsphasen formuliert werden. Dabei sei noch einmal betont, dass
kein venöses Ulcus heilt, wenn nicht durch adäquate Maßnahmen (Kompression, Sklero-
sierung oder Operation) der venöse Abfluss im Bein weitestgehend normalisiert wird.
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5.2 Reinigungs- oder exsudative Phase
Das Ziel der Reinigungsphase besteht in der Abräumung von untergegangenem Gewebe,
sowie die Selbstheilungsmechanismen des Körpers zu beschleunigen. Die Reinigung der
Wunde kann auf mehreren Arten erfolgen:
5.2.1 Mechanische Wundreinigung
• chirurgisches Dèbridement: Abtragen von Nekrosen und schmierigen Belägen.
Kammerlander äußerte sich in einem Vortrag dazu folgendermaßen: „schwarze
nicht verschiebbare Nekrosen müssen vom Chirurgen entfernt werden. Unter die-
sen Nekrosen kann kein Mensch beurteilen, welcher Prozess dort im Gang ist.
Wenn ein Arzt eine Nekrose nicht entfernt, sollte dies im Pflegebericht dokumen-
tiert werden, da sich die Wundheilung um Wochen bis Monate verzögern kann.“
(Mitschrift: Vortrag Kammerlander 2002)
• physikalisches Dèbridement: Spülen der Wunde mit Lavage oder Jet-Lavage unter
Operationsbedingungen. Das Mittel der Wahl ist aber eine mechanischen Reini-
gung durch einen feuchten Wundumschlag (Dochtwirkung).
5.2.2 Autolytische Wundreinigung
Bei der autolytischen Wundreinigung werden durch die Erhaltung eines feuchten Wundmi-
lieus die natürlichen körpereigenen Wundreinigungsmechanismen unterstützt. Dadurch
wird die Entfernung von nekrotischem Gewebe und von Fibrinbelägen erleichtert. Vor
allem hydroaktive Verbände gewährleisten das dafür notwendige feuchte Wundmilieu.
(vgl.: www.pflegethemen.de 21. 05. 2003)
Die Verbandsstoffindustrie bietet uns zur Anwendung der autolytischen Wundreinigung
eine Vielzahl von Wundauflagen, Tamponaden, Sekretabsorber, Wundgelee sowie okklu-
sive bzw. semiokklusive Deckverbände. Bei infizierten Wunden ist zu beachten, dass keine
Okklusivverbände aufgebracht werden.
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5.2.3 Enzymatische Wundreinigungsmittel
Den Einsatz von enzymatischen Wundreinigungsmitteln wie Fibrolan® oder Leukase®
konnte ich in den letzten Jahren nur mehr vereinzelt beobachten. Meine Beobachtung bei
der Anwendung von enzymatischen Wundreinigungsmitteln war, dass die Auflösung der
Beläge schon gegeben war, die Wundgranulation danach aber meist ins Stocken geriet.
5.2.4 Antiseptische Wundreinigungsmittel
Polyvidon-Jod (PVP-Jod): Hat ein breites mikrobiozides Wirkspektrum, wird dennoch bei
uns auf der Internen Station wenig verwendet, da häufig Patienten auf PVP-Jod allergisch
reagieren und durch die bräunliche Verfärbung der Haut keine eindeutige Beurteilung der
Wunde und der Wundumgebung möglich ist!
Flammazine® Salbe: Mit Silber als antiseptischer Wundreinigungsbestandteil wurde ei-
gentlich speziell für die Brandwundenversorgung entwickelt. Durch ihre antiseptische so-
wie Nekrosen und Wundbeläge auflösende Eigenschaft, findet diese Salbe auch in der Ul-
cus cruris Wundbehandlung Anwendung.
Chlorhaltige Antiseptika: Während meiner verschiedenen Praktikas konnte ich beobachten,
dass das am häufigsten verwendete chlorhältige Antiseptikum, Octenisept® war. Dieses
Mittel hat ein breites mikrobielles Wirkspektrum und ist gut haut- und schleimhautverträg-
lich.
5.2.5 Antibiotika zur Wundreinigung:
Lokale Antibiotika in Form von Salben, Pudern, Kegeln oder imprägnierten Gazestreifen
eignen sich nicht für die Bekämpfung einer lokalen Wundinfektion. Die so angewandten
Antibiotika können nicht in tiefere Gewebsschichten eindringen, sie führen erwiesenerma-
ßen zu Resistenzbildung von Erregern, wirken sensibilisierend und wundhemmend. Eine
gezielte systemische Antibiotikatherapie nach Antibiogramm wäre sinnvoller. (vgl.
www.pflegethemen.de 21. 05. 2003)
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5.3 Granulationsphase
Nach einer erfolgreichen Wundreinigung verringert sich die Sekretbildung. Der Wund-
grund ist jetzt gut durchblutet, feucht – glänzend – hellrot. In diesem Stadium sind wir
Pflegende gefordert, individuell jenen Verbandsstoff oder eine Kombination von Ver-
bandsmaterialien auszuwählen, die in der Lage sind, über Tage den Ulcusgrund kontinuier-
lich feucht zu halten und dennoch überschüssiges Sekret zu binden, um einer Mazeration
der Wundumgebung, vorzubeugen. Meine Erfahrung dazu ist, dass sich bei mäßiger
Wundsekretion die Kombination von Hydrogel (ins Wundgebiet) und einem Aquazell®-
Hydrophaser-Wundrandschutz mit einem dünnen Hydrokolloid Deckverband, als ideale
Wundversorgung über Tage bewährt hat. Wenn sich in den Granulations- und Epithelisati-
onsstadien die notwendigen Verbandswechsel auf zwei bzw. einen pro Woche reduzieren,
ist ein sehr wirksamer und wirtschaftlicher Therapieverlauf gegeben.
