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MüschBerufskrankheiten
Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 1
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 2
Berufskrankheiten
Ein medizinisch-juristisches Nachschlagewerk
Von
MedDir. Dr. F. H. Müsch, Bonn
Müsch/Innen 1c 01.02.2006 11:25 Uhr Seite 2
Anschrift des Autors:
MedDir Dr. Franz H. M�schPostfach 41067350866 Kçlndr.muesch@uni-bonn.de
Zum Titelbild: „Linksverschiebung“ beiBerufskrankheitenAn Hand des Lumbalsyndroms durch Er-sch�tterungen bei Erdbaumaschinenfah-rern (EMF) veranschaulicht das abgebildeteDiagramm ein allgemeing�ltiges Prinzipbei Berufskrankheiten: Im Vergleich (VK)zum Verlauf einer Grunderkrankung ohnezus�tzliche berufliche Belastung wird dasAuftreten von Symptomen (Stadium-0-I-II) einer Berufskrankheit als „fr�her,h�ufiger und ausgepr�gter“ dokumentiert.Die im Altersvergleich erkennbare Vorver-lagerung der Befunde bei Berufskrankhei-ten ist als sog. „Linksverschiebung“ imDiagramm hervorgehoben (M�sch, 1989,1990 und 1991; BK-Nr. 21 10).
Die in diesem Buch erfolgte Wiedergabe von amtlichen Texten erfolgt vorbehaltlich derRechtsg�ltigkeit der offiziellen Verçffentlichungen im Bundesgesetzblatt oder Bundesar-beitsblatt.
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Vorwort
„Den Mitgliedstaaten wird…empfohlen,…die aktive Beteiligung der einzelstaatlichen Ge-sundheitssysteme an der Pr�vention von Berufskrankheiten zu fçrdern, insbesondere durcheine st�rkere Sensibilisierung des medizinischen Personals, um die Kenntnisse �berdiese Krankheiten und ihre Diagnose zu verbessern.“(Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften, 2003)
Im Zusammenhang mit dem Begriff „Berufskrankheiten" darf ein Hinweis auf die f�r Ar-beitsmediziner im Nachkriegsdeutschland legend�re Knipping-Schule (Universit�t zu Kçln)nicht fehlen (Valentin, 1965; Valentin und Lehnert, 1985; Zerlett, 1994). Der Name Knip-ping steht heute noch f�r epochale wissenschaftliche Leistungen im Bereich der Herz-Kreislauf- und Lungenfunktionsdiagnostik (Spiroergometrie, Hollmann et al., im Druck).
Viele renommierte Arbeitsmediziner (und auch Sportmediziner) haben ihre wissen-schaftliche Laufbahn in der „Knipping’schen Klinik“ begonnen und die Berufskrankheiten-lehre maßgeblich beeinflusst:
Erw�hnt seien zuerst meine Lehrer Bolt (Universit�t zu Kçln) sowie Heinen, Toussaintund Zerlett (Rheinbraun Kçln).
Bezogen auf die systematische Entwicklung der Berufskrankheitenlehre auf nationalerund europ�ischer Ebene steht Valentin (Universit�t Erlangen-N�rnberg) ein Ehrenplatz zu.
Auf Betreiben von Lehnert werden seit 1995 f�r neu zu bezeichnende Berufskrankhei-ten zun�chst wissenschaftliche Begr�ndungen verçffentlicht, bevor sie Bestandteil der Be-rufskrankheiten-Verordnung (BKV) werden kçnnen.
Seit 1991 liegt die Beratung der Bundesregierung bei der Fortentwicklung der medizi-nischen Grundlagen des Berufskrankheitenrechts an verantwortlicher Stelle in den H�ndenvon Woitowitz (Universit�t Gießen).
Die Tradition dieser Knipping-Sch�ler (auch der namentlich nicht aufgef�hrten und in-zwischen auch der „Enkel“), als Kliniker die Berufskrankheitenlehre maßgeblich gestaltetzu haben, soll im vorliegenden Band fortgef�hrt werden. W�hrend wissenschaftliche Be-gr�ndungen und Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten als Widerspiegelung deren Leistun-gen vorgestellt werden, wird zus�tzlich eine neue Sichtweise eingef�hrt, bei der – geordnetnach medizinischen Fachgebieten – die klinische Befundkonstellation den Weg zu den mel-depflichtigen Berufskrankheiten aufzeigt.
„In der Natur der Sache“ liegt es dar�ber hinaus, dass sozialmedizinische und juristischeHintergr�nde – aufgearbeitet in Orientierung am Originaltext des Sozialgesetzbuchs undder entsprechenden Verordnungen – die medizinischen Kapitel erg�nzen.
In den Jahren 2002/2003 wurde eine ressorttechnische Verlagerung der Zust�ndigkeitf�r dieses Regelwerk einschließlich der Berufskrankheiten-Verordnung zum Bundesministe-rium f�r Gesundheit und Sozialordnung (BMGS) vollzogen. Damit erçffnet sich die Perspek-tive, dass zum Wohle der Patienten Berufskrankheiten in Klinik und Praxis vermehrt Beach-tung finden werden und dass �ber die Krankheitskostendiskussion das çffentliche Interessean Pr�vention und Kompensation durch die zust�ndigen Versicherungstr�ger steigen wird.
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Dass die Forderung nach Engagement des medizinischen Fachpersonals im Gesundheits-bereich bei Berufskrankheitenangelegenheiten nicht unberechtigt erscheint, wird durchdas oben abgedruckte Zitat aus Artikel 1 der „Empfehlung der Kommission vom 19. Septem-ber 2003 �ber die Europ�ische Liste der Berufskrankheiten“ unterstrichen.
Bisher war das Wissen �ber Berufskrankheiten in Deutschland vorwiegend pr�ventiv ori-entierten Fachkreisen vorbehalten, denn die f�r die gesetzlichen Krankenversicherungen t�-tige �rzteschaft ist bei Fragen zu den Berufskrankheiten in der t�glichen Praxis weitgehendauf sich allein gestellt: F�r das Gebiet „Arbeitsmedizin“ fehlt eine Kassenzulassung und somitdie Mçglichkeit einer Facharzt�berweisung, sodass im Bereich der gesetzlichen Krankenkas-sen auf diesem Wege eine konsiliarische Beratung zu Berufskrankheiten nicht vorgesehen ist.
Andererseits besteht �ber die gesetzliche Unfallversicherung einschließlich der Berufs-krankheitenverordnung eine mehrfache Einbeziehung der �rzteschaft in das Berufskrank-heitenverfahren in Form der Melde- und Auskunftspflicht, als Betroffene (Berufskrankheitenim Gesundheitsbereich) und als Arbeitgeber (Normadressat f�r alle staatlichen Pr�ventions-regelungen), aber auch bei der Behandlung und Begutachtung der Versicherten. Vor diesemHintergrund wird nachvollziehbar, dass die �rzteschaft verpflichtet ist, vermehrt Kom-petenzen in der Berufskrankheitenlehre zu erwerben
Wenn dar�ber hinaus ber�cksichtigt wird, dass sich die Sozialleistungen bei Berufs-krankheiten im Sinne einer „lex specialis“ entlastend auf die von den Krankenkassen getra-genen Praxis- und Krankenhausbudgets auswirken, sollte das �rzte auch aus betriebswirt-schaftlichen Gr�nden interessieren.
Eine „offensive Handhabung“ der Berufskrankheitenanzeigepflicht zur Reduzierung derDunkelziffer ungemeldeter Berufskrankheiten erçffnet weitere gesamtwirtschaftliche Aspek-te: Ausgehend vom Einzelfall kçnnen Pr�ventionsmaßnahmen entwickelt werden, welchedazu beitragen, die Kosten f�r unser Gesundheitswesen durch Beeinflussung der Arbeits-,Berufsunf�higkeits- und Rentenstatistik zu senken.
W�hrend im klinischen Alltag die Finalit�t das Handeln der �rzte leitet, vermittelt dieBerufskrankheitenlehre den Blick auf Kausalit�tsfragen, die auch in der Umweltmedizin ge-stellt werden. Die Erkenntnisse �ber exogene Ursachenanteile bei Erkrankungen, die amBeispiel der Berufskrankheiten vorgestellt werden, sollen nicht nur als Erg�nzung zur Um-weltmedizin verstanden werden, sondern kçnnen auch die Einsicht in die Notwendigkeitund den Nutzen interdisziplin�r verstandener Pr�ventivmedizin vermitteln.
Der Wissenschaftlichen Verlagsgesellschaft (WVG) kommt der Verdienst zu, nebender von den Versicherungstr�gern gepr�gten Berufskrankheitenliteratur mit diesem Buchim Sinne der Empfehlung der Europ�ischen Kommission insbesondere mit Blick auf das Ge-sundheitswesen (Klinik und Praxis) eine Orientierungshilfe zur Begr�ndung des Verdachtsauf das Vorliegen einer Berufskrankheit anzubieten. Die dar�ber hinaus sich ableitende ge-samtgesellschaftliche Bedeutung eines grçßeren çffentlichen Bewusstseins �ber Fragen zuBerufskrankheiten ergibt sich nicht nur aus der Tatsache, dass es sich um meldpflichtigeund entsch�digungspflichtige, sondern vor allem auch um vermeidbare, d. h. nicht schick-salhaft auftretende Erkrankungen handelt.
Kçln, im Herbst 2005Franz H. M�sch
VI Vorwort
Inhaltsverzeichnis
VORWORT V
A EINF�HRUNG 1
B SOZIALGESETZBUCH (SGB) 31 Inhalt des Sozialgesetzbuchs 32 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs 33 Aufsicht �ber die Versicherungstr�ger 44 Leistungen der Krankenversicherungen 55 Ermittlungsverfahrensvorschrift 5
C GESETZLICHE UNFALLVERSICHERUNG (SGB VII) 61 Aufgaben, versicherter Personenkreis, Versicherungsfall 7
1.1 Aufgaben der Unfallversicherung 71.2 Versicherter Personenkreis 71.3 Versicherungsfall 71.3.1 Begriff 71.3.1.1 Berufskrankheit 71.3.2 Versicherungsfall einer Leibesfrucht 10
2 Pr�vention 112.1 Grundsatz der Berufskrankheiten – Pr�vention 112.2 �berwachung der Maßnahmen 112.3 Verh�ltnis- und Verhaltenspr�vention 112.4 Unfallverh�tungsbericht der Bundesregierung 12
3 Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls 123.1 Heilbehandlung, Rehabilitation und Pflege 123.2 Renten an Versicherte und Leistungen an Hinterbliebene 13
4 Haftung von Unternehmern, Unternehmensangehçrigenund anderen Personen 144.1 Beschr�nkung der Haftung 14
5 Organisation 145.1 Unfallversicherungstr�ger 14
6 Aufbringung der Mittel 146.1 Beitragsrecht 14
7 Zusammenarbeit der Unfallversicherungstr�ger mit anderenLeistungstr�gern und ihre Beziehungen zu Dritten 157.1 Auskunftspflicht der Krankenkassen 157.2 Berufskrankheiten – Anzeigepflicht der Unternehmer 15
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8 Datenschutz 168.1 Gutachtenauftrag und -zweck 168.2 �rztliche Berufskrankheiten-Anzeigepflicht 178.3 �rztliche Auskunftspflicht 188.4 Forschung zur Bek�mpfung von Berufskrankheiten 18
D BERUFSKRANKHEITEN-VERORDNUNG (BKV) 191 Verf�gender Teil der Berufskrankheiten-Verordnung 192 Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 23
E UNFALLVERSICHERUNGS – ANZEIGEVERORDNUNG (UVAV) 291 Verf�gender Teil der [Berufskrankheiten- und/d. V.] Unfallver-
sicherungs – Anzeigeverordnung 292 Anlagen 3 und 4 der UVAV (Berufskrankheiten – Anzeigenformulare) 32
F BERUFSKRANKHEITEN NACH FACHGEBIETEN (B�K –Enumeration) 361 Allgemeinmedizin 364 Arbeitsmedizin 365 Augenheilkunde 379 Frauenheilkunde 3710 Hals-Nasen-Ohrenheilkunde 3811 Haut- und Geschlechtskrankheiten 3915 Innere Medizin 40
15.C.1 Angiologie 4115.C.2 Endokrinologie 4115.C.3 Gastroenterologie 4215.C.4 H�matologie 4315.C.5 Kardiologie 4415.C.6 Nephrologie 4415.C.7 Pneumologie 45
17 Kinderheilkunde/Neonatologie 4721 Mikrobiologie/Infektionsepidemiologie 4722 Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie 4725 Neurologie 4828 �ffentliches Gesundheitswesen 4929 Orthop�die 4930 Pathologie 5031 Toxikologie 5132 Phoniatrie 5136 Psychiatrie 5141 Urologie 52100 Zahnheilkunde 52
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VIII Inhaltsverzeichnis
G MERKBL�TTER ZU DEN BERUFSKRANKHEITEN (BKV – Enumeration) 541 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 5411 Metalle und Metalloide 541101 Erkrankungen durch Blei 551102 Erkrankungen durch Quecksilber 591103 Erkrankungen durch Chrom 621104 Erkrankungen durch Cadmium 661105 Erkrankungen durch Mangan 681106 Erkrankungen durch Thallium 701107 Erkrankungen durch Vanadium 721108 Erkrankungen durch Arsen 741109 Erkrankungen durch Phosphor (anorganisch) 771110 Erkrankungen durch Beryllium 8112 Erstickungsgase 841201 Erkrankungen durch Kohlenmonoxid 851202 Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff 8813 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)
und sonstige chemische Stoffe 901301 Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere Neubildungen
der Harnwege durch aromatische Amine 911302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe 931303 Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol 1011304 Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols 1061305 Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff 1081306 Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol) 1101307 Erkrankungen durch organische Phosphorverbindungen 1131308 Erkrankungen durch Fluor 1171309 Erkrankungen durch Salpeters�ureester 1201310 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryl-
oxide 1221311 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryl-
sulfide 1261312 Erkrankungen der Z�hne durch S�uren 1281313 Hornhautsch�digungen des Auges durch Benzochinon 1311314 Erkrankungen durch para-terti�r-Butylphenol 1331315 Erkrankungen durch Isocyanate 1361316 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid 1431317 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische
Lçsungsmittel 1462 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 15121 Mechanische Einwirkungen 151
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Inhaltsverzeichnis IX
2101 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebessowie der Sehnen- oder Muskelans�tze 152
2102 Meniskussch�den 1542103 Erkrankungen durch Ersch�tterung bei Arbeit mit Druckluftwerk-
zeugen oder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen 1562104 Vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen an den H�nden 1622105 Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch st�ndigen
Druck 1652106 Drucksch�digung der Nerven 1662107 Abrißbr�che der Wirbelforts�tze 1732108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule
durch langj�hriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oderdurch langj�hrige T�tigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung 175
2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbels�ule durchlangj�hriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter 185
2110 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�uledurch langj�hrige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganz-kçrperschwingungen im Sitzen 191
2111 Erhçhte Zahnabrasionen durch mehrj�hrige quarzstaubbelastendeT�tigkeit 203
22 Druckluft 2062201 Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft 20723 L�rm 2092301 L�rmschwerhçrigkeit 21024 Strahlen 2142401 Grauer Star durch W�rmestrahlung 2152402 Erkrankungen durch ionisierende Strahlen 2173 Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten
sowie Tropenkrankheiten 2243101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheits-
dienst, in der Wohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium t�tig… war 225
3102 Von Tieren auf Menschen �bertragbare Krankheiten 2343103 Wurmkrankheiten der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma
duodenale oder Strongyloides stercoralis 2523104 Tropenkrankheiten, Fleckfieber 2544 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und
Bauchfells 27641 Erkrankungen durch anorganische St�ube 2764101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) 2774102 Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungen-
tuberkolose (Siliko-Tuberkolose) 284
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X Inhaltsverzeichnis
4103 Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durchAsbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura 287
4104 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs 294– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) 294– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung
der Pleura 294oder– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaser-
staub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren{25 x 106 [(Fasern/m3) x Jahre]} 294
4105 Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, desBauchfells oder des Pericards 303
4106 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durchAluminium 306
4107 Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallst�ube 3084108 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch
Thomasmehl (Thomasphosphat) 3124109 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch
Nickel 3134110 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch
Kokereirohgase 3174111 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten
unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkungeiner kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren[(mg/m3) x Jahre] 321
4112 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizium-dioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung(Silikose oder Siliko-Tuberkulose) 325
42 Erkrankungen durch organische St�ube 3294201 Exogen-allergische Alveolitis 3304202 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch
Rohbaumwoll-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose) 3344203 Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen durch
St�ube von Eichen- oder Buchenholz 33743 Obstruktive Atemwegserkrankungen 3394301 Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegs-
erkrankungen (einschließlich Rhinopathie) 3404302 Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte
obstruktive Atemwegserkrankungen 3455 Hautkrankheiten 3495101 Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen 350
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Inhaltsverzeichnis XI
5102 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungendurch Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech 359
6 Krankheiten sonstiger Ursache 3616101 Augenzittern der Bergleute 362
H WISSENSCHAFTLICHE BEGR�NDUNGEN ZU DEN BERUFSKRANK-HEITEN (BKV – Enumeration) 364
1 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 36513 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide) und
sonstige chemische Stoffe 36513 16 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid 36613 17 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lçsungs-
mittel 3722 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 38921 Mechanische Einwirkungen 38921 06 Drucksch�digung der Nerven 3904 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und
Bauchfells 40541 Erkrankungen durch anorganische St�ube 40541 04 Kehlkopfkrebs 406
– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose), 406– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung
der Pleura oder 406– bei Nachweis einer Einwirkung einer kumulativen Asbestfaser-
staub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren{25 x 10 6 [(Fasern/m�) x Jahre]} 406
41 11 Chronisch obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleutenunter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkungeiner kumulativen Feinstaubdosis von in der Regel 100 Feinstaub-jahren [(mg/m�) x Jahre] 416
41 12 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizium-dioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung(Silikose oder Siliko-Tuberkulose) 437
I WISSENSCHAFTLICHE BEGR�NDUNGEN ZU DEN BERUFSKRANK-HEITEN NACH § 9 ABSATZ 2 SGB VII („Quasi“-Berufskrankheiten) 503
1 Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe 5042 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung) 5283 (Gonarthrose durch mechanische Belastung) 5294 (Nasenkrebs durch Lederstaub) 5305 (Schweißerlungenfibrose) 531
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XII Inhaltsverzeichnis
J ABK�RZUNGSVERZEICHNIS 532
K LITERATUR 534
L ANHANG 5431 Versicherter Personenkreis (§ 2 SGB VII) 5442 Gewerbliche Berufsgenossenschaften
(Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII) 5473 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften
(Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII) 5494 Arztdaten f�r die Berufskrankheitenforschung (§ 206 SGB VII) 5505 Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz
(Gewerbe�rzte) 551
STICHWORTVERZEICHNIS 554
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Inhaltsverzeichnis XIII
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AEinf�hrung
„Es gibt viele Berufe, die mit mancherlei Gesundheitsgefahrenverbunden sind. Darum ist es besonders wichtig, von vornhereinjeden Kranken nach seinem Beruf zu fragen.“
(HIPPOKRATES von Kos, zit. n. Valentin, 1971)
In Deutschland gelten Berufskrankheiten im Sinne einer „lex specialis“ als Versicherungs-fall der gesetzlichen Unfallversicherung. Das Wort „Berufskrankheit“ kann demnach nichtim herkçmmlichen Sinne verwendet werden, da es sich dabei um einen Rechtsbegriff han-delt. Das Recht sieht vor, dass diese Krankheiten aufgrund ihrer kausalen Beziehungen zumArbeitsplatz nicht von den final ausgerichteten gesetzlichen Kranken-, Renten-, Rehabilita-tions- und Pflegeversicherungen erfasst werden.
Die Besonderheit besteht darin, dass die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrank-heit bei Versicherten einer doppelten Kausalit�t gerecht werden muss:
Haftungsbegr�ndende Kausalit�t: Beziehung zwischen „versicherter T�tigkeit“ und„besonderen Einwirkungen“ (- im Vergleich zur „�brigen Bevçlkerung“).
Haftungsausf�llende Kausalit�t: Generelle Geeignetheit der „besonderen Einwirkun-gen“, das klinisch gesicherte Krankheitsbild zu verursachen.
An die Befolgung des Kausalit�tsprinzips bei der Bezeichnung einer Berufskrankheitstellt der Gesetzgeber hohe Anforderungen, deren Erf�llung – z. B. bei „Volkskrankheiten“ –interdisziplin�re wissenschaftliche Anstrengungen erforderlich macht. Dar�ber hinaus f�h-ren naturphilosophische Betrachtungen �ber „Moderne Physik und Grundfragen der Medi-zin“ (Schmahl und Weizs�cker, von, 2000) zu einem �berdenken des Kausalit�tsbegriffs.Schon Kant und Wittgenstein „…haben gezeigt, dass die Ursachenbeziehung …ein Produktmenschlichen Weltverst�ndnisses ist“ (Stevens und Foerster, 2003). W�hrend dem Men-schen Erkenntnisse �ber Verursachungsprinzipien im Mikro- und Makrokosmos dimensions-bedingt nur indirekt zug�nglich bleiben, kann man f�r den Bereich des Mesokosmos den„Schlussfolgerungen f�r die klinische und praktische Medizin und f�r das Versicherungs-wesen“ von Mertz (2003) zustimmen: „Die sich aus der Sicht der modernen Atomphysik ab-leitende Sichtkorrektur unseres Weltbildes darf nicht zu einer Abkehr von den Prinzipien der[Hoch-/d. V.] Schulmedizin missbraucht werden. Das Fundament der wissenschaftlichen Me-dizin ruht auf den f�r terristische Kategorien von Raum, Zeit und Kausalit�t geltenden Re-geln…“ Einen allgemeing�ltig erscheinenden Kausalit�tsbegriff liefert Williamson, indemer schlicht formuliert „…, dass eine Ursache dasjenige Ereignis ist, welches bei seinem Ein-tritt die Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmtes anderes Ereignis danach eintritt, er-hçht…Die Ursache tritt als Pr�diktor auf…“ (Stevens und Foerster, 2003).
„F�r den Verordnungsgeber muß die Ursache-Wirkungs-Beziehung zwischen einer be-stimmten sch�digenden Einwirkung und einer bestimmten Krankheit feststehen. Dies folgtdaraus, dass der Ursachenzusammenhang von der medizinischen Wissenschaft als gesichertangesehen werden muß in dem Sinne, dass die angeschuldigte Noxe…generell geeignet
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sein muß, die Krankheit zu verursachen. F�r die Einzelfallentscheidung des Unfallversiche-rungsrechts hingegen gilt eine eigens f�r diesen Versicherungszweig entwickelte Theorieder „wesentlichen Ursache.“ (Thomas, 1991). Danach ist neben einer Ursachenbeziehungim naturwissenschaftlichen Sinne („conditio sine qua non“) zus�tzlich ein normativ-wer-tender Zusammenhang (Ursachenbewertung) im Sinne einer Risikozuweisung zur Unterneh-mersph�re erforderlich (Goeke, 2003).
Die rechtsphilosophische Sonderstellung der Berufskrankheiten und die historisch ge-wachsene Gleichbehandlung von Berufskrankheiten mit Berufsunf�llen in einem Gesetzes-werk haben zur Folge, dass insbesondere die verfahrenstechnische Handhabung dieserKrankheiten �berwiegend pr�ventiv ausgerichteten Fachkreisen vorbehalten bleibt. Die Er-krankten werden dabei als „Versicherte“, oder in anderen Regelwerken auch als „Mitarbei-ter“ gef�hrt.
Andererseits wird im Rahmen einer Behandlung von (Berufs-)Krankheiten in Klinik undPraxis „der Satz ‚das �rztliche versteht sich immer von selbst‘…“ (Weizs�cker, von, 1992)der Situation nicht hinreichend gerecht, weil außerhalb des persçnlichen Arzt-Patienten-Verh�ltnis liegende formale Konsequenzen zu ber�cksichtigen sind:
Die Forderung von Hippokrates aufgreifend, jeden Patienten nach seinem Beruf zu fra-gen (Arbeitsanamnese), verbindet der Gesetzgeber mit der �rztlichen Anzeigepflicht beibegr�ndetem Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit.
Diese und andere f�r die �rztliche Praxis wichtigen Auflagen aus der gesetzlichen Unfall-versicherung als Siebten Buch (SGB VII) sowie Erg�nzungen aus weiteren B�chern des Sozi-algesetzbuchs (SGB) sind Hauptbestandteil der Kapitel B und C.
Eine Br�cke zwischen juristischen und medizinischen Sachverhalten schl�gt die Berufs-krankheitenverordnung (BKV) einschließlich der als Anhang dazugehçrigen sog. Berufs-krankheitenliste (Kapitel D).
Die [Berufskrankheiten- und/d. V.] Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV) be-inhaltet lediglich Formalit�ten einschließlich der zu verwendenden Berufskrankheiten-An-zeigeformulare (Kapitel E).
Zur Orientierung zwischen klinischen Befundkonstellationen und infrage kommendenmeldepflichtigen Berufskrankheiten werden in Kapitel F Berufskrankheitsbilder nach Fach-gebieten der �rztlichen Weiterbildungsordnung aufgelistet.
Wissenschaftliche Begr�ndungen und Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten sind in derFassung ihrer amtlichen Bekanntmachung dokumentiert (Kapitel G, H und I).
Kapitel L beinhaltet den Wortlaut von SGB VII – Paragraphen bzw. deren Anh�nge �berversicherte Personen, Forschung und Berufsgenossenschaften sowie die Anschriften der ge-werbe�rztlichen Landesdienststellen.
Auf die selbst in Fachkreisenweitgehendunbekannte Berufskrankheitenliste der Europ�i-schen Union (EU) wird nur indirekt eingegangen: Sie hat den sozialpolitisch unverbindlichenCharakter einer Empfehlung und spricht als „Normadressaten“ lediglich die Regierungen derMitgliedsstaaten an (Kommission der EG, 2003). Gleich gelagert ist die Situation bei der Be-rufskrankheitenliste des Internationalen Arbeitsamtes (IAA, 2001), die nach einer Umfragebei den Mitgliedsl�ndern im Dezember 2005 in Genf neu zusammengestellt werden soll.
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2 Einf�hrung
BSozialgesetzbuch (SGB)
Der vom Staat zu erf�llende soziale Auftrag und damit auch das Sozialrecht leiten sich imSinne einer verfassungsrechtlichen Grundlage vom dem im Grundgesetz verankerten Sozial-staatsprinzip ab (Schulin, 2002). Die sozialen Rechte sind im Sozialgesetzbuch (SGB) nor-miert, auf Sozialleistungen besteht ein Rechtsanspruch (Andr�, 2000).
Laut Schulin (2002) war f�r den Gesamtaufbau des SGB in einer wesentlichen Hinsichtdas B�rgerliche Gesetzbuch (BGB) Vorbild: „Entsprechend dem 1. Buch des BGB zieht auchdas Buch 1 des SGB … diejenigen Bestimmungen „vor die Klammer“ der folgenden B�cher,die f�r alle Sozialleistungsbereiche einheitlich gelten, also „allgemeine“ Bestimmungendarstellen.“ Ferner „…enth�lt das SGB mit Buch IV…noch einen „kleinen“ Allgemeinen Teil(in der �berschrift ist von „Gemeinsamen Vorschriften“ die Rede) der ausschließlich f�r dieSozialversicherung Anwendung findet, also zun�chst f�r die Kranken-, Unfall-, Renten- undPflegeversicherung.“
1 Inhalt des Sozialgesetzbuchs
SGB I Allgemeiner TeilSGB II (nicht belegt)SGB III ArbeitsfçrderungSGB IV Gemeinsame Vorschriften f�r die SozialversicherungSGB V Gesetzliche KrankenversicherungSGB VI Gesetzliche RentenversicherungSGB VII Gesetzliche Unfallversicherung
[Gesetzliche Berufskrankheiten- und Unfallversicherung/d. V.]SGB VIII Kinder- und JugendhilfeSGB IX Rehabilitation und Teilhabe behinderter MenschenSGB X Sozialverwaltungsverfahren und SozialdatenschutzSGB XI Soziale Pflegeversicherung
2 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs
Im SGB I „Allgemeiner Teil“ sind die Aufgaben des Sozialgesetzbuchs dargelegt:
§ 1 Aufgaben des Sozialgesetzbuchs. (Auszug)
(1) Das Recht des Sozialgesetzbuchs soll zur Verwirklichung sozialer Gerechtigkeit
und sozialer Sicherheit Sozialleistungen einschließlich sozialer und erzieherischer Hil-fen gestalten. Es soll dazu beitragen,
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ein menschenw�rdiges Dasein zu sichern,gleiche Voraussetzungen f�r die freie Entfaltung der Persçnlichkeit, insbesondereauch f�r junge Menschen, zu schaffen,die Familie zu sch�tzen und zu fçrdern,den Erwerb des Lebensunterhalts durch eine frei gew�hlte T�tigkeit zu ermçgli-chen undbesondere Belastungen des Lebens, auch durch Hilfe zur Selbsthilfe, abzuwendenoder auszugleichen.
3 Aufsicht �ber die Versicherungstr�ger
Im SGB IV „Gemeinsame Vorschriften f�r die Sozialversicherung“ ist festgelegt, dassdie Versicherungstr�ger staatlicher Aufsicht (§ 87) unterliegen:
§ 90 Aufsichtsbehçrden. (Auszug)
(1) Die Aufsicht �ber die Versicherungstr�ger, deren Zust�ndigkeitsbereich sich �berdas Gebiet eines Landes hinaus erstreckt (bundesmittelbare Versicherungstr�ger),f�hrt das Bundesversicherungsamt…
Ferner nehmen auch einzelne Bundesministerien Aufsichtsfunktionen wahr, f�r landes-unmittelbare Versicherungstr�ger sind entsprechende L�nderbehçrden zust�ndig.
W�hrend çffentlich-rechtliche Streitigkeiten im Einzelfall von Sozialgerichten zu ent-scheiden sind, behandeln die staatlichen Aufsichtsbehçrden neben anderen Aufgaben Ver-fahrensangelegenheiten im Sinne einer Rechts- und nicht als Fachaufsicht.
Das Bundesversicherungsamt (BVA) verçffentlicht als selbstst�ndige Bundesoberbehçrdeeinen j�hrlichen T�tigkeitsbericht im Bundesarbeitsblatt mit Themenschwerpunkten wie„Gutachtenqualit�t in der Unfallversicherung“, „Vorschlagsrecht der Gewerbe�rzte im Beruf-krankheitenverfahren“ und „Fusionen von gewerblichen Berufsgenossenschaften“ (Dauben-b�chel, 2000, 2001 und2003).
Die Anschrift dieser Bundesbehçrde lautet:Bundesversicherungsamt (BVA)„Friedrich Ebert“ – Allee 3853113 Bonn
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4 Sozialgesetzbuch
4 Leistungen der Krankenversicherung
Im SGB V „Gesetzliche Krankenversicherung“ wird in einer „�bersicht �ber die Leistun-gen“ bez�glich Berufskrankheiten auf das SGB VII „Gesetzliche Unfallversicherung“ (Kapi-tel C) verwiesen:
§ 11 Leistungsarten. (Auszug)
(4) Auf Leistungen besteht kein Anspruch, wenn sie als Folge eines Arbeitsunfallsoder einer Berufskrankheit im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung zu erbringensind.
Es entspricht der Logik dieser Regelung, dass Krankenversicherungen bei Krankheiten, dieals Berufskrankheit in den Zust�ndigkeitsbereich eines anderen Kostentr�gers fallen, keineLeistungen erbringen, und dass umgekehrt eine große Dunkelziffer im Berufskrankheiten-bereich wie bei kommunizierenden Rçhren zu einer erheblichen Fehlbelastung auf Seitender nicht zust�ndigen Krankenversicherung f�hrt.
5 Ermittlungsverfahrensvorschrift
Im SGB X „Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz“ wird die Aufkl�rung desSachverhalts geregelt („Amtsermittlungsgrundsatz“):
§ 20 Untersuchungsgrundsatz. (Auszug)
(1) Die Behçrde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art undUmfang der Ermittlungen…
Dieser Grundsatz „…besagt, dass die Behçrde von Amts wegen – d. h. von sich aus – alle Tatsa-chen zu ermitteln hat, die f�r ihre Entscheidung von Bedeutung sind.“ (Haines, 2000).
Literaturhinweis:Sozialgesetzbuch (Beck-Texte, 2002)�bersicht �ber das Sozialrecht (BMGS, 2005)
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Leistungen der Krankenversicherung 5
CGesetzliche Unfallversicherung(SGB VII)
„Mit Wirkung vom 1.1.1997 ist das Recht der gesetzlichen Unfallversicherung aus der RVO[Reichsversicherungsordnung/d. V.] in das SGB – und zwar in das Buch VII – �berf�hrtworden…Grundlegende �nderungen gegen�ber dem fr�heren Recht der RVO hat das SGBVII nicht gebracht….Der Begriff „Unfallversicherung“ ist insofern zu weit gefasst, als esnur um die Sicherung bei Arbeitsunf�llen (einschließlich der…sog. Wegeunf�lle) und Be-rufskrankheiten geht. Haushalts- und Freizeitunf�lle werden dagegen nicht erfasst…“ (Schu-lin, 2002).
Bei der gesetzlichen Unfallversicherung nach Schulin (2002) handelt es sich um ein Sys-tem der sozialen Vorsorge, bei dem kalkulierbare Risiken einem vorweg geplanten Versiche-rungsschutz unterstellt werden. Ferner stehen die Leistungsanspr�che „…grunds�tzlich un-ter dem verfassungsrechtlichen Eigentumsschutz. Im �brigen entspricht es einer langenTradition, daß die Sozialversicherung im Wege der sog. Selbstverwaltung (durch die Ver-sicherten und i. d. R. die Arbeitgeber) durchgef�hrt wird.“ (Schulin, 2002). Mitwirkung undMitbeteiligung der Betroffenen in der Selbstverwaltung der Versicherungstr�ger gilt als„Tragendes Prinzip der Sozialversicherung…“ (Lonz, 2000)
Neben dem Recht auf Selbstverwaltung, das den Unfallversicherungstr�gern als Kçrper-schaften des çffentlichen Rechts zur eigenverantwortlichen Erf�llung çffentlicher Aufgabenzusteht, hat dieser Status dar�ber hinaus zur Folge, dass sie unter staatlicher Aufsicht ste-hen.
W�hrend die Unfallversicherung den Versicherungsschutz der Arbeitnehmer gew�hrleis-tet, lçst sie ferner die zivilrechtliche Haftpflicht des Unternehmers ab. „Die Unfallversiche-rung ist insofern eine Haftpflichtversicherung der Unternehmer.“ (Freund und Goeke, 2000):Erkrankte erhalten anstelle eines zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs gegen den Ar-beitgeber einen verschuldensunabh�ngigen Anspruch gegen den Unfallversicherungstr�ger.Die Arbeitgeberhaftpflicht stellt sich als „Randgebiet f�r Zivilrechtler wie f�r Arbeitsrecht-ler“ dar (M�nchener R�ck, 1993).
Die f�r das Verst�ndnis des Berufskrankheitenverfahrens grundlegenden Regelungenwerden – den im SGB VII vorgegebenen Kapiteln folgend – anhand der maßgeblichen Para-graphen gesondert behandelt.
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1 Aufgaben, versicherter Personenkreis,Versicherungsfall
1.1 Aufgaben der Unfallversicherung§ 1 Pr�vention, Rehabilitation, Entsch�digung.
Aufgabe der Unfallversicherung ist es, nach Maßgabe der Vorschriften des Buches1. mit allen geeigneten Mitteln Arbeitsunf�lle oder Berufskrankheiten sowie arbeits-bedingte Gesundheitsgefahren zu verh�ten,2. nach Eintritt von Arbeitsunf�llen oder Berufskrankheiten die Gesundheit und dieLeistungsf�higkeit der Versicherten mit allen geeigneten Mitteln wiederherzustellenund sie oder ihre Hinterbliebenen durch Geldleistungen zu entsch�digen.
1.2 Versicherter PersonenkreisIn § 2 „Versicherung kraft Gesetzes“ (Wortlaut siehe Kapitel L) wird der versicherte Per-sonenkreis geregelt. „Wie in den �brigen Sozialversicherungszweigen sind auch in der Un-fallversicherung in erster Linie die abh�ngig Besch�ftigten…versichert. Hinzu kommenaber noch zahlreiche weitere Personengruppen, die mit dem Arbeitsleben nichts zu tun ha-ben, wie Lebensretter, Blut- und Organspender, Kindergartenkinder, Sch�ler und Studentenu. a. Eine Besonderheit stellt dar, dass sich – anders als in der Krankenversicherung – grund-s�tzlich fast alle Unternehmer freiwillig versichern kçnnen [§ 6 SGB VII/d. V.], soweit sienicht ohnehin bereits pflichtversichert sind.“ (Schulin, 2002).
Obwohl etwa 56 000 000 Personen (ohne Sch�ler) in der Unfallversicherung pflichtver-sichert sind (Freund und Goeke, 2000), stellt Bialas (2003) fest: „Die gesetzliche Unfallver-sicherung ist vielen B�rgern in unserem Lande nicht bekannt.“ Als Begr�ndung sei auf dieBeitragsfreiheit der Besch�ftigten verwiesen (C 6.1).
1.3 Versicherungsfall1.3.1 Begriff
§ 7 Begriff.
(1) Versicherungsf�lle sind Arbeitsunf�lle und Berufskrankheiten.(2) Verbotswidriges Handeln schließt einen Versicherungsfall nicht aus
1.3.1.1 Berufskrankheit§ 9 Berufskrankheit.
(1) Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsver-
ordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die
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Aufgaben, versicherter Personenkreis, Versicherungsfall 7
Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 begr�ndendenT�tigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird erm�chtigt, in der Rechtsverordnungsolche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen
der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, de-nen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte T�tigkeit in erheblich hçhe-rem Grade als die �brige Bevçlkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, daßdie Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch T�tigkeiten in be-stimmten Gef�hrdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlas-sung aller T�tigkeiten gef�hrt haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerungoder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen. In derRechtsverordnung kann ferner bestimmt werden, inwieweit Versicherte in Unterneh-men der Seefahrt auch in der Zeit gegen Berufskrankheiten versichert sind, in der siean Land beurlaubt sind.(2) Die Unfallversicherungstr�ger haben eine Krankheit, die nicht in der Rechtsver-ordnung bezeichnet ist oder bei der die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vor-liegen, wie eine Berufskrankheit als Versicherungsfall anzuerkennen, sofern im Zeit-punkt der Entscheidung nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaftdie Voraussetzungen f�r eine Bezeichnung nach Absatz 1 Satz 2 erf�llt sind.(3) Erkranken Versicherte, die infolge der besonderen Bedingungen ihrer versichertenT�tigkeit in erhçhtem Maße der Gefahr der Erkrankung an einer in der Rechtsverord-nung nach Absatz 1 genannten Berufskrankheit ausgesetzt waren, an einer solchenKrankheit und kçnnen Anhaltspunkte f�r eine Verursachung außerhalb der versicher-ten T�tigkeit nicht festgestellt werden, wird vermutet, daß diese infolge der versicher-ten T�tigkeit verursacht worden ist.(4) Setzt die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit die Unterlassung allerT�tigkeiten voraus, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederauf-leben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen, haben die Unfallversiche-rungstr�ger vor Unterlassung einer noch verrichteten gef�hrdenden T�tigkeit dar�berzu entscheiden, ob die �brigen Voraussetzungen f�r die Anerkennung einer Berufs-krankheit erf�llt sind.(5) Soweit Vorschriften �ber Leistungen auf den Zeitpunkt des Versicherungsfalls ab-stellen, ist bei Berufskrankheiten auf den Beginn der Arbeitsunf�higkeit oder der Be-
handlungsbed�rftigkeit oder, wenn dies f�r den Versicherten g�nstiger ist, auf den Be-ginn der rentenberechtigenden Minderung der Erwerbsf�higkeit abzustellen.(6) Die Bundesregierung regelt durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bun-desrates1. Voraussetzungen, Art und Umfang von Leistungen zur Verh�tung des Entstehens,
der Verschlimmerung oder des Wiederauflebens von Berufskrankheiten,2. die Mitwirkung der f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen bei
der Feststellung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2wie Berufskrankheiten zu entsch�digen sind; dabei kann bestimmt werden, daßdie f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen berechtigt sind, Zu-
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8 Gesetzliche Unfallversicherung
sammenhangsgutachten zu erstellen sowie zur Vorbereitung ihrer Gutachten Ver-sicherte zu untersuchen oder auf Kosten der Unfallversicherungstr�ger andere�rzte mit der Vornahme der Untersuchungen zu beauftragen,
3. die von den Unfallversicherungstr�gern f�r die T�tigkeit der Stellen nach Nummer2 zu entrichtenden Geb�hren; diese Geb�hren richten sich nach dem f�r die Begut-achtung erforderlichen Aufwand und den dadurch entstehenden Kosten.
(7) Die Unfallversicherungstr�ger haben die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zu-st�ndige Stelle �ber den Ausgang des Berufskrankheitenverfahrens zu unterrichten,soweit ihre Entscheidung von der gutachterlichen Stellungnahme der zust�ndigenStelle abweicht.(8) Die Unfallversicherungstr�ger wirken bei der Gewinnung neuer medizinisch-wis-senschaftlicher Erkenntnisse insbesondere zur Fortentwicklung des Berufskrankhei-tenrechts mit; sie sollen durch eigene Forschung oder durch Beteiligung an fremdenForschungsvorhaben dazu beitragen, den Ursachenzusammenhang zwischen Erkran-kungsh�ufigkeiten in einer bestimmten Personengruppe und gesundheitssch�dlichenEinwirkungen im Zusammenhang mit der versicherten T�tigkeit aufzukl�ren.(9) Die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen d�rfen zur Feststel-lung von Berufskrankheiten sowie von Krankheiten, die nach Absatz 2 wie Berufs-krankheiten zu entsch�digen sind, Daten erheben, verarbeiten oder nutzen sowie zurVorbereitung von Gutachten Versicherte untersuchen, soweit dies im Rahmen ihrerMitwirkung nach Absatz 6 Nr. 2 erforderlich ist; sie d�rfen diese Daten insbesonderean den zust�ndigen Unfallversicherungstr�ger �bermitteln. Die erhobenen Daten d�r-fen auch zur Verh�tung von Arbeitsunf�llen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingtenGesundheitsgefahren verarbeitet oder genutzt werden. Soweit die in Satz 1 genanntenStellen andere �rzte mit der Vornahme von Untersuchungen beauftragen, ist die�bermittlung von Daten zwischen diesen Stellen und den beauftragten �rzten zul�s-sig, soweit dies im Rahmen des Untersuchungsauftrages erforderlich ist
Absatz 1 beinhaltet die gesetzliche Erm�chtigungsgrundlage f�r die in Kapitel D vor-gestellte Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) und liefert gleichzeitig die Legaldefini-tion des Begriffs „Berufskrankheit“. Dabei hat die Aufnahme einer Krankheit in die Anlageder BKV (sog. Berufskrankheitenliste) in erster Linie nach wissenschaftlichen Erkenntnissenzu erfolgen. Die dazu im zweiten Satz genannten Kriterien hat Thomas (1991) als „Die sozi-alrechtlichen Vorgaben f�r die Aufnahme einer Krankheit in die Berufskrankheitenliste“ be-zeichnet. Nachdem der Status einer sog. „Berufskrankheitenreife“ erlangt ist, werden seit1995 auf Betreiben von Lehnert (Universit�t Erlangen-N�rnberg) vom Verordnungsgeberwissenschaftliche Begr�ndungen f�r neue Berufskrankheiten im Bundesarbeitsblatt ver-çffentlicht (vgl. Kapitel H und I). Damit wird der Fachwelt Gelegenheit einger�umt, vorAufnahme der gesetzgeberischen Schritte Kritik an der Einf�hrung einer neuen Berufskrank-heit auszu�ben. Aufgrund der Hintereinanderschaltung von wissenschaftlichem Diskurs unddemokratischen, d. h. parlamentarischen Schritten (einschließlich der Anhçrung der sog.Sozialpartner) bei der Fortentwicklung der medizinischen Grundlagen des Berufskrankhei-
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Aufgaben, versicherter Personenkreis, Versicherungsfall 9
tenrechts nimmt die Berufskrankheitenliste der BKV im inter- und supranationalen Ver-gleich eine Sonderstellung ein.
Absatz 2 regelt im Sinne einer Auffangbestimmung die zeitliche �berbr�ckung f�r Zeit-punkte zwischen dem Inkrafttreten von zwei auf einander folgenden Berufskrankheiten-Verordnungen. Eine Orientierung f�r den Versicherungstr�ger bei diesen sog. „Quasi-Berufs-krankheiten“ liefern die Bekanntmachungen des Verordnungsgebers in Form der o. g.wissenschaftlichen Begr�ndungen f�r neue Berufskrankheiten (vgl. Kapitel H und I). Inwie-weit „neue Erkenntnisse“ auch den der Meldepflicht unterliegenden Unternehmern (§ 193SGB VII) und �rzten (§ 202 SGB VII) bzw. den Versicherten bekannt sein sollten, ist nichtgeregelt.
Absatz 3 dient im Sinne einer Vermutungsannahme durch Normierung des „prima-facie-Beweises“ der Vereinfachung des Verfahrens.
Absatz 4 erleichtert den Erkrankten als medizinischen Laien die Entscheidung �ber eineBerufsaufgabe.
Absatz 5 definiert indirekt den Versicherungsfall durch die Begriffe Arbeitsunf�higkeit,Behandlungsbed�rftigkeit und Minderung der Erwerbsf�higkeit.
Absatz 6 verwendet f�r die Feststellung von Berufskrankheiten durch Gewerbe�rzte(s. u.) den Begriff „Zusammenhangsgutachten“, das von der Erf�llung sowohl der haftungs-begr�ndenden als auch der haftungsausf�llenden Kausalit�t auszugehen hat. Auf die wis-senschaftliche Gesamtschau von arbeitstechnischen Voraussetzungen f�r die Entstehungeiner Berufskrankheit und klinischer Diagnose wird im Zusammenhang mit dem in § 200angesprochenen „Zweck des Gutachtens“ eingegangen (C 8.1).
Absatz 8 begr�ndet f�r den Unfallversicherungstr�ger die Unterhaltung von eigenenForschungseinrichtungen sowie die sog. Drittmittelvergabe an Universit�ten, die derzeitallgemein kritisch verfolgt wird: „Drittmitteleinwerbung – strafbare Dienstpflicht?“ (Tagund Trçger, 2003) sowie „Einwerbung von Drittmitteln“ (Rieser, 2004)
Absatz 6, 7 und 9 sprechen die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellenan. Es handelt sich dabei in der Regel um Einrichtungen der Bundesl�nder, z. B. StaatlicherGewerbearzt oder Landesgewerbearzt (Anschriften siehe Kapitel L).
1.3.2 Versicherungsfall einer Leibesfrucht§ 12 Versicherungsfall einer Leibesfrucht.
Versicherungsfall ist auch der Gesundheitsschaden einer Leibesfrucht infolge einesVersicherungsfalls der Mutter w�hrend der Schwangerschaft; die Leibesfrucht stehtinsoweit einem Versicherten gleich. Bei einer Berufskrankheit als Versicherungsfallgen�gt, daß der Gesundheitsschaden der Leibesfrucht durch besondere Einwirkungenverursacht worden ist, die generell geeignet sind, eine Berufskrankheit der Mutter zuverursachen.
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10 Gesetzliche Unfallversicherung
Besonderes Gewicht erh�lt diese Regelung bei Sch�den der Leibesfrucht durch m�tterlicheInfektionskrankheiten, die als Berufskrankheiten Nr. 31 01, Nr. 31 02 und Nr. 31 04 AnlageBKV meldepflichtig sind.
2 Pr�vention
2.1 Grundsatz der Berufskrankheiten – Pr�vention§ 14 Grundsatz.
(1) Die Unfallversicherungstr�ger haben mit allen geeigneten Mitteln f�r die Ver-h�tung von Arbeitsunf�llen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheits-gefahren und f�r eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen. Sie sollen dabei auch den Ursa-chen von arbeitsbedingten Gefahren f�r Leben und Gesundheit nachgehen.(2) Bei der Verh�tung arbeitsbedingter Gesundheitsgefahren arbeiten die Unfallver-sicherungstr�ger mit den Krankenkassen zusammen.
Absatz 1 unterstreicht durch Wiederholung der Formulierung „…mit allen geeignetenMitteln…“(§ 1) die umfassende Verantwortung der Unfallversicherungstr�ger f�r die Be-rufskrankheiten – Pr�vention
Absatz 2 korrespondiert mit § 20 „Pr�vention und Selbsthilfe“ im SGB V „Gesetzli-che Krankenversicherung“: In Absatz 2 werden dort ausdr�cklich arbeitsbedingte Gesund-heitsgefahren und Berufskrankheiten angesprochen. F�r die Kl�rung der Kostentr�gerschaftist das Erkennen von Berufskrankheiten von großer wirtschaftlicher Bedeutung, denn eszeigt sich ein „�konomischer Nutzen der Beratung gesetzlicher Krankenkassen in Berufs-krankheitenfragen“ (Lçffler et al., 2003).
2.2 �berwachung der MaßnahmenBei der �berwachung der Durchf�hrung von Pr�ventionsmaßnahmen (§ 17) sind die Unfall-versicherungstr�ger gehalten, mit den L�nderbehçrden (z. B. Staatliche Gewerbeaufsichts-�mter) „eng zusammen“ zu wirken (§ 20).
2.3 Verh�ltnis- und Verhaltenspr�ventionVerh�ltnispr�vention („Verantwortung des Unternehmers“, dem Normadressaten im Deut-schen Arbeitsschutz – Regelwerk) und Verhaltenspr�vention („Mitwirkung des Versicher-ten“) sind in § 21 angesprochen.
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Pr�vention 11
2.4 Unfallverh�tungsbericht der BundesregierungDas Pr�ventionskapitel schließt mit der Verpflichtung der Bundesregierung (§ 25 „Berichtgegen�ber dem Bundestag“), allj�hrlich einen statistischen Bericht bzw. alle vier Jahreeinen umfassenden �berblick �ber Gesundheitsschutz bei der Arbeit einschließlich Berufs-krankheiten- und Unfallgeschehen vorzulegen.
Diese „Unterrichtung durch die Bundesregierung“ weist als „Pr�ventionsdefizit“ fol-gende aktuellen Zahlen (Tabelle 1) zum Berufskrankheiten (BK) -Geschehen auf (DeutscherBundestag, 2003):
BK – Verdachts- BK – Aner- BK –
Anzeigen kennungsf�lle Todesf�lle
2000: 81 542 18 689 1 866
2001: 76 612 18 599 1 904
2002: 71 008 18 352 2 110 (!)
Tab. 1:Berufskrankheiten – Fallzahlen
3 Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls
3.1 Heilbehandlung, Rehabilitation und Pflege§ 26 Grundsatz.
(1) Versicherte haben nach Maßgabe der folgenden Vorschriften und unter Beachtungdes Neunten Buches Anspruch auf Heilbehandlung einschließlich Leistungen zur me-dizinischen Rehabilitation, auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und am Le-ben in der Gemeinschaft, auf erg�nzende Leistungen, auf Leistungen bei Pflegebe-
d�rftigkeit sowie auf Geldleistungen.(2) Der Unfallversicherungstr�ger hat mit allen geeigneten Mitteln mçglichst fr�hzei-tig1. den durch den Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden zu beseitigen
oder zu bessern, seine Verschlimmerung zu verh�ten und seine Folgen zu mildern,2. den Versicherten einen ihren Neigungen und F�higkeiten entsprechenden Platz im
Arbeitsleben zu sichern,3. Hilfen zur Bew�ltigung der Anforderungen des t�glichen Lebens und zur Teilhabe
am Leben in der Gemeinschaft sowie zur F�hrung eines mçglichst selbst�ndigenLebens unter Ber�cksichtigung von Art und Schwere des Gesundheitsschadens be-reitzustellen,
4. erg�nzende Leistungen zur Heilbehandlung und zu Leistungen zur Teilhabe amArbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft zu erbringen,
5. Leistungen bei Pflegebed�rftigkeit zu erbringen.(3) Die Leistungen zur Heilbehandlung und zur Rehabilitation haben Vorrang vor
Rentenleistungen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 26
12 Gesetzliche Unfallversicherung
(4) Qualit�t und Wirksamkeit der Leistungen zur Heilbehandlung und Teilhabe ha-ben dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu entspre-chen und den medizinischen Fortschritt zu ber�cksichtigen. Sie werden als Dienst-und Sachleistungen zur Verf�gung gestellt, soweit dieses oder das Neunte Buch keineAbweichungen vorsehen.(5) Die Unfallversicherungstr�ger bestimmen im Einzelfall Art, Umfang und Durch-f�hrung der Heilbehandlung und der Leistungen zur Teilhabe sowie die Einrichtun-gen, die diese Leistungen erbringen, nach pflichtgem�ßem Ermessen. Dabei pr�fen sieauch, welche Leistungen geeignet und zumutbar sind, Pflegebed�rftigkeit zu vermei-den, zu �berwinden, zu mindern oder ihre Verschlimmerung zu verh�ten.
Sozialmedizinisch bilden die in § 26 „Grundsatz“ zusammengefassten Regelungen desdritten Kapitels die Basis f�r eine Abgrenzung gegen�ber den �brigen Versicherungs- und da-mit Kostentr�gern (SGB V), sodass sie im �rztlichen Praxisalltag als Grundwissen auch be-triebswirtschaftlich zu Buche schlagen kçnnen. So werden Leistungen als „…Maßnahmender Heilbehandlung gew�hrt, die sich weitgehend mit denjenigen der Krankenbehandlungin der gesetzlichen Krankenversicherung decken…Hinzu kommen Pflegeleistungen, die Vor-rang vor Leistungen nach SGB XI haben.“ (Schulin, 2002).
Als Eigenart des Sozialrechts f�llt auf, dass unter Anspruch und Leistungsarten „Schmer-zensgeld“ nicht gesondert behandelt wird: „Schmerzensgeld wird nicht gezahlt.“ (Freundund Goeke, 2000).
Absatz 3 ist unter dem Slogan „Reha vor Rente“ bekannt geworden.
3.2 Renten an Versicherte und Leistungenan Hinterbliebene
„Die wichtigste Form der Entsch�digungsleistungen ist die Rente. Die Rente soll die durchden Versicherungsfall…bedingte dauerhafte Beeintr�chtigung der Versicherten…ausglei-chen und hat dar�ber hinaus eine ‚Schmerzensgeldersatzfunktion‘.“ (Freund und Goeke,2000): Versichertenrenten (§§ 56 ff).
Im Falle von Hinterbliebenenrenten (§§ 63 ff.) werden sowohl Witwen- und Witwerren-ten als auch Waisenrenten gew�hrt.
In Tabelle 2 ist die Rentenentwicklung aller Unfallversicherungstr�ger (Renten – Fall-zahlen der UV-Tr�ger) bei Berufskrankheiten zusammengefasst (BMA, 2002; BMGS, 2003und 2004):
Versicherten- Witwen/r- Waisen- Renten-
Renten Renten Renten Gesamtzahl
2000: 137 992 35 788 1 272 175 058
2001: 135 458 35 976 1 355 172 795
2002: 132 720 36 196 1 262 170 184
Tab. 2:Berufskrankheiten – Renten(Fallzahlen)
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Leistungen nach Eintritt eines Versicherungsfalls 13
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4 Haftung von Unternehmern, Unternehmens-angehçrigen und anderen Personen
4.1 Beschr�nkung der HaftungBei Berufskrankheiten sind Unternehmer und andere im Betrieb t�tige Personen zum Ersatzdes Personenschadens nur verpflichtet wenn sie den Versicherungsfall vors�tzlich herbei-gef�hrt haben (§ 104, § 105)
5 Organisation
5.1 Unfallversicherungstr�ger§ 114 Unfallversicherungstr�ger. (Auszug)
(1) Tr�ger der gesetzlichen Unfallversicherung (Unfallversicherungstr�ger) sind1. die in der Anlage 1 aufgef�hrten gewerblichen Berufsgenossenschaften,2. die in der Anlage 2 aufgef�hrten landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften,3. der Bund,4. die Eisenbahn-Unfallkasse,5. die Unfallkasse Post und Telekom,6. die Unfallkassen der L�nder,7. die Gemeindeunfallversicherungsverb�nde und Unfallkassen der Gemeinden,8. die Feuerwehr-Unfallkassen,9. die gemeinsamen Unfallkassen f�r den Landes- und den kommunalen Bereich.
Anlage 1 „Gewerbliche Berufsgenossenschaften“ und Anlage 2 „Landwirtschaftliche Berufs-genossenschaften“ zu § 114 (1) SGB VII sind im Kapitel L abgedruckt.
Weitere Informationen zu den Unfallversicherungstr�gern bietet das „Dienststellenver-zeichnis Arbeitsschutz“ (BAuA, 2003).
6 Aufbringung der Mittel
6.1 BeitragsrechtDas sechste Kapitel beinhaltet (§ 150 ff.) das Beitragsrecht, das sich grundlegend von demder �brigen Versicherungszweige unterscheidet. „Zum einen werden die Beitr�ge allein vonden Unternehmern getragen. Zum anderen werden Sie nach dem Grad der Unfallgefahren ab-gestuft (sog. Gefahrtarife)…“ (Schulin, 2002).
Die Beitragsfreiheit der Besch�ftigten ist ein Grund f�r die weit verbreitete Unwissenheit(Bialas, 2003) �ber die bestehenden Pflichtversicherungsverh�ltnisse nach § 2 mit ent-sprechenden Nachteilen f�r die Verhaltens- und Verh�ltnispr�vention sowie auch bei derArztwahl (Facharzt f�r Arbeitsmedizin).
14 Gesetzliche Unfallversicherung
Demgegen�ber f�hrt ein hoher Entsch�digungsaufwand f�r Berufskrankheiten zu einerentsprechend hohen Gefahrklasse (Risikobezug). „Im Vergleich zur gesetzlichen Unfallver-sicherung und zur gesetzlichen Rentenversicherung …(werden)…in der Gesetzlichen Kran-kenversicherung… Die Beitr�ge …nicht risikoabh�ngig, sondern einkommensabh�ngigbemessen.“ (Schuler-Harms, 2003). Der fehlende Risikobezug wird dabei in dieser Ver-çffentlichung im Deutschen �rzteblatt als „Knackpunkt“ der GKV-Beitr�ge betrachtet.
7 Zusammenarbeit der Unfallversicherungstr�germit anderen Leistungstr�gern und ihreBeziehungen zu Dritten
7.1 Auskunftspflicht der Krankenkassen§ 188 Auskunftspflicht der Krankenkassen.
Die Unfallversicherungstr�ger kçnnen von den Krankenkassen Auskunft �ber die Be-handlung, den Zustand sowie �ber Erkrankungen und fr�here Erkrankungen des Ver-sicherten verlangen, soweit dies f�r die Feststellung des Versicherungsfalls erforder-lich ist. Sie sollen dabei ihr Auskunftsverlangen auf solche Erkrankungen oder aufsolche Bereiche von Erkrankungen beschr�nken, die mit dem Versicherungsfall in ei-nem urs�chlichen Zusammenhang stehen kçnnen. Der Versicherte kann vom Unfall-versicherungstr�ger verlangen, �ber die von den Krankenkassen �bermittelten Datenunterrichtet zu werden; § 25 Abs. 2 des Zehnten Buches gilt entsprechend. Der Un-fallversicherungstr�ger hat den Versicherten auf das Recht, auf Verlangen �ber dievon den Krankenkassen �bermittelten Daten unterrichtet zu werden, hinzuweisen.
7.2 Berufskrankheiten – Anzeigepflicht der Unternehmer§ 193 Pflicht zur Anzeige eines Versicherungsfalls
durch die Unternehmer. (Auszug)
(2) Haben Unternehmer im Einzelfall Anhaltspunkte, daß bei Versicherten ihrer Un-ternehmen eine Berufskrankheit vorliegen kçnnte, haben sie diese dem Unfallver-sicherungstr�ger anzuzeigen.(4) Die Anzeige ist binnen drei Tagen zu erstatten, nachdem die Unternehmer vondem Unfall oder von den Anhaltspunkten f�r eine Berufskrankheit Kenntnis erlangthaben. Der Versicherte kann vom Unternehmer verlangen, daß ihm eine Kopie derAnzeige �berlassen wird.(5) Die Anzeige ist vom Betriebs- oder Personalrat mit zu unterzeichnen. Der Unter-nehmer hat die Sicherheitsfachkraft und den Betriebsarzt �ber jede Unfall- oder Be-
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Zusammenarbeit der Unfallversicherungstr�ger 15
rufskrankheitenanzeige in Kenntnis zu setzen. Verlangt der Unfallversicherungstr�gerzur Feststellung, ob eine Berufskrankheit vorliegt, Ausk�nfte �ber gef�hrdende T�tig-keiten von Versicherten, haben die Unternehmer den Betriebs- oder Personalrat �berdieses Auskunftsersuchen unverz�glich zu unterrichten.(6) Ist der Bund Unfallversicherungstr�ger, ist die Anzeige an die Ausf�hrungsbehçrdezu richten(7) Bei Unf�llen in Unternehmen, die der allgemeinen Arbeitsschutzaufsicht unterste-hen, hat der Unternehmer eine Durchschrift der Anzeige der f�r den Arbeitsschutz zu-st�ndigen Landesbehçrde zu �bersenden. Bei Unf�llen in Unternehmen, die der berg-behçrdlichen Aufsicht unterstehen, ist die Durchschrift an die zust�ndige untereBergbehçrde zu �bersenden. Wird eine Berufskrankheit angezeigt, �bersendet der Un-fallversicherungstr�ger eine Durchschrift der Anzeige unverz�glich der f�r den medi-zinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Landesbehçrde. Wird der f�r den medizinischenArbeitsschutz zust�ndigen Landesbehçrde eine Berufskrankheit angezeigt, �bersendetsie dem Unfallversicherungstr�ger unverz�glich eine Durchschrift der Anzeige.(8) Das Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung bestimmt durch Rechtsver-ordnung mit Zustimmung des Bundesrates den f�r Aufgaben der Pr�vention und derEinleitung eines Feststellungsverfahrens erforderlichen Inhalt der Anzeige, ihre Formund die Art und Weise ihrer �bermittlung sowie die Empf�nger, die Anzahl und denInhalt der Durchschriften.
Absatz 2 verlangt vom Unternehmer, „Anhaltspunkte“ f�r das Vorliegen einer Berufskrank-heit anzuzeigen. Wie diese auszulegen sind, kann bei der Ahndung unterlassener Unterneh-meranzeigen im Versicherungsfall juristische Bedeutung erlangen (vgl. Kapitel E)
Absatz 5 verpflichtet Betriebs- oder Personalrat zur Mitunterzeichnung der Unterneh-meranzeige: Betriebs�rzte sollen nach dem Willen des Gesetzgebers �ber den Vorgang ledig-lich in Kenntnis gesetzt werden!
Absatz 8 beinhaltet die Erm�chtigungsgrundlage f�r die in Kapitel E abgedruckte [Be-rufskrankheiten- und/d. V.] Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV).
8 Datenschutz
8.1 Gutachtenauftrag und –zweck§ 200 Einschr�nkung der �bermittlungsbefugnis.(Auszug)
(2) Vor Erteilung eines Gutachtenauftrages soll der Unfallversicherungstr�ger demVersicherten mehrere Gutachter zur Auswahl benennen; der Betroffene ist außerdem…�ber den Zweck des Gutachtens zu informieren.
Absatz 2 spricht die Gutachtenfrage an, ohne die fachliche Qualifikation des Gutachtersund den Zweck des Gutachtens zu spezifizieren.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 30
16 Gesetzliche Unfallversicherung
Bei Berufskrankheiten besteht die gutachtliche Aufgabe darin, den Zusammenhang zwi-schen arbeitstechnischen Voraussetzungen f�r die Entstehung einer Berufskrankheit undklinischer Diagnose zu beurteilen. Dabei werden einerseits arbeitstechnische Expertisen (inder Regel keine „Gutachten“) im Rahmen der Ermittlungspflicht durch die Unfallversiche-rungstr�ger von Amts wegen erstellt – inwieweit zur Objektivierung des Sachverhaltes dieStaatlichen Gewerbeaufsichts�mter beitragen kçnnten, bleibt ungeregelt. Andererseitskann bei unklarer medizinischer Befundkonstellation eine diagnosesichernde „Teilbegut-achtung“ �rztliche Vorbefunde erg�nzen. Ein die haftungsbegr�ndende und -ausf�llendeKausalit�t ber�cksichtigendes „Zusammenhangsgutachten“ erfordert bei Berufskrankheitenungewçhnlichen Sachverstand: In § 9 (6) wird den f�r den medizinischen Arbeitsschutzzust�ndigen Landesbehçrden (z. B. Staatliche Gewerbe�rzte oder Landesgewerbe�rzte) ein-ger�umt, diese „…Zusammenhangsgutachten zu erstellen…“ Bei der dazu erforderlichenRechtsverordnung f�r deren Mitwirkung handelt es sich um die im Kapitel D vorgestellte Be-rufskrankheiten-Verordnung.
Inwieweit �rzte als Angestellte oder Berater der Unfallversicherungstr�ger im Berufs-krankheitenverfahren medizinische Gutachten �ber Versicherte erstellen kçnnen, bedarfder Abkl�rung in Hinblick auf eine zumindest formal gegebene Interessenskollision.
8.2 �rztliche Berufskrankheiten – Anzeigepflicht§ 202 Anzeigepflicht von �rzten bei Berufskrankheiten.
Haben �rzte oder Zahn�rzte den begr�ndeten Verdacht, daß bei Versicherten eine Be-rufskrankheit besteht, haben sie dies dem Unfallversicherungstr�ger oder der f�r denmedizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stelle in der f�r die Anzeige von Berufs-krankheiten vorgeschriebenen Form (§ 193 Abs. 8) unverz�glich anzuzeigen. Die�rzte oder Zahn�rzte haben die Versicherten �ber den Inhalt der Anzeige zu unter-richten und ihnen den Unfallversicherungstr�ger und die Stelle zu nennen, denen siedie Anzeige �bersenden. § 193 Abs. 7 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.
Auf die in § 193 (8) formulierte Erm�chtigungsgrundlage f�r die in Kapitel E abgedruckte[Berufskrankheiten- und/d. V.] Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV) wird in-soweit verwiesen, als die �rzte sich an die „…vorgeschriebene Form…“ der Berufskrankhei-ten – Anzeige zu halten haben.
Anzeigekriterien, die sich aus dem Schweregrad bzw. der Stadieneinteilung von Krank-heiten ableiten ließen, werden nicht vorgegeben. Andererseits entbehren die von Seitender Unfallversicherungstr�ger bekannten Verçffentlichungen �ber Berufskrankheiten – Mel-dekriterien aufgrund fehlender Rechtsgrundlage einer Verbindlichkeit: �rzte und Zahn�rzteunterliegen bei der Berufskrankheitenanzeige nach dem Willen des Gesetzgebers nur ihrem�rztlichen Wissen und Gewissen!
Juristisch gesehen handelt es sich bei der Anzeigepflicht um ein hçheres Rechtsgut imVergleich zur �rztlichen Schweigepflicht, wenn Patienten (z. B. aus Gr�nden der Erhaltung
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 31
Datenschutz 17
des Arbeitsplatzes) eine Berufskrankheitenanzeige ablehnen. Umgekehrt besteht bei nichterfolgter Anzeige einer gesicherten Berufskrankheit f�r Patienten die Mçglichkeit, den Fallals �rztlichen „Kunstfehler“ standesrechtlich zu verfolgen und zivilrechtlich materiellenSchadensausgleich wegen vorenthaltener Versicherungsleistungen einzuklagen.
8.3 �rztliche Auskunftspflicht.§ 203 Auskunftspflicht von �rzten.
(1) �rzte und Zahn�rzte, die nicht an einer Heilbehandlung nach § 34 beteiligt sind,sind verpflichtet, dem Unfallversicherungstr�ger auf Verlangen Auskunft �ber die Be-handlung, den Zustand sowie �ber Erkrankungen und fr�here Erkrankungen des Ver-sicherten zu erteilen, soweit dies f�r die Heilbehandlung und die Erbringung sonstigerLeistungen erforderlich ist. Der Unfallversicherungstr�ger soll Auskunftsverlangenzur Feststellung des Versicherungsfalls auf solche Erkrankungen oder auf solche Be-reiche von Erkrankungen beschr�nken, die mit dem Versicherungsfall in einem ur-s�chlichen Zusammenhang stehen kçnnen. § 98 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buchesgilt entsprechend.(2) Die Unfallversicherungstr�ger haben den Versicherten auf ein Auskunftsverlangennach Absatz 1 sowie auf das Recht, auf Verlangen �ber die von den �rzten �bermittel-ten Daten unterrichtet zu werden, rechtzeitig hinzuweisen. § 25 Abs. 2 des ZehntenBuches gilt entsprechend.
8.4 Daten f�r die Forschung§ 206 �bermittlung von Daten f�r die Forschung zur
Bek�mpfung von Berufskrankheiten.
Der Wortlaut dieses Paragraphen findet sich als Anhang im Kapitel L.
Literaturhinweis:Kein Monopol der gesetzlichen Unfallversicherung (Seewald, 2004)Die Konformit�t des Unfallversicherungsmonopols mit dem Gemeinschaftsrecht (Fuchs, 2005)Sozialgesetzbuch 7. Buch Unfallversicherung (Meiburg und Goeke, 2005)Fehldarstellungen zum Monopol der Unfallversicherung (Ricke, 2005)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 32
18 Gesetzliche Unfallversicherung
DBerufskrankheiten-Verordnung (BKV)
Die Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) mit einer enumerativen („Berufs“-) Krankheiten-liste als Anlage ist entsprechend der gesetzlichen Erm�chtigungsgrundlagen (SGB VII) mitZustimmung des Bundesrates am 1. Dezember 1997 in Kraft getreten (BundesgesetzblattTeil I, Nr. 73 vom 5. November 1997).
Infolge der Fortentwicklung des Berufskrankheitenrechts trat am 1. Oktober 2002 dieerste �nderungsverordnung (BKV – �ndV) in Kraft (Bundesgesetzblatt Teil I, Nr. 65 vom13. September 2002).
1 Verf�gender Teilder Berufskrankheiten-Verordnung
Berufskrankheiten-Verordnung
(BKV)
Vom 31. Oktober 1997 (BGBl. I S. 2623)zuletzt ge�ndert durch Artikel 1 der Verordnung vom 5. September 2002
(BGBl. I S. 3541)
Auf Grund des § 9 Abs. 1 und 6 und des § 193 Abs. 8 des Siebten Buches Sozialge-setzbuch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August1996, BGBl. I S. 1254) verordnet die Bundesregierung:
§ 1
Berufskrankheiten
Berufskrankheiten sind die in der Anlage bezeichneten Krankheiten, die Versicherteinfolge einer den Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3 oder 6 des Siebten Buches So-zialgesetzbuch begr�ndenden T�tigkeit erleiden.
§ 2
Erweiterter Versicherungsschutz
in Unternehmen der Seefahrt
F�r Versicherte in Unternehmen der Seefahrt erstreckt sich die Versicherung gegen Tro-penkrankheiten und Fleckfieber auch auf die Zeit, in der sie an Land beurlaubt sind.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 33
§ 3
Maßnahmen gegen Berufskrankheiten, �bergangsleistung
(1) Besteht f�r Versicherte die Gefahr, daß eine Berufskrankheit entsteht, wiederauf-lebt oder sich verschlimmert, haben die Unfallversicherungstr�ger dieser Gefahr mit
allen geeigneten Mitteln entgegenzuwirken. Ist die Gefahr gleichwohl nicht zu beseiti-gen, haben die Unfallversicherungstr�ger darauf hinzuwirken, daß die Versichertendie gef�hrdende T�tigkeit unterlassen. Den f�r den medizinischen Arbeitsschutz zu-st�ndigen Stellen ist Gelegenheit zur �ußerung zu geben.(2) Versicherte, die die gef�hrdende T�tigkeit unterlassen, weil die Gefahr fortbesteht,haben zum Ausgleich hierdurch verursachter Minderungen des Verdienstes oder sons-tiger wirtschaftlicher Nachteile gegen den Unfallversicherungstr�ger Anspruch auf�bergangsleistungen. Als �bergangsleistung wird1. ein einmaliger Betrag bis zur Hçhe der Vollrente oder2. eine monatlich wiederkehrende Zahlung bis zur Hçhe eines Zwçlftels der Voll-
rente l�ngstens f�r die Dauer von f�nf Jahrengezahlt. Renten wegen Minderung der Erwerbsf�higkeit sind nicht zu ber�cksichti-gen.
§ 4
Mitwirkung der f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen
(1) Die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen wirken bei der Fest-stellung von Berufskrankheiten und von Krankheiten, die nach § 9 Abs. 2 des SiebtenBuches Sozialgesetzbuch wie Berufskrankheiten anzuerkennen sind, nach Maßgabeder Abs�tze 2 bis 4 mit.(2) Die Unfallversicherungstr�ger haben die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zu-st�ndigen Stellen �ber die Einleitung eines Feststellungsverfahrens unverz�glichschriftlich zu unterrichten; als Unterrichtung gilt auch die �bersendung der Anzeigenach § 193 Abs. 2 und 7 oder § 202 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch. Die Unfall-versicherungstr�ger beteiligen die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigenStellen an dem weiteren Feststellungsverfahren; das n�here Verfahren kçnnen die Un-fallversicherungstr�ger mit den f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stel-len durch Vereinbarung regeln.(3) In den F�llen der weiteren Beteiligung nach Absatz 2 Satz 2 haben die Unfallver-sicherungstr�ger vor der abschließenden Entscheidung die f�r den medizinischenArbeitsschutz zust�ndigen Stellen �ber die Ergebnisse ihrer Ermittlungen zu unter-richten. Soweit die Ermittlungsergebnisse aus Sicht der f�r den medizinischen Arbeits-schutz zust�ndigen Stellen nicht vollst�ndig sind, kçnnen sie den Unfallversicherungs-tr�gern erg�nzende Beweiserhebungen vorschlagen; diesen Vorschl�gen haben dieUnfallversicherungstr�ger zu folgen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 34
20 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
(4) Nach Vorliegen aller Ermittlungsergebnisse kçnnen die f�r den medizinischen Ar-beitsschutz zust�ndigen Stellen ein Zusammenhangsgutachten erstellen. Zur Vorberei-tung dieser Gutachten kçnnen sie die Versicherten untersuchen oder andere �rzte aufKosten der Unfallversicherungstr�ger mit Untersuchungen beauftragen.
§ 5
Geb�hren
(1) Erstellen die f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen ein Zusam-
menhangsgutachten nach § 4 Abs. 4, erhalten sie von den Unfallversicherungstr�gernjeweils eine Geb�hr in Hçhe von 200 Euro. Mit dieser Geb�hr sind alle Personal- undSachkosten, die bei der Erstellung des Gutachtens entstehen, einschließlich der Kostenf�r die �rztliche Untersuchung von Versicherten durch die f�r den medizinischen Ar-beitsschutz zust�ndigen Stellen abgegolten.(2) Ein Gutachten im Sinne des Absatzes 1 setzt voraus, daß der Gutachter unter W�r-digung1. der Arbeitsanamnese des Versicherten und der festgestellten Einwirkungen am Ar-
beitsplatz,2. der Beschwerden, der vorliegenden Befunde und der Diagnoseeine eigenst�ndig begr�ndete schriftliche Bewertung des Ursachenzusammenhangs
zwischen der Erkrankung und den t�tigkeitsbezogenen Gef�hrdungen unter Ber�ck-sichtigung der besonderen f�r die gesetzliche Unfallversicherung geltenden Bestim-mungen vornimmt.
§ 6
R�ckwirkung
(1) Leidet ein Versicherter am 1. Oktober 2002 an einer Krankheit nachNummer 4112 der Anlage, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen,wenn der Versicherungsfall nach dem 30. November 1997 eingetreten ist. Satz 1 giltauch f�r eine Krankheit nach Nummer 2106 der Anlage, wenn diese nicht bereitsnach der Nummer 2106 der Anlage in der am 1. Dezember 1997 in Kraft getretenenFassung als Berufskrankheit anerkannt werden kann.(2) Leidet ein Versicherter am 1. Dezember 1997 an einer Krankheit nach Nummer1316, 1317, 4104 (Kehlkopfkrebs) oder 4111 der Anlage, ist diese auf Antrag als Be-rufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember1992 eingetreten ist.(3) Hat ein Versicherter am 1. Januar 1993 an einer Krankheit gelitten, die erst aufGrund der Zweiten Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verordnungvom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343) als Berufskrankheit anerkannt werdenkann, ist die Krankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Ver-sicherungsfall nach dem 31. M�rz 1988 eingetreten ist.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 35
Verf�gender Teil der BKV 21
(4) Hat ein Versicherter am 1. April 1988 an einer Krankheit gelitten, die erst aufGrund der Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom22. M�rz 1988 (BGBl. I S. 400) als Berufskrankheit anerkannt werden kann, ist dieKrankheit auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfallnach dem 31. Dezember 1976 eingetreten ist.(5) Bindende Bescheide und rechtskr�ftige Entscheidungen stehen der Anerkennungals Berufskrankheit nach den Abs�tzen 1 bis 4 nicht entgegen. Leistungen werdenr�ckwirkend l�ngstens f�r einen Zeitraum bis zu vier Jahren erbracht; der Zeitraum istvom Beginn des Jahres an zu rechnen, in dem der Antrag gestellt worden ist.
§ 7
Berufskrankheitenanzeige
Aufgehoben mit Wirkung vom 1. August 2002 durch § 6 Abs. 2 der Unfallversiche-rungs-Anzeigeverordnung (BGBl. I S. 554)
§ 8
Inkrafttreten, Außerkrafttreten
(1) Diese Verordnung tritt am 1. Dezember 1997 in Kraft.(2) Gleichzeitig treten außer Kraft:1. die Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 (BGBl. I S. 721), zuletzt
ge�ndert durch Artikel 1 der Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. IS. 2343);
2. Artikel 3 Abs. 2 der Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verord-nung vom 22. M�rz 1988 (BGBl. I S. 400);
3. Artikel 2 Abs. 2 der Zweiten Verordnung zur �nderung der Berufskrankheiten-Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl. I S. 2343).
§ 1 Berufskrankheiten formuliert mit Hinweis auf die BKV-Anlage (der sog. Berufskrank-heitenliste) die generelle Voraussetzung f�r eine Anerkennung von Krankheiten als Ver-sicherungsfall, d. h. als Berufskrankheit.
§ 3 Maßnahmen gegen Berufskrankheiten verlangt von den Unfallversicherungstr�-gern entsprechend der gesetzlichen Vorgaben (§ 1 und § 14 SGB VII) „…mit allen geeig-neten Mitteln…“ vorzugehen.
§ 4 Mitwirkung der f�r den medizinischen Arbeitsschutz zust�ndigen Stellen ge-w�hrleistet die Einbeziehung der L�nderbehçrden (z. B. Staatlicher Gewerbearzt, Landes-gewerbearzt) im Berufskankheitenverfahren. Deren gesetzlich einger�umte Berechtigungzur Erstellung eines Zusammenhangsgutachtens (§ 9 (6) SGB VII) wird in Absatz 4 konkre-tisiert: Der Hinweis auf das „…Vorliegen aller Ermittlungsergebnisse…“ bezieht sich aufdie gesetzliche Ermittlungspflicht des Versicherungstr�gers (§ 20 SGB X) und bedeutet,dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen f�r die Entstehung einer Berufskrankheit do-
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22 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 37
kumentiert sein m�ssen, und dass eine Krankheitsdiagnose vorliegt, die u. U. durch externe„Untersuchungen“ – und nicht durch externe Begutachtung – zu objektivieren w�re (vgl.§ 9(9) SGB VII). Der in Gesamtschau zu beurteilende Ursachenzusammenhang f�r die Aner-kennung einer angezeigten Krankheit als Berufskrankheit wird im folgenden Paragraphennochmals aufgegriffen.
§ 5 Geb�hren beschreibt das Zusammenhangsgutachten als „…Bewertung des Ursa-chenzusammenhangs zwischen der Erkrankung und den t�tigkeitsbezogenen Gef�hrdun-gen…“ Wie schon der Gesetzestext vermeidet es auch der Verordnungstext, neben den Be-hçrden des Staatlichen Arbeitsschutz weitere Institutionen zu benennen, die in der Lagew�ren, in objektiver Weise zus�tzlich eine „…Ber�cksichtigung der besonderen f�r die ge-setzliche Unfallversicherung geltenden Bestimmungen…“ vorzunehmen (vgl. Kapitel C).
§ 7 Berufskrankheitenanzeige verweist auf die in Kapitel E vorgestellte [Berufskrank-heiten- und/d. V.] Unfallversicherungs – Anzeigeverodnung (UVAV).
2 Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste)
Anlage BKV
Nr. Krankheiten
1 Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten
11 Metalle und Metalloide
1101 Erkrankungen durch Blei oder seine Verbindungen1102 Erkrankungen durch Quecksilber oder seine Verbindungen1103 Erkrankungen durch Chrom oder seine Verbindungen1104 Erkrankungen durch Cadmium oder seine Verbindungen1105 Erkrankungen durch Mangan oder seine Verbindungen1106 Erkrankungen durch Thallium oder seine Verbindungen1107 Erkrankungen durch Vanadium oder seine Verbindungen1108 Erkrankungen durch Arsen oder seine Verbindungen1109 Erkrankungen durch Phosphor oder seine anorganischen Verbindungen1110 Erkrankungen durch Beryllium oder seine Verbindungen
12 Erstickungsgase
1201 Erkrankungen durch Kohlenmonoxid1202 Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff
13 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)
und sonstige chemische Stoffe
1301 Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere Neubildungen der Harn-wege durch aromatische Amine
Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 23
1302 Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe1303 Erkrankungen durch Benzol, seine Homologe oder durch Styrol1304 Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen des Benzols oder sei-
ner Homologe oder ihrer Abkçmmlinge1305 Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff1306 Erkrankungen durch Methylalkohol (Methanol)1307 Erkrankungen durch organische Phosphorverbindungen1308 Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungen1309 Erkrankungen durch Salpeters�ureester1310 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylaryloxide1311 Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, oder Alkylarylsulfide1312 Erkrankungen der Z�hne durch S�uren1313 Hornhautsch�digungen des Auges durch Benzochinon1314 Erkrankungen durch para-terti�r-Butylphenol1315 Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-
zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
1316 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid1317 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lçsungsmittel
oder deren Gemische
Zu den Nummern 1101 bis 1110, 1201 und 1202, 1303 bis 1309 und 1315:Ausgenommen sind Hauterkrankungen. Diese gelten als Krankheiten imSinne dieser Anlage nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemein-erkrankung sind, die durch Aufnahme der sch�digenden Stoffe in den Kçrperverursacht werden, oder gem�ß Nummer 5101 zu entsch�digen sind.
2 Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten
21 Mechanische Einwirkungen
2101 Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie derSehnen- oder Muskelans�tze, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
2102 Meniskussch�den nach mehrj�hrigen andauernden oder h�ufig wiederkeh-renden, die Kniegelenke �berdurchschnittlich belastenden T�tigkeiten
2103 Erkrankungen durch Ersch�tterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugenoder gleichartig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen
2104 Vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen an den H�nden, die zur Unter-lassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich warenoder sein kçnnen
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24 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
2105 Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch st�ndigen Druck2106 Drucksch�digung der Nerven2107 Abrißbr�che der Wirbelforts�tze2108 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch langj�h-
riges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langj�hrige T�tigkeitenin extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
2109 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbels�ule durch langj�h-riges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller T�-tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerungoder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
2110 Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch lang-j�hrige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkçrperschwingungenim Sitzen, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�rdie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krank-heit urs�chlich waren oder sein kçnnen
2111 Erhçhte Zahnabrasionen durch mehrj�hrige quarzstaubbelastende T�tig-keit
22 Druckluft
2201 Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft
23 L�rm
2301 L�rmschwerhçrigkeit
24 Strahlen
2401 Grauer Star durch W�rmestrahlung2402 Erkrankungen durch ionisierende Strahlen
3 Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten
sowie Tropenkrankheiten
3101 Infektionskrankheiten, wenn der Versicherte im Gesundheitsdienst, in derWohlfahrtspflege oder in einem Laboratorium t�tig oder durch eine andereT�tigkeit der Infektionsgefahr in �hnlichem Maße besonders ausgesetztwar
3102 Von Tieren auf Menschen �bertragbare Krankheiten3103 Wurmkrankheiten der Bergleute, verursacht durch Ankylostoma duodenale
oder Strongyloides stercoralis3104 Tropenkrankheiten, Fleckfieber
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 39
Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 25
4 Erkrankungen der Atemwege und der Lungen,
des Rippenfells und Bauchfells
41 Erkrankungen durch anorganische St�ube
4101 Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)4102 Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung mit aktiver Lungentuberku-
lose (Siliko – Tuberkulose)4103 Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaub ver-
ursachte Erkrankungen der Pleura4104 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs
– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der
Pleuraoder– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub – Do-
sis am Arbeitsplatz von mindestens 25 Faserjahren { 25 x 106 [(Fa-sern/m3) x Jahre]}
4105 Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfells, des Bauchfellsoder des Perikards
4106 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Aluminiumoder seine Verbindungen
4107 Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallst�ube bei der Herstellungoder Verarbeitung von Hartmetallen
4108 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Thomasmehl(Thomasphosphat)
4109 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Nickel oderseine Verbindungen
4110 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen durch Kokereiroh-gase
4111 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unterTage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulati-ven Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m3) x Jahre]
4112 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (Si02)bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tu-berkulose)
42 Erkrankungen durch organische St�ube
4201 Exogen – allergische Alveolitis4202 Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen durch Rohbaum-
woll-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose)4203 Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen durch St�ube
von Eichen- oder Buchenholz
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26 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
43 Obstruktive Atemwegserkrankungen
4301 Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankun-gen (einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller T�tigkeiten ge-zwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wie-deraufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
4302 Durch chemisch – irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte ob-struktive Atemwegserkrankungen, die zur Unterlassung aller T�tigkeitengezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder dasWiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
5 Hautkrankheiten
5101 Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen, die zur Unterlas-sung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Ver-schlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich warenoder sein kçnnen
5102 Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungen durchRuß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder �hnliche Stoffe
6 Krankheiten sonstiger Ursache
6101 Augenzittern der Bergleute
Juristisch gesehen handelt es sich bei der „Anlage BKV“ um eine Liste von „Versicherungs-f�llen“. Die Systematik dieser Berufskrankheitenliste mit 68 Positionen weist historisch ge-wachsene Besonderheiten auf:
Es gibt Berufskrankheiten ohne Bezeichnung einer klinischen Diagnose („Erkrankungendurch…“), die als sog. „offene Tatbest�nde“ im Berufskrankheitenverfahren große prakti-sche Probleme aufwerfen. Im Aufbau der als Empfehlung an die Mitgliedsstaaten bekanntenEurop�ischen Berufskrankheitenliste (Kommission der EG, 2003) spiegelt sich die gleicheProblematik wider. Der klinische Hintergrund dieser Berufskrankheiten erçffnet sich erstdurch das Studium der dazugehçrigen Merkbl�tter (Kapitel G), die vom Verordnungsgeber inchronologischer Reihenfolge zu jeder Berufskrankheit im Bundesarbeitsblatt verçffentlichtwerden. Zus�tzlich werden in Kapitel F Krankheitsbilder nach medizinischen Fachgebietenaufbereitet, so daß deren Berufskrankheiten – Zuordnung nicht nur bei den „offenen Tat-best�nden“ erleichtert wird.
Weitere Unterschiede der Berufskrankheiten entsprechen gesetzlichen Vorgaben: Die inder Anlage BKV mçglichen Hinweise auf eine Verursachung der Berufskrankheiten durch„…T�tigkeiten in bestimmten Gef�hrdungsbereichen…“ (§ 9 (1) SGB VII) sind in der Berufs-krankheitenliste nicht einheitlich umgesetzt (vgl. BK-Nr. 3101: „Gesundheitsdienst“). Dabeikçnnte diese wertvolle Information bei allen Berufskrankheiten nicht nur zur Aufkl�rung derBetroffenen, sondern auch zum Ergreifen von Pr�ventionsmaßnahmen dienlich sein.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 41
Anlage der BKV (Berufskrankheitenliste) 27
Sozialpolitisch problematisch erscheint die Tatsache, dass die Anerkennungsvorausset-zung „…Unterlassung aller T�tigkeiten…“ (§ 9 (4) SGB VII) zwar unter pr�ventivmedizi-nischen Aspekten sinnvoll erscheint, die Berufsaufgabe aufgrund von Berufskrankheitenaber nur bei neun der 68 enumerierten Krankheiten verlangt wird.
In zwei F�llen sind analog zu den „pack-years“ bei Rauchern Dosis-Wirkungs-Beziehun-gen in Form von (Asbest-) Faserjahren (BK-Nr. 41 04) und (Kohle-/Gesteins-) Feinstaubjah-ren (BK-Nr. 41 11) vorgegeben.
Grunds�tzlich ist erg�nzend zu den einschr�nkenden Entsch�digungsvoraussetzungen(Berufsaufgabe, Dosisgrenzwert) anzumerken, dass auch klinische Fr�hstadien als Berufs-krankheiten „dem Grunde nach“ Pr�ventionsmaßnahmen nach § 3 BKV bedingen.
Literaturhinweis:Empfehlung der Kommission �ber die Europ�ische Liste der Berufskrankheiten (Kommission der EG,
2003)Les maladies professionelles (INRS, 2004)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 42
28 Berufskrankheiten-Verordnung (BKV)
EUnfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)
Die gesetzliche Anzeigepflicht des Unfallversicherungsfalls „Berufskrankheit“ einschließ-lich der Erm�chtigungsgrundlage f�r die UVAV ist im SGB VII geregelt. Im Grunde handelt essich nicht um die strafrechtliche Anzeige einer Person, sondern um die Meldung eines Sach-verhaltes.
Die UVAV ist mit Zustimmung des Bundesrats am 1. August 2002 in Kraft getreten (BGBl.I S. 554).
Hervorzuheben ist als historische Tatsache, dass die Berufskrankheiten-Anzeigepflichtzum ersten Mal in einer separaten Verordnung geregelt wird. Diese beinhaltet �berwiegendformale Vorgehensweisen, sodass die Definition von Anzeigekriterien einer �nderungsver-ordnung vorbehalten bleibt.
1 Verf�gender Teilder [Berufskrankheiten – und/d. V.]Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung
Verordnung �ber die Anzeige von Versicherungsf�llen
in der gesetzlichen Unfallversicherung
(Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung – UVAV)
Vom 23. Januar 2002
Auf Grund des § 193 Abs. 8 und des § 202 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetz-buch – Gesetzliche Unfallversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 7. August 1996,BGBl. I S. 1254), von denen § 193 Abs. 8 durch Artikel 1 Nr. 7 des Gesetzes vom17. Juli 2001 (BGBl. I S. 1600) ge�ndert worden ist, verordnet das Bundesministe-rium f�r Arbeit und Sozialordnung:
§ 1
Anwendungsbereich
Die Anzeige von Unf�llen und Berufskrankheiten, die nach den §§ 193 und 202 desSiebten Buches Sozialgesetzbuch zu erstatten ist, richtet sich nach den Bestimmungendieser Verordnung.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 43
§ 2
Anzeige von Unf�llen
(1) Die Anzeige eines Unfalls nach § 193 Abs. 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuchist von den Unternehmern und f�r Versicherte nach § 2 Abs. 1 Nr. 15 Buchstabe ades Siebten Buches Sozialgesetzbuch von den Tr�gern der Einrichtungen auf Vordru-cken nach dem Muster der Anlage 1 zu erstatten.(2) Die Anzeige eines Unfalls f�r Kinder in Tageseinrichtungen, Sch�ler und Studie-rende nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch ist von den Unter-nehmern oder, wenn der Schulhoheitstr�ger nicht Unternehmer ist, von den Schulho-heitstr�gern (§ 193 Abs. 3 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch) aufVordrucken nach dem Muster der Anlage 2 zu erstatten.