5.4 Epithelisierungsphase
Bei einem Ulcus cruris venosum mit gutem Heilungsverlauf bildet sich vom Wundrand aus
Epithelgewebe. Wenn der Wundgrund auf Hautniveau aufgranuliert ist, beginnen sich auch
dort, flächenhaft verteilt, Epithelinseln zu bilden.
6 Faktoren, die die Wundheilung bei Ulcus cruris venosum be-einflussen
6.1 Bindegewebsveränderungen und verminderte Stoffwechselvorgänge
Grundsätzlich erfordert eine Sekundärheilung mehr Gewebsneubildung als die Primärhei-
lung oder die Epithelisation. Die Tatsache einer gestörten Wundheilung ist beim Ulcus
cruris auf Grund seiner Entstehungsursache, seiner anatomischen Gegebenheit und seiner
Lage, naheliegend und logisch. Die durch den chronischen Verlauf entstandenen Bindege-
webssklerosierung, sowie verminderte Stoffwechselvorgänge als Folge der Veneninsuffi-
zienz mit vermehrten Einstauungsödemen und den dadurch verursachten Ver- und Entsor-
gungsstörungen des Gewebes, erklären die schwierige Wundheilungssituation. Asmussen
schreibt unter dem Titel „Beschaffenheit des umliegenden Gewebes“ in seinem Buch:
„Prinzipien der Wundheilung“: „Stark geschädigtes oder abgestorbenes Gewebe im
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Wundbereich wirkt sich störend auf die Wundheilung aus, da es die ausreichende Versor-
gung des Wundgebietes mit Blut und Nährstoffen blockiert und Infektionen Vorschub leis-
tet“. (Asmussen 1993, S. 109) Nekrosen sowie zerklüftete Wundränder sollten daher chi-
rurgisch revidiert werden! (vgl. Asmussen 1993, S. 109)
6.2 Kompression u. Mobilisation zur Reduktion des Kapillarfiltrations-drucks
Beinödeme hemmen infolge des erhöhten hydrostatischen Gefäßdrucks die Vaskularisation
und die Ausbildung des Granulationsgewebes. Damit die erwünschte Wundheilung einset-
zen kann, ist es notwendig, den Kapillarfiltrationsdruck durch entsprechende Kompressi-
ons- und/oder Lagerungsmaßnahmen zu senken!
Neben der entsprechenden Lagerung und/oder der geeigneten Kompressionsmaßnahme
(Antithrombosestrümpfe oder Bandagen) ist eine angemessene Mobilisation zur Reduktion
des Kapillarfiltrationsdruckes durch die Druck–Saugwirkung der Muskelvenenpumpe von
Bedeutung. Durch Bewegung und einer angemessenen, herzwärts sich verringernden
Kompression der Extremität, werden Stauungsödeme beseitigt. Die damit verbundene
Durchblutungsförderung verbessert Sauerstoff- und Nährstoffkonzentration im Wundge-
biet.
6.3 Austrocknen der Wunde
Als ich vor mehr als zehn Jahren meine Pflegetätigkeit im KH–Tamsweg begann, wurde
von Medizinern und Pflegenden grundsätzlich die Meinung vertreten, dass jede Wunde so
rasch als möglich austrocknen sollte um so eine schützende Kruste (Wundschorf), welche
die Wundgranulution und Epithelisierung begünstigt und einen Schutz vor bakterieller In-
fektion darstellt, zu erhalten. Mitte der neunziger Jahre wurde unsere Station durch einen
Mitarbeiter, der als Wundmanager ausgebildet ist, Schritt für Schritt auf die feuchte Wund-
therapie und die Prinzipien der feuchten Wundbehandlung eingeschult. Herr Josef Feuchter
vermittelte uns, dass eine offene Wunde innerhalb von 2 bis 3 Stunden austrocknet. In die-
ser Zeit wird die Haut bis zu einer Tiefe von 0,2 bis 0,3 mm nekrotisch und die Epithelisa-
tion muss unterhalb dieser Zone erfolgen. Resultat ist eine Heilungsverzögerung der Wun-
de, da ein dicker, die Wunde bedeckender Schorf die Epithelisation der Endothelzellen
einschränkt.
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Ein weiterer wesentlicher Nachteil ist, dass bei infizierten, sekundär heilenden Wunden der
Abfluss von Wundsekret und Eiter erschwert ist. In solchen Fällen sollte laut unserem
Wundmanager immer gleich ein Arzt beigezogen werden, um Krusten oder Nekrosen chi-
rurgisch abtragen zu lassen.
6.4 Begleiterkrankungen, Ernährungszustand und Alterungsprozess
Mit dem Fortschreiten des physiologischen Alterungsprozesses, nimmt die Regenerations-
fähigkeit der Körperzellen ständig ab. Verlangsamte Stoffwechselabläufe, ein geschwäch-
tes Immunsystem und Begleiterkrankungen wie Arteriosklerose, Durchblutungsstörungen,
Stoffwechselerkrankungen oder eine Beeinträchtigung der Verdauungsorgane können we-
sentlich zur Wundheilungsverzögerung oder Wundheilungsstörung beitragen. Prof. Dr. W.
O. Seiler schreibt dazu in einen Artikel zum Thema: Katabolismus führt zu Malnutrion:
„Wird zu wenig Nahrung aufgenommen, muss sich der Körper die Glukose selber beschaf-
fen. Nun werden wertvolle Muskelproteine über den Mechanismus der Glukoneogenese zu
Glukose abgebaut. Dabei verliert der Körper den ganzen Inhalt der Muskelzelle und nicht
nur ihre wertvollen Muskelproteine“. (Seiler 2000, S. 14)
Malnutritierte Patienten sind gekennzeichnet durch Defizite an Spurenelementen und Vi-
taminen, (Zink, Magnesium, Vitamin B12, Vitamin D), Albumin, Transferrin, Hämoglobin
und viele andere. Ein ausgeglichener Ernährungszustand und eine vermehrte Zufuhr von
Proteinen (essentiellen Aminosäuren), Kohlenhydraten (Zucker), Fetten, Vitaminen (A, C,
K, B, E), Mineralstoffen und Spurenelementen (Eisen, Kupfer und Zink) fördert wiederum
eine raschere und bessere Wundheilung.
Medikamente wie Immunsuppressiva, Zytostatika, Antikoagulanzien und Antiphlogistika,
(vor allem Glukokortikoide) wirken negativ auf Wundheilungsabläufe. Nikotin und Dro-
genkonsum wirkt sich ungünstig auf die Gefäßdurchblutung und einen ausgeglichenen
Ernährungszustand aus. (vgl. Seiler 2000, S. 14)
6.5 Infektionen
Die häufigsten Ursachen von Wundheilungsstörungen sind Infektionen, die durch eigene
oder körperfremde Erreger hervorgerufen werden. Bei sekundär heilenden Wunden oder
Wundrupturen infolge eines unzureichenden Wundverschlusses, sind strenge Hygienericht-
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linien unumgänglich. Assistenzarzt Peter Noldt schreibt dazu: „Insbesonders große, zer-
klüftete Wunden – etwa Ulcus cruris venosum und Dekubitalgeschwüre – stellen einen ide-
alen Nährboden für Wundinfektionen infolge einer Keimvermehrung dar. Liegen darüber
hinaus Stoffwechselstörungen (Diabetes mellitus) oder – wie oft bei älteren Menschen –
eine schlechte Durchblutung, ein verminderter Allgemeinzustand oder eine geschwächte
Immunabwehr vor, ist das Infektionsrisiko besonders hoch“. (Noldt 2000, S. 6)
Um unerwünschte Kreuzinfektionen zu vermeiden, ist zu bedenken, dass der Patient, als
Laie, ebenso über Hygienemaßnahmen informiert werden muss!
6.6 Psychische oder soziale Ursachen
Chronische Wunden beruhen also in der Regel auf die oben genannten negativen Einflüsse
und einer Mangelversorgung des Gewebes. In einigen Fällen können aber auch Wundhei-
lungsstörungen von der psychischen oder sozialen Situation des Betroffenen beeinflusst
werden. In der Praxis habe ich Situationen erlebt, wo eine chronische Erkrankung, offen-
sichtlich für den Betroffenen einen „Gewinn“ darstellte. So kam ein Fabriksarbeiter in re-
gelmäßigen Abständen mit rezidivierenden venösen Ulcerationen an seinen Beinen zur
stationären Aufnahme. Während der stationären Versorgung, heilten die Geschwüre in
kurzer Zeit ab. Auffallend war, dass der Patient häufig über seine abgelehnten Pensionsan-
suchen klagte. Wenn ich den Patienten außerhalb des Krankenhauses traf und mit ihm ein
paar Worte wechselte, stellte ich fest, dass er trotz dringender Empfehlung keine Kompres-
sionsstrümpfe trug. Als dem Mann nach einiger Zeit dann doch die Frühpension zugespro-
chen wurde, besserte sich die Situation und die Ulcerationen verheilten.
In einem anderen Fall schilderte mir eine Wirtin recht eindrücklich, wie froh sie über ihr
offenes Bein sei. Jetzt brauche sie nicht mehr von früh morgens bis spät in die Nacht am
Herd zu stehen und findet wieder Zeit für Handarbeiten, welches immer schon ihr größtes
Hobby war. Bei dieser Patientin kam es permanent zu Wundheilungsstörungen und Rück-
schlägen im Therapieverlauf. Eine gänzliche Abheilung kam nie zustande.
Im Rahmen meines Praktikums in der Hauskrankenpflege wurde mir erzählt, dass allein-
stehende Personen, oder Menschen, die nur die Mitarbeiter des Hilfsdienstes als Bezugs-
personen haben, häufig zu Wundheilungsstörungen neigen. Für manche Patienten scheint
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in einer schwierigen Lebenslage offensichtlich eine chronische Ulcus Wundheilungsstö-
rung der einzige Weg zu sozialen Kontakten zu sein!
Meine Erfahrungen in der Pflege
haben mir auch gezeigt, dass die
Rückfallshäufigkeit und die
Aufenthaltdauer entscheidend von der
sozialen Situation des Betroffenen
abhängig ist. Häufig werden
Menschen ohne ihre soziale Situation
zu hinterfragen nach Hause entlassen.