§ 3
Anzeige von Berufskrankheiten
(1) Die �rzte und Zahn�rzte haben bei begr�ndetem Verdacht auf das Vorliegen einerBerufskrankheit die Anzeige nach § 202 Satz 1 des Siebten Buches Sozialgesetzbuchauf Vordrucken nach dem Muster der Anlage 3 zu erstatten.(2) Die Unternehmer haben bei Anhaltspunkten f�r das Vorliegen einer Berufskrank-
heit die Anzeige nach § 193 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch auf Vordru-cken nach dem Muster der Anlage 4 zu erstatten.
§ 4
Gestaltung der Vordrucke, Erl�uterungen, Hinweise
(1) Die Grçße der Vordrucke betr�gt 297 x 210 mm (Format DIN A 4).(2) Die Spitzenverb�nde der Unfallversicherungstr�ger kçnnen im Benehmen mit demBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung f�r jeden Vordruck nach dem Mus-ter der Anlagen 1 bis 4 bundeseinheitliche Erl�uterungen erstellen.(3) Die anzeigepflichtigen Unternehmer haben die Versicherten auf ihr Recht hin-zuweisen, eine Kopie der Anzeige zu verlangen.
§ 5
Anzeige durch Daten�bertragung
(1) Die Anzeigen nach den §§ 2 und 3 und die Durchschriften kçnnen im Einverneh-men mit dem Anzeigeempf�nger auch im Wege der Daten�bertragung �bermitteltwerden, soweit die Darstellung der Anzeige nach Form und Inhalt dieselben Felderund Texte wie das f�r die entsprechende Anzeige vorgesehene Formular enth�lt.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 44
30 Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)
(2) Wird die Anzeige durch Daten�bertragung erstattet, ist in ihr anzugeben, welchesMitglied des Betriebs- oder Personalrats vor der Absendung von ihr Kenntnis genom-men hat.(3) Bei der Daten�bertragung sind geeignete Maßnahmen zur Sicherstellung von Da-tenschutz und Datensicherheit nach dem jeweiligen Stand der Technik vorzusehen;bei der Nutzung allgemein zug�nglicher Netze sind Verschl�sselungsverfahren anzu-wenden.
§ 6
In-Kraft-Treten, Außer-Kraft-Treten
(1) Diese Verordnung tritt am 1. August 2002 in Kraft.(2) Gleichzeitig treten § 7 der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997(BGBl. I S. 2623) und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift �ber die Neufassung desMusters f�r Unfallanzeigen vom 31. Juli 1973 (BAnz. Nr. 143 vom 3. August 1973)außer Kraft.
§ 3 Anzeige von Berufskrankheiten wiederholt die gesetzlichen Formulierungen, denenzu Folge „…bei begr�ndetem Verdacht…“ die �rzteschaft, bzw. „…bei Anhaltspunkten…“die Unternehmer…“ der Berufskrankheiten-Anzeigepflicht unterliegen (vgl. Kapitel C). Ob-wohl im SGB VII eine Konkretisierung die Begriffe „Verdacht“ und „Anhaltspunkte“ durchdie Verordnung nicht ausgeschlossen wird, formuliert die UVAV keine Anzeigekriterien. DieBegr�ndung des „Berufskrankheitenverdachts“ bleibt dem �rztlichen Wissen und Gewissen�berlassen! Hilfestellungen finden sich in einigen Merkbl�ttern (Kapitel G), wobei fest-zuhalten ist, dass es sich dabei nicht um rechtsverbindliche Regelwerke handelt. Inwieweitandererseits die Vorgaben von Berufskrankheiten-Anzeigekriterien durch die Unfallver-sicherungstr�ger dem Geist des Gesetzes entsprechen, wird von den Anzeigenden kritischzu w�rdigen sein.
§ 5 Anzeige durch Daten�bertragung spricht die „Anzeigeempf�nger“ nur in abstrak-ter Form an, weil diese bereits im Gesetz (§ 193 (2) und § 202 SGB VII) konkretisiert sind(Kapitel C).
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 45
Verf�gender Teil der UVAV 31
2 Anlagen 3 und 4 der UVAV(Berufskrankheiten-Anzeigenformulare)
Anlage 3
�rztliche Anzeige bei Verdacht auf eine Berufskrankheit
1 Name und Anschrift des Arztes
2 Empf�nger
3 Name, Vorname des Versicherten 4 Geburtsdatum Tag Monat Jahr
5 Straße, Hausnummer Postleitzahl Ort
6 Geschlecht 7 Staatsangehçrigkeit
& m�nnlich & weiblich
8 Ist der Versicherte verstorben? Tag Monat Jahr
& nein & ja, am
9 Fand eine Leichençffnung statt? Wenn ja, wann und durch wen?
10 Welche Berufskrankheit, Berufskrankheiten kommen in Betracht? (ggf. BK-Nummer)
11 Krankheitserscheinungen, Beschwerden des Versicherten, Ergebnis der Untersuchung
mit Diagnose (Befundunterlagen bitte beif�gen), Angaben zur Behandlungsbed�rftigkeit
12 Wann traten die Beschwerden erstmals auf?
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 46
32 Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)
13 Erkrankungen oder Bereiche von Erkrankungen, die mit dem Untersuchungsergebnis
in einem urs�chlichen Zusammenhang stehen kçnnen
14 Welche gef�hrdenden Einwirkungen und Stoffe am Arbeitsplatz bzw. welche T�tig-
keiten werden f�r die Entstehung der Erkrankung als urs�chlich angesehen? Welche
T�tigkeiten �bt/�bte der Versicherte wie lange aus?
15 Besteht Arbeitsunf�higkeit? Wenn ja, voraussichtlich wie lange?
16 In welchem Unternehmen ist der Versicherte oder war er zuletzt t�tig? In welchem
Unternehmen war er den unter Nummer 14 genannten Einwirkungen und Stoffen
zuletzt ausgesetzt?
17 Krankenkasse des Versicherten (Name, PLZ, Ort)
18 Name und Anschrift des behandelnden Arztes/Krankenhauses (soweit bekannt auch
Telefon- und Faxnummer)
19 Der Unterzeichner best�tigt, den Versicherten �ber den Inhalt der Anzeige und den
Empf�nger (Unfallversicherungstr�ger oder f�r den medizinischen Arbeitsschutz
zust�ndige Landesbehçrde) informiert zu haben.
20 Datum Arzt Telefon-Nr. f�r R�ckfragen (Ansprechpartner)
Bank/Postbank Kontonummer Bankleitzahl
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 47
Anlagen 3 und 4 der UVAV (BK-Anzeigenformulare) 33
Anlage 4
Anzeige des Unternehmers bei Anhaltspunkten f�r eine Berufskrankheit
1 Name und Anschrift des Unternehmens 2 Unternehmensnummerdes Unfallversicherungstr�gers
3 Empf�nger
4 Name, Vorname des Versicherten 5 Geburtsdatum Tag Monat Jahr
6 Straße, Hausnummer Postleitzahl Ort
7 Geschlecht 8 Staatsangehçrigkeit 9 Leiharbeitnehmer
& m�nnlich & weiblich & ja & nein
10 Auszubildender 11 Ist der Versicherte & Unternehmer & Ehegatte des Unternehmers
& ja & nein & mit dem Unternehmer verwandt & Gesellschafter/Gesch�ftsf�hrer
12 Anspruch auf Entgeltfortzahlung 13 Krankenkasse des Versicherten
besteht f�r Wochen (Name, PLZ, Ort)
14 Welche Krankheitserscheinungen liegen vor, die Anhaltspunkte f�r die Anzeige bilden?
Welche Beschwerden �ußert der Versicherte? Auf welche gef�hrdenden Einwirkungen
und Stoffe f�hrt er die Beschwerden zur�ck?
15 Welche gef�hrdenden T�tigkeiten hat der Versicherte ausge�bt? Welchen gef�hrdenden
Einwirkungen und Stoffen war er bei der Arbeit ausgesetzt?
16 Wurden arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchgef�hrt? Wenn ja, durch
wen und wann?
17 Wurden die unter Nummer 15 genannten Gef�hrdungsfaktoren am Arbeitsplatz des
Versicherten �berpr�ft (z. B. Gef�hrdungsbeurteilung, Messungen), wenn ja mit
welchem Ergebnis?
18 Datum Unternehmer/Bevollm�chtigter Betriebsrat (Personalrat) Telefon-Nr. f�r R�ckfragen(Ansprechpartner)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 48
34 Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung (UVAV)
Sowohl im Formular f�r die �rztliche Anzeige (Anlage 3) als auch in der Unternehmer-anzeige (Anlage 4) sind als „Empf�nger“ laut Gesetz (§ 193 (2) und § 202 SGB VII) dieUnfallversicherungstr�ger (Auflistung siehe Kapitel L) oder bei �rztlichen Berufskrankhei-tenanzeigen alternativ die Landesgewerbe�rzte bzw. Staatlichen Gewerbe�rzte mit Sitz inden jeweiligen Landeshauptst�dten (Auflistung mit Adressen siehe Kapitel L) einzusetzen.
Die nahe liegende Frage nach dem laut Arbeitssicherheitsgesetz (ASiG) von dem Unter-nehmen bestallten Betriebsarzt wird in beiden Formularen nicht gestellt.
Literaturhinweis:Aufzeichnung und Meldung von Arbeitsunf�llen und Berufskrankheiten sowie IAO-Liste der Berufs-
krankheiten (Internationales Arbeitsamt, 2001)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 49
Anlagen 3 und 4 der UVAV (BK-Anzeigenformulare) 35
FBerufskrankheiten nach Fachgebieten(B�K-Enumeration)
Die verschiedenen Krankheitsbilder der enumerierten Berufskrankheiten sind in diesem Ka-pitel den entsprechenden medizinischen Fachgebieten einschließlich Zahnheilkunde zuge-ordnet. Deren Auswahl (Gebiete und Schwerpunkte) und Nummerierung basieren auf § 2(1) der (Muster-) Weiterbildungsordnung der Bundes�rztekammer (B�K, 1992). Mit separaterNummer ist die Zahnheilkunde beigef�gt.
Die tabellarische Aufstellung dient dem Erkennen einer Berufskrankheit anhand der kli-nischen Befundkonstellation und ferner der Optimierung einer konsiliarischen Zusammen-arbeit unter den verschiedenen Fachdisziplinen.
Aufgrund der systematischen Gliederung – vorgegeben durch die Berufskrankheiten-Ver-ordnung und die Weiterbildungsordnung – wird, von der klinischen Symptomatik ausge-hend, die Orientierung zum Auffinden der dazu gehçrigen Merkbl�tter (Kapitel G) sowie derwissenschaftlichen Begr�ndungen (Kapitel H und I) zu den einzelnen Berufskrankheitenerleichtert.
Literaturhinweis:The use of international classification of diseases (ICD-10) in occupational health (M�sch, 1998)Gebietsgrenzen (Schulenberg, 2003)Anhaltspunkte f�r die �rztliche Gutachtert�tigkeit (BMGS, 2004)
1 Allgemeinmedizin
– Alle Berufskrankheiten –
Literaturhinweis:Allgemeinmediziner und Berufskrankheiten (Kommission der EG, 1993)
4 Arbeitsmedizin
– Alle Berufskrankheiten –
Literaturhinweis:Arbeitsmedizin, Band 2: Berufskrankheiten (Valentin et al., 1985)Encyclopaedia of Occupational Health and Safety (ILO, 1989)Les maladies professionelles (INRS, 2004)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 50
5 Augenheilkunde
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 03 (Chrom) Konjunktivitis, Hornhautsch�denNr. 11 08 (Arsen) Chemosis, Hornhautulzera, KonjunktivitisNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) ErblindungNr. 12 02 (Schwefelwasserstoff) Konjunktivitis, Hornhautsch�digung,
LidkrampfNr. 13 03 (Benzol/Styrol) NetzhautblutungenNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Akkomodationsstarre, Miosis, Tr�nenflussNr. 13 13 (Benzochinon) Keratektasie, Ulcus serpensNr. 13 15 (Isocyanate) Hornhautsch�digungNr. 24 01 (W�rmestrahlung) Katarakt, „Feuerlamellen“Nr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) KataraktNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– AIDS (Retinopathie),– Zytomegalie (Retinitis)
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Leptospirose (Iridozyklitis),– Newcastle-Krankheit, Pasteurellose,
Tular�mie, Yersiniose (Konjunktivitis),– Katzenkratzkrankheit (Erblindung),– Sporotrichose,– Toxoplasmose
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalt) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 61 01 (Bergleute) Nystagmus
Literaturhinweis:Auge (Kirchhof und Schrage, 2002)
9 Frauenheilkunde
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 13 03 (Benzol) Schleimhautblutungen (Uterus-)Nr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Amenorrhç, Sterilit�t, EmbryopathieNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:AIDS, Rçteln, Virushepatitiden A, B, und C,Windpocken, Zytomegalie
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Tuberkulose (Genital-)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 51
Augenheilkunde 37
– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:Campylobacter- Inf., Chlamydiosen,Leptospirosen, Listeriose, Lyme-Borreliose,Choriomeningitis, Toxoplasmose
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalt) Tropenkrankheiten, Fleckfieber
Literaturhinweis:Reproduktionsorgane – Fertilit�t (Neulen, 2002)Reproduktion und Entwicklung (Jçdicke und Neubert, 2004)
10 Hals-Nasen-Ohrenheilkunde
Berufskrankheit KranheitsbilderNr. 11 02 (Quecksilber) Stomatitis mercurialis (Parotis),
„Quecksilberrachen“Nr. 11 03 (Chrom) Nasenkrebs, SeptumperforationNr. 11 04 (Cadmium) Anosmie, Nasenschleimhaut
-Atrophie/-UlzerationenNr. 11 08 (Arsen) SeptumperforationNr. 13 03 (Benzol) SchleimhautblutungenNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Atemwegstumoren, Nebenhçhlen-
affektionenNr. 22 01 (Druckluft) Tinnitus, Schwerhçrigkeit,
(M. Meni�re)Nr. 23 01 (L�rm) Schwerhçrigkeit (Innenohr-/
Schallempfindungs-)Nr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– AIDS, Diphtherie, Pertussis, Masern,Mononukleose, Mumps, Scharlach,Virusgrippe
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Listeriose (Monozytenangina),– Rattenbisskrankheit
(pharyngolaryngeale Symptome),– Sporotrichose (Schleimhaut),– Streptococc.-equi– Inf. (Pharyngitis),– Streptococc.-suis– Inf. (Taubheit)
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalt) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 04 (Asbest) LarynxkarzinomNr. 41 09 (Nickel) AtemwegstumorenNr. 41 10 (Kokereirohgase) Atemwegstumoren
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 52
38 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
Nr. 42 03 (Eichen-/Buchenholz) Adenokarzinome (nasale ~)Nr. 43 01 (Allergisierende Stoffe) Rhinopathie (allerg.)BK nach § 9 (2) SGB VII (Lederstaub) Nasenkrebs
Literaturhinweis:HNO (Engelke und Westhofen, 2002)Occupational Respiratory Cancer (M�sch, 2005)
11 Haut- und Geschlechtskrankheiten
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) „Bleikolorit“Nr. 11 02 (Quecksilber) Dermatitis mercurialisNr. 11 03 (Chrom) Ekzeme, „Chromatgeschw�re“Nr. 11 06 (Thallium) Lunulastreifen, HaarausfallNr. 11 07 (Vanadium) EkzemeNr. 11 08 (Arsen) Melanose, Hyperkeratosen (Tumoren), Efflo-
reszenzen, Haarausfall, Mees-Nagelb�nderNr. 11 09 (Phosphor) Hautblutungen, VerbrennungenNr. 11 10 (Beryllium) Granulome, KeloideNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) Ekzeme, Chlorakne, Pernakrkht., Haarausfall,
PorphyrieNr. 13 03 (Benzol/Styrol) Ekzeme, HautblutungenNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.
d. Benzols) HauterkrankungenNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Hautsch�denNr. 13 08 (Fluor) KolliquationsnekrosenNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) Chlorakne, Pernakrkht., Nekrosen,
DermatitidenNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) FurunkoloseNr. 13 14 (Butylphenol) Vitiligo, KontaktdermatitisNr. 13 15 (Isocyanate) Urtikaria, Kontaktekzem, DermatitidenNr. 21 04 (Vibration/H�nde) „Weißfingerkrankheit“, Raynaud-SyndromNr. 22 01 (Druckluft) �deme, MarmorierungNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Rçntgenoderm, Poikilodermie, Epilation,
Warzen, KarzinomeNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– AIDS (Kaposi-Sarkom), Herpes,Inokulationstuberkulose, Masern,Ringelrçteln, Rçteln, Scharlach, Syphillis,Windpocken
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 53
Haut- und Geschlechtskrankheiten 39
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– SVD-Virus-Inf. (Bl�schen, Aphthen),– EHEC-Inf. (Purpura/TTP),– Katzenkratzkrankheit. (Exanthem,
general.),– Listeriose, (Papeln, Pusteln),– Lyme-Borreliose (Erythema migr.,
Akrodermatitis chron. atroph.)– Maul- und Klauenseuche,– Melkerknoten,– Mikrosporie (Tinea capitis/corporis),– Milzbrand (Karbunkel),– Pasteurellose (Phlegmone, Abszess),– Rattenbisskrankheit. (�dem, Ulzerationen,
Exanthem),– Erysipeloid,– Sporotrichose,– Pocken (Tier-),– Trichophytie,– Tuberkulose (Haut-/Genital-)– Tular�mie (Ulzera, Knoten)– Yersiniose (Erythema nodosum)
Nr. 31 03 (Bergleute) Wurmkrankheit (Urtikaria, �deme)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 51 01 (Hauterkrankungen) Kontaktekzeme (allerg./degen. – tox.),
�lakne, UrtikariaNr. 51 02 (Ruß, Teer, Pech…) Hautkrebs, Pr�kanzerosen (Teer- und
Pechwarzen)
Literaturhinweis:Das Berufsekzem (M�ller, 1980)Haut (Merk, 2002)Haut (Merk, 2004)
15 Innere Medizin
Die Berufskrankheiten – Zuordnung erfolgt entsprechend der Weiterbildungsordnung (B�K,1992) an Hand der internistischen Schwerpunkte (15.C.):15.C.1 Angiologie15.C.2 Endokrinologie15.C.3 Gastroenterologie
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40 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 55
15.C.4 H�matologie15.C.5 Kardiologie15.C.6 Nephrologie15.C.7 Pneumologie
15.C.1 AngiologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 08 (Arsen) Gef�ßerkrankungen, Akrozyanose, Gangr�nNr. 11 09 (Phosphor) H�morrhagische DiatheseNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) Gef�ßver�nderungen (Durchl�ssigkeit),
Gef�ßl�hmungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) H�mangioendothelsarkom (Leber)Nr. 13 03 (Benzol/Styrol) H�morrhagische DiatheseNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) ArterioskleroseNr. 13 09 (Salpeters�ureester) Blutgef�ßerweiterungNr. 21 04 (Vibration/H�nde) Vasospasmus, DurchblutungsstçrungenNr. 22 01 (Druckluft) Ebullismus: Gasembolien, Gef�ß-
erweiterungenNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– AIDS (Kaposi-Sarkom)Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
– EHEC-Inf. (Mikroangiopathie/TTP),– Erysipeloid, Sporotrichose
(Lymphangitis),– Streptococc.-equi – Inf., Toxoplasmose
(Lymphadenopathie),– Trichophytie, Tular�mie (Lymphknoten-
schwellung)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber
15.C.2 EndokrinologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 05 (Mangan) M. BasedowNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) Inkretionsstçrungen (Nebenniere)Nr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Hormonstçrungen (Nebennierenrinde)Nr. 13 14 (Butylphenol) Struma diffusaNr. 24 02 (Ionisierende Strahlen) Schilddr�senkrebs
Literaturhinweis:Endokrin wirkende Substanzen (Weber et al., 2002)Endokrine Systeme (Thomas et al., 2004)
Innere Medizin 41
15.C.3 GastroenterologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) Gastro-Duodenal-Ulzera,
„Bleikoliken“Nr. 11 02 (Quecksilber) D�nn-Dickdarm-Schleimhautnekrosen,
DiarrhçenNr. 11 03 (Chrom) �sophagitis, GastritisNr. 11 04 (Cadmium) LeberparenchymschadenNr. 11 05 (Mangan) LeberparenchymschadenNr. 11 08 (Arsen) Leberparenchymschaden, Leberschwellung
(Ikterus), LebertumorenNr. 11 09 (Phosphor) Leberdystrophie, LeberzirrhoseNr. 11 10 (Beryllium) LeberparenchymschadenNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) Hepatopathie, VerdauungsstçrungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) Lebersarkom, Leber-Milz-Vergrçßerung, �so-
phagusvarizenNr. 13 03 (Benzol, Styrol) Magen-Darm-StçrungenNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.
d. Benzols) HepatopathieNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Magen-Darm-StçrungenNr. 13 06 (Methanol) LeberschwellungNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Magen-Darm-Dr�sensekretionssteigerung,
Spasmus, KolikenNr. 13 08 (Fluor) Magen-Darm-Ver�tzungen, Lebersch�denNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) Hepatitis (tox.), Leberzellsch�denNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Magenkrebs, GastroenteritidenNr. 13 14 (Butylphenon) HepatoseNr. 13 16 (Dimethylformamid) LebererkrankungenNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– Virushepatitis (Hepatomegalie, Leberver-sagen/-zirrhose/-karzinom), Cholera,Dysenterie, Helikobakter-/Rotavirus-Inf.,Salmonellose, Typhus, Zytomegalie
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Balantidienruhr,– Brucellose (Milz-/Leber- Granulome),– Campylobacter-Inf. (Gastritis, Kolitis,
Peritonitis, Proktitis),– Echinokokkose (Leber-/Milz-/Peritoneal-
zysten),– EHEC-Inf. (Enteritis),
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 56
42 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
– Giardiasis,– Kryptosporidiose (Enterokolitis),– Leptospirose (Hepatitis),– Listeriose (Leberabszess),– Lyme-Borreliose (Magen-Darm-Symptome),– Milzbrand (D�nndarmkarbunkel,
Peritonitis),– Pasteurellose (Enteritis, Peritonitis),– Q-Fieber (Hepatitis, granulom.),– Toxoplasmose (Leber, Milz),– Tuberkulose (Peritonitis),– Tular�mie (Milzschwellung, Diarrhçen),– Yersiniose (Enteritis, Enterokolitis,
Leberzirrhose)Nr. 31 03 (Bergleute) Wurmkrankheit (Magen-Darm-
Symptomatik, Koliken, Diarrhçen)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 05 (Asbest) Mesotheliom (Peritoneal-)
Literaturhinweis:Vinylchlorid und Leber (Lelbach, 1977)Leber-Entgiftung (Marschall und Opfermann, 2002)Magen- und Darmerkrankungen (Nguyen, 2002)Morphologie und Funktion der Leber (Kahl, 2004)
15.C.4 H�matologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) An�mie („T�pfelzellen“)Nr. 11 08 (Arsen) An�mie (h�molyt.), Ikterus, LymphopenieNr. 12 01 (Kohlenmonoxyd) Kohlenmonoxydh�moglobin (CO-Hb)Nr. 13 03 (Benzol/Styrol)) H�matopoesesch�digung, Leuk�mie, An�mieNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.
d. Benzols)
Meth�moglobinbildung, An�mie,Heinz-Innenkçrper, Ikterus
Nr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Leukopenie, EosinophilieNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Leuk�mie, Plasmozytom, Lymphome, An�mieNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
Mononukleose, AIDS, ZytomegalieNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
– EHEC-Inf. (TTP/thrombotisch-thrombozyto-penische Purpura),
– Listeriose (Monozyten)Nr. 31 03 (Bergleute) Wurmkrankheit (Eosinophilie, An�mie)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 57
Innere Medizin 43
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber
Literaturhinweis:Blut bildendes System, Blut (Osieka, 2002)Blut und Blut bildende Organe (Eyer und Klimmek, 2004)
15.C.5 KardiologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 08 (Arsen) Herz-Kreislauf-StçrungenNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) Herz-Kreislauf-StçrungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) Reizbildungs-/Reizleitungsstçrung,
Arrhythmie, KreislaufversagenNr. 13 06 (Methanol) HypertonieNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Bradykardie, HypertonieNr. 13 08 (Fluor) Herzsch�denNr. 13 09 (Salpeters�ureester) Kreislaufkollaps, HerzversagenNr. 22 01 (Druckluft) Herzinfarkt (Gasembolie)Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
– Brucellose, Chlamydiose,Listeriose, Q-Fieber, Erysipeloid,Streptococc.-equi-Inf. (Endocarditis),
– Leptospirose (Myokarditis),– Salmonellose (Aortenklappenendo-
karditis),– Tular�mie (Pektangina)
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 03 (Asbest) PerikardplaquesNr. 41 05 (Asbest) Perikardmesotheliom
Literaturhinweis:Untersuchung und Beurteilung des Herzkranken (Knipping et al., 1960)Herzinsuffizienz (Erdmann, 2003)Vorhersagbarkeit einer koronaren Herzkrankheit im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeun-
tersuchung (Berghoff, 2004)Kardiotoxizit�t (Zolk und Eschenhagen, 2004)
15.C.6 NephrologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) SchrumpfniereNr. 11 02 (Quecksilber) Anurie, Ur�mieNr. 11 04 (Cadmium) Nierensch�den (Proteinurie)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 58
44 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 59
Nr. 11 08 (Arsen) Oligurie, Ur�mieNr. 11 09 (Phosphor) Olig-/Albumin-/H�maturieNr. 13 01 (Amine, aromat.) PyelonephritisNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) Nierensch�digungNr. 13 06 (Methanol) Anurie, Ur�mieNr. 13 08 (Fluor) Nierensch�digungNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) NephroseNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten:
– Zytomegalie (Glomerulonephritis)Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
– Chlamydiosen, Streptococc.-equi– Inf.(Glomerulonephritis),
– EHEC-Inf. (Niereninsuffizienz/HUS),– Nephropathia epidemica,– Leptospirose (Nephritis)
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber
Literaturhinweis:Niere (Baldamus und Friederes, 2002)Niere (Cojocel, 2004)
15.C.7 PneumologieBerufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 03 (Chrom) Bronchialkarzinom, Lungenfibrose,
BronchitisNr. 11 04 (Cadmium) Bronchitis, LungenemphysemNr. 11 05 (Mangan) „Manganpneumonie“Nr. 11 07 (Vanadium) Asthma, Bronchitiden, BronchopneumonieNr. 11 08 (Arsen) Bronchialkarzinom, BronchitidenNr. 11 10 (Beryllium) Pneumonie, „Berylliose“Nr. 12 02 (Schwefelwasserstoff) BronchopneumonieNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Bronchospasmus, LungenoedemNr. 13 08 (Fluor) Sch�den am RespirationstraktNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) BronchialkarzinomNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) Bronchialkarzinom, Bronchiektasie,
Bronchitis, EmphysemNr. 13 15 (Isocyanate) Alveolitis, Asthma, BronchitisNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Bronchialkarzinom, LungenfibroseNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– Tuberkulose, AIDS, Chlamydien-/Mykoplasmen-Inf., Legionellose,Virusgrippe, Zytomegalie
Innere Medizin 45
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 60
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Chlamydiosen (Pneumonie, interstit.),– Echinokokkose (Lungenzysten),– Hantavirus Pulmonary Syndrome,– Listeriose, Streptococc.-equi-Inf.
(Pleuritis, Pneumonie),– LCM (Bronchitis),– Milzbrand (Bronchopneumonie),– Pasteurellose (Asthma, Bronchitis,
Pneumonie),– Pneumozystose,– Q-Fieber (Pneumonie),– Sporotrichose,– Tuberkulose,– Tular�mie (Pleuritis)
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 01 (Quarz) Lungenfibrose („Silikose“)Nr. 41 02 (Quarz) SilikotuberkuloseNr. 41 03 (Asbest) Lungen-/Pleurafibrose („Asbestose“)Nr. 41 04 (Asbest) BronchialkarzinomNr. 41 05 (Asbest) PleuramesotheliomNr. 41 06 (Aluminium) Lungenfibrose/-schrumpfung
(„Aluminose“), SpontanpneumothoraxNr. 41 07 (Hartmetall) LungenfibroseNr. 41 08 (Thomasmehl) Bronchitis, PneumonieNr. 41 09 (Nickel) BronchialkarzinomNr. 41 10 (Kokereirohgase) BronchialkarzinomNr. 41 11 (Steinkohlenbergbau) Bronchitis, LungenemphysemNr. 41 12 (Siliziumdioxid, kristallin) BronchialkarzinomNr. 42 01 (Organische St�ube) Alveolitis, (exogen-allerg.)Nr. 42 02 (Baumwolle, Flachs und Hanf) Pneumokoniose („Byssinose“)Nr. 43 01 (Allergisierende Stoffe) Asthma (allerg.)Nr. 43 02 (Chem.-irritat./tox. Stoffe) Asthma, BronchitisBK nach § 9 (2) SGB VII (PAK) BronchialkarzinomBK nach § 9 (2) SGB VII (Schweißrauch) Schweißerlungenfibrose
Literaturhinweis:Klinik der Lungenkrankheiten (Knipping und Rink, 1964)Occupational Respiratory Diseases (Merchant, 1986)Guidelines for the ILO International Classification of Radiographs of Pneumoconiosis (ILO, 2000)Atemwegs- und Lungenerkrankungen (Breuer und Hanrath, 2002)Respirationstrakt (Muhle und McClellan, 2004)Occupational Respiratory Cancer (M�sch, 2005)Occupational Lung Cancer (Woitowitz und M�sch, 2005)
46 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
17 Kinderheilkunde/Neonatologie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 13 08 (Fluor) „Dentalfluorose“ (Zahnschmelz)Nr. 24 0 2 (Ionisierende Strahlung) EmbryopathieNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten
– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:AIDS, Rçteln, Virushepatitiden A, B, und C,Windpocken, Zytomegalie
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen– Gesundheitssch�den der Leibesfrucht:
Leptospirosen, Listeriose, Lyme-Borrelliose, Choriomeningitis, lymph.,Toxoplasmose
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber
21 Mikrobiologie/Infektionsepidemiologie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) InfektionskrankheitenNr. 31 02 (Tier � Mensch) ZoonosenNr. 31 03 (Bergleute) WurmkrankheitNr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 02 (Quarz) Silikotuberkulose
Literaturhinweis:Bioaerosole (K�mpfer, 2002)�ffentliches Gesundheitswesen (Exner, 2002)Infektionen in Klinik und Praxis (Vogel und Lebert, 2004)
22 Mund- Kiefer- Gesichtschirurgie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 09 (Phosphor) Osteomyelitis (Kieferknochen),
„Phosphornekrose“
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 61
Kinderheilkunde/Neonatologie 47
25 Neurologie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) Enzephalopathie, „Bleil�hmung“Nr. 11 02 (Quecksilber) Tremor mercurialis, Polyneuropathie,
EnzephalopathieNr. 11 05 (Mangan) „Manganismus“ (~ Morbus Parkinson)Nr. 11 06 (Thallium) Polyneuritis (Optikusneuritis),
Polyneuropathie (Bulb�rparalyse)Nr. 11 08 (Arsen) Polyneuropathie, NeuritidenNr. 11 10 (Beryllium) Nervenl�hmungenNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) EnzephalopathieNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) Enzephalopathie, Polyneuropathie,
retrobulb�re NeuritisNr. 13 03 (Benzol/Styrol) PolyneuropathieNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Enzephalopathie, Polyneuropathie
(N. acusticus, N. opticus), Pyramiden-bahnausf�lle
Nr. 13 06 (Methanol) Enzephalopathie, Polyneuropathie(Gehirnnerven/N. opt.)
Nr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) Enzephalopathie, MuskelsteifeNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) ZNS-Sch�den, PolyneuritidenNr. 13 17 (Lçsungsmittel, organ.) Polyneuropathie, EnzephalopathieNr. 21 04 (Vibration/H�nde) Sensibilit�tsstçrungenNr. 21 06 (Druck) Neurapraxie, Demyelinisierung, Axonotmesis
(Sensibilit�tsstçrungen, Paresen, Paralysen,Dystonie (fokale))
Nr. 21 08 (Lastenhandhabung) Lumbalsyndrom, Lumbago, Wurzel-/Kaudasyndrom
Nr. 21 09 (Schulterlasten) HWS-Syndrom, Zervikobrachiales/-zephales Syndrom
Nr. 21 10 (Vibration/Ganzkçrper) Lumbalsyndrom, Lumbago, Wurzel-/Kaudasyndrom
Nr. 22 01 (Druckluft) Polyneuropathie, Epilepsie,ZNS-Sch�digungen
Nr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) Infektionskrankheiten– Meningealtuberkulose,– AIDS (Enzephalopathie),– Meningokokkeninf.,– Poliomyelitis,– Rçteln, Zytomegalie (Enzephalitis)
Nr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 62
48 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
– Campylobacter-Inf. (Meningitis,Polyneuropathie),
– Echinokokkose (Gehirnzysten),– Brucellose, Listeriose, LCM, Toxoplasmose,
(Meningoenzephalitis),– EHEC-Inf. (ZNS-Herdzeichen/TTP),– Fr�hsommer-Meningoenzephalitis,– Katzenkratzkrankheit. (Enzephalopathie),– Lyme-Borreliose (Meningoradikulitis),– Milzbrand, Streptococc.-equi-/suis- Inf.,
Tuberkulose (Meningitis),– Tollwut,– BSE/TSE (s. Merkblatt – Kap. IV)
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberBK nach § 9 (2) SGB VII (mech. Bel.) Karpaltunnelsyndrom
Literaturhinweis:Nervensystem (Podoll und Noth, 2002)Nervensystem (Andreas und Ray, 2004)
28 �ffentliches Gesundheitswesen
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 31 01 (Gesundheitsdienst, Labor…) InfektionskrankheitenNr. 31 02 (Tier � Mensch) ZoonosenNr. 31 03 (Bergleute) WurmkrankheitNr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberNr. 41 02 (Quarz) Silikotuberkulose
Literaturhinweis:�ffentliches Gesundheitswesen (Exner, 2002)
29 Orthop�die
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 04 (Cadmium) Milkman-Syndrom: Osteoporose, Tibia-
verdickungen, Knochenfissuren,Nr. 11 09 (Phosphor) Hyperostose, Osteoporose, OsteomyelitisNr. 11 10 (Beryllium) RachitisNr. 12 02 (Halogenkolenwasserstoff) Akroosteolysen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 63
�ffentliches Gesundheitswesen 49
Nr. 13 08 (Fluor) „Knochenfluorose“ (Polyarthralgie, Band-ansatzverknçcherungen, Osteosklerose/-porose, Exostosen) Bambusstabwirbels�ule,Sehnen-/Gelenkkapselverkalkungen, Kreuz-beinfugenankylosierug
Nr. 21 01 (Mechanische Einwirkg.) Tendovaginitis crepitans/-stenosans,Periostosen (Epikondylitis, Styloiditis)
Nr. 21 02 (Mechanische Einwirkg.) Meniskopathie, Arthrosis deformansNr. 21 03 (Ersch�tterung) Arthrosis deformans, Osteochondrosis
dissecans, Pseudarthrosen, Nekrosen,Erm�dungsbruch
Nr. 21 05 (Druck) Schleimbeutelerkrankungen, HygromeNr. 21 07 (Mechanische Einwirkg.) Dornfortsatzabriss-/Erm�dungsbr�che
(H-BWS)Nr. 21 08 (Lastenhandhabung) Lumbalsyndrom, Osteochondrose,
Spondylose, Diskusprotrusion/-prolapsNr. 21 09 (Schulterlasten) HWS –, Zervikobrachiales/-zephales
Syndrom, Spondylose; Osteochondrose,Diskusprotrusion/-prolaps
Nr. 21 10 (Vibration/Ganzkçrper) Lumbalsyndrom, Osteochondrose,Spondylose, Diskusprotrusion/-prolaps
Nr. 22 01 (Druckluft) Ebullismus: Arthralgien, Gelenksch�denNr. 24 02 (Ionisierende Srahlung) RadioosteonekroseNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
– Brucellose (Knochengranulome, Arthritis,Osteomyelitis),
– Campylobacter-Inf., Lyme-Borreliose,Erysepeloid, Streptococc.-equi-Inf.,Yersiniose (Arthritis),
– Pasteurellose (Periostitis, Osteomylitis,Myositis),
– Salmonellose (Osteomyelitis),– Sporotrichose, Tuberkulose (Knochen-/Ge-
lenk-)Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, FleckfieberBK nach § 9 (2) SGB VII (mech. Bel.) GonarthroseBK nach § 9 (2) SGB VII (mech. Bel.) Karpaltunnelsyndrom
30 Pathologie
– Alle Berufskrankheiten –
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 64
50 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
Literaturhinweis:Anatomie, Physiologie, Pathophysiologie des Menschen (Thews et al.,1999)
31 Toxikologie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNrn. 11 01–13 17(Chemische Einwirkg.) VergiftungserscheinungenNrn. 41 01–41 12 (Anorganische
St�ube) Atemwegs-/PeritonealerkrankungenNrn. 42 01–42 03 (Organische St�ube) AtemwegserkrankungenNrn. 43 01–43 02 (Allerg./chem.-irrit./
tox. St.) AtemwegserkrankungenNrn. 51 01–51 02 (Hautsch�d.
Agenzien) Hautkrankheiten
Literaturhinweis:Genetische Disposition bei fremdstoffbedingten Erkrankungen (Hallier, 2001)Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie (Mutschler et al., 2001)Lehrbuch der Umweltmedizin (Dott et al 2002)Genotoxikologie (Brusik und M�sch, 2004)Lehrbuch der Toxikologie (Marquardt und Sch�fer, 2004)
32 Phoniatrie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 02 (Quecksilber) Psellismus mercurialisNr. 11 05 (Mangan) SprachstçrungenNr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoffe) SprachstçrungenNr. 13 07 (Phosphorverbdg., organ.) SprachstçrungenNr. 22 01 (Druckluft) Aphasie
36 Psychiatrie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) Psychosen, EnzephalopathieNr. 11 02 (Quecksilber) Erethismus mercurialis, Enzephalo-/
PsychopathieNr. 11 05 (Mangan) „Manganismus“ (~ Morbus Parkinson)Nr. 11 06 (Thallium) Korsakow-Syndrom, PsychosenNr. 12 01 (Kohlenmonoxid) Enzephalopathie
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 65
Toxikologie 51
Nr. 13 02 (Halogenkohlenwasserstoff) EnzephalopathieNr. 13 03 (Benzol/Styrol) PsychosyndromNr. 13 05 (Schwefelkohlenstoff) Psychotische Zust�ndeNr. 13 10 (Alkyl-/Aryl-/Alkylaryloxide) Erregungszust�ndeNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) DepressionNr. 13 17 (Lçsungsmittel, organ.) Enzephalopathie, Persçnlichkeits-
ver�nderungenNr. 22 01 (Druckluft) Psychische StçrungenNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen:
Toxoplasmose (Psych. Alterationen)
Literaturhinweis:Wirkungen auf psychische Funktionen– Wirkungen von physikalischen Noxen (Vogt, 2002)– Wirkungen chemischer Noxen (Winneke, 2002)– Befindlichkeitsstçrungen (Bullinger, 2002)Psychosomatische Medizin (Adler et al., 2003)
41 Urologie
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 13 01 (Amine, aromat.) Harnwegskrebs/-entz�ndungen, PapillomeNr. 13 04 (Nitro-/Aminoverbdg.
d. Benzols) Blasenkrebs/-papillomeNr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) BlasenkrebsNr. 24 02 (Ionisierende Strahlung) Oligo-/AzoospermieNr. 31 02 (Tier � Mensch) Zoonosen
– Campylobacter-Inf., Pasteurellose,Salmonellose (Harnwegsinfektion),
– Chlamydiosen (Orchitis),– Listeriose (Urethritis)– Sporotrichose (Neben-/Hoden)
Nr. 31 04 (Auslandsaufenthalte) Tropenkrankheiten, Fleckfieber
100 Zahnheilkunde
Berufskrankheit KrankheitsbilderNr. 11 01 (Blei) „Bleisaum“ (Gingiva-)Nr. 11 02 (Quecksilber) Gingivitis (Hg-Saum), Stomatitis mercurialis,
ZahnausfallNr. 11 04 (Cadmium) Zahnhalsgelbf�rbungNr. 11 09 (Phosphor) Osteomyelitis (Kieferknochen)
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52 Berufskrankheiten nach Fachgebieten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 67
Nr. 13 03 (Benzol/Styrol) ZahnfleischblutungenNr. 13 08 (Fluor) „Dentalfluorose“ (Zahnschmelz)Nr. 13 11 (Alkyl-/Aryl-/Alkylarylsulfide) ParodontoseNr. 13 12 (S�uren) Zahnschmelzzerstçrung, „Offener Biss“,
Zuckerb�ckerkariesNr. 21 11 (Quarz) Zahnabrasion, Biss-Senkung
Zahnheilkunde 53
GMerkbl�tter zu den Berufskrankheiten(BKV-Enumeration)
Herausgeber der Berufskrankheitenmerkbl�tter war in der Vergangenheit das Bundesminis-terium f�r Arbeit und Sozialordnung (BMA). Die fr�here Begrenzung auf „…die �rztlicheUntersuchung…“ wurde zwischenzeitlich aufgegeben. Alte Merkbl�tter (Wagner und Zer-lett, 1968) mit Bezug zu den Berufskrankheiten-Verordnungen auf Basis der Reichsversiche-rungsordnung (RVO) wurden inhaltsgleich den gleichnamigen Berufskrankheiten der BKVzugeordnet oder im Einzelfall fachlich aktualisiert. Den in diesem Kapitel im Wortlaut abge-druckten einzelnen Merkbl�ttern sind zur historischen Einordnung neben der aktuellenauch die �berholte BK-Nummer sowie die Literaturstelle vorangestellt.
Nach �bernahme der Zust�ndigkeit f�r die „Sozialordnung“ werden seit dem Jahre 2003die Berufskrankheitenmerkbl�tter von dem Bundesministerium f�r Gesundheit und SozialeSicherheit (BMGS) bekannt gemacht.
Die Merkbl�tter gelten in der Fachwelt als anerkannte Orientierungshilfen, ein rechts-verbindlicher Status kann ihnen wegen fehlender „Erm�chtigungsgrundlage“ (SGB VII,BKV) nicht zugesprochen werden.
Literaturhinweis:Merkbl�tter zu der Berufskrankheitenliste der Europ�ischen Gemeinschaften (Kommission der Euro-
p�ischen Gemeinschaften, 1972)Information notices on diagnosis of occupational diseases (European Commission, 1997)
1 Durch chemische Einwirkungenverursachte Krankheiten
Literaturhinweis:Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie (Mutschler et al., 2001)Lehrbuch der Umweltmedizin (Dott et al., 2002)Lehrbuch der Toxikologie (Marquardt und Sch�fer, 2004)Inhalative Noxen (Nowak, 2004)
11 Metalle und MetalloideMerkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 11 01 – Nr. 11 10 Anlage BKV
Literaturhinweis:Metalle und Metalloide (Wilhelm und Idel, 2002)Metalle (Sch�fer et al., 2004)
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Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 01 Anlage BKV
(Nr. 6/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 126–127
Erkrankungen durch Blei
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNeurol./PsychiatrieUro-/NephrologieH�matologieZahnheilkunde
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Blei (Pb), ein weiches, bei 327� C schmelzendes Metall, wird durch Verh�ttung vonErzen, insbesondere Bleiglanz, z. T. von Weiß- oder Vitriolbleierz, gewonnen.
In Staub- oder Dampfform oxydiert es in Luft zu kolloidalem Bleioxyd (PbO);sog. Bleirauch besteht aus Bleioxydteilchen.
Gefahrenquellen sind Arbeitsverfahren, bei denen Blei oder seine Verbindungen,insbesondere in Staub-, Rauch oder Dampfform (metallisches Pb verdampft wahr-nehmbar ab 550� C), auftreten.
Dies kann z. B. zutreffen in Blei- oder Zinkh�tten (Zinkerze enthalten oft Blei-glanz), beim Feilen, S�gen, Fr�sen, trockenen Schleifen oder Polieren von metalli-schem Blei oder Bleilegierungen. Weiterhin beim Mischen und Anreiben bleihaltigerFarben in Pulverform (z. B. Bleiweiß, bleihaltigem Zinkweiß, Mennige, Bleicyana-mid, Chromgelb, Chromrot, Neapelgelb) oder beim Aufspritzen der Farben mittelsSpritzpistole, beim Abb�rsten und Abbrennen von Bleifarbenanstrichen, beim Schnei-den oder Schweißen an mit Mennige oder anderen Bleifarben gestrichenen oder ver-bleiten Teilen (z. B. beim Verschrotten, Abwracken). Auch beim Warmnieten mitMennige gestrichener Eisenteile, Altmetallschmelzen, Homogenverbleien, Bleilçten,bei Arbeiten in Drahth�rtereien, der Herstellung von Lagerschalen aus Bleibronze,von Bleiakkumulatoren, beim Abziehen der Oxydschicht vom Bleibad (z. B. in Paten-tierereien) durch Verst�uben der sog. Kr�tze und beim Gl�tten (B�rsten, Schleifen)von Karosseriefugen u. �., die mit vorwiegend bleihaltigem Lçtzinn behandelt wur-den, bestehen Gesundheitsgefahren. Dies gilt auch f�r die Herstellung bleihaltigerGlasuren (Fritten), Emails, Dekors, Kristallgl�ser und die Verwendung von Bleiver-bindungen als Stabilisatoren und Gleitmittel in der Kunststoffindustrie.
Auch das Reinigen von mit Bleibenzin betriebenen Motoren, in denen Bleioxydoder Bleihalogenide als Verbrennungsr�ckstand vorkommen, kann eine Gefahren-quelle sein.
Die dem Vergaserkraftstoff als „Antiklopfmittel“ in Form des „Ethyl-Fluids“ bei-gef�gten Bleialkyle, wie Bleitetra�thyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), kçnnenbeim Mischen mit Benzin in Mischanlagen oder beim Reinigen der Bleibenzin-Lager-tanks von Bleischlamm die Gesundheit gef�hrden.
Der Umgang mit metallischem Blei, Bleirohren, Bleilettern, z. B. im graphischemGewerbe, oder mit bleihaltigem Benzin an Tankstellen stellt kaum eine spezifischeGesundheitsgefahr dar.
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 55
II. Aufnahme und Wirkungsweise
In Staub-, Rauch- oder Dampfform werden Blei oder seine Verbindungen haupts�ch-lich �ber die Atemwege aufgenommen. Aufnahme �ber den Magen-Darm-Trakt istebenfalls mçglich, jedoch in der Regel weniger gef�hrdend. Bleialkyle werden leichtdurch die Haut resorbiert.
Konzentration und Verweildauer im Blut kreisender Bleiverbindungen (sog. Blei-strom) und ihre Lçslichkeit in den Kçrpers�ften sind f�r die Erkrankung maßgebend.Die Bleialkyle haben infolge ihrer Lipoidlçslichkeit eine besondere Affinit�t zum Ge-hirn und anderen lipoidreichen Organen.
Blei sch�digt zellul�re Elemente durch Inaktivierung von Enzymen. Besonderswerden der Porphyrinstoffwechsel, die Blutbildungsst�tten, der Verdauungstrakt, dasGef�ßsystem sowie das zentrale und periphere Nervensystem betroffen.
Blei wird als relativ stabiles Bleiphosphat in Knochen abgelagert (sog. Depotblei)und u. U. dort wieder mobilisiert. Vor�bergehende Anreicherung in Leber, Milz undNieren ist mçglich. Die Ausscheidung erfolgt in Stuhl und Urin.
Erkrankungszeichen treten dann auf, wenn der Organismus nicht mehr f�hig ist,das meistens innerhalb eines l�ngeren Zeitraumes aufgenommene Blei auszuscheidenoder abzulagern.
III. Krankheitsbild und Diagnose
A.
Die akute Erkrankung infolge beruflich bedingter Einwirkung von Blei oder seinenanorganischen Verbindungen ist relativ selten. In der Regel handelt es sich um chro-nische oder subchronische Erkrankungen.
Folgende Entwicklungsstadien, die sich auch �berschneiden kçnnen, kann manunterscheiden:1. Klinisch stummes Vorstadium („Bleitr�ger“),2. kritisches Anfangsstadium („Pr�saturnismus“),3. ausgepr�gte Bleierkrankung („Saturnismus“),4. Sp�tkrankheiten.
Zu 1:Im klinisch stummen Vorstadium kommt es zun�chst zu einer verst�rkten Kopropor-phyrin-(III)-Ausscheidung im Urin. Es folgt eine Vermehrung basophil get�pfelterErythrocyten („T�pfelzellen“) und evtl. ein Absinken des H�moglobins. Der Bleispie-gel im Blut ist meistens erhçht.
Selten zeigt sich schon jetzt im Zahnfleischrand ein schwarzblauer bis schiefer-grauer Saum, der sog. Bleisaum; dabei sind differentialdiagnostisch Paradentose, Me-lanose des Zahnfleisches und Ver�nderungen durch Einwirkung anderer Metallver-bindungen zu erw�gen.
Auch erste Anzeichen des sog. Bleikolorits, wie „schlechtes Aussehen“, �berge-hend in eine charakteristisch graugelbe Verf�rbung, insbesondere der Gesichtshaut,
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 70
56 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
sind zu erkennen. Herabgesetzter Turgor, subikterische Skleren und blasse Schleim-h�ute kçnnen vorhanden sein.
Zu 2:Zum kritischen Anfangsstadium („Pr�saturnismus“) gehçren allgemeine Abgeschla-genheit, Appetitlosigkeit, Reizbarkeit, Kopfschmerzen in Stirn- und Schl�fengegend,Schwindel, Schw�chegef�hl in den Gliedern sowie Obstipation und andere Magen-Darm-Stçrungen.
Zu 3:Anzeichen der ausgepr�gten Bleierkrankung („Saturnismus“) sind neben den in „zu1“ und „zu 2“ genannten, mit der Schwere der Erkrankung im allgemeinen zuneh-menden Krankheitssymptomen und pathologischen Laboratoriumsbefunden ins-besondere die sog. Bleikoliken. Dabei handelt es sich um heftige, oft tagelang dauern-de, auf- und abschwellende Schmerzattacken, vorwiegend im Oberbauch mitObstipation, Brechreiz oder Erbrechen. H�ufig besteht eine An�mie. Ulcera im Ma-gen oder Zwçlffingerdarm kçnnen gelegentlich auftreten. Differentialdiagnostischsind Ileus, Appendicitis und Chlolecystopathie u. a. in Betracht zu ziehen.
Die L�hmung peripherer, motorischer Nerven (sog. Bleil�hmung) wird heutekaum mehr beobachtet. Es kam dabei zu einer allm�hlich zunehmenden Schw�che,insbesondere der Streckermuskulatur des Unterarmes, und schließlich zur Radialis-
l�hmung. Auch L�hmungen im Bereich der Schulter- oder Beinmuskulatur, in der Re-gel einseitig, sind gelegentlich vorgekommen.
Als Folge einer massiven Exposition kçnnen Anzeichen einer akuten Encephalo-
pathie, wie starke Kopfschmerzen, meningitische Reizerscheinungen, passagere Ver-wirrtheitszust�nde, Gesichtszuckungen und Funktionsstçrungen im Bereich der Hirn-nerven auftreten. Rasche Mobilisation der sog. Bleidepots kann �hnlich wirken.
Zu 4:Sp�tkrankheiten, wie Schrumpfniere oder chronische Encephalopathie, sind beschrie-ben worden. Diese kçnnen aber nur im Zusammenhang mit der Bleieinwirkung gese-hen werden, wenn eine langzeitige und erhebliche Exposition stattgefunden hat, cha-rakteristische Bleierkrankungsmerkmale vorhanden waren und andere Ursachenhierf�r nicht bestehen.
B.
Bei Einwirkungen von organisch gebundenem Blei, insbesondere von Bleialkylen, wieBleitetra�thyl (TEL) oder Bleitetramethyl (TML), kçnnen Zentralnervensystem, Le-ber und Nebennieren gesch�digt werden. Oft ist es eine akute Erkrankung, die einebis zwçlf Stunden nach Einwirkung dieser Stoffe auftritt und unter den Anzeichen ei-ner akuten Psychose in kurzer Zeit tçdlich verl�uft. Bei weniger schwerer Vergiftung
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 71
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 57
kommt es zu starker Abmagerung und Symptomen wie bei Einwirkung anorganischerBleiverbindungen.
Schlafstçrungen, Schrecktr�ume, Appetitlosigkeit, Kçrperschw�che, Magen-,Darm- und hypotone Kreislauffunktionsstçrungen kçnnen Folgen einer Expositionsein, die nach deren Wegfall wieder abklingen.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Dem Ergebnis der eingehenden Arbeitsanamnese kommt besondere Bedeutung zu,zumal die „Bleierkrankung“ bei Fehlen charakteristischer Befunde Symptome auf-weist, wie sie bei vielen anderen Erkrankungen ebenfalls vorkommen.
Die Ergebnisse exakter Laboratoriumsuntersuchungen kçnnen besonders wertvollsein, d�rfen aber in ihrer Bedeutung f�r die Diagnostik nicht �bersch�tzt werden, ins-besondere dann nicht, wenn klinische Erkrankungszeichen fehlen.
Auf die Verwendung bleifreier Reagenzgl�ser ist zu achten. Nicht Injektionssprit-zen benutzen, deren Teile mit bleihaltigem Zinn gelçtet sind.
Folgende Untersuchungen kçnnen dabei von Wichtigkeit sein, wobei ihr Ergebnisevtl. mehrfach kontrolliert werden sollte:a) Die mikroskopische Z�hlung der basophil get�pfelten Erythrocyten („T�pfelzel-
len“), gef�rbt nach Manson oder Pappenheim (oberer Grenzwert: 10 grobe „T�p-felzellen“ in 50 Gesichtsfeldern).Es ist zu beachten, daß „T�pfelzellen“ auch bei anderen pathologisch gesteigertenRegenerationsvorg�ngen im Organismus m�ßig vermehrt sein kçnnen.
b) Die (Kopro-)Porphyrinbestimmung im Urin nach einer der Schnellmethoden vonBrugsch, De Langen oder Hoschek.Sie beruhen auf dem Nachweis und der Bewertung der Rotfluoreszenz in ultravio-lettem Licht. Deutliche Rotfluoreszenz spricht f�r gesteigerte Porphyrinausschei-dung. Methodisch bedingte Fehlerbreite und Schwankungen in der Ausscheidungsollten ber�cksichtigt werden, nach Bleieinwirkung sind vor allem die Porphyrin-Vorstufen vermehrt, die erst nach entsprechender Vorbereitung fluoreszieren unddadurch nachweisbar werden.Schwere h�molytische Zust�nde, Lebererkrankungen und die Einwirkung andererchemischer Substanzen kçnnen ebenfalls zu einer Vermehrung des Koprophyrinsim Urin f�hren. Bei den sog. Porphyrinopathien kommt neben anderen Porphyri-nen auch Koproporphyrin im Urin vor.
c) Der Bleigehalt in Blut, Urin und Stuhl, festgestellt in einem hierf�r entsprechendeingerichteten Laboratorium.Sehr hohe Bleiwerte, die nach beruflich bedingter Einwirkung relativ geringer Do-sen oder erst mehrere Monate nach einer beruflichen Exposition festgestellt wer-den, kçnnen durch eine Bleiaufnahme verursacht worden sein, die nicht mit derberuflichen T�tigkeit zusammenh�ngt.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 72
58 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 02 Anlage BKV
(Nr. 15/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 129–130
Erkrankungen durch Quecksilber
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNeurol./PsychiatrieUro-/NephrologiePhoniatrieZahnheilkunde
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
a) Quecksilber (Hg) ist ein silbergl�nzendes, fl�ssiges Metall, das schon bei Zimmer-temperatur verdampft. Es wird aus dem rostbraunen Zinnobererz, aus Hg-haltigen,sulfidischen Zink- oder Silbererzen, bei deren Verh�ttung es als Nebenprodukt anf�llt,sowie aus Flugstaub und Bleikammerschlamm der Schwefels�urefabriken gewonnen.In der Natur kommt es gelegentlich als fl�ssiges, sog. Jungfernquecksilber vor. In Hgwerden viele Metalle zu sog. Amalgamen gelçst. Diese, je nach Gehalt an Hg fl�ssig,plastisch oder fest, geben beim Erhitzen, z. T. auch beim Pressen, Hg in Dampfformbzw. als Fl�ssigkeit wieder ab.
Hg findet Verwendung z. B. zur Herstellung von Thermometern und Barometern,Gleichrichtern, Unterbrechern, Quecksilber-Dampflampem, in Thermostaten, in derHochvakuumtechnik, zur Herstellung von Knallquecksilber, Quecksilberfarben, vonAmalgamen in der Metallurgie, in zahn�rztlichen Praxen und Laboratorien, als Kata-lysator, z. B. bei Azetaldehyd- und Essigs�ureproduktion aus Azetylen, zur Abtren-nung von Natrium bei der elektrolytischen Chlor-Alkaligewinnung sowie zur Herstel-lung von Quecksilberverbindungen.
Gefahrenquellen bestehen bei Gewinnung, R�ckgewinnung, Verarbeitung, Ver-packung, Transport und Verwendung von Hg, insbesondere aber, wenn Hg versch�t-tet und der farb- und geruchlose Hg-Dampf oder Hg-haltige Staub eingeatmet wird.
b) Bedeutsame Hg-Verbindungen, die u. U. auch besondere Gefahrenquellen f�rdie Gesundheit sein kçnnen, sind folgende:
1. A n o r g a n i s c h e Hg-Verbindungen, wieQuecksilber-2-chlorid (Merkurichlorid – Sublimat – HgCl2 –) alsImpr�gnierungsmittel f�r das Konservieren von Holz (sog. Kyanisierung, zum Ver-st�rken photographischer Platten u. a., ferner Quecksilbercyanid (Hg[CN]2) unddas officinell verwendete Quecksilberoxicyanid,Quecksilber-l-nitrat (Merkuronitrat – HgNO3 –) als Beize in Hasenhaarschneide-reien und in der Haarhutindustrie,Quecksilber-2-sulfid (Merkurisulfid – Zinnober –) als h�ufig vorkommendesQuecksilbererz,rotes und gelbes Quecksilberoxyd (Hg0) als Oxydationsmittel und Katalysatorzur Entschwefelung organischer Stoffe, beim Vergolden in der Porzellanmalerei
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 73
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 59
und als Bestandteil zur Herstellung medizinischer Hg-Pr�parate, Quecksilber-l-chlorid (Merkurichlorid – Kalomel – HgCl-) als Arzneimittel;
2. O r g a n i s c h e Hg-Verbindungen, wieKnallquecksilber (Hg[CNO]2) als Initialsprengstoff zur Herstellung von Z�ndh�t-chen und Sprengkapseln,Quecksilberdialkyle, z. B. das leicht fl�chtige Methyl- oder �thylquecksilber so-wie Phenylquecksilbersalze und Quecksilberoleate als Fungicide, Saatbeiz- oderHolzkonservierungsmittel.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Hg oder seine Verbindungen werden beruflich bedingt vorwiegend in Dampf- oderStaubform eingeatmet; in geringerem Umfang ist auch Aufnahme �ber die Haut oderden Magen-Darm-Trakt mçglich.
Hg ist ein Zell- und Protoplasmagift. Es kann in Leber und Nieren akkumuliertwerden. An Albumine gebunden, wird es unterschiedlich schnell ausgeschieden.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) bei Einwirkung von Quecksilber und seinen anorganischen Verbindungen:Die a k u t e Form der Erkrankung infolge beruflicher T�tigkeit ist selten. Sie kanndurch Einatmen grçßerer Mengen von Quecksilberd�mpfen, gelegentlich auch durchorale Aufnahme von Quecksilberverbindungen, entstehen. Letztere verursacht metal-lischen Geschmack, Salivation, Brennen in der Speiserçhre, Erbrechen, Harnflut undh�ufig Albuminurie sowie evtl. Tenesmen. Die Ausscheidung von Hg durch Schweiß-dr�sen kann zur Dermatitis mercurialis, die durch die Parotis zur Stomatitis mercuria-
lis f�hren. Schwere Krankheitssymptome sind blutige Diarrhoen, Schleimhautnekro-
sen in D�nn- und Dickdarm sowie Nierenfunktionsstçrungen, die schließlich zuAnurie und Ur�mie f�hren kçnnen.
Nach Einatmen grçßerer Mengen kann es zu einer Sch�digung des Zentralnerven-systems sowie zu Reizungen der Atemwege kommen. Die akute Form kann in die sub-chronische und chronische �bergehen.
Die c h r o n i s c h e Form der Erkrankung entsteht in der Regel durch langzeitigeAufnahme kleinster Hg-Mengen. Zun�chst treten unspezifische Allgemeinsymptome,wie Mattigkeit, Kopf- und Gliederschmerzen, auf. Vermehrte Salivation, allm�hlichsich entwickelnde Entz�ndungen des Zahnfleisches und der Mundhçhlenschleim-haut, Lockerung der Z�hne, Zahnausfall, Rçtung des Rachenringes (sog. Quecksil-
berrachen), u. U. auch auffallende Trockenheit der Mundhçhle kçnnen wichtige Hin-weise sein. Seltener werden blau-violetter Hg-Saum am Zahnfleisch und Neigung zuDiarrhoen, Leber- und Nierenfunktionsstçrungen beobachtet.
Die chronische Form ist �berwiegend durch Symptome von seiten des Zentralner-vensystems gekennzeichnet. Hierzu gehçren:
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 74
60 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Erethismus mercurialis, ein Zustand von �ngstlicher Befangenheit, Empfindlich-keit, Menschenscheu, Schreckhaftigkeit, Stimmungslabilit�t, zeitweise hemmungs-loser Erregung und unmotivierten psychischen Verhaltens.
Tremor mercurialis, oft beginnend mit feinschl�gigem Fingerzittern, allm�hlich�bergehend in Sch�ttelbewegungen der H�nde, der Arme, des Kopfes und der Beine.Mit Zunahme des Tremors ist h�ufig eine Steigerung der Sehnenreflexe zu beobach-ten. Eine Handschriftprobe kann die f�r den „Quecksilberkranken“ oft typische Zit-terschrift erkenntlich machen.
Sensibilit�tsstçrungen, die an Rumpf und Extremit�ten nachweisbar sein kçnnen.Sprachstçrungen mit Stottern, Verwaschensein der Sprache, insbesondere beim
Gebrauch von Zischlauten (sog. Psellismus mercurialis).Gleichzeitig hiermit lassen die Merkf�higkeit und sp�ter auch das Ged�chtnis er-
heblich nach; ein allgemeiner Persçnlichkeitsschwund ist festzustellen.
b) bei Einwirkung organischer Hg-Verbindungen:Die a k u t e bzw. s u b a k t e Form infolge Einwirkung fl�chtiger organischer Verbin-dungen zeigt h�ufig zun�chst das unter IIIa geschilderte Krankheitsbild meist mitleichteren Symptomen. Rasch kçnnen im weiteren Verlauf auf Encephalopathie beru-hende Anzeichen, wie An�sthesien, Par�sthesien, motorische oder sensible L�hmun-
gen, Seh-, Sprachstçrungen, Hçreinbuße o. �. auftreten.Auch die l a n g z e i t i g e Einwirkung geringerer Mengen kann zu einer Sch�di-
gung im Zentralnervensystem f�hren.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Um das oft uncharakteristische Krankheitsbild richtig beurteilen zu kçnnen, ist dieArbeitsanamnese, insbesondere Art und Weise der Hg-Exposition, von Wichtigkeit.
In Urin und Faeces wird Hg ausgeschieden; auf das Ergebnis exakter Untersuchun-gen in hierf�r geeigneten Laboratorien ist besonders zu achten. Ein deutlich positiverBefund weist in der Regel auf die stattgehabte Exposition hin; eine Erkrankungbraucht jedoch deshalb noch nicht zu bestehen.
Reparabilit�t der durch organische Verbindungen aufgetretenen Sch�den im Ner-
vensystem ist fraglich. Tremor kann noch jahrelang nach Wegfall der Expositionnachweisbar sein.
Auf Sensibilisierung beruhende Dermatitiden sind mçglich; ggf. trifft dannNr. 46*) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung zu.
*) entspricht BK-Nr. 51 01 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 75
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 61
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 03 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 4/1981, 54–56
Erkrankungen durch Chrom
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:OpthalmologieHNO-HeilkundeDermatologieGastroenterologiePneumologie
Chrom (Cr) ist ein weißlich-graues, hartes und sehr verschleißfestes Metall. Es wirdin der Natur fast nur in Form von Oxiden, vor allem als Chromit (Chromeisenstein,Fe0 – Cr203 angetroffen. In der Industrie wird Chrom f�r Legierungen und in Formseiner Verbindungen verwendet. In seinen Verbindungen tritt Chrom haupts�chlich3- und 6wertig auf. Weniger stabile Verbindungen des 2-, 4- und 5wertigen Chromssind bekannt. Gesundheitssch�den durch metallisches Chrom und seine Legierungen(z. B. Ferrochrom) sind nicht bekannt.
Chrom(III)-Verbindungen, wie z. B. Cr2O3 und Chromsulfate, sind wenig gesund-heitssch�dlich und verursachen im allgemeinen keine akuten oder chronischen Vergif-tungen. F�r eine krebserzeugende Wirkung liegen keine Anhaltspunkte vor. Dermati-tiden sind beschrieben worden.
Erfahrungsberichte �ber sch�digende Wirkungen von 2-, 4- und 5wertigen Chrom-verbindungen beim Menschen liegen nicht vor. Sowohl technisch als arbeitsmedizi-nisch-toxikologisch kommt den Chrom(VI)-Verbindungen die grçßte Bedeutung zu.Im folgenden sind die wichtigsten dieser Verbindungen beispielhaft aufgez�hlt:
Zink-Kalium-Chromat (sog. Zinkchromat, Zinkgelb, 3 ZnCrO4 · K2Cr2O7)Calciumchromat (CaCrO4)Chrom(III)-Chromat (Chrom[III)-Salz der Chroms�ure, CrO3)Strontiumchromat (SrCrOP4)Natriumdichromat (Na2Cr2O7 · 2 H2O)Natriumchromat (Na2CrO4)Chrom(VI)-Oxid, Chromtrioxid (CrO3, dieses Chroms�ureanhydrid wird in der Pra-xis h�ufig als Chroms�ure bezeichnet)Kaliumdichromat (K2Cr2O7)Kaliumchromat (K2CrO4)Bleichromat (PbCrO4)
I. Gefahrenquellen
Haupts�chliche Gefahrenquellen sind:– der Aufschluß von Chromerzen und die Herstellung von 6wertigen Chromverbin-
dungen– die Glanz- und Hartverchromung in der Galvanotechnik (Chrom(VI)-Oxid ist
Ausgangsmaterial)– Anstricharbeiten mit chromhaltigen Korrosionsschutzmitteln in Spritzverfahren
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 76
62 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 77
– Brennschneiden, Schweißen und Schleifen von Blechen mit chromhaltigen An-strichstoffen
– die Herstellung und Verwendung von Chrom(VI)-Pigmenten, insbesondere Zink-und Bleichromat, in der Lack-, Farben- und Kunststoffindustrie
– die Verwendung von Chrom(VI)-Oxid und Alkalichromaten, z. B. in der Lithogra-phie, der fotografischen Industrie, der Textil- und Teppichindustrie, der Glas- undkeramischen Industrie, bei der Herstellung von Feuerwerkskçrpern und Z�ndhçl-zern sowie von Pflanzenleimen
– die Holzimpr�gnierung– die Herstellung und Verwendung von Schneidçlen– das Gerben von Leder– das Beizen und Reinigen von Metallen sowie in der Glasfabrikation (Chrom-
schwefels�ure)– die Herstellung und Verwendung von gef�rbten Natronlaugen zum Bleichen von
�len, Fetten und Wachsen
Chrom(VI)-Verbindungen werden auch als Oxidationsmittel eingesetzt.In Zement und Bauxit sind kleine Mengen von Verbindungen des 6wertigen
Chroms vorhanden.
II. Pathophysiologie
Chrom oder seine Verbindungen werden vorwiegend �ber den Atemtrakt, zum geringe-ren Teil �ber die Haut und gelegentlich �ber den Magen-Darm-Trakt aufgenommen.Nach heutiger Erkenntnis wird 6wertiges Chrom unmittelbar nach der Aufnahme in die3wertige Stufe umgewandelt. Der grçßte Teil des aufgenommenen Chroms wird relativschnell, und zwar haupts�chlich �ber die Nieren, ausgeschieden.
Verbindungen des 6wertigen Chroms f�hren durch Inhalation zu Reizerscheinun-gen im Bereich der oberen Luftwege. Nekrosen an der unverletzten Haut sind selten;jedoch kçnnen bei Eindringen 6wertiger Chromverbindungen an kleinen Hautverlet-zungen schlecht heilende Ulcera entstehen. Durch Sensibilisierung kommen allergi-sche Kontaktekzeme zustande.
Die toxischen Wirkungen sind im wesentlichen auf die in saurem Milieu stark oxi-dierenden Eigenschaften dieser Substanz und die damit verbundenen zellsch�digen-den Reaktionen zur�ckzuf�hren.
Durch l�nger dauernde Einwirkung von 6wertigen Chromaten kçnnen maligneTumoren der Atemwege entstehen; sie werden bisher �berwiegend in den chromat-herstellenden Betrieben sowie in der Chromatpigmentindustrie beobachtet. Die Inha-lation des dabei anfallenden Chromatstaubs stellt vermutlich die Ursache der Krebs-bildung dar. Die krebserzeugende Wirkung scheint von der Lçslichkeit der jeweiligenChrom(VI)-Verbindung abzuh�ngen. Dabei wird den schwerer lçslichen Verbindun-gen wie Zinkchromat, Calciumchromat, Strontiumchromat und Chrom-III-Chromatdie kanzerogene Wirksamkeit zugeschrieben. Alkalichromate, Bleichromat undChroms�ure sind dagegen wahrscheinlich nicht oder nur schwach kanzerogen.
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 63
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die durch Chrom oder seine Verbindungen verursachten Erkrankungen sind insbeson-dere abh�ngig von der chemischen Wertigkeit der einwirkenden Chromverbindung.
1. Chrommetall und Chrom(III)-VerbindungenBei der Verh�ttung von chromhaltigen Erzen sowie bei der Herstellung vonChromeisenlegierungen sind nach langj�hriger Exposition vereinzelt Lungenfibro-
sen beobachtet worden. Resorptive Sch�den durch metallisches Chrom sind nichtbekannt. Die Salze des 3wertigen Chroms kçnnen Kontaktdermatitiden erzeugen.
2. Chrom(VI)-Verbindungenakute Sch�den:– Auge:
St�ube, Rauche, D�mpfe und Nebel kçnnen Bindehautentz�ndungen mit Tr�-nenfluß sowie Hornhautsch�den verursachen.
– Haut:An Hautstellen, an denen Rhagaden, Fissuren oder dergleichen vorhanden sind,kçnnen typische „Chromatgeschw�re“ entstehen. Sie sind Folge einer direkt �t-zenden Wirkung der Chromate und nicht Zeichen einer Sensibilisierung
– Magen-Darm-Trakt:Grçßere Mengen kçnnen bei oraler oder perkutaner Aufnahme zu �belkeit,Schluckbeschwerden, einer sofortigen Gelbverf�rbung der Mundschleimhaut,Erbrechen und blutigen Durchf�llen f�hren.
– Atemwege:St�ube, Rauche, D�mpfe oder Nebel in hçheren Konzentrationen kçnnen akuteReizzust�nde der oberen Luftwege und Nasennebenhçhlen, ggf. auch der tiefe-ren Luftwege erzeugen. Sch�den im Bereich der Nasenscheidewand sind Fr�h-symptom.
Bei schweren akuten Vergiftungen nach perkutaner Aufnahme ist auch eine Mit-beteiligung von Nieren, Leber, Knochenmark und Zentralnervensystem mçglich.
chronische Sch�den:– Haut:
Neben „Chromatgeschw�ren“ kçnnen durch Sensibilisierung Dermatitiden
(Ekzeme) insbesondere an den H�nden auftreten.– Nase, Mundhçhle, Rachen:
Beim Umgang mit 6wertigen Chromverbindungen treten typische Ver�nderun-gen an der Nasenscheidewand auf (Entz�ndungen, Ulzeration, Perforation). Siekçnnen sich bei entsprechender Exposition schon nach Wochen oder Monatenentwickeln und sind meist schmerzlos. Auch Krebserkrankungen im Nasen-raum sind in der chromatherstellenden und -verarbeitenden Industrie vereinzeltbeobachtet worden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 78
64 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
– tiefere Atemwege:F�lle von chronischer Bronchitis infolge inhalativer Chromateinwirkung sindbeschrieben worden. Die Entstehung eines „Chromatlungenkrebses“ infolgelangdauernder Einwirkung von Chromaten (z. B. Zinkchromat) auf die Bron-chialschleimhaut ist mçglich. Meist ist eine langj�hrige Exposition voraus-gegangen. Auch Jahre nach Wegfall der Exposition kann sich noch ein derarti-ger „Chromatlungenkrebs“ entwickeln.
– Magen-Darm-Trakt:�ber Entz�ndungen im Verdauungstrakt wie �sophagitis und Gastritis ist ver-einzelt berichtet worden.
V. Weitere Hinweise
Isoliert auftretende Hauterkrankungen durch �ußere Einwirkung von Chrom oderseinen Verbindungen gelten als Hauterkrankungen nach Nr. 51 01 (s. Anlage 1 BeKV,Anmerkung zu Nrn. 11 01 bis 11 10, 12 01, 12 02 und 13 03 bis 13 09).
VI. LiteraturBarborik, M.:
The Problem of Harmful Exposures to Chromium CompoundsInd. Med. 39, 45 (1970)
Essing, H.-G., Szadkowski, D., Valentin, H.:Die Bedeutung der Valenzstufen von Chromverbindungen in der arbeitsmedizinischen BegutachtungMed. Sachverst�ndige 67, 35 (1971)
Fleischer, Schaller, K.-H.:Analytische Methoden, Bd. 2, Senatskommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffeder Deutschen Forschungsgemeinschaft Arbeitsgruppe „Analytische Chemie“Verlag Chemie, Weinheim, 3. Lieferung 1978
Kommission der Europ�ischen Gemeinschaften:Merkbl�tter zu der Berufskrankheitenliste der Europ�ischen Gemeinschaften
Mutti, A., Cavatorta, Pedroni, C., Borghi, A., Giaroli, C., Franchini, I.:The Role of Chromium Accumulation in the Relationship between Airborne and Urinary Chromiumin WeldersInternat. Archives Occup. Environ. Health 43, 123–33 (1979)Springer-Verlag 1979
Nise, Gun, M. Sc., Vesterberg, 0.:Direct determination of Chromium in urine by electrothermal atomic absorption spectrometryScand. j. work environ & health (1979) 404–410
Zober, A.:Zur Problematik der Begutachtung von Bronchialcarcinomen nach Exposition gegen�ber Chromver-bindungenInt. Arch. Occup. Environ. Health 43, 107–121 (1979)Springer-Verlag 1979
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 79
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 65
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 04 Anlage BKV
(Nr. 10/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 281–282
Erkrankungen durch Cadmium
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundeGastroenterologiePneumologieOrthop�dieUro-/NephrologieZahnheilkunde
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Kadmium (Cd) ist ein weißes, formbares Metall, das in Zink- und Bleierzen als Sulfidund Karbonat vorkommt sowie bei der Zinkgewinnung als Nebenprodukt anf�llt.Beim Erhitzen verbrennt es unter Bildung eines braunen, �belriechenden Rauches zuKadmiumoxid. Cd findet Verwendung als Zusatz von Legierungen beim galvanischenMetallisieren und in der Akkumulatorenfabrikation. Infolge seines besonders g�ns-tigen Absorptionsquerschnittes f�r Neutronen eignet sich Cd f�r die Herstellung vonKontrollst�ben in Atomreaktoren.
Gefahrenquellen sind das Herstellen von Kadmiumlegierungen, Nickel-Kadmi-um-Akkumulatoren (Stahlakkumulatoren), Kadmium�berz�gen mittels Elektrolysesowie von Kadmiumfarbstoffen, wie Kadmiumgelb und Kadmiumrot. Dies gilt auchf�r das Schweißen, Schmelzen und Schneiden von mit Kadmium �berzogenen, legier-ten sowie verunreinigten Metallen.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
�ber die Atemwege und den Magen-Darm-Trakt werden Cd und seine Verbindungenals Staub oder Rauch aufgenommen und �berwiegend in Lunge und Leber gespei-chert. Cd wird im Urin und Stuhl ausgeschieden.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Akute ErkrankungVorwiegend nach pulmonaler Resorption von Cd kçnnen nach einer Latenzzeit voneinigen Stunden Kopfschmerzen, Schwindel, �belkeit, starkes Durstgef�hl sowie Tro-ckenheit im Hals auftreten. Es entwickeln sich Tracheitis, Bronchitis und Broncho-
pneumonie mit Dyspnoe und Cyanose sowie in schweren F�llen ein evtl. tçdlich ver-laufendes Lungençdem.
Bei der selteneren peroralen Resorption stehen Krankheitssymptome von seitendes Magen-Darm-Traktes, z. B. Erbrechen und Diarrhoen, im Vordergrund.
In leichteren F�llen klingt die akute Erkrankung in ein bis zwei Wochen ab.
b) Chronische ErkrankungDiese wird in der Regel infolge langzeitiger Aufnahme kleinerer Mengen von Cd her-vorgerufen. Dabei kann eine typische Gelbf�rbung der Zahnh�lse, haupts�chlich der
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 80
66 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Schneide- und Eckz�hne, aber auch an k�nstlichen Z�hnen, auftreten. Entz�ndlicheReizzust�nde im Bereich der oberen Luftwege sowie Atrophie und Ulceration der Na-senschleimhaut mit Anosmie sind mçglich. Letztere kann ein erster Hinweis f�r diechronische Erkrankung sein. Die Anosmie kann sich aber auch erst sp�ter bemerkbarmachen. Proteinurie, oft auch ohne klinisch feststellbare Sch�digung der Nieren, giltbei entsprechender Exposition als ein wichtiger Hinweis.
In fortgeschrittenen F�llen kommt es zu Abmagerung, An�mie und Gangstçrun-gen, letztere infolge von Knochenver�nderungen im Sinne einer Osteoporose, vontransversalen Knochenfissuren und evtl. Tibiaverdickungen (sog. Milkmansches Syn-
drom).Es kann sich ein chronisches Lungenemphysem, auch ohne vorausgegangene
Bronchitis, entwickeln. Evtl. ist ein Nieren- und Leberparenchymschaden nachweis-bar; die Blutsenkungsreaktion ist meist beschleunigt.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Cd wird nur in geringem Umfang und sehr langsam aus dem Kçrper ausgeschieden.In Blut, Urin und Stuhl ist es chemisch nachweisbar.
Die Ausheilung der chronischen Erkrankung kann sehr langwierig sein.Hautkrankheiten, durch Einwirkung von Cd oder seiner Verbindungen ver-
ursacht, gelten als Nr. 10 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung nur inso-weit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind; ggf. trifft Nr. 46*) derAnlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung zu.
*) entspricht BK-Nr. 51 01 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 81
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 67
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 05 Anlage BKV
(Nr. 12/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 128–129
Erkrankungen durch Mangan
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:EndokrinologieGastroenterologiePneumologieNeurol./Psych.Phoniatrie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Mangan (Mn), ein hartes, sprçdes Metall, kommt in der Natur haupts�chlich inForm oxydischer Minerale, vor allem als Braunstein (MnO2), vor.
Mangan und seine Verbindungen werden u. a. zur Herstellung von Legierungen,wie Ferromangan, Mangankupfer, Manganbronze, Manganzink, ferner in der Eisen-industrie zur Desoxidation und Entschwefelung, in der Glas- und keramischen Indus-trie, in der Farben-, Lack- und Trockenbatteriefabrikation, zur Herstellung von Man-ganchlorid, Kaliumpermanganat, Mangansulfat (D�ngemittel) sowie f�r dieSauerstoff- und Chlorerzeugung als Oxidationsmittel und Katalysator verwendet.
Gefahrenquellen sind Gewinnung, Transport, Verarbeitung und Verwendung vonMangan oder seinen Verbindungen, sofern diese Stoffe als Staub oder Rauch einge-atmet werden. Dies trifft auch f�r das Elektroschweißen mit manganhaltigen, um-mantelten Elektroden zu. Braunsteinm�hlen sind eine besondere Gefahrenquelle.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Mangan oder seine Verbindungen werden �ber die Atemwege aufgenommen. Nachl�ngerer, meist mehrj�hriger Exposition kann �berwiegend das Zentralnervensystemgesch�digt werden. Im besonderen degenerieren dabei Ganglienzellen im Putamen,Nucleus caudatus, Globus pallidus und im Thalamus.
Akute Einwirkung grçßerer Mengen kann zu çrtlichen Reizerscheinungen an denAtemwegen f�hren.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Außer den genannten Reizerscheinungen an den Atemwegen, verursacht durch lokaleSch�digung der Schleimhaut, ist gelegentlich auch eine sog. Manganpneumonie
(kruppçse Pneumonie) mçglich.Uncharakteristische Allgemeinsymptome, wie M�digkeit, Schwindel, Schw�che
und Apathie, kçnnen dem sog. Manganismus, einem dem Morbus Parkinson �hn-lichen Krankheitsbild, das sich allm�hlich entwickelt, vorausgehen. Es kommt dabeizu einem unsicheren und breitbeinigen Gang. Die Fortbewegung ist schließlich nurnoch durch kleine, trippelnde Schritte, h�ufig in Spitzfußstellung („Hahnentritt“,„Steppergang“), mçglich. Gleichzeitig ist auch in Ruhe ein erhçhter Muskeltonus fest-zustellen; die Sehnenreflexe sind gesteigert. Es kommt in fortgeschrittenen F�llen evtl.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 82
68 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
zu einer Zwangshaltung der Gliedmaßen und einer Motilit�tsstarre. Pro-, Retro-, La-teropulsionen und grobschl�giger Tremor sowie mimische Starre (Maskengesicht),Schluckstçrungen, Speichelfluß und Sprachstçrungen (Stottern) sind typische Symp-tome des ausgepr�gten Krankheitsbildes. Muskelspannungen und Bewegungsstçrun-gen kçnnen eine Mikrographie zur Folge haben. Dabei wird die Schrift groß begonnenund endet schließlich in immer kleiner werdenden, zuletzt unleserlichen Buchstaben.Psychische Ver�nderungen, Zwangslachen und Zwangsweinen kçnnen auftreten. Ver-einzelt wurden Leberparenchymsch�den, Morbus Basedow und Blutbildver�nderun-gen beschrieben.
Differentialdiagnostisch sind Cerebralsklerose, Multiple Sklerose, Paralysis agi-tans, Wilsonsche Pseudosklerose, Status postencephaliticus, spastische Spinalparalyseu. �. in Erw�gung zu ziehen.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Der Nachweis beruflicher Exposition und ihres Ausmaßes ist von besonderer Wich-tigkeit. Vermehrter Mangangehalt in Blut und Haaren sowie erhçhter Koproporphy-ringehalt im Urin kçnnen evtl. von Bedeutung sein. Es ist zu beachten, daß der Man-gangehalt im Blut auch normalerweise grçßere Schwankungen aufweist.
Die Erkrankung kann u. U. erst mehrere Jahre nach Wegfall der Exposition mani-fest werden. Sie verl�uft meist chronisch und progredient.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 83
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 69
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 06 Anlage BKV
(Nr. 20/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 134–135
Erkrankungen durch Thallium
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNeurol./Psychiatrie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Thallium (Tl) kommt in allgemeinen in geringer Konzentration in Blenden und Kiesenals Begleiter von Schwermetallen vor. Es wird aus dem bei der Aufbereitung dieserMineralien anfallenden Flugstaub gewonnen. Tl findet sich auch im Bleikammer-schlamm der Schwefels�urefabrikation.
Tl gehçrt zu den Schwermetallen. Es steht im periodischen System zwischenQuecksilber und Blei. Sein spezifisches Gewicht ist 11,83, der Schmelzpunkt 302,5�;der Siedepunkt liegt etwa bei 1450�.
Tl ist in seinen Verbindungen I- und III-wertig. Die einwertigen Verbindungensind beim Erhitzen verh�ltnism�ßig fl�chtig. Tl-Verbindungen sind zumeist farb-, ge-ruch- und geschmacklos; eine Aufnahme in den menschlichen Organismus kann da-her unbemerkt erfolgen.
Tl oder seine Verbindungen werden vor allem in der Glas-, Farben- und pyrotech-nischen Industrie zu wissenschaftlichen Zwecken und bei der Sch�dlingsbek�mpfungals Tl-III-Sulfat in Form von Pasten, Kçrnern oder w�ßriger Lçsung verwendet. Au-ßerdem waren Tl-Verbindungen in Enthaarungsmitteln enthalten.
Gefahrenquellen kçnnen sowohl bei der Gewinnung von Tl als auch bei der Her-stellung, Verarbeitung und Verwendung von Tl-Verbindungen und thalliumhaltigenPr�paraten gegeben sein.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Tl oder seine Verbindungen werden �ber den Magen-Darm-Kanal (z. B. durch Unsau-berkeit der H�nde), zum Teil auch �ber die Atmungsorgane aufgenommen. Die starkeZellgiftigkeit wird auf die Blockade enzymatischer Vorg�nge oder chemischer Ver-�nderungen bestimmter Fermente zur�ckgef�hrt. Als tçdliche Dosis gilt die Auf-nahme von etwa 1 g Tl-Sulfat.
III. Krankheitsbild und Diagnose
In den ersten Tagen der Erkrankung bestehen h�ufig Brechreiz, Appetitlosigkeit, Obs-tipation, zum Teil starker Durst und Erbrechen. Tachycardie, Blutdrucksteigerungund retrosternale Schmerzen kçnnen auftreten. Entz�ndungen der Conjunktiven, deroberen Luftwege und der Gesichtshaut wurden beobachtet. Es kann sich ein ascendie-rend verlaufendes polyneuritisches Symptomenbild entwickeln. Vor dem Auftreten
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70 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
von L�hmungen finden sich oft abgeschw�chte Knie- und Achillessehnenreflexe; sp�-ter kçnnen diese fehlen. Die Hypersensibilit�t ist hervorstechend, es gehen ihr Krib-beln und Taubheitsgef�hl in Fingern und Zehenspitzen voraus. Schmerzen in F�ßen(burning feet) kçnnen so stark sein, daß bereits das Ber�hren der Bettdecke als uner-tr�glich empfunden wird.
Nach grçßerer Dosisaufnahme kommt es nach etwa 14 bis 21 Tagen zu einem cha-rakteristischen Haarausfall; die Haare lassen sich b�schelweise schmerzlos ausziehen.Hiervon wird die gesamte Behaarung mit Ausnahme des medialen Anteils der Augen-brauen betroffen. An Finger und Zehenn�geln treten hellweiße Lunulastreifen auf.Außer der peripheren Polyneuritis ist eine zentralmotorische Systemstçrung im Sinneeiner Bulb�rparalyse mçglich. Sind auch die Hirnnerven betroffen, so tritt h�ufig,aber relativ sp�t, eine Opticusneuritis auf. Psychische Ver�nderungen und psycho-
tische Krankheitsbilder bis zum kompletten Korsakow kçnnen sich ergeben.Eine regelm�ßig festzustellende Schlafstçrung ist gegen�ber den �blichen Schlaf-
mitteln therapieresistent.Die chronische, schleichend verlaufende Erkrankung ist durch Appetitlosigkeit,
Anacidit�t, Abmagerung, Sehstçrungen, Schw�che und Schmerzen in Beinen ohneausgepr�gte Polyneuritis gekennzeichnet. Der Haarwuchs ist sowohl regional alsauch tempor�r gestçrt, ohne daß ein Ausfall der gesamten Behaarung eintritt. Merk-f�higkeitsstçrungen, gelegentlich milde verlaufende neuritische Sch�be und die Fest-stellung von Lunulastreifen an Finger und Fußn�geln, kçnnen f�r die Diagnosestel-lung des oft uncharakteristischen Krankheitsverlaufs wertvoll sein.
Im Harn sind oft Eiweiß, Zylinder und Erythrocyten nachzuweisen. Eine ver-mehrte Ausscheidung von Porphyrin ist mçglich. Zur Diagnosestellung ist der Nach-weis von Tl in Urin und Faeces heranzuziehen. Er kann nach einmaliger Giftauf-nahme bis sechs Wochen danach gef�hrt werden. Bei geringer Dosisaufnahme sollteder Urin von drei hintereinander liegenden Tagen auf Tl untersucht werden.
Differentialdiagnostisch bedeutsam kçnnen Metallvergiftungen, wegen der neuri-tischen Symptome auch die Arsenvergiftung, die akute Porphyrie, die polyneuritischeForm der Landry'schen Paralyse sowie andere neurologische Erkrankungen sein.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Es muß festgestellt werden, in welcher Weise und in welchem Umfang der Erkranktebei der Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung von Tl oder dessenVerbindungen t�tig war. Oft kçnnen die Gefahrenquellen nur durch eine Betriebs-begehung gefunden werden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 85
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 71
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 07 Anlage BKV
(Nr. 21/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 135
Erkrankungen durch Vanadium
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundeDermatologiePneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Vanadium (V), auch Vanadin genannt – in Deutschland gibt es kein abbauw�rdigesErzlager –, wird aus vanadinhaltigen Erzen und Mineralien gewonnen. Bei der Ver-h�ttung von Eisen- und Kupfererzen kann neben Thomasschlacke (etwa l% vanadin-haltig) durch vorzeitige Unterbrechung des Frischprozesses eine vanadinreiche Vor-frischschlacke (5 bis 10 % vanadinhaltig) anfallen.
Auch Erdçl enth�lt – je nach seiner Herkunft unterschiedlich – geringe MengenVanadin. In der Tonerdeindustrie fallen vanadinhaltige Materialien als Nebenpro-dukte an.
Aus Eisen- und Kupferschlacke wird Vanadinpentoxyd (V2O5) gewonnen, dasu. a. zur Herstellung von Ferrovanadin und als Katalysator dient.
Vanadin findet haupts�chlich zur Veredelung in der Stahlindustrie, auch f�r kata-lytische Zwecke in der chemischen Industrie, z. B. bei der Herstellung von Schwefel-s�ure, Phthals�ureanhydrid und Perboraten Verwendung.
Gefahrenquellen bestehen bei Gewinnung, Transport und Verarbeitung des Vana-dins, z. B. bei der Aufbereitung von Schlacken, besonders aber bei Reinigungsarbeitenin mit Erdçl geheizten Boilern, �fen und Turbinen. In der Erdçlasche und im Rußvon Erdçlen findet sich auch ein je nach Herkunft verschieden hoher Vanadingehalt.Er schwankt etwa von 15 bis 50 % und mehr. Bei bestimmten Arbeitsvorg�ngen ent-steht eine unterschiedlich starke Staubentwicklung des teilweise sehr feinen pulverfçr-migen V2O5.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Vanadin und seine Verbindungen werden haupts�chlich in Staub- oder Pulverform�ber die Atmungsorgane aufgenommen; auch eine Aufnahme �ber den Magen-Darm-Kanal kann vorkommen.
Im Vordergrund der Wirkungsweise stehen Reizerscheinungen der Schleimh�uteder Augen und Luftwege. Auch Hautreizungen sind beobachtet worden.
Das Ausmaß der Erkrankung h�ngt in der Regel von der Quantit�t und der Teil-chengrçße des einwirkenden Stoffes ab.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 86
72 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) A k u t e F o r m:Bereits nach relativ kurzer Einwirkungszeit kann es zu mehr oder weniger starkemAugenbrennen, Niesen, sp�ter zu Trockenheit im Rachen, Schnupfen und Heiserkeit
kommen. Auch gr�n-schw�rzliche Verf�rbungen der Zunge wurden beobachtet.
b) C h r o n i s c h e F o r m:Es ist mçglich, daß Bronchitiden und Bronchopneumonien mit etwaigen Folge-erscheinungen, aber auch bronchialasthma�hnliche Zust�nde, insbesondere nachh�ufiger Einatmung des vanadinhaltigen Staubes, auftreten. Ekzematçse Hautver-
�nderungen kçnnen vorkommen.Isolierte Magen-Darm- bzw. Nierenerkrankungen gehçren nicht zu diesem Krank-
heitsbild.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Bei beruflicher Exposition und plçtzlichem Auftreten von Schleimhautreizungen undBronchitiden muß an eine akute Vanadineinwirkung gedacht werden.
Nach Wegfall der Exposition klingen diese akut auftretenden Symptome in derRegel in einem Zeitraum von wenigen Tagen bis zu einigen Wochen komplikationslos
ab.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 87
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 73
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 08 Anlage BKV
(Nr. 2/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 5/1964, 125–126
Erkrankungen durch Arsen
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:OphthalmologieHNO-HeilkundeDermatol./H�matol.GastroenterologieKardio-/PneumologieNeurol./PsychiatrieUro-/Nephrologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Arsen (As) kommt in verschiedenen Mineralien, wie Arsenkies (FeAsS), und als Be-gleiter anderer Mineralien, wie Zinkblende oder Eisenkies (Schwefelkies), zuweilengediegen als Scherbenkobalt vor.
Arsen ist in seinen Verbindungen drei- oder f�nfwertig. Bedeutsame Verbindungendes dreiwertigen As sind Arsentrioxyd (Arsenik – As2O3 -) und die arsenige S�ure(H3AsO3) mit ihren Salzen (Arsenite), des f�nfwertigen As die Arsens�ure (H3AsO4)und deren Salze, die Arsenate (Arseniate).
Reines elementares Arsen bewirkt keine Gesundheitssch�digung, jedoch oxydiertes leicht an der Luft und bei Kontakt mit Schweiß oder Speichel.
Alle – auch die organischen – Verbindungen des As sind gesundheitsgef�hrdend,ausgenommen die Arsensulfide (z. B. Realgar, Auripigment), sofern diese nicht mitanderen Arsenverbindungen verunreinigt sind.
Gefahrenquellen sind u. a. Verh�ttung und Rçsten arsenhaltiger Mineralien, Her-stellung von Arsenik, arsenhaltigen Farben und Anstrichmitteln (Schiffsboden-anstrich), Verwendung arsenhaltiger Ausgangsstoffe in der Pharmazie, in derchemischen, keramischen und Glasindustrie. Dies gilt auch f�r Gerbereien, K�rschne-reien (Beizmittel), zoologische Handlungen und f�r die vereinzelt noch in der Bundes-republik Deutschland vorkommende Herstellung und Verwendung arsenhaltigerSch�dlingsbek�mpfungsmittel.
Arsenwasserstoff (Arsin-AsH3-) ist in reinem Zustand ein farb- und geruchloses,brennbares, sehr giftiges Gas, das sich bei Einwirkung von Wasser oder S�uren auf Arse-nide (wie Zink-, Calciumarsenid) oder von Wasserstoff in statu nascendi auf Arsenver-bindungen bilden kann. AsH3 riecht infolge Verunreinigung oft wie Knoblauch.
AsH3 tritt beim Beizen von Metallen mit arsenhaltiger Schwefel- oder Salzs�ureund bei Naßbearbeitung von Erzen, Schlacken oder Metallspeisen auf. Auch bei Ein-wirken von Feuchtigkeit auf Ferrosilicium, das mit As und Phosphiden verunreinigtist, kann Arsenwasserstoff neben Phosphorwasserstoff entstehen.
Arsentrichlorid (AsCl3) ist eine farblose, çlige, an der Luft rauchende Fl�ssigkeit,die zum Beizen und Br�nieren von Metallen verwendet wird.
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74 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
II. Aufnahme und Wirkungsweise
As und seine Verbindungen werden haupts�chlich in Form von Staub, Dampf oderGas �ber die Atemwege, aber auch �ber den Magen-Darm-Trakt und u. U. durch dieHaut auf genommen.
Die Ausscheidung geschieht in Harn, Stuhl, Schweiß und �ber die Lunge; in Leber,Nieren, Knochen, Haut, Haaren und N�geln kann eine Anreicherung stattfinden.
Arsenverbindungen bewirken im Organismus eine Stçrung enzymatischer Prozes-se. Es kommt zu Kapillarl�hmungen, zu Sch�den im Blut und in der Blutbildung (Mi-
tosegift), zu fettiger Degeneration, Gewebsmetaplasie, Gewebszerstçrungen und zuVer�nderungen im Zentralnervensystem.
Arsenwasserstoff wird ausschließlich �ber die Atemwege aufgenommen. Diesf�hrt zu einer Meth�moglobinbildung (H�miglobin) und H�molyse, was sich ins-besondere in Zentralnervensvstem, Leber und Nieren auswirkt.
Arsentrichlorid ist vorwiegend ein �tzgift.
III. Krankheitsbild und Diagnose
1. Bei Arsenverbindungen, ausgenommen AsH3 und AsCl3:Die a k u t e Erkrankung kommt beruflich bedingt selten vor. �ber die Atemwege auf-genommen, treten zun�chst Hustenreiz, Atemnot und Brustschmerzen auf. Je nach-dem, ob Durchf�lle, Kopfschmerzen, Verwirrtheitszust�nde, Krampfanf�lle oderBewußtlosigkeit vorherrschend sind, kann man von einer gastroitestinalen, cerebro-
spinalen oder paralytischen Form der Erkrankung sprechen. Herzschw�che undKreislaufkollaps sind mçglich.
Die c h r o n i s c h e Erkrankung �ußert sich in:a) Zeichen einer çrtlichen Reizwirkung, wie Erythem, Follikulitis, Ekzem oder schar-
frandigem �tzgeschw�r an Kontaktstellen der Haut mit evtl. nachfolgender Sen-
sibilisierung. Bindehautentz�ndungen, Nasenscheidewandgeschw�re, evtl. mitPerforation, hartn�ckige Schleimhautreizungen in Nase, Rachen, Kehlkopf, Bron-chien und gelegentlich im Magen-Darm-Trakt sind nach relativ kurzer Expositionmçglich.
b) Zeichen einer resorptiven Wirkung, wie symmetrische, volare oder plantare Hy-
perkeratosen, evtl. mit Warzenbildung, Hautpigmentationen und Melanose, �ber-wiegend an Nacken, Hals, Oberarm und R�cken, Hyperhydrosis, fleckfçrmigeroder diffuser Haarausfall und Ver�nderungen an den N�geln (sog. Meessche Na-
gelb�nder) mit Br�chigkeit.Selten, aber charakteristisch sind sehr schmerzhafte periphere Neuritiden, wobeisowohl sensible als auch motorische Nervenfasern betroffen sein kçnnen. Zentral-
nervçse Stçrungen, in schweren F�llen Paresen, schlaffe L�hmungen sowie Herz-und periphere Kreislauffunktionsstçrungen mit Marmorierung der Haut, Akro-
cyanose bis zur Gangr�n kçnnen vorkommen. Leberparenchymsch�den wurdenvereinzelt beobachtet.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 89
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 75
Das Blutbild kann im Sinne einer hypo- oder hyperchromen An�mie und Lympho-
penie ver�ndert sein. F�lle mit Carcinomen, insbesondere an Atmungsorganen,Leber und Haut, wurden beschrieben.
2. Bei Arsenwasserstoff (AsH3):Die akute Einwirkung geringerer Dosen kann zu Kopfschmerzen, �belkeit, Brechreiz,Leibschmerzen und blutiger Verf�rbung des Urins f�hren. Wenige Tage sp�ter kçnnenh�molytischer Ikterus, Neuralgien und Par�sthesien auftreten.
Die Einwirkung hçherer Dosen verursacht Atemnot, Blausucht sowie Entleerungroten bis schwarz gef�rbten Urins, der Oxyh�moglobin und Meth�moglobin (H�mi-globin) enth�lt. Durch Verstopfung der Nierenkan�lchen mit H�moglobinschollenkann es zu Oligurie und schließlich Ur�mie kommen. In schweren F�llen kçnnen Me-th�moglobinbildung und H�molyse rasch einsetzen und Sauerstoffmangelzust�ndemit oft tçdlichem Ausgang bewirken. Wird die bedrohliche Situation �berwunden, sokann es zu Leberschwellung mit starkem Ikterus und schwerer An�mie kommen. Nie-
renfunktions- und neuritische Stçrungen kçnnen l�ngere Zeit Folgeerscheinungen derErkrankung sein.
3. Arsentrichlorid (AsCl3):AsCl3 und manche organische As-Verbindungen wirken �berwiegend lokal �tzendauf Haut und Schleimh�ute. Dermatitiden und Hautulcera, Konjunktivitiden, Che-
mosis, Hornhaut-Ulzera sowie heftige Bronchitiden wurden beobachtet.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Bei der akuten Form der Erkrankung ist das Ergebnis chemischer Untersuchungen aufArsen in Urin, Stuhl und evtl. Erbrochenem, bei der chronischen Form in Haar undN�geln von besonderer Bedeutung.
Gef�ßerkrankungen, Tumore und Leberparenchymsch�den kçnnen im allgemei-nen nur dann als Folgeerkrankungen in Betracht gezogen werden, wenn langzeitigeExposition stattgefunden hat oder andere typische Krankheitszeichen, wie Hyper-
keratosen und Melanose, vorgelegen haben. Die Latenzzeit kann u. U. Jahrzehntedauern.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 90
76 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 09 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 4/1981, 56–57
Erkrankungen durch Phosphor
oder seine anorganischen Verbindungen
Klinische Zuordnung:OphthalmologieHNO-HeilkundeDermatologieGastroenterologieKardio-/PneumologieNephrologie/Orthop.
Phosphor kommt in mehreren allotropen Modifikationen vor, die sich in ihren Eigen-schaften stark voneinander unterscheiden. Gegen�ber der weißen (gelben) Modifika-tion des Phosphors sind die anderen Phosphormodifikationen wesentlich weniger re-aktionsf�hig und bei weitem nicht so giftig.
W e i ß e r P h o s p h o r ist eine wasserunlçsliche, jedoch in Fetten und �len leichtlçsliche, farblose bis gelbliche, wachs�hnliche Masse von stechend knoblauch�hn-lichem Geruch. Bereits bei Zimmertemperatur kann er an der Luft unter Bildung vonweißem Rauch (Phosphorpentoxid) oxidiert werden (Autoxidation). Die dabei statt-findende W�rmeentwicklung f�hrt bei ca. 50� C zur Selbstentz�ndung. Wegen dieserEigenschaften muß der weiße Phosphor mit Wasser bedeckt gelagert oder trans-portiert werden. Das sich beim Verbrennen von elementarem Phosphor bildendePhosphorpentoxid verbindet sich mit Wasser (Luftfeuchtigkeit) zu Phosphors�ure(H3PO4). Wird der elementare Phosphor unter Luftabschluß erhitzt, so entsteht ausdem weißen Phosphor roter oder violetter, der sowohl in Wasser als auch in den meis-ten Lçsemitteln unlçslich ist.
R o t e r P h o s p h o r ist ein nicht fl�chtiges, geruch- und geschmackloses Pulver.Er reagiert mit Oxidationsmitteln, z. B. in Gegenwart von Wasser. Er ist explosions-f�hig in Mischung mit brandfçrdernden Verbindungen wie Chloraten, Chromatenund Permanganaten. Roter Phosphor entz�ndet sich an der Luft bei etwa 300� C. Rei-bung oder Schlag gen�gen jedoch, um die Entz�ndung herbeizuf�hren.
Phosphor kommt in der Natur �berwiegend in den Mineralien Phosphorit undApatit sowie in anderen Phosphaten vor. Anorganische Phosphorverbindungen sindu. a.
Phosphoroxichlorid (POCl3)Phosphortrichlorid (PCl3)Phosphorpentachlorid (PCl5)Phosphorsesquisulfid (P4S3)Phosphorwasserstoff (Phosphin 3 PH3)
Letzterer ist ein farbloses Gas mit einem Geruch nach faulendem Fisch, Karbid oderauch Knoblauch.
I. Gefahrenquellen
Gewinnung von elementarem Phosphor, Verwendung in der chemischen und pharma-zeutischen Industrie, Herstellung und Anwendung von Phosphorbronze, Herstellung
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 91
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 77
von Feuerwerkskçrpern (Pyrotechnik), Waffen (Brandbomben) sowie Herstellungund Verwendung von Sch�dlingsbek�mpfungsmitteln.
Phosphorwasserstoff kann bei der Herstellung von elementarem Phosphor undPhosphiden (anorganische Phosphorverbindungen), bei der Zersetzung von Karbidund bei Einwirkung von Feuchtigkeit auf phosphorhaltiges Ferrosilizium entstehen.Eine Gef�hrdung besteht auch durch phosphorcalziumverunreinigtes Karbid, sofernAcetylen noch aus Calziumkarbid hergestellt wird. Acetylen, wie es z. B. beim Auto-genschweißen verwendet wird, wird heute vorwiegend petrochemisch hergestellt. Die-ses Acetylengas impliziert nicht das Risiko einer Phosphorwasserstoffintoxikation.Eine Gef�hrdung besteht auch bei der Herstellung und Verwendung von Sch�dlings-bek�mpfungsmitteln auf der Basis von Metallphosphiden, speziell Zinkphosphid.
Phosphorchlorverbindungen werden als Chlorierungs- und Phosphorylierungs-mittel in der synthetischen Chemie eingesetzt. Bei betrieblichen Zwischenf�llen kannes zu unerwarteten akuten Expositionen kommen.
Phosphorschwefelverbindungen werden in Reibfl�chen von Streichholzschachtelnverarbeitet, so daß bei deren Herstellung eine Gef�hrdung besteht.
Anorganische Phosphate sind auch in k�nstlichen D�ngemitteln enthalten (Super-phosphat, Nitrophoska). Bei ordnungsgem�ßer Anwendung derartiger D�ngemittelist jedoch eine Gef�hrdung nicht gegeben.
Erkrankungen durch Thomasphosphat, das u. a. als D�ngemittel Verwendung fin-det, sind unter der BK Nr. 41 08 erfaßt.
II. Pathophysiologie
Die Giftwirkung von weißem oder gelbem Phosphor beruht auf dessen langsamerOxidation mit starker Reduktionsaktivit�t und Hemmung enzymatisch gesteuerterStoffwechselvorg�nge (intrazellul�rer Oxidationsvorg�nge) vor allem in der Leber.
Einwirkung von Phosphord�mpfen oder -rauchen verursacht schwere Reizung derNasen- und Rachenschleimh�ute sowie der oberen und tieferen Atemwege und derAugenbindeh�ute sowie der Haut u. a. durch aktiven Sauerstoff. Durch Endothel-sch�digung der Knochengef�ße treten Ver�nderungen am Knochen auf.
Resorption, vor allem durch intakte oder verletzte Haut (Brandwunden) oder beiVerschlucken, f�hrt zu Magendarm-Symptomatik und ggf. schweren Leber- und Nie-rensch�den.
Phosphorwasserstoff als anorganische Phosphorverbindung ist ein starkes Stoff-
wechselgift mit besonderer Affinit�t zum Zentralnervensystem. Die Aufnahme erfolgtdurch Inhalation oder durch die Bildung von Phosphorwasserstoff im Magen-Darm-Kanal, z. B. nach Verschlucken von Metallphosphiden.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das akute Vergiftungsbild nach Einatmen von Phosphord�mpfen und/oder Phosphor-rauch ist durch Reizerscheinungen an den Schleimh�uten der Augen sowie der oberenund tieferen Atemwege gekennzeichnet: Konjunktivitis mit ungewçhnlicher Licht-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 92
78 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
empfindlichkeit, Rhinitis, Hustenreiz. In besonders kritischen F�llen kommt es zuKreislaufkollaps und toxischem Lungençdem.
Hautkontakt f�hrt zu starken Schmerzen an den benetzten Hautpartien und bis zuschweren Verbrennungen mit schlechter Heilungstendenz.
Nach oraler Aufnahme kçnnen schwere gastrointestinale Stçrungen mit abdomi-nellen Schmerzen und Erbrechen auftreten. Kreislaufkollaps oder Schock mit tçdli-chem Herz-Kreislauf-Versagen innerhalb von Stunden ist – mçglich. Andere Verl�ufesind durch eine Latenzperiode von 1–3 Tagen mit relativem Wohlbefinden nach erstengastrointestinalen Beschwerden gekennzeichnet. Dann kçnnen Zeichen einer schwe-ren Lebersch�digung (bis zur akuten gelben Leberdystrophie) auftreten mit Leberko-
ma, h�morrhagischer Diathese und Hypoglyk�mie; außerdem sind schwere Beein-
tr�chtigung der Nierenfunktion mit Oligurie, Albuminurie und H�maturie mçglich.Als Dauersch�den sind Lebercirrhosen beobachtet worden.
Die chronische Vergiftung durch elementaren Phosphor ist, außer durch Appetit-stçrungen, M�digkeit, allgemeine Schw�che, Verdauungsstçrungen und Abmagerungsowie Haut- und Schleimhautblutungen, vor allem durch schmerzhafte Knochendege-
nerationsprozesse (Osteoporose) mit gleichzeitiger oder vorhergehender Verdickungdes Periosts und Hyperostosen gekennzeichnet. Bei j�ngeren Personen sind quer-gestreifte Verkalkungen in den Epiphysenlinien beobachtet worden.
Knochen in der N�he von Schleimh�uten (z. B. Kieferknochen) sind infektions-gef�hrdet. Hier treten nicht selten schwere chronische Osteomyelitiden mit Sequester-bildung auf („Phosphornekrosen“).
Nach massiver Inhalation von rotem Phosphorstaub, der Verunreinigungen durchgelben Phosphor enthalten kann, ist eine toxische Pneumonie mçglich. Mit gelbemPhosphor verunreinigter roter Phosphor kann auch das beschriebene Bild der chro-nischen Phosphorvergiftung verursachen.
Die Diagnose l�ßt sich durch eine „Phosphorlumineszenz“ von Urin und Erbro-chenem erh�rten, bei akuten und chronischen Vergiftungen durch Leber- und Nieren-diagnostik sowie durch Nachweis der beschriebenen Knochenver�nderungen imRçntgenbild.
Anorganische Phosphorverbindungen (Phosphorchlorverbindungen und Phos-phorschwefelverbindungen) sind fl�ssige (Dampf) oder feste (Staub) Reizstoffe, die zuentsprechenden Reaktionen an den Schleimh�uten von Augen, Nase oder Mund, aberauch an denen der oberen und tieferen Atemwege f�hren kçnnen. Vor allem auf Phos-phorschwefelverbindungen sind toxische Hautreaktionen bekanntgeworden.
Besonders toxisch ist der gasfçrmige Phosphorwasserstoff. Akute Intoxikationen
mit hohen Dosen sind meist tçdlich (apoplektiformes Vergiftungsbild). In geringerenDosen treten Vergiftungserscheinungen seitens der Atemorgane und des Herz-Kreis-lauf-Systems mit Brustschmerzen, Zyanose, Atemnot und Tachykardie auf. Kopf-schmerzen, Schwitzen, Schweißausbr�che, Ohrensausen, Erregungszust�nde, Mus-kelsteifigkeit, Schwindelerscheinungen, Gangstçrungen und Bewußtlosigkeit kçnnenebenfalls auftreten. Besonders gef�hrlich ist das toxische Lungençdem.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 93
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 79
Wird das akute Vergiftungsstadium �berlebt, so kçnnen nach einer Latenzzeit vonwenigen Tagen auch Leber- und Nierensch�den auftreten.
IV. Weitere Hinweise
Phosgen (COCl2) ist keine Phosphorverbindung, sondern ein chemisch-irritativ odertoxisch wirkendes Gas, das bei der thermischen Zersetzung chlorierter Kohlenwasser-stoffe entstehen kann.
Akute Vergiftungen durch Phosgen sind als Arbeitsunf�lle anzusehen; chronischeSch�den im Sinne obstruktiver Atemwegserkrankungen fallen unter die BKNr. 43 02.
V. LiteraturK�hn, R., Birott, K.:
Merkbl�tter Gef�hrliche ArbeitsstoffeVerlag moderne Industrie, W. Dummer & Co., M�nchen 1979
Ullmann:Encyklop�die der technischen Chemie, 4. AuflageVerlag Chemie, Weinheim, 1979
Rçmpp:ChemielexikonVerlag Chemie, Weinheim, 1979
Valentin, H., Lehnert, G., Petry, H., Weber, G., Wittgens, H., Woitowitz, H. J.:Arbeitsmedizin, Bd. 2: Berufskrankheiten, 2. AuflageVerlag Georg Thieme, Stuttgart, 1979
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 94
80 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 11 10 Anlage BKV
(Nr. 32/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 285
Erkrankungen durch Beryllium
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologiePneumologieNeurologieOrthop�die
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Beryllium (Be), ein silberweißes, etwas sprçdes Metall, wird �berwiegend durchSchmelzelektrolyse aus Berylliumchlorid oder durch Reduktion mit Magnesium ausBerylliumfluorid gewonnen. Es kommt in der Natur als Phenakit (BeSiO4), Chrys-oberyll (BeAlO2) und Smaragd vor.
Berylliumoxid wird zur Herstellung hoch-feuerfester Ger�te und Materialien so-wie keramischer Farben verwendet. Berylliumfluorid findet bei der Aluminium-Schweißpulverherstellung und andere Berylliumverbindungen bei der Herstellungvon Spezialporzellan, Gl�hkçrpern und Leuchtstoffen Verwendung; im letzteren Fallbenutzt man jetzt vielfach andere ungiftige Stoffe. Berylliumlegierungen sind wegenihrer praktisch unbegrenzten Haltbarkeit und Berylliumgl�ser wegen ihrer besonde-ren Strahlendurchl�ssigkeit von Bedeutung; auch in der Kernreaktor- und Raketen-technik spielen Beryllium und seine Verbindungen eine wichtige Rolle.
Gefahrenquellen sind insbesondere das Verarbeiten trockener, staubender Berylli-umverbindungen, haupts�chlich das Mahlen und Abpacken, in etwas geringeremMaße das Gewinnen des Berylliums aus seinen Erzen und Zwischenprodukten. Ge-sundheitsgef�hrdend sind auch Arbeitspl�tze, an denen Beryllium oder seine Verbin-dungen in Dampfform auftreten.
II. Aufnahmen und Wirkungsweise
Be und seine Verbindungen werden �berwiegend in Form von St�uben oder D�mpfen�ber die Atemwege aufgenommen. Neben çrtlichen Sch�den, z. B. im Bereich der tie-feren Atemwege, kommt es dabei zu einer allgemeinen Giftwirkung. Erkrankungender Haut und Schleimh�ute infolge resorptiver Einwirkung, aber auch Hautsch�dennach unmittelbarem Kontakt mit diesen Stoffen, sind mçglich. Be wird zum Teildurch die Nieren ausgeschieden, zum anderen Teil in Lunge, Leber und Knochen ab-gelagert.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Durch die Einwirkung von Be oder seiner Verbindungen kçnnen �berwiegend fol-gende Erkrankungen und Sch�den verursacht werden:
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 81
a) Akute VerlaufsformIn der Regel handelt es sich hier um eine nur 1 bis 2 Tage dauernde fieberhafte Er-krankung nach Art des sog. Metall-Dampffiebers unter Beteiligung von Haut undSchleimh�uten.
b) Toxische Berylliumpneumonie
Das unter a genannte Krankheitsbild kann vorausgehen. Es treten starke Atemnot,Lippencyanose, Gesichtsbl�sse, qu�lender Husten und auskultatorisch �ber derLunge festzustellende Rasselger�usche hinzu. Im Gegensatz zur kruppçsen Pneumo-nie fehlen jedoch rostbraunes Sputum und Sch�ttelfrost. Rçntgenologisch kçnnensich geringf�gige Tr�bungen in den Mittelfeldern und Fleckelungen, �hnlich denen ei-ner Miliartuberkulose, finden. Mit Beginn der zweiten Krankheitswoche zeigen sichhomogene Verschattungen, die – von den Mittelfeldern ausgehend – auf Ober- undUnterfelder �bergreifen. Hochgradige Cyanose, Nierenreizung mit Eiweißausschei-dung im Urin und Leberschwellung sind Symptome der fortschreitenden Erkrankung,die nach 2 bis 3 Wochen oft infolge L�hmung des Atemzentrums zum Exitus letalisf�hren kann.
G�nstigenfalls bilden sich die Ver�nderungen in der Lunge zur�ck, was charakteris-tischerweise Monate bis Jahre dauern kann. Gelegentlich besteht weiterhin Atemnot.
c) Chronische Verlaufsform – Berylliose –Diese h�ufig vorkommende Verlaufsform kann sich unmittelbar im Anschluß an dietoxische Berylliumpneumonie, h�ufiger aber erst viele Jahre sp�ter, entwickeln.Atemnot, hartn�ckiger, trockener Husten und z. T. betr�chtliche Gewichtsabnahmebei meist normalen Kçrpertemperaturen sind gewisse Anzeichen hierf�r.
Rçntgenologisch findet sich eine mehr oder weniger ausgepr�gte Fleckelung, �hn-lich der bei der Miliartuberkulose bzw. Silikose. Sie fließt stellenweise zu homogenenVerschattungen zusammen und gleicht dann dem Bild der Boeckschen Erkrankungbzw. der sog. Talklunge oder einer Lungenfibrose.
Auch die Berylliose kann unter den Zeichen einer hinzutretenden Herz- und Kreis-laufinsuffizienz tçdlich verlaufen. Ggf. dauert die Erkrankung jahrelang.
d) Sonstige KrankheitserscheinungenInsbesondere bei der akuten Verlaufsform sind evtl. sowohl die Haut in Form einesHauterythems, einer Gesichtsdermatitis, eines vesikopapul�ren Ekzems als auch dieSchleimh�ute des Auges und der oberen Luftwege betroffen. Im Verlauf der toxischenBerylliumpneumonie kçnnen granulomatçse Ver�nderungen, die an Hautsarkoide er-innern, auftreten.
Infolge direkter Einwirkung der sch�digenden Stoffe auf die Haut, z. B. von Beryl-liumsalzen, wie Fluoride, Oxyfluoride und Sulfate, kçnnen ulcerçse Hautprozesse
entstehen. Das Eindringen von Berylliumglassplittern kann zu lokalen Hauterkran-
kungen, wie Granulomen, f�hren, die schließlich unter Keloidbildung abheilen. In
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82 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Einzelf�llen wurden auch Ver�nderungen im Knochensystem (sog. Berylliumrachitis),Leberparenchymsch�den und Nervenl�hmungen beschrieben.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Arbeitsanamnese, klinisches und rçntgenologisches Bild und ggf. das positive Ergeb-nis des auf der sensibilisierenden Wirkung des Berylliums beruhenden Berylliumhaut-testes sind f�r die �rztliche Beurteilung bedeutsam.
Die verschiedenen Krankheitsbilder, wie generalisierte Hautgranulome und toxi-sche Berylliumpneumonie, kçnnen erst viele Jahre nach Exposition in Erscheinungtreten. Auch nach einmaliger Exposition wurden Erkrankungen beobachtet. Im Ver-lauf der Berylliose kommen Remissionen vor.
Hautkrankheiten, durch Einwirkung von Beryllium oder seiner Verbindungen ver-ursacht, gelten als Berufskrankheit Nr. 32 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Ver-ordnung nur insoweit, als sie Erscheinungen einer Allgemeinerkrankung sind; ggf.trifft Nr. 46 *) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung zu.
*) entspricht BK-Nr. 51 01 Anlage BKV.
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 83
12 Erstickungsgase
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 12 01 – Nr. 12 02 Anlage BKV
Literaturhinweis:Anorganische Gase (Hollender und Dott, 2002)Gasfçrmige Verbindungen (Eyer, 2004)Inhalative Noxen (Nowak, 2004)
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84 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 12 01 Anlage BKV
(Nr. 11/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 282–283
Erkrankungen durch Kohlenmonoxid
Klinische Zuordnung:Angio-/KardiologieGastroenterologieNeurol.-/Psychiat.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Kohlenoxyd (-oxid, -monoxid, CO) ist ein farb-, geruch- und geschmackloses Gasohne Reizwirkung von etwa gleichem spezifischem Gewicht wie die Luft. Es entstehtbei unvollst�ndiger, d. h. unter ungen�gender O2-Zufuhr stattfindender Verbrennungkohlenstoffhaltiger Verbindungen.
CO vermischt sich leicht mit Raumluft und kann festes Material, wie Erdreichund Mauerwerk, unbemerkbar durchdringen.
CO ist im sog. Leuchtgas (Stadtgas) je nach Ausgangsmaterial in einem Anteil vonmeist 8 bis 14 %, im entgifteten Stadtgas von etwa 1 %, im Abgas der Ottomotorenvon etwa 3 % (im Leerlauf von etwa 10 %), im Abgas von Dieselmotoren von etwabis 0,5 %, im Hochofengas von etwa 20 bis 30 %, im Generatorgas und Wassergasvon etwa 30 bis 50 % enthalten. Auch in Brandgasen und in Explosionsschwadenkçnnen sehr hohe Konzentrationen auftreten.
Gefahrenquellen sind insbesondere Arbeiten an defekten oder fehlerhaft betriebe-nen Heizanlagen, an offenen Feuerstellen (z. B. Koksçfen), an defekten Gasleitungen,bei Br�nden und Explosionen – haupts�chlich in geschlossenen R�umen, Tunnelnund Untertagebetrieben – sowie an laufenden Ottomotoren in abzugsbehindertenR�umen („Garagentod“).
Auch Arbeiten in Eisenh�ttenwerken, Gießereien u. �., in Gaswerken, Generato-renanlagen und sonstigen Anlagen, die mit CO-haltigen Gasen betrieben werden,kçnnen eine Gefahrenquelle sein.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
CO gelangt ausschließlich �ber die Atemwege in den Blutkreislauf.Da das Bindungsvermçgen des CO an H�moglobin (Hb) etwa 200mal grçßer ist
als das des Sauerstoff (O2), kommt es zu einer Sauerstoffverarmung im Organismus.Hçhe der Konzentration in der Atemluft, Intensit�t der Atmung und Einwirkungs-dauer des CO bestimmen den Grad der O2-Verarmung im Organismus, die letztlichzur inneren Erstickung f�hren kann. Eine lang andauernde Einwirkung kleinerer CO-Dosen kann gesundheitssch�digender sein als eine kurze Einwirkung hçherer CO-Do-sen. Besonders betroffen werden die f�r O2-Mangel empfindlichen Gewebe, wieGehirn, Herz, Leber und Nebenniere. Daneben kommt es zu schweren Kreislaufstç-rungen, wie vermehrter Durchl�ssigkeit der Gef�ße, Gef�ßl�hmungen und Verlang-samung der Blutzirkulation.
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 85
Schon 0,1 Vol.-% CO in der Atemluft kann ein schweres Vergiftungsbild hervor-rufen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Die Einwirkung besonders hoher CO-Dosen, die zu Kohlenoxidh�moglobin(COHb) von 50 % und mehr f�hrt, verursacht in k�rzester Zeit Bewußtseinsver-lust, Dyspnoe und Kr�mpfe; der Tod kann sehr rasch eintreten.
b) Die Einwirkung von CO-Dosen, die zu einem COHb-Gehalt von etwa 20 bis50 % f�hren, verursachen Kopfschmerzen, Schwindel, Brechreiz, Benommenheit,Ohrensausen, Herzklopfen sowie evtl. Versagen der Muskelkraft und des zentra-len Antriebs, etwa beim Versuch sich zu retten; Erregungszust�nde, Kr�mpfe undOhnmachtsanf�lle kçnnen vorkommen. Der Puls ist beschleunigt, die Atmungvertieft und unregelm�ßig, die Gesichtsfarbe bisweilen hellrot, elegentlich leichtcyanotisch. Tçdliche Ateml�hmung oder Herzversagen infolge Sch�digung lebens-wichtiger Zentren bzw. des Herzmuskels sowie Stunden oder Tage anhaltende Be-
wußtlosigkeit mit ihren Folgen, wie z. B. die Schluckpneumonie, sind bei Auf-nahme hçherer CO-Mengen mçglich. Auch Gef�hls- und Bewegungsstçrungenkçnnen vorkommen.Nach kurz dauernder, auch schwerer Vergiftung ist bei geeigneten Maßnahmenmeist eine rasche Gesundung zu erwarten.Folgezust�nde und Sp�tsch�den werden fast ausschließlich nach l�ngerer CO-Ein-wirkung beobachtet. Hierbei zeigen sich nervçse und psychische Stçrungen sowiefunktionelle und organische Herz- und Gef�ßver�nderungen. Stçrungen der Ver-
dauungsorgane und der Organe mit innerer Sekretion kçnnen vorkommen. Auchan Morbus Parkinson erinnernde Krankheitsbilder, Erblindungen, akute deliranteZust�nde und cerebrale Ausfallserscheinungen, wie Herabsetzung des Antriebs, derMerkf�higkeit und des sprachlichen Ausdrucksvermçgens, wurden beobachtet.Polyneuritis, Epilepsie, Bluthochdruck und Arteriosklerose sind in der Regel keineSp�tsch�den nach CO-Einwirkung.
c) Eine sog. chronische CO-Erkrankung („Intoxikation lente“) kann durch �ber l�n-gere Zeitr�ume eingeatmete kleinere CO-Mengen, die bei einmaliger Einwirkungkeine subjektiv wahrnehmbaren Sch�den und Folgeerscheinungen hervorrufen,entstehen. Eigentlich handelt es sich hierbei um eine subakute Vergiftung infolgewiederholter leichter „Angiftung“.Klagen �ber M�digkeit, Kopfschmerzen, Schwindel, Schlafstçrungen, Reizbarkeitu. �. kçnnen hierf�r ein Hinweis sein. Die Prognose der chronischen Erkrankungist bei Wegfall der Exposition im allgemeinen g�nstig.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Hinweise f�r eine CO-Erkrankung, deren Symptome abgesehen von denen der akutenForm – vielfach uncharakteristisch und vielseitig sind, ergeben sich insbesondere auchaus eingehender Arbeitsanamnese und Kenntnis des Arbeitsplatzes (CO-Gehalt der
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86 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Luft im Arbeitsraum). H�ufig treten gleichzeitig an einem exponierten Arbeitsplatzbei mehreren Personen �hnliche Krankheitszeichen auf.
Der quantitative CO-Nachweis im Blut kann besonders wichtig sein. Deshalb istmçglichst rasch nach der Exposition eine Blutabnahme mittels Ven�le, die einen ge-rinnungshemmenden Zusatz erh�lt, vorzunehmen.
Zur raschen Orientierung kann es dienlich sein, in ein mit Wasser gef�lltes Rea-genzglas einen Tropfen Blut des Erkrankten und in ein zweites mit Wasser gef�lltesReagenzglas einen Tropfen Blut einer nicht der CO-Einwirkung ausgesetzten Personhinzuzugeben. W�hrend normalerweise im zweiten Reagenzglas eine gelbliche F�r-bung eintritt, ist diese im ersten Fall bei einem COHb-Gehalt des Blutes ab 25 % rosa.
Der negative Ausfall einer Blutprobenuntersuchung auf CO ist u. U. kein Beweisgegen das Vorliegen einer akuten CO-Erkrankung, insbesondere dann nicht, wenndas Blut mehrere Stunden nach Einwirkung entnommen wurde, da in dieser Zeit derCOHb-Spiegel, besonders unter Sauerstoffatmung, weitgehend abgesunken ist.
F�r die Beurteilung der sog. chronischen CO-Erkrankung sind wiederholt in daf�reingerichteten Untersuchungsstellen genaue quantitative Bestimmungen des COHBim Blut vorzunehmen. Dabei ist zu ber�cksichtigen, daß ggf. durch außerberuflich be-dingten Aufenthalt in CO-haltiger Luft oder z. B. infolge starken Rauchens von Tabakbereits 5 bis 10 % und mehr COHB im Blut nachweisbar sein kçnnen.
Wiederholte EKG-Untersuchungen und die Festlegung neurologischer Befundesind zusammen mit anderen klinischen Befunden f�r die �rztliche Beurteilung bedeut-sam, da manche organische Ver�nderungen auch erst nach einer gewissen Latenzzeitmanifest werden kçnnen.
Funktionsstçrungen am Herzen treten meistens unmittelbar (innerhalb der erstenTage) nach der Vergiftung auf.
Konstitution, allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensalter sind evtl. f�r denAblauf der Erkrankung von wesentlicher Bedeutung.
Diganosestellung und Beurteilung des Krankheitsbildes kçnnen durch die gleich-zeitige Einwirkung anderer Gase, z. B. bei Br�nden, erschwert sein.
Literaturerg�nzung:Berghoff, B. E.:
Vorhersagbarkeit einer koronaren Herzkrankheit im Rahmen einer arbeitsmedizinischen Vorsor-geuntersuchungMed. Diss., M�nchen 2004
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 87
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 12 02 Anlage BKV
(Nr. 19/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 32
Erkrankungen durch Schwefelwasserstoff
Klinische Zuordnung:OphthalmologieGastroenterologieKardiologiePneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Schwefelwasserstoff (H2S) ist ein farbloses, brennbares, im Gemisch mit Sauerstoffexplosionsf�higes Gas. Es ist etwas schwerer als Luft und lçst sich in Wasser. In sehrniedriger Konzentration von ca. 0,001 Vol.-%. riecht H2S typisch wie faule Eier. Hç-her konzentriert ist dieses Gas von widerlich s�ßlichem Geruch und f�hrt bereits nachkurzdauernder Exposition zu einer Sch�digung der Geruchsempfindung, so daß H2Snicht mehr wahrgenommen werden kann. Auch die l�ngere Einwirkung niedrigerKonzentrationen kann eine Abnahme der Geruchsempfindung zur Folge haben.
H2S entsteht �berall dort, wo menschliche, tierische oder pflanzliche Materie inF�ulnis �bergeht. In Brunnensch�chten, Jauchegruben und Abwasserkan�len kçnnensich grçßere Mengen ansammeln und insbesondere bei Druck- und Temperatur-schwankungen freiwerden. Auch in Schlammbçden, Faulgruben von Abdeckereienund Gerbereien, Friedhofsgr�ften, in Abw�ssern von Zuckerfabriken, Gelatinefabri-ken sowie in Kohlegruben, Gips- und Schwefelbergwerken kann H2S vorkommen.
In vulkanischen Gegenden entweicht H2S aus dem Boden; ebenso findet es sich imSchlamm vulkanischer Binnenseen (Fango). Das Gas bildet sich bei der Herstellungvon Salz- und Schwefels�ure, Schwefelkohlenstoff, Schwefelfarben und anderen che-mischen Substanzen. Außerdem tritt H2S in Hochçfen, Erdçlraffinerien, in Gaswer-ken, Kokereien sowie insbesondere auch in der Viskoseindustrie (Zellwoll-, Zellglas-,Kunstseideherstellung) auf. In Gasgemischen ist h�ufig H2S zusammen mit CO, CO2,NH3, CH4 und CS2 enthalten.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
H2S wird �ber die Atemwege, geringf�gig durch Hautresorption, aufgenommen. BeiKontakt mit Schleimh�uten und Gewebefl�ssigkeit bilden sich Alkalisulfide, diestarke Reizwirkungen, insbesondere an den Augen und Schleimh�uten der Nase unddes Rachens, verursachen. Außerdem bewirkt das �ber die Lunge in grçßeren Men-gen resorbierte H2S – wahrscheinlich �hnlich dem Zyan – eine L�hmung der intrazel-
lul�ren Atmung durch Blockade schwermetallhaltiger Fermente.
Im Organismus wird H2S �berwiegend zu biologisch indifferenten Substanzenoxidiert. Der kleinere, nicht oxidierte Teil kann Sch�den im zentralen und evtl. auchperipheren Nervensystem hervorrufen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 102
88 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Bei Einwirkung sehr hoher Konzentration kommt es innerhalb weniger Sekunden– �hnlich wie bei der Zyanvergiftung – zum Atemstillstand infolge zentraler Atem-l�hmung. Starke Reizsymptome an Augen und Schleimh�uten der Atemwege,Atemnot und Bewußtseinsverlust kçnnen nach hohen Dosen dem meist tçdlichenAusgang vorausgehen.
b) Die Einwirkung geringerer bis mittlerer H2S-Konzentrationen kann Schwindel,Kopfschmerzen, Schlafstçrungen, �belkeit, Speichelfluß, Brechreiz, Metall-geschmack, Appetitlosigkeit, Diarrhoe und Gewichtsabnahme hervorrufen. Eskçnnen ferner Rçtung und Schwellung der Bindehaut mit Brennen und Tr�nen derAugen sowie oberfl�chliche Ver�nderungen der Hornhaut mit Lichtscheu, Lid-krampf und Nebelsehen auftreten. Ggf. kann der Reiz auf die Atemwege zu bron-
chopneumonischen Prozessen f�hren. Anzeichen einer drohenden Asphyxie,Kr�mpfe und Bewußtlosigkeit sind mçglich.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Ob unspezifische Symptome wie Kopfschmerzen, Magenbeschwerden, Nachlassender Merkf�higkeit, M�digkeit, Durchblutungs- und Kreislaufstçrungen sowie einechronische Bronchitis u. �. auf einmalige, wiederholte oder l�nger andauernde Ein-wirkung von H2S zur�ckgef�hrt werden kçnnen, muß sorgf�ltig gepr�ft werden. Aufden Nachweis der Exposition, insbesondere deren Art und Weise, ist Wert zu legen.Evtl. kçnnen �hnliche Erkrankungszeichen bei anderen Personen einen Hinweis ge-ben. Br�ckensymptome m�ssen in der Regel vorhanden sein.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 103
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 89
13 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)und sonstige chemische Stoffe
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 13 01 – Nr. 13 17 Anlage BKV
Literaturhinweis:Aromatische und nicht halogenierte Kohlenwasserstoffe (Hollender et al., 2002)Pestizide (Idel und Leng, 2002)Halogenorganische Verbindungen (Schçler und F�rber, 2002)Halogenierte Kohlenwasserstoffe (Bolt und Thier, 2004)Kohlenwasserstoffe (Koss, 2004)Polychlorierte Dioxine, Furane und Biphenyle (Koss et al., 2004)Aromatische Amine, Nitroaromaten und heterozyklische aromatische Amine (Richter und Pfau, 2004)Biozide und Pflanzenschutzmittel (Solecki und Pfeil, 2004)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 104
90 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 01 Anlage BKV
(Nr. 1/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 129
Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere
Neubildungen der Harnwege durch aromatische Amine
Klinische Zuordnung:NephrologieUrologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Wichtige hierhergehçrende chemische Verbindungen, die insbesondere Krebs oderandere Neubildungen der Harnwege hervorrufen kçnnen, sind:
Beta-Naphthylamin (C10H7. NH2),
Benzidin (H2N . C6H4. C6H4
. NH2),4-Aminodiphenyl (Xenylamin).
An den abf�hrenden Harnwegen bewirken Toluidine (o-Toluidin, p-Toluidin), Chlor-toluidin u. a. vorwiegend nur Schleimhautver�nderungen im Sinne einer Reizungoder Entz�ndung. Dichlorbenzidin und Dianisidin kçnnen als Homologe und Substi-tutionsprodukte des Benzidins gleichfalls Ursache der genannten Erkrankungen sein.
Diese Stoffe kommen als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, vor allemin Betrieben der Farbstoffsynthese vor; auch in bestimmten Laboratorien u. a. kçnnensie eine Gefahrenquelle sein. Arbeiten mit dem fertigen Farbstoff und den gebrauchs-fertigen Farben sind ungef�hrlich, falls nicht infolge Zersetzung oder Zerstçrung aro-matische Amine, die die betreffenden Krankheiten verursachen kçnnen, frei werden.
Dem reinen Anilin und reinen Alpha-Naphthylamin wird eine cancerogene Wir-kung abgesprochen; im Einzelfall kçnnen diese – wie auch sonstige Substanzen – mitkrebserzeugenden aromatischen Aminen verunreinigt sein.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Durch berufliche Besch�ftigung kçnnen die genannten Stoffe vorwiegend durch Hau-tresorption, aber auch in Dampf oder Staub �ber die Atemwege aufgenommen wer-den. In den Harnwegen, insbesondere in der Harnblase, seltener in Harnleiter undNierenbecken, wo sie – teilweise nach chemischem Umbau – l�ngere Zeit verweilen,kann es zu den genannten Erkrankungen kommen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Entz�ndliche Ver�nderungen der Harnwege mit Harndrang, krampfartigen Be-schwerden in der Gegend der Harnblase, h�ufigem Wasserlassen und occulter odersichtbarer H�maturie treten auf. Lokalisiert oder multipel kçnnen sich Papillome bil-den. H�ufige und hartn�ckige Recidive sowie die Entstehung einer Pyelonephritis
sind mçglich.Immer wiederkehrende Blutungen und zunehmende Blasenstçrungen weisen auf
eine Neubildung in der Blasenschleimhaut hin, die sowohl gutartig, papillomatçs als
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 105
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 91
auch bçsartig, knotig oder infiltrierend sein kann. Die Umwandlung gutartiger Ge-
schw�lste in bçsartige kommt vor.Krebs der Harnwege kann sich auch ohne st�rkere vorausgehende Symptome ent-
wickeln.Die Ver�nderungen finden sich bevorzugt im Blasengrund und in der Umgebung
der Einm�ndung der Harnleiter in die Harnblase, seltener in der Blasenkuppe. Auchim Harnleiter und Nierenbecken kçnnen sie auftreten, hier insbesondere in Verbin-dung mit lang anhaltenden Stauungen im Harnabfluß.
Zur Sicherung der Diagnose sind bei verd�chtigen klinischen Anzeichen Harnsedi-mentuntersuchungen, Blasenspiegelungen und ggf. Entnahme von Geschwulstparti-keln f�r die histologische Untersuchung erforderlich.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Schleimhautver�nderungen, Krebs oder andere Neubildungen, bedingt durch aroma-tische Amine, sind weder klinisch, histologisch noch nach ihrem Verlauf von solchenErkrankungen anderer Ursachen abzugrenzen; daher ist f�r die �rztliche Beurteilungeine eingehende Arbeitsanamnese von besonderer Wichtigkeit.
Krebs oder andere Neubildungen der Harnwege kçnnen im allgemeinen nachmehrj�hriger, gelegentlich auch mehrmonatiger Exposition mit aromatischen Aminenentstehen; noch Jahrzehnte nach Aufgabe des gesundheitsgef�hrdenden Arbeitsplat-zes kçnnen sie in Erscheinung treten.
Sofern durch Einwirkung aromatischer Amine andere Krankheiten entstandensind, ist zu pr�fen, ob diese unter Nr. 5, Nr. 41 oder Nr. 46 der Anlage zur 6. Berufs-krankheiten-Verordnung fallen.*)
*) entspricht den BK-Nrn. 13 04, 43 01, 43 02 und 51 01 Anlage BKV.
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Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 6/1985, 55–58
Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieKardio-/NephrologiePhoniatrieNeurol./Psychiatrie
Die Halogenkohlenwasserstoffe (Verbindungen von Kohlenwasserstoffen mit Fluor,Chlor, Brom, Jod) sind eine heterogene Gruppe zahlreicher organischer Verbindungen,die auch in toxikologischer Hinsicht uneinheitlich sind. Halogenkohlenwasserstoffewerden industriell vielseitig verwendet, teilweise auch als Stoffgemische, was die Beur-teilung der gesundheitlichen Gef�hrdung erschwert. Man findet sie auch vielfach alsVerunreinigung technischer Produkte. Der Einsatz halogenierter Kohlenwasserstoffeerfolgt vorrangig als Lçsemittel, ferner in der Landwirtschaft (Pflanzenschutz, Sch�d-lingsbek�mpfung), in der K�hltechnik, als Feuerlçschmittel und im h�uslichen Bereich.Wegen der Vielfalt ihrer Anwendung und der stark unterschiedlichen Toxizit�t einzel-ner Verbindungen kçnnen im folgenden nur Schwerpunkte, erg�nzt durch einige wei-terf�hrende Hinweise, behandelt werden.
I. Gefahrenquellen
Die nachfolgende Gliederung der Halogenkohlenwasserstoffe nach Anwendungs-gebieten soll den praktischen Gegebenheiten Rechnung tragen. Die Anwendungs-bereiche kçnnen sich �berschneiden. Die genannten aliphatischen und cyclischenHalogenkohlenwasserstoffe sind wichtige Beispiele; ihre Aufz�hlung ist nicht als voll-st�ndig anzusehen. Probleme kçnnen sich durch Gemische, Verunreinigungen, Stabi-lisatoren, Weichmacher, H�rter und andere Zuschlagstoffe ergeben.
Gefahrenquellen sind das Herstellen, Abf�llen, Verpacken, Transportieren undAnwenden der nachfolgend genannten chemischen Verbindungen insbesondere als:
1.1 Lçsemittel
– in der Metallindustrie zum Entfetten– in der Textil- und Bekleidungsindustrie zum Reinigen und als Hilfsmittel bei der
Textilveredelung (z. B. Impr�gnierung)– in der Farbenindustrie und beim Aufbringen sowie Abbeizen von Anstrichstoffen– in der Kunststoff- und Gummiindustrie, insbesondere als Ausgangsprodukt f�r
Polymere und als Lçsemittel f�r Klebstoffe– in der Erdçlindustrie zum Trennen von Stoffgruppen aufgrund ihres selektiven Lç-
severmçgens (z. B. f�r Asphalte, �le und aromatische Kohlenwasserstoffe)– als Extraktionsmittel f�r Fette, Wachse und Harze– in Chemischreinigungsbetrieben zum Reinigen und als Detachiermittel– in der Schuhindustrie als Lçsemittel f�r Klebstoffe– in der Druckindustrie und im grafischen Gewerbe
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 107
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 93
Halogenierte Lçsemittel sind in der Mehrzahl leicht fl�chtig, angenehm riechend undschwer entz�ndbar. Ihre D�mpfe sind schwerer als Luft (Anreicherung in Bodenver-tiefungen!).
Zu den heute meistbenutzten Lçsemittel z�hlen das Dichlormethan (Methy-lenchlorid, CH2Cl2), das 1,1,1-Trichlorethan (CCl3CH3), das Trichlorethen(CCl2=CHCl, fr�her Trichlor�thylen, umgangssprachlich „Tri“) und das Tetrachlore-then (CCl2=CCl2, fr�her Tetrachlor�thylen oder Perchlor�thylen, umgangssprachlich„Per“). Seltener sind das hochtoxische 1,1,2-Trichlorethan und das 1,1,2,2-Tetrachlo-rethan. In besonderen Bereichen werden Trichlormethan (Chloroform, CHCl3) undTetrachlormethan (CCl4, Tetrachlorkohlenstoff, umgangssprachlich „Tetra“) einge-setzt. Trotz der unterschiedlichen Toxit�t werden im Sprachgebrauch zuweilen Tetra-chlorkohlenstoff, Tetrachlorethan und Tetrachlorethen mit der Abk�rzung „Tetra“bezeichnet.
Tetrachlorethen ist eines der am h�ufigsten verwendeten Lçsemittel in der Che-mischreinigung. Auch Fluorkohlenwasserstoffe (z. B. R 11 = Trichlorfluormethan,CCl3F und R 113 = 1,1,2-Trichlor-1,2,2-trifluorethan, Cl2FC-CF2Cl) werden dort ge-legentlich eingesetzt.
Einwirkungen sind auch bei anderen T�tigkeiten mçglich, z. B. beim Terrazzo-Schleifen und Fluatieren durch Trichlorethen und Tetrachlorethen.
1.2 Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pesticide)
Zur Bek�mpfung von Insekten (auch Ameisen), Spinnmilben, W�rmern und Nagetie-ren sowie als Saatbeizmittel werden toxikologisch sehr unterschiedliche Stoffe ver-wendet. Gasfçrmig ist– Brommethan (CH3Br, Methylbromid)
In fester Form liegen vor– Hexachlorcyclohexan (C6H6Cl6, „HCH“), und zwar sein Gamma-Isomer „Lin-
dan“– Chlorbenzole: Chlorbenzol, 1,4-Dichlorbenzol (Mottenbek�mpfungsmittel),
Hexachlorbenzol (nur f�r Weizensaat zugelassen)– Polycyclische Chlorkohlenwasserstoffe, z. B. Aldrin (nur f�r Weinbau zugelassen)– chlorierte Camphene (Toxaphen, nur als Rodenticid im Forstbereich, auf abgeern-
teten Feldern und f�r Blumenzwiebeln zugelassen)– 1,3-Dichlorpropen (CICH=CH-CH2Cl)– Polychlorierte Phenole, z. B. Pentachlorphenol „PCP“ (s. BK Nr. 13 10)Die fr�her h�ufig verwendeten Insekticide Dichlor-Diphenyl-Trichlorethan (DDT),Dieldrin sowie einige halogenierte Propan- und Propenverbindungen sind in der Bun-desrepublik Deutschland nicht mehr zugelassen; ihr Vorkommen ist jedoch nicht aus-zuschließen.
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94 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
1.3 K�ltemittel, Treibgase f�r Aerosole, Trennmittel
Einige chlorierte Fluorkohlenwasserstoffe der Methan- und Ethanreihe werden wegenihres niedrigen Siedepunktes, ihrer relativen Ungiftigkeit und chemischen Wider-standsf�higkeit in Aggregaten f�r die Erzeugung von K�lte sowie als Treibmittel f�r Ae-rosole und Plastiksch�ume verwendet. Zum Trennen von Formen bei der Kunststoff-und Schaumstoffherstellung werden diese Stoffe ebenfalls eingesetzt. Sie sind unterHandelsnamen wie „Frigene“, „Freone“, „Kaltron“, „Arklone“, „Algofrene“, „Fluge-ne“ bekannt. Wichtigste Vertreter (Bezeichnung nach DIN 8962) sind– R 11, Trichlor-fluormethan (CCl3F)– R 12, Dichlor-difluormethan (CCl2F2)– R 114, 1,2-Dichlor-tetrafluorethan (CClF2-CClF2,)Brommethan und Chlormethan sind ungleich toxischer, werden heute aber selten ver-wendet.
1.4 Feuerlçschmittel
Halogenierte Kohlenwasserstoffe werden derzeit als Brom-Chlor-Fluorkohlenwasser-stoffe (z. B. „Halon 1211“, CF2ClBr, Bromchlordifluormethan) und als Bromtrifluor-methan („Halon 1301“, CBrF3) zum Lçschen brennender fl�ssiger oder gasfçrmigerStoffe, auch in elektrischen Anlagen, herangezogen. Der Einsatz von Tetrachlor-methan ist in der Bundesrepublik Deutschland seit dem 1.3.1964, der von Bromchlor-methan seit dem 1.1.1975 verboten.
1.5 Syntheseausgangsstoffe und Zwischenprodukte
in der chemischen Industrie
– 1,2-Dichlorethan (CH2Cl-CH2Cl)– 1,1,2-Trichlorethan (CHCl2-CH2-Cl)– Vinylchlorid (Chlorethen, CH2=CHCl)– Vinylidenchlorid (1,1-Dichlorethen, CH2=CCl2)– Vinylidenfluorid (1,1-Difluorethen, CH2=CF2)– Tetrafluorethen (CF2=CF2)– Chloropren (2-Chlor-1,3-butadien, CH2=CH-CCl=CH2)– Perchlorierte Naphtaline („Perna“, fr�her als Ersatz f�r Kautschuk, Harze, Wachse)– Chlormethan (Methylchlorid, CH3Cl)– Trichlormethan (Chloroform, CHCl3)– Tetrachlormethan („Tetra“, CCl4)– 1,2-Dichlorethan (CH2Cl-CH2Cl)– 1,1,2 Tetrachlorethan (CHC2-CHCl2)
1.6 Isoliermittel in der Elektroindustrie
Isoliermittel, auch in Transformatoren und Kondensatoren– chlorierte Naphtaline– polychlorierte Biphenyle („PCB“, „Clophen“, „Arochlor“ = „Askarele“)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 109
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 95
1.7 Narkose- und Desinfektionsmittel, vorwiegend im medizinischen
und hygienischen Bereich
Narkosernittel wie– Enfluran(2-Chlor-1,1,2-Trifluor-�thyl-[Difluormethyl]-�ther)– Halothan (2-Brom-2-Chlor-1,1,1-Trifluorethan, CF3CHClBr) Desinfektionsmit-
tel und Mittel zur Geruchsverbesserung („Toilettensteine“)– Dichlorbenzole u. a.– Chlorethan (Ethylchlorid, „Chlorethyl“, CH3-CH2Cl, „Vereisungsmittel“)
II. Pathophysiologie
Die Gesundheitsgef�hrdung wird auch bei den Halogenkohlenwasserstoffen wesent-lich durch deren jeweilige Toxizit�t sowie Intensit�t und Dauer der Exposition be-stimmt. Dabei sind speziell Fl�chtigkeit, Lipoidlçslichkeit, Resorption, Verteilung,Metabolismus und Elimination von Bedeutung. Halogenierte Kohlenwasserstoffewirken durch lokalen Kontakt oder nach erfolgter Resorption unterschiedlich starkgesundheitssch�digend. Insbesondere werden durch eine Reihe von ihnen das Zen-tralnervensystem, Leber und Niere betroffen.
Die Aufnahme erfolgt vorwiegend �ber die Atemwege, z. T. auch �ber die Haut.Bei direkter Einwirkung auf Haut und Schleimh�ute kçnnen lokale Reizwirkungenauftreten, z. B. an den Konjunktiven und im Respirationstrakt. Durch Kontakt mitLçsemitteln wird die Haut entfettet und es kann zu Dermatosen (degenerativen Ekze-
men etc.) kommen.Halogenkohlenwasserstoffe kçnnen zu Stçrungen im Zentralnervensystem f�h-
ren, die alle Stadien einer Narkose (Erregung, Bewußtseinstr�bung und -verlust) bishin zum Tode durchlaufen kçnnen. Die narkotische Wirkung beruht wesentlich aufihrer hohen Lipoidlçslichkeit. Einige Lçsemittel besitzen euphorisierende Wirkung,die mit Suchtgefahr verbunden ist (z. B. „Tri-Sucht“, „Schn�ffler“).
Viele industriell verwendete Fluorkohlenwasserstoffe sind im Organismus außer-ordentlich stabil und werden grçßtenteils unver�ndert wieder abgeatmet. Chlor- undBromverbindungen werden hingegen oxidativ oder reduktiv dehalogeniert. Die ent-stehenden Metabolite entscheiden �ber die Giftigkeit der Ausgangssubstanz. ZweiWirkmechanismen werden diskutiert: Die Bildung von Epoxiden bei halogeniertenOlefinen, ferner die Entstehung freier Radikale nach Abspaltung eines Chloratoms(z. B. bei Tetrachlorkohlenstoff) durch die Monooxygenasen der Leberzelle und wei-tere biochemische Mechanismen reaktiver Metabolite (z. B. metabolische Bildungvon Phosgen aus Chloroform). Als weitere Mçglichkeit kommt die direkte Alkylie-rung im Falle reaktiver Halogenverbindungen (z. B. Allylchlorid, Allylbromid, Brom-methan) in Frage. Es entwickeln sich Ver�nderungen an verschiedenen subzellul�renBestandteilen, die zu Zellsch�digungen (z. B. an Leber, Niere und Nervensystem) f�h-ren kçnnen. Aus Dichlormethan wird metabolisch Kohlenmonoxid gebildet.
Das wenig metabolisierbare 1,1,1-Trichlorethan findet h�ufig anstelle von Tri-und Tetrachlorethen Verwendung. Die Wirkung von zugesetzten Stabilisatoren (s. u.)
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96 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
ist zu ber�cksichtigen. Dem 1,1,1-Trichlorethan gegen�ber ist das 1,1,2-Trichloret-han sehr toxisch, insbesondere f�r Herz, Leber und Niere.
Vinylchlorid wird �ber die Zwischenstufen Chlorethenoxid und Chloracetaldehydzu den �berwiegend im Urin erscheinenden Metaboliten Thiodiessigs�ure und 2-Hy-droxyethylmerkapturs�ure abgebaut. Das Stoffwechselprodukt Chlorethenoxid ver-mag Nukleins�uren zu alkylieren und gilt als nach Vinylchloridexposition ultimalwirkendes Karzinogen. Bei einer Reihe weiterer halogenierter Kohlenwasserstoffe istder Verdacht auf Kanzerogenit�t zu beachten.
Der Abbau von Trichlorethen geht �ber eine Umwandlung in Chloralhydrat, daseinerseits zu Trichloressigs�ure oxidiert und andererseits zu Trichlorethanol reduziertwird. Trichloressigs�ure und das Glukuronid des Trichlorethanols werden als Haupt-metabolite unterschiedlich schnell im Harn ausgeschieden.
Viele, insbesondere als Insekticide verwendete Halogenkohlenwasserstoffe rei-chern sich infolge ihrer guten Lipoidlçslichkeit und hohen Best�ndigkeit gegen�bermetabolisierenden Enzymen im Gewebe an. Noch l�nger als z. B. „DDT“ persistiert(�ber Jahre und Jahrzehnte) sein Metabolit Dichlordiphenyldichlorethen („DDE“).Einige chlorierte Kohlenwasserstoffe zeigen in hohen Gewebskonzentrationen eineF�higkeit zur Enzyminduktion unspezifischer Oxygenasen der Leber, deren pathoge-netische Bedeutung heute noch nicht abgesch�tzt werden kann.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Der Heterogenit�t der Halogenkohlenwasserstoffe entsprechen unterschiedlicheakute und/oder chronische Krankheitsbilder.
Die durch Lçsemittel verursachte Entfettung der Haut beg�nstigt lokale Infektio-
nen und Ekzeme. Nach Benetzung mit direkt alkylierenden Verbindungen kommt esin schweren F�llen zur Blasenbildung. Symptomatische kutane Porphyrien wurdennach Aufnahme von Hexachlorbenzol beobachtet. Chlorphenole und Chlornaphta-line kçnnen an der Haut akne�hnliche Effloreszenzen („Chlorakne“, „Perna-Krank-
heit“) hervorrufen. Auch polychlorierte Biphenyle haben bei akzidentellen akuten In-toxikationen zu �hnlichen Gesundheitsstçrungen („Yusho“) gef�hrt. Heute wirdjedoch zumeist davon ausgegangen, daß die Chlorakne nicht direkt auf die hier ge-nannten Verbindungen zur�ckgeht, sondern auf Verunreinigungen oder sekund�reBildung hochtoxischer Stoffe wie 2,3,7,8-Tetrachlor-dibenzo-para-dioxin („TCDD“)(s. BK Nr. 1310). Bei der Herstellung von Chlorkautschuk kann es durch Einwirkun-gen von Chloropren zu vor�bergehendem Haarausfall kommen.
Typische Anzeichen einer akuten oder subakuten Vergiftung mit Halogenkohlen-wasserstoffen sind Symptome von seiten des Zentralnervensystems wie Benommen-heit, Kopfschmerz, Schwindel, Somnolenz sowie psychische Alterationen. Einzelf�llechronischer Vergiftungserscheinungen in Form peripherer Neuritiden (toxische Neuro-
pathie) oder einer retrobulb�ren Neuritis sind bekanntgeworden. Ausgesprochen neu-rotoxisch wirken die Monohalogenmethane Chlor-, Brom- und Jodmethan. Stark nar-kotisch wirken Tri- und Tetrachlormethan, 1,2-Dichlorethan, Tetrachlorethan sowie
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 97
Tri- und Tetrachlorethen. Neurologische Symptome stehen auch bei Intoxikationen
mit den insekticid wirkenden chlorierten Kohlenwasserstoffen (z. B. Lindan oder DDT)im Vordergrund: Beschrieben werden in diesen F�llen Unruhe, Par�sthesien im Mund-bereich, Hyper�stesien im Gesicht und an den Extremit�ten, Reizbarkeit, Lichtscheu,Schwindel und �belkeit, Kopfschmerzen, Sprachstçrungen, Verwirrtheit und akute en-
zephalotoxische Reaktionen in Form von Tremor, tonisch-klonischen Kr�mpfen sowiekomatçsen Zwischenperioden. Der Tod kann durch Ateml�hmung, Herzrhythmus-
stçrungen oder zentrales Kreislaufversagen auch noch nach Wochen eintreten. Nach�berlebten schweren Intoxikationen sind Polyneuropathien beobachtet worden.
Die Lebertoxizit�t von Halogenkohlenwasserstoffen mit hepatotoxischer Wir-kung �ußert sich in einer Vergrçßerung des Organs, Anstieg der Transaminasen im Se-rum und in unterschiedlichen histologischen Bildern. Die Lebertoxizit�t steigt etwa inder Reihenfolge Dichlorrnethan (Methylenchlorid) – 1,1,1-Trichlorethan – Trichlore-then („Tri“) – Tetrachlorethen („Per“) – 1,1,2,2-Tetrachlorethan – Trichlormethan(Chloroform) – Dichlorethan – 1,1,2-Trichlorethan Tetrachlormethan („Tetra“). DieAbgrenzung zum aliment�ren Alkoholschaden ist schwierig. Folgezust�nde einer in-fektiçsen Hepatitis sind ebenfalls zu ber�cksichtigen.
Vergiftungen mit Trichlorethen und anderen chlorierten Lçsernitteln kçnnen Reiz-
bildungs- und Reizleitungsstçrungen des Herzens hervorrufen.Einige Halogenkohlenwasserstoffe kçnnen Beeintr�chtigungen der Nierenfunk-
tion verursachen, z. B. Chloroform, 1,1,2-Trichlorethan, Tetrachlorkohlenstoff undDichloracetylen.
Leber- und Nierensch�den kçnnen auch nach langfristiger Exposition gegen�bergeringen Konzentrationen von Halogenkohlenwasserstoffen auftreten.
Vinylchlorid besitzt eine krebserzeugende Wirkung (H�mangioendothelsarkom
der Leber). Außerdem kann es zu einer Raynaud-artigen Symptomatik sowie zu skle-rodermieartigen Hautver�nderungen und zu Akroosteolysen an den Fingern f�hren.Des weiteren wurden Thrombozytopenien, Leberfunktionsstçrungen, Leber- undMilzvergrçßerung sowie portale Fibrose z. T. mit �sophagusvarizen beobachtet.
IV. Weitere Hinweise
Bestimmten Halogenkohlenwasserstoffen werden Stabilisatoren zur Vermeidung derSelbstzersetzung oder chemischer Reaktionen mit Leichtmetallegierungen bei derEntfettung zugesetzt. Besonders beim wenig toxischen 1,1,1-Trichlorethan, das heuteals Ersatz f�r Trichlorethen verwendet wird, kann der Stabilisatoranteil mehrere Pro-zent betragen. W�hrend fr�her h�ufig aliphatische Amine und Phenolderivate (darun-ter auch das allergene Butylhydroxytoluol, „BHT“) eingesetzt worden sind, wurdensp�ter auch Stabilisatorensysteme verwendet, die karzinogene Epoxide enthielten. Be-sonders bei Halogenkohlenwasserstoffen und Redestillaten (Regeneraten) unbekann-ter Herkunft ist auf diese Mçglichkeit zu achten. Der Verdacht, daß Trichlorethen(„Tri“) krebserzeugend sei, hat sich nicht best�tigt.
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98 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Eingehende Untersuchungen zeigten, daß chemisch reines „Tri“ keine kanzero-gene Potenz besitzt, sondern vielmehr bestimmte Stabilisatoren, z. B. Epichlorhydrin.
Unter Einwirkung hoher Temperaturen, beispielsweise in der Schweißflamme, anheißen Oberfl�chen oder in der Zigarettenglut kçnnen hochtoxische Zersetzungspro-dukte von Halogenkohlenwasserstoffen entstehen. Die Halogenkohlenwasserstoffesowie die meisten Kohlenstoffoxihalogenide (S�urehalogenide) wirken stark �tzendauf die Atemwege. Phosgen (Carbonylchlorid, COCl2) ruft nach Einatmung, meistnach mehrst�ndiger Latenz, durch Stçrungen des Zellstoffwechsels ein toxisches Lun-
gençdem hervor (s. BK Nr. 4302).Alkoholkonsum verst�rkt die Giftwirkung der meisten Halogenkohlenwasser-
stoffe.Der Nachweis von Halogenkohlenwasserstoffen und ihren Metaboliten im biolo-
gischen Material erfolgt mit der Gaschromatografie oder der Hochdruckfl�ssigkeits-Chromatografie. F�r eine Reihe dieser Stoffe gibt es BAT-Werte (Biologische Arbeits-stoff-Toleranzwerte).
Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-Aryl-Oxide und die entsprechenden -sul-fide sind gesondert unter BK Nr. 13 10 und 13 11 in der Liste der Berufskrankheitenaufgef�hrt.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 114
100 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 03 Anlage BKV
(Nr. 4/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 30Bundesarbeitsblatt 10/1994, 140
Erkrankungen durch Benzol,
seine Homologe oder Styrol
Klinische Zuordnung:OphthalmologieGyn�kologieHNO-HeikundeDermatologieAngio-/H�matologieGastroenterologieNeurol./Psychiatrie
Erkrankungen durch Benzol oder seine Homologen
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Benzol (C6H6) und seine technisch besonders bedeutsamen Homologen, wie Toluol(C6H5CH3) und Xylol (C6H4[CH3]2), sind in manchen Rohçlen und daraus her-gestellten Benzin und Petroleum enthalten. In grçßerem Umfange gewinnt man siedurch Destillation von Steinkohlenteer in Kokereien und Gasanstalten. Sie werden alsExtraktions-, Entfettungs-, Reinigungs- und Lçsemittel sowie beim Lackieren imTauch-, Streich- und Spritzverfahren, zur Lack- und Farbentfernung und zum Abbei-zen verwendet; auch bei der Herstellung von Kunststoffen und Putzmitteln, als Lçse-mittel f�r Druckfarben und Gummi, zum Vulkanisieren, zum Kleben, z. B. von Schu-hen und Booten, als Ausgangsmaterial f�r chemische Synthesen sowie in Brenn- undTreibstoffgemischen bençtigt man Benzol oder seine Homologen.
Oft sind diese auch in Mitteln enthalten, deren Bezeichnung (Handelsname) nichthierauf schließen l�ßt.
Benzol als Handelsprodukt (z. B. Lçsungsbenzol) ist fast immer ein Gemisch.H�ufig enthalten die im technischen Bereich verwendeten Homologen des Benzols zu-dem reines Benzol.
Reines Toluol und reines Xylol sind von geringerer Fl�chtigkeit als Benzol undauch bei l�ngerer Einwirkungszeit im Organismus weniger toxisch als dieses. Vinyl-benzol (C6H5-CH-CH2) – Styrol – gehçrt nicht zu den Homologen des Benzols.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Die Aufnahme erfolgt �berwiegend durch Einatmung der D�mpfe; der perkutanenResorption kommt keine wesentliche Bedeutung zu.
Ein großer Teil des aufgenommenen Benzols wird chemisch unver�ndert ausgeat-met, der Rest im Organismus haupts�chlich zu Phenol, aber auch zu Brenzkatechinund Hydrochinon oxydiert und mit Schwefel- oder Glukurons�ure gepaart �ber dieHarnwege ausgeschieden. Den Phenolstufen des Benzolabbaues wird die besondereGiftwirkung zugeschrieben.
Die Homologen des Benzols werden nicht zu Phenolen, sondern zu Phenylalkoho-len oxydiert und nach Paarung, z. B. mit Glyzin als Hippurs�ure, eliminiert.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 115
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 101
Benzol und seine Homologen sind leicht lipoidlçslich. In großen Mengen auf-genommen bewirken sie durch Anreicherung im Gehirn Erregungszust�nde (Benzol-rausch) und schließlich Narkose. Die Einatmung hochkonzentrierter Benzold�mpfekann in wenigen Minuten zum Tode f�hren. Die Einwirkung kleinerer Mengen �bereinen l�ngeren Zeitraum kann zu schwerer Sch�digung des blutbildenden Systems(Knochenmark u. a.) und der Kapillaren f�hren. Dies gilt f�r Benzol, nicht aber f�rdie Homologen des Benzols, was durch den obengenannten andersartigen Abbau imOrganismus zu erkl�ren ist.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Bei der a k u t e n Vergiftung stehen Erregungszust�nde (Benzolrausch) und schließ-lich eine oft lang anhaltende Narkose im Vordergrund des Krankheitsbildes. Muskel-zuckungen, Kr�mpfe, Kreislaufschw�che und Ateml�hmung kçnnen auftreten.
Die langzeitige Einwirkung kleinerer Dosen kann zu einer c h r o n i s c h e n Erkran-kung f�hren. Hierf�r kçnnen Mattigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen und Magen-
Darmstçrungen Leitsymptome sein. Als Ausdruck der Sch�digung des h�matopoeti-
schen Systems sind rote und weiße Blutzellen sowie die Blutpl�ttchen gemeinsam,nacheinander oder isoliert, insbesondere quantitativ, ver�ndert. Isolierte Thrombope-
nie oder Zunahme des Erythrozytenvolumens ist evtl. ein Fr�hzeichen der Erkran-kung. W�hrend eine Leukopenie (Granulozytenabfall) und dadurch bedingt eine rela-tive Lymphozytose schon sehr fr�h nachgewiesen werden kann, treten Anzeichen einerAn�mie erst Wochen bis Monate sp�ter auf. Auch Agranulozytosen, �berschießendeReaktionen und Leuk�mien wurden beobachtet. Es ist eine durch Gef�ßwandsch�di-
gungen bedingte h�morrhagische Diathese vorhanden. Haut- und Schleimhautblutun-
gen, insbesondere aus Nase, Zahnfleisch und Uterus, sowie Blutungen an Augenhin-dergrund sind mçglich. Durch zus�tzliche Belastungen des Organismus, z. B. durchInfektionskrankheiten, Blutverlust, Gravidit�t u. a., ist sowohl die Gefahr des Mani-festwerdens der Erkrankung als auch deren Verschlimmerung gegeben.
Bei langzeitiger Einwirkung der H o m o l o g e n des Benzols in den Organismusfehlen die erw�hnten Sch�digungen der Blutbildungsst�tten. M�digkeit, Kopfschmer-zen, Benommenheit, Brechreiz, allgemeine Abgeschlagenheit sowie Alkoholintole-
ranz kçnnen vorkommen. Diese Symptome klingen jedoch nach Wegfall der Exposi-tion schnell ab.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Die Diagnose der chronischen Erkrankung durch Benzol st�tzt sich auf Arbeitsanam-nese, klinischen und h�matologischen Befund.
Selbst l�ngere Zeit nach Wegfall der Benzolexposition kçnnen noch Blutbildver-�nderungen auftreten; Sp�trezidive nach scheinbarer Ausheilung sind mçglich.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 116
102 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Erkrankungen durch Styrol
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Styrol (Styren, Vinylbenzol) ist eine farblose, stark lichtbrechende Fl�ssigkeit mit aro-matischem Geruch. Von �berragender Bedeutung ist sein Einsatz in der Polystyrol-und Polyesterherstellung (ca. 90 %) sowie als Ausgangsstoff f�r die Produktion vonsynthetischem Gummi. Als Lçsungsmittel findet sich Styrol z. B. bei Laminierungsver-fahren.
Der Styrolanteil des am h�ufigsten eingesetzten unges�ttigten Polyesterharzes (UP-Harz) betr�gt je nach Herstellungsart und Verwendungszweck zwischen 30 und50 %. Die UP-Harze sind fl�ssige und feste Stoffe, die durch Polymerisation zu festen,unschmelzbaren Produkten f�hren. �berwiegend wird Polyesterharz zur Herstellungvon Platten und Beh�ltern, aber auch z. B. von Steinimitationen und Fahrzeugteileneingesetzt. Wesentliche Herstellungsverfahren sind die Laminier-, Wickel-, Preß-,Gieß- und Spritztechnik.
Bei Temperaturen von �ber 100ºC kann durch Depolymerisation Styrol wiederfreigesetzt werden. Diese Temperaturen kçnnen sowohl bei Erw�rmung, aber auchschon bei mechanischer Bearbeitung von Polyester- und Polystyrolprodukten erreichtwerden. Bei einer Reihe von Verfahren kann es zu hohen Styrolkonzentrationen mitGrenzwert�berschreitung in der Luft am Arbeitsplatz kommen, z. B. bei der Herstel-lung von Produkten aus glasfaserverst�rkten Polyesterharzen (u. a. Beh�lter, Platten,Sportboote), beim Wickeln im Beh�lterbau, beim Aufbringen von Kunstharzbçdenim Gießverfahren und bei der Oberfl�chenveredlung mittels Spritztechnik.
II. Pathophysiologie
Am Arbeitsplatz kommt der inhalativen Aufnahme die grçßte Bedeutung zu. Aus derAlveolarluft diffundiert Styrol sehr schnell in die Blutbahn. Die perkutane Aufnahmevon D�mpfen ist zu vernachl�ssigen, fl�ssiges Styrol dagegen wird in betr�chtlicherMenge perkutan aufgenommen. Nur 2 bis 3 % des absorbierten Styrols werden un-ver�ndert exhaliert. Der �berwiegende Anteil wird metabolisiert, haupts�chlich inder Leber. In der ersten Stufe des Hauptstoffwechsels wird das sehr reaktionsf�higeStyrol-7,8-oxid (Phenyloxiran) gebildet, katalysiert durch mikrosomale Monooxy-genasen. Styrol-7,8-oxid wird enzymatisch zu Phenylglykol (1-Phenylethan-1,2-diol)hydratisiert. Phenylglykol wird entweder mit Iso-Glucurons�ure konjugiert, oderaber es wird oxidiert zu Mandels�ure und weiter zu Phenylglyoxyls�ure und schließ-lich mit dem Harn ausgeschieden.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die akute Intoxikation ist durch Reizung der Bindehaut der Augen und der Schleim-haut des oberen Atemtraktes sowie zentralnervçse Stçrungen gekennzeichnet. Anzei-chen sind pr�narkotische Symptome wie �belkeit, Schwindel, Kopfschmerz, Erm�-dung, Konzentrationsschw�che und Verwirrung.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 117
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 103
Fl�ssiges Styrol beg�nstigt durch Entfettung der Haut Entz�ndungen und Ekzeme.Die langzeitige Einwirkung von Styrol kann dosisabh�ngig zu einer Sch�digung des
zentralen und peripheren Nervensystems f�hren. Symptome sind verst�rkte M�dig-keit, Nachlassen von Merkf�higkeit und Initiative, Konzentrationsstçrungen, kçrper-liche Mißempfindungen und Kopfschmerz. Neben diesen subjektiven Beschwerdenkommt es zu einer Leistungsminderung, die sich mit psychodiagnostischen Testverfah-ren dokumentieren l�ßt. Effekte auf die Okulomotorik, Farbsinnstçrungen und Ver-�nderungen im EEG sind mçglich (organisches Psychosyndrom). Infolge der Sch�di-
gung des peripheren Nervensystems kann eine Verlangsamung der sensiblen undmotorischen Nervenleitgeschwindigkeit auftreten. Weiterhin wurden distale Sensibili-t�tsstçrungen �berwiegend der unteren Extremit�ten beschrieben (Polyneuropathie).
IV. Weitere Hinweise
Das Erscheinungsbild der Erkrankung durch Styroleinwirkung ist unspezifisch. Da-her ist f�r die �rztliche Beurteilung die Arbeitsanamnese von besonderer Wichtigkeit.Zur �berpr�fung der beruflichen Exposition sollte neben Messungen der Luftkonzen-tration am Arbeitsplatz ggf. die Ausscheidung der Hauptmetaboliten Mandels�ureund Phenylglyoxyls�ure im Harn herangezogen werden (Biomonitoring).
Alkoholkonsum verst�rkt die Wirkung von Styrol, ver�ndert die Metabolitenkon-zentration und verzçgert deren Ausscheidung.
Bei langj�hriger Einwirkung hoher Styrolkonzentrationen wurden erhçhte Plas-maenzymaktivitit�ten beobachtet (Leberparameter: GOT, GPT, g-GT, OCT, AP). DieAbgrenzung des Einflusses konkurrierender außenberuflicher Faktoren wie Alkohol-konsum oder Stoffwechselstçrungen ist mitunter schwierig, kann aber mit Hilfe desBiomonitoring vollzogen werden. Diese Faktoren m�ssen deshalb alle sorgf�ltig er-mittelt werden.
Bei Styrolexposition ist h�ufig eine gleichzeitige Einwirkung von anderen Lç-sungsmitteln wie z. B. Ethylbenzol und in geringem Maße von Benzol zu ber�cksichti-gen (vorwiegend bei der Herstellung von Polyesterprodukten), zus�tzlich je nachTechnologie auch von Dichlormethan (Methylenchlorid) oder Propanon (Aceton).Das Krankheitsbild kann daher durch die Wirkung anderer Bestandteile der Lçsungs-mittelgemische mitbestimmt sein.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 119
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 105
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 120
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 04 Anlage BKV
(Nr. 5/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 130
Erkrankungen durch Nitro- oder Aminoverbindungen
des Benzols oder seiner Homologeoder ihrer Abkçmmlinge
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieH�matologieUrologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Wichtige hierhergehçrende Nitro- und Aminoverbindungen des Benzols, seiner Ho-mologen oder deren Abkçmmlinge sind beispielsweise:1. Nitrobenzol – C6H5
.NO2 – (Mirbançl), Dinitrobenzol, Di- und Trinitrotoluol,Trinitrophenol (Pikrins�ure) und Dinitroorthokresol;
2. Aminobenzol – C6H5.NH2 – (Anilin), Toluidine und Paraphenylendiamin (z. B.
Ursol);3. Paranitroanilin – NO2
.C6H4.NH2 – und Tetranitromethylanilin (Tetryl).
Gefahrenquellen sind bei der Herstellung, Verarbeitung, Verwendung oder beim Um-gang mit diesen Stoffen gegeben. Demnach kann dies z. B. f�r bestimmte Zweige derchemischen Industrie, insbesondere Farbstoff- und Sprengstoffindustrie, f�r pharma-zeutische Betriebe, f�r die Fertigung fotografischer Produkte, Impr�gnierbetriebe,Pelzf�rbereien, Seifen-, Parf�merie-, Riechstoff und Schuhcremefabriken zutreffen.
Nitrolacke (mit Nitrozellulose hergestellte Lacke) und Nitrosegase (Mischungvon NO, NO2, N2O4 und N2O3) sind keine Nitroverbindungen und fallen daher nichtunter Nr. 5 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Die genannten Stoffe kçnnen in Dampf oder Staub �ber die Atemwege oder durchHautresorption, aber auch �ber die Verdauungswege, aufgenommen werden.
Bei einer Reihe dieser Stoffe wird der Blutfarbstoff, das H�moglobin, in H�miglo-bin (auch Meth�moglobin genannt) umgewandelt. Dies geschieht durch Oxydationdes im H�moglobin enthaltenen 2-wertigen Eisens in 3-wertiges Eisen. Dadurch wirddie �bertr�gerfunktion des H�moglobins gestçrt; H�miglobinbildung bewirkt Sauer-
stoffmangel im Gewebe. Nach Einwirkung grçßerer Mengen der genannten Stoffewerden zudem die Erythrozyten gesch�digt. Durch oxydative Spaltung des Porphy-rinringes entstehen Verdoglobine, z. B. Sulfhaemoglobin.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die a k u t e Einwirkung der Mehrzahl dieser Stoffe f�hrt zu M�digkeit, Schw�che,�belkeit, Kopfschmerzen, Schweißausbr�chen und Dyspnoe. Das in die Hautcapilla-ren gelangende H�miglobin verursacht eine blaugraue (schieferblaue) F�rbung derHaut. Diese findet sich zun�chst an Ohrl�ppchen, Fingern�geln, Lippen, Wangen undNasenspitze. Bei schweren Erkrankungsf�llen tritt neben einer graublauen bzw. inten-
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 121
siven Blauf�rbung aller Schleimh�ute eine Cyanose am ganzen Kçrper auf. Die akuteEinwirkung hoher Dosen kann Bewußtseinstr�bung mit Erregungszust�nden undKr�mpfen, Kreislaufschw�che und evtl. Tod im Coma zur Folge haben.
In der Regel ist die H�miglobinbildung reversibel. Bei vermehrter Aufnahmebestimmter sch�digender Stoffe werden Erythrozyten zerstçrt (An�mie). Verdoglob-inhaltige Erythrozyten sind irreversibel gesch�digt und fallen f�r den Sauerstofftrans-port aus. An den roten Blutkçrperchen treten (insbesondere bei Erkrankungen durcharomatische Mitverbindungen) die sogenannten Heinz’schen Kçrperchen, auch In-nenkçrperchen genannt, auf. Ihr Nachweis erleichtert die Diagnosestellung.
Alkoholgenuß, heiße B�der o. �. kçnnen den Ausbruch und die Intensit�t der Cya-
nose fçrdern.Nitro- aber auch Aminoverbindungen des Benzols kçnnen die Leber sch�digen;
dies gilt vor allem f�r Trinitrobenzol und Trinitrotoluol. Dinitroorthokresol kanndurch Aktivierung des Stoffwechsels zu schwerer Gesundheitssch�digung (z. B. durchW�rmestauung) f�hren.
Pikrins�ure lçst eine Gelbf�rbung der Haut, der Haare und der Skleren aus. Trini-trotoluol bewirkt eine rçtliche Verf�rbung der Haare. Es handelt sich dabei um un-sch�dliche Ver�nderungen, die einen Ikterus vort�uschen kçnnen.
Die c h r o n i s c h e Einwirkung kleinerer Dosen der genannten Stoffe kann u. a.zu An�mie, Hauterkrankungen und Leberfunktionsstçrungen f�hren. Der Nachweisvon H�miglobin gelingt in diesen F�llen selten.
V. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Bei Cyanose, die nicht auf einer Herz- oder Lungenerkrankung beruht, muß nebenselteneren Bluterkrankungen an eine Erkrankung durch aromatische Nitro- oderAminoverbindungen des Benzols, seiner Homologen oder deren Abkçmmlinge ge-dacht werden, wenn eine entsprechende Exposition gegeben war. Spektroskopischlassen sich evtl. H�miglobin oder Verdoglobin und im Blutausstrichpr�paratHeinz’sche Kçrperchen nachweisen.
H�moglobinverminderung, h�molytischer Ikterus, Eiweiß und Porphyrinaus-scheidung im Harn kçnnen u. a. auf einen chronisch schleichenden Verlauf dieser Er-krankung hinweisen. Auch nach Arbeitsplatzwechsel ist das Auftreten von Krank-heitssymptomen noch mçglich.
Nach in der Regel mehrj�hriger Einwirkung bestimmter Aminoverbindungen desBenzols kçnnen Schleimhautver�nderungen der Harnwege, Blasenpapillome und Bla-
senkrebs entstehen. Ggf. handelt es sich dann um eine Erkrankung nach Nr. 1*) derAnlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung.
Bronchialasthma, verursacht durch Paraphenylendiamin (z. B. Ursol), kann eineErkrankung nach Nr. 41**) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung sein.Sofern schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen vorliegen, fallen dieseggf. unter Nr. 46***) der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnung.
*) entspricht BK-Nr. 13 01, **) BK-Nr. 43 01 und ***) BK-Nr. 51 01 Anlage BKV.
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 107
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 05 Anlage BKV
(Nr. 18/6.–7. BK-VO)Arbeitschutz 2/1964, 31–32
Erkrankungen durch Schwefelkohlenstoff
Klinische Zuordnung:DermatologieAngiologieEndokrinologieGastroenterologieNeurol./Psychiatrie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Schwefelkohlenstoff (CS2) ist eine faulig riechende, bei 46�C siedende, schon bei Zim-mertemperatur fl�chtige, in Lipoiden lçsliche Fl�ssigkeit. In Dampfform ist CS2 leichtbrennbar und explosiv. CS2-Dampf ist 2,6 mal schwerer als Luft; daher sammelt ersich besonders in den zur Einatmung kommenden unteren Luftschichten an.
Gefahrenquellen bestehen bei seiner Herstellung und seiner Weiterverarbeitung zuTetrachlorkohlenstoff, seiner Verwendung (z. B. in der chemischen Industrie) als Lçseund Extraktionsmittel, in der Viskoseindustrie (Kunstseide-, Zellwolle-, Zellglasher-stellung), bei der Kohleveredlung sowie bei der Herstellung und Verwendung be-stimmter Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (z. B. W�hlmausmittel).
II. Aufnahme und Wirkungsweise
CS2 wird haupts�chlich �ber die Atemwege, in geringem Umfang auch durch Hautre-sorption aufgenommen. Der grçßere Teil der eingeatmeten Menge wird durch Exha-lation bzw. durch oxydativen Abbau im Blut ziemlich rasch eliminiert, der kleinereTeil resorbiert und nur sehr langsam in Urin, Stuhl und Schweiß ausgeschieden.
Wegen seiner Lipoidlçslichkeit werden die besonders lipoidhaltigen Zellen deszentralen und peripheren Nervensystems gesch�digt. Auch bestimmte hormonale Stç-rungen, z. B. infolge Sch�digung der Lipoidzellen der Nebennierenrinde, kçnnen hier-durch verursacht werden.
III. Krankheitsbild und Diagnose
a) Hautsch�den kçnnen infolge der Lipoidlçslichkeit des CS2 entstehen.b) Die a k u t e Form der Erkrankung ist selten. Sie kann dann auftreten, wenn grç-
ßere Mengen von CS2 in relativ kurzer Zeit eingeatmet werden. In diesen F�llenwirkt CS2 vorwiegend narkotisch. Es kommt zu Gesichtsrçte, Euphorie, Erre-gungszust�nden, Benommenheit mit rasch nachfolgender tiefer Bewußtlosigkeitund evtl. zu Coma und Atemstillstand. Als Folge akuter Einwirkung sind epilepti-forme Kr�mpfe, Reizbarbeit, Schlaflosigkeit, verminderte Merkf�higkeit sowieSehstçrungen durch Hornhautver�nderungen mçglich.
c) die s u b a k u t e Form der Erkrankung ist durch Kopfschmerzen, Erregungs-zust�nde und Schlaflosigkeit gekennzeichnet. Folgeerscheinungen bleiben hierbeiin der Regel nicht zur�ck.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 122
108 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
d) die c h r o n i s c h e Form der Erkrankung kann sich bei l�ngerer Einwirkungszeitkleinerer CS2-Mengen entwickeln.Das Krankheitsbild ist vielgestaltig und beruht �berwiegend auf zerebralen, poly-
neuritischen und hormonalen Stçrungen. Vorzeitiges Auftreten von Arteriosklero-
se, besonders der Hirngef�ße, wurde beobachtet. Es kçnnen zerebral bedingte An-zeichen, wie leichte Erregbarkeit, Potenzstçrungen, Merkschw�che, dem MorbusParkinson �hnliche Symptome (Salbengesicht, Tremor, Muskelstarre) und psycho-tische Zust�nde meist depressiver Art vorkommen.Pyramidenbahnausf�lle, Sch�den am Sehnerv, Nebelsehen, Akkomodationsstç-
rungen, Skotom, Pupillenstarre, Akustikussch�digung sowie Stçrungen im hormo-
nalen Haushalt sind evtl. festzustellen.Als Ausdruck einer Erkrankung im peripheren Nervensystem treten Sensibilit�ts-
stçrungen, Neuritiden und L�hmungen auf. In schweren F�llen ist die Entstehungeiner Pseudotabes mit herabgesetzten oder erloschenen Sehnenreflexen mçglich.Magen-Darmstçrungen mit Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust sowie Erhç-hung des Serumcholesterins bei gleichzeitigem Abfall der Esterquote kçnnen aufdiese Erkrankung hinweisen.Differentialdiagnostisch sind Neurose, Taboparalyse, Multiple Sklerose und chro-nischer Alkoholismus in Erw�gung zu ziehen.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
F�r die Annahme einer Erkrankung durch CS2 ist das Ergebnis der Arbeitsanamnesemit Nachweis der Giftwirkung von wesentlicher Bedeutung.