Ohne Unterstützung durch
Angehörige, Hauskrankenpflege,
Abb. 6: Aspekte der Ulcusbehandlung. Hausarzt oder der Heimhilfe, werden
(Kammerlander 2001, S. 5) manche Betroffene als immer wieder
rückfällige chronische Wundpatienten bekannt. Nur wenn soziale Aspekte berücksichtigt
werden und bereits im Klinischen Bereich abgeklärt wird, wie dieser Mensch zu Hause
lebt, können rechtzeitig vor der Entlassung notwendige Maßnahmen organisiert werden.
Erst wenn die Grundbedürfnisse daheim gesichert sind, können Rückfallshäufigkeit und
Spitalsaufenthaltsdauer gesenkt werden!
7 Okklusive Wundtherapie bei Ulcus cruris
7.1 Definition
Definition – Okklusivverband: Dicht abdeckender und abschließender Verband. (Pschy-rembel 1998, S. 1151) Ein dichter Abschluss wird z.B. mit Folien aus dünnen Polyurethanfilm mit hypoallergener Klebeschicht erzielt. Okklusivverbände sind dicht für Flüssigkeiten und Keime und mehr oder weniger semipermeabel für Gase und Wasserdampf. Folienverbände sollen je nach Sekretionsrate der Wunde gezielt eingesetzt werden. Dazu werden verschiedenste Folien-verbände mit Wundkissen angeboten. (vgl. Kammerlander 2001, S. 238ff)
20
7.2 Wundbehandlung gestern – Wundmanagement heute:
„Die Heilung der Wunden und Verletzungen geschieht nach bestimmten Gesetzen. Die
Natur folgt nicht Dir, sondern Du musst ihr folgen“. Diese Worte von Paracelsus
(1493-1541) aus seiner Chirurgia magna haben bis heute nichts an ihrer Gültigkeit verlo-
ren. Auch die „modernen Wundärzte“ können nur unterstützend auf die Selbstheilungs-
kräfte des Körpers einwirken, ein „Wundermittel“, nach dessen Applikation eine Wunde
quasi schlagartig verheilt, wurde bislang nicht erfunden und wird es wohl auch nie geben.
Im Lauf der Jahrhunderte wurde die Methode der Wundversorgung überwiegend durch
empirische Erkenntnisse verbessert und ergänzt. Einen wesentlichen Beitrag dazu leisteten
die Ärzte, die in Kriegszeiten auf den Schlachtfeldern unter Extrembedingungen die Ver-
wundeten versorgen mussten. (vgl. Asmussen 1995, S. 8)
Frau Christine Jurasek, Wundmanagerin und Gastvortragende an der Gesundheits- und
Krankenpflegeschule, berichtete in ihrem Vortrag, dass die heutigen Erkenntnisse der
Okklusiv-Verbände auf wissenschaftlichen Untersuchungen von George Winter beruhen.
Winter stellt bereits 1971 fest, dass eine Wunde schneller und qualitativ besser in einem
feuchten Milieu, als unter trockenen Bedingungen, heilt.
Laut Kammerlander ist die Wirksamkeit der feuchten Wundbehandlung durch zahlreiche
Studien bewiesen. Dennoch musste ich in meiner Praktikumszeit auf verschiedenen Abtei-
lungen feststellen, dass sich die feuchte Wundbehandlung nicht, oder nur teilweise durch-
gesetzt hat. Als Gründe für die Ablehnung wurden mir Unsicherheit in der Anwendung,
der anfängliche Mehraufwand bedingt durch die zeitaufwändige Nass- und Trockenphase
und vor allem die hohen Kosten zu Beginn der Therapie genannt.
In einer Internet Aussendung vom 30. November 2002 wird dazu folgendermaßen Stellung
bezogen: „Obwohl moderne Wundbehandlungsmethoden nachweislich zu erheblichen
Kosteneinsparungen in den Bereichen Pflege und Behandlung führen, werden die Wund-
versorgungsproduckte aufgrund ihrer höheren Stückkosten oft nicht verwendet. Eine Kos-
ten – Nutzung – Betrachtung, welche die Behandlungsdauer und eingesetzte Stückzahl be-
rücksichtigt, unterbleibt. Die Folgen des Einsatzes niedrigpreisiger, traditioneller Produk-
te sind längere Heilungszeiten mit einem zumeist erhöhten Leidensdruck für den Patienten
und damit höhere Gesamtkosten für die Kostenträger“. (www.gesundheitswerkstatt.de 21.
05. 2003)
21
7.3 Zur Entwicklung der Wundauflagen
Die ältesten medizinischen Dokumente, welche Verletzungsmuster und Techniken der
Wundversorgung beschreiben, wurden in Ägypten ausgegraben. In den um
ca. 1700 v. Chr. angefertigten Papyrusrollen ist bemerkenswert, dass als Heilmittel keine
Zaubersprüche empfohlen werden. Als Verbandsmaterial wurden in Öl und Honig getränk-
te Leinenfasern verwendet. Durch das Prinzip des Mumifizierens hatten die Ägypter eine
hochentwickelte Bindentechnologie. Danach hatten griechische und römische Traditionen
und Heilverfahren lange Zeit Bedeutung. Erst in der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert
begannen sich mehrere mutige Entdecker den festgefügten Lehrmeinungen zu widersetzen.
Theophrast von Hohenheim (1493–1541), bei uns besser als Paracelsus bekannt, prangerte
die Naturfremdheit der Ärzte an. Zu seinen Theorien veröffentlichte er 1536 in Augsburg
das Buch „Die große Wundartzney“. Schon damals beschrieb Paracelsus bestimmte Ge-
setzmäßigkeiten der Wundheilung.
Erste Versuche mit klassischen Verbänden der feuchten Wundbehandlung wurden bereits
im 18. Jahrhundert durchgeführt. Zur Okklusion der Wunde verwendete man getrocknete
Schwimmblasen von Fischen. Um 1848 wurde in den USA Kollodium zum Abdecken von
aseptischen Wunden verwendet. Kollodium war trotz seiner toxischen und brennbaren Ei-
genschaften lange Zeit sehr populär. Durch das Aufsprühen bildete sich eine folienartige
Schicht. 1945 verwendete zur Brandwundenversorgung ein gewisser Bloom in einem ita-
lienischen Gefangenenlager das Cellophan. Durch den Folienverband kam eine effiziente
Wundheilung zustande, ein generelles Problem war aber die Mazeration der Umgebungs-
haut.
Georg Winter veröffentlichte 1962 die erste wissenschaftliche Arbeit über die feuchte
Wundbehandlung. Die häufig geäußerten Befürchtungen anderer Wissenschaftler, dass im
feuchten Milieu die Wundinfektionen ansteigen, konnten in den 80er Jahren durch eine
groß angelegte Multicenter-Studie entkräftet werden. Besonders im englischen und skandi-
navischen Raum wird im Bereich der Wundbehandlung rege Forschungsarbeit betrieben.
Derzeit werden mit Wachstumsfaktoren und Gewebszüchtungen Experimente geführt.
(vgl. Balon 2002, S. 1ff)
Zu den heutigen Okklusivverbänden gehört eine Vielzahl von Folien-, Hydrokolloid-, Po-
lyurethan-Schaumstoff- und Membranverbänden, welche in den verschiedensten Kombina-
22
tionen mit Medikamenten, Alginaten, Hydrogelen und Sekretabsorbern im Handel angebo-
ten werden. Forscher, Universitäten, Hersteller und Verbraucher arbeiten zusammen, um
das Angebot von Wundauflagen noch weiter zu verbessern.
7.4 Funktionen, Aufgabe und Beschaffenheit des Okklusivverbandes
Oberstes Ziel einer jeden Wundversorgung ist es, eine möglichst komplikationslose rasche
Heilung zur Wiedererlangung der physiologischen Körperfunktionen zu erzielen. Bei jeder
offenen Wunde ist die Schutzfunktion der Haut mehr oder weniger aufgehoben. Die Auf-
gabe eines Okklusionsverbandes ist, diese Schutzfunktion bis zum Abschluss der Heilung
zu gewährleisten. Vorrangig dabei ist der Schutz vor eindringenden Mikroorganismen. Da
der Verband für Keime undurchlässig ist, schützt er die Wunde zuverlässig vor einer Kon-
tamination durch physiologische Haut- oder pathologische Umgebungskeime. Zusätzlich
schützt der Verband das empfindliche Gewebe im Wundbereich vor thermischen oder me-
chanischen Belastungen wie: Wärme, Kälte, Druck, Stoß oder Reibung (z.B.: durch Scheu-
ern der Kleidung).
Ein Okklusionsverband verhindert eine
Austrocknung der Wunde und schützt vor
Wärmeverlust. Der Verband reguliert die
Wasserdampfabgabe der Wunde und er-
hält so das für des Zellwachstum erfor-
derliche feuchte Milieu. Dies ist beson-
ders bei großflächigen, sekundär heilen-
den chronischen Wunden von Bedeutung.
Für die Zellteilung und damit
Gew
37 °
beei
Schm
ten.
verb
terie
Abb. 5: Prinzip eines Hydrokolloidverband
für die Regeneration und Reparatur vonebe sowie für die optimale Funktion der Immunabwehr, ist eine Wundtemperatur von
C ideal. Bei niedrigeren Temperaturen (unter 28 °C) werden die Enzymfunktionen
nträchtigt, bei höheren (über 40 °C) setzt die Eiweißgerinnung mit Nekrosebildung ein.
utzpartikel und Fremdkörper werden durch den Verband von der Wunde ferngehal-
Kammerlander schreibt in seinem Buch über die Wundprinzipien der Hydrokolloid-
ände: „Der flexible, selbsthaftende, hypoallergene Verband ist undurchlässig für Bak-
n, Viren, Schmutz, Urin, Wasser etc.. Dadurch bietet dieser Verband einen optimalen
23
Wundschutz auch bei inkontinenten Patienten und ermöglicht ein Duschen oder Baden“.
(Kammerlander 2001, S. 249)
Kammerlander empfiehlt vorher den Plattenrand mit einem hypoallergenen Pflaster abzu-
kleben, damit sich der Rand nicht abhebt. Nachher ist das Pflaster wieder zu entfernen. Ein
Verbandswechsel ist normalerweise nicht nötig. Vor dem Aufkleben des HKV sollten zum
Entfetten des Wundrandes keine Lösungsmittel wie Wundbenzin, Äther etc. verwendet
werden. Es kann nach Applikation des Hydrokolloidverbandes unter diesen Arealen zu
toxischen Reaktionen kommen (die Haut hebt sich blasig ab). (vgl. Kammerlander 2001, S.
249)
Wenn Wunden sehr stark nässend sind, werden von unserem Wundmanager die neueren
kombinierten Polyuretanschaumstoffverbände empfohlen. Diese absorbieren und binden
das überschüssige Sekret und verhindern so eine Mazeration des Gewebes sowohl in der
Wunde als auch in der Wundumgebung. Kleinere Fremdkörper und nekrotische Gewebe-
trümmer wie Keime und Exotoxine, die die Heilung verzögern, werden so aus der Wunde
entfernt und eine mögliche Mykosenbildung im Wundbereich dadurch verhindert.