Die Empfindlichkeit gegen CS2-Einwirkung ist individuell unterschiedlich; ins-besondere bei j�ngeren Personen kçnnen aufgetretene Sch�den weitgehend abheilen.Aber auch Dauersch�den sind mçglich.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 123
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Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 06 Anlage BKV
(Nr. 13/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 133–134
Erkrankungen durch Methanol (Methylalkohol)
Klinische Zuordnung:GastroenterologieKardiologieNeurologieUro-/Nephrologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Methanol (Methylalkohol – CH3OH -) wird vorwiegend synthetisch aus Kohlenoxidund Wasserstoff bzw. aus Erdgas, gelegentlich noch durch trockene Destillation vonHolz (Holzgeist) oder Melasseschlempe gewonnen. In reinem Zustand ist Methanoleine farblose, alkoholisch und leicht stechend riechende Fl�ssigkeit. Geschmacklichist Methanol von (�thyl-)Alkohol nur schwer zu unterscheiden.
Methanol wird haupts�chlich verwendet als Lçse- oder Verd�nnungsmittel f�rFarben, Lacke, Polituren, Klebstoffe, Natur- und Kunstharze, zur Befeuchtung vonNitrozellulose, in Steifungs- und Fleckenreinigungsmitteln. Eine Gefahrenquelle ist inerster Linie bei ungen�gender Bel�ftung und beim Arbeiten im Spritzverfahren gege-ben. Auch in der chemischen Industrie, z. B. als Grundstoff zur Erzeugung von Form-aldehyd, zur Herstellung von Anilinfarben sowie in der pharmazeutischen und kos-metischen Industrie wird Methanol benutzt. Ferner findet es noch Verwendung alsVerg�llungsmittel f�r Brennspiritus.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Methanol wird in Dampfform �ber die Atmungsorgane oder in fl�ssiger Form �berden Magen-Darm-Kanal, aber auch durch Hautresorption (z. B. bei Durchtr�nkungder Kleidung) aufgenommen.
Die Wirkungsweise beruht einerseits auf seiner m�ßig entfettenden, austrocknen-den und lipoidlçslichen Eigenschaft, die zu Reizerscheinungen der Haut und derSchleimh�ute an Augen und Atemwegen f�hrt, andererseits auf den beim Abbau imOrganismus entstehenden Oxidationsprodukten Formaldehyd und Ameisens�ure.Letztere verursachen eine Acidose und blockieren Oxidationsvorg�nge des Stoff-wechsels. Die Giftwirkung wird vor allem auf das in den Kçrperzellen sich bildendeFormaldehyd, das eiweißf�llend und fermenthemmend ist, zur�ckgef�hrt.
Methanol wird im Organismus verh�ltnism�ßig lange retiniert und nur langsamabgebaut. Durch Kumulation kçnnen auch kleine Mengen giftig wirken.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die perorale Aufnahme des Methanols kann einen akuten, die Aufnahme durch Inha-lation von D�mpfen oder durch die Haut einen chronischen Vergiftungsverlauf zurFolge haben.
W�hrend bei den beruflich verursachten Sch�den das chronische Krankheitsbildvorherrscht, �berwiegt bei Ungl�cksf�llen infolge Trinkens von Methanol das akute.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 124
110 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
a) A k u t e F o r m:Wird Methanol getrunken, dann kann es nach einer Latenzzeit von wenigen Stundenbis zu zwei Tagen neben Rauschzust�nden, Schwindel, Benommenheit und Kopf-schmerzen zu Brennen in der Speiserçhre, kolikartigen Leibschmerzen, Brechreiz undevtl. Erbrechen kommen. Dar�ber hinaus kann die Aufnahme grçßerer Mengen Zya-nose, Kr�mpfe, Verwirrtheitszust�nde, Kreislaufstçrungen (meist Bradycardie), Seh-stçrungen (Nebelsehen, gestçrtes Farbensehen) bis zur Erblindung bewirken. Schonwenige Stunden nach der Giftaufnahme kann der Tod durch Ateml�hmung, h�ufigerjedoch erst nach einigen Tagen (nur ausnahmsweise l�nger als drei Tage) durch Kreis-
laufinsuffizienz infolge allgemeiner Vasomotorenschw�che bzw. -l�hmung eintreten.�berlebt der Vergiftete das akute Stadium, dann kçnnen sich Sp�tsch�den infolge
der akuten Vergiftung bemerkbar machen, welche auf der nephro-, hepato- und neu-
rotoxischen Wirkung des Methanols beruhen. Es tritt Oligurie, in schweren F�llen vo-r�bergehende Anurie und Ur�mie mit Reststickstoff – und Blutdruckanstieg auf. DerUrin hat ein niedriges spezifisches Gewicht und ist stark sauer. Er kann Eiweiß, mas-senhaft Kalzium-Oxalatkristalle und wenig Zylinder enthalten; Erythrozyten undLeukozyten werden meist nicht gefunden.
Die hepatotoxische Wirkung kann sich in einer Leberschwellung zeigen.Die neurotoxische Wirkung kann zur toxischen Encephalose mit Kopfschmerzen,
Schwindelgef�hl, Benommenheit, Kr�mpfen, Bewußtlosigkeit usw. f�hren. SchwereSehstçrungen bis vçllige Erblindung sind beobachtet worden. Auch Sch�digungen an-
derer Gehirnerven (z. B. des N. facialis, N. akustikus, N. cochlearis) und periphere
Polyneuritis kommen vor.Zur Diagnosestellung kann bei akuten Erkrankungen eine chemische Unter-
suchung des Mageninhalts angebracht sein.
b) C h r o n i s c h e F o r m:Zu beobachten sind Appetitlosigkeit, Schleimhautreizungen der Augen und derAtemwege, Kopfschmerzen, Ohrensausen und Leibschmerzen, Sehstçrungen mit un-terschiedlich weit reichendem zentralem Skotom; neuritische Beschwerden und Le-
berschwellung kçnnen auftreten.Das Krankheitsbild ist ebenso wie die Vertr�glichkeit gegen�ber dem Methanol in-
dividuell verschieden. Frauen, Jugendliche, alte und geschw�chte Menschen sind demMethanol gegen�ber weniger widerstandsf�hig. Eine begrenzte Erhçhung der Wider-standskraft durch Gewçhnung ist ebenso mçglich wie eine Steigerung der Giftemp-findlichkeit bei wiederholter Aufnahme kleiner Mengen. Diese Faktoren kçnnen imEinzelfall den klinischen Verlauf der Erkrankung wesentlich beeinflussen.
Zur Diagnosestellung ist es wichtig, den Nachweis des Methanols im Blut und imUrin zu erbringen; außerdem kann der erhçhte Ameisens�uregehalt im Urin ein wich-tiger �tiologischer Hinweis sein.
Bei Verdacht einer beruflich verursachten Erkrankung ist die Arbeitsanamnese mitFeststellung, ob, wie lange und in welchem Umfang eine Einwirkung von Methanol
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 125
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 111
oder methanolhaltiger Stoffe stattgefunden hat, von großer Bedeutung, zumal andereLçsemittel �hnliche Krankheitserscheinungen hervorrufen kçnnen.
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112 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 127
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 07 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 69–70
Erkrankungen durch
organische Phosphorverbindungen
Klinische Zuordnung:Angio-/KardiologiePneumologiePhoniatrieNeurol./PsychiatrieGastroenterologieOphthalmologie
Organische Phosphorverbindungen, auch Organophosphate genannt, sind die Esterund/oder Amide der Phosphors�ure, einige Ester der phosphorigen S�ure (Phosphite)und der Phosphors�ureester (Phosphonate). Außer den eigentlichen Phosphors�urees-tern fallen auch die entsprechenden Thio- und Dithioverbindungen unter diese Grup-pe. Grundstruktur der vorgenannten Verbindungen (Schrader-Formel):
PXR1
R2 O (S)
R1 = Alkoxy-R2 = Alkoxy-, Alkyl-, basische Gruppen
Dialkylamido-X = Phenoxy- (substituiert durch Halogen- oder
Nitrogruppen) u. a.;Alkoxy-, Alkylthio- und substituierteSeitenketten; auch O-Heterocyclen acide Gruppen
I. Gefahrenquellen
Zahlreiche Insektizide sind organische Phosphorverbindungen. Als Beispiele hierf�rseien genannt:
E 605, Parathion, Thiophos:
POH5C2-O
SH5C2-O
NO2
Gusathion, Azinophos-�thyl:
PH5C2-O
SH5C2-O
S-CH2-N
NN
O
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 113
Metasystox, Demeton- S-methyl:
PH3C-O
OH3C-O
S-CH2-CH2-S-C2H5
Insektizide haben in der ganzen Welt grçßte Verbreitung gefunden, und zwar einmalzur Sicherung der Weltern�hrungsbasis, zum anderen zur Bek�mpfung von Krankhei-ten, die durch Insekten �bertragen werden, z. B. Malaria durch die Anopheles-Stech-m�cke, Schlafkrankheit durch die Tsetse-Fliege.
Organophosphate werden auch als Herbizide und Fungizide eingesetzt. Organi-sche Phosphorverbindungen werden dar�ber hinaus in der Herstellung von Kunst-stoffen und Lacken. als Weichmacher, H�rter und Beschleuniger verwendet, ferner alsEmulgatoren, Flammschutz-, Flotations- und Netzmittel, Hydraulilkfl�ssigkeiten,Schmierçladditive, Antiklopfmittel u. a.m. Beispiele hierf�r sind Mono-, Di- und Tri-alkylphosphate wie Di�thyl- und Tributylphosphat, Triarylphosphate, z. B. Trikresyl-phosphat, sowie Alkylarylphosphate.
Hauptgefahrenquelle durch Insektizide auf Phosphors�ureesterbasis bestehen beider industriellen Herstellung, Formulierung und Abf�llung, auch im Rahmen derSch�dlingsbek�mpfung beim Mischen, Verspr�hen oder durch Verdampfen. Ins-besondere gilt dies bei mangelnder Beachtung einschl�giger Sicherheitsbestimmungenund Gebrauchsanweisungen. Weitere Gefahren ergeben sich aus der Wiederverwen-dung leerer Flaschen und Beh�lter, die vorher mit Phosphors�ureestern gef�llt waren.
Tri-Alkylphosphat wird als Extraktionsmittel zur Abtrennung von Uran- und an-deren Metallionen aus w�ßrigen Lçsungen eingesetzt und stellt hierbei eine Gefahren-quelle dar.
II. Pathophysiologie
Bei ann�hernd gleicher Wirkungsweise ist die unterschiedliche Toxizit�t der verschie-denen Substanzen zu beachten. Die Toxizit�t ist unabh�ngig von der Menge der auf-genommenen Substanz und vom Aufnahmeweg. So werden die Organophosphateschnell und vollst�ndig �ber die Lungen und den Magen-Darm-Trakt, verzçgert �berdie Haut aufgenommen. Letztgenannter Aufnahmeweg spielt vor allem bei kçrper-licher Arbeit und Hitze (Schwitzen) eine Rolle. Die Organophosphate verteilen sichgleichm�ßig �ber den Gesamtorganismus und durchdringen leicht die Blut-Liquor-Schranke. Metabolische Prozesse, z. B. in der Leber, kçnnen auf die aktuelle Wirkungerheblichen Einfluß haben: Steigerung der Giftwirkung von Thio-Verbindungen zuOxo-Verbindungen (P = S � P = 0); oder auch andere Stoffwechselvorg�nge, die zueiner Abschw�chung der Giftwirkung f�hren: von Malathion zu Malathions�ure.
F�r die Giftwirkung im Warmbl�terorganismus ist der in der Schrader-Formel mitX bezeichnete nukleophile Rest (leaving-group, sog. acide Gruppe) die wichtigste Vo-raussetzung. Sie ermçglicht die Reaktion der Phosphors�ureester mit bestimmten En-zymen, insbesondere Esterasen. Praktisch m�ssen die insektiziden Phosphors�urees-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 128
114 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
ter als Hemmstoffe der Cholinesterase gelten. Einige Organophospate, z. B. Tri-or-thokresylphosphat, aber auch einige Insektizide verursachen nach einer Latenz von1–2 Wochen L�hmungen durch irreversible Demyelinisierung motorischer Nervenund der zugehçrigen R�ckenmarksbahnen. Der Wirkungsmechanismus dieser Vergif-
tungsform ist noch unbekannt.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Infolge der charakteristischen Cholinesterasehemmung treten bei Hemmung um ca.50 % und mehr des Normalwertes erste klinische Symptome mit den Zeichen choliner-ger Erregung auf. Das akute Vergiftungsbild ist durch eine vielf�ltige zentralnervçseSymptomatik gekennzeichnet, wie Leibschmerzen, �belkeit, Erbrechen, Kopfschmer-zen, Erregung, Kr�mpfe, Verwirrtheitszust�nde, Halluzinationen, Angst, Beklem-mung, Bewußtlosigkeit, Koma. Der Tod kann durch Herz-Kreislaufversagen und/oderAteml�hmung sowie durch Lungenoedem auftreten.
Im einzelnen kommt es durch Anreicherung von Acetylcholin an den Endungender postganglion�ren cholinergischen Nerven des Auges, der glatten Muskulatur desHerzmuskels und der sekretorischen Dr�sen zu muskarinartigen Wirkungen wie:Tr�nen und Speichelfluß, erhçhte Bronchialsekretion, Bronchospasmus (Dyspnoe),Lungenoedem, erhçhte Magen- und Darmdr�sensekretion, erhçhte Peristaltik undSpasmus mit Koliken, Durchf�lle und Erbrechen, Miosis, Akkomodationsstarre (Seh-
stçrungen), Bradykardie, Gef�ßtonusminderung mit Blutdrucksenkung, Schweißdr�-senstimulierung.
Die Anreicherung von Acetylcholin an den motorischen Nervenendungen (Mus-kelendplatten) verursacht nikotinartige Wirkungen wie: Muskelsteife, besonders imNacken und Gesicht, Tremor, Muskelzuckungen, tonisch-klonische Kr�mpfe, Sprach-
stçrungen, Par�sthesien, neuro-muskul�rer Block mit Adynamie bis zur komplettenParalyse. Bei chronischer Einwirkung wurde eine Reduktion der Nervenleitgeschwin-digkeit in schnellen und langsamen motorischen Nervenfasern beobachtet sowie eineReduktion der EMG-Spannungsamplitude auf einen supramaximalen Reiz.
Diese Ver�nderungen m�ssen nicht unbedingt mit manifesten klinischen Sympto-men oder mit einer gleichzeitigen Reduktion der Cholinesteraseaktivit�t vergesell-schaftet sein. Die beobachteten Ver�nderungen der motorischen Nervenleitgeschwin-digkeit sowie die �nderungen im EMG gehen nach Beendigung der Expositionspontan und langsam zur Norm zur�ck. Ein eigenes Krankheitsbild stellen die L�h-
mungen motorischer Nerven durch Tri-ortho-kresylphosphat – auch nach perkutanerResorption – dar.
IV. Weitere Hinweise
Atemluft und Erbrochenes kçnnen je nach Substanz knoblauchartigen Geruch haben.Die Diagnose wird durch Bestimmung der Cholinesteraseaktivit�t in Erythrozytenoder im Vollblut gesichtet. Klinische Symptome und Grad der Cholinesterasehem-
mung brauchen einander nicht zu entsprechen. Bei ca. 30 % Hemmung und mehr des
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 129
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 115
Normalwertes in Erythrozyten oder Vollblut ist immer eine Gef�hrdung anzunehmen.Dies gilt nicht unbedingt f�r Serumwerte. Entscheidend ist die Esteraseaktivit�t weni-ger im Vollblut als im ZNS. Alkylphosphate dringen leicht in das ZNS. Zur Kontrolledes Therapieverlaufs und zur �berwachung der chronischen Exposition hat sich dieBestimmung der Erythrozyten-Cholinesterase als zuverl�ssig erwiesen. Die Cholines-teraseaktivit�t kann auch mit Teststreifen (z. B. Acholtest, Merckotest) werden.Diese Bestimmungsmethode hat jedoch nur orientierenden Wert.
Weil Organophosphate durch Reaktion mit Cholinesterase oder durch andere me-tabolische Prozesse schnell abgebaut werden, wird meist nur ein sehr kleiner Teil un-ver�ndert im Urin ausgeschieden. Deshalb ist bei positivem Urinbefund nur eine qua-litative Aussage mçglich. Soweit Alkylphosphate eine Nitro-phenoxygruppe (alsacide Gruppe X der Schrader-Formel) enthalten, kann ihre Aufnahme durch denNachweis von p-Nitrophenol im Urin nachgewiesen werden.
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116 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 08 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 4/1981, 57–58
Erkrankungen durch Fluor
oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNephrologieKardio-/PneumologieOrthop�dieZahnheilkunde
Fluor (F) ist ein gr�nlich-gelbes, sehr reaktionsf�higes Gas und schwerer als Luft. Eskommt nicht frei in der Natur vor. Die wichtigsten nat�rlich vorkommenden Fluor-verbindungen sind Flußspat (CaF2), Kryolith (Na3AlF6) und Fluorapatit (3Ca3[P04]2
CaF2).Fluorwasserstoff (HF) siedet bei 20� C. Unterhalb des Siedepunktes handelt es
sich um eine farblose, an feuchter Luft stark rauchende Fl�ssigkeit, die in jedem Ver-h�ltnis mit Wasser zu Flußs�ure mischbar ist. Fluoride sind Salze der Flußs�ure. Unterden organischen Fluorverbindungen sind die aliphatischen Verbindungen sowie derenPolymere in der Praxis bedeutsamer als die aromatischen.
I. Gefahrenquellen
Gefahren bestehen besonders bei gewerblichem Umgang mit Fluor, Fluorwasserstoff,Flußs�ure und lçslichen Fluoriden. Flußs�ure wird u. a. als Ausgangsstoff f�r Fluor-verbindungen, zum Glas�tzen, -mattieren und -polieren, bei der Geb�udereinigung,zum Beizen und Gl�nzen von Edelst�hlen, zur Entkieselung und in der Galvanotech-nik bençtigt.
Gefahren durch Fluoride kçnnen z. B. bei der Anwendung als Fluß- und Tr�bungs-mittel in der Emaille- und Glasindustrie, bei vielen galvanischen Prozessen, beimSchmelzen von Metallen, beim Schweißen und Lçten von Leichtmetallegierungen, inder Farben- und Erdçlindustrie und besonders bei der elektrolytischen Herstellungvon Aluminium auftreten.
Auch bei der Sch�dlingsbek�mpfung und Holzkonservierung sowie beim Wasser-dichtmachen von Kunststeinfußbçden und Zement (Fluatieren) werden Fluorverbin-dungen verwendet.
Den meisten als Treibmittel (Freone), f�r Druckgaspackungen, zur Kunststoffver-sch�umung, als Lçschmittel (Halone), K�ltemittel, als Extraktions-, Lçse-, Reinigungs-und Verd�nnungsmittel verwendeten aliphatischen Fluorverbindungen kommt eine ge-ringere Toxizit�t zu. Bei den meisten in der Arzneimittelindustrie verarbeiteten aroma-tischen Fluorkohlenwasserstoffen kçnnen in hçheren Konzentrationen Reizwirkungenauf die Schleimh�ute auftreten. �hnliches gilt f�r die ordnungsgem�ße Verarbeitunghochwertiger Kunststoffe auf der Basis polymerer Fluorverbindungen (Teflon), beideren �berhitzung allerdings gesundheitssch�dliche D�mpfe auftreten.
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 117
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 132
II. Pathophysiologie
Die Aufnahme von Fluorverbindungen kann bei der Arbeit sowohl inhalativ als auchperkutan, seltener auch oral erfolgen. Zwischen der toxischen Wirkung von Fluor, Flu-orwasserstoff, Flußs�ure und lçslichen Fluoriden bestehen nur graduelle Unterschiede.Flußs�ure durchdringt die Haut, zerstçrt tiefere Gewebsschichten und kann resorptivdurch chemische Bindung des F-Ions an Kalzium- oder Magnesiumionen eine Hem-
mung lebenswichtiger Enzyme und akut bedrohliche Stoffwechselstçrungen, z. B. imKalzium- und Kohlehydrathaushalt, bewirken. Langj�hrige hohe Fluoraufnahmekann eine Stçrung des Mineralstoffwechsels verursachen, die zu schweren Knochen-sch�den, meist i. S. einer Osteosklerose (Knochenfluorose) f�hrt. In seltenen F�llenwird nach chronischer Fluoreinwirkung auch Osteoporose beobachtet.
Die Wirkungen einiger �ußerst giftiger organischer Fluorverbindungen, wie derden Zitratzyklus blockierenden Monofluoressigs�ure und einiger zu irreversiblerCholinesteraseblockierung f�hrender Fluorphosphonate, sind atypisch.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Einwirkungen von gas-, nebel-, rauch- oder staubfçrmigen Fluorverbindungen aufSchleimh�ute f�hren zu çrtlichen Reizerscheinungen. Massive Einatmung kann akutzu Lungençdem und chronisch zu bleibenden Sch�den am Respirationstrakt f�hren.
Bei der praktisch bedeutsamen Einwirkung auf die Haut durchdringt das Fluor-Ion rasch die Epidermis und f�hrt unter starken Schmerzen zu tiefen, sich schnell aus-breitenden, schwer heilenden Kolliquationsnekrosen. Gelegentlich wird nach der Ver-
�tzung ein schmerzfreies Intervall beobachtet. Resorptiv kann es zu systemischerWirkung kommen. Bei der gewerblich seltenen oralen Aufnahme von Fluorverbin-dungen werden, neben Ver�tzungen im Magen-Darm-Kanal, Kr�mpfe und akute Le-
ber-, Herz- und Nierensch�den beobachtet.Bei �berhitzung von Kunststoffen auf der Basis von Fluorpolymeren kçnnen nach
kurzer Latenzzeit mehrst�ndige Stçrungen des Allgemeinbefindens mit Fieber auftre-ten. Bei noch hçheren Temperaturen treten Zersetzungsprodukte mit Reiz- und �tz-wirkung auf.
Nach langj�hriger Einwirkung von Fluorwasserstoff oder Fluoridstaub kçnnenrheumatoide Beschwerden auftreten, die ihre Ursache in einer Osteosklerose beson-ders der spongiçsen Knochen wie denen des Beckens, der Wirbels�ule und der Rippenhaben (Knochenfluorose). Erste rçntgenologische Zeichen (in Weichstrahltechnik)sind Verknçcherungen an B�nder- und Sehnenans�tzen, z. B. am Knie- und Ellenbo-gengelenk. Im weiteren Verlauf treten rçntgenologisch in Erscheinung:1. Grobe, unscharfe B�lkchenstruktur an Wirbelkçrpern, Rippen und Becken; ver-
mehrte Knochensklerosierung,2. zunehmende homogene Schattendichte der Knochen; Spangenbildung an der Wir-
bels�ule, Einengung der Markhçhle langer Rçhrenknochen,3. eburnisiertes Bambusstabbild der Wirbels�ule, ausgedehnte Verkalkung der Seh-
nen und Gelenkkapseln. Multiple Periostreaktionen, Exostosen, Ankylosierung
der Kreuzbeinfugen.
118 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Eine chronische Fluorerkrankung (Fluorose) ist im allgemeinen dann anzunehmen,wenn folgende Hinweise gegeben sind:1. Polyarthralgie
2. Verknçcherte Bandans�tze
3. Erhçhte Fluoridausscheidung im UrinEine Zahnfluorose mit Schmelzver�nderungen tritt im allgemeinen nur w�hrend derAmeloblasten- (Adamantoblasten-)Aktivit�t, also bis etwa zum 14. Lebensjahr auf.
Flußs�ured�mpfe kçnnen einen S�ureschaden der Z�hne verursachen.
IV. Weitere Hinweise
Die Verwendung von Fluorverbindungen hat in den letzten Jahrzehnten zugenom-men.
Die pathophysiologische Wirkung einer Fluorverbindung ist aus der chemischenFormel nicht immer ablesbar. Chemisch nahestehende Fluorverbindungen, wie z. B.Schwefelpentafluorid und Schwefelhexafluorid, kçnnen in ihrer Giftigkeit erheblichdifferieren.
Die Bestimmung der Fluoridkonzentration im Harn (Urin am Ende der Arbeitszeitnach mindestens drei vorangegangenen Expositionstagen) kann zur Fr�hdiagnose ei-ner Fluorose wertvoll sein.
Isoliert auftretende Sch�digungen des Zahnschmelzes durch Flußs�ure fallen unterNr. 1312 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung.
Erkrankungen durch Fluorkohlenwasserstoffe mit vorwiegender Symptomatikam zentralen Nervensystem und Leberparenchym (z. B. Narkosegase wie Halothan)fallen unter Nr. 1302 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung.
V. LiteraturBoillat, M. A., Baud, C. A., Lagier, R., Garcia, J., Rey, P., Bang, S., Boivin, G., Demeurisse, C., Gçssi, M.,
Tochon-Daguy, H. J., V�ry, J. M., Couvoisier, B.:Fluorose industrielleSchweiz. Med. Wschr., Suppl. 8, 109, 5–23 (1979)
Hodge, H. C., Smith, F. A.:Occupational Fluoride ExposureJ. Occup. Med. 19, 1, 12–39 (1977)
Wende, E.:Erkrankungen durch Fluor oder seine Verbindungenin: Handbuch der gesamten Arbeitsmedizin, Hrsg. E. W. Baader, Bd. II/1 S. 296–313Urban und Schwarzenberg, Berlin-M�nchen-Wien 1961
Zober, A., Schaller, K. H.:Fluoridbestimmung im Harn, Analysen im biologischen Material.Kommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe der DFG.Verlag Chemie, Weinheim 1976
Zober, A., Geldmacher v. Mallinckrodt, M., Schaller, K. H.:Renal Fluoride Excretion as a Useful Parameter for Monitoring Hydrofluoric Acid-Exposed Persons.Int. Arch. Occup. Environ. Hlth. 40, 13–24 (1977)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 133
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 119
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 09 Anlage BKV
(Nr. 16/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 283
Erkrankungen durch Salpeters�ureester
Klinische Zuordnung:AngiologieKardiologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Salpeters�ureester sind Verbindungen der Salpeters�ure mit ein- und mehrwertigenAlkoholen. Es sind h�ufig çlige, z. T. leicht fl�chtige Fl�ssigkeiten.
Gesundheitsgef�hrdend sind insbesondere Nitroglykol (C2H4[ONO2]2) und Ni-troglyzerin (C3H5[ONO2]3), die f�r die Herstellung von Sprengstoffen verwendetwerden. Gefahrenquellen sind das Nitrieren, Gelatinieren, Mischen und Patronieren.Auch Umgang mit diesen Stoffen in bestimmten Laboratorien sowie Kontakt mit auf-gerissenen, nicht explodierten Sprengstoffpatronen, z. B. bei Abraumarbeiten, kçn-nen gesundheitsgef�hrdend sein. Dies trifft nicht f�r die z. B. in Lackfarben enthalteneNitrozellulose zu.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Die Aufnahme der Salpeters�ureester erfolgt sowohl �ber die Atemwege als auchdurch Hautresorption. Fl�chtigkeit und Hautdurchdringungsvermçgen nehmen vonden einwertigen zu den mehrwertigen Alkohol-Salpeters�ureverbindungen hin ab.
Nitroglykol ist auch aus diesem Grunde st�rker giftig als Nitroglyzerin. Dagegenspielt die im Organismus bei Nitroglykoleinwirkung einsetzende Nitritbildung eineuntergeordnete Rolle.
Infolge Einwirkung von Salpeters�ureestern kommt es zur Blutgef�ßerweiterung
mit Absinken zun�chst des systolischen und bei weiterer Exposition auch des diasto-lischen Blutdruckes. Neben der peripheren Kreislaufwirkung mit ihren Folgen ist evtl.ein durch diese Stoffe bedingter zentraler Effekt mçglich.
Die chronische Einwirkung kleinerer Mengen bewirkt auch als Ausdruck eingetre-tener Gegenregulationen langsam eine Erhçhung des diastolischen Blutdruckes. Da-durch wird die Blutdruckamplitude deutlich kleiner.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Schon nach kurzer Exposition, insbesondere mit Nitroglykol, kçnnen in erster LinieKopfschmerzen, sp�ter auch Schwindel, Gef�hl der Trunkenheit, Brechreiz, Gesichts-rçtung, Hitzegef�hl, Appetitlosigkeit und Schlafstçrungen auftreten. �ber Schmerz-zust�nde in der Herzgegend, die dann �hnlich denen der Angina pectoris sind, kanngeklagt werden. Oft ist der Blutdruck erniedrigt; selten besteht eine Bradykardie.
Nach einer gewissen Zeit der Exposition mit kleineren Dosen tritt oft eine Gewçh-nung ein, die dazu f�hrt, daß die Beschwerden geringer werden und auch schon beiArbeitsunterbrechungen, z. B. am Wochenende, vçllig zur�ckgehen. Bei Wiederauf-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 134
120 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
nahme der Arbeit, z. B. am folgenden Montag, kann es zu einem R�ckfall der Be-schwerden kommen, weshalb die Erkrankung auch als sog. Montagskrankheit be-zeichnet wird. Vorausgegangene kçrperliche und psychische Belastungen kçnnen sichung�nstig auswirken.
Plçtzliche Todesf�lle nach Kreislaufkollaps und durch akutes Herzversagen sindnach Arbeitspausen – Urlaub, Wochenende (sog. Montagssterbef�lle) – oder Arbeits-platzwechsel beobachtet worden.
Ausschlaggebend f�r den weiteren Krankheitsverlauf ist der Grad der Kreislauf-
regulationsstçrungen. Die innerhalb der Erythrozyten gelegenen sog. HeinzschenKçrperchen sind nur dann festzustellen, wenn gleichzeitig eine Einwirkung von nichtzu den Salpeters�ureestern gehçrenden aromatischen Nitrokçrpern, wie Trinitroto-luol u. �., stattgefunden hat, was f�r Arbeiten in der Sprengstoffherstellung zutreffenkann.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Arbeitsanamnese, klinischer Befund und evtl. das Ergebnis von Luftanalysen, z. B.auf Nitroglykol- und Nitroglyzeringehalt, sichern die Diagnose.
Abgesehen davon, daß in Einzelf�llen die toxische Kreislaufregulationsstçrung
plçtzlich enden kann, ist im allgemeinen die Prognose, insbesondere nach Wegfall derentsprechenden Exposition, g�nstig. Sp�tsch�den sind kaum zu erwarten.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 135
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 121
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 10 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 70–72
Erkrankungen durch halogenierte
Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxide
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieNephrologiePneumologieNeurologie
Bei den halogenierten Alkyl-, Aryl- oder Alkylaryloxiden handelt es sich um haloge-nierte Alkohole, halogenierte �ther, halogenierte Epoxide und um halogenierte Phe-nole. Zu diesen Verbindungen z�hlen insbesondere:
– die chlorierten Alkyloxide:Athylenchlorhydrin (2-Chlor-�thanol) ClCH2-CH2-01,2-Dichlorhydrin (2,3-Dichlor-1-propanol) ClCH2-CHCl-CH201,3-Dichlorhydrin (1,3-Dichlor-2-propanol) ClCH2-CH(OH)-CH2ClEpichlorhydrin (1-Chlor-2,3-epoxipropan) O-CH2-CH-CH2ClDichlordimethyl�ther (1,1’-Dichlordimethyl�ther) ClCH2-O-CH2ClMonochlordimethyl�ther (Chlormethyl-methyl�ther) H3C-O-CH2ClDichlordi�thyl�ther (2,2’-Dichlordi�thyl�ther) ClCH2-CH2-O-CH2- CH2Cl
– die chlorierten Aryloxide:Monochlorphenole (2-, 3-, 4-Chlorphenol) C6H4Cl (OH)Dichlorphenole (insbes. 2,4-Dichlorphenol) C6H3Cl2 (OH)Trichlorphenole (insbes. 2,4,5-Trichlorphenolund 2,4,6-Trichlorphenol) C6H2Cl3 (OH)Pentachlorphenol C6H Cl5 (OH)„Dioxin“, TCDD(2,3,7,8-Tetrachlor-dibenzo-p-dioxin)
Cl
Cl Cl
ClO
O
– die chlorierten Alkylaryloxide:Chlorkresole (insbes. 4-Chlor-2-methyl-phenolund 4-Chlor-3-methyl-phenol) C6H3Cl (OH) CH3
I. Gefahrenquellen
Chemische Verbindungen dieser Klasse werden u. a. verwendet:– als Zwischenprodukte in der chemischen Industrie, z. B. f�r Expoxidharze (Epi-
chlorhydrin),– als Chloralkylierungsmittel (Monochlordimethyl�ther, Dichlordi�thyl�ther),
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 136
122 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
– f�r Pflanzenschutzmittel (Chlorphenole, Chlorkresole),– als Holzkonservierungsmittel (z. B. Pentachlorphenol),– zur Herstellung von Desinfizientien (Chlorphenole).Einige Stoffe dieser Klasse kçnnen als unerw�nschte Nebenprodukte entstehen z. B.Tetrachlordibenzo-p-dioxin bei der Herstellung von Trichlorphenol, Dichlordimethy-l�ther bei der Herstellung von Monochlordimethyl�ther.
II. Pathophysiologie
Die genannten halogenierten organischen Sauerstoffverbindungen f�hren bei lokalerEinwirkung zu mehr oder weniger starken Reizerscheinungen an Haut und Schleim-h�uten. Die Aufnahme erfolgt auch �ber die Atemwege. Bei vielen Substanzen in fes-ter oder fl�ssiger Form, insbesondere beim Athylenchlorhydrin, ist jedoch die per-kutane Resorption von besonderer Bedeutung. Nach Aufnahme in den Organismuskann es zu Stoffwechselstçrungen sowie zu Leber- und Nierensch�digungen kommen.Auch Lungen und Bronchien sowie das Zentralnervensystem kçnnen betroffen sein.
III. Krankheitsbild und Diagnose
1. Chlorierte Alkyloxidea) Chlorhydrine
�thylenchlorhydrinEpichlorhydrin1,2- und 1,3-Dichlorhydrin
Die genannten Stoffe besitzen eine starke lokale Reizwirkung auf Haut und Schleim-h�ute, insbesondere die Schleimh�ute der Augen und des Respirationstraktes; dieseWirkung ist beim Epichlorhydrin besonders stark. Systemische Sch�den kçnnen am
Zentralnervensystem sowie an Leber und Nieren auftreten. Eine massive Expositionkann auch ein Lungenoedem hervorrufen. Das Vergiftungsbild ist gekennzeichnetdurch zentralnervçse Symptome (Somnolenz und Verwirrungszust�nde, ggf. Koma),Stçrungen der Leberfunktion bis zum vollen klinischen Bild der toxischen Hepatitis
(Transaminasenanstieg!), toxische Nephrose mit H�maturie und Albuminurie. Nebender Aufnahme �ber die Atemwege ist die Mçglichkeit der perkutanen Resorption be-sonders zu beachten.
b) Chlorierte �therMonochlordimethyl�therDichlordimethyl�therDichlordi�thyl�ther
Die genannten �ther besitzen eine starke Schleimhautreizwirkung, die von Mono-chlordimethyl�ther �ber die Dichlordimethyl�ther zu Dichlordi�thyl�ther abnimmt.
Die chlorierten �ther entfalten in hçheren Konzentrationen narkotische Wirkun-gen. Dichlordi�thyl�ther kann bei der Inhalation außer Schleimhautreizungen �bel-keit und Brechreiz bewirken. Bleibende Organsch�den sind nicht bekanntgeworden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 137
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 123
Bei der Herstellung und Verarbeitung von Dichlordimetyl�ther wurde eine H�u-fung von Bronchialkarzinomen mit auffallend geringer Latenzzeit beobachtet. Mono-chlordimethyl�ther erwies sich bislang nicht als eindeutig kanzerogen, jedoch kanntechnischer Monochlordimethyl�ther bis zu 7 % mit Dichlordimethyl�ther verunrei-nigt sein.
2. Chlorierte AryloxideMonochlorphenoleDichlorphenoleTrichlorphenolePentachlorphenol
�hnlich wie Phenol verursachen auch die Chlorphenole nach Hautkontakt eine ge-webssch�digende Wirkung (Haut-, Schleimhautreizungen bis zur Nekrose). NachResorption bewirken die Chlorphenole in entsprechender Konzentration motorischeErregung, Tremor, Kr�mpfe und Koma. Außerdem wurde Hyperpyrexie beobachtet.Mit steigender Chlorierung nimmt die Krampfwirkung ab und die Hemmung der oxi-dativen Phosphorylierung zu.
Monochlorphenol hat also die st�rkste zentralerregende Wirkung, w�hrend siebeim Pentachlorphenol fast vollst�ndig fehlt und hier andere Organwirkungen imVordergrund stehen.
�ber Vergiftungsf�lle durch reines 2,4,5-Trichlorphenol ist in der Literatur nichtsbekannt. Aus 2,4,5-Trichlorphenol kann sich aber bei der Herstellung 2,3,7,8- Tetra-chlordibenzo-p-dioxin (TCDD, „Dioxin“) bilden. Dioxin kann auch als Verunrei-nigung in 2,4,5-Trichlorphenol enthalten sein. Es kann zur Chlorakne (Pernakrank-
heit), aber auch zu systemischen Sch�digungen, wie toxischen Leberzellsch�digungen
und toxischen Polyneuritiden f�hren.Bei Pentachlorphenol wurden neben der Schleimhaut Reizwirkung der D�mpfe
und gelegentlichen Dermatitiden durch Kontakt mit der Fl�ssigkeit auch allgemeineVergiftungszust�nde (Mattigkeit, Schweißausbr�che, Atemnot) durch Einatmung derD�mpfe beobachtet. Chronische Vergiftungen sind bisher wissenschaftlich nicht er-wiesen.
Pentachlorphenol kann als Verunreinigung Octachlordibenzo-p-dioxin enthalten,das im Prinzip �hnlich wirkt wie TCDD, aber deutlich weniger toxisch ist.
3. Chlorierte AlkylaryloxideChlorkresole
�ber die Toxizit�t der Chlorkresole finden sich in der Literatur keine konkreten An-gaben. Es ist jedoch anzunehmen, daß ihre Wirkung �hnlich ist wie die der Chlorphe-nole.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 138
124 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
IV. LiteraturP. J. Goldmann:
Schwerste akute Chlorakne durch Trichlorphenolzersetzungsprodukte.Arbeitsmedizin, Sozialmedizin, Arbeitshygiene, 7. Jahrgang (1972), 1, S. 12–18
H. T. Hofmann:Neuere Erfahrungen mit hochtoxischen Chlorkohlenwasserstoffen.Arch. exper. Pathologie und Pharmakologie 1 (1957), 232
R. Ludewig, K. Lohs:Akute Vergiftungen.Gustav Fischer Verlag Stuttgart (1974)
S. Moeschlin:Klinik und Therapie der Vergiftungen.Georg Thieme Verlag Stuttgart (1972)
F. A. Patty:Industrial Hygiene and Toxicology. Vol. II.Interscience Publishers (1963)
B. A. Schwetz et al:Toxicology of Chlorinated Dibenzo-p-doxins.Environmental Health Perspectives Exp. Issue 5 (1973) S. 87 ff.
A. M. Thiess, W. Hey, H. Zeller:Zur Toxikologie von Dichlordimethyl�ther – Verdacht auf kanzerogene Wirkung auch beim Men-schen.Zbl. f�r Arbeitsmedizin und Arbeitsschutz, Band 23 (1973) 4, S. 97–102
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 139
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 125
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 11 Anlage BKV
Arbeitsschutz 8/9/1977, 204
Erkrankungen durch halogenierte
Alkyl-, Aryl- oder Alkylarylsulfide
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieH�matologiePneumologieUrologieHNO-HeilkundeZahnheilkunde
Unter den halogenierten Alkylsulfiden ist fast nur der bis Kriegsende hergestellte undin Versuchsstellen untersuchte Kampfstoff 2,2 Dichlordi�thylsulfid (Schwefellost)von praktischer Bedeutung. Die gelegentlich als Fungizide und Akarizide verwende-ten halogenierten Aryl- und Alkylarylsulfide sind weniger bedeutungsvoll.
I. Gefahrenquellen
2,2 Dichlordi�thylsulfid wird auch heute noch gelegentlich als Fundmunition aus ver-grabenen oder versenkten Best�nden geborgen und vernichtet. Gef�hrdet sind in ers-ter Linie Angehçrige von Munitionsbergungs- und -beseitigungstrupps.
II. Pathophysiologie
2,2 Dichlordi�thylsulfid ist gut lipoidlçslich. Es wird in fl�ssiger oder Dampfform zu-n�chst ohne Reizerscheinungen durch Haut- und Schleimh�ute resorbiert. Als starkes,fermentative Prozesse blockierendes Zellgift f�hrt es neben Allgemeinstçrungen auchzu Organsch�den. Subtoxische Stoffmengen kçnnen nach l�ngerer Einwirkung auchohne manifeste Erscheinungen charakteristische Sp�tsch�den bewirken.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Akute Einwirkung von 2,2 Dichlordi�thylsulfid auf die Haut f�hrt nach einer Latenz-zeit von Stunden zu çdematçser, sulziger Schwellung mit Blasenbildung und schwerheilenden Geschw�ren. Das Auge mit seinen Anhangsgebilden ist besonders gef�hr-det. An den oberen und tieferen Atemwegen entwickeln sich katarrhalische Reiz-erscheinungen bis zu pseudomembrançsen Entz�ndungen, Lungençdem und Bron-
chopneumonie.Gastritiden und Gastroenteritiden wurden beobachtet. Die resorptive Wirkung
kann sich am dritten Tage in einer progredienten Leukopenie mit Stçrung der Kno-chenmarksreifung �ußern. Die allgemeine Widerstandskraft des Organismus ist he-rabgesetzt, sekund�re Infekte sind h�ufig. Die Heilungstendenz solcher Sch�den istauffallend schlecht.
Nach akuten Sch�den durch 2,2 Dichlordi�thylsulfid, aber auch nach l�ngererEinwirkung subtoxischer Dosen kann es nach Jahren zu charakteristischen Sp�tfolgenmit chronischer Bronchitis, Bronchiektasen und Emphysem kommen. Als Ausdruckder resorptiven Wirkung besteht h�ufig starkes Untergewicht mit dem Bilde einer tro-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 140
126 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
ckenen Dystrophie. Anazide Gastritiden sind nicht selten, Osteoporose wurde beob-achtet. Die Infektionsresistenz ist f�r mehrere Jahre herabgesetzt, so daß Furunkulose
und Parodontose h�ufig sind. Chronische Nebenhçhlenaffektionen gelten als typisch.Die vegetative Regulation von Herz und Kreislauf kann gestçrt sein, Libido und Po-tenz sind h�ufig beeintr�chtigt. Im Blutbild findet sich eine Eosinophilie. Vitalit�ts-minderung und depressive Zust�nde sowie eine Voralterung wurden als Lostsch�denbeschrieben.
2,2 Dichlordi�thylsulfid besitzt als alkylierende Substanz eine kanzerogene Wir-
kung, die f�r die Luftwege und den Magen als gesichert gelten kann. Karzinome der
Harnblase sind wahrscheinlich.
IV. Weitere Hinweise
Entscheidend ist die Vorgeschichte. Es ist zu ber�cksichtigen, daß 2,2 Dichlordi�thyl-sulfid meist mit anderen Stoffen (z. B. organischen Arsenverbindungen) gemischt wur-de.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 141
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 127
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 12 Anlage BKV
(Nr. 17/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 9/1962, 202–203
Erkrankungen der Z�hne durch S�uren
Klinische Zuordnung:Zahnheilkunde
A. Erkrankungen der Z�hne durch dem Luftstrom
beigemischte anorganische und organische S�uren
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
S�uresch�den der Z�hne durch anorganische S�uren (Minerals�uren) kçnnen bei ih-rer Herstellung oder Verarbeitung entstehen, z. B. bei der Salz-, Schwefel- oder Salpe-ters�urefabrikation, in Metallbeizereien, beim Gelbbrennen, in der Zinkelektrolyseund in den Formierabteilungen der Akkumulatorenfabriken.
Zahnsch�den durch organische S�uren kçnnen insbesondere durch Essig- undAmeisens�ure in Textilfabriken im Stoffdruck, durch Oxals�ure in F�rbereien undchemischen Reinigungen, durch Wein- und Zitronens�ure in pharmazeutischen undN�hrmittelfabriken auftreten.
Eine besondere Gefahrenquelle sind die Minerals�uren, vor allem die Halogen-wasserstoffs�uren und die Salpeters�ure, da diese schon bei normaler Temperaturfl�chtig sind.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
S�uren wirken durch den Luftstrom direkt auf die Z�hne zuerst an den Stellen ein, diebei geçffnetem Mund von Weichteilen (Lippen) entblçßt und relativ frei von Speichelsind. Infolgedessen treten zu Beginn Sch�den in der Regel an der Vorderfl�che deroberen mittleren Schneidez�hne in der Gegend der Schneidekanten auf. Die unterenFrontz�hne bleiben zun�chst frei, sp�ter kçnnen Sch�den im Bereich der Schneide-kanten entstehen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Es wird zun�chst �ber ein Gef�hl des „Stumpfwerdens“ der Z�hne geklagt, das sich,im Gegensatz zur gleichen Empfindung nach Fruchts�uregenuß, nicht wieder verliert.Die Z�hne werden glanzlos und rauh. Beim Fortschreiten dieses Prozesses wird derSchmelz d�nner, es kommt zum Verlust der Kontaktpunkte (Keilform der Z�hne), zuzackigen R�ndern, das Dentin tritt mehr und mehr hervor, wodurch die Z�hne all-m�hlich dunkel werden.
Es kann eine �berempfindlichkeit gegen Temperaturunterschiede und gegen s�ße,salzige und saure Speisen entstehen. In der Regel verliert sich diese bald durch Bildungvon Reizdentin.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 142
128 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Außer der Zerstçrung des Schmelzes kommt es zus�tzlich zu einem mechanischenZerstçrungsprozeß, der an den Schneidekanten beginnt. Die Z�hne werden k�rzer; esentsteht der „offene Biß“. Das Ende dieses Vorganges sind verf�rbte Zahnstummel.
Zahnfleischerkrankungen sind nicht die Folge der S�ureeinwirkung, sondern dermangelnden Mundpflege.
Die Zahnver�nderungen entwickeln sich im Laufe mehrerer Jahre, kçnnen aller-dings auch schon nach wenigen Monaten auftreten. Hierbei spielen neben der S�ure-konzentration und der Einwirkungsdauer sowie dem Ausmaß der getroffenen Schutz-maßnahmen die Qualit�t des Schmelzes und die persçnliche Hygiene eine Rolle.
Die Diagnose ergibt sich aus der typischen Lokalisation der Substanzverluste inVerbindung mit der Arbeitsanamnese.
Differentialdiagnostisch sind S�uresch�den anderer �tiologie und damit andererLokalisation abzugrenzen, z. B. gegen Sch�den durch jahrelangen Genuß konzentrier-ter Fruchts�fte (Fruchts�uren), durch ungeeignete Mundw�sser und Zahnpflegemit-tel, durch Zerst�uben und Inhalieren von Medikamenten, die geeignet sind, die Z�hneanzugreifen, durch jahrelanges perorales Einnehmen von Salzs�ure, ferner gegen Al-tersabschliff (Abrasio) und gegen die Caries dentium.
B. Erkrankungen der Z�hne durch in der Mundhçhle
sich bildende organische S�uren
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Es handelt sich hier um Sch�digungen der Z�hne durch organische S�uren, die aufGrund von G�rungsprozessen in der Mundhçhle entstehen (Milchs�ure, Butters�ure,Brenztraubens�ure). Diese G�rungsprozesse werden durch gleichzeitige Einwirkungvon Mehl und Zucker, Mehl und Hefe oder besonders durch Einwirkung von Mehl,Zucker und Hefe hervorgerufen. Sch�den werden �berwiegend bei Konditoren, Leb-kuchenb�ckern und bei Arbeitern in der S�ßwarenindustrie beobachtet, selten dage-gen in Brotb�ckereien und M�hlenbetrieben; daher kommt die Bezeichnung „Zucker-b�ckercaries“.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Die Aufnahme erfolgt sowohl durch Mehl- und Zuckerstaub in der Luft, vor allemaber dadurch, dass die Mehl- und Zuckererzeugnisse abgeschmeckt werden m�ssen.Es kçnnen alle Z�hne befallen werden. Zucker und Mehl setzen sich bevorzugt anden Zahnh�lsen ab und beg�nstigen unter Mitwirkung der Hefe diese Erkrankungen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die „Zuckerb�ckercaries“ entwickelt sich rasch und bef�llt gleichzeitig mehrere Z�h-ne. Sie beginnt charakteristisch im gingivalen Abschnitt der Z�hne und breitet sichsehr bald auf die Labialfl�chen, besonders der Frontz�hne, aus. Die Seitenfl�chen derZ�hne werden erst sp�ter befallen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 143
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 129
Wichtig f�r die Diagnose „Zuckerb�ckercaries“ ist neben der Arbeitsanamneseeine Vielzahl oberfl�chlicher ausgedehnter Zahnhalsdefekte, die auf die Labialfl�chen�bergreifen.
Die nicht berufsbedingte Caries beginnt vorwiegend an den Fissuren oder zwi-schen den Z�hnen.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung zu A und B
Bei der �rztlichen Beurteilung sind Art, Umfang und Dauer der beruflichen T�tigkeit,ihr zeitlicher Zusammenhang mit der Erkrankung und Art und Lokalisation derZahnsch�den zu beachten.
Die Beurteilung der Erkrankungen der Z�hne durch S�uren kann schwierig sein;ihre Begutachtung sollte durch einen auf diesem Gebiet erfahrenen Zahnarzt vor-genommen werden.
Die unter A genannten Sch�den sind relativ selten.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 144
130 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 13 Anlage BKV
(Nr. 3/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 129–130
Hornhautsch�digungen des Auges durch Benzochinon
Klinische Zuordnung:Ophthalmologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Benzochinon (p-Benzochinon) ist u. a. ein Zwischenprodukt bei der Herstellung desHydrochinons sowie ein Umwandlungsprodukt bei der Oxydation des Hydrochi-nons. Benzochinon kristallisiert in gelben Prismen, wird bei offenen Arbeitsverfahrenvom Wasserdampf der Luft aufgenommen, ist fl�chtig und riecht stechend. In alka-lischen Gewebsfl�ssigkeiten wird Hydrochinon zu gelblich-braunem Benzochinonoxydiert.
Gefahrenquellen sind bei der offenen Benzochinon- sowie bei der Hydrochinon-herstellung oder bei Verwendung dieser Stoffe vorhanden, besonders wenn diese inVerbindung mit Wasserdampf oder Staub den Arbeitsplatz verunreinigen.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Benzochinon wird entweder direkt oder nach Umwandlung aus Hydrochinon vomBindehaut- oder Hornhautepithel des Auges resorbiert. Es ist noch nicht hinreichendgekl�rt, ob außer der direkten Einwirkung der sch�digenden Substanz auf die Horn-haut des Auges auch eine indirekte Einwirkung nach Aufnahme �ber die Atemwegeund den Magen-Darm-Trakt mçglich ist.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Benzochinon kann zun�chst zu unspezifischen Reizwirkungen an Bindehaut undHornhaut f�hren. Nach l�ngerer, meist mehrj�hriger Einwirkung dieses Stoffes kannes im Lidspaltenbereich zu Tingierungen kommen. Diese sind vorwiegend gelblich-braun, unter Einwirkung des Lichtes sp�ter sepiafarben oder dunkelbraun. Es bildensich feinere bis grçbere Tr�bungen im Hornhautepithel und -parenchym. Erosionen
kçnnen auftreten, die Hornhaut kann quellen, sich verformen und zu einem irregul�-ren Astigmatismus f�hren, der nicht vçllig auszugleichen ist. Zun�chst fehlen Binde-hauthyper�mie und Hornhautvascularisation. Die Sensibilit�t der Hornhaut ist he-rabgesetzt, ihre Regenerationsf�higkeit vermindert.
H�ufig bleibt eine erhçhte Anf�lligkeit gegen Sekund�rinfektionen bestehen.Auch ohne erneute Einwirkung kçnnen selbst nach jahrelangem Intervall Epithelde-fekte mit hartn�ckigen Geschw�ren bis zum klinischen Bild des Ulcus serpens auftre-ten. Dauersch�den (Tr�bung, Astigmatismus, Keratektasie) sind h�ufig. Verlust desSehvermçgens und des Auges ist mçglich.
Die Prognose der Erkrankung hinsichtlich der Erhaltung des Sehvermçgens istzweifelhaft, da es bereits im Anfangsstadium der Erkrankung zur irreversiblen Sch�-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 145
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 131
digung der Hornhaut kommen kann. Im g�nstigen Falle ist durch fr�hzeitigen Ar-beitsplatzwechsel und rechtzeitige augen�rztliche Behandlung eine R�ckbildung derHornhauterkrankung mçglich.
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132 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 14 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1988, 121–122Bundesarbeitsblatt 11/1989, 62
Erkrankungen durch para-terti�r-Butylphenol
Klinische Zuordnung:DermatologieEndokrinologieGastroenterologie
Vitiligoartige Depigementierungen nach Umgang mit paraterti�rem Butylphenol(ptBP) sind in der Literatur wiederholt beschrieben worden. Die Entstehung derHautver�nderungen durch Inhalation der fl�chtigen D�mpfe oder Einatmung vonlungeng�ngigem pt-Phenolharz wird vermutet sowie vermutlich auch auf Ingestionoder Hautresorption zur�ckgef�hrt.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
1. ptBP dient in der Industrie als Einsatzstoff f�r Lackrohstoffe, Emulgatoren undNetzmittel, Antioxidantien f�r die Kautschukverarbeitung, Mineralçlkonfektio-nierung und anderes mehr. ptBP findet sich vorwiegend in Kristallform oder gelçstvor. ptBP ist bei Normaltemperatur (20� C) eine weiße, kristalline Substanz. Esschmilzt bei 97–98� C und ist in fl�ssigem Zustand eine farblose, klare Fl�ssigkeit.Der Siedepunkt des fl�ssigen ptBP unter Normaldruck (760 Torr) liegt bei237–238� C. ptBP hat einen schwachen phenolischen Geruch, ist in Wasser unlçs-lich, jedoch leicht lçslich in Alkohol, Ethern und Ketonen.
2. Eine Gef�hrdung durch ptBP war bzw. ist gegeben u. a. bei Arbeitnehmern aus derSchuh- und Automobilindustrie (durch Klebstoffe wie z. B. Neoprenkleber – Poly-chloroprenkleber) sowie durch ptBP-Formaldehyd-Kunstharze, durch Kontaktmit ptBP in den Produktionsanlagen von ptBP besonders in Arbeitsbereichen beimProbeentnehmen, Schleudern, Umr�hren und Abf�llen der Substanz.
II. Pathophysiologie
p-t-Butylphenol erzeugt an der �ußeren Haut fleckfçrmige Depigmentierung, die dembekannten Krankheitsbild der Vitiligo �hnelt oder gleicht.
Intramuskul�re, subcutane und orale Verabreichung von ptBP f�hrten im Tierver-such zu systematischen Depigmentierungen. Als morphologisches Substrat findetman in der depigmentierten Haut den vçlligen Mangel an Melaningranula, Vermin-derung der Melanozyten und degenerative Ver�nderungen der restlichen Pigmentzel-len. Der biochemische Mechanismus ist nicht eindeutig aufgekl�rt. Vermutet wird dieStçrung der enzymatischen Oxidation von Tyrosin zu DOPA und eine damit vermin-derte Bildung von Melanin. Die strukturelle �hnlichkeit parast�ndiger Phenole mitTyrosin bzw. DOPA deutet auf eine kompetitive Verdr�ngung an den Enzymen derMelaninsynthese; in vitro kommt es durch ptBP zur kompetitiven Hemmung der Ty-rosinhydroxylierung und der DOPA-Oxidation. Auch an den Melanozyten lassensich destruktive Ver�nderungen nachweisen. Als Metabolit von ptBP wird Hydrochi-
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 133
non vermutet. Letzteres hemmt nicht nur die Bildung, Melanisierung und den Abbauder Melanosomen, es zerstçrt auch die Membranstruktur der Melanozyten, dieschließlich komplett untergehen kçnnen. Neben Stçrungen der Pigmentbildung in derHaut kann ptBP zu Sch�den der Leber sowie der Schilddr�se (Strumaentwicklung)f�hren. Dabei handelt es sich nach bisherigen Beobachtungen fast ausnahmslos umeine euthyreote Struma.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das Auftreten von beruflich verursachter Vitiligo ist Folge eines mehrmonatigen Kon-takts (vermutlich auch Inhalation) mit ptBP. Eine vorherige Ver�tzung oder Rçtungder Haut ist nicht erforderlich. Eine gleichzeitige Sensibilisierung ist mçglich. ptBPruft an der Haut nach intensivem Kontakt Rçtung, Schwellung, Brennen und Juckreizhervor (Kontakt-Dermatitis). Dar�ber hinaus kçnnen nach l�ngerer Exposition evtl.auch durch Einatmung der D�mpfe oder von lungeng�ngigen Staubpartikeln beimZerkleinern des Harzes Depigmentierungen in disseminierter Aussaat auftreten. DasVerteilungsmuster der Depigmentierungen ist meist symmetrisch und charakterisiertdurch linsengroße bis m�nzengroße teilweise auch konfluierende „Weißfleckung“ anden Handr�cken und Fingerr�cken, �bergreifend auf die Unterarme, Fußr�cken,Stamm, hier besonders in den Axillen sowie im Genitalbereich. Eine genaue Reihen-folge des Auftretens der „Weißfleckung“ kann nicht angegeben werden. Meistenswird die Depigmentierung nach verst�rkter Sonneneinstrahlung mit Br�unung derumgebenden Haut festgestellt. Makroskopisch und histologisch unterscheiden sichdie Hautver�nderungen nicht von echter Vitiligo, jedoch findet man im Gegensatz zuechter Vitiligo keine Assoziation zu einer Autoimmunkrankheit. Ferner kçnnen be-sonders nach Inhalation von erhitztem ptBP in fl�ssiger Phase Kopfschmerzen, M�-digkeit, Schwindelgef�hl und Erbrechen auftreten.
Die Einwirkung von ptBP kann nicht nur an der Haut (Vitiligo), sondern auch zusystemischen Reaktionen im Organismus f�hren, die sich am Leberparenchym (He-
patose) und in einer Schilddr�sen-Vergrçßerung manifestieren (TRIAS: Vitiligo, He-
patose und Struma diffusa). Nach Beendigung der Exposition gegen�ber ptBP kam esin den meisten F�llen zu einer Besserung der auf eine Funktionsstçrung der Leber hin-weisenden Laborbefunde sowie zur R�ckbildung der Schilddr�senvergrçßerung.
IV. Weitere Hinweise
Welche Bedeutung der inhalativen ptBP-Aufnahme im Verh�ltnis zur Hautresorptionzukommt, wird z. Z. noch untersucht.
Die depigmentierende Eigenschaft von ptBP ist nach Literaturangaben auch vielenanderen Phenolen und Katecholen, wie z. B.– Monobenzylhydrochinon,– Monomethylhydrochinon,– Orthophenylphenol,– Paraphenylphenol,
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134 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
– Hydrochinon,– Catechol,– 3-Methylcatechol,– 3-Methyl-5 tert. octylcatechol,– 3-Isopropylcatechol,– 3.5-Diisopropylcatechol,– 4-Methylcatechol,– 4-Isopropylcatechol,– 4-tert.-Butylcatechol,– ß-Mercaptoethylamine . HCI,– N-(2-mercaptoethyl)-dimethylamine,– Nonylphenol und– Octylphenoleigen, wobei besonders die para-substituierten Verbindungen st�rker wirksam sindals die meta- und ortho-substituierten Phenole. In der Empfindlichkeit bestehen er-hebliche Speciesunterschiede. Die Reaktion bei exponierten Menschen ist offenbar in-dividuell unterschiedlich.
Bez�glich der para-terti�r-Butylphenol verursachten Hauterkrankungen wird aufdie Nr. 5101 Anl. 1 BeKV verwiesen.
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 135
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 15 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 3/2004, 32–35
Erkrankungen durch Isocyanate, die zur Unterlassungaller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r dieEntstehung, die Verschlimmerung oder das Wieder-aufleben der Krankheit urs�chlich waren odersein kçnnen
Klinische Zuordnung:OphthalmologieDermatologiePneumologie
Isocyanate sind reaktionsfreudige Ester der Isocyans�ure mit einer oder mehrerenO=C=N – Atomgruppen. Di- und Polyisocyanate bilden gemeinsam mit den weit-gehend ungiftigen Polyolen die Grundbausteine der Polyurethan (=PUR)-Chemie undwerden teils in reiner Form, teils mit anderen Zusatzstoffen in Arbeitsprozessen einge-setzt.
F�r Diisocyanate, Phenyl- und Methylisocyanat liegen außerordentlich niedrigeLuftgrenzwerte vor. F�r Isocyans�ure gibt es in Deutschland ebenso wie f�r die heutevorwiegend verwendeten oligo- und pr�polymeren Isocyanate und die Gesamtmengean freien Isocyanatgruppen bisher keinen Luftgrenzwert. F�r Diisocyanattoluol (TDI)wurde der Luftgrenzwert wegen mçglicher kanzerogener Effekte ausgesetzt (krebs-erzeugende Kategorie 3 A).
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Stoffgruppe besitzt ein breites Anwendungsfeld f�r die Herstellung von Weich-,Hart-, Integral-, Isolier-Schaumstoffen und anderen Kunststoffen, Lacken und sons-tigen Oberfl�chen-Beschichtungen, Vergussmassen, Elastomeren, Klebern, H�rtern,Pharmazeutika, Pestiziden und anderen Erzeugnissen der chemischen Industrie.Hauptanwendungsbereiche sind die Kraftfahrzeug-, Flugzeug-, Metall-, Mçbel- undholzverarbeitende Industrie, das Baugewerbe, der Bergbau (Gebirgsverfestigung),Gießereien, die Textil- und Bekleidungsherstellung und der Sportbahnbau (TRGS430).
Von besonderer Bedeutung sind Isocyanat-haltige Aerosole, die beim Spritzlackie-ren von Lacken mit Isocyanath�rter entstehen. Mit einer Gesundheitsgef�hrdungmuss beim Verarbeiten von Isocyanat-haltigen 2-Komponenten-Reaktionssystemengerechnet werden. Es gibt auch Isocyanat-haltige 1-Komponenten-Produkte, die mitdem Wasserdampf der Luft aush�rten. Großfl�chig aufgetragen, kçnnen Isocyanatedurch verdunstende Lçsemittel mitgerissen werden. Epoxid-haltige und Alkydharz-Bindemittel werden gelegentlich mit Isocyanaten kombiniert. Das Erhitzen, Ver-schwelen und Verbrennen von Polyurethanen setzt verschiedene Isocyanate frei. Diesgilt v.a. f�r das Schweißen von PUR-lackierten bzw. -beschichteten Metallen, f�r dasEin- oder Abbrennen von PUR-Lackschichten, das Stahl- und Aluminiumgießen inMDI-gefestigte Sandkerne und andere Formen, das Schneiden von Hartschaumplat-
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136 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
ten, die mechanische Bearbeitung unter Hitzeentwicklung von Isocyanat-verleimtenSpanplatten, das Anschleifen von PUR-Anstrichen, Wohnungs- und Autobr�nde.
Auch starkes Erhitzen und Verbrennen von stickstoffhaltigen Materialien, wiePhenol-Formaldehyd-Harnstoff-Harz (Bakelite; u. a. Chip-Platinen) und beschichte-ter Steinwolle, f�hren zur Bildung und Freisetzung von Isocyanaten (Karlsson et al.2000; 2001; 2002).
In der Regel entstehen bei den vorgenannten Prozessen unter hohen Temperaturen(�ber 350� C) großteils niedermolekulare Monoisocyanatverbindungen wie Isocyan-s�ure (HNCO; ICA) und Methylisocyanat (CH2NCO; MIC).
Im Einzelnen sind von besonderer Bedeutung:– Diisocyanattoluol (=Toluylendiisocyanat = TDI; Toluoldiisocyanat; Methylphen-
ylendiisocyanat) einschließlich seiner Polymeren:
CH3
NCO
NCO
OCN
CH3
NCObzw.
Diese Substanz dient zur Herstellung von Polyurethanen, die als Weichschaum-stoffe, Elastomere, Beschichtungen, Klebstoffe und Lackrohstoffe Verwendungfinden. W�hrend der Produktionsprozesse und bei der Anwendung besteht einegesundheitliche Gef�hrdungsmçglichkeit, vorwiegend bei der Herstellung von Po-lyurethanschaum und dem Aufsch�umen zur Polsterung, als Verpackungsausklei-dung und als Isolierschicht. Dies geschieht h�ufig im 2-Komponenten-Verfahren,wobei die eine Komponente aus TDI besteht.
– Diphenylmethan-Diisocyanat (=Methylendi-(phenylisocyanat) = MDI) einschließ-lich seiner Oligo- und Polymeren:
OCN CH2 NCO
Wegen des im Vergleich zu TDI geringen Dampfdrucks ist die gesundheitliche Ge-f�hrdung durch MDI bei Raumtemperatur niedriger einzustufen. Eine Gef�hr-dungsmçglichkeit liegt vor an Arbeitspl�tzen zur exothermen Hartschaumpro-duktion f�r Maschinen- und Karosserieteile, zur Produktion von Automobilteilenund zur Beschichtung von Textilien und Leder. Eine Einwirkung von MDI kannferner auftreten bei der Herstellung von Holzersatz, von Fußbçden und von Sport-artikeln sowie w�hrend seiner Verwendung als Bindemittel f�r den Formsand inMetallgießereien und zur Gesteinsverfestigung im Bergbau.
– Hexamethylen-Diisocyanat (HDI: OCN-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-CH2-NCO)
einschließlich seiner Polyisocyanat-Modifikationen
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 137
– Dicyclohexylmethan-4,4'-Diisocyanat (HMDI)
wird vorwiegend Lacken und anderen Beschichtungsmaterialien zugesetzt. Einegesundheitliche Gef�hrdung besteht w�hrend der Oberfl�chenbearbeitung mitdiesen Materialien.
– Naphthylen-Diisocyanat (NDI)
findet f�r die Fabrikation besonderer Kunststoffe (Elastomere) Verwendung.– Isophoron-Diisocyanat (PDI)
wird neuerdings vermehrt f�r die Herstellung von 2-Komponenten-Lacken undanderen Beschichtungsmaterialien, beispielsweise auch f�r die Lederzurichtung,herangezogen. Wegen des im Vergleich zu TDI und HDI niedrigen Dampfdrucksist die gesundheitliche Gef�hrdung durch D�mpfe etwas geringer.
– Phenylisocyanat
besitzt eine Bedeutung als Zwischenprodukt f�r die Synthese von Klebern, Kunst-stoffen, pharmazeutischen Wirkstoffen, Agrochemikalien und Farbstoffen.
– Methylisocyanat
dient als Syntheseausgangssubstanz, beispielsweise zur Herstellung von Pflanzen-schutzmitteln und Fotochemikalien. Es tritt außerdem als Pyrolyseprodukt vonPolyurethanen auf.
– Isocyans�ure
wird bei Temperaturen �ber 200� C als Pyrolyseprodukt gebildet.
II. Pathophysiologie
Die Isocyanate reagieren insbesondere chemisch mit NH2- und OH-Gruppen, so dassZellmembranen im menschlichen Kçrper ver�ndert und zerstçrt werden kçnnen. To-
xische Wirkungen werden auch mit einer in vitro nachgewiesenen Hemmung der Ace-
tylcholinesterase erkl�rt. Die Aufnahme erfolgt vorwiegend durch Inhalation von Iso-cyanat-haltigen Gasen, D�mpfen, Aerosolen und Staubpartikeln. Dies kann zuallgemeinen Reizerscheinungen am Auge und im Respirationstrakt f�hren. Nach tier-experimentellen Befunden mit hohen Dosen verteilen sich Isocyanate bzw. deren Me-tabolite auch im Blut, im Gastrointestinaltrakt und in geringen Mengen in anderenOrganen. Isocyanate rufen gelegentlich eine Sensibilisierung im Sinne einer Typ-I-Al-lergie hervor. Wie alle derartigen allergischen Reaktionen, kann diese schon bei Ein-wirkung sehr geringer Konzentrationen erfolgen. Im Serum von 5–20 % der Expo-nierten sind spezifische IgE- oder/und IgG-Antikçrper nachweisbar. WiederholterHautkontakt kann neben lokalen toxischen und allergischen Reaktionen eine stoff-spezifische bronchiale �berempfindlichkeit hervorrufen (Beck und Leung 2000; Wis-newski et al. 2000; Baur et al. 2003).
Die erw�hnten Mechanismen kçnnen zu einer Bronchialobstruktion mit asth-ma�hnlicher Symptomatik f�hren. Weniger h�ufig kommt es zu einer Sch�digung desAlveolarepithels in den Lungen mit dem klinischen Bild einer Alveolitis, nach schwe-ren Vergiftungen auch zur Entwicklung eines toxischen Lungençdems.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 152
138 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
III. Krankheitsbild und Diagnose
– Obstruktive Atemwegserkrankung
Sie ist gekennzeichnet durch Reaktionen in den Luftwegen in Form von Husten-reiz, retrosternalem Druckgef�hl, Brennen in der Luftrçhre und asthma�hnlicherAtemnot mit trockenen, giemenden und pfeifenden Begleitger�uschen bei der At-mung. Gelegentlich gehen Reizerscheinungen an den Konjunktiven und an denNasenschleimh�uten voraus. Die Atembeschwerden verst�rken sich bisweilen ersteinige Stunden nach der Exposition.Die Diagnose st�tzt sich auf die Arbeitsanamnsese und die Messung des Atem-wegswiderstandes, hilfsweise auf die Einschr�nkung der Ein-Sekunden-Kapazit�tbei forcierter Ausatmung, auf das Fluß-Volumen-Diagramm oder die Peak-Flow-Messung. Ein arbeitsplatzbezogener inhalativer Expositionstest mit Isocyanatenist zur Sicherung der Diagnose selten erforderlich und kann nur unter ausreichen-den klinischen Sicherheitsvorkehrungen durchgef�hrt werden. Nach chronischeroder akuter, sehr hoher Einwirkung kann sich eine chronische obstruktive Atem-wegserkrankung entwickeln.Es gibt Personen, welche schon auf sehr geringe Isocyanatkonzentrationen (z. B.0,001 ml/m3=ppm) eine starke Bronchialobstruktion erleiden. In leichteren F�llenkommt es nur zu einer bronchialen Hyperreagibilit�t, welche durch unspezifischebronchiale Reagibilit�tstests, z. B. mit Methacholin, nachgewiesen wird. Der nega-tive Ausfall eines unspezifischen bronchialen Reagibilit�tstest schließt – insbeson-dere nach Karenz gegen�ber Isocyanaten – eine arbeitsbedingte Atemwegsobstruk-tion nicht aus. Auch bei einem negativen arbeitsplatzbezogenen inhalativenExpositionstest mit einer bestimmten Isocyanatverbindung kann eine bronchial-obstruktive Reaktion auf Exposition mit einer anderen Isocyanat-Verbindung er-folgen. Das vermehrte Vorhandensein spezifischer IgE- Antikçrper im Serum st�tztdie Diagnose, ist f�r sie jedoch nicht Voraussetzung. Ein routinem�ßig einsetzbaresHauttestverfahren existiert noch nicht.
– Alveolitits
Die Diagnose ergibt sich aus der Kombination von Fieber, Sch�ttelfrost, Dyspnoeund Druckgef�hl im Brustbereich nach mehrst�ndiger Latenzzeit, rçntgenologischsichtbaren Ver�nderungen in der Peripherie der mittleren und unteren Lungenfel-der in Form von interstitieller Zeichnungsvermehrung und/oder (klein-)fleckigen,alveolaren Verdichtungen. Auskultatorisch hçrt man feinblasige Rasselger�usche.Hinzu kommen die weiteren Zeichen einer Lungenparenchymerkrankung, ins-besondere die Abnahme der Vitalkapazit�t und des CO-Transferfaktors (Diffusi-onskapazit�t). Wie bei Alveolitiden anderer Genese werden auch ein Abfall desSauerstoffpartialdruckes im arteriellen Blut nach Belastung und akute systemischeReaktionen, wie Myalgien und ein Anstieg der Leukozyten im peripheren Blut, be-obachtet. Ein �bergang in eine Lungenfibrose wurde bisher nur vereinzelt beob-achtet.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 153
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 139
IV. Weitere Hinweise
Empfindliche Personen kçnnen auch eine Bronchialobstruktion durch Isocyanateerleiden, wenn sich ihr Arbeitsplatz in grçßerer Entfernung zur Emissionsquelle befin-det oder in der Luftmessung keine Isocyanate festgestellt werden (Cave: Fehlmessun-gen u. a. in Folge Aerosolbildung und Kondensation, z. B. von MDI, NDI, Polyisocya-naten). Nach Beendigung der Exposition bilden sich die respiratorischen Symptomeetwa in der H�lfte der F�lle wieder vçllig zur�ck. F�r MDI gibt es einen BAT-Wert (s.aktuelle MAK- und BAT-Werte-Liste).
Differentialdiagnostisch sind insbesondere allergische Asthmaerkrankungen beiSensibilisierung gegen Pflanzenpollen, Hausstaubmilben, Tierhaare und das im mitt-leren Lebensalter charakteristischerweise nach Bronchialinfekten auftretende undfortbestehende Infekt-Asthma („Intrinsic-Asthma“) abzugrenzen. Eine Bronchial-obstruktion w�hrend des Umganges mit Isocyanaten kann auch anderweitig bedingtsein: z. B. durch terti�re aliphatische Amine, die als Katalysatoren bei der Weich-schaum- sowie bei der Kernsand-Herstellung Verwendung finden; durch Aerosolevon allergisierenden K�hlschmiermitteln oder durch Rizinusçl, das u. a. Gesteinsver-festigern zugesetzt wurde
Bei hoher Luftfeuchte kann ein bedeutender Teil der Isocyanate zu Aminen umge-baut werden (z. B. 2,4-TDI zu 2,4-Toluylendiamin = MAK-Liste III. KrebserzeugendeArbeitsstoffe, Kategorie 2). Ins Auge gelangte Isocyanat-haltige Spritzer kçnnenHornhautsch�digungen verursachen.
Urtikaria, Kontaktekzem und toxische Dermatitis treten insbesondere nach unge-sch�tztem Umgang mit Isocyanaten auf. Isocyanat-induzierte Hauterkrankungen fal-len unter die Nr. 5101 Anlage der BKV.
Die Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeiten ist nicht Voraussetzung f�r dieAnzeige als Berufskrankheit.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 156
142 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 16 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 12/1997, 30–31
Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid
Klinische Zuordnung:Gastroenterologie
Dimethylformamid (DMF, Ameisens�uredimethylamid, Formyldimethylamin) ist einLçsemittel, das aufgrund seiner hervorragenden physikochemischen Eigenschaftenbreiten industriellen Einsatz findet. An Arbeitspl�tzen liegt DMF als farblose Fl�ssig-keit vor. Bei einem relativ hohen Dampfdruck von 3,53 mbar bei 20�C gelangt DMFbeim offenen Umgang schnell in die Luft am Arbeitsplatz. Da DMF nur wenig geruchs-intensiv ist, entf�llt eine nennenswerte Warnwirkung bei niedrigen Konzentrationen.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
DMF ist keine nat�rlich vorkommende Substanz. Es ist mischbar mit Wasser und mitverschiedenen organischen Verbindungen. Aufgrund dieser physikochemischen Ei-genschaften ist es eines der am meisten verwendeten Lçsemittel. Hauptabnehmer f�rDMF ist die Kunstlederproduktion. DMF wird insbesondere aber auch in der Produk-tion von Polyacrylnitrilfasern, von Pflanzenschutzmitteln, von Speziallacken sowiebei der Kunststoffbeschichtung (Polyurethane) verwendet. In diesen Produktions-bereichen wird DMF als Lçsemittel, Apsorptionsmittel f�r Gase und als Synthese-Ausgangstoff eingesetzt Fr�her fand es auch Anwendung zur Herstellung von phar-mazeutischen und kosmetischen Produkten.
Neben der Aufnahme �ber die Atemluft wird DMF auch indirekt aus der Dampf-phase sowie bei direktem Hautkontakt perkutan leicht resorsorbiert.
II. Pathophysiologie
Sowohl bei dermaler als auch bei inhalativer Aufnahme wird DMF rasch im Organis-mus verteilt. Die Metabolisierung von DMF erfolgt durch mikrosomale Enzymsys-teme in der Leber. Als Hauptmetabolit erscheint im Harn N-Hydroxymethyl-N-Me-thylformamid. Der Metabolismus von DMF zeigt Wechselwirkungen mit demEthylalkoholabbau und eine hemmende Wirkung auf die Aldehyddehydrogenase.
Kritisches Zielorgan ist die Leber. Ergebnisse aus tierexperimentellen Untersu-chungen an verschiedenen Spezies best�tigen diese spezielle Organsch�digung unge-achtet des Aufnahmeweges (oral, inhalativ, dermal). Im Tierversuch �ußert sich dieHepatotoxizit�t makroskopisch in herdfçrmigen, �ber alle Leberbereiche verteilten,nekrotischen Ver�nderungen, besonders ausgepr�gt im Bereich der Leberpforte. Mi-kroskopisch imponieren die nekrotischen Areale durch eine Fibrose mit H�mosiderin-und Calziumablagerungen unter Beteiligung von Makrophagen mit scharfer Abgren-zung zu nicht gesch�digtem Gewebe. Die in tierexperimentellen Untersuchungen be-obachteten Myokard- und Nierensch�den sowie zentralnervçse Effekte wurden beimMenschen nicht beobachtet.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 157
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 143
Nach Kontamination grçßerer Hautareale mit fl�ssigem DMF wurde eine rascheinsetzende Irritation mit Hyper�mie beschrieben. Als weitere lokale Wirkungen sindEntfettung. Quellung und vermehrte Schuppung der Haut sowie Reizungen an denAugenbindeh�uten bekannt. Hinweise f�r eine sensibilisierende Potenz von DMF er-gaben sich bislang nicht.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Arbeitsmedizinische Erfahrungen mit DMF, gesammelt insbesondere bei akzidentiellhohen Expositionen (WHO 1991) und in epidemiologischen Studien (Redlich et al.1988, Fleming et al. 1990, Wang et al. 1991), weisen die Leber sowohl nach akuterals auch nach chronischer Einwirkung als kritisches Zielorgan einer DMF-Sch�di-gung aus. Die Leberzellsch�digung f�hrt zu biochemischen Ver�nderungen im Serum(z. B. Erhçhung der g-GT und Transaminasen). Im fortgeschrittenen Stadium kom-men Beschwerden wie �belkeit, Erbrechen, Appetits- und Gewichtsverlust hinzu. Esist schwierig, zwischen alkoholinduzierter und toxischer Hepatopathie andererGenese zu differenzieren. In Leberbiopsien zeigten sich mikrovesikul�re Fetteinlage-rungen und Ver�nderungen des Leberparenchyms ohne ausgepr�gte entz�ndliche In-filtrate. Der feingewebliche Gesamteindruck entsprach einer Lebersch�digung toxi-schen Ursprungs. Die subjektiven Beschwerden kçnnen reversibel sein.
IV. Weitere Hinweise
Insbesondere bei akuten Vergiftungen ist auch von Bluldruckver�nderungen, Tachy-kardien und EKG-Abnormit�ten berichtet worden. Bei gleichzeitigem Alkoholkon-sum kçnnen die bekannten Symptome der Alkoholintoleranz vom Disulfiramtyp(Flush-Syndrom) bereits durch Aufnahme geringer Mengen DMF schon bei Konzen-trationen unterhalb des MAK-Wertes auftreten. Als Ursache daf�r wird die hem-mende Wirkung von DMF auf die Aldehyddehydrogenase mit einer Akkumulationvon Acetaldehyd betrachtet. Tr�ger des HBs-Antigen reagieren mçglicherweise emp-findlicher auf eine DMF-Exposition.
V. LiteraturBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung:
Bekanntmachung einer Empfehlung des �rztlichen Sachverst�ndigenbeirats beim BMA – Sektion„Berufskrankheiten“ – zu Erkrankungen der Leber durch DimethylformamidBundesarbeitsblatt, H. 4 (1996), 29–31
Cai, S. X., Huang, M. Y. Xi, L. Q., Li, Y. L., Qu, J. B., Kawai, T., Yasugi,T., Mizunuma, K., Watanabe, T., Ikeda, M.:Occupational dimethylformamide exposure. 3. Health effects of dimethylformamide after occupa-tional exposure at low concentrationsInt. Arch. Occup. Environ. Health 63 (1992), 461–468
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 158
144 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 159
Henschler, D. (Hrsg.):DimethylformamidIn: Toxikologisch-arbeitsmedizinische Begr�ndung von MAK-Werten der Kommission zur Pr�funggesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen ForschungsgemeinschaftVCH Verlagsgesellschaft, Weinheim (1992)
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Lun, A., W. Schimmelpfennig, G. Roschlau:Zur Hepatotoxizit�t von DimethylformamidZ. klin. Med. 42 (1987), 2003–2006
Redlich, A., Beckett, W. S, Sparer, J., Barwick, K. W., Riely, C. A., Miller, H.. Sigal, S. L., Shalat, S. L.,Cullen, M. R.:Liver disease associated with occupational exposure to the solvent dimethylformamideAnn. Intern. Med. 108 (1988), 68–686
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Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten13 16 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 145
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 13 17 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 3/2005, 49–51
Polyneuropathie oder Enzephalopathie
durch organische Lçsungsmittel
oder deren Gemische
Klinische Zuordnung:NeurologiePsychiatrie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Toxische Polyneuropathien oder Enzephalopathien kçnnen durch die Einwirkungneurotoxischer organischer Lçsungsmittel entstehen. Gesichert neurotoxische Lç-sungsmittel sind nach dem gegenw�rtigen Kenntnisstand:– Aliphatische Kohlenwasserstoffe: n-Hexan, n-Heptan– Ketone: Butanon-2, 2-Hexanon– Alkohole: Methanol, Ethanol, 2-Methoxyethanol– Aromatische Kohlenwasserstoffe: Benzol, Toluol, Xylol, Styrol– Chlorierte aliphatische Kohlenwasserstoffe: Dichlormethan. 1,1,1-Trichlorethan,
Trichlorethen, Tetrachlorethen.Solche neurotoxischen Lçsungsmittel kçnnen in zahlreichen Produkten einzeln oderin Gemischen mit anderen Lçsungsmitteln zur Anwendung kommen (13):– zum Reinigen und Entfetten in der Metall-, Textil- und Kunststoffindustrie– als Lçsungsmittel f�r Farben, Lacke, Klebstoffe, Holzschutzmittel, Gummilçsun-
gen und zum Abbeizen– f�r zahlreiche chemische Reaktionen als Ausgangs- oder Zwischenprodukt oder
als Lçsungsvermittler.Organische Lçsungsmittel sind der in Regel leicht fl�chtig, d. h., dass sie auch beiniedrigen Temperaturen rasch verdampfen. Unter ung�nstigen Ventilationsbedingun-gen kçnnen deshalb hçhere Konzentrationen in der Atemluft resultieren.
Direkter Hautkontakt kann gegebenenfalls die Lçsungsmittelaufnahme steigern.
Erhçhte Risiken bestehen bei folgenden T�tigkeiten:Abbeizen, Versiegeln, großfl�chiges Aufbringen von Klebstoffen oder Lacken undgroßfl�chiges Auftragen von Polyesterharzen.
Besondere Risikoberufe sind:Bodenleger, Parkettleger, Handlaminierer, teilweise Tankreiniger, S�urebaumonteure.
II. Pathophysiologie
Organische Lçsungsmittel werden aufgrund ihrer Fl�chtigkeit vorwiegend �ber dieLungen eingeatmet, zum Teil auch durch die Haut resorbiert. Nach der Aufnahme ver-teilen sie sich im ganzen Organismus, insbesondere auch im Nervensystem. Anschlie-ßend werden sie zum Teil unver�ndert wieder abgeatmet und zum Teil metabolisiert
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 160
146 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
�ber die Nieren ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertzeiten differieren f�r die ein-zelnen Lçsungsmittel zwischen wenigen Stunden bis zu zwei Tagen (1).
Grunds�tzlich kçnnen alle organischen Lçsungsmittel �ber kurzfristige Mem-branwirkungen an der Nervenzelle zu fl�chtigen pr�narkotischen Symptomen und so-gar zu einer Narkose f�hren. Die eigentliche Dauerwirkung neurotoxischer Lçsungs-mittel mit dem Endergebnis einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie beruhtdagegen auf ihrer Biotransformation zu neurotoxischen Metaboliten. Die Angriffs-punkte dieser Metaboliten in der Nervenzelle sind unterschiedlich und zum Teil nochnicht gekl�rt. 2,5-Hexandion als neuroxischer Metabolit von n-Hexan und Methyl-butylketon beeintr�chtigt z. B. den axonalen Transport. Folgen sind zun�chst Funk-tionsstçrungen (Par�sthesien, Sensibilit�tsausf�lle), im weiteren Verlauf auch mor-phologische Ver�nderungen mit prim�r axonalen Sch�digungen. Histologisch findensich große paranodale Axonauftreibungen, Akkumulation von Neurofilamenten,Glykogengranula. Außerberufliche neurotoxische Faktoren (z. B. Alkohol, Medika-mente oder Erkrankungen wie Diabetes mellitus) kçnnen diesen Verlauf beeinflussen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Polyneuropathie
Typisch f�r eine neurotoxische Polyneuropathie sind symmetrisch-distale, arm- undbeinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausf�lle mit strumpf- bzw.handschuhfçrmiger Verteilung. Anamnestisch ist wichtig, dass die Sensibilit�tsstçrun-gen von distal nach proximal aufsteigen und dass die Par�sthesien h�ufig nachts zu-nehmen. Objektiv lassen sich je nach Krankheitsauspr�gung distal symmetrische Sen-sibilit�tsstçrungen f�r Vibrationsempfinden, Lageempfinden, �sthesie, Algesie undZweipunktdiskrimination erkennen. Im weiteren Verlauf werden Reflexabschw�-chungen oder Areflexie, Stçrungen der autonomen Nervenversorgung, Verminderungder sensiblen und motorischen Nervenleitgeschwindigkeiten und distalen Latenzen so-wie neurogene Sch�digungsmuster im EMG nachweisbar. Die motorischen Ver�nde-rungen kçnnen sich darstellen als leichte motorische Schw�che bis hin zur vçlligenmuskul�ren L�hmung mit Muskelatrophie. Betroffen ist �berwiegend die Muskulaturim Bereich der H�nde und F�ße. In schweren F�llen kann es jedoch zu vollst�ndiger Te-traplegie und Befall der Atemmuskulatur kommen (1, 5, 12). Dagegen ist die Polyneu-ropathie durch Trichlorethen gekennzeichnet durch Sensibilit�ts- und Reflexverlustoder sensomotorische Ausf�lle im Versorgungsgebiet des Nervus trigeminus im Ge-sicht. Ein Befall des Nervus oculomotorius und des Nervus abducens kommt ebenfallsvor. Auch nach Trichlorethen – Einwirkung wurde eine periphere Polyneuropathie be-schrieben (6, 7). Die lçsungsmittelbedingte Polyneuropathie entwickelt sich i. d. R. inengem zeitlichem Zusammenhang mit der beruflichen Lçsungsmittelexposition. Aller-dings wurden vereinzelt Krankheitsverl�ufe berichtet, bei denen es 2–3 Monate nachAufgabe der gef�hrdenden T�tigkeit zu einer Verschlechterung der Bewegungsf�hig-keit kommt (4), so dass die klinische Diagnose der Polyneuropathie auch 2–3 Monatenach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit erstmals gestellt werden kann. Lç-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 161
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 147
sungsmittelbedingte Polyneuropathien verbessern sich nach Unterlassung der gef�hr-denden T�tigkeit h�ufig, nicht selten bleibt die lçsungsmittelbedingte Polyneuropathiejedoch klinisch nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit konstant oder ver-schlechtert sich (1, 4, 5, 11, 12, 14). Eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Er-krankung nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit schließt eine Verursachungdurch Lçsungsmittel nicht aus.
Differentialdiagnostisch ist in erster Linie an alkoholische oder diabetische Poly-neuropathien zu denken. Asymmetrische, multifokale, rein motorische oder autonomeNeuropathien schließen eine Verursachung durch Lçsungsmittel weitgehend aus.
Toxische Enzephalopathie
Eine toxische Enzephalopathie �ußert sich durch diffuse Stçrungen der Hirnfunktion.Konzentrations- und Merkschw�chen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstçrungen,Persçnlichkeitsver�nderungen oft mit Antriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstçrun-gen stehen im Vordergrund.
Im klinischen Verlauf unterscheidet man folgende Schweregrade (15):
Schweregrad I:Erschçpfung, Erm�dbarkeit, Konzentrationsschw�che, Merkschw�che, allgemeineAntriebsminderung.
Schweregrad II A:Ausgepr�gte und dauerhafte Persçnlichkeitsver�nderungen, zunehmende Merk- undKonzentrationsschw�che, Stimmungsschwankungen mit depressivem Einschlag, Af-fektlabilit�t. Nachweis testpsychologischer Leistungsminderungen.
Schwergrad II B:Zus�tzlich zu den unter II A aufgef�hrten psychischen Stçrungen lassen sich leichteneurologischc Befunde wie Tremor, Ataxie und andere Koordinationsstçrungen nach-weisen.
Schwergrad III:Demenz mit ausgepr�gten Intelligenz- und Ged�chtnisstçrungen, Nachweis hirn-atrophischer Ver�nderungen bei kranialer Computertomographie oder Kernspinto-mographie. Schweregrad III wird bei schweren exogenen (Alkohole) und endogenenIntoxikationen beobachtet. Auch nach chronischer Lçsungsmitteleinwirkung wurdenEnzephalopathien mit Hirnatrophie beschrieben (2, 9).
Toxische Enzephalopathien treten in der Regel noch w�hrend des Expositionszeitrau-mes auf. Mehrere Studien zeigen jedoch auch Jahre nach Unterlassung der gef�hrden-den T�tigkeit eine Zunahme der subjektiven Beschwerden sowie eine Verschlechte-
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148 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
rung der Ergebnisse psychologischer Testverfahren und der neurologischen Unter-suchungsergebnisse (2, 7, 10, 11). Hieraus folgt, dass die klinische Diagnose der lç-sungsmittelbedingten Enzephalopathie auch mehrere Jahre nach Unterlassung der ge-f�hrdenden T�tigkeit erstmals gestellt werden kann. Die lçsungsmittelbedingteEnzephalopathie kann sich nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit bessern,konstant bleiben oder verschlechtern (2, 3, 7, 10, 11). Eine Persistenz oder eine Ver-schlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit schließteine Verursachung durch Lçsungsmittel nicht aus.
Die Diagnose st�tzt sich auf die anamnestischen Angaben und den psychopatholo-gischen Befund. Wichtige anamnestische Hinweise sind Alkoholintoleranz und h�u-fige pr�narkotische Symptome im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lçsungs-mittelexposition (Benommenheit, Trunkenheit, M�digkeit, �belkeit, Brechreiz, aberauch Zust�nde von Euphorie). Der psychopathologische Befund muss durch psycho-logische Testverfahren objektiviert werden, die das Alter des Patienten ber�cksichti-gen. Bei diesen Testverfahren sollen untersucht werden: die pr�morbide Intelligenz,Aufmerksamkeits- und Ged�chtnisleistungen, Psychomotorik, Wesensver�nderungenund Befindlichkeitsstçrungen. Neurophysiologische Untersuchungen (EEG, evoziertePotentiale, Nervenleitgeschwindigkeit) sowie bildgebende Verfahren (Computerto-mogramm, Kernspintomogramm) ergeben bei den lçsungsmittelverursachten Enze-phalopathien in der Regel Normalbefunde. Sie sind jedoch f�r die Differentialdiag-nostik von Bedeutung. Erhçhte Werte im Biomonitoring (Lçsungsmittel oder derenMetabolite im Blut oder Urin) kçnnen die Diagnose st�tzen.
Differentialdiagnostisch sind in erster Linie eine Multiinfarkt-Demenz, ein Mor-bus Alzheimer und eine alkoholtoxische Enzephalopathie auszuschließen. Dar�berhinaus ist die gesamte Differentialdiagnostik exogener und endogener toxischer Enze-phalopathien, traumatischer Psychosyndrome, Affektpsychosen und neurotischerFehlentwicklungen zu ber�cksichtigen.
IV. Weitere Hinweise
Weitere Krankheitsmanifestationen �ber die Polyneuropathie und die Enzephalo-pathie hinaus, die bei beruflicher Einwirkung von Lçsungsmitteln oder deren Gemi-schen entstehen kçnnen, fallen nicht unter den Geltungsbereich dieser Berufskrank-heitennummer. Es sind dies z. B. epileptische Anf�lle durch Benzol, Parkinson-Syndrome durch Methanol und halluzinatorische Psychosen durch Toluol, Dichlor-methan und Tetrachlorethen. Sie kçnnen ggf. unter den Berufskrankheitennummernder jeweiligen Substanzen entsch�digt werden.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 163
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 149
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3. Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung:Bekanntmachung einer Empfehlung des �rztlichen Sachverst�ndigenbeirats beim BMA – Sektion„Berufskrankheiten“: „Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lçsungsmitteloder deren Gemische“.Bundesarbeitsblatt, H. 9, 44–49 (1996)
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15. WHO:Chronic Effects of Organic Solvents on the Central Nervous System and Diagnostic Criteria.Document 5, Copenhagen, 1985
Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten13 17 Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische
Lçsungsmittel
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 164
150 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
2 Durch physikalische Einwirkungen verursachteKrankheiten
21 Mechanische Einwirkungen
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 21 01 – Nr. 21 11 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 165
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 151
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 01 Anlage BKV
(Nr. 43/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1963, 24
Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie der Sehnen-
oder Muskelans�tze, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�rdie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�ch-lich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:Orthop�die
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Diese Erkrankungen kçnnen durch einseitige, langdauernde mechanische Beanspru-chung und ungewohnte Arbeiten aller Art bei fehlender oder gestçrter Anpassung ent-stehen. �berwiegend sind die oberen Extremit�ten, insbesondere die Unterarme, be-troffen.
II. Krankheitsbild und Diagnose
Es kçnnen auftreten:1. die Paratenonitis (Tendovaginitis) crepitans. Sie ist im wesentlichen eine Erkran-
kung des Sehnengleitgewebes mit Druck- und Bewegungsschmerz sowie f�hl-barem schneeballartigem Knirschen �ber dem betreffenden Sehnengebiet. Bevor-zugt ist die Umgebung der Strecksehnen der Finger, besonders des Daumens,betroffen.
2. Periostosen an Sehnenans�tzen (Epicondylitis und Styloiditis). Bei den Periostosen
finden sich ein umschriebener Druckschmerz am Muskelursprung bzw. Knochen-ansatzpunkt sowie eine Infiltration im Bereich des betroffenen Epicondylus undSpontanschmerz im erkrankten Gebiet.
3. in seltenen F�llen die Tendovaginitis stenosans. Hierbei f�hren die krankhaftenWandver�nderungen der Sehnenscheide zur Einengung des Sehnenfachs; vorwie-gend sind die Sehnenscheiden der Daumen betroffen.
Dupuytren’sche Kontraktur und Periarthritis humeroscapularis sind im allgemeinennicht auf berufliche Einfl�sse zur�ckzuf�hren.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Die �rztliche Beurteilung muß sich auf eine eingehende Anamnese, insbesondere Ar-beitsanamnese, st�tzen, außerberuflich gelegene Sch�digungsmçglichkeiten sind aus-zuschließen.
Unter Nr. 43 der Anlage zur 7. Berufskrankheiten-Verordnung sind nicht diejeni-gen Erkrankungen erfaßt, deren Entstehung auf rheumatische, toxische, fokaltoxi-sche und spezifisch oder unspezifisch infektiçse Grundlagen sowie �berwiegend aufkonstitutionelle und dispositionelle Faktoren zur�ckzuf�hren ist. Außerdem fallen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 166
152 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
hierunter nicht die Folgezust�nde degenerativer oder anderer Ver�nderungen an Ge-lenken, insbesondere der HWS.
Um die Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehnengleitgewebes sowie derSehnen- oder Muskelans�tze ggf. als Berufskrankheiten anerkennen zu kçnnen, m�s-sen diese zur Aufgabe der beruflichen Besch�ftigung oder jeder Erwerbsarbeit ge-zwungen haben.
„Berufliche Besch�ftigung“ liegt auch dann vor, wenn ein Arbeitnehmer seine Ar-beitskraft f�r eine gewisse Dauer in einem Besch�ftigungsverh�ltnis verwendet, dabeibestimmte Erfahrungen oder Fertigkeiten erworben und aus ihr zumindest einen we-sentlichen Teil seines Lebensunterhalts bestritten hat.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 167
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 153
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 168
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 2/1990, 135
Meniskussch�den nach mehrj�hrigen andauernden oder h�ufig wiederkehrenden, dieKniegelenke �berdurchschnittlich belastenden T�tigkeiten
Klinische Zuordnung:Orthop�die
I. Gefahrenquellen
Chronische Meniskopathien kçnnen anlagebedingt in unterschiedlichem Ausmaßauftreten, aber auch z. B. in urs�chlichem Zusammenhang mit verschiedenen Sport-arten (Fußball, Tennis, Skilaufen und -springen, Slalom). Im Berufsleben muss mit ei-ner �berdurchschnittlichen Belastung der Kniegelenke (s. unter II.), z. B. im Bergbauunter Tage. ferner bei Ofenmaurern, Fliesen- oder Parkettlegern, bei Rangierarbei-tern, bei Berufssportlern und bei T�tigkeiten unter besonders beengten Raumverh�lt-nissen gerechnet werden.
II. Pathophysiologie
Eine �berdurchschnittliche Belastung der Kniegelenke ist biomechanisch gebundenan eine– Dauerzwangshaltung, insbesondere bei Belastungen durch Hocken oder Knien bei
gleichzeitiger Kraftaufwendung oder– h�ufig wiederkehrende erhebliche Bewegungsbeanspruchung. insbesondere Lau-
fen oder Springen mit h�ufigen Knick-, Scher- oder Drehbewegungen auf grob un-ebener Unterlage.
Unter diesen Umst�nden werden die halbmondfçrmigen, auf den Schienbeinkopf-gelenkfl�chen nur wenig verschiebbaren Knorpelscheiben. insbesondere der Innenme-niskus, in verst�rktem Maße belastet. Dadurch kçnnen allm�hlich Deformierungen,Ern�hrungsstçrungen des bradytrophen Gewebes sowie degenerative Ver�nderungenmit Einbuße an Elastizit�t und Gleitf�higkeit der Menisken entstehen.
Ein derart vorgesch�digter Meniskus kann beim Aufrichten aus kniender Stellung,bei Drehbewegungen, beim Treppensteigen oder auch bei ganz normalem Gehen vonseinen Ansatzstellen ganz oder teilweise gelçst werden. Man spricht hier von Spon-tanlçsung aus Gelegenheitsursache.
Die berufsbedingte Meniskopathie kann als Folgeschaden auch zu Arthrosis defor-
mans f�hren. [„Gonarthrose“: Kap. I, S. 529/d. V.]
III. Krankheitsbild und Diagnose
Ein chronischer Meniskusschaden kann lange Zeit unbemerkt verlaufen, kann aberauch mit Schmerzen am Gelenkspalt. medial oder lateral, und sp�teren Funktionsstç-rungen einhergehen. Ein plçtzlich auftretender scharfer Schmerz, nicht selten kom-biniert mit Gelenksperre deutet auf eine Einklemmung hin. Ein Gelenkerguß kanndas Bild eines „Reizknies“ hervorrufen. Der Gelenkspalt ist h�ufig wulstartig ge-schwollen und druckschmerzhaft.
154 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 169
Die Diagnose ergibt sich aus Vorgeschichte und Befund bei meist typischem Be-schwerdebild. Die Untersuchung umfasst die allgemein anerkannten Verfahren ein-schließlich der verschiedenen „Meniskuszeichen“. Differentialdiagnostisch sind u. a.abzugrenzen:– Meniskusanomalien,– Osteochondrosis dissecans,– prim�re Arthropathien spezifischer oder unspezifischer Genese,– retropatellare Chondromalazien und– Einklemmungen von Synovialfalten und -zotten des Hoffa'schen Fettkçrpers.Verwechslungen mit der akut-traumatischen Form lassen sich oft durch die histologi-sche Untersuchung des Operationsproduktes richtigstellen (Kapillarsprossung, binde-gewebliche Vernarbung).
IV. Weitere Hinweise
Die berufsbedingte chronische Meniskopathie tritt fr�her auf als in der beruflich nichtbelasteten Bevçlkerung. Die Prognose unterscheidet sich nicht von derjenigen beichronischen Meniskopathien anderer Genese.
Die Abgrenzung gegen Entstehung durch Unfall kann gelegentlich Schwierigkeitenbereiten.
Eine gleichzeitig mit der Meniskopathie vorliegende Arthropathie spricht nicht ge-gen das Vorliegen einer Berufskrankheit.
V. LiteraturAndreesen, R. und W. Schramm:
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 155
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 03 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 3/2005, 51–53
Erkrankungen durch Ersch�tterung bei Arbeit mit Druckluftwerkzeugen oder gleich-artig wirkenden Werkzeugen oder Maschinen
Klinische Zuordnung:Orthop�die
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Diese Erkrankungen kommen bei Arbeiten mit bestimmten Werkzeugen oder Ma-schinen vor, die durch Vibrationen mit vorrangig tiefen Frequenzanteilen (8–50 Hz)erzeugte Schwingungsenergie �ber die Handgriffe auf das Hand-Arm-Schulter-System�bertragen. L�ngere Einwirkungen solcher „Hand-Arm-Schwingungen“ kçnnen pa-thologische Ver�nderungen an den Gelenken und Knochen des Hand-Arm-Schulter-Systems verursachen.
Gefahrenquellen sind z. B. bei Arbeiten mit schlagenden Werkzeugen, Ger�tenoder Maschinen gegeben, zu denen u. a. Aufbruchh�mmer, Abbauh�mmer, schwereMeißelh�mmer, Gleisstopfer, Bohrh�mmer, Vibrationsstampfer und Bodenverdichterz�hlen, sofern die �bertragenen Schwingungen in dem genannten Frequenzbereich lie-gen. Solche Ger�te werden u. a. im Hoch- und Tiefbau, im Tunnelbau, in Steinbr�-chen und bei der Steinbearbeitung, im Bergbau, in Kesselschmieden, Gussputzereiensowie im Schiffs- und Straßenbau verwendet. F�r die „gleichartige Wirkung“ ist esunerheblich, ob diese Ger�te pneumatisch, elektrisch oder hydraulisch angetriebenwerden. Dagegen ist f�r Arbeiten mit einfachen handgef�hrten Hammer- und Meißel-werkzeugen nicht generell eine „gleichartige Wirkung“ zu unterstellen.
II. Pathophysiologie
Der Sch�digungsmechanismus an den Knochen und Gelenken beruht vorwiegend aufgleichfçrmigen oder auch regellosen mechanischen Schwingungen und Stçßen, soferndiese bei starker Ankoppelung (Greif-, Andruck- und Haltekr�fte) der H�nde an denWerkzeuggriffen tieffrequente Schwingungsenergie �bertragen, so dass das Hand-Arm-System zu Schwingungen angeregt wird. Diese bewirken eine hohe mechanischeBelastung der Knochen und insbesondere der Gelenke in Form von Druck- und Zug-kr�ften, die zu einer st�ndigen Stauchung und Streckung der Gelenkgewebe f�hren.An den mechanisch belasteten Gelenkknorpelfl�chen kann es zu einem vermehrtenAnfall von Knorpelabriebprodukten, Rissbildungen und subchondralen Knochenne-krosen mit Einbruch von Gerçllzysten kommen. Vermehrter Anfall von Knorpel-abriebprodukten f�hrt zu einer reaktiven Entz�ndung der Innenhaut der Gelenkkapsel(Membrana synovialis). Dabei werden mit den Entz�ndungsmediatoren zytolytischeEnzyme freigesetzt, die das Gleichgewicht zwischen knorpelgewebeauf- und -abbau-enden Prozessen stçren, die Knorpelsubstanz sch�digen und den Aufbrauch von Knor-pelgewebe beschleunigen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 170
156 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Vibrationssch�den kçnnen sich am Handgelenk, am Ellenbogengelenk und amSchultereckgelenk (Akromioklavikulargelenk) manifestieren. Es entwickeln sich typi-scherweise degenerative Ver�nderungen (Arthrosis deformans), wobei besonders dasEllenbogengelenk und das Handgelenk, selten auch das Schultereckgelenk betroffensind.
Neben den degenerativen Ver�nderungen der Gelenke kçnnen die folgenden Son-derformen der vibrationsinduzierten Sch�digungen auftreten:– die aseptische Nekrose des Os lunatum (Synonym: Mondbeinnekrose, Lunatum-
malazie, KIENB�CK-Krankheit),– der Erm�dungsbruch des Os scaphoideum (Synonyme: Kahnbein, fr�her auch Os
naviculare) mit der mçglichen Folge einer Falschgelenkbildung (Kahnbeinpseu-darthrose),
– die Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk.Am schwingungsbelasteten Handgelenk f�hren die Bremswirkung der Elle gegen�berder Speiche und die Kraft�bertragung von Elle zu Speiche dazu, dass die arthrotischenVer�nderungen h�ufig das distale Ellen-Speichen-Gelenk betreffen.
Die aseptische Nekrose des Mondbeines wurde vorwiegend bei Besch�ftigtennachgewiesen, die mit Drucklufth�mmern arbeiteten (BETZEL, 1964). F�r ihre Ent-stehung werden Durchblutungsstçrungen sowohl durch Makro- als auch durch Mi-krotraumen verantwortlich gemacht.
Am Kahnbein kann durch die anhaltende Traumatisierung bei Arbeiten mitDrucklufth�mmern oder gleichartig wirkenden Ger�ten eine Erm�dungsfraktur ent-stehen.
Das Ellenbogengelenk wird durch tieffrequente Schwingungen besonders belastet,wenn es beim Halten des Werkzeugs gebeugt ist. Hierdurch erfolgt eine �nderung derVektoren der einwirkenden Kr�fte. Die von den Werkzeugen �bertragenen Schwin-gungen kçnnen im Bereich des Ellenbogengelenkes zu Arthrosen und gelegentlich zueiner subchondralen aseptische Knochennekrose (Osteochondrosis dissecans) im Be-reich der besonders belasteten Gelenkfl�chen f�hren.
Am Schultereckgelenk geht die sch�digende Wirkung der Schwingungsbelastunginsbesondere von Scherbewegungen aus, die bereits fr�hzeitig degenerative Ver�nde-rungen verursachen kçnnen. Parallel dazu finden sich Knorpeldefekte mit subchon-draler Sklerosierung und Ausbildung von Randosteophyten.
III. Krankheitsbilder und Diagnosen
Arthrotische Ver�nderungen im Bereich der Handgelenke
Typische Fr�hzeichen der beginnenden vibrationsinduzierten Erkrankung sindSchmerzen im Bereich der Handgelenke. Beweglichkeitseinschr�nkungen und in bild-gebenden Verfahren nachweisbare arthrotische Ver�nderungen, oft mit einer Entrun-dung des Ellenkçpfchens, treten immer erst viel sp�ter auf.
Differentialdiagnostisch sind Arthritiden und Arthrosen anderer Genese, ins-besondere infolge posttraumatischer Fehlstellungen, auszuschließen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 171
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 157
Mondbeinnekrose (Lunatummalazie, Morbus Kienbçck)
Die Mondbeinnekrose beginnt meist mit zunehmenden, insbesondere belastungs-abh�ngigen Schmerzen im Handgelenk. Typischerweise findet sich ein umschriebenerDruckschmerz dorsal �ber dem Mondbein. H�ufig kann eine Einschr�nkung der Dor-salextension der Hand, in sp�ten Stadien gelegentlich auch eine leichte dorsaleSchwellung, beobachtet werden. Der aktive Faustschluss sowie das Strecken undSpreizen der Finger sind gestçrt.
Die Mondbeinnekrose kann isoliert, aber h�ufig auch zusammen mit in bildgeben-den Verfahren nachweisbaren Arthrosen am distalen Ellen-Speichen-Gelenk (STEIN-H�USER und ABELE, 1974) vorkommen.
W�hrend das Fr�hstadium einer Mondbeinnekrose rçntgenologisch meist nochnicht nachweisbar ist, l�sst es sich bereits im Szintigramm und im Magnetresonanzto-mogramm darstellen. Die Einteilung verschiedener Stadien erfolgt nach den Ver�nde-rungen im Nativrçntgenbild sowie dem Magnetresonanztomogramm unter Ber�ck-sichtigung therapeutischer Gesichtspunkte [siehe „Leitlinie Lunatumnekrose (MorbusKienbçck)“ der Deutschen Gesellschaft f�r Handchirurgie].
Die Differentialdiagnose kann bei uncharakteristischen Beschwerden und anf�ng-lich negativem Befund bildgebender Verfahren schwierig sein.
Erm�dungsbruch des Kahnbeins und Kahnbeinpseudarthrose
Erm�dungsbr�che des Kahnbeins kçnnen symptomlos verlaufen und stellen dann ei-nen Zufallsbefund in Form der Kahnbeinpseudarthrose dar. Meist finden sich starke,zunehmend belastungsabh�ngige Schmerzen dorsal und palmar �ber dem Kahnbein,besonders jedoch in der Tabatire (Tabatire-Druckschmerz). Es besteht neben einemDruck- und Bewegungsschmerz auch ein Stauchungsschmerz besonders des Daumensund gelegentlich des Zeigefingers. Auftreten kann auch eine Schwellung besondersdorsal und in der Tabatire. Bei radialer oder ulnarer Abwinkelung des Handgelenkeskann die Instabilit�t des Kahnbeins zwischen Daumen und Zeigefinger getastetwerden.
Der Nachweis einer Erm�dungsfraktur oder einer Pseudarthrose des Kahnbeinserfolgt in aller Regel mittels bildgebender Verfahren. Zu empfehlen sind Kahnbein-spezialaufnahmen (L�cke zwischen Kahn- und Mondbein im a.-p.-Strahlengang, Ver-kippung des Mondbeins nach dorsal oder palmar im seitlichen Bild), um die Instabili-t�t der proximalen Reihe bei zus�tzlicher Bandverletzung zu sichern. Im Fr�hstadiumder Erm�dungsfraktur des Kahnbeins kann nur die Skelettszintigraphie positiv sein.
Die Abgrenzung dieser Befunde gegen�ber gleichartigen Ver�nderungen anderer�tiologie erfordert eine besonders ausf�hrliche Anamnese. Die Kahnbeinpseudar-throse ist meist Folge einer �bersehenen oder falsch behandelten Kahnbeinfraktur(ANDREESEN, 1964). Nach traumatischer Kahnbeinfraktur kann sich eine sekun-d�re Zyste um den Frakturspalt ausbilden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 172
158 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Arthrose des Ellenbogengelenks
Zu Beginn der Arthrose bestehen belastungsabh�ngige Schmerzen und Muskelver-spannungen, die vom Gelenkraum oder von den periartikul�ren Weichteilen ausgehenkçnnen. H�ufig ist die Schmerzhaftigkeit der �berlasteten Strukturen nur durch Pal-pation feststellbar. Entz�ndungen der Innenhaut der Gelenkkapsel (Membrana syno-vialis) mit tastbarer Schwellung und ggf. mit Ergussbildung sind ein klinisch relevan-tes Zeichen der aktivierten Arthrose. Sie kann intermittierend auftreten, wobei f�r dieArthrose ein Wechsel von schmerzhaften und schmerzarmen Episoden typisch ist.Im fortgeschrittenen Stadium der Arthrose kommt es zum Bewegungsschmerz undschließlich auch zum Ruheschmerz sowie zu passiver Bewegungseinschr�nkung mitStreck- und Beugedefizit. Schmerzen bei passiver Bewegung gehen insbesondere vonder Gelenkkapsel aus (Kapselmuster). Bei aktiver Bewegung auftretende Schmerzengehen auf Verspannungen der Muskulatur und Stçrungen im Bereich der periartikul�-ren Sehneninsertionen zur�ck (Periarthrose). Ruheschmerz ist bei der Arthrose des El-lenbogengelenks vorrangig auf eine Entz�ndung im Bereich der Gelenkkapsel zur�ck-zuf�hren.
In bildgebenden Verfahren finden sich typische degenerative Ver�nderungen mitGelenkspaltverschm�lerungen und osteophyt�ren Ausziehungen. Das Radiuskçpf-chen kann eine durch Verdickung imponierende Deformierung aufweisen; h�ufig be-steht eine Vergrçßerung des Kronenfortsatzes der Elle (LAARMANN, 1977). Beifortgeschrittenen degenerativen Ver�nderungen kçnnen sich freie Gelenkkçrper ar-throtischen Ursprungs bilden. Differentialdiagnostisch sind Arthrosen anderer Ge-nese auszuschließen.
Osteochondrosis dissecans im Ellenbogengelenk
Bei dieser Erkrankung handelt es sich zun�chst um eine umschriebene subchondraleaseptische Knochennekrose. Aus diesem Bereich kann sich ein Knochen-Knorpelst�ckherauslçsen und zur Bildung eines freien Gelenkkçrpers (Maus) sowie eines mulden-fçrmigen Defekts (Mausbett) f�hren. Erst das Auftreten von freien Gelenkkçrpernf�hrt zu Einklemmungserscheinungen und schmerzhafter Bewegungseinschr�nkung.Eine durch mechanische Schwingungen und Stçße induzierte Osteochondrosis dis-secans setzt nicht das gleichzeitige Vorhandensein arthrotischer Ver�nderungen vo-raus. Differentialdiagnostisch sind traumatische Ursachen und eine Gelenkchondro-matose auszuschließen.
Arthrose des Schultereckgelenks
Anamnestisch und klinisch stehen Schmerzen der Schulter im Vordergrund, die be-sonders nach �berlastung auftreten. Bei der klinischen Untersuchung besteht h�ufigein Druckschmerz �ber dem Akromioklavikulargelenk. In bildgebenden Verfahrenfinden sich Arthrosezeichen mit osteophyt�ren Ausziehungen am distalen Gelenk-bereich, ggf. mit Ausbildung eines Sporns. Differentialdiagnostisch sind posttrauma-tische Arthrose, infektiçse und rheumatoide Arthritis und Osteolysen auszuschließen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 173
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 159
IV. Weitere Hinweise
Eine Anzeige des Verdachtes auf das Vorliegen einer Berufskrankheit nach der Num-mer 2103 ist begr�ndet, wenn eine entsprechende Arbeitsanamnese und ein Befundgem�ß Kapitel III vorliegen.
F�r die Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen wird davon ausgegan-gen, dass die degenerativen Ver�nderungen von der Dauer und der Intensit�t derSchwingungsbelastung sowie von der St�rke der Ankoppelung der H�nde an den vi-brierenden Handgriffen abh�ngig sind. Eine kumulative Dosis der Schwingungsbelas-tung des Hand-Arm-Systems, die als Richtwert f�r die Begr�ndung einer Erkrankungim Sinne der BK-Ziffer 2103 herangezogen werden kçnnte, l�sst sich nach derzeiti-gem Erkenntnisstand nicht festlegen. Die zun�chst bei Bergleuten gewonnenen Erfah-rungen weisen darauf hin, dass die arbeitsbedingten arthrotischen Ver�nderungen anden Gelenken in der Regel nicht vor Ablauf einer zweij�hrigen, t�glich wiederholtenmehrst�ndigen Arbeit mit hoher Schwingungsintensit�t auftreten.
F�r den Erm�dungsbruch des Kahnbeins, die Mondbeinnekrose und die Osteo-
chondrosis dissecans sind Mindestexpositionszeiten derzeit nicht bekannt.Die arthrotischen Gelenksch�den kçnnen auch noch nach Aufgabe der gef�hrden-
den T�tigkeiten in Erscheinung treten oder sich verschlimmern.
V. LiteraturAndreesen, R. H.:
Entstehung, Begutachtung und Behandlung der Kahnbeinpseudarthrose.Arch. Klin. Chir. 309 (1964), 56
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 174
160 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 175
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 161
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 04 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 72–73
Vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen an den H�nden, die zur Unterlassungaller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, Verschlimmerung oderdas Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:AngiologieNeurologie
Vibrationen sind mechanische Schwingungen, die durch hohe Frequenzen mit nied-riger Amplitude, Ersch�tterungen solche, die durch niedrige Frequenzen mit hoherAmplitude gekennzeichnet sind. Beide Begriffe �berlappen sich.
I. Gefahrenquellen
Vibrierende, von Hand gef�hrte technische Werkzeuge und Maschinen kçnnenDurchblutungsstçrungen an den Fingern verursachen. Nach praktisch-klinischen Er-fahrungen werden diese Stçrungen bei Vibrationen mit Frequenzen haupts�chlich imBereich von etwa 20 bis 1 000 Hz beobachtet.
Derartige Vibrationen treten auf z. B. bei der Bedienung von hochtourigen Boh-rern, Meißeln, Fr�sen, S�gen, Schneide-, Schleif- und Poliermaschinen sowie Niet-h�mmern und Anklopfmaschinen, ferner bei Handrichtern.
Bevorzugt eingesetzt werden diese pneumatisch oder motorbetriebenen Arbeits-mittel in der Forstwirtschaft, dem Hoch- und Tiefbau, der metallverarbeitenden In-dustrie und im Schiffsbau.
II. Pathophysiologie
Durch die Einwirkung von Vibrationen kann es an der betroffenen Hand zu Sch�denan den Gef�ßen und/oder peripheren Nerven kommen. Die Krankheitsbezeichnung„Vibrationsbedingtes Vasospastisches Syndrom (VVS)“ dr�ckt die urs�chlichen Be-ziehungen aus. Fr�her verwendete Synonyme waren meist deskriptiver Art: „Weißfin-
ger-Krankheit“, „traumatisches Raynaud-Ph�nomen“. Im Schrifttum finden sich fer-ner die Bezeichnungen „Traumatic Vasospastic Disease (TDV)“ bzw. „VibrationInduced White Finger (VWF)“ sowie Vibrations-Syndrom.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das Krankheitsbild mit anfallsartig und çrtlich begrenzt auftretenden Stçrungen der
Durchblutung und Sensibilit�t an den H�nden tritt im allgemeinen nach einigen Mo-naten bis Jahren auf. Es besteht eine Abh�ngigkeit von Dauer und Intensit�t der t�gli-chen Exposition. Meist treten die Beschwerden im Winterhalbjahr bei Arbeitsbeginnauf. Typischerweise werden die Anf�lle durch K�lteeinfluß beg�nstigt, in fortgeschrit-tenen Stadien auch unabh�ngig von der Arbeit.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 176
162 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Die Anfallsh�ufigkeit variiert von vereinzeltem bis zu t�glich mehrmaligem Auf-treten. Die Dauer der vasomotorischen Stçrungen betr�gt einige Minuten bis mehrereStunden und kann durch Aufw�rmen verk�rzt werden.
Die Symptome der chronisch-intermittierend auftretenden Durchblutungsstçrun-
gen sind çrtlich begrenzt auf den Teil der Hand, der die Vibrationen haupts�chlichaufnimmt. In den meisten F�llen sind betroffen die Finger II bis V der Halte- und Be-dienungshand. Nur ausnahmsweise treten Beschwerden im Daumen und in der Hohl-hand auf. Die �berwiegende Zahl der Patienten gibt einseitig bestehende Stçrungen
der Durchblutung und Sensibilit�t an: Absterbe- und K�ltegef�hl bei Weißwerden derFinger mit Schw�che und Steifigkeit. Cyanotische Verf�rbung und sp�tere Rçtungmit W�rmegef�hl sind nicht obligat. Paraesthesien in Form von Nadelstichen werdenoft beschrieben. Die Ausbreitung und R�ckbildung dieser Mißempfindungen erfolgtinnerhalb von Minuten von den Fingerspitzen nach proximal. Komplikationen in-folge trophischer Stçrungen treten bei vibrationsbedingten Durchblutungsstçrungenpraktisch niemals auf. Zwischen den nur anfallsweise auftretenden Durchblutungs-
stçrungen sind die davon betroffenen Personen beschwerdefrei.Die Diagnose der Erkrankung ist im beschwerdefreien Intervall schwierig: Inspek-
tion und Palpation ergeben keine f�r die Krankheit charakteristischen Ver�nderun-gen. Sie sind aus differential-diagnostischen Gr�nden jedoch wichtig. Bedeutsam istdie Arbeitsanamnese und die genaue Beschreibung der Beschwerden im zeitlichenund çrtlichen Verlauf. Die Durchf�hrung eines Provokationstests (z. B. Kaltwasser-test bei 12� C) ist erforderlich. Eine Objektivierung der arbeitsbedingten Durchblu-
tungsstçrung wird ermçglicht durch die Messung der Hauttemperatur, die Bestim-mung der Wiedererw�rmungszeit, den Fingernagel-Preßversuch und neurologischeUntersuchungen mit Pr�fung der Sensibilit�t und Motorik. Erg�nzend kçnnen sphyg-momanometrische Untersuchungen und speziellere Tests, die jedoch standardisiertsein sollten, durchgef�hrt werden. Rçntgenaufnahmen der Hand zeigen keine f�rdiese Erkrankung spezifischen Ver�nderungen.
IV. Weitere Hinweise
Die chronisch-rezividierend und çrtlich begrenzt auftretenden vibrationsbedingtenStçrungen der Durchblutung und Sensibilit�t sind aufgrund von Arbeitsanamnese,Beschwerdebild und Lokalbefund und nach Provokationstests zu diagnostizieren.Mit Hilfe des Krankheitsverlaufes und der erhobenen Befunde lassen sich differential-diagnostisch andere, nicht beruflich verursachte periphere Durchblutungsstçrungenabgrenzen: Der klassische M. Raynaud (typischerweise symmetrischer Befall der Fin-ger j�ngerer Frauen, infolge emotionaler oder K�lte-Reize), vasospastische Erkran-kungen wie Akrocyanose, Livedo reticularis und famili�r geh�uft zu beobachtendesog. kalte H�nde, die allesamt bei K�lteexposition auftreten, chronische Erkrankun-gen der Arterien (z. B. Thrombangiitis obliterans) und Zust�nde nach Ergotamin-Me-dikation bzw. Noradrenalin. Das Raynaudsche Ph�nomen beobachtet man meist alsplçtzlich auftretendes und zunehmende Beschwerden verursachendes Symptom bei
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 177
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 163
systematischen Erkrankungen ung�nstiger Prognose (Kollagenosen, Myelome). �hn-liche Symptome treten auf bei h�matologischen Erkrankungen, wobei Dysprotein�-mien und Kyroglobuline nachweisbar sind. Pr�disponierende Faktoren f�r die Mani-festation arbeitsbedingter Durchblutungsstçrungen sind K�lteexposition (auch in derFreizeit), Nikotinabusus und eine noch nicht weiter abgekl�rte individuelle Disposi-tion, wobei das Alter offensichtlich keinen Einfluß hat.
Die Prognose der Erkrankung ist abh�ngig von der Dauer des Bestehens und demSchweregrad der Beschwerden. Die intermittierenden Durchblutungsstçrungen sindanfangs reversibel und verlieren sich bei fehlender Exposition. Auch noch in fort-geschrittenen F�llen kann die Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeit zu einer Bes-serung der Erkrankung hinsichtlich Intensit�t, H�ufigkeit und Ausmaß der Beschwer-den f�hren.
V. LiteraturIwata, H.; Dupuis, H.; Freund, J. L.; Hartung, E.:
Bei Hand-Arm-Schwingungen auftretende Erkrankungen.Arbeitsmed., Sozialmed., Pr�ventivmed., 12, 295–296, 1973
Klosterkçtter, W.:Kriterien f�r vibrationsbedingte Durchblutungsstçrungen bei beruflichen T�tigkeiten.In: Ergonomische Aspekte der Arbeitsmedizin.Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeitsmedizin, Jahrestagung 1975, S. 191–199,Gentner-Verlag, Stuttgart
Laarmann, A.:Berufskrankheiten nach mechanischen Einwirkungen.Enke-Verlag, Stuttgart 1977
Lidstrçm, J.-M.:Periphere Kreislauf- und Nervenfunktionsstçrungen bei Personen, die Vibrationseinwirkungen �berdie H�nde ausgesetzt sind.Arbeitsmed., Sozialmed., Pr�ventivmed., 11, 142–144, 1974
McCallum, R. L:Vibration Syndrome.Brit. J. industr. Med. 28,90–99, 1971
Jancik, G.:Durchblutungsstçrungen der H�nde durch Vibrationen bei Holz- und Metallarbeitern.Verhandlungsbericht �ber den 13. Kongreß f�r Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 1973 in D�ssel-dorf.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 178
164 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 05 Anlage BKV
(Nr. 22/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1963, 21
Chronische Erkrankungen der Schleimbeutel durch st�ndigen Druck
Klinische Zuordnung:Orthop�die
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Schleimbeutel stellen eine Schutzvorrichtung des Organismus gegen Druck- undStoßbelastung dar. Fortgesetzte lang anhaltende, die Grenzen des Physiologischen�berschreitende Belastungen kçnnen zu chronischen Erkrankungen der Schleimbeutelf�hren. Hiervon kçnnen auch Schleimbeutel betroffen werden, die nicht in Verbin-dung mit Gelenken stehen.
Gef�hrdet sind vorwiegend Personen, die bei ihrer beruflichen T�tigkeit h�ufigDruckbelastungen im Bereich der Knie-, Ellbogen- und Schultergelenke ausgesetztsind. Dies trifft insbesondere f�r Bergleute, Bodenleger und -abzieher, Fliesenleger,Straßenbauer, Steinsetzer, Reinigungspersonal, Glas- und Steinschleifer sowie Lasten-tr�ger zu.
II. Krankheitsbild und Diagnose
In den betroffenen Schleimbeuteln kommt es zun�chst zu einer Reizung und Entwick-lung eines serçsen Exsudates, das sp�ter fibrinçs (flockig-getr�bt) umgewandelt wer-den kann. Da die degenerative Umwandlung mit kapill�rer Neubildung einhergeht,sind gelegentlich h�morrhagische Beimengungen im Exsudat mçglich. Nach l�ngererZeit kann sich ein Schleimbeutelhygrom bilden. Dieses besteht aus einem schwielig-fi-brçsen ein- oder mehrkammerigen Hohlraum, dessen Innenwand zotten- und war-zen�hnliche Erhebungen aufweist. Aus diesen kçnnen sich im weiteren Verlauf reis-korn�hnliche Kçrperchen entwickeln. Kalkeinlagerungen sind mçglich. Die Haut�ber diesen Schleimbeuteln ist oft schwielig ver�ndert. Im Bereich des erkrankten Ge-bietes sind mitunter Spannungsgef�hl und evtl. auch Bewegungsbehinderung vorhan-den. Sekund�rinfektionen mit nachfolgender Vereiterung des betreffenden Schleim-beutels kommen vor.
Differentialdiagnostisch sind die nicht beruflich verursachten Schleimbeutel-erkrankungen abzugrenzen. Dies sind z. B. Verletzungsfolgen, akute und spezifischeEntz�ndungen, chronische, mechanisch bedingte Erkrankungen der Schleimbeutel so-wie kçrpereigene Ursachen, wie Exostosen und Geschw�lste.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
F�r die Beurteilung der Erkrankung ist die Arbeitsanamnese wichtig. Nur selten tre-ten durch Komplikationen vor�bergehende oder bleibende Folgezust�nde auf.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 179
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 165
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 06 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 11/2002, 62–64
Drucksch�digung der Nerven
Klinische Zuordnung:Neurologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Eine arbeitsbedingte Drucksch�digung eines Nerven im Sinne dieser Berufskrankheitsetzt wiederholte mechanische und durch Druck sch�digende Einwirkung voraus. Be-troffen sind einerseits Nerven, die einer von außen kommenden anhaltenden Einwir-kung gut zug�nglich sind, andererseits Nerven, die wiederholten mechanischen Ein-wirkungen aufgrund einer anatomischen Enge nicht gen�gend ausweichen kçnnen,z. B. �ber einer knçchernen Unterlage, innerhalb eines knçchernen oder fibrçsen Ka-nals (z. B. Sulcus-ulnaris-Syndrom) oder an Sehnenkreuzungen. Es kçnnen sowohlmotorische als auch sensible Nerven oder Nervenanteile gesch�digt werden.Als Gefahrenquellen sind bekannt:– st�ndig wiederholte, gleichartige Kçrperbewegungen im Sinne von mechanischen
�berbelastungen,– �berwiegend haltungskonstante Arbeiten mit nicht oder nur schwer korrigier-
baren Zwangshaltungen, z. B. Daueraufst�tzen des Handgelenkes oder der Ell-bogen, Andr�cken eines Werkzeuges oder bestimmte Gelenkstellungen, die l�n-gere Zeit beibehalten werden m�ssen,
– �berbeanspruchung von Muskeln mit nachfolgender Druckeinwirkung auf Ner-ven,
– Dehnungs- und Traktionswirkungen mit indirekter Einwirkung auf den Nerven,– von außen kommende direkte Druck- oder Zugbelastungen,– wiederholte Einwirkungen von Schlag- oder Reibungskr�ften,– h�ufiges Greifen mit hohem Kraftaufwand.Es bestehen Hinweise auf vermehrt betroffene Berufsgruppen, z. B. Berufsmusiker,Schleifer, Metzger, Lebensmittelh�ndler, Besch�ftigte in der Tiefk�hlkostherstellung,Supermarktkassiererinnen und Bodenreiniger. Zus�tzlich gibt es zahlreiche Hinweiseauf bestimmte sch�digende berufliche Expositionsfaktoren (z. B. großer Kraftauf-wand bei Greifbewegungen, repetitive Bewegungen im Handgelenk, gebeugtes bzw.�berstrecktes Handgelenk). Diese Expositionsfaktoren treten in den untersuchten Be-rufsgruppen vermehrt auf, sind aber auch bei einer Vielzahl anderer T�tigkeiten zufinden.
Sch�den kçnnen auch durch das Aus�ben bestimmter Sportarten hervorgerufenwerden. Dies ist sowohl von �tiologischem Interesse als auch hinsichtlich der berufs-m�ßigen Aus�bung bestimmter sportlicher und artistischer T�tigkeiten zu beachten(z. B. Radfahrer, Golfer, Kegler, Reiter).
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166 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Im Weiteren werden nur diejenigen Druckeinwirkungen betrachtet, die aufgrundihrer Charakteristik einen diagnostizierbaren und evtl. bleibenden Nervenschadenhervorrufen.
Nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit sind akute traumatische Nervensch�di-gungen, das Karpaltunnel-Syndrom (CTS) sowie Nervensch�den durch bestimmte Er-krankungen, die �ber andere Berufskrankheiten erfasst sind (z. B. bandscheibenbe-dingte Erkrankungen der Hals- oder Lendenwirbels�ule oder Nervensch�digungendurch toxische Substanzen).
II. Pathophysiologie
Kennzeichnend f�r das Vorliegen einer Berufskrankheit gem�ß dieser Begr�ndung isteine eindeutige Beziehung zwischen der Lokalisation des einwirkenden Drucks unddem anatomisch zuzuordnenden klinisch-neurologischen Befund.
Jede Drucksch�digung am peripheren Nerv beginnt mit einem reversiblen Lei-tungsblock durch umschriebene funktionelle Ver�nderungen an den Markscheiden(Neurapraxie); die elektrische Erregbarkeit des Nerven bleibt distal der L�sion erhal-ten. Bei chronischem oder intermittierendem Weiterwirken der Druckbelastungkommt es jedoch zum umschriebenen Untergang der Myelinscheide (segmentale De-
myelinisierung), dem nosologisch typischen Stadium. Gleichzeitig oder sp�ter kann eszur Kontinuit�tsunterbrechung von Axonen und endoneuralen Strukturen bei erhal-tener Nervenh�lle (Axonotmesis) kommen. Eine komplette Durchtrennung von Ner-venfasern und Nervenh�lle (Neurotmesis) ist nicht zu erwarten.
Mehrfachen und unterschiedlich lokalisierten Einwirkungen auf den Nerven, sog.Double-Crush-Syndromen, wird ein kumulativer Effekt zugeschrieben: Ein gering-f�giger proximal lokalisierter Druck, der allein nicht ausreicht, um einen Schaden zuverursachen, kann die Empfindlichkeit der distal gelegenen Nervenanteile gegen�berDruck deutlich erhçhen.
III. Krankheitsbilder und Diagnosen
Das typische pathophysiologische und klinische Bild einer durch Druck verursachtenNervensch�digung ist ein Nebeneinander von segmentaler De- und Remyeliniserung.Betroffen sein kçnnen die Nervenwurzel, ein Plexusbereich (z. B. Plexus cervicalis,Plexus brachialis, Plexus lumbo-sacralis) und periphere Nerven. Isolierte Ausf�lle pe-ripherer Nerven (Mononeuropathien) haben nahezu immer mechanische Ursachen.Stçrungen im peripheren motorischen Neuron f�hren zum Syndrom des schlaffenL�hmungstyps, dessen Symptomatik vom Umfang und Schweregrad der Sch�digungabh�ngig ist. Fr�hsymptome sind Reizerscheinungen, Sensibilit�tsstçrungen undKraftminderung in den betroffenen Regionen. Bei fortgeschrittener Sch�digung sindMuskelatrophien und ausgepr�gte Paresen oder Paralysen zu beobachten.
Bei Drucksch�digungen von Nerven werden typischerweise schon in fr�hen Sta-dien anamnestische Angaben �ber „Kribbeln, pelziges Gef�hl, Ameisenlaufen, einge-schlafener Kçrperteil etc.“ oder „allgemeines Erm�dungsgef�hl“ gemacht. Ebenfalls
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 181
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 167
schon fr�h werden Schmerzen im Versorgungsgebiet des Nerven angegeben. Diesetreten h�ufig auch in Ruhe und nachts auf und kçnnen �ber den unmittelbar sch�di-genden Druckbereich hinausgehen. Typischerweise finden sich bei diesen Nervenl�-sionen auff�llige elektroneurographische und elektromyographische Befunde; beson-ders kennzeichnend ist eine herabgesetzte Nervenleitgeschwindigkeit.
Folgende Sensibilit�tsstçrungen sind zu unterscheiden:– Reizsymptome (z. B. Schmerzen, Par�sthesien, Dys�sthesien, Neuralgien, Hyper-
pathien),– Ausfallsymptome (z. B. An�sthesie, taktile Hyp�sthesie, thermische Hyp�sthesie
oder An�sthesie, Hypalgesie oder Analgesie, Oberfl�chen- oder Tiefensensibili-t�tsstçrungen),
– partielle Leitungsstçrungen mit pathologischem Funktionswandel (z. B. Kausal-gien, Phantomschmerzen).
Meist bestehen Reiz- und Ausfallsymptome sowie trophische Stçrungen nebeneinan-der. Partielle Leitungsstçrungen sind bei arbeitsbedingten Drucksch�digungen kaumzu erwarten. Bei Plexussch�den oder L�sionen peripherer Nerven, die auch autonomeFasern f�hren, ist auch mit Reiz- oder Ausfallserscheinungen der vegetativen Innerva-tion zu rechnen. Eine vollst�ndige Unterbrechung eines peripheren Nerven verursachtdann beispielsweise eine Anhidrose. Die Symptome sind auf das Versorgungsgebietdes jeweiligen Nerven begrenzt und besitzen somit hohe diagnostische Bedeutung. Zubeachten ist, dass die Symptomatik aufgrund der histologisch nachweisbaren Mark-scheidenver�nderungen �ber den Bereich der unmittelbaren Druckwirkung hinausrei-chen kann.
Mçgliche Symptome bei druckbedingten Nervensch�den sind ohne wertende Rei-hung nachfolgend aufgelistet:– Spontanschmerzen mit Ausstrahlung,– Klopfschmerzen im Nervenverlauf,– Druckschmerzempfindlichkeit,– �berempfindlichkeit,– Mißempfindungen,– Unempfindlichkeit,– Muskelschw�che, -atrophie,– Reflexausf�lle, – abschw�chungen,– Gestçrte Schweißsekretion,– Trophische Stçrungen von Haut- und Hautanhangsgebilden,– „Elektrisierende Sensationen“ durch Beklopfen des Nervenkompressionsortes (Ti-
nel'sches Zeichen),– Ver�nderungen der Nervenleitgeschwindigkeit,– Ver�nderungen im Elektromyogramm,– Entartungsreaktion in der Reizstromdiagnostik.
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168 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Nachstehend werden beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollst�ndigkeit f�r betrof-fene Nerven (N) die typischen morphologischen Sch�digungsmçglichkeiten, ggf. mitHinweisen auf anatomische Varianten (V), und bekannte arbeitsbedingte Belastungen(B) sowie ggf. bestimmte Krankheitsbilder aufgelistet:
1. Nervensch�den an der oberen Extremit�t
N.: Armplexusschaden im Wurzelbereich (C4) C5 – Th1
(Thoracic-outlet-Syndrom);V.: Engpassproblematik im Bereich der Skalenusl�cken, der kosto-klavikul�ren Pas-
sage und/oder des Korakoids;B.: Lastendruck auf der Schulter, Lastenzug am Arm, repetitive Abduktions- und
Adduktionsbewegungen im Schultergelenk, �berkopfarbeiten mit nach hintengestrecktem Arm, Spielen von Streichinstrumenten.
N.: N. axillaris
V.: Einengung der lateralen Achsell�cke;B.: Passiver Druck in der Axilla durch Hebel.
N.: N. medianus (mit Ausnahme des CTS)V.: Beeintr�chtigung der A. brachialis und des Muskelbauches des M. brachialis, su-
prakondyl�re Prozesse („Struthers ligament“), M. pronator teres, MuskelkopfM. flexor pollicis longus, M. interosseus anterior. Wird der Nerv in der Ellen-beuge oder proximal davon gesch�digt, fallen die Hand- und die langen Finger-beuger aus („Schwurhand“).Bei einer Sch�digung distal der Ellenbeuge kommt es vorwiegend zu Sensibili-t�ts- und vegetativ-trophischen Stçrungen, aber auch zu motorischen Stçrungen.
B.: Pronator-teres-Syndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen beigleichzeitigen repetitiven Fingerbewegungen, insbesondere Fingerflexion;Interosseus-anterior-Syndrom (Kiloh-Nevin): Forcierte Pronation mit gleichzei-tiger Beugung, Tragen von Lasten auf dem gebeugten Unterarm.
N.: N. musculocutaneus
V.: Meist im Rahmen einer Armplexussch�digung;B.: Tragen schwerer Lasten, am gebeugten Unterarm h�ngendes Gewicht, exzessi-
ves fortlaufendes Schrauben.
N.: N. radialis
V.: Axilla, Humerusschaft, M. triceps brachii, Radialistunnel bzw. M.supinator (Su-
pinatorsyndrom), Kompression des Ramus superficialis N. radialis. Wird derNerv proximal der Ellenbeuge gesch�digt, finden sich muskul�re Stçrungen beider Unterarmstreckung bis zu einem Totalausfall, Sensibilit�tsauff�lligkeitenund Supinationsstçrungen („Fallhand“). Beim Supinatorsyndrom finden sich
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 169
motorische Ausf�lle der Hand- und Fingerstrecker, aber keine Sensibilit�tsaus-f�lle.
B.: Axilla- und Oberarmkompression: Druck von Hebeln („Kr�ckenl�hmung“),chronische �berbeanspruchung des M. triceps brachii, z. B. bei Maurern, Zim-merleuten;Supinatorsyndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen bei extendier-tem Ellbogengelenk;Ramus superficialis (Cheiralgia paraesthetica):Repetitive Pro- und Supination mit Drehbewegungen, z. B. Wickeln, Blumenbin-den, Tçpferarbeiten; Druck auf den Unterarm bei gestrecktem Handgelenk, z. B.Steinetragen, Spielen von Tasteninstrumenten etc.
N.: N. suprascapularis
V.: Relative Fixation des Nerven in der Incisura scapulae mit mechanischem Rei-bungsschaden;
B.: Repetitive kombinierte Außen/Innenrotationsbewegungen in Abduktion zur Ge-genseite, z. B. Spielen von Musikinstrumenten, repetitive �berkopfarbeiten, ein-seitiges Heben und Tragen schwerer Lasten �ber der Schulter.
N.: N. thoracicus longus
V.: Untere Armplexussch�digung (C8, Th1) oder klavikul�rer Engpass;B.: Tragen starrer und schwerer Lasten auf den Schultern („Rucksackl�hmung“),
Arbeiten in Bauchlage, wuchtige Schl�ge mit schwerem Werkzeug.
N.: N. ulnaris
V.: Medialer Epikondylus bzw. Sulcus ulnaris, Muskelkopf M. flexor carpi ulnaris(Kubitaltunnelsyndrom), Guyon'sche Loge. Die motorischen Ausf�lle bei Ner-vensch�digungen proximal des Handgelenkes sind unter dem Begriff „Krallen-
hand“ bekannt.B.: Sulcus-ulnaris-Syndrom: von außen einwirkender Druck, z. B. bei aufgest�tzem
Ellbogen, Friktionstrauma im Sulcus durch repetitive Flexion und Extension imEllbogengelenk, z. B. bei Pianisten, Bl�sern und Saiteninstrumentalisten;Kubitaltunnel-Syndrom: Repetitive Bewegungen im Ellbogengelenk und Druck-einwirkungen am proximalen Unterarm bei gebeugtem Ellbogengelenk, z. B.H�mmern, Heben/Tragen;Guyon-Logensyndrom: Druck von Arbeitsmitteln im Hohlhandbereich, gele-gentlich mit Hyperextension im Handgelenksbereich verbunden, z. B. Kristall-glasschleifer, Elektronikarbeiter, Kellner.
2. Nervensch�den an der unteren Extremit�t
N.: Beinplexusschaden im Wurzelbereich Th12 – S5
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170 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
V.: N. ilioinguinalis beim Durchtritt durch die Mm. transversus abdominis und obli-quus internus abdominis, N. cutaneus femoris lateralis, N. obturatorius, N. is-chiadicus;
B.: Anhaltende Ventralbeugung des Rumpfes, anhaltend angespannte Bauchmusku-latur, Hyperflexion oder Hyperextension im H�ftgelenk, selten Druckparesendes N. ischiadicus, z. B. bei Reitern.
N.: N. tibialis
V.: Kompression unter dem Retinaculum flexorum (Tarsaltunnelsyndrom);B.: Enges Schuhwerk, langes Gehen unter Belastung, repetitive Fußbeugung und –
streckung, z. B. Pedalbet�tigungen, Arbeiten im Knien mit zur�ckgelegter Kçr-perhaltung, Arbeiten im Sitzen mit h�ngenden Beinen.
N.: N. peronaeus (N. fibularis)
V.: Oberfl�chliche Lage des Nerven am Capitulum fibulae;B.: Hocken und Knien, z. B. Fliesenlegen, Asphaltieren; l�ngerdauernde K�lteexpo-
sition.
3. Sonstige Nervensch�den
N.: N. facialis, N. trigeminus
V.: Druckneuropathie;B.: Druckbelastungen im Versorgungsbereich des Nerven, z. B. beim Gebrauch von
Blasinstrumenten (Ansatzstçrung, fokale Dystonie).Da im Lippenbereich sehr umschriebene Bezirke betroffen sein kçnnen, ist elek-troneurographisch – entgegen der gegenw�rtig �blichen Vorgehensweise – gege-benenfalls eine Ableitung mit Nadelelektroden und eine multilokul�re Reizungerforderlich.
IV. Weitere Hinweise
Beim Zusammenwirken von arbeitsbedingten und nicht arbeitsbedingten Faktorenmuß deren jeweilige Bedeutung abgewogen werden. Die wichtigsten differentialdiag-nostischen Erw�gungen sind nachstehend aufgef�hrt:– Anatomische Varianten (z. B. suprakondyl�re Prozesse, Halsrippe etc.),– angeborene Sch�den (z. B. Geburtsl�hmung d. Plexus),– Nervenverlaufsvarianten,– Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Neuritis, multiple Sklerose, Sy-
ringomyelie, Vorderhornprozesse etc.),– Idiopathische Fazialisparese,– Tendovaginitiden oder andere Erkrankungen des Sehnengleitgewebes,– Prim�re Muskelerkrankungen,– Infiltration durch Tumore (z. B.Pancoasttumor),– Bandscheibensch�den,
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 171
– Blutkrankheiten,– Frakturen und Frakturfolgen (z. B. Drucksch�den durch Gipsbandage, Fehlstel-
lungen),– Schnitt-, Scher-, Stich- und Quetschverletzungen,– Schwangerschaft,– Stoffwechselstçrungen oder Einwirkung toxischer Substanzen (z. B. Polyneuro-
pathie bei Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Urik�mie etc.),– Stromeinwirkung,– Thermische Sch�den,– Iatrogene Sch�den (z. B. Injektionen, Operation, Anwendung von Rçntgenstrah-
len, medikamentçse Therapien).
Eine sorgf�ltige Einzelfallpr�fung auf objektivierbare und reproduzierbare neurologi-sche und neurophysiologische Parameter, differentialdiagnostische �berlegungen so-wie eine sorgf�ltige Arbeitsanamnese sind unentbehrlich, um eine eindeutige Diag-nose vor allem im Hinblick auf eine arbeitsbedingte Ursache stellen zu kçnnen. Derelektroneurographische Nachweis einer Ver�nderung der peripheren Nervenleitf�hig-keit ist dabei in der Regel unverzichtbar. Die Expositionsvermeidung mit Ausschal-tung der sch�digenden Druckbelastung ist f�r die Heilung bzw. f�r die Besserung derSymptome unerl�ßlich.
V. LiteraturBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):
Wissenschaftliche Begr�ndung f�r die Berufskrankheit „Drucksch�digung der Nerven“.BArbBl. 9/2001, S. 59–63
Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven
Kapitel I Wissenschaftliche Begr�ndung f�r eine Berufskrankheitnach § 9 (2) SGB VII2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 186
172 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 07 Anlage BKV
(Nr. 45/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 34
Abrißbr�che der Wirbelforts�tze
Klinische Zuordnung:Orthop�die
I. Vorkommen und Entstehungsweise
Abrißbr�che der Wirbelforts�tze kommen haupts�chlich bei Schaufelarbeiten mit�berhohen und �berweiten W�rfen vor. Auch w�hrend eines Arbeitsschwungs, beiungewçhnlichen oder selten ausgef�hrten Kçrperbewegungen, z. B. beim Aufhebenoder Ablegen einer Last, kçnnen Abrißbr�che auftreten. Der Abriß kann auch bei ei-ner belanglosen Gelegenheit eintreten, n�mlich dann, wenn ein Erm�dungsschadenso weit fortgeschritten ist, daß der endg�ltige Bruch (Erm�dungsbruch) im degene-rierten Knochengewebe zu jedem Zeitpunkt mçglich ist.
F�r die Entstehung der Sch�digung, die auch als sogenannte Schipperkrankheit be-zeichnet wird, spielen kçrperliche �berlastung infolge erschwerter Arbeitsbedingun-gen, ungeschickte Handhabung des Arbeitsger�tes sowie mangelnde Arbeits�bungeine Rolle. Herabgesetzter Allgemeinzustand, statische Stçrungen im Bereich der Wir-bels�ule und konstitutionelle Faktoren kçnnen ebenfalls von Bedeutung sein.
�berwiegend werden die Dornforts�tze der unteren Hals- und Brustwirbels�ulegesch�digt. Diese sind durch den dort kreuzenden Kraftverlauf der Rumpf- undSchulterg�rtelmuskulatur einer besonders hohen Beanspruchung ausgesetzt.
Muskulçse Athletiker sind ebenso gef�hrdet wie Pykniker und Astheniker.Pathologisch-anatomisch entstehen sog. Erm�dungsbr�che durch Auflçsungsvor-
g�nge an den Knochenkristallen und durch Gestaltsver�nderungen der Knochenb�lk-chen mit kleincystischer Umwandlung der Knochenstruktur, die schließlich zu sicht-barer Spaltbildung f�hren.
II. Krankheitsbild und Diagnose
Dem Abrißbruch kçnnen Schw�chegef�hl und zeitweise auftretende ziehende und rei-ßende Schmerzen zwischen den Schulterbl�ttern, die oft als rheumatische Beschwer-den angesehen werden, vorausgehen.
Auch ohne solche Vorzeichen kann unter plçtzlich auftretenden heftigen, meiststechenden Schmerzen �berwiegend im Nacken oder zwischen den Schulterbl�tternder Abriß eines Dornfortsatzes erfolgen. Manchmal ist dies mit hçrbarem Knackenverbunden. Danach kommt es zu einer Steifhaltung der Schultern mit Zwangshaltungdes Kopfes nach vorn und unten; hierdurch ist u. a. das An- und Ausziehen der Klei-dung erschwert.
Die Rçntgenaufnahme zeigt einen meist senkrecht verlauf enden Aufhellungsspalt;das gelçste Bruchst�ck ist in der Regel etwas nach unten verzogen. Die Bruchfl�chen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 187
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 173
weisen je nach Alter des Erm�dungsbruchs einen mehr oder weniger ausgepr�gtenDegenerationssaum auf.
Vorwiegend betroffen ist der Dornfortsatz des 1. Brust- und des 7. Halswirbels,weniger h�ufig der des 6. Hals- oder 2. Brustwirbels.
Gelegentlich kommen Abrißbr�che gleichzeitig an mehreren Dornforts�tzen,mçglicherweise auch an Querforts�tzen von Wirbelkçrpern vor.
Differentialdiagnostisch abzugrenzen sind Frakturen als Folge einer einmaligen di-rekten (z. B. Schlag) oder indirekten (z. B. Zerrung) Gewalteinwirkung, pseudarthro-tische Spaltbildungen, seltener Frakturen infolge von Entz�ndungen, Tumoren u. a.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Die Diagnosestellung st�tzt sich auf die ausf�hrlich zu erhebende Anamnese, ins-besondere Arbeitsanamnese. Die Behandlungsdauer eines Abrißbruches betr�gt inder Regel wenige Wochen. Die Heilung erfolgt meist bindegewebig.
Sp�tsch�den sind im allgemeinen nicht zu erwarten.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 188
174 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 08 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 3/1993, 50–53
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch langj�hriges He-
ben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langj�hrige T�tigkeiten in extremer
Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, dief�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ur-s�chlich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:NeurologieOrthop�die
I. Gefahrenquellen
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule (LWS) haben eine multi-faktorielle �tiologie. Sie sind weit verbreitet und kommen in allen Altersgruppen, so-zialen Schichten und Berufsgruppen vor. Unter den beruflichen Einwirkungen, diebandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS wesentlich mitverursachen und ver-schlimmern kçnnen, sind fortgesetztes Heben, Tragen und Absetzen schwerer Lastenoder h�ufiges Arbeiten in extremer Beugehaltung des Rumpfes wichtige Gefahren-quellen. Derartige berufliche Belastungen der LWS kçnnen vor allem im untert�gigenBergbau, bei Maurern, Steinsetzern und Stahlbetonbauern, bei Schauerleuten, Mç-bel-, Kohlen-, Fleisch- und anderen Lastentr�gern, bei Landwirten, Fischern undWaldarbeitern sowie bei Besch�ftigten in der Kranken-, Alten und Behindertenpflegeauftreten. T�tigkeiten mit vergleichbarem Belastungsprofil sind als Gefahrenquelleebenfalls in Betracht zu ziehen. Eine zus�tzliche Gef�hrdung geht von Arbeiten mitHeben und Tragen schwerer Lasten und Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltungaus, wenn sie in verdrehter Kçrperhaltung durchgef�hrt werden.
Ein anderer bandscheibengef�hrdender Faktor im Arbeitsprozeß ist die Einwir-kung mechanischer Ganzkçrperschwingungen (vgl. BK-Nr. 2110).
Als konkurrierende Faktoren sind Fehlbelastungen der Lendenwirbels�ule durchaußerberufliche T�tigkeiten im Sinne von Abs. 1, z. B. im Hausbau, bei schwerer Gar-tenarbeit sowie Land- und Forstwirtschaft zu beachten, sofern diese entsprechendden in Abschnitt IV gegebenen Hinweisen ebenso langj�hrig durchgef�hrt werdenund mit dem Heben oder Tragen schwerer Lasten oder T�tigkeiten in extremerRumpfbeugehaltung verbunden sind. Weiterhin sind sportliche Aktivit�ten mit He-ben oder Tragen schwerer Lasten oder in extremer Rumpfbeugehaltung zu ber�ck-sichtigen.
II. Pathophysiologie
Die Zwischenwirbelabschnitte der unteren Lendenwirbels�ule sind beim Menschenschon w�hrend des gewçhnlichen Tagesablaufes erheblich belastet. Da die blutgef�ß-losen Bandscheiben hinsichtlich ihrer Ern�hrung besonders von den Diffusionswegenabh�ngen, sind sie f�r mechanische Dauerbelastungen sehr anf�llig. Anhaltende
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 189
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 175
Kompressionsbelastung reduziert die druckabh�ngigen Fl�ssigkeitsverschiebungenund beeintr�chtigt damit den Stoffwechsel im Bandscheibengewebe.
Durch Laktatakkumulation und ph-Verschiebung zu sauren Werten wird ein Mi-lieu erzeugt, das zytolytisch wirkende Enzyme aktiviert. Damit werden degenerativeVer�nderungen eingeleitet oder beschleunigt. In diesem Milieu werden die restitutivenProzesse gehemmt.
Unter Belastungen durch Heben und Tragen schwerer Lasten und Rumpfbeu-gehaltungen erhçht sich der intradiskale Druck um ein Mehrfaches. Nach intradis-kalen Druckmessungen und biomechanischen Berechnungen kçnnen Kompressions-kr�fte erreicht werden, die im Experiment an menschlichen Wirbels�ulenpr�paratenDeckplatteneinbr�che der Wirbelkçrper sowie Einrisse am Anulus fibrosus der Band-scheibe verursachen.
Eingetretene Sch�den am Bandscheibengewebe sind irreversibel. Sie setzen einenProzeß in Gang, in dem Bandscheibendegeneration, degenerative Ver�nderungen derWirbelkçrperschlußplatten, Massenverschiebungen im Bandscheibeninneren, In-stabilit�t im Bewegungssegment, Bandscheibenvorwçlbung, Bandscheibenvorfall,knçcherne Ausziehungen an den Randleisten der Wirbelkçrper, degenerative Ver-�nderungen der Wirbelgelenke sowie durch derartige Befunde hervorgerufene Wir-bels�ulenbeschwerden mit Funktionsstçrungen in einem �tiopathogenetischen Zu-sammenhang zu betrachten sind.
Die pathophysiologischen Kenntnisse werden durch zahlreiche epidemiologischeStudien gest�tzt, die belegen, daß mit ansteigender Wirbels�ulenbelastung die H�u-figkeit bandscheibenbedingter Erkrankungen erheblich zunimmt. Solche Unter-suchungen wurden insbesondere bei Lastentr�gern im Hafenumschlag, in Schlacht-hçfen und im sonstigen innerbetrieblichen Transport durchgef�hrt (Schrçter undRademacher 1971, Mach et al. 1976, Yoke und Ann 1979, Luttmann et al. 1988).Ebensogut belegt ist der Zusammenhang zwischen Heben oder Tragen schwerer Las-ten und der H�ufigkeit von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbels�ulebei Maurern, Steinsetzern, Stahlbetonbauern und anderen Besch�ftigten im Hoch-und Tiefbau (Yoshida et al. 1971, H�ublein 1979, Damlund et al. 1982, Riihim�ki1985, Heliçvaara 1987, Riihim�ki et al. 1989).Ein erhçhtes Risiko f�r die Entwick-lung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbels�ule konnte auchf�r Besch�ftigte in der Krankenpflege, insbesondere bei Pflegehelferinnen gesichertwerden (Videmann et al. 1984, Venning et al. 1987, Kaplan und Deyo 1988, Estryn-Behar et al. 1990). F�r einen �berblick �ber die Literatur sei auf Andersson (1991)verwiesen.
Weiterhin ergaben epidemiologische Studien bei Besch�ftigten, die beruflich in ex-tremer Rumpfbeugehaltung arbeiten m�ssen, ein erhçhtes Risiko f�r bandscheiben-bedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule. Solche Studien wurden bei Bergleu-ten durchgef�hrt, die unter Tage in Streben mit einer Hçhe von < 100 cm t�tig warenund dort h�ufig auch im Knien, Hocken und verdrehter Kçrperhaltung arbeiteten(Havelka 1980).Weitere Studien wurden bei Stahlbetonbauern im Hochbau durch-
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176 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
gef�hrt, die h�ufig in extremer Rumpfbeugehaltung mit einer Beugung des Oberkçr-pers aus der aufrechten Haltung von 90� und mehr arbeiteten (Wickstrçm et al.1985).
III. Krankheitsbild und Diagnose
Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen kçnnen unter bestimmten Bedingun-gen durch Heben und Tragen schwerer Lasten oder Arbeiten in extremer Rumpfbeu-gehaltung verursacht werden:
a) Lokales Lumbalsyndrom:Akute Beschwerden (Lumbago) oder chronisch-rezidivierende Beschwerden in derKreuz-Lendengegend. Bei letzteren werden ein Belastungs-, ein Entlastungs- sowie einHyperlordose-Kreuzschmerz (Facettensyndrom) unterschieden. Mçglich ist auch einepseudoradikul�re Schmerzausstrahlung in die Oberschenkelmuskulatur.
Pathomechanismus: Mechanische Irritation des hinteren L�ngsbandes (z. B. durchintradiskale Massenverschiebung), der Wirbelgelenkkapsel und des Wirbelperiosts.
Drei Gesichtspunkte der Diagnosesicherung sind zu beachten:– Die topische Diagnose umfaßt Ort, Art und Ausstrahlungscharakter der Be-
schwerden und liefert somit erste Voraussetzungen f�r die sinnvolle Planung desweiteren Untersuchungsganges.
– Die Strukturdiagnose beinhaltet verschiedene Untersuchungstechniken, um die ge-schilderten Beschwerden den pathogenetisch f�hrenden Strukturen zuzuordnen(Gelenke, Ligamente, Muskeln, Bandscheiben etc.).
– Die Aktualit�tsdiagnose ber�cksichtigt die im Vordergrund stehenden und den Pa-tienten am meisten belastenden Beschwerden, wie Bewegungseinschr�nkungen,Kraftabschw�chung, Sensibilit�tsstçrung, Schmerzsituation, vegetative Begleit-symptomatik oder psychische Einstellung.
Bei der Diagnostik eines lokalisierbaren Schmerzpunktes in einem Wirbels�ulenseg-ment m�ssen auch die Bewegungsstçrung, die Schmerzausstrahlung und die neurolo-gische Irritation diesem Segment zugeordnet werden kçnnen, erst dann kann eine ver-tebragene Ursache angenommen werden. Die Differentialdiagnostik ist dringenderforderlich, um wirbels�ulenabh�ngige Beschwerden abzugrenzen von extraver-tebralen Ursachen.
b) Mono- und polyradikul�re lumbale Wurzelsyndrome („Ischias“):Ein- oder beidseitig segmental ins Bein ausstrahlende, dem Verlauf des Ischiasnervenfolgende Schmerzen, meist in Verbindung mit Zeichen eines lokalen Lumbalsyn-
droms.Weitere Leitsymptome sind: Positives Lasgue-Zeichen, ischialgiforme Fehlhal-
tung, segmentale Sensibilit�tsstçrungen, Reflexabweichungen, motorische Stçrungen(vgl. Tab. 1).
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 177
Tab. 1: Leitsymptome bei lumbalen Wurzelsyndromen (nach Kr�mer 1986)
Segment Peripheres Motorische Reflexab- Nervendehnungs-
Schmerz- und Stçrung schw�chung zeichen
Hyp�sthesiefeld (Kennmuskel)
L1/L2 Leistengegend (Femoralis-
dehnungsschmerz)
L3 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- Femoralis-
Oberschenkel sehnenreflex dehnungsschmerz
L4 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- positives
Oberschenkel, sehnenreflex Lasgue-
Innenseite Unter- Zeichen
schenkel und Fuß
L5 Außenseite Un- Extensor hallucis positives
terschenkel, me- longus Lasgue-
dialer Fußr�cken, Zeichen
Großzehe
S1 Hinterseite Tricepes Achilles- positives
Unterschenkel, surae, sehnen- Lasgue-
Ferse, Fuß- Glut�en reflex Zeichen
außenrand,
3.–5. Zehe
Pathomechanismus: Mechanische Irritation der Nervenwurzel L3-S1 durch degenera-tive Ver�nderungen der lumbalen Bandscheiben (Bandscheibenvorwçlbung und -vor-
fall, Lockerung und Volumen�nderung der Bandscheiben, Instabilit�t im Bewegungs-segment, Randzacken an den Hinterkanten der Wirbelkçrper).
Es kommen auch hohe lumbale Wurzelsyndrome (L1 und L2) infolge einer Kom-pression der ventralen Spinalnerven�ste vor, sie sind insgesamt jedoch selten.
c) Kaudasyndrom:Sonderform der polyradikul�ren lumbalen Wurzelsyndrome mit Reithosenan�sthesie,Fehlen des Achillessehnenreflexes bei Schw�che der Wadenmuskeln, Schließmuske-
linsuffizienzen von Blase und Mastdarm; auch Potenzstçrungen kommen vor. Bei hç-herliegender L�sion: Fuß- und Zehenheberparesen, Quadrizepsschw�chen und Patel-
larsehnenreflexausf�lle. In aller Regel handelt es sich beim bandscheibenbedingtenKaudakompressionssyndrom um ein akutes Ereignis.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 192
178 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Pathomechanismus: Medianer Massenprolaps bei L3/L4 oder L4/L5 mit Kom-pression aller Nervenwurzeln der Cauda equina.
Die Diagnose wird auf der Grundlage der Vorgeschichte, der klinischen (vorwiegendorthop�disch-neurologischen) und der radiologischen Untersuchung gestellt. Ver-�nderungen im Rçntgenbild wie eine Verschm�lerung des Zwischenwirbelraumesund eine Verdichtung der Deck- und Grundplatten der Wirbelkçrper (Osteochondro-
se) oder Ver�nderungen der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrose) und Rand-w�lste an den Wirbelkçrpern (Spondylose) kçnnen auf bandscheibenbedingte Er-krankungen hinweisen. Ohne entsprechende chronisch-rezidivierende Beschwerdenund Funktionseinschr�nkungen begr�nden sie f�r sich allein keinen Verdacht auf dasVorliegen einer Berufskrankheit, da solche Ver�nderungen auch bei Beschwerdefreiennachweisbar sein kçnnen.
Bei der klinischen Untersuchung stehen Inspektion, Palpation, Funktionspr�fungund ein orientierender neurologischer Status im Vordergrund. Gegebenenfalls sindweiterf�hrende diagnostische Verfahren wie Elektromyographie, Myelographie,Computertomographie, Kernspintomographie oder Diskographie indiziert.
Auf eine sorgf�ltige Befunddokumentation ist zu achten (z. B. Meßblatt f�r dieWirbels�ule nach der Neutral-Null-Methode).
Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:
Vertebral Extravertebral
– Angeborene oder erworbene – gyn�kologische Krankheiten
Fehlbildungen der LWS – urologische Krankheiten
– Spondylolisthesis – Krankheiten des Verdauungssystems
– Spondylitis – H�ftbedingte Schmerzen (Koxalgie)
– Tumor (Metastase) – Erkrankungen des Ileosakralgelenkes
– Osteoporose – Tumoren (z. B. retroperitoneal)
– Fraktur – Spritzensch�digung
– Kokzygodynie – diabetische Neuropathie
– Wirbelfehlbildungen – arterielle Durchblutungsstçrungen in den
– Idiopathische Wirbelkanalstenose Beinen
– Fluorose (BK-Nr. 1308) – Aortenaneurysma
– Morbus Paget – statische Beinbeschwerden durch
– Morbus Bechterew Fußdeformierungen, Achsenabweichungen
oder Beinl�ngendifferenzen
– Neuropathien
– psychosomatische Erkrankungen
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 179
IV. Weitere Hinweise
Die Beurteilung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbels�uleim Hinblick auf berufliche Entstehungsursachen stellt sich nicht selten als schwierigesProblem dar. Der wichtigste Grund daf�r ist die Tatsache, daß degenerative Ver�nde-rungen der Wirbels�ule unabh�ngig vom Heben und Tragen schwerer Lasten h�ufigvorkommen.
Anhaltspunkte f�r den Begriff „schwere Lasten“ sind die folgenden aus pr�ventiv-medizinischen Gr�nden festgelegten Lastgewichte:
Tab. 2: Lastgewichte, deren regelm�ßiges Heben oder Tragen mit einem erhçhten Risiko f�r die Entwick-
lung bandscheibenbedingter Erkrankungen der Lendenwirbels�ule verbunden sind:
Alter Last in kg Last in kg
Frauen M�nner
15–17 Jahre 10 15
18–39 Jahre 15 25
ab 40 Jahre 10 20
Diese Werte gelten f�r Lastgewichte, die eng am Kçrper getragen werden. Bei weitvom Kçrper entfernt getragenen Gewichten, z. B. beim einh�ndigen Mauern von Stei-nen, kçnnen auch geringere Lastgewichte mit einem Risiko f�r die Entwicklung vonbandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbels�ule verbunden sein.
Langj�hrig bedeutet, daß 10 Berufsjahre als die untere Grenze der Dauer der be-lastenden T�tigkeit nach den vorgenannten Kriterien zu fordern sind. Hierf�r spre-chen epidemiologische Studien bei Bauarbeitern, bei denen in der Regel nach mehr als10j�hriger Expositionsdauer ein Anstieg in der H�ufigkeit von degenerativen Wirbel-s�ulenerkrankungen zu beobachten war (H�ublein 1979). In begr�ndeten Einzelf�l-len kann es jedoch mçglich sein, daß bereits eine k�rzere, aber sehr intensive Belas-tung eine bandscheibenbedingte Erkrankung der Lendenwirbels�ule verursachenkann. Expositionszeiten mit Heben und Tragen schwerer Lasten sowie Zeiten mit Ar-beiten in extremer Rumpfbeugehaltung kçnnen f�r die Berechnung der Gesamtexpo-sitionsdauer addiert werden. Dabei sind auch unterbrochene T�tigkeiten zu ber�ck-sichtigen.
Die o. g. Lastgewichte m�ssen jedoch mit einer gewissen Regelm�ßigkeit undH�ufigkeit in der �berwiegenden Zahl der Arbeitsschichten gehoben oder getragenworden sein, um als Ursache von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lenden-wirbels�ule in Frage kommen zu kçnnen. Dies begr�ndet sich mit den o. g. epidemio-logischen Studien, die in den Berufsgruppen mit erhçhtem Risiko f�r die Entwicklungvon bandscheibenbedingten Erkrankungen der Wirbels�ule durch Heben oder Tragenschwerer Lasten beschrieben, daß die Lastgewichte mit einer gewissen Regelm�ßig-
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180 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
keit pro Schicht getragen wurden. Beispielsweise hatten Schwesternhelferinnen zu ca.12 % der Schicht Arbeiten mit Heben oder Tragen von schweren Lasten zu verrichten(Videman et al. 1984). Stahlbetonarbeiter hatten ca. 40mal pro Schicht Gewichte vonmehr als 20 kg zu heben oder zu tragen (Wickstrçm et al. 1985).
Unter T�tigkeit in extremer Rumpfbeugehaltung sind Arbeiten in Arbeitsr�umenzu verstehen, die niedriger als 100 cm sind und damit eine st�ndig gebeugte Kçrper-haltung erzwingen. Solche Arbeitspl�tze existierten teilweise im untert�gigen Bergbau(Havelka 1980).Weiterhin sind unter extremer Rumpfbeugehaltung Arbeiten ge-meint, bei denen der Oberkçrper aus der aufrechten Haltung um mehr als 90� ge-beugt wird, beispielsweise bei Stahlbetonbauern im Hochbau (Wickstrçm et al.1985).Bislang liegen keine ausreichenden Studien dar�ber vor, daß f�r Arbeitspl�tzein der Bodenbearbeitung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft sowie in G�rtne-reien oder im Reinigungsdienst, die ebenfalls zeitweilig mit einer Rumpfbeugehaltungeinhergehen, aus diesem Grund ein erhçhtes Risiko f�r die Entwicklung bandschei-benbedingter Erkrankungen der Lendenwirbels�ule besteht.
Erkrankungen bei Besch�ftigten mit sitzender T�tigkeit sind nicht Gegenstand die-ser Berufskrankheit.
Das akute Lumbalsyndrom mit guter Behandlungsmçglichkeit erf�llt nicht diemedizinischen Voraussetzungen zur Anerkennung als Berufskrankheit. Vielmehrm�ssen chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionsein-schr�nkungen bestehen, die therapeutisch nicht mehr voll kompensiert werden kçn-nen und die den geforderten Unterlassungstatbestand begr�nden.
Zusammenfassend ergeben sich folgende Kriterien f�r die Annahme eines begr�n-deten Verdachtes auf das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung derLendenwirbels�ule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Arbeit in extre-mer Rumpfbeugehaltung:– Vorliegen einer unter Ziffer III genannten bandscheibenbedingten Erkrankung mit
chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschr�nkungen;– mindestens 10j�hrige T�tigkeit mit Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Ar-
beit in extremer Rumpfbeugehaltung;– als Anhaltspunkte f�r den Begriff „schwere Last“ sind die in Tabelle 2 aufgef�hr-
ten Gewichte heranzuziehen;– die Lasten m�ssen mit einer gewissen Regelm�ßigkeit und H�ufigkeit in der �ber-
wiegenden Zahl der Arbeitsschichten gehoben oder getragen worden sein;– unter Arbeit in extremer Rumpfbeugehaltung sind T�tigkeiten in Arbeitsr�umen
zu verstehen, die niedriger als 100 cm sind, zum Beispiel im untert�gigen Bergbausowie Arbeiten mit einer Beugung des Oberkçrpers aus der aufrechten Haltungum 90� und mehr.
Der alleinige Nachweis von degenerativen Ver�nderungen wie Osteochondrose,Spondylose und Spondylarthrose ohne chronisch-rezidivierende Beschwerden undFunktionsausf�lle begr�ndet keinen Berufskrankheitenverdacht.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 195
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 181
Die Aufgabe der gef�hrdenden T�tigkeit ist nicht Voraussetzung f�r die Anzeigeals Berufskrankheit.
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184 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 09 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 3/1993, 53–55
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbels�ule durch langj�hriges Tragen
schwerer Lasten auf der Schulter, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungenhaben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben derKrankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:AngiologieNeurologieOrthop�die
I. Gefahrenquellen
Unter den beruflichen Faktoren, die bandscheibenbedingte Erkrankungen der Hals-wirbels�ule (HWS) verursachen oder verschlimmern kçnnen, steht fortgesetztes Tra-gen schwerer Lasten auf der Schulter, einhergehend mit einer statischen Belastung derzervikalen Bewegungssegmente und außergewçhnlicher Zwangshaltung der HWS imVordergrund. Eine derartige kombinierte Belastung der HWS wird z. B. bei Fleischtr�-gern beobachtet, die Tierh�lften oder -viertel auf dem Kopf bzw. dem Schulterg�rteltragen. Die nach vorn und seitw�rts erzwungene Kopfbeugehaltung und das gleich-zeitige maximale Anspannen der Nackenmuskulatur f�hren zu einer Hyperlordosie-
rung und auch zu einer Verdrehung der HWS.T�tigkeiten mit vergleichbarem Belastungsprofil sind ebenfalls in Betracht zu zie-
hen.
II. Pathophysiologie
Wie im Bereich der Lendenwirbels�ule sind die blutgef�ßlosen Bandscheiben derHWS hinsichtlich ihrer Ern�hrung besonders von den Diffusionswegen abh�ngig.Symmetrische und asymmetrische Kompressionsbelastung verbunden mit Haltungs-konstanz reduziert die druckabh�ngigen Fl�ssigkeitsverschiebungen und beeintr�ch-tigt damit den Stoffwechsel im Bandscheibengewebe.
Durch Laktatakkumulation und ph-Verschiebung zu sauren Werten wird ein Mi-lieu mit Aktivierung der enzymatischen Zytolyse erzeugt. Damit werden die degene-rativen Ver�nderungen eingeleitet oder beschleunigt. In diesem Milieu werden die re-stitutiven Prozesse gehemmt.
Die Bewegungssegmente der HWS weisen gegen�ber den anderen Wirbels�ulen-abschnitten anatomische und biomechanische Besonderheiten auf, die sie f�r belas-tungsbedingten vorzeitigen Verschleiß besonders anf�llig machen. Von degenerativenBandscheibenver�nderungen ausgehende knçcherne Ausziehungen im Bereich derProcessus uncinati liegen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Spinalnerv und zur Ar-teria vertebralis. Die als physiologisch zu bezeichnenden gelenk�hnlichen Horizontal-spalten verbessern einerseits die zervikale Beweglichkeit, andererseits stellen sie mitihrer Tendenz, sich nach medial und lateral zu erweitern, unter biomechanischenAspekten ein Gef�hrdungspotential dar. Damit kann eine Lockerung und Instabilit�t
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 199
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 185
im Bewegungssegment eintreten. Laterale Erweiterungen der Horizontalspalten zer-stçren die Integrit�t des osmotischen Systems der Bandscheibe; es kommt zu einemAbsinken des intradiskalen onkotischen Druckes, zum Fl�ssigkeitsverlust und damitzur Hçhenabnahme der Bandscheibe.
Hervorzuheben ist ferner die enge topographische Beziehung der Bandscheibe undder anderen Anteile des Bewegungssegmentes zur Arteria vertebralis und zum Hals-
strang des Sympathikus.Mit der Bandscheibendegeneration vergrçßert sich der knçcherne Kontakt an den
Processus uncinati sowie an den Wirbelgelenken. Es kommt zu osteophyt�ren Reak-tionen im Bereich der Processus uncinati, die zusammen mit dem verminderten Zwi-schenwirbelabschnitt die Foramina intervertebralia einengen. Osteophyt�re Reaktio-nen an den Wirbelgelenkfacetten, die vorzugsweise im Bereich der oberen undmittleren Halswirbel auftreten, verengen insbesondere den oberen Teil des Foramenintervertrebrale.
Experimentelle Untersuchungen belegen, daß bei Haltungskonstanz und asym-metrischer Kompression der Bandscheiben mit intradiskalen Massenverschiebungenzu rechnen ist. Letztere spielen in der Entstehung von Zervikalsyndromen eine we-sentliche Rolle.
Bei langj�hrig wiederkehrender Belastung der HWS durch das Tragen von schwe-ren Lasten unter außergewçhnlicher Haltung des Kopfes sind nicht nur die unterenBewegungssegmente gef�hrdet. Zug- und Kompressionskr�fte im Bereich der Wirbel-gelenkfacetten in Verbindung mit Seitverbiegung und Verdrehung tragen dazu bei,daß insbesondere oberhalb von C5/C6 bis zu C2/C3 degenerative Ver�nderungen be-obachtet wurden, die in der Allgemeinbevçlkerung weniger h�ufig anzutreffen sind.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen der HWS kçnnen unter bestimmtenBedingungen durch langj�hriges Tragen schwerer Lasten auf dem Kopf oder auf derSchulter verursacht werden:
Direkt oder indirekt von degenerativen Ver�nderungen der Halsbandscheiben aus-gehende Krankheitszust�nde kçnnen zu einem chronischen Zervikalsyndrom f�hren.Dazu z�hlen vielf�ltige Beschwerdebilder wie schmerzhafte Bewegungseinschr�n-kung der Halswirbels�ule, segmentale Nervenwurzelsymptome im Arm, Kopfschmer-zen, Schwindelanf�lle und R�ckenmarksymptome. Eine systematische Einteilung derZervikalsyndrome hat orientierenden Charakter. Es ist zu ber�cksichtigen, dass h�u-fig viele Symptome gleichzeitig vorkommen.
Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen kçnnen unter den Regelungs-bereich dieser Berufskrankheit fallen:
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186 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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a) Lokales Zervikalsyndrom:Auf die Halsregion beschr�nkte chronisch-rezidivierende Beschwerden, die durch po-sitionsabh�ngige Nacken- und Schulterschmerzen, Muskelverspannungen und Bewe-gungseinschr�nkungen der HWS charakterisiert sind.
Pathomechanismus: Mechanische Irritation des hinteren L�ngsbandes, der Wir-belgelenkkapseln und des Wirbelperiosts durch degenerative Ver�nderungen im Be-wegungssegment. Vorwiegend betroffen sind die sensiblen Fasern der Rami meningeiund dorsales.– Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:– Myalgien anderer Genese– Tumoren (z. B. Neurinom, Karzinommetastasen)– akute und chronische Entz�ndungen (z. B. Spondylolitiden)– Morbus Bechterew– Tendopathien an den Dorn- und Querforts�tzen
b) Zervikobrachiales Syndrom:
Von den Bewegungssegmenten C5-C6 ausgehende bandscheibenbedingte Brachial-gien (Schmerzen, Sensibilit�tsstçrungen oder motorische Ausf�lle), meistens in Ver-bindung mit Symptomen eines lokalen Zervikalsyndroms. Im Vordergrund stehenSchmerzausstrahlung entlang der Dermatomstreifen.
Pathomechanismus: Irritation des Ramus ventralis des Spinalnerven durch einendorsolateralen Diskusprolaps oder durch unkovertebrale Osteophyten in Verbindungmit Segmentlockerung.
Die Differenzierung der verschiedenen monoradikul�ren zervikobrachialen Syn-
drome erfolgt in erster Linie anhand klinischer Kriterien (Tabelle 1). Am h�ufigstensind die Spinalnervenwurzeln C6 bis C8 betroffen.
Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:– Wurzelentz�ndungen– Tumoren, z. B. Pancoast-Tumor, neurogener Tumor– Skalenussyndrom– Kostoklavikularsyndrom– Karpaltunnelsyndrom– andere L�sionen peripherer Nerven (z. B. Ulnariskompressionssyndrom)– Insertionstendopathien der Schulterregion(Periarthropathia humeroscapularis,
sofern sie sich nicht im Rahmen eines Zervikalsyndroms entwickelt hat)– Insertionstendopathien des Armes– extravertebrale Entz�ndungsprozesse– Thrombose der Vena axillaris– coronare Herzkrankheit– Wirbelfraktur– Spondylitis– Morbus Paget
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 187
Tab. 1: Zervikale Wurzelreizsyndrome (nach Kr�mer 1986)
Nerven- Bandscheibe Peripheres Kennmuskel Reflexab-
wurzel Dermatom schw�chung
C5 (C4/C5) Deltoideus Bizeps
C6 (C5/C6) Daumen, Bizeps, Bizeps,
Teil des Brachioradialis Radiusperiost
Zeigefingers
C7 (C6/C7) Zeige- und Daumenballen, Trizeps
Mittelfinger, Trizeps,
Teil des Ringfingers Pronator teres
C8 (C7/Th1) Kleinfinger, Kleinfinger- (Trizeps)
Teil des Ringfingers ballen, Fingerbeuger,
Interossei
c) Zervikozephales Syndrom:Mit Kopfschmerzen, Schwindelattacken einhergehende Beschwerden durch degene-rative Ver�nderungen in den zervikalen Bewegungssegmenten, h�ufig in Kombinationmit einem lokalen Zervikalsyndrom.
Pathomechanismus: Kompression der Arteria vertebralis und Irritation des Hals-sympathikus. Differentialdiagnostisch sind u. a. abzugrenzen:
– posttraumatische Folgezust�nde– arterielle Durchblutungsstçrungen anderer Genese– Tumoren (Metastasen)Die klinische Untersuchung beginnt nach einer ausf�hrlichen Erhebung der Krank-heitsvorgeschichte mit der Inspektion und Palpation. Die anschließende Funktions-pr�fung der HWS erfaßt Einschr�nkungen der Beweglichkeit in Winkelgraden(Neutral-Null-Methode) und sollte den Extensionstest einbeziehen. Immer ist einneurologischer Status zu erheben. Auf eine rçntgenologische Untersuchung kannnicht verzichtet werden. Im Hinblick auf therapeutische Konsequenzen sind ggf.Funktionsaufnahmen, Computertomographie oder Kernspintomographie indiziert.Die Elektromyographie und die Pr�fung der Nervenleitgeschwindigkeit sind ein wich-tiges Hilfsmittel f�r die Objektivierung zervikaler Wurzelreizerscheinungen. Beimzervikozephalen Syndrom kçnnen HNO-�rztliche, internistische oder augen�rztlicheSpezialuntersuchungen erforderlich sein.
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188 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
IV. Weitere Hinweise
F�r den begr�ndeten Verdacht auf Vorliegen einer bandscheibenbedingten Berufs-krankheit der HWS ist neben dem Ausschluß anderer Krankheitsursachen der Nach-weis einer langj�hrigen, außergewçhnlich intensiven mechanischen Belastung derHWS erforderlich. Ein typisches Beispiel f�r eine derartige, die HWS gef�hrdende T�-tigkeit ist das Tragen auf der Schulter, wie es f�r Fleischtr�ger beschrieben wurde(Hult 1954, Schrçter und Rademacher 1971).
Ein erhçhtes Risiko f�r die Entwicklung bandscheibenbedingter Erkrankungender HWS ist anzunehmen, wenn Lastgewichte von 50 kg und mehr regelm�ßig aufder Schulter getragen werden. Dies gr�ndet sich auf epidemiologische Studien �berdas vermehrte Auftreten von bandscheibenbedingten Erkrankungen der HWS, wel-che bei Transportarbeitern in Schlachthçfen gewonnen wurden, die Lastgewichte von50 kg und mehr trugen. Das im Vergleich zum Merkblatt f�r die Berufskrankheitnach Nr. 2108 Berufskrankheiten-Verordnung hçhere Lastgewicht begr�ndet sichmit dem Umstand, daß auf der Schulter die Last achsennah einwirkt und der Hebel-arm, der bei der Belastung der Lendenwirbels�ule durch Heben oder Tragen schwererLasten zu ber�cksichtigen ist, entf�llt.