Damit eine Wunde nicht zu stark austrocknet oder eine unerwünschte feuchte Kammer
entsteht, wird die Wasserdampfabgabe der Wunde durch die unterschiedliche Semiper-
meabletiät der verschiedenen Okklusionsverbände geregelt. Spezielle Wundgelee, Sekret-
absorber und Wundauflagen aus Hydrofaser, PU-Schaumstoffen und Alginaten werden in
verschiedenen Kombinationen eingesetzt, um eine physiologische Wundheilung im feuch-
ten Milieu zu erreichen. Durch die so entstandene „feuchte Kammer“ bleibt die „Wundru-
he“ erhalten und die physiologische Granulation und Epithelisation kann ungestört ablau-
fen.
Hydrokolloidverbände sind stabil in ihrer Formgebung und haften in der Regel gut auf der
Haut. Sie lassen sich durch Abrollen normalerweise auch bei einer sehr empfindlichen
Haut ohne Probleme ablösen. Durch die Vergelung kommt es bei der Ablösung zu keinem
schmerzhaften Sekundärtrauma, was die Wundheilung wiederum verzögern würde. Um
Veränderungen an der Wunde leichter erkennen zu können, sind die meisten Okklusions-
verbände transparent oder semitransparent gehalten. Dadurch ist eine eingeschränkte
Wundbeobachtung möglich, ohne dass der Verband geöffnet und damit die Wundruhe ge-
24
stört werden muss. Zur Erzeugung werden hypoallergene Grundstoffe verwendet, um keine
unerwünschten Reaktionen beim Kontakt mit der Haut oder Wunde auszulösen.
Da diese Verbandsstoffe dicht abschließen, werden Wundgerüche isoliert. Besonders Da-
men, die gerne Röcke tragen, schätzen die gut haftenden dünnen Verbandsstoffe, da sie
unter Schuhwerk oder enger Kleidung relativ unbemerkt getragen werden können.
8 Fallgeschichte
8.1 Patientenbeschreibung
Im April 2002 lernte ich im Rahmen eines Praktikums Herrn Josef Fingerlos kennen. Die-
ser litt neben einer Parkinsonerkrankung an einem Ulcus cruris venosum am rechten Bein.
Eine venöse Insuffizienz ist bei ihm seit Jahren diagnostiziert. Bereits an beiden Beinen
waren früher schon einmal venöse Ulcerationen aufgetreten.
Seit Juli vergangenen Jahres bereitet ein neuer Gewebsdefekt, ober- und unterhalb des
rechten Innenknöchels, Probleme. Ursächlich bestand nur eine kleine oberflächliche Haut-
verletzung, welche sich der Patient durch einen umgestürzten Sonnenschirm zugezogen
hatte. Trotz mehrmaliger Therapieumstellung und Einsatz von teuren Hydrogelen (Varihe-
sive Gel®, Nugel®, Alginatkompressen (Kaltostat®), Hydrokolloidverbände (Varihesive®
extradünn) und dreimaliger Antibiotikagabe durch den Hausarzt konnte keine Abheilung
erzielt werden.
Zu Beginn meines Praktikums wurde das Ulcus cruris bei Herrn Fingerlos mit einem Be-
taisodona- Salbenverband versorgt. Nach 24 Stunden war der Wundverband sehr einge-
trocknet und verklebte mit der Wunde. Der Patient äußerte beim Verbandswechsel
Schmerzen. Während des Tages und der Nacht waren die Schmerzen aber erträglich.
Durch das Austrocknen der Wunde war eine vermehrte Nekrotisierung des Wundgrundes
zu beobachten.
Während einer Pflegevisite bei Herrn Fingerlos konnte ich meine Erfahrungen aus der
Krankenhauspraxis einbringen. Bei jedem Verbandswechsel sollte eine 15–30-minütige
Nassphase (Reinigungsphase mit 0,9%iger Kochsalzlösung für mind. 15–30 Minuten) und
eine 5-minütige Trockenphase durchgeführt werden. Der Betaisodona-Salbenverband und
25
der Wundrandschutz mit einer weiche Zinkpaste wurden laut ärztlicher Verordnung beibe-
halten. Darüber legten wir einen Wattekompressionsverband mit Kurzzugbandagen. Herr
Fingerlos wollte vorerst den dicken Kompressionsverband ablehnen. Ein intensives Auf-
klärungsgespräch sowie das Anfertigen einer Skizze, welche die Probleme von insuffizien-
ten Venenklappen darstellen, konnte ihn letztlich überzeugen. Zusätzlich informierte ich
den Patienten, dass vermehrte Bewegung und eine ausgewogene, eiweiß-, kohlehydrat-
sowie vitaminreiche Ernährung zur rascheren Wundheilung beitragen kann. Herr Fingerlos
zeigte sich sehr kooperativ.
Als Soldat der deutschen Wehrmacht diente Josef Fingerlos bei der Flugabwehr. Durch das
„Flagfeuer“ wurde sein Gehör geschädigt. Trommelfellrisse an beiden Ohren sind Ursache
einer bestehenden Schallleitungsschwerhörigkeit. Eine ausreichende Kommunikation ist
trotzdem mit Hörgeräten an beiden Ohren gut möglich. Herr Fingerlos erzählte mir wäh-
rend des Verbandswechsel gerne über sein Leben. Ich begann seine Geschichte aufzu-
schreiben. Eine Kurzbiographie über die Person meines Fallbeispieles habe ist im Anhang
dieser FBA abgedruckt.