Langj�hrig bedeutet, daß 10 Berufsjahre als die im Durchschnitt untere Grenzeder belastenden T�tigkeit nach den vorgenannten Kriterien zu fordern sind. In be-gr�ndeten Einzelf�llen kann es jedoch mçglich sein, daß bereits eine k�rzere, abersehr intensive Belastung eine bandscheibenbedingte Erkrankung der HWS ver-ursacht.
Das genannte Lastgewicht muß mit einer gewissen Regelm�ßigkeit und H�ufigkeitin der �berwiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein.
Vor�bergehende und nach k�rzerer Zeit therapeutisch beherrschbare akute Zervi-kalsyndrome erf�llen nicht die medizinischen Voraussetzungen f�r eine Anerkennungals Berufskrankheit. Vielmehr m�ssen chronische oder chronisch rezidivierende Be-schwerden und Funktionseinschr�nkungen bestehen, die therapeutisch nicht mehrvoll kompensiert werden kçnnen und die den geforderten Unterlassungstatbestandbegr�nden.
Zusammenfassend ergeben sich folgende Kriterien f�r die Annahme eines begr�n-deten Verdachtes auf Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der Hals-wirbels�ule durch Heben oder Tragen schwerer Lasten auf dem Kopf und auf denSchultern:– Vorliegen einer unter Ziffer III genannten bandscheibenbedingten Erkrankung mit
chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionsausf�llen
– mindestens 10j�hrige T�tigkeit mit Tragen schwerer Lasten auf der Schulter;– Tragen von Lastgewichten mit 50 kg oder mehr auf der Schulter;– die Lasten m�ssen mit einer gewissen Regelm�ßigkeit und H�ufigkeit in der �ber-
wiegenden Zahl der Arbeitsschichten getragen worden sein.
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 189
Der Nachweis von degenerativen Ver�nderungen wie Osteochondrose und Spondy-
lose ohne chronisch-rezidivierende Beschwerden und Funktionsausf�lle begr�ndet f�rsich allein keinen Berufskrankheitenverdacht.
Die Aufgabe der gef�hrdenden T�tigkeit ist nicht Voraussetzung f�r die Anzeigeals Berufskrankheit.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 204
190 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 10 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7/2005, 43–48
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule durch langj�hrige, vor-
wiegend vertikale Einwirkung von Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen, die zur Un-terlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlim-merung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:NeurologieOrthop�die
I. Gefahrenquellen
Bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbels�ule (LWS) haben eine multi-faktorielle �tiologie. Sie sind weit verbreitet und kommen in allen Altersgruppen, so-zialen Schichten und Berufsgruppen vor. Unter den arbeitsbedingten Faktoren, diebandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS mitverursachen und verschlimmernkçnnen, stellt die langj�hrige (vorwiegend vertikale) Einwirkung von Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen eine besondere Gefahrenquelle dar. Derartigen arbeits-bedingten Belastungen der LWS kçnnen insbesondere Fahrer von folgenden Fahrzeu-gen und fahrbaren Arbeitsmaschinen ausgesetzt sein:– Baustellen-LKW– Land- und forstwirtschaftliche Schlepper– Forstmaschinen im Gel�nde– Bagger bei intensiver Schwingungsbelastung, z. B. bei Abbrucharbeiten– Grader (Straßenhobel, Bodenhobel, Erdhobel), nur bei intensiver Schwingungs-
belastung, z. B. �berwiegen von Grobplanierung (Grobplanum)– Scraper (Sch�rfwagen)– Dumper und Muldenkipper– Rad- und Kettenlader– Raddozer– Gabelstapler auf unebenen Fahrbahnen (Hoffl�chen, Pflaster usw.)– Milit�rfahrzeuge im Gel�nde– Wasserfahrzeuge in Gleitfahrt bei SeegangDagegen sind z. B. bei Fahrern von Taxis, Gabelstaplern auf ebenen Fahrbahnen, Bag-gern im station�rem Einsatz sowie bei Fahrern von LKW und Omnibussen mitschwingungsged�mpften Fahrersitzen keine hinreichend gesicherten gesundheitssch�-digenden Auswirkungen durch Schwingungen beobachtet worden.
Andere bandscheibengef�hrdende Faktoren im Arbeitsprozess sind durch dieBK-Nr. 2108 erfasst. Die dort genannten Belastungen und die Einwirkungen vonGanzkçrper-Schwingungen sind als synergistisch wirkende Belastungen zu betrachten(Sch�fer und Hartung 1999).
Als konkurrierende Faktoren sind Fehlbelastungen der LWS durch außerberufli-che T�tigkeiten, wie Eigenleistungen beim Hausbau, Gartenarbeit, sofern diese lang-j�hrig durchgef�hrt werden und mit dem Heben und Tragen schwerer Lasten oder
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 191
T�tigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung verbunden sind, bestimmte Sportarten(z. B. Motorrad-Gel�ndesport) und einseitig die Wirbels�ule belastende Trainings-methoden in der Freizeit zu beachten.
II. Pathophysiologie
Die Zwischenwirbelabschnitte der unteren LWS sind beim Menschen schon w�hrenddes gewçhnlichen Tagesablaufes erheblich belastet. Da die blutgef�ßlosen, bradytro-
phen Bandscheiben hinsichtlich ihrer Ern�hrung besonders von den Diffusionsbedin-gungen abh�ngen, sind sie f�r mechanische Dauerbelastungen anf�llig. AnhaltendeKompressionsbelastung und starke Schwingungsbelastung reduzieren die druck-abh�ngigen Fl�ssigkeitsverschiebungen und beeintr�chtigen damit den Stoffwechselim Bandscheibengewebe.
Durch Laktatakkumulation und pH-Verschiebung zu sauren Werten wird ein Mi-lieu erzeugt, das zytolytisch wirkende Enzyme aktiviert. Damit werden degenerativeVer�nderungen eingeleitet oder beschleunigt. In diesem Milieu werden die restitutivenProzesse gehemmt.
Unter Belastung durch mechanische Ganzkçrper-Schwingungen erhçht sich derintradiskale Druck um ein Mehrfaches. So f�hren insbesondere Resonanzschwingun-
gen des Rumpfes und der Wirbels�ule, die vorwiegend bei Schwingungsfrequenzenzwischen 3 und 5 Hz auftreten, nicht nur zu vertikalen Relativbewegungen zwischenden Wirbelkçrpern mit Stauchungen und Streckungen der Zwischenwirbelscheiben,sondern dar�ber hinaus auch zu Rotationsbewegungen der Segmente und zu horizon-talen Segmentverschiebungen. Stoßhaltige Schwingungsbelastungen, also Schwin-gungsverl�ufe mit einzelnen oder wiederholten, stark herausragenden Beschleuni-gungsspitzen, stellen eine besonders hohe Gef�hrdung dar. Nach biomechanischenBerechnungen kçnnen dabei Kompressionskr�fte erreicht werden, die im Experimentan menschlichen Wirbels�ulenpr�paraten Deckplatteneinbr�che der Wirbelkçrpersowie Einrisse am Anulus fibrosus der Bandscheibe verursachen.
Besondere pathophysiologische Bedeutung haben auch erhçhte Druck-,Torsions-und Schubkr�fte durch ung�nstige Kçrperhaltungen (Wilke et al. 2001; White undPanjabi 1990; Seidel et al. 2000)
Eingetretene Sch�den am Bandscheibengewebe sind irreversibel. Sie setzen einenProzess in Gang, in dem Bandscheibendegeneration, degenerative Ver�nderungen derWirbelkçrperabschlussplatten, Massenverschiebungen im Bandscheibeninneren, In-
stabilit�t im Bewegungssegment, Bandscheibenvorwçlbung, Bandscheibenvorfall,knçcherne Ausziehungen an den vorderen und seitlichen Randleisten der Wirbelkçr-per, degenerative Ver�nderungen der Wirbelgelenke sowie durch derartige Befundehervorgerufene Beschwerden und Funktionsstçrungen in einem �tiopathogenetischenZusammenhang zu betrachten sind.
Die durch arbeitsbedingte Einwirkungen verursachten degenerativen Prozessekçnnen zu objektivierbaren Ver�nderungen wie Chondrose, Osteochondrose, Spon-
dylose, Spondylarthrose, Bandscheibenprotrusion und Bandscheibenprolaps f�hren.
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192 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Die pathophysiologischen Erkenntnisse werden durch zahlreiche epidemiologischeStudien gest�tzt, die belegen, dass Berufsgruppen mit langj�hriger Einwirkung intensi-ver Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen eine signifikant hçhere Pr�valenz bandschei-benbedingter Erkrankungen gegen�ber den nichtbelasteten Kontrollgruppen zeigen(Andersson 1991; Bovenzi et Hulshof 1998; M�sch 1987; Schwarze et al. 1999). Lang-j�hrige Belastungen durch intensive Ganzkçrper-Schwingungen f�hren zu einer deutli-chen Linksverschiebung der Beziehung zwischen Erkrankungsh�ufigkeit und Alter ge-gen�ber den nichtbelasteten Vergleichspopulationen; d. h. zu einer erheblichenVorverlagerung der bandscheibenbedingten Erkrankungen in die j�ngeren Altersgrup-pen (M�sch 1992).
III. Krankheitsbild und Diagnose und Differentialdiagnose
Folgende bandscheibenbedingte Erkrankungen kçnnen unter bestimmten Bedingun-gen durch die Einwirkung von Ganzkçrper-Schwingungen im Sitzen verursacht wer-den:a) Lokales Lumbalsyndrom
Das lokale Lumbalsyndrom ist durch chronisch-rezidivierende Beschwerden in derKreuz-Lendengegend gekennzeichnet. Dabei wird ein Belastungs-, ein Entlastungs-sowie ein Hyperlordose-Kreuzschmerz (Facettensyndrom) unterschieden. Mçglich istauch eine pseudoradikul�re Schmerzausstrahlung in die Oberschenkelmuskulatur.
Pathomechanismus: Mechanische Irritation des hinteren L�ngsbandes (z. B. durchintradiskale Massenverschiebung), der Wirbelgelenkkapsel und/oder des Wirbelpe-riosts.
b) Mono- und polyradikul�re lumbale Wurzelreizsyndrome
Ein- oder beidseitig segmental ins Bein ausstrahlende, dem Verlauf des Ischiasnervenfolgende Schmerzen, meist in Verbindung mit Zeichen eines lokalen Lumbalsyn-droms.
Weitere Leitsymptome sind: Positives Lasgue-Zeichen, ischialgiforme Fehlhal-tung, segmentale Sensibilit�tsstçrungen, Reflexabweichungen, motorische Stçrungen(vgl. Tab. 1).
Pathomechanismus: Mechanische Irritation der Nervenwurzeln L3-S1 durch de-generative Ver�nderungen der lumbalen Bandscheiben (Bandscheibenvorwçlbung,-vorfall und Sequestration, Lockerung und Volumen�nderung der Bandscheiben, In-stabilit�t im Bewegungssegment, Randzacken an den Hinterkanten der Wirbelkçr-per).
Es kommen auch hohe lumbale Wurzelreizsyndrome (L1 und L2) infolge einerKompression der ventralen Spinalnerven�ste vor. Sie sind insgesamt jedoch selten.
c) Kaudasyndrom
Sonderform der polyradikul�ren lumbalen Wurzelreizsyndrome mit Reithosenan�s-thesie, Fehlen des Achillessehnenreflexes bei Schw�che der Wadenmuskeln, oft
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 193
Schließmuskelinsuffizienzen von Blase und Mastdarm; auch Potenzstçrungen kom-men vor. Bei hçherliegender L�sion: Fuß- und Zehenheberparesen, Quadrizepsschw�-chen und Patellarsehnenreflexausf�lle. In aller Regel handelt es sich beim bandschei-benbedingten Kaudasyndrom um ein akutes Ereignis.
Pathomechanismus: Medianer Massenprolaps bei L3/L4 oder L4/L5 mit Kom-pression aller Nervenwurzeln der Cauda equina.
Tab. 1: Leitsymptome bei lumbalen Wurzelsyndromen (nach Kr�mer 1997, Tab. 11.13)
Segment Peripheres Motorische Reflexab- Nervendehnungs-
Schmerz- und Stçrung schw�chung zeichen
Hyp�sthesiefeld (Kennmuskel)
L1/L2 Leistengegend – – (Femoralis-
dehnungsschmerz)
L3 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- Femoralis-
Oberschenkel sehnenreflex dehnungsschmerz
L4 Vorderaußenseite Quadrizeps Patellar- positives
Oberschenkel, sehnenreflex Lasgue-
Innenseite Unter- Zeichen
schenkel und Fuß
L5 Außenseite Un- Extensor hallucis – positives
terschenkel, me- longus Lasgue-Zeichen
dialer Fußr�cken,
Großzehe
S1 Hinterseite Tricepes surae, Achillessehnen- positives
Unterschenkel, Glut�en reflex Lasgue-Zeichen
Ferse, Fuß-
außenrand,
3.–5. Zehe
Drei Gesichtspunkte der Diagnosesicherung sind zu beachten:– Die topische Diagnose umfasst Ort, Art und Ausstrahlungscharakter der Be-
schwerden und liefert somit erste Voraussetzungen f�r die sinnvolle Planungdes weiteren Untersuchungsganges.
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194 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
– Die Strukturdiagnose beinhaltet verschiedene Untersuchungstechniken, um die ge-schilderten Beschwerden den pathogenetisch f�hrenden Strukturen zuzuordnen(Gelenke, Ligamente, Muskeln, Bandscheiben etc.).
– Die aktuelle Diagnose ber�cksichtigt die im Vordergrund stehenden und den Pa-tienten am meisten belastenden Beschwerden, wie Bewegungseinschr�nkungen,Kraftabschw�chung, Sensibilit�tsstçrung, Schmerzsituation, vegetative Begleit-symptomatik oder psychische Einstellung.
Bei der klinischen Untersuchung stehen Inspektion, Palpation, Funktionspr�fung undein orientierender neurologischer Status im Vordergrund. Gegebenenfalls sind weiter-f�hrende diagnostische Verfahren wie Elektromyographie, Myelographie, Computer-tomographie, Kernspintomographie oder Diskographie indiziert. Bei der Diagnostikeines lokalisierbaren Schmerzpunktes in einem Wirbels�ulensegment m�ssen auchdie Bewegungsstçrung, die Schmerzausstrahlung und die neurologische Irritation die-sem Segment zugeordnet werden kçnnen. Erst dann kann eine vertebragene Ursacheangenommen werden. Die Differentialdiagnostik ist dringend erforderlich, um wir-bels�ulenabh�ngige Beschwerden von extravertebralen Ursachen abzugrenzen.
Insgesamt wird die Diagnose auf der Grundlage der Vorgeschichte, insbesondereauch der Arbeitsanamnese, der klinischen (vorwiegend orthop�disch-neurologischen)und der radiologischen Untersuchungen gestellt. Ver�nderungen im Rçntgenbild, undanderen bildgebenden Verfahren, wie eine Verschm�lerung des Zwischenwirbelrau-mes und eine Verdichtung der Deck- und Grundplatten der Wirbelkçrper (Osteo-chondrose) oder Ver�nderungen der kleinen Wirbelgelenke (Spondylarthrose) undRandw�lste an den Wirbelkçrpern (Spondylose), kçnnen auf bandscheibenbedingteErkrankungen hinweisen.
Auf eine sorgf�ltige Befunddokumentation ist zu achten (z. B. Messblatt f�r dieWirbels�ule nach der Neutral-Null-Methode).
Differenzialdiagnostisch sind bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lenden-wirbels�ule von folgenden konkurrierenden vertebralen und extravertebralen Ursa-chen abzugrenzen:
Vertebral Extravertebral
– angeborene oder erworbene
Fehlbildungen der LWS
– nicht degenerative Spondylolisthesis
– Spondylitis
– Tumor (Metastase)
– Osteoporose
– Fraktur
– Kokzygodynie
– Wirbelfehlbildungen
– gyn�kologische Krankheiten
– urologische Krankheiten
– Krankheiten des Verdauungssystems
– h�ftbedingte Schmerzen (Koxalgie)
– Erkrankungen des Iliosakralgelenkes
– Tumoren (z. B. retroperitoneal)
– Spritzensch�digung
– diabetische Neuropathie
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 195
Vertebral Extravertebral
– idiopathische Wirbelkanalstenose
– Fluorose (BK-Nr. 1308)
– Morbus Paget
– Morbus Bechterew
– arterielle Durchblutungsstçrungen
in den Beinen
– Aortenaneurysma
– statische Beinbeschwerden durch
Fußdeformierungen, Achsenabweichun-
gen oder -Beinl�ngendifferenzen
– Neuropathien
– psychosomatische Erkrankungen
IV. Weitere Hinweise
Die Beurteilung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der Lendenwirbels�uleim Hinblick auf arbeitsbedingte Entstehungsursachen stellt sich nicht selten alsschwieriges Problem dar. Die wichtigsten Gr�nde daf�r sind, dass einerseits degenera-tive Ver�nderungen der Wirbels�ule auch unabh�ngig von arbeitsbedingten Belastun-gen h�ufig vorkommen. Andererseits h�ngt die gesundheitliche Gef�hrdung durch dieGanzkçrperschwingung erheblich von der individuellen Belastbarkeit (z. B. Alter, Ge-schlecht, Konstitution) und von der Robustizit�t des Skelettes sowie von der Kçrper-haltung ab (Seidel et al. 2000). Als besonders gef�hrdend gelten Kçrperhaltungenwie: Seitneigung beim Fahren am Hang, Vorneigung des Oberkçrpers ohne Unterst�t-zung durch die R�ckenlehne, Verdrehen der Wirbels�ule (z. B. beim R�ckw�rtsfah-ren). Allerdings konnte in epidemiologischen Studien der Einfluss dieser Faktoren aufGrund der Datenlage nicht quantitativ bewertet werden.
Voraussetzung f�r die Annahme eines arbeitsbezogenen Kausalzusammenhangesist eine langj�hrige (f�nf- bis zehnj�hrige oder l�ngere), wiederholte Einwirkung von(vorwiegend vertikalen) Ganzkçrperschwingungen in Sitzhaltung mit einer „Tages-dosis“ in Form der Beurteilungsbeschleunigung aw(8) von im Regelfall 0,63 m/s2 in dervertikalen z-Achse (siehe Anmerkungen). In Ausnahmef�llen kçnnen auch schon beigeringeren Beurteilungsbeschleunigungen Gesundheitsrisiken auftreten. Hinweise, abwelchen Beurteilungsbeschleunigungen und T�tigkeitsdauern mit einem Gesundheits-risiko zu rechnen und eine Annahme der Voraussetzungen f�r eine Anzeige als Berufs-krankheit angebracht ist, sind der Tabelle 2 zu entnehmen. Bei der Berechnung deraw(8) Werte, welche die Gesamtbelastung w�hrend eines Tages kennzeichnen, sind dieMaschinenart und zahlreiche weitere Faktoren wie z. B. der befahrene Untergrund,die individuelle Fahrgeschwindigkeit und Fahrweise und/oder Zuladung zu ber�ck-sichtigen.
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196 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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Tab. 2: Risiko der Entstehung einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS durch Ganzkçrper-
Schwingungen
Bezeichnung Beurteilungs-beschleuni-gung aw(8)
Hinweise f�r eine Exposi-tionsdauer von in der Regel‡ 5–10 Jahren
Hinweise f�r eine Exposi-tionsdauer von in der Regel‡ 10 Jahren
Untergrenzeder ZoneerhçhterGesundheits-gef�hrdung(VDI 2057-1)
0,45 ms–2 Ein Gesundheitsrisiko istwenig wahrscheinlich.
Ein Gesundheitsrisiko kannbestehen, falls die Expositionmit anderen risikoerhçhendenFaktoren einhergeht, wie Alterzum Beginn der Exposition >40 Jahre, vorgeneigte1 oderverdrehte Haltung2, Stoßhal-tigkeit3, kurze t�gliche Expo-sitionsabschnitte mit hoher In-tensit�t4, l�ngerdauerndeExpositionszeiten mit hoherIntensit�t in Verbindung mitl�ngerdauernden Expositions-pausen oder Zeiten mit sehrgeringer Intensit�t5. (vgl. VDI2057-1)
Auslçsewertder EU-Richtlinie2002/44/EG
0,5 ms–2
Wert etwa inder Mitte derZone erhçhterGesundheits-gef�hrung(VDI 2057-1)
0,63 ms–2 Ein Gesundheitsrisiko kannbestehen, falls die Expositionmit anderen risikoerhçhendenFaktoren einhergeht, wie Alterzum Beginn der Exposition> 40 Jahre, vorgeneigte oderverdrehte Haltung, Stoßhaltig-keit, kurze t�giche Expositions-abschnitte mit hoher Intensit�t,l�ngerdauernde Expositionszei-ten mit hoher Intensit�t in Ver-bindung mit l�ngerdauerndenExpositonspausen oder Zeitenmit sehr geringer Intensit�t.
Von einem Gesundheitsrisikoist auszugehen.
Obergrenzeder ZoneerhçhterGesundheits-gef�hrung(VDI 2057-1)
0,8 ms–2 Siehe vorstehend.Die Wahrscheinlichkeit desGesundheitsrisikos nimmt mitsteigender Beurteilungs-beschleunigung zu.
Von einem Gesundheitsrisikoist auszugehen.
1 Eine vorgeneigte Haltung liegt vor, wenn w�hrend der Schwingungsexposition durch Vor-
neigung des Oberkçrpers �berwiegend kein Kontakt zur R�ckenlehne besteht, wie z. B. bei
Fahrern von Erdbaumaschinen, Br�ckenkranfahrern, oder Hubschrauberpiloten, die sich
zur visuellen Kontrolle ihrer T�tigkeit vorbeugen m�ssen
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 197
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 212
2 Eine verdrehte Haltung liegt vor, wenn die T�tigkeit w�hrend der Schwingungsexposition
eine Verdrehung des Oberkçrpers (Kopf, Schulter, Thorax) um die Kçrperl�ngsachse erfor-
dert, wie z. B. bei Fahrern von Maschinen, deren Arbeitsplatz so angeordnet ist, dass der
Fahrer quer zur Fahrtrichtung sitzt. Eine w�hrend der GKS-Exposition vorliegende Seitnei-
gung des Rumpfes, z. B. durch Neigung der Sitzfl�che in der Frontalebene bei Arbeiten am
Hang, kann der verdrehten Haltung als besondere Bedingung hinsichtlich der Risiko erhç-
henden Wirkung gleichgestellt werden.3 Stoßhaltigkeit liegt vor, wenn Belastungsabschnitte hohe Spitzen der frequenzbewerteten
Beschleunigung aufweisen, siehe VDI 2057-1 S. 22 Abs. 4.44 Kurze t�gliche Expositionsabschnitte mit hoher Intensit�t sind t�gliche Expositionen mit ei-
ner t�glichen Einwirkungsdauer unter 2 Stunden und einem aw(8)-Wert > 0,9 ms–2.5 L�nger dauernde Expositionszeiten mit hoher Intensit�t sind t�gliche Expositionen mit ei-
ner t�glichen Expositionen mit einem aw(8)-Wert > 0,8 ms–2, Expositionspausen oder Zeiten
mit sehr geringer Intensit�t sind Zeiten mit vorweigend t�glichen Expositionen mit einem
aw(8)-Wert > 0,45 ms–2.
Aus der Tabelle 3 sind maschinenspezifische Faktoren ersichtlich, mit denen fr�her(vor 2002) ermittelte Kr-Werte an die jetzt g�ltigen Beurteilungsbeschleunigungs-werte aw(8) n�herungsweise angepasst werden kçnnen.
Tab. 3: Faktoren zur n�herungsweisen Umrechnung von Messwerten in z-Richtung nach VDI 2057:1987
in Messwerte, die nach der neuen Frequenzbewertung (VDI 2057-1:2002) zu erwarten w�ren
Fahrzeug/fahrbare Arbeitsmaschine Faktor alte zu neue Frequenzbewertung
z-Richtung
Baustellen-Lkw 0,95
Land- u. forstwirtschafltiche Schlepper 0,90
Bagger 1,15
Grader 0,95
Scraper 0,95
Muldenkipper 0,95
Radlader 0,95
Kettenlader 1,20
Raddozer 0,95
Planierraupe 1,20
Gabelstapler auf unebenem Gel�nde 1,0
Die Faktoren sind (aufgerundete) Mittelwerte auf der Basis von VDI 2057-1:2002,
Berufsgenossenschaftliches Institut f�r Arbeitsschutz – BIA (im HVBG)
Fachbereich: Arbeitsgestaltung, Physikalische Einwirkungen, Referat: Vibration Dr. E. Christ
198 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Als medizinische Voraussetzungen f�r die Anzeige eines Verdachtes auf das Vorliegender Berufskrankheit 2110 sind chronische oder chronisch-rezidivierende Beschwer-den und Funktionseinschr�nkungen zu fordern
Die Unterlassung der gef�hrdenden T�tigkeiten ist nicht Voraussetzung f�r eineAnzeige als Berufskrankheit.
Anmerkungen:Der bisher in der Bundesrepublik Deutschland verwendete Begriff der Beurteilungs-schwingst�rke Kr wird in Anpassung an internationale Definitionen durch aw(8) (inm/s2) ersetzt. F�r horizontale und vertikale Schwingungsrichtungen gilt:
aw(8) · 20(m/s±) » Kr (BArbBl. 9/2005, 46)
F�r die vertikale z-Achse wurde die Frequenzbewertung ge�ndert, so dass je nach Fre-quenzbereich bis zu 20 %, hçhere, gleich hohe oder bis 20 % niedrigere Betr�ge ein-treten werden (VDI 2057-Blatt 1, 2002).
Falls sich erweisen sollte, dass die Einwirkung in horizontaler Richtung diest�rkste Schwingungsrichtung ist, so ist diese mit zu ber�cksichtigen (vergleiche EURichtlinie 2002/44/EG).
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 199
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VDI 2057, Blatt 2.:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen. Bewertung.D�sseldorf: VDI-Verl., 1987–8 S.
VDI 2057, Blatt 3.:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen. Beurteilung.D�sseldorf: VDI-Verl., 1987–7 S.
VDI-Richtlinie 2057:Einwirkung mechanischer Schwingungen auf den Menschen,Blatt 1/Part 1: Ganzkçrper-SchwingungenBeuth Berlin (2002)
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M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom bei Erdbaumaschinenfahrern mit langj�hriger Ganzkçrper-VibrationsbelastungIn: Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (Hrsg.):Internationale Sektion „Forschung“: Vibration am Arbeitsplatz3. Internationales Kolloquium der IVSS, Wien 1989
M�sch, F. H.:Vibrationen – Auswirkungen auf die Wirbels�ule des MenschenIn: Florian, H. J., Tenkhoff, N. (Hrsg.): Arbeitsmedizinische Herbstagung 1988Gentner, Stuttgart 1989
M�sch, F. H.:Vibrationsbelastung und Beanspruchung der Lendenwirbels�ule bei Erdbaumaschinen-Fahrern(EMF)In: Bundesarbeitsgemeinschaft f�r Arbeitssicherheit (Hrsg.):21. Deutscher Kongreß f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinBASI, D�sseldorf 1989
M�sch, F. H.:Lumbalsyndrom durch Ganzkçrper-Vibrationsbelastung (Posterpr�sentationen)a) XII. Weltkongress f�r Arbeitsschutz, Hamburg 1990b) 37. Arbeitswissenschaftlicher Kongreß, Dresden 1991
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 215
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 201
c) Congres Commun: Rheumatologische Probleme am Arbeitsplatz, Z�rich 1991d) 32. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft f�r Arbeitsmedizin, Kçln 1992e) International Symposium „Vibration and Spine“, Humboldt Universit�t, Berlin 1992
M�sch, F. H.:Wirbels�ulenerkrankungen durch Ganzkçrperschwingungen (BK Nr. 2110 Anlage 1 BeKV)In: Bundesarbeitsgemeinschaft f�r Arbeitssicherheit (Hrsg.):23. Deutscher Kongreß f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinBASI, D�sseldorf 1993
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 216
202 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 21 11 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 3/1993, 58
Erhçhte Zahnabrasionen durch mehrj�hrige quarzstaubbelastende T�tigkeit
Klinische Zuordnung:Zahnheilkunde
Zahnabrasion ist der langsam fortschreitende Verlust von Zahnhartsubstanzen, d. h.von Zahnschmelz, sp�ter auch Dentin, an Kaufl�chen und Schneidekanten.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Erhçhter Abrieb von Zahnhartsubstanzen kann durch Partikel in der Nahrung (= De-mastikation) und insbesondere durch bestimmte Staubarten, die sich nach Mund-atmung am Arbeitsplatz im Speichel anreichern, verursacht werden.
Epidemiologische Untersuchungen zeigen �bereinstimmend, daß bestimmte Per-sonengruppen, insbesondere Besch�ftigte in Granit-Steinbr�chen, Bergleute, Stein-metze und Steinhauer nach Einwirkung quarzhaltiger St�ube am Arbeitsplatz eineerhçhte und schneller fortschreitende Abrasion an den Kaufl�chen der Z�hne aufwei-sen, welche Krankheitswert annehmen kann.
Als weitere Ursachenfaktoren der arbeitsbedingt erhçhten Abrasion werden Vi-brationen sowie vermehrte Kauaktivit�t (Parafunktionen) infolge schwerer kçrper-licher Arbeit und Streß diskutiert, sind aber bisher nicht gesichert.
II. Pathophysiologie
Bei Mundatmung gelangen Staubpartikel verschiedener Korngrçße in die Mundhçh-le, die sich anreichern und mit dem Speichel verteilt werden. Die H�rte kristallinerQuarzpartikel liegt in der Grçßenordnung der H�rte des Zahnschmelzes (MOHS-Skalierung etwa 7–8). Sie �bertrifft diejenige des Dentins bei weitem. Rasterelektro-nenmikroskopische Untersuchungen bei Granitarbeitern haben gegen�ber Vergleichs-kollektiven grçßere Spurrillen mit Schmelzaussplitterungen auf den Abrasionsfl�cheninfolge von Granitstaubpartikeln gezeigt. Damit ist erwiesen, daß quarzhaltige Staub-partikel direkt und in erster Linie f�r die erhçhte Zahnabrasion bei dieser Personen-gruppe verantwortlich sind.
Inwieweit Tonuserhçhungen der Kaumuskulatur bei schwerer kçrperlicher Arbeit(sog. Mitinnervation), Streß oder vermehrte Knirschbewegungen durch Fremdkçrperauf den Kontaktfl�chen der Z�hne induziert werden und eine wesentliche Mitursacheder vermehrten Abrasion darstellen, konnte anhand von epidemiologischen Unter-suchungen bisher nicht abgegrenzt werden.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Zahnhartsubstanzverlust kann auch physiologischerweise infolge von Abnutzungdurch direkten Zahnkontakt (Attrition) entstehen. Als Attrition wird der Verlust vonZahnhartsubstanz durch alleinigen Antagonistenkontakt beim Schlucken und Spre-
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 203
chen bezeichnet. Vermehrte Kauaktivit�t bei Parafunktionen (Knirschen und Pressen)kann zu erhçhter Zahnabrasion f�hren. Das Ausmaß der Zahnabrasion kann auchdurch Faktoren wie Anzahl, Stellung und Hypoplasien der Z�hne beeinflußt werden.Mit zunehmendem Lebensalter nimmt der Abrasionsgrad in der Allgemeinbevçlke-rung zu. Frauen weisen ein geringeres Ausmaß der Zahnabrasion als M�nner auf.Zahnabrasion ist ferner differentialdiagnostisch von Karies, Erosion, Hypoplasie,Fraktur und Resorption abzugrenzen.
Die �berg�nge zwischen physiologischer und pathologischer Abrasion sind flie-ßend. Orientiert man die pathologische Abrasion an der Behandlungsbed�rftigkeit,so sollte dann behandelt werden, wenn das Dentin im Bereich der Kaufl�chen mehrals nur punktfçrmig, d. h. fl�chig, freiliegt. Bei diesem Erkrankungsstadium schreitetdie Abrasion im weicheren Dentin zunehmend schneller fort.
Bei ausgepr�gter Zahnabrasion kann es durch Bißsenkung zu Beschwerden im Be-reich der Kaumuskulatur kommen. Bei generalisierter starker Zahnabrasion sind voreinem prothetischen Ersatz ggf. Bißhebung und funktionstherapeutische Maßnahmenerforderlich.
IV. Weitere Hinweise
Die Feststellung einer erhçhten Zahnabrasion durch quarzhaltigen Staub setzt nebeneiner zahn�rztlichen Befunderhebung die Kl�rung der sch�digenden Einwirkungenam Arbeitsplatz voraus. Erforderlich sind hierf�r die gezielte Erhebung der Arbeits-vorgeschichte und eine umfassende T�tigkeitsbeschreibung. Dabei ist abzuw�gen, obeine mehrj�hrige Einwirkung quarzhaltiger St�ube am Arbeitsplatz wesentlich zu dererhçhten Abrasion beigetragen hat. Ferner bleibt zu pr�fen, ob andere, nicht arbeits-bedingte Umst�nde, wie ein fr�hzeitiger Zahnverlust, Parafunktionen oder Nah-rungsmitteleigenschaften, an der erhçhten Abrasion wesentlich mitgewirkt haben.
V. LiteraturBerger, F.:
Zahnabrasion – eine berufsbedingte Sch�digung?Med. Diss. Marburg 1985
Demner, G. H., und Moldovanow, A.:Außerordentliche pathologische Abn�tzung der Z�hne bei Arbeitern in Kohlesch�chten (russ).Stomatol. (Mosk) 59, 53 (1980)
Enbom, L., Magnusson, T., und Wall, G.:Occlusal wear in miners.Swed. Dent. J. 10, 165 (1986)
Heese, B., und Baldus, S.:Zahnsch�den bei Steinbrucharbeitern.Arbeitsmed. Sozialmed. Pr�ventivmed. 18, 12 (1983)
Hickel, R.:Zahnabrasion und beruflich bedingte Einfl�sse bei Granitsteinbrucharbeitern. Med. Habilitations-schrift, Erlangen 1988
Hickel, R., Meier, J., und Krçncke, A.:Zahnabrasion bei Steinbrucharbeitern.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 218
204 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Wissenschaftliches Gutachten an den Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften unddie Steinbruch-Berufsgenossenschaft vom 20.2.1987
Pçllmann, L., Berger, F., und Pçllmann, B.:Age and dental abrasion.Gerodontics 3, 94 (1987)
Ring, A.:Zur Frage berufsbedingter Abrasionssch�den bei Steinmetzen und Steinhauern.Dtsch. Zahn�rztl. Z. 39, 36 (1984)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 219
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 205
22 Druckluft
Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 22 01 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 220
206 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 22 01 Anlage BKV
(Nr. 24/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1964, 33
Erkrankungen durch Arbeit in Druckluft
Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundeAngio-/KardiologieNeurol./Psychiatrie
I. Vorkommen, Gefahrenquellen und Entstehungsweise
Arbeiten in Druckluft (Druckluftarbeiten) sind solche, die in einem Luftdruck durch-gef�hrt werden, der �ber dem atmosph�rischen Druck liegt. Dies sind z. B. Arbeiten,die unterhalb des Grundwasserspiegels oder im Wasser mit Hilfe von Senkk�sten, densog. Caissons, bei Tunnelbauten nach dem Schildvortriebsverfahren sowie in Tau-cheranz�gen oder Taucherglocken vorgenommen werden m�ssen.
Druckluftarbeiter oder Taucher befinden sich je nach Arbeits- oder Wassertiefe inunterschiedlich hohem �berdruck (1 at� entspricht einem Druck von 1 kg/qcm oder2 ata oder etwa 10 m Wassertiefe) und werden sp�ter wieder nach bestimmten fest-gesetzten Zeiten in den normalen Atmosph�rendruck zur�ckgebracht.
Mit steigendem Druck werden die in der Atemluft enthaltenen Gase, insbesondereStickstoff, vom Kçrper vermehrt aufgenommen. Der sich im Kçrper vollziehende Lç-sungsvorgang dieser Gase verlangsamt sich mit zunehmender S�ttigung. Der Gradder S�ttigung ist abh�ngig von der Arbeits- oder Tauchtiefe, Expositions- oder Tauch-zeit sowie der unterschiedlich starken Durchblutung und dem unterschiedlich großenStickstoffbindungsvermçgen der Kçrpergewebe. Dabei tritt zuerst eine S�ttigung derKçrperfl�ssigkeiten, nach l�ngerer Einwirkungsdauer eine solche der lipoid- und fett-haltigen Gewebe ein.
Die Ents�ttigung des Kçrpers muß langsam vor sich gehen, damit der bei Druck-entlastung freiwerdende Stickstoff �ber das Herz- und Kreislaufsystem und die At-mungsorgane abgeatmet werden kann. Erfolgt die Druckherabsetzung zu schnell, sokann freigewordener Stickstoff in Kçrperfl�ssigkeiten, wie Blut, Lymphe, Liquor, Ge-lenkfl�ssigkeiten, sowie auch in den Geweben zur Bildung von Gasblasen f�hren.Luftembolien sind die h�ufigsten Ursachen der Erkrankungen durch Arbeit in Druck-luft. Ebenso kann die sog. autochthone Stickstoffentbindung, d. h. das Freiwerdenvon Stickstoff innerhalb der Zellen, vor�bergehende oder dauernde Gesundheitssch�-den bewirken.
II. Krankheitsbild und Diagnose
Zu rascher �bergang von Normal- auf �berdruck (Einschleusen in den Caisson, Ab-stieg im Wasser) kann infolge mangelnden Druckausgleichs, z. B. in Ohrtuben, Stirn-und Kieferhçhlen, zu Kopf- und Ohrenschmerzen, bei schadhaftem Gebiß auch zuZahnschmerzen f�hren.
Nach zu schnellem Ausschleusen oder Auftauchen treten innerhalb der ersten hal-ben Stunde, vielfach auch erst nach Stunden oder Tagen, je nach Grçße, Anzahl oder
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 207
Lokalisation im Kçrper befindlicher Gasblasen, mehr oder weniger heftige „Druck-fallbeschwerden“ auf. Zu den Krankheitssymptomen gehçren z. B. Gelenk- und Mus-kelschmerzen, Ohrensausen, Schwerhçrigkeit, Mono-Paraplegie, Tonusverlust der
Muskulatur („Zusammensinken des Kçrpers“), Aphasie und Asphyxie. Mehrt�gigeTemperatursteigerungen beruhen evtl. auf einer gestçrten W�rmeregulation. �rtlicheZirkulationsstçrungen kçnnen Gef�ßerweiterungen, �deme und Marmorierung der
Haut verursachen.Auch ein Herzinfarkt infolge von Stickstoffgasembolie ist mçglich. In der Regel
klingen Beschwerden und Symptome der Drucklufterkrankung nach Wiederein-schleusung (Rekompression auf den vorausgegangenen Arbeitsdruck), die in jedemFalle die in Frage kommende Behandlungsmaßnahme ist, in relativ kurzer Zeit ab.
Dauernde L�hmungen, vorwiegend der unteren Gliedmaßen sowie Symptome desMeni�reschen Syndroms, sind infolge der Stickstoffgasembolien im Zentralnervensys-tem mçglich. Auch vor�bergehende psychische Stçrungen, epileptiforme Anf�lle,Sch�den im Hirnstamm und evtl. rçntgenologisch nachzuweisende Dauersch�den in
den großen Gelenken kçnnen Folgeerkrankungen von Arbeit in Druckluft sein.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
F�r die Diagnoseerstellung und Beurteilung sind die eingehende Anamnese und Er-mittlung der speziellen Arbeitsbedingungen hinweisgebend. Dabei ist die Kenntnisder Arbeitstiefen oder Atmosph�ren-�berdrucke und des Bodenprofils, der Ein- undAusschleusungszeiten sowie der Dauer der Arbeiten im �berdruck von Wichtigkeit.
Literaturerg�nzung:Merget, R. D.:
Erkrankungen beim TauchenIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 222
208 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
23 L�rm
Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 23 01 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 223
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 209
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 23 01 Anlage BKV
Arbeitsschutz 8/9/1977, 204–205
L�rmschwerhçrigkeit
Klinische Zuordnung:HNO-Heilkunde
L�rm im Sinne dieses Merkblattes ist Schall (Ger�usch), der das Gehçr sch�digenkann. Bei einem Beurteilungspegel von 90 dB(A) und mehr sowie andauernder Ein-wirkung, besteht f�r einen betr�chtlichen Teil der Betroffenen die Gefahr einer Gehçr-sch�digung. Gehçrsch�den kçnnen jedoch auch bereits durch einen L�rm verursachtwerden, dessen Beurteilungspegel den Wert von 85 dB(A) erreicht oder �berschreitet.
Der Beurteilungspegel kennzeichnet die Wirkung eines Ger�usches auf das Ohr. Erist der Pegel eines f�r die Dauer einer achtst�ndigen Arbeitsschicht konstanten Ger�u-sches oder, bei zeitlich schwankendem Pegel, der diesem gleichgesetzte Pegel. Wenndie Beurteilungspegel an den Tagen einer Arbeitswoche unterschiedlich sind, wird derBeurteilungspegel auf eine 40st�ndige Arbeitswoche bezogen. Der Beurteilungspegelwird nach der VDI-Richtlinie 2058 Blatt 2 „Beurteilung von Arbeitsl�rm am Arbeits-platz hinsichtlich Gehçrsch�den“ Abs. 4.4. in Zusammenhang mit Anhang A undDIN 45641 ermittelt und in dB(A) angegeben.
Am Arbeitsplatz kann L�rm nach mehrj�hriger Einwirkung zu L�rmsch�den desGehçrs f�hren. Bei sehr hohen Lautst�rken sind bleibende Gehçrsch�den schon nachwenigen Tagen oder Wochen mçglich. Ger�usche, bei denen Frequenzen �ber 1000Hz vorherrschen, und schlagartige Ger�usche hoher Intensit�t(Impulsl�rm) sind f�rdas Gehçr besonders gef�hrlich. Durch L�rm verursachte Gehçrsch�den kçnnen eineBerufskrankheit „L�rmschwerhçrigkeit“ werden.
I. Gefahrenquellen
L�rmarbeiten kommen in vielen Gewerbezweigen vor, besonders vielf�ltig und h�ufigin der Metallbe- und -verarbeitung (Niet- und Hammerarbeiten, Arbeiten in Draht-und Nagelfabriken, Gußputzen, Schleifen, Blechbearbeitung; alle Arbeiten mitDruckluftwerkzeugen, Strahlarbeiten, Spritzmetallarbeiten, manche Schweiß- undSchneidearbeiten, Arbeiten an Pressen), im Bergbau, an Motorenpr�fst�nden, im Be-reich von Gasturbinen, Kompressoren und Gebl�sen, bei der Holzbearbeitung (Ho-belmaschinen, S�gen), in der Textilindustrie (Web- und Spinnmaschinen), an Drucke-reimaschinen, in der Lebensmittelindustrie (Flaschenabf�llerei, Fleischcutter); beimGewinnen und Bearbeiten von Steinen, bei Bauarbeiten (Rammen, Planierraupen,Bagger und Gleisstopfmaschinen); im Luftverkehr (vor allem beim Bodenpersonal),im Schiffsverkehr (Maschinenr�ume), sowie auch sonst in der N�he von Dieselmoto-ren usw.
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210 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
II. Pathophysiologie
Die Schallwellen gelangen durch Luftleitung �ber den Gehçrgang und – in schw�che-rem Maße – als Kçrperschall �ber die Sch�delknochen zum Innenohr. Sie f�hren dortzun�chst zu einer Erm�dung der Sinneszellen der unteren Schneckenwindung (rever-sible „Vert�ubung“, „vor�bergehende Schwellenabwanderung“ im Tonaudiogramm,„Kompensationsphase“). Wenn die Erholungsmçglichkeit (z. B. durch L�rmpausenvon entsprechender Dauer) nicht mehr ausreicht, kommt es zu einem Dauerschadendurch Stoffwechselerschçpfung und Zelltod. Das Ausmaß des L�rmschadens nimmtmit der Dauer der L�rmexposition und mit der L�rmintensit�t zu. Nach etwa15–20 Jahren wird – infolge Zerstçrung aller durch L�rm zerstçrbaren Zeilen – eine„S�ttigungsphase“ erreicht. Nach beendeter L�rmexposition ist nicht mehr mit einemFortschreiten der L�rmschwerhçrigkeit zu rechnen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die L�rmschwerhçrigkeit ist eine Schallempfindungsschwerhçrigkeit vom „Haarzell-typ“ (= Innenohrschwerhçrigkeit). Zun�chst ist die Wahrnehmung der hçheren, sp�-ter erst die der mittleren und tieferen Tçne beeintr�chtigt. Bei L�rmschwerhçrigkeit
sind eine große Differenz zwischen den Hçrweiten f�r Umgangs- und Fl�stersprachesowie im Tonaudiogramm ein �bereinstimmen der Hçrschwellenkurven f�r Luft-und f�r Knochenleitung festzustellen. Die chronische Schwerhçrigkeit durch L�rm
tritt immer doppelseitig auf, sie muß aber nicht streng symmetrisch ausgebildet sein;große Seitendifferenzen mahnen allerdings zu kritischer Kl�rung und Beurteilung.Subjektive Ohrger�usche werden verh�ltnism�ßig h�ufig angegeben, sind aber nichtspezifisch f�r eine Schwerhçrigkeit durch L�rm. Gleichgewichtsstçrungen gehçrennicht zum Krankheitsbild.
Schon die beginnende Gehçrsch�digung durch L�rm kann mittels Tonaudio-gramm durch typischen Hçrverlust im Frequenzbereich um 4000 Hz (sog. c5-Senke)festgestellt werden Auch sp�ter ist noch f�r l�ngere Zeit ein �berwiegen de Hochton-stçrung feststellbar, aus der Hochtonsenke wird ei Hochtonabfall. Der Hauptsprach-bereich (500–3000 Hz) wir erst sp�t beeintr�chtigt.
Ein Lautheitsausgleich (Recruitment), mçglichst durch mehrere �berschwelligePr�fmethoden best�tigt, spricht f�r eine Sch�digung der Sinneszellen des Corti-Or-gans durch L�rm.
Differentialdiagnostisch ist eine Schalleitungs-(Mittelohr-)Schwerhçrigkeit leichtauszuschließen (u. a. im Tonaudiogramm in nicht nur einer Frequenz mehr als 10 dBDifferenz zwischen Luft- und Knochenleitung); weitere Hinweise auf die Mçglichkeiteiner gestçrten Schalleitung sind morphologische Ver�nderungen und Bewegungsein-schr�nkungen an den Trommelfellen, eine behinderte Tubendurchg�ngigkeit und eineFixation der Gehçrknçchelchenkette. Schwieriger gestaltet sich der Ausschluß vonSchallempfindungsstçrungen anderer Ursachen; neben dem Recruitment ist vor allemdie Form des Tonaudiogramms von Bedeutung. Nur der basocochle�re Typ sprichtf�r Schwerhçrigkeit durch L�rm, w�hrend mediocochle�re Typen f�r eine andere Lo-
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 211
kalisation im Schneckenwindungssystem entweder im Sinne einer heredit�ren oder ei-ner Hçrnervenschwerhçrigkeit sprechen, pancochle�re Formen eher auf eine Meni-re'sche Krankheit hindeuten. Hinweise auf toxische Sch�den des Innenohrs (durchototoxische Medikamente, besonders bei Tbk, durch Kohlenmonoxid usw.) und aufKnalltraumen m�ssen in erster Linie aus der Anamnese gewonnen werden. Eine kon-stitutionelle degenerative Innenohrschwerhçrigkeit muß nicht immer erkennbar erb-lich sein; sie ist h�ufig erheblich seitendifferent, ihr Beginn ist vielfach schon auf dieZeit vor der L�rmexposition zur�ckzuverfolgen. Auch muß man bei einem auff�lligenMißverh�ltnis zwischen Schwere der Hçrstçrung und Dauer und/oder Intensit�t derL�rmexposition an degenerative Prozesse, z. B. auch in urs�chlichem Zusammenhangmit einer erkennbaren Hirnsklerose, denken. Auch ein Durchblutungsmangel des In-nenohrs infolge Osteochondrose der Halswirbels�ule ist zu beachten.
IV. Weitere Hinweise
Zur Anzeigepflicht: Der Verdacht auf eine anzeigepflichtige L�rmschwerhçrigkeit istbegr�ndet, wenn der Versicherte eine Reihe von Jahren unter L�rmbedingungen t�tigist oder war, die Hçrfunktionsstçrung dem Bilde der Innenohrschwerhçrigkeit ent-spricht und das Sprachgehçr beeintr�chtigt ist.
Reine Hochtonverluste sind nicht anzeigepflichtig. Pr�ventivmedizinische Zielset-zungen kçnnen auf andere Weise (z. B. durch Kontakt mit dem Betriebsarzt oder Mit-teilung an den Tr�ger der gesetzlichen Unfallversicherung) wirksamer und einfacherverfolgt werden.
Zur Begutachtung: F�hrende deutsche Audiologen haben in Zusammenarbeit mitdem Berufsgenossenschaftlichen Forschungsinstitut f�r L�rmbek�mpfung des Haupt-verbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften „Empfehlungen des Hauptver-bandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften f�r die Begutachtung der beruflichenL�rmschwerhçrigkeit“ („Kçnigsteiner Merkblatt“) erarbeitet, die dem jeweiligenStand der Wissenschaft und der praktischen Erfahrung von Zeit zu Zeit angepaßtwerden sollen. Die in den Empfehlungen enthaltenen Tabellen zur Einsch�tzung derMdE sind allgemeine Richtwerte, sie d�rfen nicht schematisch f�r die ErmittlungMdE angewendet werden. F�r den Vorschlag zur Hçhe der MdE ist entscheidend, inwelchem Umfang dem Versicherten der allgemeine Arbeitsmarkt mit seinen vielf�lti-gen Erwerbsmçglichkeiten, in dem es h�ufig auf das ungestçrte Hçrvermçgen wenigankommt, verschlossen ist.
Die Empfehlungen enthalten außerdem Hinweise auf die f�r eine angemesseneBegutachtung erforderlichen Untersuchungen: Eigen- und Familienanamnese sowieArbeitsanamnese, Spiegeluntersuchung einschl. Pr�fung der Beweglichkeit der Trom-melfelle und der Tubendurchg�ngigkeit, Stimmgabelpr�fung, Tonschwellenaudio-metrie, mindestens zwei �berschwellige Testmethoden zur Differentialdiagnose,Sprachaudiometrie, Hçrweitenpr�fung und Pr�fung auf Spontan- und Provokations-nystagmus. Rç-Untersuchungen sollen nur bei spezieller Indikation vorgenommenwerden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 226
212 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Es wird verlangt, daß der Funktionsverlust in Form des prozentualen Hçrverlustesangegeben wird, aus dem dann der MdE-Vorschlag abzuleiten ist.
Grundvoraussetzung f�r die Bejahung einer beruflichen L�rmschwerhçrigkeit isteine hinreichende L�rmexposition am Arbeitsplatz. L�rmmessungen am Arbeitsplatzsind deshalb unentbehrlich, wenn nicht auf bereits bekannte Meßergebnisse zur�ck-gegriffen werden kann.
Eine Alterskorrektur wird bei noch unter L�rmbedingungen T�tigen grunds�tzlichnicht vorgenommen; dagegen ist sie zu ber�cksichtigen, wenn bei vorgeschrittenemAlter seit dem Ende der L�rmarbeit einige Jahre vergangen sind oder wenn der augen-blickliche Hçrverlust den zu erwartenden Altersverlust nicht �bersteigt. Bei dem nichtganz seltenen Ereignis einer akut auftretenden Hçrstçrung durch L�rm ist der zeitli-che Zusammenhang zwischen der sch�digenden L�rmeinwirkung und dem Auftretender Hçrstçrung eingehend zu pr�fen. Außerdem ist nach Mçglichkeit der Beweis zuf�hren, daß vor der L�rmexposition ein normales oder doch wesentlich besseres Hçr-vermçgen bestanden hat.
V. LiteraturLehnhardt, E.:
Die Berufssch�den des Ohres.Hauptreferat der 36. Tagung d. Dtsch. Ges. HNO-�rzte, Hamburg 1965.
Boenninghaus, H. G., und D. Roeser:Neue Tabellen zur Bestimmung des prozentualen Hçrverlustes f�r das Sprachgehçr.Laryng. Rhinol. 52 (1973) 153–161.
Feldmann, H.:Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes.Stuttgart 1976.
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Schriftenreihe):Arbeitsmedizinische Tagung �ber die berufliche L�rmschwerhçrigkeit.Bad Reichenhall 1974 (dort auch erste Fassung des „Kçnigsteiner Merkblattes“).
Literaturerg�nzung:Berghoff, F.
Hçrleistung und berufsbedingte Hçrsch�digung des Orchestermusikersmit einem Beitrag zur Pathophysiologie des l�rmtraumatischen HçrschadensMed. Diss., Kçln 1968
Schuschke, G., Maschke, C.:L�rm als UmweltfaktorIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 227
Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 213
24 Strahlen
Merkblatt zu den Berufskrankheiten Nr. 24 01 und Nr. 24 02 Anlage BKV
Literaturhinweis:Strahlungen (Dçrr et al., 2004)
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214 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 24 01 Anlage BKV
(Nr. 28/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 130–131
Grauer Star durch W�rmestrahlung
Klinische Zuordnung:Ophthalmologie
I. Vorkommen, Gefahrenquellen und Wirkungsweise
Grauer Star durch W�rmestrahlung (Infrarotstar oder Feuerstar, W�rmestar, Glasbl�-serstar) wird durch Einwirkung infraroter Strahlen, d. h. einer außerhalb des sicht-baren Lichtspektrums gelegenen Wellenstrahlung, verursacht. Der die Augenlinsesch�digende Teil der W�rmestrahlung liegt bei Wellenl�ngen zwischen etwa 750 (nm)bis 2400 (nm). Im allgemeinen emissioniert hellrot-, gelb und weißgl�hendes Materialdiese sch�digenden Strahlen. Die Gef�hrdung ist proportional der Grçße der strahlen-den Fl�che, zunehmender Abstand von der strahlenden Materie verringert die Gef�hr-dung.
Es ist noch nicht abschließend gekl�rt, ob die infraroten Strahlen selbst oder dievon ihnen bei der Absorption durch die Iris erzeugte Erw�rmung des Kammerwassersdie Augenlinse sch�digen.
Gefahrenquellen sind u. a. der Umgang mit gl�hendem Glas in Glash�tten, seltenerder Umgang mit gl�henden Schmelzmassen in Eisenh�tten, Metallschmelzereien, inBetrieben der Weißblechherstellung und in Karbidfabriken. Die sch�digende Strahlungkann sowohl von der Schmelzmasse als auch vom gl�henden Material oder von der In-nenauskleidung der Schmelzçfen ausgehen. Personen, die keine geeignete Schutzbrilletragen, kçnnen gef�hrdet sein.
Die zu Heizzwecken verwendeten Infrarotstrahler und Gl�hlampen kçnnen we-gen ihrer geringen Strahlungsintensit�t den Star durch W�rmestrahlung nicht verursa-chen.
II. Krankheitsbild und Diagnose
Grauer Star durch W�rmestrahlung kann infolge mehrj�hriger, in der Regel �ber 20Jahre dauernder Einwirkung von infraroten Strahlen entstehen. Er tritt meistens zu-n�chst einseitig auf; bei Rechtsh�ndern erkrankt oft zuerst das linke, dem Schmelz-ofen zugewandte Auge.
Die ersten Ver�nderungen zeigen sich am hinteren Linsenpol. Subkapsul�r bildensich Vakuolen und brçckelige Tr�bungen, die zusammenfließen kçnnen und als Tr�-bungsscheibe am hinteren Pol sichtbar werden. Gleichzeitig oder auch vorher kannvereinzelt eine Ablçsung der oberfl�chlichen Lamelle der vorderen Linsenkapsel auf-treten. Diese Lamelle haftet mit ihrer Basis an der Linsenkapsel, der freie Teil rolltsich ein und ragt in die vordere Augenkammer hinein.
Bei der Untersuchung im fokalen Licht – vor allem mit der Spaltlampe – ist eineschalen- oder sternfçrmige Tr�bung mit dichterem, gegen die Linsenmitte prominen-
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 215
tem Zentrum zu erkennen. Zun�chst ist der Tr�bungsbezirk nicht scharf begrenzt.Eine Abnahme des Sehvermçgens tritt erst dann ein, wenn die Linsentr�bung eine be-stimmte Dichte erreicht hat. Das Endstadium gleicht dem klinischen Bild des reifenAltersstars. Eine Unterscheidung von diesem ist dann nur noch gelegentlich durch dasoben beschriebene Auftreten der typischen Ablçsung der oberfl�chlichen Lamelle dervorderen Linsenkapsel (sog. Feuerlamelle) mçglich.
Die prim�ren Erscheinungen des grauen Stars durch W�rmestrahlung sind meis-tens charakteristisch f�r diese Erkrankung.
Als Nebenbefund ist h�ufig eine durch die Strahlung bewirkte br�unlich-rote Pig-
mentierung der Gesichtshaut mit einer Erweiterung der feinen Hautgef�ße, vorwie-gend auf der st�rker exponierten Gesichtsh�lfte, festzustellen.
Differentialdiagnostisch sind Linsentr�bungen aus anderen Ursachen auszuschlie-ßen. Gleichzeitiges Vorkommen pr�seniler und seniler Ver�nderungen der Linse mitdem W�rmestar ist bei der langen Latenzzeit mçglich. H�ufig tritt er jedoch in einemrelativ fr�hen Lebensalter, d. h. schon vom 40. Lebensjahr an, auf.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Eingehende Arbeitsanamnese und Pr�fung, ob infolge beruflicher Arbeiten die Entste-hung des W�rmestars mçglich war, sind erforderlich.
Linsenerkrankungen durch Einwirkung ionisierender Strahlen werden unterNr. 27*) der Anlage zur 6. BKVO erfaßt.
*) entspricht BK-Nr. 24 02 Anlage BKV.
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216 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 24 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1991,72–74
Erkrankungen durch ionisierende Strahlen
Klinische Zuordnung:OpthalmologieEndokrinol./H�matol.Gyn�ko-/DermatologieGastroenterologiePneumo-/NeurologieUro-/NephrologieOrthop�die
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Rçntgenstrahlen sind in der Antikathode durch Abbremsung der Elektronen erzeugteenergiereiche, elektromagnetische Wellen. Von Gegenst�nden, die durch Rçntgen-strahlen getroffen werden, gehen Streustrahlen aus. Rçntgenstrahlen kçnnen eine Ge-fahrenquelle darstellen f�r Personen, die der direkten oder indirekten Einwirkung,z. B. im Bereich der Medizin, bei der Materialpr�fung, in der Rçntgenapparate- oder-rçhrenindustrie, ausgesetzt sind.
Radioaktive Stoffe sind Elemente, d. h. Radionuklide, die von selbst zerfallen unddabei spontan Strahlen aussenden, meist Alpha-, Beta- oder Gammastrahlen. Manunterscheidet nat�rliche und k�nstliche radioaktive Stoffe. Letztere werden vorwie-gend in Reaktoren als Spaltprodukte oder durch Neutronenbeschuß gewonnen. Ra-dioaktive Stoffe kommen in fester oder fl�ssiger Form oder als Gase vor; sie werdenals offene oder umschlossene Pr�parate verwendet. Radioaktive Stoffe kçnnen in ent-sprechenden Dosen eine Gefahrenquelle f�r Personen sein, die bei Gewinnung, Ver-arbeitung, Verwendung oder beim Transport mit diesen Stoffen oder den von ihnenausgesandten Strahlen in Ber�hrung kommen, z. B. bei der medizinischen Diagnostikoder Therapie, bei wissenschaftlichen Untersuchungen, bei der Werkstoffpr�fung, beibestimmten Meßverfahren, bei der industriellen Verarbeitung und Anwendung vonRadionukliden sowie bei T�tigkeiten im Uranbergbau und in kerntechnischen Anla-gen.
Unter anderen ionisierenden Strahlen sind solche atomaren Teilchen zu verstehenwie Elektronen, Protonen, Deuteronen und andere beschleunigte Ionen sowie Neu-tronen, die direkt oder indirekt ionisieren. Diese kçnnen in Atomreaktor- und Teil-chenbeschleunigerbetrieben vorkommen.
II. Pathophysiologie
Alle energiereichen ionisierenden Strahlen lçsen beim Auftreffen auf Materie physika-lisch-chemische Reaktionen aus, die im lebenden Gewebe zu Stçrungen der Zellt�tig-keit, zum Zelluntergang und damit zu funktionellen und morphologischen Ver�nde-rungen f�hren kçnnen. Durch die Kçrperoberfl�che, d. h. von außen einwirkendeionisierende Strahlen (externe Exposition) haben im Organismus bei identischerDosis prinzipiell die gleiche Wirkung wie die Strahlen, die von inkorporierten (�ber
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Atem- und Verdauungswege oder Haut und Schleimhaut) radioaktiven Stoffen aus-gehen (interne Exposition).
Das Ausmaß der biologischen Wirkung ist abh�ngig von physikalischen Kom-ponenten, wie1. absorbierter Strahlenmenge (Dosis),2. Strahlenart,3. zeitlicher Verteilung der Dosis (Dosisleistung, ein- oder mehrmalige Bestrahlung
in k�rzeren oder l�ngeren Zeitabst�nden),4. r�umlicher Verteilung der Dosis (Ganzkçrperbestrahlung, lokale Bestrahlung)
und von biologischen Faktoren, wie5. Alter, Geschlecht, Gesundheits- und Ern�hrungszustand, Temperatur des expo-
nierten Individuums,6. Strahlenempfindlichkeit des betroffenen Gewebes.Bei Inkorporierung spielen die physikalische Halbwertzeit und das Stoffwechselver-halten des radioaktiven Stoffes eine entscheidende Rolle.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Man unterscheidet nicht-stochastische und stochastische Strahlenwirkungen. Bei dennicht-stochastischen Wirkungen muß eine Schwellendosis �berschritten werden, da-mit der Effekt eintritt; bei den stochastischen Strahlenwirkungen wird keine Schwel-lendosis angenommen.
A. Akuter Strahlenschaden nach GanzkçrperbestrahlungEr beruht meistens auf einem Unfall. Im Vordergrund stehen bei Dosen �ber 1 Sv zu-nehmend Sch�den der Zellerneuerungssysteme f�r Blut und des Darmepithels. DasBild der akuten Strahlenkrankheit aggraviert mit steigender Dosis und ist gekenn-zeichnet durch das sogenannte akute Strahlensyndrom. Hierzu gehçren u. a. in derFr�hphase Kopfschmerzen, �belkeit, Brechreiz, Abgeschlagenheit, Appetitmangelund sp�ter insbesondere Infektanf�lligkeit sowie Blutgerinnungsstçrungen mit Blu-tungen in Haut und Schleimh�uten; auch blutige Durchf�lle und Erbrechen kçnnenauftreten.
Bei entsprechend hoher Dosis (2 Sv und hçher) f�llt bereits in den ersten Stundenbis Tagen nach dem Strahleninsult die Lymphozytenzahl im zirkulierenden Blut ab;die �brigen Blutelemente (Granulocyten, Thrombozyten, Erythrocyten) folgen dosis-abh�ngig und entsprechend ihrer biologischen Lebenszeit in sp�teren Tagen, da dieZellerneuerung im Knochenmark gesch�digt ist.
B. Akuter lokaler Strahlenschaden nach TeilkçrperbestrahlungBei Bestrahlung grçßerer Kçrperabschnitte kçnnen die Symptome des lokalen Scha-dens mit den unter A genannten Allgemeinerscheinungen verbunden sein.1. Ein akuter Schaden der Haut infolge beruflicher T�tigkeit ist vorwiegend an den
H�nden lokalisiert und beginnt mit einem meist juckenden Erythem, das je nach
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218 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Dosis in Wochen, Tagen oder Stunden mit wechselnder Intensit�t in Erscheinungtritt. Sehr hohe Dosen verursachen Desquamation und Nekrose (Ulcus).
2. Ein akuter Schaden der Schleimhaut kann etwas fr�her als der akute Schaden derHaut auftreten und besteht wie dieser in Erythem, Desquamation mit Blutungenund ggf. Nekrose.
3. Ein akuter Schaden des Auges �ußert sich �berwiegend in einer entz�ndlichen Ver-�nderung der Bindehaut.
4. Ein akuter Schaden der Keimdr�sen �ußert sich in tempor�rer oder dauernder Ste-
rilit�t mit Amenorrhoe bzw. Oligo-Azoospermie.Die unter Ziff. 1 bis 4 genannten Sch�den sind nur bei Einwirkung hçherer Dosen(1 Sv und hçher) zu erwarten.
C. Chronischer allgemeiner Strahlenschaden nach GanzkçrperbestrahlungEr kann sich durch einmalige Einwirkung einer hohen Strahlendosis als Folge einerakuten Strahlensch�digung wie auch durch wiederholte Einwirkung kleinerer Dosenentwickeln. Die unter A geschilderten Symptome kçnnten bei geringeren Strahlendo-sen bzw. geringer Dosisleistung fehlen oder in abgeschw�chter Form auftreten, unddennoch werden sp�ter Strahleneffekte hervorgerufen (s. Abschnitt E).
D. Chronischer lokaler Strahlenschaden nach TeilkçrperbestrahlungAkute oder chronische Teilkçrperbestrahlungen verursachen Sp�tsch�den (s. Ab-schnitt E).Besondere Beachtung verdient:1. Bei externer Bestrahlung kommt es immer zu einer Exposition der Haut. Ein chro-
nischer Schaden der Haut �ußert sich nach hohen Strahlendosen (mehrere Sv undhçher) in Atrophie mit pergamentartiger Beschaffenheit der Haut sowie in Pig-mentverschiebung, ungleichm�ßiger Pigmentierung, Trockenheit infolge Stçrungder Talg- und Schweißdr�senabsonderung, Dauerepilation, trockener Abschilfe-rung, Verhornung, Rhagadenbildung und Teleangiektasie. Außerdem kçnnenWachstumstçrungen mit L�ngsriffelung und Br�chigkeit der N�gel auftreten. Ek-
zeme und schmerzhafte Ulzerationen sowie Warzenbildung und Hautkarzinome
sind mçglich.2. Chronischer Schaden der Atemwege und der Lunge: U. a. kommt es bei der Fçr-
derung von Pechblende-Erz, welches Radium, dessen Zerfallsprodukte und andereradioaktive Stoffe enth�lt, durch Inhalation zur lokalen Exposition der Atemwe-ge. Nach mehrj�hriger Einwirkungszeit kçnnen chronische Sch�den (z. B. Lungen-
fibrosen) und Lungenkrebs (sog. „Schneeberger Lungenkrebs“) auftreten. DieZerfallsprodukte des Radiums (Radon u. a.), welche vorwiegend �ber die Atem-wege aufgenommen werden, spielen dabei eine wichtige Rolle.
3. Chronische Sch�den an anderen Organen kçnnen durch Strahleneinwirkung in-korporierter radioaktiver Stoffe auftreten. Sie finden sich am h�ufigsten bei densogenannten kritischen Organen, d. h. denjenigen Organen, in denen radioaktive
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 219
Stoffe sich bevorzugt ablagern (z. B. Schilddr�sen f�r Jod, Knochen f�r Strontium,Polonium u. a.).
E. Strahlensp�tsch�den
Strahlensp�tsch�den kçnnen sowohl nach einmaliger Einwirkung einer hohen Dosisals auch nach langzeitiger oder wiederholter Einwirkung kleiner Dosen auftreten.Der Strahlenexposition folgt eine l�ngere symptomfreie Latenzzeit; eine akute Strah-
lenkrankheit muß dabei nicht vorausgegangen sein. Neben o. g. Sp�tsch�den der
Haut und Atemwege und neben Katarakten, die nach Bestrahlung der Augen mit hç-heren Dosen (>2 SV; vorwiegend bei Neutronen und schweren Teilchen, aber auch beilocker ionisierender Strahlung) vom hinteren Linsenpol ausgehend beobachtet wer-den, sind vor allem Leuk�mien und andere maligne Tumoren als strahlenbedingteSp�tsch�den bedeutsam (s. Anhang 2). Die Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Erkran-kungen ist dosisabh�ngig.
IV. Weitere Hinweise
Um zu beurteilen, ob eine Erkrankung auf eine Strahlenexposition zur�ckzuf�hrenist, sind eine eingehende Arbeitsanamnese unter Ber�cksichtigung technischer Einzel-heiten am Arbeitsplatz, der Ergebnisse der Personen- und Ortsdosismessungen, ande-rer unter II genannter physikalischer und biologischer Faktoren sowie der f�r den Ar-beitsplatz getroffenen Strahlenschutzmaßnahmen von entscheidender Bedeutung.
Besonders ist zu pr�fen, ob es sich beim Umgang mit radioaktiven Stoffen um of-fene oder umschlossene Pr�parate gehandelt hat. Bei Arbeiten mit offenen Pr�paratenist die Mçglichkeit einer Kontamination oder Inkorporation gegeben. Ggf. ist derNachweis inkorporierter radioaktiver Stoffe im Kçrper und in den Kçrperausschei-dungen in speziell hierf�r eingerichteten Instituten zu f�hren.
Die Beurteilung der Strahleneinwirkung ist in der Regel schwierig und sollte daherggf. in Zusammenarbeit mit einem Strahlenbiologen/-physiker erfolgen.
Die Anh�nge 1 und 2 zum Merkblatt sind zu beachten.
V. LiteraturBEIR:
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 234
220 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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Literaturerg�nzung:Steiof, M., Gardey, K.-U., Dott, W.:Ionisierende StrahlenIn: Dott et al. (Hrsg.): Lehrbuch der UmweltmedizinWVG, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2002
Anhang 1 zum Merkblatt f�r die �rztliche Untersuchung zu Nr. 2402 Anl. 1 BeKV
Erl�uterungen von ausgew�hlten Begriffen und Einheiten1. Ionisieren bedeutet das Abtrennen von Elektronen aus dem Atomverband, wobei
die ionisierten Atome oder die ionisierte Atome enthaltenden Molek�le in einenZustand ver�nderter chemischer und dadurch auch biologischer Reaktionsbereit-schaft gelangen.
2. Ionisierende Strahlen sind energiereiche Wellen – (Quanten- oder Photonen-) bzw.Teilchen-(Korpuskular)-strahlen, die beim Durchgang durch Materie die Atomezu ionisieren vermçgen.
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 221
3. Direkt ionisierende Strahlen sind alle elektrisch geladenen Korpuskeln, wie z. B.schnelle Elektronen oder Betastrahlen, Alphastrahlen, Protonen usw.
4. Indirekt ionisierende Strahlen sind Rçntgen- und Gammastrahlen sowie Neutro-nen, die durch Wechselwirkung mit Atomen direkt ionisierende Strahlen erzeugen(z. B. Rçntgen- oder Gammastrahlen: Elektronen; Neutronen: R�ckstoßprotonenoder Kernprozesse).
5. Von außen wirkende Strahlen sind solche, die von einer außerhalb des Kçrperssich befindenden Strahlenquelle in den Kçrper einwirken (externe Exposition).
6. Von innen wirkende Strahlen sind solche Strahlen, die von inkorporierten radio-aktiven Stoffen im Kçrper ausgehen (interne Exposition).
7. Kontamination ist eine Verunreinigung durch radioaktive Stoffe.8. Umschlossene Strahler sind radioaktive Stoffe, die in festen und inaktiven Stoffen
inkorporiert sind, oder die von einer inaktiven H�lle umschlossen ist, die aus-reicht, um bei �blicher Beanspruchung ein Austreten radioaktiver Stoffe zu verhin-dern und die Mçglichkeit einer Kontamination auszuschalten.
9. Offene Strahler sind radioaktive Stoffe, die nicht in festen und inaktiven Stoffeninkorporiert oder von solchen umh�llt sind. Austreten radioaktiver Stoffe undKontamination sind mçglich.
10. Als Einheit der Strahlendosis (Ionendosis) gilt: „Coulomb pro Kilogramm“(C/kg). Die alte Einheit ist das „Rçntgen“ (R); Umrechnungsfaktor: 1 C/kg = 1,88x 303 R.
11. Als Einheit der absorbierten Dosis (Energiedosis) gilt das „Gray“ (Gy). Die alteEinheit ist das „Rad“ (rd). Umrechnungsfaktor: 1 Gy = 100 rd.
12. Die �quivalentdosis „Sievert“ (Sv) wird als Einheit im Strahlenschutz verwendet.Sie ber�cksichtigt die unterschiedliche biologische Wirksamkeit verschiedenerStrahlenqualit�ten. Die Strahlenqualit�t wird bestimmt durch die Strahlenart und-energie. Zur Ber�cksichtigung der biologischen Wirksamkeit sind Bewertungsfak-toren (q) festgelegt (Sv = Gy x q). Die alte Einheit ist das „Rem“ (rem). Umrech-nungsfaktor: 1 Sv = 100 rem.
13. Die Dosisleistung ist die Dosis/Zeit. Sie wird z. B. in „Gy/h“, oder „Sv/sec“ bzw.„Sv/min“ usw. gemessen.
14. Als Einheit der Radioaktivit�t gilt das „Becquerel“ (1 Bq = 1 Zerfall/sec); eine Um-rechnung von „Bq“ in „Gy“ oder „Sv“ ist u. a. nur bei genauer Kenntnis der Artdes Strahlers und des Expositionspfades (z. B. externe, interne Bestrahlung) sowieder Kinetik des radioaktiven Stoffes und anderer Faktoren mçglich.
15. Die physikalische Halbwertzeit (HWZ) ist die Zeit, in der die H�lfte der urspr�ng-lich vorhandenen Atome zerfallen ist. (Nach 2 HWZ ist noch 1/4, nach 3 HWZnoch 1/8 usw. der urspr�nglichen Aktivit�t vorhanden.)
16. Die biologische Halbwertzeit ist die Zeit, in der die H�lfte der urspr�nglich imKçrper inkorporierten radioaktiven Stoffe u. a. durch Stoffwechselvorg�nge aus-geschieden wird.
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222 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Anhang 2 zum Merkblatt f�r die �rztliche Untersuchung zu Nr. 2402 Anl. 1 BeKV
Strahlenempfindlichkeit einzelner Organe und Gewebe in Hinsicht auf die Verursa-chung maligner Erkrankungen
Grad der Empfindlichkeit Organ/Gewebe
Hoch Brust
Colon
Knochenmark (Leuk�mie)
Lunge
Magen
Mittel Blase
Haut
Leber
Lymphat. Zellen (Plasmocytom)
�sophagus
Ovar
Schilddr�se
Niedrig Hirn
Knochen
Lymphat. Zellen (maligne Lymphome)
Niere
Prostata
Rektum
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 223
3 Durch Infektionserreger oder Parasitenverursachte Krankheiten sowieTropenkrankheiten
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 31 01 – Nr. 31 04 Anlage BKV
Literaturhinweis:�ffentliches Gesundheitswesen (Exner, 2002)Bioaerosole (K�mpfer, 2002)Infektionen in Klinik und Praxis (Vogel und Lebert, 2004)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 238
224 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 31 01 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 1/2001, 35–38
Infektionskrankheiten, wenn der
Versicherte im Gesundheitsdienst, in der
Wohlfahrtspflege oder in einem
Laboratorium t�tig oder durch eineandere T�tigkeit der Infektionsgefahr in�hnlichem Maße besonders ausgesetzt war.
Klinische Zuordnung:Ophthalmol./Dermatol./HNO-Heilk.Gyn�kol./Neonatol./Innere MedizinAngio-/Gastroentero-/H�matologieNephro-/Pneumo-/NeurologieMikrobiol./Infektionsepid./HygieneUmweltmed./�ff. Ges.-W./
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Unter der Nr. 3101 der Anlage zur BKV sind Krankheiten erfasst, die von Mensch zuMensch �bertragbar sind. Diese Krankheiten fallen grunds�tzlich dann unter dieNr. 3101 der Anlage zur BKV, wenn sie bei Versicherten auftreten, die infolge derAus�bung ihrer beruflichen T�tigkeit in bestimmten Bereichen einer gegen�ber derallgemeinen Bevçlkerung wesentlich erhçhten Infektionsgefahr ausgesetzt sind.
Dies trifft haupts�chlich auf das Personal in station�ren oder ambulanten medizi-nischen Einrichtungen der Human- und Zahnmedizin, in wohlfahrtspflegerischenEinrichtungen und Laboratorien zu. Außerdem kçnnen in diesen Bereichen kurzfris-tig mit Arbeiten wie Warten, Instandsetzen oder Entsorgen t�tige Personen betroffensein. Ein Risiko in �hnlichem Maße kann auch bei T�tigkeiten in der Gentechnik,Biotechnologie, in Abwasser- und Kl�ranlagen bestehen.
II. �tiopathogenese
Die Aufnahme der Krankheitserreger kann �ber die nicht sichtbar verletzte (Mikrol�-sionen) oder verletzte Haut bzw. Schleimhaut (trans-, perkutane Infektion als Kon-takt- oder Schmierinfektion), �ber den Atemtrakt (aerogene Infektion als Trçpfchen-oder Staubinfektion), parenteral (Stich- oder Schnittverletzung) oder �ber den Ver-dauungstrakt (orale Infektion, Schmierinfektion) erfolgen. Als Ergebnis der Auf-nahme des Erregers resultieren nach unterschiedlichen Inkubationszeiten entwederlokale oder systemische Vermehrungen des Erregers mit oder ohne Auftreten vonKrankheitssymptomen. Dabei umfasst der Verlauf der Infektion einen Prozess, indem mehrere Abwehrmechanismen des Immunsystems in einer f�r jeden Erreger typi-schen Weise wirksam werden.
III. Krankheitsbilder und Diagnosen
Bez�glich der Krankheitsbilder und ihrer Diagnosen wird auf die einschl�gigen Lehr-b�cher verwiesen. Zur Veranschaulichung der Bedeutung des BK-relevanten zeitli-chen Zusammenhangs sind im Anhang die Inkubationszeiten und Infektionswege
aufgef�hrt.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 239
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 225
Die Diagnose ist jeweils durch virologische, bakteriologische, serologische undggf. typendifferenzierende Untersuchungen unter Ber�cksichtigung der Inkubations-zeit zu sichern. Bei allen Viren mit vorhandenen Subtypen besteht die Mçglichkeit –�ber die genomische Analyse der Viren der Infektionsquelle und des Versicherten –die Infektionsquelle sicher zu identifizieren oder auszuschließen. Dieses ist auch beieinigen Bakterien durch eine Restriktionsenzymanalyse mçglich.
Wichtige Krankheitsbilder werden im Folgenden dargestellt.
1. Virushepatitiden
Unter der Bezeichnung „Virushepatitis“ werden verschiedene Hepatitiden zusam-mengefasst, die durch unterschiedliche Hepatitisviren hervorgerufen werden und sichhinsichtlich �bertragung, Verlauf, Komplikationen und serologischer Marker unter-scheiden.
1.1. Virushepatitis A
Der Erreger der Erkrankung ist das Hepatitis-A-Virus (HAV), ein RNA-Virus der Fa-milie der Picornaviren. Die �bertragung erfolgt f�kal-oral durch direkten Kontaktmit Kranken (auch �ber kontaminierte Gegenst�nde) oder �ber durch Virusausschei-der oder f�kale Verunreinigungen kontaminierte Lebensmittel oder Trinkwasser. DieInkubationszeit betr�gt 14 bis 40 Tage. Eine Infektiosit�t besteht bereits 7 bis 14 Tagevor dem Krankheitsausbruch.
Neben ikterischen treten h�ufig anikterische Verl�ufe auf. Fieber, heller bis ent-f�rbter Stuhl, dunkler (bierbrauner) Urin, Transaminasenanstieg, Bilirubinerhçhung,Oberbauchbeschwerden und Hepatomegalie sind typische Zeichen. Eine Chronifizie-rung tritt nicht ein. Der Nachweis von IgM-Antikçrpern und sp�ter auch von IgG-Antikçrpern gegen�ber HAV im Serum sichert die Diagnose, wobei zu ber�cksichti-gen ist, dass eine vorausgegangene Impfung zu erhçhten Konzentrationen vonIgG-Antikçrpern f�hren kann. Der Nachweis von HAV im Stuhl und Blut ist �ber An-tigentests und Nukleins�uretests mçglich.
1.2. Virushepatitis B
Der Erreger ist das Hepatitis-B-Virus (HBV), ein DNA-Virus der Familie der Hepad-naviren. Die �bertragung des Erregers erfolgt parenteral durch Blut, Blutprodukte,�ber Sekrete und Exsudate. Außerberuflich erfolgt die Infektion haupts�chlich �berSexualkontakte, i. v.-Drogenkonsum und beruflich vorwiegend �ber Stich- undSchnittverletzungen. Das �bertragungsrisiko bei beruflichem Kontakt ist hoch, beipositiver Envelope-Antigen-(HBe-Antigen)-Infektionsquelle bis zu 100 %. Die Inku-bationszeit betr�gt 60 bis 180 Tage, bei großen Inokulationsmengen z. T. deutlich we-niger. Bei Nachweis von Virusbestandteilen, wie den HBs- und HBe-Antigenen bzw.Nachweis viraler DNA im Serum ist Infektiosit�t vorhanden.
Die Krankheit verl�uft nicht selten symptomarm bis symptomlos. Das akuteKrankheitsbild �hnelt dem der Hepatitis A. Fulminante Verl�ufe (1 bis 2 %) mit Le-
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226 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
berversagen sind mçglich. Die Letalit�t betr�gt 1 bis 2 % auch bei symptomarmenVerl�ufen. Die Chronifizierungsrate bei Erwachsenen betr�gt ca. 10 % (bei M�nnernliegt sie hçher als bei Frauen). Dabei ist der �bergang in eine Leberzirrhose oder einprim�res hepatozellul�res Karzinom h�ufig. Als Komplikationen kçnnen auch Glo-merulonephritis, Arthritis oder Superinfektion mit Hepatitis-D-Virus auftreten. DieDiagnose wird durch HBV-Marker im Serum gesichert. Es erfolgt zuerst die Bestim-mung der korrespondierenden IgG-Antikçrper gegen den Kern (core) des Hepatitis-B-Virus (Anti-HBc), die nach einer Hepatitis-B-Infektion stets nachweisbar bleiben.Bei negativem Ausfall ist keine weitere Markersuche erforderlich. Bei positivemNachweis von Anti-HBc ist nach Vorhandensein von Antigen aus der H�lle (surface)des Virus (HBs-Ag) und den korrespondierenden Antikçrpern (Anti-HBs) zu suchen.Anti-HBs wird erst positiv, wenn HBs-Ag verschwunden ist. Bei Nachweis von Anti-kçrpern – Anti-HBs ‡ 10 IE/l – liegt Immunit�t (als Prophylaxe wird dennoch bei He-patitis-B-Virusexposition die aktive Hepatitis-B-Schutzimpfung empfohlen), bei Anti-HBs ‡ 100 LE/l liegt sichere Immunit�t vor. Isoliertes Anti-HBs (ohne Nachweis vonAnti-HBc) weist auf eine vorausgegangene aktive Hepatitis-B-Schutzimpfung hin.
Bei unkompliziertem Verlauf nehmen die Antigene HBe-Ag (ein Abbauproduktdes HBc-Ag) und HBs-Ag nach wenigen Wochen ab. Die korrespondierenden Anti-kçrper treten nach ca. 10 Wochen (Anti-HBe) bzw. nach ca. 5 bis 6 Monaten (Anti-HBs) auf; beide bleiben �ber Jahre positiv. Solange HBs-Antigen (HBs-Ag) nachweis-bar ist, besteht potentielle Infektiosit�t. Bei Nachweis von HBs-Ag sind zurEinsch�tzung der Infektiosit�t HBe-Ag (hohe Infektiosit�t) und Anti-HBe bzw. HBV-DNA zu bestimmen. Da Virusmutanten (HBe-Ag negativ) h�ufiger vorkommen, istbei positivem HBs-Ag und fehlenden HBe-Markern immer eine DNA-Bestimmung er-forderlich. Der Nachweis von HBV-DNA im Serum ist Ausdruck einer fortbestehen-den Virusreplikation und bedeutet Infektiosit�t.
1.3. Virushepatitis C
Der Erreger der Virushepatitis C ist das Hepatitis-C-Virus (HCV), ein RNA-Virus.Die �bertragung erfolgt u. a. durch Blut und Sexualverkehr. Das �bertragungsrisikobei beruflichem Kontakt wird mit ca. 2 bis 10 % angenommen. Die Inkubationszeitbetr�gt 14 Tage bis 4 Monate bis evtl. 6 Monate, im Mittel 50 Tage. Das parenterale�bertragungsrisiko ist beim Hepatitis-C-Virus niedriger als beim HepatitisB-Virus.
Die Erkrankung verl�uft in 85 % der F�lle chronisch. J�hrlich entwickeln ca. 3 %der chronisch Infizierten ein Leberzellkarzinom. Zur Sicherung der Diagnose werdenim Serum Anti-HCV bestimmt oder HCV-RNA nachgewiesen. HCV-RNA kann 3 bis4 Wochen nach Infektion vor dem Auftreten klinischer Symptome nachgewiesen wer-den.
1.4. Virushepatitis D (Synonym: Deltahepatitis)
Der Erreger ist ein inkomplettes, RNA-haltiges Virus (HDV), das nur gemeinsam mitHBV lebensf�hig ist. Die �bertragung erfolgt wie bei der Hepatitis B. Die Infektion
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Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 227
tritt als Co- oder Superinfektion auf. Die Inkubationszeit betr�gt bei Superinfektion 3Wochen. Bei gleichzeitiger Infektion kann der Nachweis von HDV-Antigen 3 Wochennach erstmaligem HBs-Antigen-Nachweis (insgesamt also Inkubationszeit der Hepa-titis B plus Inkubationszeit der Hepatitis D) erfolgen. Zu einer Chronifizierungkommt es in 2 % der F�lle bei Coinfektion. Bei Superinfektion mit HDV ist f�r 70 bis90 % der Patienten mit einem chronischen Krankheitsverlauf zu rechnen. Die Diag-nose erfolgt �ber den Nachweis von HDV-Antigen und Anti-HDV oder �ber denNachweis der viralen Bestandteile (RNA).
1.5. Virushepatitis E
Der Erreger ist das Hepatitis-E-Virus (HEV), ein RNA-Virus, das mit der Familie derCaliciviren verwandt ist. Die �bertragung erfolgt f�kal-oral wie bei der Hepatitis A.Die Inkubationszeit betr�gt ca. 40 Tage. Es besteht eine �hnliche Ansteckungsgefahrwie bei der Hepatitis A. Das Krankheitsbild gleicht dem der Hepatitis A. Die Letalit�tliegt bei 1 bis 2 %, bei Schwangeren bei etwa 10 %. Die Infektion erzeugt eine lebens-lange Immunit�t. Eine Chronifizierung tritt nicht auf. Die Diagnose erfolgt durch Vi-rusnachweis im Stuhl, Antigen-, Antikçrpernachweis im Serum oder Nukleins�uren-achweis in F�zes und Blut.
2. Tuberkulose
Der Erreger ist meist das Mycobacterium tuberculosis, ein s�urefestes St�bchen. Die�bertragung erfolgt durch Schmier- und Trçpfcheninfektion. Die Inkubationszeit be-tr�gt 4 bis 8 bis eventuell 12 Wochen. Nach der Erstinfektion tritt die Prim�rtuberku-
lose mit lokaler Entz�ndung, dem pneumonischen Prim�rinfiltrat, unter gleichzeitigerBeteiligung des regionalen Lymphknotens als Prim�rkomplex auf. Nachfolgend ver-kalkt das Prim�rinfiltrat meist und der Prim�rkomplex wird inaktiv. Die postprim�reTuberkulose ist im Anschluss an die Prim�rtuberkulose mçglich. Sie tritt am h�ufigs-ten �ber die h�matogene und lymphogene Aussaat der Mykobakterien in den Orga-nismus mit nachfolgender Organtuberkulose auf. Dies gilt z. B. f�r die Meningealtu-
berkulose als fr�he Form der Generalisierung oder die Miliartuberkulose nachDissemination auf lymphogen-h�matogenem Weg oder kanalikul�r �ber die Bron-chien, selten per continuitatem vom pulmonalen Prim�rherd. Daneben kann eine Ino-
kulationstuberkulose nach Einimpfen tuberkulçsen Materials in die Haut auftreten.Als Screeningmethode gilt der Tuberkulinstempeltest. In Zweifelsf�llen wird der Tu-berkulintest nach Mendel-Mantoux durchgef�hrt. Bei positivem Ausfall des Testsund klinischem Verdacht wird eine Lungen�bersichtsaufnahme in zwei Ebenen ange-fertigt. Der Erregernachweis erfolgt mikroskopisch und kulturell aus Sputum, Bron-chialfl�ssigkeit, Magensaft und je nach Manifestation bei Organtuberkulosen aus an-deren Kçrperfl�ssigkeiten oder Gewebsproben. Der Nukleins�ure-Nachweis vonMykobakterien ist mçglich.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 242
228 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
3. HIV-Infektion/AIDS
Als Erreger sind humane Retroviren – das HIV 1 und das HIV 2 – bekannt. Die be-rufsbedingte �bertragung erfolgt durch parenterale Inokulation von erregerhaltigenKçrperfl�ssigkeiten, Blut oder Blutbestandteilen. �bertragung �ber die Konjunktivenist mçglich. Das �bertragungsrisiko bei beruflicher Exposition betr�gt durchschnitt-lich 0,3 %. Es ist 16-fach erhçht bei tiefen Stich- und Schnittverletzungen; f�nffach er-hçht bei sichtbaren Blutspuren auf dem verletzenden Instrument; f�nffach erhçht,wenn die Nadel oder Kan�le zuvor in der Vene oder Arterie eines HIV-Patienten pla-ziert war; sechsfach erhçht bei hoher Viruskonzentration. Die Infektiosit�t ist bis zu100 mal geringer als die des Hepatitis-B-Virus. 2 bis 6 Wochen nach der HIV-Infek-tion tritt bei einigen Personen ein mononukleoseartiges Krankheitsbild auf. Etwa 2Wochen danach sind HIV-Antikçrper nachweisbar. Die Entwicklung eines klinischmanifesten Immundefektes kann nach 6 Monaten bis 10 Jahren erfolgen. Als Folgeder HIV-Infektion tritt derzeit bei 80 % der Infizierten nach etwa 10 Jahren Immun-defizienz (AIDS) ein. Die Diagnose beruht auf dem Nachweis von Antikçrpern gegenHIV-Proteine und wird gesichert durch den Nachweis von HIV-Antigen und HIV-Nu-kleins�ure, gewçhnlich quantitativ.
IV. Weitere Hinweise
F�r den begr�ndeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit muss eine zeit-liche Verbindung zwischen der Exposition gegen�ber dem betreffenden Erreger undder Erkrankung vorhanden sein. Die Erkrankung muss sich innerhalb einer Zeit ent-wickeln, die sich im Rahmen der Inkubationszeit bewegt. Bei inapparent verlaufen-den Erkrankungen sollten die Entwicklung des betreffenden Stadiums und der eventu-elle Folgezustand der Infektionserkrankung bedacht werden. Der �bertragungswegund die Infektiosit�t des Erregers sind zu ber�cksichtigen.
Als Infektionsquelle kommen auch Personen in Betracht, die �bertr�ger sind,ohne selbst klinisch manifest erkrankt zu sein.
Kommt es infolge einer beruflich w�hrend der jeweiligen Schwangerschaft erwor-benen Infektion zu einer intrauterinen Infektion bzw. zu einem Gesundheitsschaden
der Leibesfrucht, so ist eine Entsch�digung des Kindes nach § 12 SGB VII in Betrachtzu ziehen. Das Gregg-Syndrom – die Rçtelnembryopathie – nach berufsbedingter, mitoder ohne Arbeitsunf�higkeit einhergehender Rçtelninfektion der Schwangeren istdaf�r ein bekanntes Beispiel; ebenso z. B. die Infektion mit HAV, HBV (Infektions-risiko bis zu 100 %), HCV, HIV, Varicella-Zoster- und Zytomegalie-Virus.
Infektionskrankheiten, die vom Tier auf den Menschen �bertragen werden bzw.zu den Tropenkrankheiten z�hlen, sind unter den BK-Nrn. 3102 bzw. 3104 erfasst,auch wenn sie bei o. g. T�tigkeiten erworben wurden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 243
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 229
V. LiteraturBek. des BMG vom 22.3.1995:
Liste risikobewerteter Spender- und Empf�ngerorganismen f�r gentechnische Arbeiten.Bundesgesundhbl. 38,5(1995), Sonderbeilage, ebenda 40,12(1997) einschl. Berichtigung ebenda41,2(1998)
Brandis, H.; J. J. Eggers; W. Kçhler; G. Pulverer (Hrsg.):Lehrbuch der Medizinischen Mikrobiologie. 7. Aufl.Gustav Fischer, Stuttgart – Jena – New York, 1994
Enders, G.:Infektionen und Impfungen in der Schwangerschaft.Urban & Schwarzenberg, M�nchen – Wien – Baltimore, 1991
Hahn, H.; D. Falke; S. H. E. Kaufmann; U. Ullmann (Hrsg.):Medizinische Mikrobiologie und Infektiologie. 3. Aufl.Springer, Berlin – Heidelberg – New York, 1999
Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (Hrsg.):G 42 T�tigkeiten mit Infektionsgef�hrdung.In: Berufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.2. Aufl.Gentner, Stuttgart, 1998
Hofmann, F. (Hrsg.):Infektiologie. Diagnostik. Therapie. Prophylaxe. Handbuch und Atlas f�r Klinik und Praxis.Losebl.-Ausg. 1997 ff. – ecomed, Landsberg
Petersen, E. E.:Infektionen in Gyn�kologie und Geburtshilfe. 2. Aufl.Thieme, Stuttgart – New York, 1994
Technische Regeln f�r biologische Arbeitsstoffe – TRBA -310, Ausg. 4/97BArbBl 7–8/1997, S. 87
Anhang:
Ausgew�hlte von Mensch zu Mensch �bertragbare Infektionskrankheiten und
-erreger mit Inkubationszeiten und Infektionswegen
Krankheiten
Erreger
Inkubations-
zeiten
Infektionswege
Chlamydien-Infektionen
Chlamydia pneumoniae
wenige Tage Trçpfcheninfektion
Cholera
Vibrio cholerae
1–4 Tage
(24–48 Stunden)
Kontaktinfektion oder verseuchtes Wasser
und Lebensmittel
Coxsackie-Viruskrankheit
Coxsackie- Virus A und B
2–14 Tage f�kal-oral oder Trçpfcheninfektion
Diphtherie
Corynebacterium
diphtheriae
2–5 Tage Trçpfcheninfektion, infizierte Gegenst�nde
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 244
230 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Krankheiten
Erreger
Inkubations-
zeiten
Infektionswege
Dysenterie
Shigella dysenteriae,
-flexneri, -boydii, -sonnei
Stunden bis 7
Tage
(2–3 Tage)
direkt: f�kal-oral, indirekt: Nahrung,
seltener Wasser
Helicobacter-Infektionen
Helicobacter pylori
Serokonversi-
onszeit bis ca. 4
Wochen
Schmier- oder Trçpfcheninfektion (Magen-
sekret, Zahnplaques und Stuhl gelten als
infektiçs), Re-Infektion ist mçglich
Hepatitis A
Hepatitis-A- Virus
14–40 Tage f�kal-oral, Wasser, Lebensmittel, diapla-
zentar
Hepatitis B
Heparitis-B-Virus
2–6 Monate parenteral durch Kçrperfl�ssigkeiten,
vorwiegend Blut und Blutprodukte, Stich-
und Schnittverletzungen, Sexualkontakt,
diaplazentar und unter der Geburt
Hepatitis C
Hepatitis-C-Virus
ca. 50 Tage
14 Tage – 4(6)
Monate
parenteral durch Kçrperfl�ssigkeiten,
vorwiegend Blut und Blutprodukte, Sexual-
kontakt, Stich- und Schnittverletzungen,
unter der Geburt in ca. 10 % der F�lle
Hepatitis D (Hepatitis
B-Co- oder Superinfektion)
Hepatitis-D-Virus
bei Coinfektion
12–15 Wochen,
bei Superinfek-
tion 3 Wochen
wie Hepatitis B mit HBV
Hepatitis E
Hepatitis-E- Virus
ca. 40 Tage f�kal-oral, Wasser, Lebensmittel
Hepatitis G (HBV-, HCV-
Superinfektion)
Hepatitis-G-Virus
Serokon-
versionszeit
5–7 Wochen
parenteral �ber Blut (gesichert), sexuell
(wahrscheinlich)
Herpes simplex-Infektion
Herpes-simplex-Virus
ca. 6 Tage
(2–12 Tage)
Trçpfchen-, Kontakt- oder Schmier-
infektion (Tr�nenfl�ssigkeit, Speichel,
Bl�scheninhalt, Genitalsekret)
HIV-Infektion/AIDS
HIV 1 und HIV 2
Serokonversi-
onszeit 1–6
Monate
Sexualkontakte, �ber Blut und Blutpro-
dukte, �ber Schleimhaut des Auges, diapla-
zentar und unter der Geburt, gemeinsame
Spritze bei Drogenabh�ngigen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 245
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 231
Krankheiten
Erreger
Inkubations-
zeiten
Infektionswege
Infektiçse Mononukleose,
Epstein-Barr-Virus
Jugendliche
10–60 Tage,
Erwachsene
4–8 Wochen
Kontakt zu Speichel, Sperma, Vaginal-
sekret, Transfusionen Transplantaten
Keuchhusten
Bordetella pertussis
1–3 Wochen Trçpfcheninfektion, Schmierinfektion
Legionellose
Legionella pneumophila
(versch. Serotypen)
2–10 Tage aerogen (wahrscheinlich), Trçpfchen-
infektion (Klimaanlagen, Duschkçpfe)
Masern
Masern- Virus
8–14 Tage Trçpfcheninfektion, Schmierinfektion
Meningokokken-Infektion
Neisseria meningitidis
ca. 4 Tage
(1–10 Tage)
Trçpfcheninfektion �berwiegend von
Keimtr�gern mit Besiedlung der Nasopha-
rynx-Schleimhaut
Mumps
Mumps-Virus
ca. 18 Tage
(12–35 Tage)
Trçpfcheninfektion (Nasensekret,
Speichel), Schmierinfektion (Urin)
Mykoplasmen-Infektionen
Mvkoplosmen
1–3 (-5) Wochen Trçpfcheninfektion, Sexualkontakt, Stich-
verletzung
Ringelrçteln
Parvovirus B19
13–17 Tage Trçpfcheninfektion, parenteral durch Blut,
diaplazentar in ca. 10 % der F�lle
Poliomyelitis
Poliomyelitis- Viren
Typ I, II, III
5–14 Tage f�kal-oral, selten Trçpfcheninfektion,
Wasser ist wesentliches Vehikel, Schmier-
infektion
Rçteln
Rçteln-Virus
14–23 Tage Trçpfchen-, Kontakt- oder Schmierinfek-
tion (Blut, Urin, Stuhl, Konjunktival-/Zer-
vixsekret, Synovialfl�ssigkeit, Sputum),
diaplazentar
Rotavirus-Infektionen
Rotaviren der Gruppe A-C
ca. 4 Tage
(1–10 Tage)
f�kal-oral, Schmierinfektion, Inhalation
von virushaltigem Staub
Salmonella-Enteritis
Salmonello enteritidis sp.,
S. typhi murium
Stunden bis
wenige Tage
Hauptweg: kontaminierte Nahrungsmittel,
z. B. Eier, selten durch Dauerausscheider
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 246
232 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Krankheiten
Erreger
Inkubations-
zeiten
Infektionswege
Scharlach
Streptococcus pyogenes
(b-h�molysierende Strepto
kokken der Serogruppe A)
12–36 Stunden Trçpfchen- oder Schmierinfektion
Syphilis
Treponema pallidum
ca. 3 Wochen
(Prim�raffekt)
sexuell, diaplazentar, sowie seltener durch
direkten Kontakt, �bertragung durch Blut
(Stichverletzung) mçglich
Typhus
Salmonella typhi
ca. 10 Tage
(3–60 Tage)
f�kal-oral, prim�r durch verunreinigte
Nahrungsmittel oder Trinkfl�ssigkeiten,
sekund�r durch Kçrperfl�ssigkeiten und
kontaminierte Gegenst�nde
Tuberkulose
Mycobacterium tuberculo-
sis,
Mycobocterium bovis
4–8 (-12)
Wochen
Trçpfcheninfektion, selten durch kontami-
nierte Staubpartikel, Schmierinfektion
Virusgrippe
Influenza-Virus (A, B)
18 Stunden bis
4 Tage
Trçpfcheninfektion, seltener Infektion
durch kontaminierte Staubpartikel, nur
ausnahmsweise durch Gebrauchsgegen-
st�nde
Windpocken
Varicella-Zoster- Virus
14–16 Tage Trçpfcheninfektion, Kontakt- und Schmier-
infektion durch Bl�scheninhalt, diapla-
zentar
Zytomegalie
Cytomegalie-Virus
4–12 Wochen,
nach Bluttrans-
fusion
2–6 Wochen
Schmierinfektionen, Schleimhautkontakt,
sexuell, diaplazentar, durch Blut und Blut-
produkte, Sekrete, Urin, Muttermilch
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 247
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 233
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 31 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 10/2003, 26–33
Von Tieren auf Menschen
�bertragbare Krankheiten
Klinische Zuordnung:Ophthalmol./Dermatol./HNO-Heilk.Gyn�kol./Neonatol./UrologieInnere Med./Angiol./Pneumol.Gastroenterol./H�matol./Kardiol.Nephrol./Mikrobiol./�ff.Ges.-W.Orthop�die/Neurol./Psychiatrie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Unter der BK-Nr. 3102 werden diejenigen Infektionen und deren Krankheitsbilder er-fasst, die von Tieren auf Menschen �bertragen werden. Nach Angaben der WHOsind �ber 200 Krankheiten, die als Zoonosen bezeichnet werden, bekannt. Von dieserVielzahl an Zoonosen kçnnen einige auch in Deutschland vorkommen. Ein Infek-tionsrisiko kann insbesondere bei den Personen vorliegen, die beruflich mit Tierhal-tung und -pflege besch�ftigt sind oder sonstigen beruflichen Umgang mit Tieren, tieri-schen Erzeugnissen oder Ausscheidungen haben. Eingeschlossen ist der Umgang mitGegenst�nden, die mit infizierten Tieren sowie mit deren Teilen oder Ausscheidungenin Kontakt gekommen sind. Ein berufsgruppentypisches Infektionsrisiko f�r Zoo-nosen kann demnach vorkommen: bei landwirtschaftlichem und veterin�rmedizi-nischem Personal, Schlachthofpersonal, Besch�ftigten in Tierlabors, in der Jagd- undForstwirtschaft, in Tierkçrperverwertungsanstalten, zoologischen G�rten, Wildgehe-gen und Zoohandlungen sowie bei Personen, die beruflichen Umgang mit Fleisch,Fisch, Milch, Eiern, H�uten, Fellen, Pelzen, Tierborsten, -haaren, Federn und Kno-chen haben; ferner auch bei Personen mit Kontakt zu infektiçsem Material in der Ab-wasserbeseitigung. Die meisten Zoonosen kommen in anderen L�ndern vor und sindggf. nach Auslandsaufenthalt von Gesch�ftsreisenden, Entwicklungshelfern, Monteu-ren, Reiseleitern etc. mit in Betracht zu ziehen.
II. �tiopathogenese
Zoonosen werden hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Rickettsien),Viren, Pilze, Parasiten (Protozoen, Helminthen oder Arthropoden); diskutiert wirdgegenw�rtig, ob sie auch durch Prionen (Abk�rzung von engl. Proteinaceous in-fectious particles – infektiçses Protein) verursacht werden kçnnen. Nach Umgang mitinfizierten Tieren, tierischem Material o. �. kçnnen Krankheitserreger �ber die Hautoder Schleimh�ute in den menschlichen Kçrper eindringen; dies ist auch mçglichdurch Einatmen von mit Krankheitserregern verunreinigter Luft oder �ber den Ver-dauungsweg z. B. �ber kontaminierte H�nde (Schmutz- oder Schmierinfektion). AlsErregerreservoir kommen vor allem S�ugetiere -Pferd, Rind, Schaf, Ziege, Schwein,Hund, Katze, Fledermaus, Hamster, Maus, Ratte, Igel- und Vçgel sowie Fische in Be-tracht. Auch latent infizierte Tiere kçnnen als Reservoir zur Erhaltung von Erregernbeitragen. Die Weitergabe der Krankheitserreger ist h�ufig an Arthropoden (Insekten,Zecken oder Spinnentiere) und Nager gebunden. Insbesondere Nagetiere, Fliegen,
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 248
234 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Schaben oder Pharaoameisen kçnnen krankheitsauslçsende Keime auf mechanischemWege auf empf�ngliche Wirte (Mensch oder Tier) sowie Medien �bertragen. Bekanntals Vektoren (Verschlepper von Krankheits- oder Lebensmittelverderbniserregern)und Reservoir (Zwischenwirte von Parasiten) sind Schild- und Lederzecken, Fliegen,Stechfliegen, Schaben, Bremsen, Flçhe, L�use, Ratten und M�use. Neben lebendenVektoren gibt es auch unbelebte wie Wasser, Staub, Luft, tierische Abf�lle, Pflege-gegenst�nde usw.
Nach einer f�r jede Infektion typischen Inkubationszeit, in der die Vermehrungder Erreger erfolgt, beginnen im Allgemeinen (plçtzlich) die Krankheitssymptome.Dabei variiert die Inkubationszeit in Abh�ngigkeit von Anzahl und �bertragungswegder Erreger und der individuellen Disposition der infizierten Person.
III. Krankheitsbilder und Diagnosen
Bez�glich der Krankheitsbilder und ihrer Diagnosen wird auf die einschl�gigen Lehr-b�cher verwiesen. Geordnet nach Erregergruppen kçnnen in Deutschland haupts�ch-lich folgende Krankheiten vorkommen:
1. Hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Rickettsien)– Brucellosen [3]*
– Campylobacter-Infektionen [4]
– Chlamydiosen [5]
– Enteroh�morrhagische Escherichia coli-Infektionen [7]
– Katzenkratzkrankheit [11]
– Leptospirosen [13]
– Listeriose [14]
– Lyme-Borreliose [15]
– Milzbrand [20]
– Pasteurellosen [22]
– Q- Fieber [24]
– Rattenbisskrankheit (auch Sodoku genannt) [25]
– Rotlauf (Erysipeloid) [26]
– Salmonellosen [27]
– Streptococcus equi-Infektion [29]
– Streptococcus suis-Infektion [30]
– Tuberkulose [35]
– Tular�mie [36]
– (Enterale) Yersiniosen [37]
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 249
* in [ ] ist die Nummer vermerkt, unter der Angaben zur betreffenden Krankheit im An-hang zu finden sind
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 235
2. Hervorgerufen durch Viren– Bl�schenkrankheit des Schweins [2]
– Fr�hsommermeningoenzephalitis (FSME) [8]
– Hantavirus-Erkrankungen (HPS – Hantavirus Pulmonary Syndrome und NE –
Nephropathia epidemica) [10]
– Lymphozyt�re Choriomeningitis [16]
– Maul- und Klauenseuche [17]
– Melkerknoten [18]
– Newcastle-Krankheit (atypische Gefl�gelpest) [21]
– Tierpocken [31]
– Tollwut (Lyssa, Rabies) [32]
3. Hervorgerufen durch Pilze– Mikrosporie [19]
– Sporotrichose [28]
– Trichophytie [34]
4. Hervorgerufen durch Parasiten (Protozoen und W�rmer)4.1. Protozoen– Balantidiose [1]
– Giardiasis [9]
– Kryptosporidiose [12]
– Pneumozystose [23]
– Toxoplasmose [33]
4.2. W�rmer– Echinokokkose [6]
5. Hervorgerufen durch andere KrankheitserregerZum Beispiel Milben als Krankheitserreger der Kr�tze, R�ude u. a. kçnnen beim Um-gang mit Eiern, tierischem Material o. �. �bertragen werden.
Zur Veranschaulichung der Bedeutung des berufskrankheitsrelevanten zeitlichen Zu-sammenhangs sind Inkubationszeit, Reservoir, Infektionsweg und typische Krank-
heitsbilder in alphabetischer Reihenfolge im Anhang dargestellt.Die Anamnese und klinischen Symptome erlauben in den meisten F�llen nur eine
Verdachtsdiagnose. Die Absicherung der Diagnose sowie deren �tiologie erfolgt durcheinen direkten Erregernachweis und/oder Antikçrpernachweis (am Besten zwei Unter-suchungen im Abstand von 10 bis 14 Tagen zur Kontrolle der Titerdynamik; eine ein-malige serologische Untersuchung erlaubt vielfach keine zuverl�ssige diagnostischeAussage). Bei Viren mit vorhandenen Subtypen besteht die Mçglichkeit, �ber die ge-nomischen Analysen der (�ber Zellkultur) nachgewiesenen Viren die Infektionsquelle
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 250
236 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
sicher zu identifizieren oder auszuschließen. Dies ist auch bei einigen Bakterien-Spe-zies, wie z. B. Campylobacter ssp., Salmonella ssp. mittels Lysotypie, Plasmidfinger-printing oder Restriktionsenzymanalysen mçglich. Als gesicherte Infektionsquellekann im Einzelfall auch ein nachgewiesenes (Erreger- und/oder Antikçrpernachweis)oder endemisches Vorkommen der Infektionserreger beim Tier gelten.
IV. Weitere Hinweise
F�r den begr�ndeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ist das Vor-kommen des jeweiligen Erregers am Arbeitsplatz ebenso eine Voraussetzung wie einezeitliche Verbindung zur Exposition. Die Erkrankung muss sich innerhalb einer Zeitentwickeln, die im Rahmen der Inkubationszeit liegt.
Bei inapparent verlaufenden Erkrankungen sollte die Entwicklung des betreffen-den Stadiums und der eventuelle Folgezustand der Infektionserkrankung bedachtwerden; auch �bertragungsweg und Infektiosit�t des Erregers sind mit zu ber�cksich-tigen. Komplikationen und Dauersch�den kçnnen besonders bei Brucellose, entero-h�morrhagischen E.coli-Infektionen, FSME, Leptospirose, Lyme-Borreliose, Q-Fie-ber, Tuberkulose und enteralen Yersiniosen auftreten.
Sofern Krankheiten nicht vom Tier auf den Menschen sondern von Mensch zuMensch �bertragen worden sind, trifft gegebenenfalls die BK Nr. 3101 zu.
Bez�glich der Sch�digung einer Leibesfrucht infolge beruflich bedingter Infektionder Schwangeren an einer Zoonose (z. B. bei Chlamydiose, Leptospirose, Listeriose,
Lyme-Borreliose, Toxoplasmose) w�hrend der jeweiligen Schwangerschaft ist eineEntsch�digung des Kindes nach § 12 SGB VII in Betracht zu ziehen.
F�r die in Deutschland bei Pferden beobachtete, durch Bornaviren hervorgerufeneEnzephalomyelitis ist der Zoonose-Status noch nicht zuverl�ssig gekl�rt. Die Identit�tder vom Pferd und vom Menschen isolierten Viren gilt bislang als nicht bewiesen.
Bisher konnten keine Humanen Spongiformen Enzephalopathien durch �bertra-gung von BSE (bovine spongiform encephalopathy)-Erregern als Erkrankung mit denMerkmalen einer Berufskrankheit festgestellt werden. Dies gilt auch f�r verwandteTSE (transmissible spongiform encephalopathy)-Erreger wie das Scrapie-Agens, wel-ches nur Schafe und Ziegen bef�llt. Verdachtsf�lle sollten trotzdem gemeldet werden.
V. LiteraturKrauss, H., A. Weber, B. Enders, H. G. Schiefer, W. Slenzka, H. Zahner:
Zoonosen. Von Tier zu Mensch �bertragbare Infektionskrankheiten. 3. Aufl.Kçln: Dt. �rzte-Verl. 2003 (im Druck)
Meslin, F. X.:Global aspects of emerging and potential zoonoses: A WHO perspective.Emerg Infect Dis 3 (1997) 223–8
Neff, J. M.:Introduction to Poxviridae [Chapter 120], Vaccinia Virus (Cowpox) [Chapter121]In: Mandell, Douglas, and Bennett's principles and practice of infections diseases/hrsg von GeraldL Mandell, John E Bennett, Raphael Dolin. – 5. Aufl.Philadelphia, Pennsylvania, Churchill Livingstone 1552–3 (2000)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 251
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 237
Palmer, S. R., L. Soulsby, D. I. H. Simpson:Zoonoses. Biology, Clinical Practice and Public Health Control Oxford.Oxford University Press 1998
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 252
238 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 253
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 239
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Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 241
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Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 247
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 265
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 251
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 31 03 Anlage BKV
(BK-Nr. 39/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1963, 133
Wurmkrankheit der Bergleute,
verursacht durch Ankylostoma duodenale
oder Strongyloides stercoralis
Klinische Zuordnung:DermatologieGastroenterologieMikrobiol./Infekt.Ep.H�matol./�ff.Ges.W.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Wurmkrankheiten, verursacht durcha) Ankylostoma duodenaleoderb) Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis),treten in warmen L�ndern, vor allem in den Tropen und Subtropen, z. B. endemisch,auf. Die genannten Parasiten kçnnen sich auch in gem�ßigtem Klima dort entwickelnund ausbreiten, wo hierf�r g�nstige Bedingungen, insbesondere durch Luftfeuchtig-keit und Lufttemperatur, gegeben sind; dies kann f�r den Untertage- oder Tunnelbauzutreffen. Dort t�tige Bergleute kçnnen gef�hrdet sein, wenn diese Parasiten einge-schleppt werden.
II. Infektionsweg, Krankheitsbild und Diagnose
a) Zu Ankylostoma duodenale:Der 8 bis 12 mm lange, gelblich-weiße Rundwurm lebt im menschlichen D�nndarm.T�glich gehen mehrere tausend Eier mit dem Stuhl ab. Bei optimal 25 bis 30' C Luft-temperatur, grçßerer Luftfeuchtigkeit und bei Anwesenheit von Sauerstoff entwickelnsich in der Eih�lle die Larven. Nachdem diese geschl�pft sind und sich zweimal ge-h�utet haben, beginnt das infektiçse Stadium. Die Larven sind jetzt noch von einerletzten H�lle umkleidet und werden als sog. „gescheidete“ Larven bezeichnet. Der Be-fall erfolgt auf dem Wege �ber die intakte Haut, wobei die Larven ihre H�lle abstrei-fen und aktiv percutan einwandern. Sie gelangen �ber Lymph- und Blutbahnen, Herzund Lungenkapillaren in die Alveolen, von dort �ber die Luftwege in den Kehlkopfund Pharynx, wo sie verschluckt werden, und so schließlich wieder in den Darm. Au-ßerdem besteht die Mçglichkeit der oralen Infektion, z. B. durch verunreinigtes Trink-wasser.
Im unteren D�nndarm werden die Larven zu geschlechtsreifen W�rmern. Das An-kylostoma saugt sich dabei, h�ufig die Stelle wechselnd, in der Darmschleimhaut festund sondert, �hnlich dem Egel, ein blutgerinnungshemmendes Ferment ab. Dadurchblutet die Haftstelle nach.
Klinisch �ußert sich die Hakenwurmkrankheit in Magen-Darmbeschwerden,�belkeit, Erbrechen und gelegentlich Blutbeimengungen im Stuhl. Es entstehen An-zeichen von Blutarmut, wie Bl�sse, M�digkeit und Kopfdruck. Im Blut sind
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 266
252 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
H�moglobingehalt und Zahl der Erythrozyten h�ufig erheblich vermindert (Eisen-
mangelan�mie); in der Regel ist eine st�rkere Eosinophilie im Differentialblutbildfestzustellen. Bei fortgeschrittener An�mie kann es zu Kreislaufstçrungen, �demenund allgemeinem Hydrops kommen.
b) Zu Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis):Der 2 bis 3 mm lange, makroskopisch schwer sichtbare Parasit bohrt sich zur Nah-rungsaufnahme und Eiablage in die D�nndarmschleimhaut ein. Aus den Eiern ent-wickeln sich Larven, die mit dem Stuhl den menschlichen Organismus verlassen.Diese sind weniger widerstandsf�hig als die Larven des Ankylostoma duodenale. DerInfektionsweg ist der gleiche wie der unter a). In seltenen F�llen ist nach Durchboh-rung der Darmschleimhaut und Eindringen in Blut- und Lymphbahnen Selbstinfek-tion mçglich (sog. Autoendoinvasion).
Klinisch �ußert sich die Strongyloidesinvasion in Oberbauchbeschwerden, Koli-
ken und evtl. periodenweise auf tretenden, ruhrartigen Durchf�llen. Betr�chtlich he-rabgesetzter Allgemeinzustand und allergische Erscheinungsbilder (insbesondere Ur-
ticaria und Eosinophilie) sind mçglich. Sekund�ran�mie, die in der Regel jedochnicht so ausgepr�gt ist wie bei der Hakenwurmkrankheit, kann vorkommen.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Nicht bei jeder Untertagearbeit sind die f�r die Entwicklung und Verbreitung dieserParasiten in Abschnitt I genannten g�nstigen Voraussetzungen gegeben. Daher ist dieErhebung einer eingehenden Anamnese, insbesondere Arbeitsanamnese, von Wichtig-keit. Die Infektion ist durch beruflich und nichtberuflich bedingte Aufenthalte in war-men L�ndern mçglich.
F�r die Beurteilung und Diagnose der Hakenwurmkrankheit ist mçglichst derNachweis der Eier im Stuhl oder die Z�chtung von Larven aus eierhaltigem Stuhl zuerbringen. Bei Befall mit Anguillula intestinalis (Strongyloides stercoralis) sichern dieim frischen Stuhl nachweisbaren Larven die Diagnose; Wurmeier werden hier im all-gemeinen nicht gefunden. In einem Wirtsorganismus kçnnen gleichzeitig beide Para-siten vorkommen. Die Abnahme und Untersuchung von Stuhlproben mit ungesch�tz-ten H�nden stellt eine erhebliche Infektionsgefahr dar.
Um die genannten Wurmkrankheiten handelt es sich erst dann, wenn neben dennachgewiesenen Krankheitserregern entsprechende Krankheitszeichen auftreten.
Als Berufskrankheit nach Nr. 39 der Anlage zur 6. Berufskrankheiten-Verordnungkçnnen diese Erkrankungen nur bei Bergleuten, verursacht durch die berufliche Be-sch�ftigung, anerkannt werden.
Selbst schwere Formen dieser Erkrankung kçnnen nach Wurmabtreibung folgen-los abheilen. Wurmtr�ger sind Dauerausscheider und besonders unter Tage eine Ge-fahr f�r ihre Umgebung.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 267
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 253
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 31 04 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7/2005, 48–58
Tropenkrankheiten, Fleckfieber
Klinische Zuordnung:Mikrob./Infekt.Ep.Hyg./Umweltmed.�ff. Gesundheitsw.Dermato-/NeurologieInnere Medizin
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Unter der BK-Nr. 3104 werden diejenigen Infektionen und deren Krankheitsbilder er-fasst, die ausschließlich oder vorwiegend in den Tropen erworben werden kçnnen. Siesind in der Mehrzahl dadurch charakterisiert, dass ihre Erreger in Bezug auf Reser-voir, Entwicklungszyklus oder �bertragungsmodus vorzugsweise an tropisches Klimaoder f�r die Tropen spezifische Umweltbedingungen gebunden sind oder aus anderenGr�nden vorwiegend in den Tropen oder Subtropen vorkommen. Das Fleckfieberwird hier besonders aufgef�hrt. Es kommt außer in den Tropen oder Subtropen auchin anderen Gebieten vor.
Tropenkrankheiten gelten als Berufskrankheit bei allen Personen, die wegen einerversicherten T�tigkeit in Regionen der Tropen oder Subtropen leben und arbeiten. Dasgleiche gilt f�r entsprechende beruflich bedingte Kurzzeitaufenthalte. In Ausnahmef�l-len ist eine �bertragung auch außerhalb der Endemiegebiete durch importierte Infek-tionsquellen mçglich (z. B. „Airportmalaria“ durch importierte infektiçse M�cken).Daher sind sowohl die jeweiligen Arbeits- als auch die Freizeitbedingungen in den Ver-sicherungsschutz einbezogen. Die epidemiologische Situation in den verschiedenen Re-gionen �ndert sich zum Teil sehr schnell. Detaillierte l�nderspezifische Informationensind den st�ndig aktualisierten Informationen z. B. der WHO (www.who.int) zu ent-nehmen.
II. �tiopathogenese
Tropenkrankheiten werden hervorgerufen durch Bakterien (incl. Chlamydien und Ri-ckettsien), Viren, Pilze und Parasiten wie Protozoen und W�rmer [Nematoden(Rund- oder Fadenw�rmer z. B. Filarien), Zestoden (Bandw�rmer), Trematoden(Saugw�rmer)]. Fleckfieber wird durch Rickettsien verursacht. Die Erreger kçnnendirekt oder indirekt von infizierten Menschen, Tieren, kontaminierten Gegenst�ndeneinschließlich Nahrungsmitteln oder Wasser in den menschlichen Organismus gelan-gen. H�ufig ist die �bertragung der Krankheitserreger an Arthropoden (insbesondereM�cken, auch Zecken und Flçhe) gebunden. Sie kann auch durch aktives Eindringen�ber die Haut, Einatmen von erregerhaltigen Aerosolen oder Staub und durchSchmierinfektion erfolgen. Nach einer f�r jede Infektion typischen Inkubationszeit
beginnen im Allgemeinen plçtzlich die Krankheitssymptome. Bei den Parasitosenwird mit der Pr�patenzzeit die Zeit angegeben, die bis zum Auftreten von nachweis-baren Geschlechtsprodukten der Parasiten verstreicht. Dabei variieren Inkubations-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 268
254 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
und Pr�patenzzeiten in Abh�ngigkeit von Anzahl und �bertragungsweg der Erregerund der individuellen Disposition der infizierten Person.
III. Krankheitsbilder und Diagnosen
Die Anamnese (z. B. Reiseort und -zeit) und klinischen Symptome erlauben in denmeisten F�llen die Verdachtsdiagnose. Endemische oder epidemiologische Betrach-tungen zum Vorkommen am Aufenthaltsort m�ssen miteinbezogen werden. Die Absi-cherung der Diagnose erfolgt durch den direkten Nachweis des Erregers bzw. von Ge-schlechtsprodukten der Parasiten (z. B. Eier, Proglottiden) oder durch spezifischenAntikçrpernachweis. Bei Viren mit vorhandenen Subtypen besteht die Mçglichkeit,�ber die genomischen Analysen der (�ber Zellkultur) nachgewiesenen Viren, die geo-graphisch typische Infektionsquelle zu identifizieren. Dies ist auch mittels Restrik-tions-Enzymanalysen mçglich. Eine hçhergradige Eosinophilie kann Hinweis aufeine Parasitose sein.
Bez�glich der Krankheitsbilder und ihrer Diagnostik wird auf die einschl�gigenLehrb�cher verwiesen. Geordnet nach Erregergruppen kçnnen haupts�chlich fol-gende Krankheiten vorkommen:
1. Tropenkrankheiten, hervorgerufen durch1.1 Bakterien (inkl. Chlamydien und Rickettsien):Borreliosen, tropische [3]*
Buruli-Ulcus [4]Frambçsie [13]F�nftagefieber [14]Lepra [21]Oroya-Fieber [27]Pest [28]Trachom [32]Tsutsugamushi-Fieber [34]
1.2 Viren:Chikungunya [5]Dengue-Fieber [6]Ebola-Virus-Fieber [8]Gelbfieber [15]Japan-Enzephalitis [17]Krim-Kongo-Fieber [18]Lassa-Fieber [19]
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 269
* in [ ] ist die Nummer vermerkt, unter der Angaben zur betreffenden Krankheit in der Ta-belle (s. Anhang) zu finden sind
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 255
Marburg-Virus-Fieber [23]Rift-Tal-Fieber [29]West-Nil(e)-Virus-Fieber [35]
1.3 Pilze:Histoplasmose [16]Myzetom [24]
1.4 Parasiten (Protozoen und W�rmer):1.4.1 ProtozoenAmçbiasis [1]Leishmaniose [20]Malaria [22]Trypanosomiasis [33]
1.4.2 W�rmerAngiostrongylose [2]Dracunculose [7]Fascioliasis [9]Fasciolopsiasis [10]Filariosen [11]Opisthorchiasis [25]Paragonimiasis [26]Schistosomiasis (Bilharziose) [30]
2. Fleckfieber [12]
Zur Veranschaulichung der Bedeutung des BK-relevanten Zusammenhangs sind derErreger, das Vorkommen, die Inkubations- bzw. Pr�patenzzeit, das Reservoir, der In-
fektionsweg und das typische Krankheitsbild in alphabetischer Reihenfolge der
Krankheitsbezeichnung im Anhang kurz dargestellt.
IV. Weitere Hinweise
F�r den begr�ndeten Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ist das Vor-kommen des jeweiligen Erregers am Arbeits- oder Aufenthaltsort des Auslandeinsat-zes maßgebend. Ubiquit�r vorkommende infektiçse Krankheiten wie z. B. Virushepa-titiden, Typhus abdominalis und andere Salmonellosen, Poliomyelitis, Tuberkuloseoder Brucellose und andere Zoonosen werden in den Tropen aufgrund der dort herr-schenden besonderen Hygienebedingungen h�ufiger erworben. Solche Erkrankungensind ggf. im Rahmen der BK-Nummern 3101 bzw. 3102 anzuzeigen. Ausgenommendavon ist Fleckfieber, das seit jeher unter BK-Nummer 3104 eingeordnet wurde.
Krankheiten infolge Mangelern�hrung, mangelnder Kçrpertemperaturregulierung(Hitzschlag u. �.), Folgezust�nde nach Schlangenbiss u. a. werden nicht unter dem Be-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 270
256 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
griff Tropenkrankheiten erfasst. Bei den letzteren kann es sich ggf. um Arbeitsunf�llehandeln.
V. LiteraturPraktische Tropen- und Reisemedizin/Hans Jochen Diesfeld, Gerard Krause,
Dieter Teichmann. – Stuttgart, New York: Thieme, 2003.Reisemedizin: Beratung in der �rztlichen Praxis/hrsg. von Harald Kretschmer. – M�nchen
[u. a.]: Urban & Fischer, 1999.Tropenmedizin – Infektionskrankheiten/Christian G. Meyer. – Landsberg: ecomed 2001.Tropenmedizin in Klinik und Praxis/hrsg. von Werner Lang und Thomas Lçscher.
Mit Beitr. von M. Alexander. – 3. Aufl. – Stuttgart, New York: Thieme 2000.Tropen- und Reisemedizin/hrsg. von J. Knobloch. – Jena [u. a.]: G. Fischer, 1996.
Literaturerg�nzungBurchard, G. D., Fleischer, B.:
Reisemedizin: Schwerpunkt h�ufige TropenkrankheitenDeutsches �rzteblatt, A1819–A1825, 2005
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 271
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 257
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 276
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 277
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 278
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268 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 283
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 285
Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 271
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 286
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Durch Infektionserreger oder Parasiten verursachte Krankheiten sowie Tropenkrankheiten 275
4 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge,des Rippenfells und Bauchfells
Literaturhinweis:Klinik der Lungenkrankheiten (Knipping und Rink, 1964)Occupational Respiratory Diseases (Merchant, 1986)The Prevention of Occupational Respiratory Diseases (M�sch, 1996)Atemwegs- und Lungenerkrankungen (Breuer und Hanrath, 2002)Bioaerosole (K�mpfer, 2002)Schwebstoff und Staubinhaltsstoffe (Muhle, 2002)Respirationstrakt (Muhle und McClellan, 2004)Fasern (Muhle und Warheit, 2004)Occupational Respiratory Cancer (M�sch, 2005)Occupational Lung Cancer (Woitowitz und M�sch, 2005)
41 Erkrankungen durch anorganische St�ube
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 41 01 – Nr. 41 12 Anlage BKV
Literaturhinweis:Guidelines for the ILO International Classification of Radiographs of Pneumoconiosis (ILO, 2002)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 290
276 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 01 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 4/1998, 61–63
Quarzstaublungenerkrankung (Silikose)
Klinische Zuordnung:Pneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) entsteht durch Einwirkung alveoleng�n-giger Staubpartikel*, die Quarz, Cristobalit oder Tridymit enthalten. Die Gef�hrdungw�chst mit der Zunahme der Staubkonzentration in der Atemluft, mit der Zunahmeder alveoleng�ngigen Staubfraktion*) sowie mit dem Gehalt an kristallinem Silizium-dioxid (SiO2) und mit der Expositionszeit (Valentin et al. 1985, Hnizdo und Sluis-Cremer 1993, Steenland und Brown 1995).
Gefahrenquellen sind z. B. die Gewinnung, Bearbeitung oder Verarbeitung vonSandstein, Quarzit, Grauwacke, Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzit-schiefer, Granit, Porphyr, Bimsstein, Kieselgur, Steinkohle und keramischen Massen.Auch silikatisches Material kann, wenn freie kristalline Kiesels�ure darin enthaltenist, eine Gefahrenquelle sein, z. B. Talkum.
Gef�hrdet sind insbesondere Erz- (einschließlich Uranerz-) und Steinkohlebergleu-te, Tunnelbauer, Gußputzer, Sandstrahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrieund Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder ingrob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors besch�ftigt sind.
II. Pathophysiologie
Quarzstaub zeichnet sich durch seine makrophagenzerstçrende Wirkung (Zytotoxizi-
t�t) und einen Lymphotropismus aus (Woitowitz in: Valentin et al. 1985). Staubparti-kel, die den Alveolarraum erreichen, werden von Alveolarmakrophagen phagozytiert,durch die physiologischen Reinigungsmechanismen in das Lungeninterstitium weiter-transportiert und bevorzugt in den Lymphknoten deponiert (Rom et al. 1991, Beck-lake 1994).
Phagozytierte Quarzpartikel aktivieren die Alveolarmakrophagen. Es kommt zuderen Proliferation und einer Alveolitis mit erhçhter Bildung von Sauerstoffradikalen,die eine direkte Parenchymsch�digung auslçsen kçnnen. Zus�tzlich werden z. T. zell-toxische Zytokine (z. B. Fibronektin, Tumor-Nekrose-Faktor oder Insulin like growthfactor) frei, die die Fibroblastenproliferation und deren Kollagensynthese stimulieren(Begin 1987, Ghio et al. 1990, Rom et al. 1987, Lapp et al. 1993, Becklake 1994,Vanhee et al. 1995).
Der typische silikotische Herd ist bei reiner Quarzstaubbelastung ein scharf abge-setztes, konzentrisch geschichtetes hyalin-schwieliges Knçtchen (Hartung und Seong
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 291
* -fr�here Bezeichnung: „Feinstaub“
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 277
Moon 1992). Diese, und infolge des lymphogenen Abtransportes auch die hil�renoder mediastinalen Lymphknoten, kçnnen verkalken (Eierschalensilikose) (Reichel1994).
Bei quarzarmen Mischst�uben, wie bei Einwirkung des Kohlegrubenstaubs, wer-den die Gewebsreaktionen wesentlich durch die Begleitst�ube mitgepr�gt. Es bildensich Granulationsgewebsm�ntel um die silikotischen Kerne, die einen breiten Saumvon Staubphagozyten aufweisen (Reichel 1994).
Dicht beisammenliegende Knçtchen konfluieren. Dadurch entstehen Ballungenund ausgedehnte Schwielen mit Auswirkung auf die Architektur des Parenchyms, derBronchien und der Gef�ße. Beim Fortschreiten der Silikose treten in der Regel zuneh-mend meßbare Stçrungen der Ventilation, Diffusion und Perfusion auf. Durch Ein-engung der Lungenstrombahn kann es zur Druckerhçhung im kleinen Kreislauf mitDruckbelastung des rechten Herzens und Rechtsherzhypertrophie kommen.
Funktionelle Auswirkungen kçnnen bei disseminiert feinherdigen Silikosen (pin-head- oder Kçrner-Typ) schwerwiegender sein als bei Silikosen mit grçßeren Herden(Ballungstyp), wenn diese nur vereinzelt vorhanden sind.
Heute beobachtet man vor allem die chronische Silikose, die sich im allgemeinensehr langsam �ber Jahrzehnte entwickelt (Balaan et al. 1993, Hnizdo und Sluis-Cremer 1993). Die Silikose kann auch nach Beendigung der gef�hrdenden Arbeit fort-schreiten oder erst in Erscheinung treten (Hessel et al. 1988, Balaan et al. 1993, Rei-chel 1994, Hnizdo und Sluis-Cremer 1993, Becklake 1994, Finkelstein 1994).
Akute Silikosen entwickeln sich rasch progredient nach sehr hoher Quarzstaub-exposition (Banks et al. 1983, Balaan et al. 1993).
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die Diagnose ist nur aufgrund von Rçntgenaufnahmen der Lunge unter besondererBer�cksichtigung der Arbeitsanamnese einschließlich der Art und des Umfangs derStaubbelastung mçglich (Woitowitz in: Valentin et al. 1985, Balaan et al. 1993).
Die Thorax�bersichtsaufnahme in Hartstrahltechnik stellt auch nach Einf�hrungder computertomographischen Untersuchungsverfahren die Standardmethode derSilikosediagnostik dar. Die rçntgenologisch nachweisbaren Ver�nderungen werdennach der Internationale Staublungenklassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version(Bohlig et al. 1981) beschrieben und bewertet (siehe Anhang). Computertomographi-sche Untersuchungen kçnnen in besonderen F�llen ungekl�rter Differentialdiagnoseoder zur Fr�herkennung unter besonderer Fragestellung, z. B. der Hilussilikose, ange-zeigt sein.
Bei einer Silikose kçnnen anf�nglich Beschwerden fehlen sowie Auskultations-,andere klinische und funktionsanalytische Befunde normal sein.
Das Fortschreiten des Krankheitsprozesses und die Entwicklung von Komplikatio-nen f�hren sp�ter zu Atemnot, und uncharakteristischen Symptomen von seiten desAtemtraktes wie Husten, Auswurf und gelegentlich auch Brustschmerz. Die Lungen-funktionspr�fung weist zun�chst infolge einer Verminderung von Vital- und Total-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 292
278 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
kapazit�t eine restriktive Ventilationsstçrung sowie eine Einschr�nkung der Dif-fusionskapazit�t nach. Bronchitische Komplikationen bewirken eine obstruktive Ven-tilationsstçrung, kenntlich an einer Erhçhung des Atemwegswiderstandes. In fort-geschrittenen Stadien kommt es zu einer arteriellen Hypox�mie (respiratorische
Partialinsuffizienz) und Hyperkapnie (respiratorische Globalinsuffizienz). Es kçnnenechokardiographisch eine Druckerhçhung im kleinen Kreislauf, eine chronischeRechtsherzbelastung sowie klinisch das Vollbild eines Cor pulmonale nachweisbarsein.
Beschwerden, klinische, radiologische und funktionelle Befunde kçnnen - ins-besondere in der Fr�hphase – erheblich voneinander abweichen. F�r die Beurteilungder Silikosefolgen ist daher die gesamte Befundkonstellation, insbesondere unter kçr-perlicher Belastung, zu beachten. Die Krankheitsfolgen werden entscheidend von denLungen- und Bronchialkomplikationen gepr�gt. Insbesondere beeinflussen eine sichentwickelnde chronische obstruktive Atemwegserkrankung und ein Cor pulmonale
Lebensqualit�t und Prognose (Reiche] 1994). Eine weitere Komplikation der schwe-ren Silikose mit bullçsem Emphysem ist der Pneumothorax (Hartung und SeongMoon 1992). Selten ist die Quarzstaublunge mit rheumatischen Affektionen (Caplan-Syndrom) und anderen kollagenen Erkrankungen (pulmonale Sklerodermie) ver-gesellschaftet. Der zugrundeliegende Pathomechanismus dieser koinzidierenden Er-krankungen konnte bislang nicht gekl�rt werden.
IV. Weitere Hinweise
Eine Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 4101ist begr�ndet, wenn nach entsprechender Arbeitsanamnese rçntgenologisch rund-liche-Schattengebungen (p, q, r) mindestens das Ausmaß 1/1 erreichen.
Die �rztliche Beurteilung der Silikose einschließlich der rçntgenologisch gering-gradigen Form richtet sich nach der durch sie verursachten Beeintr�chtigung der Lun-genfunktion und des Herz-Kreislauf-Systems. Die Lungenfunktionsanalyse in Ruheund unter kçrperlicher Belastung ist dabei zum objektiven Nachweis der Beeintr�chti-gung unverzichtbar.
Chronische obstruktive Bronchitis, Lungenemphysem, Druckerhçhung im kleinenKreislauf mit Cor pulmonale u. a. kçnnen Folge der Silikose sein. Da Gesundheitsstç-rungen auch anderweitig als durch die Silikose verursacht sein kçnnen, ist die Fragedes urs�chlichen Zusammenhangs mit der Silikose sorgf�ltig zu pr�fen.
Differentialdiagnostisch m�ssen auch eine Sarkoidose, eine miliare Lungentuber-kulose oder eine idiopathische Lungenfibrose in Erw�gung gezogen werden.
Eine gleichzeitig mit einer Silikose bestehende aktive Lungen-Tuberkulose f�llt un-ter BK-Nr. 4102 Anlage BKV.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 293
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 279
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Berufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische VorsorgeuntersuchungenG 1. 1 Gesundheitsgef�hrlicher Mineralischer Staub, Teil 1: Silikogener StaubGentner Verlag Stuttgart, 1. Auflage 1994, 111–119.
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Hessel, P., Sluis-Cremer, G., Hnizdo, E., Glyn, T. Wiles, FJ. 1988:Progression of silicosis in relation to silica dust exposure.Ann Occup Hyg 32: 689–695.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 294
280 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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Th�rauf J. R. 1997:Berufskrankheiten – exogen verursachte Gesundheitssch�den.in: Marx H. H., Klepzig, H. (Hrsg.):Medizinische Begutachtung innerer Krankheiten 7. AuflageThieme Verlag Stuttgart
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Anhang zum Merkblatt Nr. 4101
Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version/Schema nachTh�rauf (1977)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 295
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 281
Anhang
Internationale Staublungenklassifikation (ILO 1980/Deutsche Version)
Schema nach Prof. Dr. med. Th�rauf, Institut f�r praktische Arbeitsmedizin, Els�sserStraße 2 a, D-7800 Freiburg i. Br.(Vgl. ILO Occup. Sav. Hlth. Ser. No. 22 (Rev. 80) ISBN: 92-2-102463-6; Bohlig, H.,Hain, E.; Valentin, H., Woitowitz, H.-J.: Arbeitsmedizin aktuell, Loseblatt-Samm-lung, Fach 8.2, S. 149 ff., Fischer, Stuttgart 1982, ISBN: 3-437-11079-0)
Bildg�te n+ = gut n+– = annehmbar n+= = mangelhaft nu = unbrauchbar
Lungen- Streuung 12-Stufen-Skala 0/– 1/0 2/1 3/2Schatten (vgl. Standard-Filme) 0/0 1/1 2/2 3/3
0/1 1/2 2/3 3/+
Verbreitung rechts oben = RO LO = links oben(Lungenfelder) rechts mitte = RM LM = links mitte
rechts unten = RU LU = links unten
Grçße kleinForm: rundlich (Durchmesser) np = 1,5 mm
nq = 1,5–3 mmnr = 3–10 mm
unregelm�ßige (Breite) ns = 1,5 mmnt = 1,5–3 mmnu = 3–10 mm
gemischt (z. B.) np/s
nq/t
ns/t , etc.groß nA = 1–5 cm ˘ (+˘)
nB = 5 cm –nRO
nC = > nRO
Typ: nwd = • scharf begrenztnid = unscharf
begrenzt
Kostophrenischer Winkel Adh�renz rechtsseitig = nR nL = linksseitig(vgl. Standard-Film)
Pleura- LokalisationVerdickung (Brustwand/Zwerchfell/ rechtsseitig = nR nL = linksseitig
Sonstiges) nRO etc. (siehe oben)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 296
282 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
1. diffus, seitliche BrustwandGesamt-L�nge (Summe der maximalen L�ngen = Verbreitung)n0 = fehlt; o. B.; < 1 n1 = < 1/4 der lateralen Brustwandn2 = 1/4–1/2 der lateralen n3 = > 1/2 der lateralen Brustwand
BrustwandDicke (max. Saumbreite) na = < 5 mm nb = 5–10 mm nc = > 10 mm
2. umschrieben: hyaline PlaquesGesamt-L�nge und Dicke: siehe oben 1.
3. umschrieben: verkalkte PlaquesGesamt-L�nge (Summe der maximalen L�ngen = Verbreitung)n0 = fehlt; o. B.; < 1 n1 = < 2 cm˘ (+˘)n2 = 2–10 mm ˘ n3 = > 10 mm ˘
Symboleax = Konfluenz kleiner Schatten ho = Honigwabenlunge
bu = bullçses Emphysem idd = Zwerchfellunsch�rfe (> 1/3 Zwerchfellh�lfte)
ca = Cancer der Lunge idh = Herzkonturenunsch�rfe (> 1/3 li. Herzrand)
cn = Calcification in kleinen Schatten kl = Kerley-Linien (Basal, perihil�r)
co = Cor, Grçße/Form-Ver�nderungen me = Mesotheliom der Pleura
cp = Cor pulmonale od = sonstige Auff�lligkeiten/Erkrankungen
cv = Caverne (Erg�nzende Bemerkungen angeben!)
di = Distorsion (Verziehung) pi = Pleuraverdickung (interlob�r/mediastinal)
ef = Effusion (Pleuraerguß) px = Pneumothorax
em = Emphysem rp = rheumatoide Pneumokoniose
es = Eierschalenhilus (Verkalkungen) (Caplan-Syndrom)
fr = Fraktur der Rippe(n) tba = Tuberkulose, aktiv
hi = Hilus/Mediastinal- tbu = Tuberkulose, inaktiv
Lymphknotenvergrçßerung
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 297
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 283
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 4/1998, 63–64
Quarzstaublungenerkrankung in Verbindung
mit aktiver Lungentuberkulose (Siliko-Tuberkulose)
Klinische Zuordnung:PneumologieHygiene/Umweltmed.Mikrobiol./Infekt.Ep.�ffentl. Gesundheitsw.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Eine Siliko-Tuberkulose liegt vor, wenn neben einer Silikose (siehe Merkblatt zuNr. 4101) gleichzeitig eine aktive Lungentuberkulose nachgewiesen werden kann.
Die aktive Siliko-Tuberkulose beruht h�ufig auf einer Exazerbation alter Tuberku-loseherde, kann aber auch durch Neuinfektion einer silikotisch ver�nderten Lungeauftreten. Das geh�ufte Vorkommen einer aktiven Lungentuberkulose bei an SilikoseErkrankten ist lange bekannt. Aufgrund der wesentlich verbesserten arbeits- und seu-chenhygienischen Maßnahmen ist ein deutlicher R�ckgang der Siliko-Tuberkulose zuverzeichnen. Neuere Studien fanden 2,6 % bzw.3 % Tuberkulosen bei an Silikose Er-krankten im Verlauf einer 10- bzw. 20j�hrigen Beobachtungsperiode (Sherson undLander 1990, Westerholm et al. 1986). In 7 % der Obduktionen von Silikose-Patien-ten lag eine aktive Lungentuberkulose vor (Hartung und Seong Moon 1992). Eine po-sitive Korrelation besteht zwischen dem Schweregrad der Silikose und der Tuberkulo-seh�ufigkeit (Hartung und Seong Moon 1992, Cowie 1994). Vorwiegend erkranken�ltere Silikosepatienten.
II. Pathophysiologie
Pathogenetisch werden f�r die Neuinfektion oder Aktivierung einer Tuberkulose beiSilikose mechanische, biochemische und immunologische Faktoren verantwortlichgemacht, wobei der ver�nderten bzw. gestçrten Alveolarmakrophagenfunktion einezentrale Rolle zukommt (Balmes 1990). Die Makrophagen der Lunge kçnnen sowohlvon Quarz als auch von Tuberkelbakterien stimuliert werden. Auf dieser zellul�renEbene ist daher die pathogenetische Verkn�pfung beider Ursachen und die Quelle dererhçhten Inzidenz von Tuberkulose bei Silikose zu vermuten (Parkes 1994). So wirdin Makrophagenkulturen das Wachstum von Mykobacterium tuberculosis durch sub-
toxische Dosen von Quarz verst�rkt.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das durchschnittliche Lebensalter bei Feststellung einer aktiven Siliko-Tuberkulose
liegt in neueren Untersuchungen zwischen dem 50. und 60. Lebensjahr (Reichel 1994).Der heute meist zu beobachtende chronische Verlauf unterscheidet sich klinisch h�ufigkaum von dem eigentlichen Krankheitsbild der Silikose. Hinweise geben eine raschauftretende Beeintr�chtigung des Allgemeinbefindens, Gewichtsverlust, Temperatur-erhçhung, Verschlechterung der Atemsymptomatik mit Husten, Auswurf und zuneh-mender Dyspnoe. Unter den Laboruntersuchungen imponieren eine Beschleunigung
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 298
284 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
der Blutsenkungsgeschwindigkeit sowie Ver�nderungen des Bluteiweiß- und Blutzell-bildes.
Einerseits kçnnen die Siliko-Tuberkuloseherde so eng benachbart sein, daß sierçntgenologisch nicht voneinander zu trennen sind. Andererseits kçnnen sich die tu-berkulçsen und silikotischen Ver�nderungen auch çrtlich unabh�ngig voneinanderentwickeln.
Der Nachweis eines rçntgenologischen Bildwandels infolge von meist rasch ent-stehenden, unscharf begrenzten und relativ schnell sich ver�ndernden Lungenbefun-den sichert zusammen mit dem Nachweis von Mycobacterium tuberculosis, Typushumanus, im Sputum oder Magensaft die Diagnose.
IV. Weitere Hinweise
Die Siliko-Tuberkulose ist nicht eine von der Silikose unabh�ngige Berufskrankheit.Sie liegt vor, wenn eindeutige silikotische Einlagerungen sowie der Nachweis einer ak-tiven Tuberkulose bestehen. Da neben exogenen Einwirkungen auch eine endogeneQuelle der Tuberkelbakterien als Ursache der Erkrankung mçglich ist, kommt hier imGegensatz zur BK-Nr. 3101 (Infektionskrankheiten) dem Nachweis der Infektions-quelle keine Bedeutung zu. Pulmokardiale Funktionsausf�lle m�ssen nicht vorliegen.Nach Abheilung der Tuberkulose (inaktive Form) sind alle kardiorespiratorischenFolgeerscheinungen der vorangegangenen Erkrankung der BK-Nr. 4101 zuzuordnen,da mit dem �bergang in eine inaktive Form die Voraussetzungen der BK-Nr. 4102entfallen.
V. LiteraturBalmer, J., 1990:
Silica Exposure and Tuberculosis: An Old Problem with a new twistJOM 32(2): 114–11.
Cowie, R. L., 1994:The epidemiology of tuberculosis in gold miners with silicosisAm J Respir Crit Care Med. 150: 1460–2.
Hartung, W., Seong Moon. J., 1992:Das derzeitige Bild der Anthrako – Silikose, ihrer Komplikationen und Kollisionen mit anderweiti-gen ErkrankungenPneumologie 46: 516–524.
Parkes, W. R., 1994:Occupational Lung DisordersButterworth – Heinemann, Oxford, 1994.
Reichel, G., 1994:Pneumokoniosen durch anorganische St�ubeIn: Ferlinz, R. (Hrsg.): Pneumologie in Praxis und KlinikGeorg Thieme Verlag, Stuttgart – New York, 1994.
Sherson, D., Lander, F., 1990:Morbidity of pulmonary tuberculosis among Silicotic and Nonsilicotic foundry workers in DenmarkJOM 32(2): 110–113.
Westerholm, P., Ahlmark, A. Maasing, R., Segelgerg, I., 1986:Silicosis and risk of lung cancer or tuberculosis: a cohort studyEnviron Res. 41: 339–350.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 299
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 285
Anhang zum Merkblatt Nr. 4102
Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO) 1980/Deutsche Version/Schema nachTH�RAUF (1997) – Vergleiche Anhang zum Merkblatt Nr. 4101
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 300
286 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 03 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1991, 74–76
Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)
oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura
Klinische Zuordnung:Pneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Asbest ist ein Sammelbegriff f�r zwei Gruppen faserfçrmiger silikatischer Mineralien:die Serpentinasbeste und die Amphibolasbeste.
Als Arbeitsstoff kommt meist der Chrysotil (Weißasbest), ein Magnesiumsilikatmit geringem Eisenanteil aus der Gruppe der Schichtsilikate vor. Auf Chrysotil alswichtigsten Serpentinasbest entfallen etwa 90 % aller in der Welt gewonnenen und in-dustriell verarbeiteten Asbeste.
Die Gruppe der Amphibolasbeste hat einen Anteil von unter 10 % am Asbestwelt-verbrauch. Hierzu gehçren das Natriumeisensilikat Krokydolith, der sog. Blauasbest,ferner das Magnesiumeisensilikat Amosit, der sog. Braunasbest, sowie der Antho-phyllit.
In der Bundesrepublik Deutschland, welche Importland f�r Asbest ist, werden bzw.wurden aus Rohasbest zahlreiche Produkte hergestellt. Beispielhaft aufgef�hrt seiendie Asbestzementindustrie, die Reibbelagindustrie, die Gummi-Asbest(IT)-Industrie,die Asbestpapier-, -pappen-, -dichtungs- und -filterindustrie, die Asbesttextilindustrieund die Asbestkunststoffindustrie. Seit etwa 1980 ist der Verbrauch von Asbest deut-lich zur�ckgegangen und wird in den n�chsten Jahren voraussichtlich auslaufen.
Dar�ber hinaus werden bzw. wurden in den verschiedensten Gewerbezweigen as-besthaltige Produkte eingesetzt, z. B. bei bestimmten T�tigkeiten im Hoch- und Tief-baugewerbe, Kraftfahrzeuggewerbe, Isoliergewerbe, im L�ftungs-, Klima-, Heizungs-sowie Fahrzeugbau.
Wichtige Gefahrenquellen f�r das Einatmen von Asbeststaub sind bzw. waren ins-besondere:– Asbestaufbereitung. Hierbei wird in Kollerg�ngen, Prall- oder Schlagm�hlen ent-
weder asbesthaltiges Muttergestein zerkleinert, und/oder Rohasbest zu st�rkeraufgeschlossenen Fasern aufgelockert;
– Herstellung und Verarbeitung von Asbesttextilprodukten wie Garne, Zwirne,B�nder, Schn�re, Seile, Schl�uche, T�cher, Packungen, Kleidung usw. Dabei kom-men T�tigkeiten wie Abf�llen, Einwiegen, Mischen, Krempeln, Spinnen, Zwirnen,Flechten, Weben und Zuschneiden vor. Auch das Tragen unbeschichteter Asbe-starbeitsschutzkleidung ist ggf. zu ber�cksichtigen;
– industrielle Herstellung und Bearbeitung von Asbestzementprodukten, speziellwitterungsbest�ndige Platten und Baumaterialien einschließlich vorgefertigterFormelemente, z. B. f�r Dacheindeckungen, Fassadenkonstruktionen, baulichenBrandschutz usw.;
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 287
– Bearbeitung und Reparatur der vorgenannten Asbestzementprodukte, z. B. T�tig-keiten wie S�gen, Bohren, Schleifen usw. im Baustoffhandel oder Bauhandwerk;
– industrielle Herstellung und Bearbeitung von asbesthaltigen Reibbel�gen, speziellKupplungs- und Bremsbel�gen;
– Ersatz von solchen Reibbel�gen, z. B. T�tigkeiten wie �berdrehen, Schleifen, Boh-ren, Fr�sen von Bremsbel�gen in Kfz-Reparaturwerkst�tten usw.;
– Herstellung, Anwendung und Ausbesserung von asbesthaltigen Spritzmassen zurW�rme-, Schall- und Feuerd�mmung (Isolierung);
– Herstellung, Verarbeitung und Reparatur von s�ure- und hitzebest�ndigen Dich-tungen, Packungen usw., z. B. im Leitungsbau der chemischen Industrie;
– Herstellung, Be- und Verarbeitung von Gummi-Asbest(IT)-Produkten;– Herstellung, Be- und Verarbeitung asbesthaltiger Papiere, Pappen und Filzmate-
rialien;– Verwendung von Asbest als Zusatz in der Herstellung von Anstrichstoffen, Fuß-
bodenbel�gen, Dichtungsmassen, Gummireifen, Thermoplasten, Kunststoffharz-preßmassen usw.;
– Entfernen, z. B. durch Abbrucharbeiten, Reparaturen usw. sowie Beseitigung dervorgenannten asbesthaltigen Produkte.
Außerdem enthalten verschiedene Minerale, z. B. Speckstein (Talkum), Gabbro, Dia-bas usw. geringe Asbestanteile, u. a. als Tremolit und Aktinolith. Sie kçnnen infolge-dessen �ber eine Mischstaubexposition zu Asbestrisiken f�hren.
II. Pathophysiologie
Asbeststaub ist ein typisch faserfçrmiger Staub. Asbestfasern kçnnen bis zu sub-mikroskopischer Feinheit aufspalten. Sie wirken u. a. fibroseerzeugend, wenn sie ein-geatmet werden. Von Durchmesser, L�nge und Form der Asbestfasern h�ngt ab, ob eszu einer Deposition in den peripheren Luftwegen oder den Alveolen kommt. Derweitaus grçßere Teil des eingeatmeten Staubes wird wieder ausgeatmet oder durchdie physiologischen Reinigungsmechanismen der Atemwege und Lungen ausgeschie-den. Ein Teil der jeweils in die Alveolen gelangten Fasern dringt in das Zwischenge-webe der Lunge ein. Im Bereich der Alveolarsepten, perivaskul�r und peribronchialkommt es zun�chst zur interstitiellen Retention. Nur sehr kleinkalibrige und kurzeFaserfraktionen sind auf dem Lymphwege transportf�hig. Manche Asbestfaserarten,insbesondere Chrysotil, kçnnen im Gewebe, Strukturver�nderungen erfahren.
Der retinierte Asbeststaub kann zu Reaktionen vorwiegend in Bronchioli und imalveol�ren Interstitium f�hren. Bevorzugt in den unteren bis mittleren Lungenpartienentsteht ein diffuser, alveolarseptal bindegewebsbildender Prozeß mit starkerSchrumpfungsneigung, die Asbestose (Asbest-Lungenfibrose). Mikroskopisch sindAsbestkçrperchen nachweisbar. Hierbei handelt es sich um Keulen- oder hantelfçr-mige Gebilde, bestehend aus dem zentralen Achsenfaden, umgeben von mehr oderminder segmentierten eisen- und eiweißhaltigen Gelh�llen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 302
288 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Eingeatmete und in das Zwischengewebe der Lunge vorgedrungene Asbestfasernbesitzen aufgrund ihrer nadelfçrmigen Gestalt auch die F�higkeit, bis in den Pleura-bereich (Lungen- und Rippenfell) zu penetrieren.
Diese Pleurotropie (Pleuradrift) kann sowohl zu einer Asbestfaseranh�ufung imsubpleuralen Bereich als auch zu einem �bertritt in den Pleuraspalt f�hren. Infolgeder Pleuradrift entstehen oftmals diffus ausgedehnte oder umschriebene Bindege-websneubildungen der Pleura, die der Asbestfibrose im Bereich der Lungen entspre-chen. Sie stellen oft rçntgenologische Zufallsbefunde dar. Die diffuse Bindegewebs-neubildung bevorzugt meist doppelseitig die Pleura visceralis als diffuse Pleurafibrose
des Lungenfells. Umschriebene, plaquefçrmige Ver�nderungen manifestieren sichmeist doppelseitig besonders an der Pleura parietalis als bindegewebige (hyaline), sp�-ter verkalkende Pleuraplaques des Rippenfells, Zwerchfells oder Herzbeutels. Auchrezidivierende, meist einseitige Pleuraerg�sse gehçren zum Bild der nicht bçsartigen,durch Asbeststaub verursachten Erkrankungen der Pleura, die sich von der tumor-erzeugenden Wirkung (vgl. „Durch Asbest verursachtes Mesotheliom des Rippenfellsund des Bauchfells“ Nr. 4105 BeKV) abgrenzen lassen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Als erstes Zeichen einer Asbestose treten nach langsam progredientem ReizhustenKurzatmigkeit, besonders bei Belastung und tiefer Inspiration, und Brustschmerzenauf. Sp�ter kommen nicht selten die Symptome einer chronischen Bronchitis (chron.unspez. respiratorisches Syndrom – CURS), emphysematçse Lungenver�nderungenund Rechtsherzhypertrophie (Cor pulmonale) hinzu. Auch der auskultatorische undperkutorische Befund ist uncharakteristisch. Er kann selbst bei fortgeschrittener As-bestose geringf�gig sein. Als Hinweis auf eine Lungenfibrose gilt feines Knisterras-seln, besonders am Ende des Inspiriums, �ber den seitlichen und unteren Lungenpar-tien. Im Auswurf kçnnen sich Asbestkçrperchen finden.
Das Ergebnis der Rçntgenfilmaufnahme* ist f�r die Diagnose entscheidend. Vor-nehmlich subpleural in den unteren zwei Dritteln der Lunge, mit meist zunehmenderIntensit�t zu Basis und Hilus hin, finden sich kleine unregelm�ßige (oder lineare)Schatten (ILO-Klassifikation: s-t-u). Sie kçnnen zun�chst nebelschwadenfçrmig mithaarfeinen Randfiguren auftreten und sich sp�ter zu einer netzfçrmigen Zeichnungs-vermehrung (ILO-Klassifikation: 1–2-3) bis zu diffusen fibrozystischen Ver�nderun-gen verdichten. Auch horizontal verlaufende Strichschatten (sog. KERLEY'sche„B“-Linien) nahe der lateralen Brustwand kommen vor. Mitunter erscheint die Fi-brose entlang der Grenze des Herzschattens besonders ausgepr�gt. In sp�teren Sta-dien kçnnen die Herzgrenzen und die Zwerchfellkuppen verwaschen erscheinen unddie Oberfelder vermehrt strahlendurchl�ssig sein.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 303
* Es wird empfohlen, bei der Diagnose im Rçntgenbild die Internationale Staublungen-Klassifikation (ILO 80/BRD) anzuwenden (s. Anhang zum Merkblatt).
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 289
Als besondere, durch Asbeststaub verursachte, nicht bçsartige Erkrankungen derPleura sind bei geeigneter Rçntgentechnik (Hartstrahl-Filmaufnahmen) folgende Be-funde anzusehen (vgl. auch Anhang „Hinweise zur Erstattung der �rztlichen Anzei-ge…“):– die bindegewebigen (hyalinen) Pleuraplaques,– die verkalkten Pleuraplaques,– die diffuse Pleuraverdickung der seitlichen Brustwand (diffuse Pleurafibrose),– der Pleuraerguß, auch ohne Lungenasbestose, insbesondere mit bindegewebig-
schwartigen, postpleuritischen Folgezust�nden (Hyalinosis complicata).Differentialdiagnostisch setzt die Annahme einer durch Asbeststaub verursachten Er-krankung der Pleura voraus, daß eine entsprechende Exposition bestand, die in derRegel zehn oder mehr Jahre zur�ckliegt und Hinweise auf andere, insbesondere tuber-kulçse, traumatisch-entz�ndliche oder tumorçse Pleuraver�nderungen anderer Ursa-che nicht vorliegen. Bei starkem �bergewicht (Broca-Index 120 %) sind als Differen-tialdiagnose der asbestverursachten diffusen Pleurafibrose beidseitige, subpleuraleFetteinlagerungen zu erw�gen. Hyaline und/oder verkalkte Pleuraplaques finden sichbevorzugt im Bereich der dorsalen Pleura. Charakteristisch sind Plaques der Pleuradiaphragmatica, auch wenn sie einseitig vorkommen. Ihre Nachweismçglichkeit wirdoftmals mittels zus�tzlicher seitlicher Thoraxaufnahme verbessert. Noch h�ufiger alsam Lebenden lassen sich Pleuraplaques autoptisch nachweisen. Durch Asbeststaubverursachte diffuse, plaquesfçrmige oder postpleuritische Pleuraver�nderungen kçn-nen allein oder nebeneinander vorkommen.
Die gesundheitliche Beeintr�chtigung infolge der durch Asbeststaub verursachtenErkrankungen der Lunge und/oder Pleura h�ngt vor allem von der Einschr�nkung derLungenfunktion ab. Diese tritt vorwiegend als restriktive Ventilations- und/oder Gas-
austauschstçrung auf. Durch Asbeststaub verursachte Erkrankungen der Lunge und/oder Pleura kommen auch im Zusammenhang mit anderen Pneumokoniosen vor.
IV. Weitere Hinweise
Die Erhebung einer eingehenden Arbeitsanamnese ist erforderlich. Durch Asbe-ststaub verursachte Erkrankungen der Lunge und/oder Pleura treten im allgemeinenerst nach jahre- bis jahrzehntelanger Exposition gegen�ber Asbeststaub auf. Eine Ex-position – auch von wenigen Jahren – f�hrt gelegentlich noch nach einer Latenz vonJahrzehnten zu einer Sp�tasbestose.
Rçntgenologisch nachweisbare Ver�nderungen der Lungenasbestose kçnnen imVergleich zu den bestehenden Funktionsstçrungen der Atmung und des Kreislaufs re-lativ geringgradig sein.
Eine �berh�ufige Assoziation von Asbestose und Lungentuberkulose ist bishernicht erwiesen.
Bez�glich des Lungenkrebses in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung(Asbestose) oder durch Asbeststaub verursachte Erkrankung der Pleura wird auf das
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290 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu Nr. 4104, bez�glich des durch Asbest verursachten Mesothelioms desRippenfells und des Bauchfells auf das zu Nr. 4105 Anl. 1 BeKV verwiesen.
V. LiteraturAmerican Thoracic Society:
The diagnosis of nonmalignant diseases related to asbestos.Amer. Rev. respir. Dis., 134 (1986) 363–368
Bohlig, H., E. Hain, H. Valentin, H.-J. Woitowitz:Die Weiterentwicklung der Internationalen Staublungenklassifikation und ihre Konsequenzen f�rdie arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen staubgef�hrdeter Arbeitnehmer (ILO 80/BRD).Prax. Pneumol. 35 (1981) 1134–1139.
Bohlig, H., A Calavrezos:Development, radiological zone patterns, and importance of diffuse pleural thickening in relationto occupational exposure to asbestos.Brit. J. Industr. Med., 44 (1987) 673–681
Dodson, R. F., J. O. Ford:Early response of the visceral pleura following asbestos exposure: an ultrastructural study.J. Toxicol. environm. Hlth., 15 (1985) 673–686
Hillerdal, G.:Short report: Value of the lateral view in diagnosing pleural plaques.Arch. environm. Hlth., 41 (1986) 391–392
Martensson, G., S. Hagberg, K. Petterson, G. Thiringer.Asbestos pleural effusion: a clinical entity.Thorax 42 (1987) 646–651
Morgan, A., J. C. Evans, A. Holmes:Deposition and clearance of inhaled fibrous minerals in the rat. Studies using radioactive tracertechniques.In: W. H. Walton: Inhaled Particles IV.Pergamon Press, 1977, 259–274
Viallat, J. R., F. Raybuad, M. Passarel, C. Boutin:Pleural migration of chrysotile fibers after intratracheal injection in rats.Arch. environm. Hlth., 41 (1986) 282–286
Woitowitz H.-J., H.-J. Lange, U. Bolm-Audorff, K. Ulm, H.-J. Elliehausen, L. Pache:Pleura-Asbestose – Klinik und Epidemiologie.Atemw.-Lungenkrkh., 11 (1985) 291–296
Woitowitz, H.-J.:Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose),In: H. Valentin et al.: Arbeitsmedizin, Bd. 2: Berufskrankheiten. 3. AuflageThieme, Stuttgart, New York, 1985, 236–252
Anhang zum Merkblatt Nr. 4103 der Anl. 1 BeKV
Hinweise zur Erstattung der �rztlichen Anzeige nach § 5 BeKV f�r die Berufskrank-heit Nr. 4103 – Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose) oder durch Asbeststaubverursachte Erkrankung der Pleura – der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung(BeKV):
Diese Hinweise wurden zur Erleichterung der �berlegungen, wann ein Arzt bei ei-nem Versicherten nach Asbestexposition von einem begr�ndeten Verdacht des Vorlie-gens der u. a. Berufskrankheit ausgehen kann, unter Mitwirkung medizinischer Sach-verst�ndiger erarbeitet. Sie sollen auf der Grundlage des amtlichen Merkblattes f�r
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 291
die �rztliche Untersuchung zu der genannten Berufskrankheit allen �rzten praxis-gerechte Hinweise geben.
Auszugehen ist dabei von dem Rçntgenbefund nach der ILO-Klassifikation 1980,wobei die Anfertigung der Lungenaufnahme in optimaler Hartstrahltechnik Voraus-setzung ist.
Der Verdacht des Vorliegens einer Asbestose der Lungen ist
1. begr�ndet bei:
Rçntgenbefund der Lungen Auskultations- bzw.
nach ILO Klassifikation 1980 Lungenfunktionsbefund
Dichte der Schatten Form
a) 1/0 s, t bzw. u Knisterrasseln und/oder VKI
90 % von VKS (nach EGKS-
Mindestsollwert
unter BTPS-Bedingung)
b) 1/1 u. mehr s, t bzw. u auch wenn klinisch keine
Auff�lligkeiten und
keine Einschr�nkung der VKI
meßbar ist
2. nicht begr�ndet bei:
Rçntgenbefund der Lungen Auskultations- bzw.
nach ILO Klassifikation 1980 Lungenfunktionsbefund
Dichte der Schatten Form
0/1 s, t bzw. u mit Knisterrasseln
0/1 s, t bzw. u mit VKI unter 90 % von VKS
1/0 s, t bzw. u ohne Befund
(jedoch Notwendigkeit einer vorgezogenen nachgehenden Untersuchung)
VKI: Vitalkapazit�t (Istwert) – VKS: Vitalkapazit�t (Sollwert)
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292 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Der Verdacht des Vorliegens von durch Asbeststaub verursachten Ver�nderungen derPleura („Pleuraasbestose“) ist begr�ndet bei:
a) Pleuraplaques (hyalin)In der Regel ab ca. 3 mm Dicke rçntgenologisch erkennbar und/oder einer Ver-breitung von mehr als 2 cm Gesamtl�nge im Bereich der Brustwand (insbesonderedoppelseitig), des Zwerchfells, Mediastinums und/oder Herzbeutels.Bei en face sichtbaren Pleuraplaques l�sst sich eine Dickenangabe oftmals nichtvornehmen.
b) Pleuraplaques (verkalkt)Bei Hinweisen auf Asbeststaubexposition(en) in der Vorgeschichte sollten auchKalkplaques geringerer Dicke und Verbreitung angezeigt werden.
c) Hyalinosis complicata bzw. Pleuraerguß, Pleuritis mit Folgezust�nden, ein- oderbeidseitig
d) Pleuraverdickung (doppelseitig, diffus)In der Regel ab ca. 3 mm Dicke speziell im Bereich der Mittel- und Unterfelder.
F�r die Differentialdiagnose in Bezug auf die Asbeststaubgenese sind zu beachten:– Hinweise insbesondere f�r tuberkulçse oder Infarktpleuritis, traumatische, ent-
z�ndliche, tumorçse oder sonstige pleurale Begleitprozesse.– Auftreten oder wesentliche Zunahme der Befunde mehrere Jahre nach Beginn der
Asbeststaubgef�hrdung.
Literaturerg�nzung:Buhl, R., Vogelmeier, C.:
Erkrankungen der PleuraIn: Vogelmeier, C., Buhl, R.: Pneumologische Notf�lleWissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 307
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 293
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 04 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 12/1997, 32–35
Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs
– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)
– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura
oder
– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Ar-
beitsplatz von mindestens 25 Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m�) x Jahre]}
Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundePneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen (s. Merkblatt zu Nr. 4103)
II. Pathophysiologie (s. Merkblatt zu Nr. 4103)
Eingeatmete Asbestfasern besitzen neben fibrogenen f�r den Menschen gesichertekanzerogene Eigenschaften. Wie f�r andere Tumoren gilt sowohl f�r den asbestver-ursachten Lungenkrebs (hier synonym: Bronchialkarzinom) als auch f�r den as-bestverursachten Kehlkopfkrebs (hier synonym: Larynxkarzinom gem�ß der TNM-Klassifikation der UICC), daß die Erkrankungswahrscheinlichkeit im wesentlichenvom Lebensalter, der individuellen Disposition sowie der in den Kçrper aufgenom-menen und mit den Zielzellen in Wechselbeziehung tretenden Dosis beruflicher undaußerberuflicher krebserzeugender Noxen abh�ngt. Eingeatmete Asbestfasern kçn-nen eine lokale krebserzeugende Wirkung auf die Epithelzellen der mittleren undtieferen Atemwege aus�ben. Ergebnisse der Grundlagenforschung haben f�r Asbe-stfasern bestimmter kritischer Abmessungen sowohl tumorinitiierende als auch tu-morpromovierende Wirkungen nachgewiesen. Zu den Mechanismen der Asbestfaser-
kanzerogenese z�hlen u. a. die Stimulierung des Zellwachstums entsprechenddemjenigen maligner Zellen (Transformation) sowie Mitosestçrungen, welche zu Ver-�nderungen von Zahl (Aneuploidie, Polyploidie) und Struktur (Br�che, Fragmente)der Chromosomen f�hren.
Die vorliegenden Erkenntnisse sprechen daf�r, daß Erkrankungen an asbestfase-rinduzierter Fibrose, Lungenkrebs und Kehlkopfkrebs unterschiedliche Endpunkte angetrennten Zellsystemen ablaufender Pathomechanismen sind, bei denen Wechselwir-kungen vorkommen kçnnen.
Einen wesentlichen kanzerogenen Einfluß besitzen Durchmesser, L�nge und Formder eingeatmeten und im Atemtrakt deponierten Asbestfasern sowie ihre von der che-mischen Zusammensetzung abh�ngige Best�ndigkeit im Gewebe, mçglicherweiseauch Oberfl�cheneigenschaften. Individuelle Bedeutung haben das broncho-pulmo-nale Reinigungsvermçgen und weitere dispositionelle Faktoren. In seiner Bedeutungbekannt ist das Zusammenwirken von Asbestfasern mit anderen inhalativen und spe-ziell krebserzeugenden Noxen, insbesondere dem Zigarettenrauch.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 308
294 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Die Ablagerung von Asbestfasern kritischer Abmessungen im Kehlkopfbereich istprinzipiell auf 2 Arten mçglich:a) Durch Zentrifugalkr�fte aufgrund der Verwirbelung des Luftstromes infolge der
Kehlkopfgeometrie (Impaktion).b) Durch die mukoziliare Clearance (Deposition). Hierdurch werden im tiefergelege-
nen Atemtrakt abgelagerte Faserstaubpartikeln �ber das Flimmerepithel derSchleimhaut in Richtung Kehlkopf r�cktransportiert.
Hals-Nasen-Ohren�rztliche Untersuchungen haben gezeigt, daß ein erheblicher An-teil eingeatmeter Teilchen besonders im vorderen Stimmbandbereich abgelagert wird.Beim vorderen Stimmbandbereich handelt es sich um eine Pr�dilektionsstelle derKehlkopfkrebserkrankung. Asbestfasern in der Schleimhaut des Larynx konntennachgewiesen werden, ebenso Asbestkçrperchen im Larynxbereich. Nicht maligneasbestfaserbedingte Ver�nderungen sind als „laryngeal asbestosis“ beschrieben wor-den. Es liegen keine biologisch plausiblen Erkenntnisse dar�ber vor, daß die Wirkun-gen von Asbestfaserstaub auf das Zielgewebe des Larynx von denjenigen auf die tie-fergelegene Bronchialschleimhaut differieren.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Lungenkrebs
Der asbestverursachte Lungenkrebs weist klinisch und diagnostisch keine wesentli-chen Unterscheidungsmerkmale gegen�ber einem Lungenkrebs anderer �tiologieauf. Die Fr�hsymptome sind uncharakteristisch. Beispielhaft zu nennen sind therapie-resistenter Reizhusten, blutiger Auswurf, Atelektasen und bronchopneumonische
Prozesse mit verzçgerter Heilungstendenz. Bildgebende Verfahren, bronchoskopischeund Sputumuntersuchungen auf tumorverd�chtige Zellen st�tzen die Verdachtsdiag-nose. Bei Asbestfaserstaub-Einwirkung in der Arbeitsanamnese m�ssen alle verd�ch-tigen. z. B. rçntgenologischen Ver�nderungen und jeder Bildwandel dringend abge-kl�rt werden.*
Eine fr�hzeitige bioptische Kl�rung ist anzustreben. Feingeweblich werden alle be-kannten Tumorformen gefunden.
Relativ bevorzugt sind – wie bei der Lungenasbestose – die Unterfelder betroffen.Der Prim�rsitz des Tumors kann sich im Bereich sowohl der Lungenwurzel als auchder Lungenperipherie befinden. Differentialdiagnotisch m�ssen insbesondere Lun-genmetastasen eines Prim�rtumors anderer Lokalisation ausgeschlossen werden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 309
* F�r die rçngtgenologische Diagnose der Asbestose von Lunge und/oder Pleura ist dieInternationale Staublungen-Klassifikation (ILO/80 Bundesrepublik Deutschland) in op-timaler Hartstrahltechnik anzuwenden (s. auch Anhang zum Merkblatt zu Nr. 4103)
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 295
Kehlkopfkrebs
Der wesentlich durch Abestfaserstaub am Arbeitsplatz mitverursachte Kehlkopfkrebsweist klinisch und diagnostisch keine verwertbaren Unterscheidungsmerkmale gegen-�ber Larynxkarzinomen anderer �tiologie auf. Die Erkrankung beginnt mit Heiser-keit, Schluckbeschwerden und Fremdkçrpergef�hl. Sp�ter treten Luftnot bzw.Halslymphknotenschwellungen hinzu. Die Diagnosesicherung erfolgt mittels Kehl-kopfspiegelung und bioptischer Verfahren zur histologischen Differenzierung. Bild-gebende Verfahren dienen nicht der prim�ren Diagnosestellung. Meist handelt es sichum verhornende Plattenepithelkarzinome, seltener um gering verhornende oder un-differenzierte Karzinome. Die gute Zug�nglichkeit und die Tatsache, daß Fr�hstadienan den Stimmb�ndern durch Heiserkeit auffallen, l�ßt Tumoren dieser Lokalisationoft rechtzeitig diagnostizieren und erfolgreich behandeln. In fortgeschrittenen Tumor-stadien f�hrt die komplette Entfernung des Kehlkopfes z. T. ebenfalls zu l�ngerfristi-gen tumorfreien �berlebenszeiten. Fr�hstadien lassen sich durch Teilresektion desKehlkopfes oder manchmal Radiotherapie behandeln. Die Sterblichkeit infolge desKehlkopfkarzinoms ist stadienabh�ngig. Sie liegt insgesamt bei 40 bis 50 % der Er-krankten.
IV. Weitere Hinweise
Lungenkrebs
Im Ursachenspektrum des Lungenkrebses werden zunehmend �ußere Einfl�sseerkannt. An erster Stelle ist das Zigarettenrauchen zu nennen. Unter den Risikofak-toren des Arbeitsplatzes besitzt Asbestfaserstaub Priorit�t. Die Asbestfaserstaub-Ein-wirkung am Arbeitsplatz und die Zigarettenrauchinhalation wirken offensichtlichmultiplikativ zusammen. Eine l�ngerfristige, intensive Einwirkung von Asbestfaser-staub am Arbeitsplatz erhçht das Grundrisiko, an Lungenkrebs zu erkranken, sowohlbei Nichtrauchern als auch bei Zigarettenrauchern um ein Mehrfaches.
Die individuellen Besonderheiten einer Asbestfaserstaub-Einwirkung kçnnen inder Regel nur durch eine gr�ndliche, sachverst�ndige und l�ckenlose Arbeitsplatz-und Berufsanamnese in Erfahrung gebracht werden. Hierbei ist stets die jahrzehnte-lange Latenzzeit seit Beginn der Asbestfaserstaub-Einwirkung zu ber�cksichtigen.Das Risiko besteht auch nach Ende der Asbestfaserstaub-Einwirkung fort. Die Anam-nese hat stets auch die Rauchgewohnheiten mçglichst detailliert zu erfassen.
Beim Vorliegen einer Lungenasbestose, einschließlich Minimalasbestose (s. Merk-blatt zu Nr. 4103) ist das Lungenkrebsrisiko erhçht. Der Nachweis einer Minimalas-bestose setzt eine gezielte lichtmikroskopisch-feingewebliche Untersuchung voraus.
Auch die durch Asbestfaserstaub verursachte Erkrankung der Pleura ist als Mar-ker f�r eine zur�ckliegende, wesentliche Asbestfaserstaub-Einwirkung und dar�berhinaus f�r ein erhçhtes Lungenkrebsrisiko anzusehen.
Die im Merkblatt zu Nr. 4103 genannten verschiedenen Formen der durch As-bestfaserstaub verursachten Pleuraerkrankungen sind ebenso, wie die Lungenasbesto-
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296 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
se, einschließlich Minimalasbestose, als Kriterium f�r die Wahrscheinlichkeit einerdurch Asbest verursachten Erkrankung an Lungenkrebs anzusehen.
Diese Kriterien zur Best�tigung einer wesentlichen Asbestfaserstaub-Einwirkungam Arbeitsplatz wurden aufgrund erweiterter und gefestigter Erkenntnisse �ber Do-sis-H�ufigkeits-Beziehungen durch das Faserjahrmodell erg�nzt.
F�r die Besch�ftigten dreier arbeitsmedizinisch bedeutsamer Bereiche (Asbestze-mentindustrie. Asbesttextilindustrie, Asbestisolierbranche) wurde eine Verdopplungder Sterberate an Lungenkrebs im Vergleich zur �brigen Bevçlkerung beim Erreicheneiner bestimmten kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis* epidemiologisch nachgewie-sen (Verdopplungsdosis). Als verallgemeinerungsf�hige Verdopplungsdosis werden25 Faserjahre angesehen. Die Verdopplungsdosis ist erreicht, wenn das Produkt k x Joder die Summe der Produkte mindestens 25 Faserjahre betr�gt.
Der begr�ndete Verdacht des Vorliegens eines durch Asbestfaserstaub verursach-ten Lungenkrebses ist gegeben bei langj�hriger und intensiver Asbestfaserstaub-Ge-f�hrdung am Arbeitsplatz, verbunden mit:1. Asbestose der Lungen
a) bei Vorliegen rçntgenologischer Lungenver�nderungen mindestens ab derStreuung 1/0 oder bei
b) „Minimalasbestose“ (durch histologisch best�tigten Befund) oder2. mit durch Asbestfaserstaub verursachten Ver�nderungen der Pleura, wie im An-
hang zu Merkblatt zu Nr. 4103 ausgef�hrt.Bei Lungenkrebserkrankungen nach langj�hriger und intensiver Asbestfaserstaub-Ge-f�hrdung am Arbeitsplatz ist auch bei schw�cheren oder fehlenden Anzeichen auf dieo. a. Befunde im Hinblick auf die erforderliche Ermittlung einer zur�ckliegenden ku-mulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeitsplatz (mindestens 25 Faserjahre) eineAnzeige geboten.
Rechenbeispiele f�r 25 Faserjahre:
1) 25,0 x 106 F/m� x 1,0 J. = 25 Faserjahre
2) 2,0 x 106 F/m� x 12,5 J. = 25 Faserjahre
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 311
* Die Maßeinheit f�r die Asbestfaserstaub-Dosis ist das Faserjahr.Faserjahre sind das Produkt aus mittlerer Asbestfaserkonzentration k (in 106 Fasern derkritischen Abmessungen [L�nge �ber 5 m Durchmesser unter 3 m, Verh�ltnis L�nge:Durchmesser �ber 3:1] pro m� Atemluft) und der Dauer der Faserexposition J (in Jahrenbei 8-Stundenschichten). Bei wechselnder mittlerer Asbestfaserkonzentation (ki) �berwechselnde Expositionszeiten (Ji) ergeben sich die Faserjahre aus der Summe der Pro-dukte ki x Ji.
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 297
3) 0,5 x 106 F/m� x 50,0 J. = 25 Faserjahre
4) 0,5 x 106 F/m� x 20,0 J. = 10 Faserjahre+ 106 F/m� x 15,0 J. = 15 Faserjahre
Summe = 25 Faserjahre
Kehlkopfkrebs
Die Inzidenz von Larynxkarzinomen in der Allgemeinbevçlkerung betr�gt 4 bis 7F�lle pro 100 000 Einwohner und Jahr. Die Latenzzeit, d. h. die Zeit zwischen Beginnder Einwirkung krebserzeugender Noxen und dem Krankheitsbeginn betr�gt erfah-rungsgem�ß mindestens 10 Jahre. Ein besonders bedeutsamer und vielfach best�tigterRisikofaktor f�r diese Karzinomlokalisation ist das Tabakrauchen. In einigen Studienkonnte dar�ber hinaus eine Assoziation zwischen dem Auftreten von Larynxkarzino-men und dem Alkoholkonsum nachgewiesen werden. Fall-Kontroll-Studien. bei de-nen die wichtigsten, nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren adjustierend ber�cksich-tigt werden konnten, ergaben eine wesentliche Mitverursachung des Kehlkopfkrebsesdurch eine langj�hrige intensive Asbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz. Er-gebnisse der Kohortenstudien weisen in die gleiche Richtung. In Studien, in denensowohl die Rauchgewohnheiten ber�cksichtigt als auch die Asbestfaserstaub-Einwir-kung objektiv und quantitativ erfaßt werden konnten, fanden sich Expositions-Wirkungsbeziehungen. Hinzu kommt das molekularbiologische und zytogenetischeWissen �ber die lokal krebserzeugende Wirkung von Asbestfasern kritischer Abmes-sungen, das bevorzugte Depositions- und Impaktionsverhalten dieser Fasern im La-rynxbereich einschließlich des Vorkommens nicht maligner asbestfaserbedingter Ef-fekte. Dar�ber hinaus fanden sich in Studien nicht nur eine positive Assoziationzwischen Pleuraplaques und dem Kehlkopfkrebsrisiko, sondern auch Hinweise aufDosis-H�ufigkeitsbeziehungen und Konsistenz der Studienergebnisse. Letztere giltz. T. unter Adjustierung der wichtigsten, nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren wieder Rauch- und Alkoholkonsumgewohnheiten. Hieraus ist beim Nachweis der gem.Nr. 4104 f�r die Anerkennung als asbestverursachter Lungenkrebs bereits bisher ge-forderten Rçntgenbefunde auch f�r den Kehlkopfkrebs die Asbestverursachung alswesentliche Mitursache begr�ndet. Zur Charakterisierung einer Risikoverdopplunggelten die o. g. Kriterien der Erkrankung an Lungenkrebs.