8.2 Pflegediagnose: Gewebsschädigung
Ätiologie: Wissensdefizit über das Tragen von Antithrombosestrümpfen.
Verminderte Mobilität auf Grund seiner Parkinson-Erkrankung.
Symptome: Geschädigtes und bereits teilweise zerstörtes Gewebe der rechten Extremi-
tät, Schmerzen beim Verbandswechsel und in der Nacht.
Ziel: Herr F. akzeptiert den Behandlungsplan und versteht die Notwendigkeit
eines Kompressionsverbandes. Der Patient weist eine beobachtbare Besse-
rung der Gewebsschädigung auf.
Maßnahmen:
• Dem Pat. die Notwendigkeit eines Kompressionsverband erklären sowie sämtliche
Informationen bezüglich des Behandlungsplanes geben.
• Verbandswechsel laut ärztlicher Anordnung durchführen und eine Verlaufsdoku-
mentation mittels Wundprotokoll führen:
o Nassphase zur Reinigung des Ulcus und der Wundumgebung mit NaCl
0,9 % für 15–30 Minuten, bei Entzündungszeichen kann die Reinigung mit
Octenisept® erfolgen.
26
o Trockenphase für ca. 5 Minuten.
o a) wenn die Wunde sauber ist und keine Entzündungszeichen sichtbar sind:
VW mit Varihesive-Hydrogel® in die Wunde Aquacell® 2 Lagen als
Wundrandschutz über Ulcus und Wundrand legen. Zur Fixierung und
Okklusion wird eine Varihesivplatte extradünn verwendet. Wenn es zu kei-
nen Komplikationen kommt und der Okklusionsverband dicht abschließt,
kann dieser bis zu 5 Tage belassen werden.
o b) bei Entzündungszeichen: täglicher Verbandswechsel mit Betaisodona®-
Salbenverband und D-Line Zinkpaste als Wundrandschutz. Fixierung mit
Mullkompresse.
o Hautpflege der mit Ultrabas® Salbe und Baumwollstülper als Hautschutz.
o Kompressionsverband mit Rollwatteunterpolsterung und Kurzzugbandagen.
• Fotodokumentation der Gewebsschädigung sowie Verlaufsdokumentation mittels
eines Wundprotokolls dokumentieren.
• Hochkalorische, kohlehydrat-, eiweiß- u. vitaminreiche Ernährung: tgl. ein Joghurt
und ein „Fortimel“ als Nahrungsergänzung anbieten.
• Den Patienten auffordern, sich zu bewegen: tgl. 2 Mal 10 Min. Treppensteigen, tgl.
2 Mal ein halbstündiger Spaziergang. Nicht sitzen oder stehen, sondern liegen oder
gehen.
8.3 Verlaufsbeschreibung und Evaluation
25.03. Therapieumstellung laut Pflegeplanung.
29.03. Die Stauungsödeme im Knöchel- und Vorfußbereich sind deutlich weniger gewor-
den. Die Ulcerationen haben sich dadurch zusammengezogen. Die Wunde bleibt ausrei-
chend feucht, die Schmerzen haben sich gebessert. Verkrustete Hautschuppen, Salbenrück-
stände und Kleberreste lösen sich nach der Nassphase leicht ab. Die Wundumgebung ist
gerötet, wirkt aber nicht mehr so irritiert wie an den Tagen zuvor.
01.04. Die Wundbeläge lösen sich vermehrt auf, eine deutliche Granulation aus der Tiefe
und eine Epithelisation von den Wundrändern sind zu erkennen. Herr Fingerlos äußert nur
mehr beim Verbandswechsel Schmerzen.
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03.04. Da die Wunde oberhalb des Innenknöchels sehr sauber wirkt und keine Endzün-
dungszeichen zu erkennen sind, stellen wir für diesen Bereich die Therapie um. Nach der
Nass- und Trockenphase versorgen wir das Ulcus mit Varihesive® Wundgel, um das
Wundmileu feucht zu halten. Der Wundrand wird mit Aquacell® (zwei Lagen), abgedeckt
und das Ganze mit einer Varihesiv Hydrokolloid Platte für die nächsten drei Tage okklu-
diert. Ein kleineres Ulcus im unteren Knöchelbereich ist noch gelblich belegt. Dieses wird
weiter täglich mit Betaisodonasalbe® versorgt. Trotz des Belages hat auch hier eine rege
Wundheilung eingesetzt.
11.04. Das Ulcus oberhalb des Innenknöchels ist bereits zu 2/3 abgeheilt. Der nächste Ver-
bandswechsels findet in vier Tagen statt.
Abb. 7: Ulcus nach 17 Tagen zu 2/3 abgeheil.t Abb. 8: Der untere Anteil wird weiter mit einem
Betaisodona Salbenverband versorgt.
Abb. 9-12 v. l. n. r.: Über dem Wundverband wird schrittweise der Kompressionsverband angelegt: Baum-
wollstülper, Rollwatte und Kurzzugbandagen. Der restliche Baumwollstumpf wird locker über die Zehen
verdreht und rückwärts über die Kurzzugbandagen gezogen. Dies verhindert ein Verrutschen der Bandagen.
15.04. Bis auf eine kleine Stelle unterhalb des Knöchels ist das Ulcus abgeheilt. Als
Schutz für das noch sehr dünne Hautepithel wird die Therapie beibehalten. An beiden Bei-
nen haben sich die Ödeme auf Grund des Kompressionsverband zurückgebildet. Nun wer-
den durch den Bandagisten Stützstrümpfe (Kniestrümpfe der Kompressionsklasse III) an-
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gepasst. Als Hautschutz und Anzieherleichterung um die Hydrokoloid-Platte nicht zu ver-
schieben, wird ein dünner Baumwollstrumpf unter dem Stützstrumpf getragen.
Am 28. 04., eine Woche nach Praktikumsende, teilte mir Herr Fingerlos mit, dass nun sein
Ulcus cruris venosum zur Gänze abgeheilt sei. Im April 2003 hatte ich wieder die Gele-
genheit, im Rahmen eines weiteren Praktikums Herrn Fingerlos zu betreuen. Durch das
konsequente Tragen der Stützstrümpfe waren die Beine schlank, die Haut intakt und bis
dato kein Rückfall mehr aufgetreten!
9 Resümee, Zusammenfassung, Ergebnis, Schlussteil
Durch die Erarbeitung dieser FBA zum Thema: „Pflegeaspekte eines Menschen mit Ulcus
cruris venosum“ wurden mir etliche Faktoren, welche zur Krankheitsentstehung und
Krankheitsfortschreitung beitragen, verdeutlicht. Dass zur wirksamen Wundbehandlung
eine Beinkompression und Mobilisationsmaßnahmen sowie ein anaboler Ernährungszu-
stand beiträgt, war mir bekannt. Die Hintergründe, die diese Maßnahmen rechtfertigen,
wurden mir aber erst durch diese Arbeit näher gebracht.
Im Rahmen der Literaturrecherche zur Bearbeitung des Punktes 3: „Ulcus cruris – Leben
mit einen offenen Bein“, wurde mir bewusst, wie sehr auch meine Familie und ich persön-
lich, durch die jahrelange Erkrankung meiner Mutter, in gewissen Lebensphasen betroffen
waren. Die Auseinandersetzung dazu hat bei der Aufarbeitung einiger negativer Kindheits-
erinnerungen sehr geholfen.
Das Beschreiben der geschichtliche Entwicklung der Okklusivtherapie war für mich sehr
spannend. Dabei ist aber die Frage aufgetaucht, warum der Einzug der feuchten Wundthe-
rapie sehr schleppend und bis heute nicht in allen Bereichen stattgefunden hat. Zu Punkt 6:
„Faktoren, die die Wundheilung beeinflussen“, konnte ich im psychosozialen Bereich eini-
ge Antworten finden. Dort wo durch die Erkrankung für den Betroffenen ein „Gewinn“
stattfindet oder finanzielle Mittel fehlen, ist ein erfolgreiches Behandeln fast aussichtslos.
In der Beschreibung meines Fallbeispieles geht deutlich hervor, dass ein bestehendes Wis-
sensdefizit über die Entstehungsursachen der Grund für die erfolglose Wundbehandlung
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war. Derartige Wissensdefizite auf verschiedensten Ebenen können Ursache für eine er-
folglose Wundbehandlung sein. Wenn Ärzte, Pflegende und der Betroffene nicht gemein-
sam kommunizieren und die Behandlungsmethoden nicht nach neuesten Erkenntnissen der
Medizin und Pflegeforschung ausgerichtet sind, ist die Aussicht auf Erfolg gering. Eine
gemeinsame, einheitliche Pflegephilosophie, permanente Fortbildungen, sowie das Führen
einer Pflegeplanung mit zusätzlicher Wund- und Bilddokumentation sind die Grundlage
zum Erfolg. Eine enge institutionsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Krankenhäu-
sern, Heimen und Hauskrankenpflege sowie Angehörigen und Hausärzten, ist entscheidend
um den „Drehtürefekt“ eines chronischen Wundpatienten zu stoppen. Ich könnte mir für
meine Zukunft vorstellen in diesem Bereich tätig zu werden, um gemeinsam mit Pflegen-
den anderer Pflegeinstitutionen Entlassungskonzepte zur „Schnittstellendeckung“ aufzu-
bauen.
Die im Punkt 4 beschriebenen Funktionsprinzipien und Aufgaben der Okklusivverbände
und die Tatsache, dass gerade in der Granulations- und Epithelisationsphase diese für meh-
rere Tage belassen werden können, zeigten mir in therapeutischer und ökonomischer Hin-
sicht die Überlegenheit der feuchten Wundbehandlung.
In meiner bisherigen Pflegetätigkeit habe ich von vielen Patienten positive Rückmeldungen
über deutliche Schmerzreduktion, komplikationslose Anwendung und das sichere Gefühl
dieser Verbandsmethoden erfahren. Einige schilderten berührende Erzählungen über ihre
wiedererlangte Lebensqualität und zurückgewonnene Lebensfreuden durch die erfolgreich
verlaufende Ulcusbehandlung. Eine erfolgreiche Behandlung ist nicht nur für den Betrof-
fenen, sondern auch für uns Pflegende ein Erfolgserlebnis. Ich glaube, dass solche positi-
ven Erfahrungen für die Zufriedenheit in unserer täglichen, nicht immer einfachen Pflege-
arbeit, wesentlich beitragen können!
Hiermit erkläre ich, dass es sich bei der hier vorliegenden Fachbereichsarbeit um meine
selbst verfasste Arbeit handelt, in der ich sämtliche verwendete Unterlagen zitiert habe.
_______________________________________________________
Datum Unterschrift
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