Die Ermittlung der zur�ckliegenden kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Ar-beitsplatz obliegt in der Regel dem Unfallversicherungstr�ger.
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Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten41 04 Kehlkopfkrebs
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 316
302 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 05 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 1/1994, 67–68
Durch Asbest verursachtes Mesotheliom
des Rippenfells, des Bauchfells oder des Pericards
Klinische Zuordnung:GastroenterologieKardiologiePneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen siehe Merkblatt zu Nr. 4103
II. Pathophysiologie
Die Faserform des Asbests wird als wesentliches pathogenes Prinzip der Tumorentste-hung angesehen. Asbestfasern kritischer Abmessungen kçnnen mesotheliomerzeu-gend wirken. Mesotheliomerkrankungen kçnnen schon nach wenigen Wochen ent-sprechender Exposition auftreten. Die Latenzzeit betr�gt aber meist mehr als 10 bis15 Jahre und bis zu ca. 60 Jahre seit Beginn der Asbestexposition.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das diffuse maligne Mesotheliom geht von den Deckzellen serçser Oberfl�chen aus.Es tritt im pleuralen Raum bevorzugt zun�chst mehr umschrieben, im peritonealenBereich diffus knçtchenfçrmig auf. Gekammerte Hçhlenbildung mit eiweiß- und fi-brinreichen Erg�ssen kommt h�ufig vor.
Das Anfangsstadium des Pleuramesothelioms ist oft relativ symptomarm. Sp�terwird �ber Schmerzen im Brustkorb, Luftnot, Husten und Auswurf geklagt. Persistie-rende oder rezidivierende Rippenfellerg�sse sind oft Initialsymptom. Im weiteren Ver-lauf kann die hçckrig-wulstige Grenze der tumorçsen Thoraxwandauflagerungennach Punktion des Ergusses rçntgenologisch dargestellt werden.
Beim Peritonealmesotheliom stehen zun�chst unklare Bauchbeschwerden, Obsti-pation und Aszites im Vordergrund. In sp�teren Stadien kann sich eine Ileussympto-matik entwickeln.
Das sehr seltene Perikardmesotheliom tritt unter dem Bild der Perikarditis mit Pe-
rikarderguß auf. Herzrhytmusstçrungen kommen vor.Das Mesotheliom wird nach dem rçntgenologischen und histologischen Befund
diagnostiziert. Hyaline oder verkalkte Plaques kçnnen wegweisend sein. Metastasie-rung kommt vor.
In allen F�llen ist eine fr�hzeitige histologische Kl�rung anzustreben. Es findensich epitheliale, sarkomatçse oder bivalente Strukturen, z. T. nebeneinander in ver-schiedenen Abschnitten desselben Tumors. Nur der bivalente Typ ist histologisch ambioptischen Ausschnitt auch ohne Autopsie kennzeichnend f�r das Mesotheliom.
Differentialdiagnostisch kommen pleurale oder peritoneale Metastasen eines Pri-m�rtumors anderer Lokalisierung in Frage; sie sind rçntgenologisch von Mesothelio-men kaum zu unterscheiden. Perikarditiden entz�ndlicher Genese kommen als Diffe-rentialdiagnose des Perikardmesothelioms in Betracht.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 317
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 303
IV. Weitere Hinweise
In epidemiologischen Studien werden diffuse maligne Mesotheliome als stark mit ei-ner Asbesteinwirkung assoziierte Tumoren angesehen („Signaltumoren“). Sie gehç-ren in der �brigen Bevçlkerung zu den seltenen Tumorformen.
Obwohl die meisten Erkrankungen bei beruflich asbestgef�hrdeten Personen auf-treten, sind indirekte Gef�hrdungen, wie der fr�here Haushaltskontakt mit der Ar-beitskleidung von Asbestarbeitern oder in der Nachbarschaft ehemalig asbestver-arbeitender Betriebe zu beachten. Somit kçnnen offenbar verh�ltnism�ßig niedrigekumulative Asbestfaserstaub-Dosen Jahrzehnte sp�ter bei manchen Personen zumMesotheliom f�hren. Etwa ein Drittel der Pleuramesotheliomf�lle weist keine Asbe-stexposition in der Vorgeschichte auf. Die Exposition kann oft nur durch eine gr�ndli-che, sachverst�ndige und l�ckenlose Anamneseerhebung gekl�rt werden.
Ein Verdacht auf eine Berufskrankheit der Nr. 4105 ist bereits bei jedem Mesothe-
liom begr�ndet. Zus�tzliche Hinweise sind*:– Verdacht auf berufliche Asbestexposition,– rçntgenologische Hinweise auf eine Lungenasbestose,– Pleuraplaques,– vermehrt Asbestkçrperchen oder Asbestfasern im Lungengewebe.
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* vergl. Anhang zum Merkblatt zu Nr. 4103
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 319
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 305
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 06 Anlage BKV
(Nr. 29/6. – 7. BK-VO)Arbeitsschutz 11/1963, 283–284
Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen
durch Aluminium oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:Pneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Aluminium (Al) kommt nur in Form seiner Verbindungen, wie Feldspat, Glimmer,Hornblende, deren Verwitterungsprodukte, wie Bauxit, Kaolin, Ton und als Oxyde,wie Korund oder Schmirgel, in der Natur vor.
Erkrankungen der tieferen Luftwege und der Lungen werden bei Personen beob-achtet, die Aluminiumpulver, vor allem ungefetteten Aluminiumfeinstaub (sogenann-ten Pyroschliff), herstellen; insbesondere trifft dies f�r das Feinstampfen, Sieben undMischen zu. Auch die Herstellung von Aluminiumpulver durch Schmelzzerst�ubung,das Ausschmelzen von Aluminiumoxid aus Bauxit sowie die Herstellung von Alumi-niumlegierungen kçnnen u. U. eine Gefahrenquelle sein.
Die Verwendung des Aluminium-Bronze-Pulvers, auch im Spritzverfahren, ist inder Regel nicht gesundheitsgef�hrdend.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Aluminium oder seine Verbindungen werden als Staub, Rauch oder Dampf �ber dieAtemwege aufgenommen. In den tieferen Luftwegen und in der Lunge kommt es amOrt der Ablagerung des Al-Ions zu irreversiblen Eiweißver�nderungen im Gewebe. Esbildet sich ein dichtes, zellarmes, kollagenfaseriges Bindegewebe, das fr�hzeitig hya-lin degeneriert und eine hochgradige Schrumpfungstendenz zeigt. Lungenschrump-fung mit hyaliner Verdichtung der Alveolarsepten, teilweiser Verçdung der Alveolar-lichtungen und Atrophie des respiratorischen Epithels kçnnen die Folge sein.Hiluslymphknoten sind im Gegensatz zur Silikose an dieser diffusen Fibrose nicht be-teiligt; spezifische Granulombildungen fehlen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Im Vordergrund stehen Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit, zun�chst bei Anstrengung,dann auch bei Ruhe. Auskultatorisch finden sich oft Ger�usche einer Bronchitis; ggf.ist eine Minderung der Atemfunktion nachweisbar.
R ç n t g e n o l o g i s c h ist in leichteren F�llen nur eine verst�rkte Lungenzeich-nung zu erkennen
Sp�ter treten streifige, unscharf fleckige, teils fl�chenhaft wolkige Verschattungen,bevorzugt in den Mittel- und Oberfeldern, auf; Spitzenfelder und Hili sind frei, Ver-ziehung der Luftrçhre sowie spitz- oder breitzipflige, im medialen oder lateralen Drit-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 320
306 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
tel gelegene Zwerchfelladh�sionen sind typische Zeichen des fortgeschrittenenKrankheitsbildes.
Relativ h�ufig kann ein Spontanpneumothorax – auch rezidivierend und doppel-seitig – auftreten.
Die schweren Lungenver�nderungen f�hren fr�hzeitig zu chronischer Bronchitis
und Emphysem mit Einschr�nkung der Atemfunktionen sowie schließlich zum Cor
pulmonale. Blutbild, Blutsenkungsreaktion und Kçrpertemperatur sind uncharakte-ristisch.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Das Ergebnis einer eingehenden Arbeitsanamnese ist f�r die �rztliche Beurteilung be-sonders wichtig. Atem- und Herz-Kreislauffunktionsstçrungen kçnnen st�rker sein,als nach dem Rçntgenbild zu erwarten ist.
Die Latenzzeit zwischen der Exposition und dem Auftreten der Erkrankung ist un-terschiedlich, sie schwankt zwischen 6 Monaten bis zu 15 Jahren und mehr. Dabei istweniger die Dauer als die Intensit�t der Einwirkung des Aluminiums oder seiner Ver-bindungen von Bedeutung.
Nach Wegfall der Exposition ist ein Fortschreiten dieser Erkrankung seltener alsbei der Silikose.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 321
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 307
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 07 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1983, 54–55
Erkrankungen an Lungenfibrose durch Metallst�ube
bei der Herstellung oder Verarbeitung von Hartmetallen
Klinische Zuordnung:Pneumologie
Hartmetalle sind pulvermetallurgisch erzeugte Werkstoffe, die sich durch ihre großeVerschleißfestigkeit, Temperatur- und Korrosionsbest�ndigkeit auszeichnen. Man un-terscheidet Sinterhartmetalle, Aufschweißlegierungen und Aufspritzpulver auf Car-bidbasis. Nur noch geringe Bedeutung haben heute Gußcarbide.
Sinterhartmetalle bestehen vorwiegend aus hochschmelzenden Carbiden von be-sonders geeigneten Metallen, wie Wolfram, Titan, Tantal, Niob, Molybd�n, Chromund Vanadium. Als Bindemittel sind Kobalt, selten Nickel oder Eisen zugesetzt. DieHerstellung von Sinterhartmetallen verl�uft �ber mehrere Stufen:
Das feingemahlene Carbidpulver wird mit dem Metallpulver vermischt, isosta-tisch zu einer Form gepreßt und bei ca. 600 bis 900� C vorgesintert. Nach anschlie-ßender Rohbearbeitung in Form von Schleifen, Bohren, S�gen, Drehen, erfolgt dieFertigsinterung bei ca. 1350 bis 1600' C im Vakuum oder unter Schutzgas.Sinterhartmetalle werden1. als Schnittwerkzeuge in der spangebenden Verarbeitung bei der Metallbearbei-
tung,2. als Mahlwerkzeuge bei der Gesteinsbearbeitung (Bergbau und Tunnelbau),3. bei der spanlosen Verarbeitung als Preß- und Ziehwerkzeuge (Draht) und4. als Verschleißschutz eingesetzt.Sofern eine Nachbearbeitung von gesinterten Hartmetallen notwendig ist, geschiehtdies in der Regel durch Nassschleifen mit Diamant- und Korundscheiben. Dar�ber-hinaus findet auch das Funkenerosionsverfahren Anwendung.
Aufschweißlegierungen bestehen aus gegossenem und anschließend zerkleinertemWolframcarbid. Letzteres wird in Stahlrçhrchen gef�llt, die als Schweißelektrodenverwendet werden. Beim Schweißen entsteht eine hochharte Legierung, die der Panze-rung von Maschinen bzw. Maschinenteilen mit hohem abrasivem Verschleiß dient.
Aufspritzpulver bestehen aus gegossenen Wolframcarbidkçrnern und einem Bin-dematerial (Basis Nickel-Chrom-Bor). Diese Pulver werden mittels Auftragsbrenneroder Aufspritzpistolen auf verschleißbeanspruchte Stahlteile aufgebracht.
Gußcarbide sind gegossene Fremdkçrper aus Kobalt und Nickel oder Kobalt undEisen mit Carbidbildern wie Chrom, Molybd�n, Wolfram. Sie enthalten bis zu 4 %
Kohlenstoff.
I. Gefahrenquellen
Als Gefahrenquellen gelten insbesondere:– St�ube beim Mahlen und Mischen der Ausgangsstoffe (Carbide)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 322
308 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
– D�mpfe und Rauche beim metallischen Verh�ttungsprozeß in Sinterçfen, d. h.beim Reduzieren, Karburieren, Vorsintern und Fertigsintern der Ausgangsstoffeoder Zwischenprodukte
– St�ube bei der Rohbearbeitung, z. B. beim Drehen, Bohren, S�gen und Schleifender vorgesinterten Teile
– St�ube bei der Feinbearbeitung, z. B. beim Schleifen mittels Diamant- oder Ko-rundscheiben des fertiggesinterten Materials sowie bei der Nachbearbeitung vonSchneidwerkzeugen
II. Pathophysiologie
Lungeng�ngiger Staub oder Rauch des vor- und fertiggesinterten oder gegossenenMaterials kann in der Lunge zu fibrotischen Ver�nderungen f�hren. Die Pathogenesedieser Erkrankungen ist noch nicht in vollem Umfang bekannt.
Unter allen Exponierten sind die Hartmetallschleifer am st�rksten gef�hrdet.Durch den konstanten Hartmetallabrieb einerseits und die Wiederverwendung desSchleifwassers andererseits werden die Einzelbestandteile der Hartmetalle kontinuier-lich im Schleifwasser angereichert. Besondere Bedeutung scheint hierbei das Kobaltzu haben; �ber die Rolle einiger anderer Bestandteile der Hartmetalle sind sichereAussagen noch nicht mçglich.
Das metallische Kobalt wird im Schleifwasser ionisiert und kann als lungeng�ngi-ges Aerosol leichter resorbiert werden als der trockene Schleifstaub. Die ionisierteForm des Kobalt reagiert mit Proteinen und wirkt vermutlich als Hapten, wodurchdie Bildung spezifischer Antikçrper mçglich wird. In der Dermatologie sind Nickelund Kobalt bereits seit langem als Allergene bekannt.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das Krankheitsbild ist durch eine interstitielle Lungenfibrose charakterisiert. Eine ob-struktive Atemwegserkrankung kann als Komplikation hinzutreten.
Die interstitielle Lungenfibrose wird nach mehrj�hriger Expositionsdauer beob-achtet. Fr�hsymptome sind Atemnot und trockener Husten. Neben einer Tachypnoeund basalem Knisterrasseln kçnnen im weiteren Verlauf Cyanose, Trommelschlegel-
finger und Zeichen des Cor pulmonale beobachtet werden.Von besonderer Bedeutung f�r die Diagnose ist die Thorax�bersichtsaufnahme. Je
nach Schweregrad der Erkrankung zeigt sich eine netzfçrmig-streifig vermehrte Lun-gengrundzeichnung. Sp�ter kann eine meist feine Kçrnelung mit Verschmelzungsten-denzen hinzutreten. Die Hili sind oft symmetrisch verdichtet und von der Umgebungscharf abgegrenzt. Außerdem kçnnen schmetterlingsfçrmige Tr�bungsbezirke auftre-ten. Diese im Rçntgenbild erkennbaren Ver�nderungen sind relativ uncharakteris-tisch und entsprechen den Rçntgenbildern bei anderen Fibrosen.
Die pulmokardialen Funktionsausf�lle entsprechen denen einer interstitiellen Lun-
genfibrose. Es finden sich Hinweise auf eine restiktive Ventilationsstçrung. Eine be-lastungsabh�ngige Erniedrigung des arteriellen Sauerstoffdrucks im Sinne einer Diffu-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 323
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 309
sionsstçrung wird h�ufig beobachtet. Sp�ter kann eine obstruktive Komponente hin-zutreten.
Diagnostische Hinweise kann eine Schwermetallbestimmung im biologischen Ma-terial (Blut, Urin) geben.
IV. Weitere Hinweise
Der begr�ndete Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit ergibt sich aus derArbeitsanamnese, aus der Symptomatik und dem Rçntgenbefund der Lunge.
Bei der differentialdiagnostischen Kl�rung der Erkrankung m�ssen Lungenfibro-sen anderer oder unbekannter Genese in Betracht gezogen werden.
Bez�glich der Inhaltsstoffe Chrom und Nickel wird auf die entprechenden Merk-bl�tter verwiesen.
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 311
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 08 Anlage BKV
(Nr. 36/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 9/1962, 205
Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen
durch Thomasmehl (Thomasphosphat)
Klinische Zuordnung:Pneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Thomasmehl (Thomasphosphat) besteht aus Phosphaten, Silikaten und Oxiden vonKalzium, Eisen und Mangan mit geringen Beimengungen von Vanadiumverbindun-gen u. a. Es wird gewonnen aus der Thomasschlacke, die bei der Roheisengewinnungim sogenannten Thomasverfahren anf�llt.
Gefahrenquellen sind z. B. beim Brechen und Mahlen der Thomasschlacke, beimAbsacken, Transport (Umf�llen besch�digter S�cke), Lagern sowie beim D�ngemit-telmischen und beim Ausstreuen des D�ngemittels gegeben.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Staub, der in hoher Konzentration �ber die Atemwege auf genommen wird, kann eineSch�digung der tieferen Luftwege und der Lunge bewirken. Inwieweit physikalische(mechanische), chemisch-toxische oder infektiçse Faktoren hierbei eine Rolle spielen,ist noch nicht gekl�rt.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Es kann zu akuten und chronischen Bronchitiden mit uncharakteristischem Verlaufkommen; im allgemeinen heilen diese nach Wegfall der Exposition komplikationslosab.
Akute kruppçse Pneumonien und Bronchopneumonien kçnnen unter einemschweren Krankheitsbild in k�rzester Zeit tçdlich verlaufen; sie werden aber heutenur noch selten beobachtet.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Unter Ber�cksichtigung der Arbeitsanamnese ist der zeitliche Zusammenhang zwi-schen Staubexposition und Erkrankung nachzuweisen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 326
312 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 09 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 11/1989, 62–63
Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen
durch Nickel oder seine Verbindungen
Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundePneumologie
Nickel (Ni) und seine Verbindungen werden in zunehmendem Maße in allen hoch-industriellen L�ndern verwendet. Die j�hrliche Weltproduktion betr�gt z. Z. etwa800 000 t.
Reines Nickel ist ein silbergl�nzendes Metall, das sich, �hnlich wie Eisen, polieren,schmieden, schweißen, zu Blech walzen und zu Draht ziehen l�ßt. Es ist in massiverForm sehr widerstandsf�hig gegen Luft, Wasser, Alkalien und viele organische Stoffe,dagegen wird es von anorganischen S�uren wie Salz-, Schwefel- und Salpeters�ure be-sonders bei hçheren Temperaturen angegriffen.
Nickelverbindungen, wie z. B. Nickelsulfid (NiS), sulfidische Verbindungen, wiesie bei der Raffination nickelhaltiger Erze auftreten (Ni3S2) und Nickeloxid (NiO)gelten als in Wasser praktisch unlçslich, werden aber von oxidierenden mineralischenS�uren gelçst. Dagegen sind Nickelsulfat (NiSO4) und Nickelchlorid (NiCl2) in Was-ser leicht lçslich.
Das organische Nickeltetracarbonyl (Ni(O)4) ist eine farblose Fl�ssigkeit, die alsZwischenprodukt bei der Nickelraffination im sog. MOND-Verfahren auftritt. Es istin Wasser nur gering lçslich und aus arbeitsmedizinischer Sicht vor allem wegen sei-ner akuten toxischen und chemisch-irritativen Wirkung bedeutsam.
I. Vorkommen und Gefahrenquelle
Der Anteil des Elementes Nickel an der Erdkruste wird auf 0,015 Prozent gesch�tzt.Damit steht es in der H�ufigkeitsliste an 24. Stelle zwischen Chrom und Strontium. Inder Erdkruste ist Nickel fast immer an Schwefel, Kiesels�ure, Arsen oder Antimon ge-bunden. Wichtige Nickelmineralien sind z. B. der Garnierit, der Pentlandit, der Late-rit, das Nickelit sowie der Cobalt-Antimon- und Weißnickelkies. F�r die technischeNickelgewinnung sind vor allem der Garnierit und einige Magnetkiese wie der Pent-landit von Bedeutung.
Insgesamt finden heute �ber 3 000 verschiedene Nickellegierungen industriell undim privaten Bereich Verwendung. Der grçßte Teil der Nickel-Produktion (ca. 60 bis70 Prozent) wird zur Stahlveredelung und zur Herstellung sogenannter Nickelbasisle-gierungen bençtigt.
Entsprechend den vielf�ltigen industriellen Anwendungen besteht ein Risiko ins-besondere bei folgenden T�tigkeiten und Arbeitsprozessen:– Aufbereitung und Verarbeitung von Nickelerzen zu Nickel oder Nickelverbindun-
gen (auch Arbeiten an nachgeschalteten Staubfiltern) im Bereich der Raffination– Elektrolytische Abscheidung von Nickel unter Verwendung unlçslicher Anoden
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 327
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 313
– Herstellen und Verarbeiten von Nickel und Nickelverbindungen in Pulverform– Herstellen nickelhaltiger Akkumulatoren und Magnete– Lichtbogenschweißen mit nickelhaltigen Zusatzwerkstoffen in engen R�umen
oder ohne çrtliche Absaugung in ungen�gend bel�fteten Bereichen– Plasmaschneiden von nickelhaltigen Werkstoffen– Thermisches Spritzen (Flamm-, Lichtbogen-, Plasmaspritzen) mit nickelhaltigen
Spritzzus�tzen– Schleifen von Nickel und Legierungen mit erheblichem Nickelgehalt– Elektrogalvanisation (elektrolytisches Vernickeln von z. B. Eisenoberfl�chen)– Fabrikation von nickelhaltigen Spezialst�hlen (z. B. Ferronickel)– Plattieren (mechanisches Vernickeln)– Verwendung von feinverteiltem Nickel als großtechnischer Katalysator in der or-
ganischen Chemie (z. B. bei der Fetth�rtung).
Organische Nickelverbindungen
Eine Exposition durch inhalative oder teilweise transkutane Aufnahme von Ni-ckeltetracarbonyl kann bei der Herstellung von Nickel nach dem MOND-Verfahrenvorliegen.
Grunds�tzlich muß mit dem Auftreten von Ni(CO)4 immer dann gerechnet wer-den, wenn Kohlenmonoxid mit einer reaktiven Form von Nickel in Kontakt kommt.
II. Pathophysiologie
Die Aufnahme von Nickel und seinen Verbindungen kann durch Einatmen oder Ver-schlucken und im Falle des Nickeltetracarbonyls auch durch die Haut erfolgen.
Nickel und seine anorganischen Verbindungen werden nach peroraler Aufnahme,�hnlich wie die Schwermetalle, nur in geringem Umfang �ber die Magen-Darm-schleimhaut resorbiert (ein bis f�nf Prozent). �ber die transkutane Aufnahme beimMenschen liegen bisher keine zuverl�ssigen Studien vor.
Auch die Aufnahme und Resorptionsrate nach inhalativer Exposition sind bishernicht eindeutig gekl�rt.
Im menschlichen Blut ist Nickel haupts�chlich an Albumin und L-Histidin gebun-den. Peroral appliziertes Nickel scheint sich, soweit es resorbiert wird, im wesentli-chen gleichm�ßig �ber den gesamten Organismus zu verteilen. Nach Belastungen mitlçslichen Nickelsalzen konnten die hçchsten Konzentrationen in der Niere nach-gewiesen werden. In j�ngster Zeit hat sich herausgestellt, daß es z. B. bei Nickelraf-fineriearbeitern zu einer erheblichen Kumulation in der Lunge kommen kann.
Grunds�tzlich muß festgehalten werden, daß Nickelresorption, -stoffwechsel und-wirkung von Art und Aufnahme der applizierten Verbindung abh�ngen.
Intestinal resorbierte anorganische Nickelverbindungen werden beim Menschenvor allem �ber die Faeces und in geringerem Umfang �ber den Urin ausgeschieden.Hingegen ist nach berufsbedingter, meist inhalativer Belastung �berwiegend eine re-nale Elimination beschrieben. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Ausschei-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 328
314 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 329
dungsmaximum im Urin nach peroraler Zufuhr lçslicher anorganischer Nickelver-bindungen im Laufe der ersten vier Stunden erreicht. Die Halbwertszeit der renalenElimination wurde zwischen 17 und 53 Stunden bestimmt.
Kanzerogene Wirkung
Epidemiologische Studien weisen derzeit insbesondere f�r den Bereich der Nickel-raffination eine erhçhte Pr�valenz von Erkrankungen im Bereich des Bronchialsys-
tems, der Nasenhaupt- und der Nasennebenhçhlen sowie des Kehlkopfes auf. DieseErgebnisse wurden sowohl in Nickelraffinerien, die das sog. Carbonyl-Verfahren(MOND-Prozeß) praktizieren, als auch in solchen, die eine elektrolytische Aufarbei-tung vornahmen, beobachtet.
Unter Ber�cksichtigung der Expositionsbedingungen in der Raffination sowie derbisher vorliegenden Tierversuche kann davon ausgegangen werden, daß vor allem imWasser schwer lçsliche sulfidische (Ni2S2) und oxidische Nickelerze sowie metalli-sches Nickel geeignet sind, karzinogene Wirkungen hervorzurufen. �ber den Patho-mechanismus der Karzinogenese sind derzeit keine zuverl�ssigen Aussagen mçglich.Epidemiologische Studien aus der nickelbe- und verarbeitenden Industrie erbrachtenbisher keine eindeutigen Anhaltspunkte f�r das vermehrte Vorkommen von Krebs-erkrankungen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
F�r die Zeit zwischen Beginn der Nickel-Exposition und klinischer Manifestation derKrebserkrankungen im Bereich des Bronchialsystems bzw. der Nasenhaupt- und Na-
sennebenhçhlen werden in der Literatur teilweise divergierende Zeitr�ume genannt.Unter Ber�cksichtigung der relevanten Daten ist davon auszugehen, daß sie durch-schnittlich 20 bis 30 Jahre betr�gt.
Grunds�tzlich sind die bçsartigen Erkrankungen durch Nickel oder seine Verbin-dungen weder bez�glich ihrer klinischen Symptomatologie noch pathologisch-anato-misch von Karzinomen anderer Genese zu unterscheiden.
IV. Weitere Hinweise
Wichtig ist eine sorgf�ltige Erhebung der Arbeitsanamnese im Hinblick auf eine rele-vante Exposition. Luftanalysen und das Biological Monitoring sind w�nschenswert.
Die Nickel-Bestimmung im Lungengewebe kann vor allem nach Exposition gegen-�ber schwerlçslichen Nickelverbindungen wichtige Zusatzinformationen �ber einefr�here Exposition geben. Hierbei ist die Kinetik des Nickelstoffwechsels zu beach-ten. Bei der Beurteilung des Risikos sind ggf. langj�hrige inhalative Rauchgewohnhei-ten als konkurrierender außerberuflicher Faktor angemessen zu ber�cksichtigen (Syn-
karzinogenese).Nickelinduzierte Hauterkrankungen in Form eines allergischen Kontaktekzems
(„Nickelkr�tze“) fallen unter die Nr. 5101, durch Nickel oder seine Verbindungenverursachte obstruktive Atemwegserkrankungen unter die Nr. 4301 bzw. 4302 An-lage 1 BekV.
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 315
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 330
316 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 10 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 2/1990, 135–136
Bçsartige Neubildungen der Atemwege
und der Lungen durch Kokereirohgase
Klinische Zuordnung:HNO-HeilkundePneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Man unterscheidet je nach Hçhe der einwirkenden Temperaturen die Schwelung (450bis 700� C) und die Verkokung (�ber 700� C). Die Entgasung der Kohle beginnt be-reits vor der Schwelung. Bei 100 bis 350� C tritt eine „Vorentgasung“ ein. Es entwei-chen Wasserdampf, Sauerstoff, Kohlenmonoxid, Kohlendioxid, Methan und Stick-oxide. Bei hçheren Temperaturen (bis 500� C) vollzieht sich die „Hauptentgasung“.Hier beginnt die thermische Zersetzung (Pyrolyse), bei der u. a. eine Vielzahl vonKohlenwasserstoffen entsteht, darunter bei hçheren Temperaturen auch polyzykli-sche aromatische Verbindungen (PAH = polycyclic aromatic hydrocarbons). In denheute �berwiegend eingesetzten Horizontalkammerçfen werden Koksendtemperatu-ren von 1OOO� C und mehr erreicht.
Die Gase am Ofenblock stammen aus allen Temperaturbereichen, die bis zu denHçchststufen der Kohleerhitzung durchlaufen werden.
Das bei der Kohleverkokung erzeugte „Rohgas“ wird in einem geschlossenen Sys-tem auf Umgebungstemperatur abgek�hlt, gereinigt und als „Stadtgas“ (Brenngas)f�r Verbrennungszwecke abgegeben.
Unter dem Ausdruck „Kokereirohgase“ im Sinne dieser Berufskrankheit werden so-wohl das so bezeichnete technische Produkt als auch Luftverunreinigungen verstanden,die beim Betreiben der �fen, insbesondere beim Beschicken und Entladen der Kam-mern, aber auch aufgrund von Kammerundichtigkeiten am Ofenblock frei werden.
Durch Leckagen aus den �fen austretende Gase k�hlen in der Außenluft rasch ab.Dabei kondensieren die PAH-Gemische. Sie lagern sich weitgehend anderen Schweb-stoffpartikeln an.
Gef�hrdungen ergeben sich f�r das am Ofenblock und in seiner unmittelbarenUmgebung eingesetzte Personal. Insbesondere gehçren hierzu T�tigkeiten als– F�llwagenfahrer,– Einfeger (Deckenmann),– Steigrohrreiniger,– Teerschieber,– Druckmaschinenfahrer,– Kokskuchenf�hrungswagenfahrer bzw. Koks�berleitungsmaschinist,– Lçschwagenfahrer,– T�rmann,– Rampenmann.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 331
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 317
Mit Gef�hrdungen ist auch bei der Wartung von Rohgasleitungen zu rechnen, wennsolche Arbeiten regelm�ßig durchzuf�hren sind und die Mçglichkeit des Freiwerdensvon Gasen besteht.
II. Pathophysiologie
Die Kokereirohgase enthalten eine Reihe krebserzeugender Substanzen. Von besonde-rer Bedeutung f�r bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen sind PAH-Gemische.
Entsprechend ihrem aerodynamischen Durchmesser werden solche Staubartenund Aerosole in verschiedenen Abschnitten der Atemwege deponiert. Es kann zu Ku-mulationen kommen und damit an solchen Stellen zu l�nger anhaltenden, auch �berdie Zeit der Exposition hinausreichenden Einwirkungen.
Die tracheobronchialen und lungeng�ngigen Fraktionen kçnnen als wesentlicheUrsache f�r Karzinome der tieferen Atemwege und der Lungen angesehen werden.Grçbere Partikel stellen Gef�hrdungen f�r die oberen Atemwege dar.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die Atemwegstumoren durch Kokereirohgase unterscheiden sich in Verlauf undSymptomatik nicht von solchen anderer Verursachung. Dies trifft auch f�r die his-tologische Differenzierung zu. Die diagnostische Abkl�rung hat sich zu orientieren anden allgemeinen Regeln zur Erkennung von Atemwegstumoren.
IV. Weitere Hinweise
Die Konzentration und Zusammensetzung von Kokereirohgasen an den einzelnen Ar-beitspl�tzen von Kokereien sind Schwankungen unterworfen. Sie sind abh�ngig vonder Art der Kohle, der Garungszeit, von Witterungseinfl�ssen sowie von baulichenBedingungen. Am ung�nstigsten sind die Verh�ltnisse im Sommer und bei Windstille.Auch �berdachungen wirken sich bei ungen�gender Bel�ftung ung�nstig aus.
Wegen des langen Intervalls zwischen Beginn der beruflichen Einwirkung und derTumormanifestation sollten auch �ltere, heute nicht mehr gebr�uchliche Verfahrender Kohleverkokung Beachtung finden, zumal das Gef�hrdungspotential dort meisthçher einzusch�tzen ist als bei den heute gebr�uchlichen, in Blçcken zusammengefaß-ten Horizontalkammerçfen.
Die Tumoren treten im allgemeinen nach mehrj�hriger (mindestens 2 Jahre) Expo-sition gegen�ber Kokereirohgasen auf. Bei k�rzerer Dauer als 2 Jahre sind an die In-tensit�t der Exposition besonders hohe Anforderungen zu stellen.
Bei der Beurteilung des Risikos sind ggf. langj�hrige inhalative Rauchgewohnhei-ten als konkurrierender außerberuflicher Faktor angemessen zu ber�cksichtigen (Syn-
kanzerogenese).
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 332
318 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 333
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 319
Hinweis: Kapitel I Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach§ 9 (2) SGB VII1 Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasser-
stoffe
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 334
320 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 11 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 12/1997, 35–36
Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten
unter Tage im Steinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einerkumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m�) x Jahre]
Klinische Zuordnung:Pneumologie
Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, daß die chronische ob-struktive Bronchitis oder das Lungenemphysem nach langj�hriger Untertage-T�tig-keit im Steinkohlenbergbau auch ohne Vorhandensein von silikosetypischen radio-logischen Ver�nderungen (vergleiche Nr. 4101) signifikant geh�uft vorkommen.Dabei besteht eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen eingeatmeter Staubmengeund dem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungen-
emphysems. Aus einer Reihe epidemiologischer Untersuchungen ist ableitbar, daß beidieser Personengruppe nach einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaub-jahren [(mg/m�) x Jahre ]* gegen�ber der �brigen Bevçlkerung eine Risikoverdoppe-lung auftritt, an einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder einem Emphysem zuerkranken.
Die kumulative Feinstaubdosis errechnet sich aus den jeweiligen Feinstaubkon-zentrationen in der Luft am Arbeitsplatz in mg/m� multipliziert mit der Anzahl derJahre, in welchen der Versicherte unter den �blichen Arbeitsbedingungen (220Schichten zu je 8 Stunden pro Jahr) unter Tage verbracht hat.
I. Gefahrenquellen
Als Ursache dieser Berufskrankheit kommt nur die T�tigkeit im Steinkohlenbergbauunter Tage in Betracht. Nur f�r die Angehçrigen dieser Berufsgruppe ist erwiesen,daß sie nach einer kumulativen Feinstaubexposition von 100 [(mg/m�) x Jahre] in er-heblich hçherem Maße gef�hrdet sind, an einer chronischen obstruktiven Bronchitis
oder an einem Lungenemphysem zu erkranken. Urs�chlich bedeutsam sind nicht nurdie Staubkonzentrationen im Unter-Tage-Betrieb von Steinkohlenbergwerken, son-dern auch das Zusammenwirken von besonderen klimatischen Bedingungen mit Ex-position gegen�ber Hitze, Gasen und D�mpfen, gemeinsam mit schwerer kçrper-licher Belastung.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 335
* Der Begriff Feinstaub entspricht dem seit 1996 in der Europ�ischen Union neu einge-f�hrten Begriff „alveoleng�ngige Staubfraktion“ (MAK- und BAT-Werte-Liste Kap. V, Ae-rosole 1996)
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 321
II. Pathophysiologie
Eine Bronchitis entsteht h�ufig durch �berforderung der Reinigungsmechanismen imLuftrçhrensystem. Es kommt zu entz�ndlichen Ver�nderungen der die Bronchien aus-kleidenden Schleimhaut mit Entwicklung einer qualitativ und quantitativ krankhaf-ten Schleimabsonderung. Inflammatorische Zytokine und eine Stçrung der lokalenImmunabwehr wirken mit. Durch Reizung von Nervenendigungen in der Schleim-haut entsteht Husten. Auch eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilit�t kann be-obachtet werden. Der Entz�ndungsprozeß kann direkt durch Erschlaffen der Alveo-lareingangsringe, durch einen z�hen Schleim oder durch die Kontraktion der glattenBronchialmuskulatur, die �ber Zellmediatoren fehlgesteuert wird, zur Einengung derLuftrçhren�ste (Bronchial-Obstruktion) f�hren. Dadurch kann sich sowohl eine zen-trale als auch eine periphere obstruktive Atemwegserkrankung entwickeln. Vorwie-gend ist die Ausatmung behindert. Es bilden sich eine �berbl�hung peripherer Lun-genabschnitte mit Atrophie von Alveolarsepten und ein Lungenemphysem aus. F�rdiesen Prozeß werden auch Stçrungen des Proteasen-Antiproteasen-Gleichgewichtsund eine mangelhafte Detoxikation von Oxidantien als Folge von inhalativ auf-genommenen Schadstoffen verantwortlich macht.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Eine Bronchitis gilt als chronisch, wenn an den meisten Tagen von wenigstens 3 Mo-naten in 2 aufeinanderfolgenden Jahren Husten besteht und vermehrt Bronchial-schleim entleert wird. Bei einer obstruktiven Bronchitis liegen zus�tzlich Zeichen derBronchialeinengung in Form brummender und giemender Begleitger�usche vor, diedurch Auskultation des Brustkorbs oder in schweren F�llen auf Distanz wahrnehm-bar sind. Es kommt zu subjektiv empfundener Atemnot. Diese ist chronisch und wirdvor allem bei kçrperlicher Belastung empfunden. Sie tritt nicht, wie beim klassischenAsthma bronchiale, vorwiegend anfallsweise auf.
Entscheidend ist nicht nur die kritische Wertung von Anamnese und klinischemBefund, sondern vor allem die objektive Einschr�nkung der Lungenfunktion. Letztereist ausschlaggebend f�r die Lebensqualit�t und die Lebenserwartung des Betroffenen.
Objektive Beurteilungskriterien f�r die Bronchialobstruktion sind wenigstens zeit-weise eine gemessene Erhçhung des zentralen oder peripheren Atemwegswiderstandesoder eine erhebliche Verminderung des in der ersten Sekunde exspirierbaren Atemvo-lumens (Atemstoßtest). Die Bestimmung des Atemstoßtests, des maximal in 1 Sekundeausatembaren Luftvolumens (FEV1 = „forced exspiratory volume“ in 1 Sekunde), unddie maximale Strçmungsgeschwindigkeit der Ausatemluft sind stark von der Mitarbeitdes Probanden abh�ngig. Eine Verminderung des Atemspitzenflusses und ein vorzeitigrascher Abfall der Strçmungsgeschwindigkeiten im Fluß-Volumen-Diagramm weiseneine �berwiegend periphere Bronchialobstruktion nach. Als weitgehend mitarbeits-unabh�ngige Standardmethode gilt die Ganzkçrperplethysmographie.
Das Lungenemphysem wird durch eine Erhçhung des intrapulmonalen Residual-volumens und der Totalkapazit�t, rçntgenologisch durch abgeflachte Zwerchfellkup-
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322 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
pen, breite Zwischenrippenr�ume und vermehrt strahlentransparente Lungenfeldererkannt.
Eine chronische obstruktive Bronchitis mit einem Lungenemphysem (= obstruk-tive Atemwegserkrankung) kann in fortgeschrittenen F�llen eine �berlastung derrechten Herzkammer (Cor pulmonale) und eine respiratorische Insuffizienz mit ver-mindertem Sauerstoff- und sp�ter auch erhçhtem Kohlens�uregehalt im arteriellenBlut nach sich ziehen.
IV. Weitere Hinweise
Der Bronchialschleim kann pathogene Keime enthalten. Prim�r infektiçs und aller-gisch verursachte Bronchialerkrankungen sind aber abzugrenzen. F�r eine �berwie-gend infektiçse Genese spricht, wenn langj�hrige, rezidivierende Nasennebenhçhlen-entz�ndungen bestanden haben. Im wesentlichen allergisch verursachte obstruktiveBronchialerkrankungen kommen vorwiegend als Asthma bronchiale oder asthmoideBronchitis bei Sensibilisierung gegen�ber ubiquit�ren Umweltallergenen, z. B. Pflan-zenpollen, Hausstaubmilben oder Tierepithelien, zur Beobachtung.
Hinzuweisen ist auch auf das mçgliche Vorhandensein einer obstruktiven Atem-wegserkrankung nach Einwirkung chemisch-irritativer, toxischer oder allergisierenderArbeitsstoffe (vergleiche Nr. 4302, 4301 und 1315). Wichtig ist auch der differential-diagnostische Ausschluß eines Bronchialkarzinoms. Eine Silikose mit bronchopulmo-nalen Folgeerscheinungen (Bronchitis, Lungenemphysem) f�llt unter Nr. 4101 oder4102.
Die Berechnungen der kumulativen Feinstaubdosis unter Tage erfolgt durch denUnfallversicherungstr�ger.
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 323
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Hinweis: Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten41 11 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem
von Bergleuten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 338
324 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 41 12 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 11/2002, 64–65
Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei nach-
gewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)
Klinische Zuordnung:Pneumologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Als kristalline Modifikationen des Siliziumdioxids (SiO2) werden in diesem Merk-blatt Quarz, Cristobalit und Tridymit behandelt. Quarzhaltige St�ube in Kohlengru-ben sind nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit (vgl. auch Abschnitt IV).
Quarz ist das zweith�ufigste Mineral in der Erdkruste. Es kommt in vielen Gestei-nen zu nicht unerheblichen Anteilen und demzufolge auch in den daraus durch Ver-witterung entstandenen Bçden vor.
Arbeitsbedingte Gefahrenquellen bestehen durch Staubentwicklung bei der Ge-winnung, Be- oder Verarbeitung insbesondere von Sandstein, Quarzit, Grauwacke,Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzitschiefer, Granit, Gneis, Porphyr,Bimsstein, Kieselgur und keramischen Massen.
Insbesondere sind die Natursteinindustrie bei der Gewinnung, Verarbeitung undAnwendung von Festgesteinen, Schotter, Splitten, Kiesen, Sanden, das Gießereiwesen– insbesondere beim Aufbereiten von Formsanden und Gußputzen, die Glasindustrie(Glasschmelzsande), die Emaille- und keramische Industrie (Glasuren und Fritten,Feinkeramik), die Herstellung feuerfester Steine sowie die Schmucksteinverarbeitungzu nennen. Weiterhin wird Quarzsand bzw. Quarzmehl als F�llstoff (Gießharze,Gummi, Farben, Dekorputz, Waschpasten), als Filtermaterial (Wasseraufbereitung)und als Rohstoff, z. B. f�r die Herstellung von Schwingquarzen, Siliziumcarbid, Sili-kagel, Silikonen und bei der Kristallz�chtung eingesetzt. Die Verwendung als Schleif-und Abrasivmittel (Polier- und Scheuerpasten) oder als Strahlmittel ist ebenfalls zu er-w�hnen.
Mit dem Vorkommen von Cristobalit und Tridymit ist zu rechnen, wenn Dia-tomeenerden, Sande oder Tone einer hohen Temperatur ausgesetzt wurden, so z. B. infeuerfesten Steinen und gebrannter Kieselgur. Solche Cristobalitsande und -mehlewerden als F�llstoffe in Farben, Lacken und Kunststoffputz, in keramischen Fliesen-massen, in Scheuermitteln sowie als Bestandteil von Einbettmassen f�r den Dental-,Schmuck- und anderen Pr�zisionsguß verwendet.
Als potentiell besonders durch lungeng�ngige Quarzst�ube exponierte Berufs-gruppen sind Erz- (einschließlich Uranerz-) bergleute, Schachthauer sowie Gesteins-hauer (auch im Steinkohlenbergbau, soweit diese T�tigkeiten des Schacht- und Ge-steinshauers die gesamte Quarzstaubdosis �berwiegend bedingt hat), Tunnelbauer,Gußputzer, Sandstrahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie zu nennen, wei-terhin Personen, die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder ingrob- und feinkeramischen Betrieben sowie in Dentallabors besch�ftigt sind.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 339
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 325
II. Pathophysiologie
Die allgemeinen Wirkungen von kristallinen SiO2–Partikeln beruhen auf einer direk-ten Wechselwirkung der Kristalloberfl�che mit Zellmembranen oder Zellfl�ssigkei-ten.
Bez�glich der Wirkung von einatembarem kristallinem Siliziumdioxid sind zweipathogenetische Mechanismen zur unterscheiden:a. Die nach Alveolardeposition von Fibroblasten ausgehende fibrogene Wirkung, de-
ren Kenntnis zur Aufnahme der Silikose und Siliko-Tuberkulose in die Liste derBerufskrankheiten f�hrte (vgl. Merkbl�tter zu Nrn. 4101 und 4102 Anl. BKV)und
b. eine prim�r die Epithelzellen der mittleren und tiefen Atemwege betreffende kan-
zerogene Wirkung.
Allgemein w�chst die Gef�hrdung mit der Zunahme des alveoleng�ngigen Anteils ander Staubfraktion, mit dem Gehalt an kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) sowie derExpositionszeit.
Die Erkenntnisse aus Studien bei Tier und Mensch veranlassten die IARC (Interna-tional Agency for Research on Cancer), im Jahre 1997 Quarz als „krebserregend f�rden Menschen“ einzustufen. Auch durch die Senatskommission zur Pr�fung gesund-heitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurde 1999die krebserzeugende Wirkung von „Siliziumdioxid, kristallin – Quarz-, Cristobalit-,Tridymitstaub (alveoleng�ngiger Anteil – identisch mit der �lteren Definition ‚Fein-staub‘ – Formel SiO2)“ nach Kategorie 1 als f�r den Menschen gesichert krebserzeu-gend eingestuft.
Nach Adjustierung auf die Rauchgewohnheiten als wichtigstem Confounder zeigtsich in Metaanalysen, daß sich das Lungenkrebsrisiko beim Vorliegen einer Silikosesowohl f�r Nichtraucher als auch f�r Raucher im Mittel um mehr als das Zweifacheerhçht.
In einer Reihe von Industrie- und Wirtschaftszweigen wurden epidemiologischsolche �berh�ufigkeiten von Lungenkrebs beobachtet. Dies gilt vorrangig f�r denErzbergbau, die Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein, die keramische Indus-trie, Silikat- und Tonsteinindustrie, die Aufbereitung und den Umschlag von Dia-tomeenprodukten und die Gießereiindustrie. Die Datenlage zum Lungenkrebsrisikovon Steinkohlenbergleuten ist noch uneinheitlich, so dass diese derzeit vom Geltungs-bereich der Nr. 4112 Anl. BKV ausgenommen sind.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Lungenkrebs im Sinne dieser BK ist das Bronchialkarzinom.Bez�glich der aus der fibrogenen Wirkung von Quarzstaub resultierenden Erkran-
kungen (Silikose und Siliko-Tuberkulose) wird auf die zu den BerufskrankheitenNr. 4101 und 4102 existierende und in den jeweiligen Merkbl�ttern zitierte Literaturverwiesen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 340
326 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Die pathologisch-anatomisch und rçntgenologisch faßbaren Tumorlokalisationenlassen ebenso wie die histomorphologischen Eigenschaften keine spezifischen Merk-male in Abh�ngigkeit von der Staubexposition erkennen. Alle histologischen Wachs-tumsmuster kommen vor.
Die anzuwendende Diagnostik unterscheidet sich nicht vom Vorgehen bei Lungen-krebs anderer oder unbekannter Genese. Hinweise dazu finden sich in den aktuellenLeitlinien der medizinischen Fachgesellschaften.
Die Verdachtsdiagnose einer Silikose wird unter besonderer Ber�cksichtigung derArbeitsanamnese einschließlich der Art und der Intensit�t der Staubbelastung meistaufgrund von Rçntgenaufnahmen der Lunge anhand der Internationalen Staublun-genklassifikation (ILO) gestellt (vgl. Merkbl�tter zu Nrn. 4101 und 4102 Anl. BKV).
Computertomographische Untersuchungen dienen der Fr�herkennung oder diffe-rentialdiagnostischen Abkl�rung u. a. einer ebenfalls anzeigepflichtigen Hilussilikose.
Differentialdiagnostisch m�ssen u. a. eine Sarkoidose, eine miliare Lungentuber-kulose oder andere Formen granulomatçser Lungenfibrosen in Erw�gung gezogenwerden.
IV. Weitere Hinweise
Eine Anzeige wegen des Verdachts auf das Vorliegen einer Berufskrankheit Nr. 4112ist begr�ndet, wenn bei entsprechender Arbeitsanamnese – insbes. in den im Ab-schnitt I genannten Branchen und T�tigkeiten – bei einem an Silikose erkrankten Ver-sicherten zus�tzlich ein Lungenkrebs (Synonym: Bronchialkarzinom) diagnostiziertwird.
Die Anzeigepflicht gilt unabh�ngig von den Rauchgewohnheiten des Erkrankten.Bei der alleinigen Bewertung histologischer Befunde ist in diesen F�llen abzuw�-
gen, ob vor der Feststellung der Krebserkrankung eine Silikose der rçntgenologischenDiagnostik entgangen oder inwieweit im Zeitintervall zwischen der letzten Rçntgen-aufnahme und der Erkrankung an Lungenkrebs ein unkontrolliertes Fortschreiten derSilikose erfolgt sein kann bzw. deren Auftreten erst in diesem Zeitintervall denkbarist. Ferner ist zu bedenken, daß die Sensitivit�t der radiologischen Diagnostik im Ver-gleich zu histologischen Befunden allgemein unterlegen ist (HNIZDO & MURRAY,1998) und gerade autoptisch diagnostizierte, rçntgenologisch nicht erfaßte hiloglan-dul�re Silikosen eine besonders starke Assoziation zum Lungenkrebs aufweisen(HNIZDO & SLUIS-CREMER, 1991).
Neben den hier dargestellten Kriterien f�r das Krankheitsbild Lungenkrebs ist zu-s�tzlich zwingend das Krankheitsbild einer Silikose bzw. einer Siliko-Tuberkulose zufordern. Hierzu wird auf die o. g. Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten der Nrn.4101 und 4102 Anl. BKV verwiesen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 341
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 327
V. LiteraturBundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):
Merkblatt zur BK Nr. 4101. Bek. vom 3. Februar 1998BarbBl 4/1998, S. 61
Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):Merkblatt zur BK Nr. 4102. Bek. vom 3. Februar 1998BarbBl 4/1998, S. 63
Bundesministerium f�r Arbeit- und Sozialordnung – BMA (Hrsg.):Wissenschaftliche Begr�ndung f�r die Berufskrankheit „Lungenkrebs durch die Einwirkung vonkristallinem Siliciumdioxid (SiO2) bei nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oderSiliko-Tuberkulose)“. Bek. vom 1. August 2001BarbBl. 9/2001, S. 37–59
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umdioxid (SiO2)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 342
328 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
42 Erkrankungen durch organische St�ube
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 42 01 – Nr. 42 03 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 343
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 329
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 42 01 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 11/1989, 63–64
Exogen-allergische Alveolitis
Klinische Zuordnung:Pneumologie
Exogen-allergische Alveolitiden (synonym: Hypersensitivit�ts-Pneumonitiden) sindakute, subakute und chronische Lungenentz�ndungen, die durch eingeatmete Anti-gene verursacht werden und zur Lungenfibrose neigen. Hierzu gehçren die Farmer-
lunge, die Vogelhalter-Lunge und die Befeuchter-Lunge sowie eine Reihe seltener be-obachteter Erkrankungen.
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Farmerlunge tritt bevorzugt in regenreichen Gebieten (Alpenrand, K�stengebiete)w�hrend der Sp�therbst-, Winter- und Fr�hjahrsmonate auf. Gef�hrdet sind vor allemPersonen, die bei landwirtschaftlichen Arbeiten den Staub von verschimmelten Fut-ter- und Einstreumitteln (Heu, Stroh u. a.) einatmen. Der Staub, der sich bei der Ge-fl�gelhaltung oder Weiterverarbeitung der Federn entwickelt, kann eine Vogelhalter-
Lunge hervorrufen. Die Befeuchter-Lunge wird vorwiegend in Druckereibetrieben,vereinzelt auch in vollklimatisierten Arbeitsr�umen beobachtet.
Seltene berufliche Gefahrenquellen entstehen u. a. durch:– Z�chtung von Speisepilzen (Pilzarbeiter-Lunge)– Malzgewinnung w�hrend �lterer Brauereiverfahren (Malzarbeiterlunge)– Herstellung und Lagerhaltung von K�se– Sch�larbeiten an Holzst�mmen und Kontakt zu S�gemehl– Schleifen von Perlmutt– Verwendung von Isocyanaten zur Herstellung von Polyurethanen, Lacken und
Klebstoffen– Einsatz von Phthals�ure- und Trimellith-Anhydrid f�r die Produktion von Epoxid-
harzen und als Weichmacher– Lagerung von Obst– Rçsten von Kaffee– Verarbeiten getrockneter Tabakbl�tter.
II. Pathophysiologie
Urs�chlich wirken sensibilisierende organische Materialien vor allem aus Sporen vonthermophilen Actinomyceten, Aspergillen und anderen Schimmelpilzen, ferner Be-standteile von Vogelfedern (Einfettsekrete?) und Proteine von Insekten und Schalen-tieren. Mit der Entdeckung weiterer gef�hrdender St�ube muß gerechnet werden.
Nach Einatmung der unterschiedlichen Antigene entwickelt sich bei entsprechen-der Disposition im Alveolarbereich ein allergisches Geschehen, wahrscheinlich �ber-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 344
330 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
wiegend nach Typ III der Immunologie-Klassifikation. Letztlich liegt eine Entz�n-dung durch Freisetzung intrazellul�rer Mediator-Substanzen vor, die von Immun-komplexen oder direkt von den durch Antigene sensibilisierten T-Suppressor-Lym-phozyten stammen. Die Immunkomplexe entstehen durch Reaktion der nachfr�heren Kontakten im Serum zirkulierenden IgG – Antikçrper mit den erneut inha-lierten Antigenen in der Lunge. Auch kann eine Aktivierung des Komplementsystemsauf dem alternativen Weg unter Komplementverbrauch mit verzçgerter Reizantwortnach Art des Arthus-Ph�nomens zustande kommen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die Erkrankung entwickelt sich oft erst nach jahrzehntelanger Exposition. Man kann– allerdings ohne scharfe Abgrenzung – einen akuten, einen subakuten und einenchronischen Krankheitsverlauf unterscheiden. In typischen F�llen beginnt die exogen-allergische Alveolitis mehrere Stunden nach meist massiver Staubeinwirkung (z. B.Stallarbeiten) mit dem klinischen Bild einer Pneumonie (Farmer-, Vogelhalter-Lunge).Nach prothahierter Einatmung des Antigens finden sich auch subakut oder chronischzunehmende Krankheitserscheinungen (z. B. Befeuchter-Lunge).
Es treten Atemnot, Husten ohne wesentlichen Auswurf, Engegef�hl im Brustkorb,Abgeschlagenheit und klassischerweise akut Fieber mit Frçsteln und Gliederschmer-zen auf. Auskultatorisch finden sich basal und in den Mittelfeldern ohrnahe fein- bismittelblasige Rasselger�usche. Funktionell handelt es sich zun�chst um eine restrik-tive Ventilationsstçrung und um eine pulmonale Diffusionsstçrung. In der Folge stel-len sich auch Appetitlosigkeit und Gewichtsabnahme ein. Die einzelnen Krankheits-sch�be kçnnen folgenlos ausheilen oder zu fortschreitender Lungenfibrose f�hren.
Rçntgenologisch sieht man im akuten Stadium Zeichen eines interstitiellen und al-veol�ren �dems, nicht selten auch feinere und grçbere, zur Konfluenz neigendeFleckschatten, meist Hilusnah und in den Unterfeldern. Bisweilen treten erst Tagenach der Exposition punktfçrmige Verschattungen auf, deren Streuung so dicht seinkann, daß sie dem bloßen Auge als milchig-glasige Tr�bungszonen erscheinen. Die Fi-brose des chronischen Stadiums stellt sich durch streifige, retikul�re, sp�ter auch zys-tische Strukturen mit zirrhotischen und emphysematçsen Ver�nderungen dar.
Funktionell handelt es sich um eine restriktive Ventilationsstçrung (Verminderungder Vitalkapazit�t) und pulmonale Diffusionsstçrung (Verminderung des CO-Trans-fer-Faktors, Abfall des Sauerstoffpartialdrucks im arteriellen Blut nach Ergometer-Be-lastung). Eine Bronchialobstruktion gehçrt prim�r nicht zum Krankheitsbild, siekann sich aber schleichend fr�her oder sp�ter einstellen, in aller Regel erst nachDurchlaufen rezidivierender, akuter Krankheitssch�be.
Unter den Laborbefunden tritt h�ufig eine Vermehrung der Gamma-Globuline imSerum hervor. Mit immunologischen Untersuchungen (Doppel-Immundiffusion nachOuchterlony, ELISA, Radioimmunoassays, Immunoblotverfahren usw.) kçnnen h�u-fig im Serum IgG-Antikçrper (z. B. gegen thermophile Actinomyceten, Aspergillenund Schimmelpilze, Extrakt aus arbeitsplatzbezogenem, verschimmeltem Heu) fest-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 345
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 331
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 346
gestellt werden. Diese sind jedoch f�r die Diagnose nur bedingt aussagekr�ftig, da ei-nerseits ein derartiger Nachweis auch an �ber 20 Prozent von gesunden exponiertenPersonen gelingt und andererseits eine exogen-allergische Alveolitis auch durch di-rekte Antigen-Wirkung ohne Bildung von IgG-Antikçrpern entstehen kann. In derbroncho-alveolaren Lavage findet sich in der Regel eine Vermehrung der Lymphozy-ten mit einem erhçhten Anteil der T-Suppressorzellen. In der akuten Phase herrschttypischerweise eine Granulozytose vor.
Das histologische Bild ist gekennzeichnet durch eine diffuse, oft peribronchol�rbetonte, interstitiell-entz�ndliche Rundzellinfiltration mit Granulomen aus epitheloi-den sowie Fremdkçrper-Riesenzellen mit Lymphozytensaum. Die Sp�tphase mit derchronischen interstitiellen Lungenfibrose ist weder makroskopisch noch mikrosko-pisch krankheitsspezifisch und kann von anderen Formen der fortgeschrittenen Lun-
genfibrose nicht unterschieden werden.
IV. Weitere Hinweise
Die Erhebung einer eingehenden Arbeitsanamnese mit dem verzçgerten, 4 bis 6 Stun-den nach Exposition auftretenden, akuten Krankheitsbild ist besonders wichtig. Gele-gentlich ist zur Diagnose von schleichenden chronischen Verl�ufen sowie von Sp�tsta-dien mit ausgepr�gter, uncharakteristischer Lungenfibrose ein arbeitsplatzbezogenerinhalativer Provokationstest hilfreich. Er bedarf stets einer strengen Indikationsstel-lung und sollte besonders erfahrenen Untersuchern vorbehalten bleiben. Bei positi-vem Ausfall treten nach vier bis sechs Stunden nicht nur systemische Reaktionen (An-stieg der Kçrpertemperatur und der Leukozyten im peripheren Blut, Engegef�hl imBrustkorb, Gliederschmerzen), sondern auch ein erheblicher Abfall der Vital- undDiffusionskapazit�t sowie des arteriellen Sauerstoffpartialdrucks, aber keine wesent-liche Erhçhung des Atemwegwiderstandes auf. Ferner kçnnen feinblasig klingendeRasselger�usche und rçntgenologisch wahrnehmbare Ver�nderungen beobachtetwerden.
Differentialdiagnostisch m�ssen vor allem eine Sarkoidose, die sogenannte idio-pathische, fibrosierende Alveolitis (z. B. Haman-Rich-Syndrom) und Lungenfibrosenanderer Genese, abgegrenzt werden. Die Sarkoidose neigt in ihren Fr�hstadien abwei-chend von der exogen-allergischen Alveolitis zur deutlichen Vergrçßerung der Hilus-lymphknoten und zu einem bilateralen, spiegelbildlichen Rçntgenbefund. Sie bewirkteine Vermehrung der T-Helfer-Lymphozyten im Alveolarraum, die in der Sp�lfl�ssig-keit nachgewiesen werden kann. Der Krankheitsprozeß einer idiopathischen, fibrosie-renden Alveolitis ist gekennzeichnet durch eine anhaltende Vermehrung der Granulo-zyten in der bronchoalveol�ren Lavage.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 347
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 333
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 42 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 11/1989, 65
Erkrankungen der tieferen Atemwege und der Lungen
durch Rohbaumwolle-, Rohflachs- oder Rohhanfstaub (Byssinose)
Klinische Zuordnung:Pneumologie
Die Byssinose ist eine Bronchial-Lungenerkrankung, die durch die Einatmung vonSt�uben mit Pflanzenteilen auftritt, wie sie bei der Produktion von Textilien aus Roh-baumwolle, Rohflachs oder Rohhanf entstehen. Sie entwickelt sich erst nach mehr-j�hriger Exposition.
I. Vorkommen und Gef�hrdung
Gef�hrdet sind Personen, die in Vorreinigungsbereichen (Mischr�umen, Putzereien,Batteur- und besonders Kardenr�umen) von Baumwoll- oder Flachsspinnereien (He-chelr�umen) oder mit der Zubereitung (z. B. Ausklopfen) von verrotteten Hanfpflan-zen (Cannabis sativa) besch�ftigt sind. Sehr selten wird die Byssinose auch in denSpinnerei-R�umen angetroffen.
II. Pathophysiologie
Der Staub von ungereinigter Rohbaumwolle, Rohflachs oder verrotteten Hanfpflan-zen, der durch Inhalation in die tieferen Atemwege und in die Lungen gelangt, enth�ltverschiedene Pflanzenteile, z. B. Stengel, Bl�tter und Samenh�llbl�tter der Baumwoll-pflanze. Darin, nicht aber in den zu verarbeitenden Fasern selbst, konnte ein toxischwirksames Potential nachgewiesen werden, das mçglicherweise von polypheno-lischen Gerbs�uren herr�hrt, die kontrahierend auf die glatte Muskulatur wirken.Die fr�here Vorstellung, daß durch einen pflanzlichen Liberator aus menschlichenKçrperzellen ein Vielfaches von genuin enthaltenen Kreislauf aktiven Stoffen freige-setzt wird, sofern die Speicher nach Arbeitspausen wieder aufgef�llt worden sind,w�rde zwar die klinische Symptomatik (Montagssymptomatik) gut erkl�ren, er-scheint aber aufgrund unseres heutigen Wissens zu vereinfacht. Eine vermehrte Aus-scheidung von Histamin-Metaboliten wurde beispielsweise bei Personen beobachtet,deren respiratorische Sekundenkapazit�t nach Inhalation von Hanfstaub �berdurch-schnittlich stark abgenommen hat. Im w�ssrigen Extrakt von Baumwollstaub hatman nach Elimination mikrobieller Verunreinigungen auch Proteasen und Elastasengefunden, die mçglicherweise bronchokonstriktive Stoffe sowie Kallikrein und Bra-dykinin aktivieren. In vitro konnte nachgewiesen werden, daß ein Extrakt von Sa-mendeckbl�ttern der Baumwollpflanze Substanzen enth�lt, die den Stoffwechsel derArachidons�ure zur Freisetzung von Metaboliten (Leukotrienen, Thromboxan-A2,5-Hydroxytryptamin) anregen. Auch Endotoxine aus gramnegativen Bakterien imBaumwollstaub werden als Krankheitsursache diskutiert.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 348
334 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Eine pathogenetische Bedeutung immunologischer Faktoren war bisher nichtnachweisbar. Die Gr�nde f�r die oft langj�hrige Latenz zwischen Beginn der Exposi-tion und dem Auftreten der Beschwerden sind noch nicht gekl�rt.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Am ersten Arbeitstag im Anschluß an eine mindestens ein- bis zweit�gige Arbeits-pause (Wochenende, Urlaub) entwickelt sich nach mehrst�ndiger Staubexposition diesog. Montagssymptomatik. Sie besteht in Atemnot (Dyspnoe), Engegef�hl in derBrust bei der Atmung, Hitzegef�hl und allgemeiner Abgeschlagenheit. Sie h�lt meh-rere Stunden nach Arbeitsende noch an. Ein Anstieg der Kçrpertemperatur ist nichtcharakteristisch. Eine funktionsanalytisch nachweisbare Bronchialobstruktion w�h-rend der Arbeitsschicht ist f�r Byssinose nicht beweisend.
Im Stadium I der Byssinose dauern diese Beschwerden nur den ersten Arbeitstag�ber an, w�hrend sie im Stadium II bis zur Mitte der Arbeitswoche anhalten. Diesebeiden Stadien sind nach Wegfall der Exposition reversibel.
Im Stadium III, das sich selten und erst nach jahrzehntelanger Exposition aus denvorgehenden Stadien entwickelt, besteht ein unspezifisches chronisch-respiratorisches
Syndrom mit anhaltender Kurzatmigkeit, Husten und Auswurf. Klinisch und funktio-nell findet sich in diesem Stadium eine chronische obstruktive Bronchitis, die durchLungenemphysem und Hypertrophie des rechten Herzens kompliziert sein kann.
Eine f�r die Byssinose charakteristisches Rçntgenbild gibt es ebensowenig wie ei-nen spezifischen Hauttest oder typische immunserologische Befunde. Auch patholo-gisch-anatomisch findet sich kein krankheitsspezifisches Bild. Der inhalative Pro-vokations-Test mit Baumwollstaub-Extrakten liefert keine differentialdiagnostischverwertbaren Ergebnisse.
IV. Weitere Hinweise
Wesentliche Voraussetzung ist die gezielte Erhebung der Krankheits- und Arbeitsa-namnese. Besondere Beachtung verdient dabei die Schilderung des Beginns derBeschwerden mit der typischen „Montagssymptomatik“. Diese Symptomatik erleich-tert zugleich die Abgrenzung gegen das allergische Asthma bronchiale. Im Gegensatzhierzu tritt bei der Byssinose, zumindest in den Fr�hstadien, auch unter Fortdauer derExposition im Verlauf der Arbeitswoche eine Verminderung der Beschwerden ein.
Chronische Bronchitis, Lungenemphysem und Hypertrophie des rechten Herzenssind h�ufig anderweitig verursacht. Die Frage des urs�chlichen Zusammenhangs mitder spezifischen Exposition ist sorgf�ltig zu pr�fen.
Mit einer st�ndigen Beeintr�chtigung der allgemeinen kçrperlichen Leistungs-f�higkeit ist in der Regel erst im Stadium III der Byssinose zu rechnen. Untersuchun-gen der Atmungs- und der Herz-Kreislauffunktionen, u. a. zum Nachweis restriktiveroder obstruktiver Ventilationsstçrungen sowie des chronischen Cor pulmonale, sinderforderlich und bilden im allgemeinen eine ausreichende Grundlage f�r die Beurtei-lung.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 349
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 335
V. LiteraturBouhuys, A., Barbero, A., Lindell, S.-E., Roach, S. A., Schilling, R. S. F.:
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 350
336 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 42 03 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 2/1990, 136–137
Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen
durch St�ube von Eichen- oder Buchenholz
Klinische Zuordnung:HNO-Heilkunde
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Arbeitspl�tze, an denen Eichen- oder Buchenholz verarbeitet wird, sind sowohl im in-dustriellen als auch im handwerklichen Bereich anzutreffen. Vor allem bei maschinel-len Bearbeitungsvorg�ngen dieser Hçlzer ist mit einer Staubexposition zu rechnen.Als gef�hrdete Berufsgruppen sind insbesondere zu nennen: Bau- und Mçbelschreiner,Parkettleger, K�fer, Stellmacher. Diese T�tigkeiten sind dadurch gekennzeichnet, daßder Anteil von Eichen oder Buchenholz unter den verwendeten Hçlzern �berdurch-schnittlich hoch ist; außerdem waren zumindest in der Vergangenheit in diesen Berei-chen hohe Staubbelastungen festzustellen.
II. Pathophysiologie
Das kanzerogene Prinzip der Eichen- und Buchenholzst�ube ist bislang nicht bekannt.Die Frage, ob der Eichen oder Buchenholzstaub per se kanzerogen ist oder die Krebs-entstehung beispielsweise auf Chemikalien- oder Holzbe- oder -verarbeitung zur�ck-zuf�hren ist, ist noch Gegenstand der Forschung. Rhinologische Untersuchungsergeb-nisse sprechen daf�r, daß der Tumor bevorzugt seinen Ausgang von der mittleren
Nasenmuschel nimmt. Diese Region der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen ent-spricht dem Schleimhautareal, wo aufgrund der aerodynamischen Verh�ltnisse diemeiste Staubablagerung nachzuweisen ist. Durch eine chronische Staubbelastung derNasenschleimhaut kann der Selbstreinigungsmechanismus der Nase gestçrt werden,woraus eine l�ngere Verweildauer des deponierten Holzstaubes resultiert. Dadurchwird die Kontaktzeit mit dem kanzerogenen Arbeitsstoff verl�ngert.
III. Krankheitsbild und Diagnose
H�ufiges Erstsymptom des Adenokarzinoms der Nasenhaupt- und Nasennebenhçh-len ist eine behinderte Nasenatmung. Chronischer blutig tingierter Schnupfen undNasenbluten kçnnen hinzutreten. In fortgeschrittenen Stadien klagen die Patientenaufgrund des raumfordernden Prozesses auch �ber Kopfschmerzen. Doppelbilderkçnnen als Folge von Augenmotilit�tsstçrungen auftreten.
Das Adenokarzinom der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen ist gewçhnlich einlokal begrenzter Tumor, der langsam infiltrierend w�chst und sich im Bereich der Na-sennebenhçhlen, der Augenhçhlen und der Sch�delbasis ausbreiten kann. Fernmetas-tasen werden selten beobachtet. Die Diagnose sollte histologisch gesichert sein: Rezi-divtumoren werden h�ufig beobachtet, wodurch die prognostische Einsch�tzung desLeidens erschwert wird.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 351
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 337
IV. Weitere Hinweise
Adenokarzinome der Nasenhaupt- und Nasennebenhçhlen sind relativ seltene Tu-more und kçnnen auch ohne berufliche Eichen- oder Buchenholzstaub-Expositionauftreten, was bei rund einem Drittel aller Patienten mit Adenokarzinom der Naseder Fall ist.
V. LiteraturAcheson, E. D., Cowdell, B. H., Rang, E. H.:
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 352
338 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
43 Obstruktive Atemwegserkrankungen
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 43 01 – Nr. 43 02 Anlage BKV
Literaturhinweis:Gewerbe�rztliche Abkl�rung obstruktiver Atemwegserkrankungen (BK-Nr. 4301 und 4302der BeKV) (M�sch, 1989)Asthma bronchiale und COPD (Buhl und Vogelmeier, 2004)Asthma bronchiale und COPD (Baur und Preisser, 2005)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 353
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 339
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 43 01 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 73–74
Durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen
(einschließlich Rhinopathie), die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen ha-ben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben derKrankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:PneumologieHNO-Heilkunde
I. Gefahrenquellen
Berufliche Allergene sind Arbeitsstoffe mit allergisierender Potenz. Sie kommen anden verschiedensten Arbeitspl�tzen vor. Meist handelt es sich um einatembare Stoffepflanzlicher oder tierischer Herkunft. Bekannte Gefahrenquellen sind beispielsweisedie Exposition gegen�ber folgenden Allergenen:
Pflanzliche Allergenez. B. Staub von Mehl und Kleie aus Getreide, St�ube verschiedener Holzarten, Rizi-nusbohnenstaub, Rohkaffeebohnenstaub, Kakaobohnenstaub, Lykopodiumstaub, al-genhaltige Aerosole, z. B. aus Luftbefeuchtungsger�ten, Schalenstaub und Saft derZwiebeln von Narzissen und Tulpen, Futtermittelstaub wie von Luzerne, Staub vonJute, Kapok.
Tierische Allergenez. B. Insektenstaub, Federnstaub, Haarstaub, Rohseidenstaub, Perlmutterstaub, Asca-risgeruchsstoffe.
Sonstige AllergeneDaneben kommen zahlreiche weitere Arbeitsstoffe, z. B. auch Arzneimittel wie Anti-biotika, Sulfonamide, Salvarsan, ferner auch Proteasen sowie p-Phenylendiamin (Ur-sol) als berufliche Inhalationsallergene in Betracht.
II. Pathophysiologie
Haupteintrittspforte beruflicher Inhalationsallergene in den Organismus ist dasAtemorgan. In Abh�ngigkeit von der allergenen Potenz des Arbeitsstoffes sowie derDauer, H�ufigkeit und Konzentration des inhalativen Allergeneinstromes kçnnen dis-ponierte Personen Antikçrper, z. B. Immunglobulin E, bilden. Eine derartige substrat-spezifische Sensibilisierung f�hrt nach erneutem inhalativem Kontakt zu einer Anti-gen-Antikçrper-Reaktion.
Am Arbeitsplatz herrschen Allergien vom Sofortreaktionstyp (Typ 1 nach COOMBSu. GELL) vor. Hierbei kommt es zur Freisetzung verschiedener Mediatorsubstanzen.Sie �ben speziell �ber bestimmte Rezeptoren des autonomen Nervensystems einebronchokonstriktorische Wirkung aus. Als Leitsymptom resultiert die akut-intermit-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 354
340 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
tierende obstruktive Ventilationsstçrung, vor allem infolge des funktionellen Bron-
chiolospasmus. Eine damit einhergehende akute Lungen�berbl�hung (akutes Volu-men pulmonum auctum) wird beobachtet. Als Kennzeichen des Sofortreaktionstypsist das klinische und pathophysiologische Erscheinungsbild in den ersten 60 Minutennach inhalativer Auslçsung des allergischen Schockfragments am st�rksten ausge-pr�gt. Die allergisch verursachte akute obstruktive Atemwegserkrankung ist im Sta-dium ohne Sekund�rkomplikationen in der Regel nach etwa 4 Stunden spontan, d. h.auch ohne Behandlung abgeklungen.
Seltener kommt ein verzçgerter Reaktionstyp (Typ III) der obstruktiven Atem-
wegserkrankung vor. Die obstruktive Ventilationsstçrung setzt meist 4 bis 36 Stundennach der Allergeninhalation ein. Hierbei kçnnen pr�zipitierende Antikçrper, z. B. Im-munglobulin G, unter Bildung von Immunkomplexen bronchokonstriktorisch wir-ken. Der weitere Verlauf kann durch diffuse fibrotische Gewebsreaktion im Sinne ei-ner „allergischen Alveolitis“ gekennzeichnet sein.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die durch allergisierende Arbeitsstoffe verursachten obstruktiven Atemwegserkran-kungen vom Soforttyp verlaufen h�ufig in drei Stadien:
AnfangsstadiumEs beginnt h�ufig mit Reizerscheinungen der Augenbindeh�ute und insbesondere imBereich der Atemwege als allergische Rhinopathie. Kennzeichen sind: Augenbrennen,vor allem aber zahlreich aufeinanderfolgendes Niesen, w�ßriges Nasensekret undVerlegung der Nasenatmung. Niessalven und Fließschnupfen folgen der Allergen-exposition zeitlich unmittelbar und sind reproduzierbar. Nasennebenhçhlenbetei-ligung kommt vor.
Stadium ohne Sekund�rkomplikationenAnfallsartige Beschwerden in Form von Luftnot, Husten und z. T. Auswurf zeigen das�bergreifen der Erkrankung auf die tieferen Luftwege an.
Objektiv l�ßt sich eine akut-intermittierende obstruktive Ventilationsstçrung,meist in Verbindung mit akuter Lungen�berbl�hung, nachweisen. Oft sind auchAtemnebenger�usche (Pfeifen, Giemen, Brummen) feststellbar. Der zeitliche Abstandzwischen Beginn der allergischen Rhinopathie und dem erstmaligen Auftreten des al-lergisch verursachten funktionellen Bronchiolospasmus ist individuell unterschied-lich. Es kommen Zeitr�ume in der Grçßenordnung von Tagen, aber auch von mehre-ren Jahren vor. Allergenkarenz f�hrt in diesem Erkrankungsstadium noch zuBeschwerde- und Symptomfreiheit, z. B. an arbeitsfreien Wochenenden oder w�hrenddes Urlaubs. Die vorgenannten Stadien sind bei Fortfall der Exposition im allgemei-nen reversibel.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 355
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 341
Stadium mit Sekund�rkomplikationenAls Komplikation ist h�ufig die unspezifische bronchiale Hyperreagibilit�t anzutref-fen. Anamnestisch wird hierbei angegeben, daß nach Beginn der Atemwegsallergie
auch unspezifische inhalative Noxen, wie Bratd�nste, Tabakrauch, St�ube ohne aller-gene Potenz, Kaltluft, Nebel usw. Atembeschwerden verursachen. Objektiv l�ßt sichim Inhalationstest eine in der Regel vor�bergehende obstruktive Ventilationsstçrungmessen. Differentialdiagnostisch ist sie aufgrund der k�rzeren zeitlichen Dauer, desgeringeren Schweregrads und des andersartigen zeitlichen Verlaufs von der allergischverursachten akut-intermittierenden obstruktiven Ventilationsstçrung meist abzu-grenzen.
Nach im Einzelfall unterschiedlicher Dauer f�hrt die allergisch verursachte ob-struktive Atemwegserkrankung h�ufig sekund�r zu einer Anf�lligkeit gegen�ber vira-len und bakteriellen Bronchialinfekten mit verzçgerter Heilungstendenz. InfolgeSchleimhautschwellung, Hypersekretion und Dyskrinie kommt es zur im allgemeinennicht mehr reversiblen Komplikation, der chronisch-obstruktiven Atemwegserkran-
kung mit oder ohne Emphysem, auch ohne erneute Allergeninhalation. Kennzeichendes Sp�tstadiums sind die respiratorische und rechtskardiale Insuffizienz.
IV. Weitere Hinweise
Die Verdachtsdiagnose und damit die BK-Anzeige einer allergisch verursachten ob-struktiven Atemwegserkrankung vom Sofortreaktionstyp l�ßt sich bereits mit dencharakteristischen Angaben zur Beschwerde-, Arbeitsplatz- und Expositionanamnesebegr�nden. Dies gilt speziell beim Vorliegen von Augenbrennen, Niessalven, Fließ-schnupfen und anfallsartigen Atembeschwerden unmittelbar und reproduzierbarnach beruflicher Allergeninhalation.
Die gezielte Erhebung der Arbeits-, der allergologischen und der Beschwerde-anamnese ist von besonderer Bedeutung. Eine kçrperlich-physikalische, elektro-kardiografische, rçntgenologische, laborklinische und funktionsanalytische Un-tersuchung dient dem Ausschluß konkurrierender Ursachen der obstruktivenVentilationsstçrung. �tiologisch sind z. B. Linksherzinsuffizienz bei Bluthochdruck,fr�here Lungenkrankheiten sowie starkes Rauchen zu ber�cksichtigen.
Auch aus einer nicht berufsbedingten chronisch-obstruktiven Atemwegserkran-kung als Vorschaden kann sich im Einzelfall nachfolgend eine durch Inhalation vonBerufsallergenen verursachte, zus�tzliche, akut-intermittierende obstruktive Ventila-tionswirkung entwickeln, die der vorbeschriebenen Pathogenese entspricht.
Zur Objektivierung und Quantifizierung der pulmo-kardialen Auswirkungen sindFunktionspr�fungen wie die Ganzkçrperplethysmografie, Spirografie, Blutgasanalyseund Ergometrie erforderlich. Funktionsanalytisch interessieren bei Untersuchungenin Kçrperruhe Kenngrçßen der obstruktiven Ventilationsstçrung, ventilatorische Ver-teilungsstçrung und Lungen�berbl�hung, daneben Kenngrçßen einer restriktivenVentilationsstçrung und Stçrung des respiratorischen Gasaustausches. Dar�ber hi-naus lassen Untersuchungen w�hrend Ergometerbelastung R�ckschl�sse auf eine ggf.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 356
342 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
bereits eingetretene Einschr�nkung der broncho-pulmonalen und/oder kardio-zirku-latorisch Leistungsbreite zu.
Der Nachweis der beruflichen Verursachung einer allergisch bedingten obstrukti-ven Atemwegserkrankung sollte nach Mçglichkeit anhand einer inhalativen Pro-vokation – welch besondere Erfahrung voraussetzt – gef�hrt werden. Hierf�r sind dieindividuell verwendbaren Arbeitsstoffe in Ann�herung an die jeweiligen Arbeitsplatz-verh�ltnisse zu bevorzugen (arbeitsplatzbezogener Inhalationstest). Das gleiche giltf�r den Einsatz registrierender und von der Mitarbeit des Untersuchten weitgehendunabh�ngiger Nachweisverfahren der obstruktiven Ventilationsstçrung und der Lun-gen�berbl�hung, wie der Ganzkçrperplethysmographie.
Eine vorausgehende Hauttestung mit den in Frage kommenden Allergenen kannangezeigt sein. Aus einem positiven Ergebnis des Hauttests allein kann jedoch nochnicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit auf eine beruflich bedingte obstruk-tive Atemwegserkrankung aus allergischer Ursache geschlossen werden. Erkran-kungsf�lle mit negativem Ergebnis des Hauttests und positivem Ergebnis des Inhala-tionstests kommen zur Beobachtung. Kontraindikationen inhaltiver Testung sind zuber�cksichtigen.
Hinsichtlich des Vorkommens beruflicher und außerberuflicher Inhalationsaller-gene sind folgende Expositionsbedingungen zu unterscheiden:1. Vorkommen ausschließlich bei der versicherten T�tigkeit,2. Vorkommen �berwiegend bei der versicherten T�tigkeit,3. Vorkommen sowohl bei der versicherten als auch bei nicht versicherten T�tigkei-
ten und4. Vorkommen ausschließlich bei nicht versicherten T�tigkeiten.In der Regel werden nur die unter Ziff. 1 und 2 genannten Expositionsbedingungendie Annahme einer beruflichen Verursachung begr�nden.
Der Schweregrad l�ßt sich anhand der in Ruhe und unter Arbeitsbedingungennachweisbaren Folgen der allergisch verursachten obstruktiven Atemwegserkran-
kung absch�tzen. Dar�ber hinaus stellt der Nachweis der unspezifischen bronchialenHyperreagibilit�t und/oder der chronisch-obstruktiven Atemwegserkrankung bei derberuflichen Rehabilitation eine Eignungsbeschr�nkung f�r T�tigkeiten mit Exposi-tion gegen�ber inhalativen Noxen (D�mpfen, Rauchen, Gasen oder St�uben) dar.
V. LiteraturBerufsgenossenschaftliche Grunds�tze f�r arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen:
G 23 Gef�hrdung durch Inhalation von Allergenen und chemisch-irritativen Stoffen, Fassung Nov.1974. Hrsg.: Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e. V. LoseblattausgabeA. W. Gentner-Verlag, Stuttgart
Gell, P. G. H. and R. A. Coombs:Clinical aspects of Immunology, 2. Aufl.Blackwell, Oxford 1968
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 343
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Valentin, H. et al.:Arbeitsmedizin. Ein kurzgefaßtes Lehrbuch f�r �rzte und Studenten. 2. Aufl.Thieme, Stuttgart 1979, S. 294–304
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 358
344 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 43 02 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 7–8/1979, 74–75
Durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atem-
wegserkrankungen, die zur Unterlassung aller T�tigkeiten gezwungen haben, die f�rdie Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit urs�ch-lich waren oder sein kçnnen
Klinische Zuordnung:Pneumologie
I. Gefahrenquellen
Chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Arbeitsstoffe kommen an zahlreichen Ar-beitspl�tzen als Inhalationsnoxen vor. Sie sind teilweise mit den fr�her �blichen Be-griffen „Reizstoffe“ oder „Reizgase“ identisch. Die BK Nr. 4302 betrifft jedoch nurdurch diese Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen. Bei den nachfol-gend beispielhaft aufgef�hrten Arbeitsstoffen liegen hier�ber zum Teil empirisch-ka-suistische Erfahrungen, zum Teil auch epidemiologisch gesicherte Erkenntnisse vor.
Die Noxen kçnnen in Form von Gasen, D�mpfen, St�uben oder Rauchen vorkom-men und lassen sich folgendermaßen gruppieren:– leicht fl�chtige organische Arbeitsstoffe: z. B. Acrolein, Athylenimin, Chloramei-
sens�ure�thylester, Formaldehyd, Phosgen;– schwer fl�chtige organische Arbeitsstoffe: z. B. einige H�rter f�r Epoxidharze, be-
stimmte Isocyanate, Maleins�ureanhydrid, Naphthochinon, Phthals�ureanhy-drid, p-Phenylendiamin;
– leicht fl�chtige anorganische Arbeitsstoffe: z. B. Nitrose Gase, einige Phosphor-chloride, Schwefeldioxid;
– schwer fl�chtige anorganische Arbeitsstoffe: z. B. Persulfat, Zinkchlorid, Beryl-lium und seine Verbindungen (BK Nr. 1110)*), Cadmiumoxid (BK Nr. 1104)*),Vanadiumpentoxid (BK Nr. 1107)*;
Auf zahlreiche weitere in der Literatur genannte Stoffe wird hingewiesen.Im Einzelfall sind Intensit�t und Dauer der Einwirkung zu ber�cksichtigen, immer
ist aber auch mit der Mçglichkeit einer individuellen Empfindlichkeitssteigerung zurechnen. Bedeutsam ist der zeitliche Zusammenhang zwischen Exposition undKrankheitsbeginn.
II. Pathophysiologie
Die Aufnahme erfolgt fast ausschließlich �ber das Atemorgan. In Abh�ngigkeit vonIntensit�t und Dauer der beruflichen Exposition gegen�ber chemisch-irritativ oder to-
xisch wirkenden Stoffen kommt es lokal zur Irritation sensorischer Rezeptoren und/
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 359
* In diesen F�llen hat die BK-Anzeige nach der in der Klammer angegebenen BK-Nr. zu er-folgen.
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 345
oder zur prim�r-toxischen Schleimhautsch�digung vorwiegend im Bereich der mitt-leren und tieferen Atemwege. Diese Wirkungen kçnnen reversibel sein. Der �bergangin einen chronisch-obstruktiven Zustand ist aber mçglich.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Das Reaktionsmuster des broncho-pulmonalen Systems ist trotz der chemischen Ver-schiedenartigkeit der als Gefahrenquellen bekannt gewordenen Arbeitsstoffe verh�lt-nism�ßig einfçrmig. Im Vordergrund stehen akut oder schleichend einsetzende Be-schwerden in Form von Husten, unterschiedlich starkem Auswurf, Atemnot undvereinzelt Brustschmerzen. Reizwirkungen an den Schleimh�uten im Bereich der Au-gen und des Nasen-Rachenraums werden beobachtet.
Im Mittelpunkt des Krankheitsbildes steht die Atemwegsobstruktion, h�ufig inVerbindung mit einer Lungen�berbl�hung. Meist sind auch Atemnebenger�uscheauskultierbar. Bei den morphologischen Ver�nderungen der Bronchialschleimhautstehen Entz�ndungszeichen mit Schleimhautschwellung im Vordergrund. Danebenbestehen Hypersekretion, Dyskrinie und Stçrungen des Selbstreinigungsmechanismusder Atemwege. – Folgende Verlaufsformen lassen sich unterscheiden:– massive, akute Exposition: akutes Krankheitsbild, Reversibilit�t;– massive, akute Exposition: akutes Krankheitsbild, Irreversibilit�t;– chronische Exposition: schleichend beginnendes Krankheitsbild, Reversibilit�t
nach Expositionsende;– chronische Exposition: schleichend beginnendes Krankheitsbild, Irreversibilit�t
nach Expositionsende.Mischformen und Sonderverl�ufe kommen vor. Die Verlaufsform h�ngt vom Ausmaßder Exposition und der individuellen Reaktionsbereitschaft ab. Eine Anf�lligkeit ge-gen�ber viralen und bakteriellen Bronchialinfekten mit verzçgerter Heilungstendenzwird beobachtet. Als Komplikationen sind ferner u. a. Bronchopneumonien und daschronische Cor pulmonale zu nennen. Im chronischen Erkrankungsstadium bestehenBeschwerden und Befunde unabh�ngig von der beruflichen Exposition gegen�ber dengenannten Arbeitsstoffen.
IV. Weitere Hinweise
Hinsichtlich der Vorgeschichte, der Untersuchungsverfahren und der Beurteilung derbroncho-pulmonalen Funktionsstçrung einschließlich ihrer kardio-zirkulatorischenR�ckwirkung sowie der allgemeinen kçrperlichen Leistungsf�higkeit gelten die imMerkblatt zu BK Nr. 4301 wiedergegebenen Hinweise sinngem�ß.
Die Indikation zur inhalativen Testung ist streng zu stellen. Besondere Erfahrungund eine entsprechende apparative Ausstattung sind hierf�r Voraussetzung. Bei einerVielzahl von Arbeitsstoffen, insbesondere den prim�r-toxisch wirkenden, ist von In-halationstests in der Regel abzuraten.
Neben Intensit�t und Dauer der Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wir-kender Arbeitsstoffe kann eine epidemiologisch-statistische H�ufung von obstrukti-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 360
346 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
ven Atemwegserkrankungen unter vergleichbaren Kollektiven auf eine t�tigkeits-bedingte Verursachung hinweisen.
Differentialdiagnostisch m�ssen obstruktive Atemwegserkrankungen infolge vonaußerberuflichen Ursachen, wie chronischem Nikotinabusus, Allergien, akuten undchronischen Infektionen der Atemorgane usw. bei der Beurteilung des Kausalzusam-menhanges ber�cksichtigt werden.
Schwierig wird die Beurteilung insbesondere, wenn bei einer vorbestehenden un-spezifischen bronchialen Hyperreagibilit�t und/oder chronisch-obstruktiven Bronchi-tis aus nichtberuflicher Ursache durch berufliche Exposition gegen�ber chemisch-irri-tativ oder toxisch wirkenden Stoffen eine obstruktive Atemwegserkrankung entstehtoder sich verschlimmert.
Eine unspezifische bronchiale Hyperreagibilit�t und/oder eine chronisch-obstruk-tive Bronchitis aus außerberuflicher Ursache und ohne wesentliche Verschlimmerungdurch Einwirkung chemisch-irritativ oder toxisch wirkender Arbeitsstoffe f�llt nichtunter die BK Nr. 4302 der BeKV.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 362
348 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
5 Hautkrankheiten
Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten Nr. 51 01 – Nr. 51 02 Anlage BKV
Literaturhinweis:Das Berufsekzem (M�ller, 1980)Haut (Merk, 2002)Haut (Merk, 2004)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 363
Hautkrankheiten 349
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 51 01 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 6/1996, 22–25
Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen, die zur Unterlassung allerT�tigkeiten gezwungen haben, die f�r die Entstehung, die Verschlimmerung oder dasWiederaufleben der Krankheit urs�chlich waren oder sein kçnnen.
Klinische Zuordnung:Dermatologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Schwere oder wiederholt r�ckf�llige Hauterkrankungen kçnnen bei zahlreichen be-ruflichen T�tigkeiten auftreten. Auf die wichtigsten wird im Anhang verwiesen.
Eine Gef�hrdung kann gegeben sein bei:1. Feuchtarbeit, die einen erheblichen Teil der Arbeitszeit einnimmt und bei der die
Haut nicht durch persçnliche Schutzausr�stung gesch�tzt werden kann, besondersbei zus�tzlicher mechanischer und chemischer Einwirkung. Erfahrungsgem�ß sinddabei T�tigkeiten als hautgef�hrdend anzusehen, bei denen die Besch�ftigten– regelm�ßig mehr als zwei Stunden t�glich mit ihren H�nden Arbeiten im feuch-
ten Milieu (Hautkontakt mit fl�ssigen w�ßrigen und nicht-w�ßrigen Medien)ausf�hren oder
– einen entsprechenden Zeitraum feuchtigkeitsdichte Handschuhe (Okklusion)tragen oder
– h�ufig bzw. intensiv ihre H�nde reinigen m�ssen, wobei h�ufig mit etwa 20 xpro Tag angesetzt werden kann; entsprechend weniger, wenn aggressive Rei-nigungsmaßnahmen zur Anwendung kommen.
2. Hautkontakt mit chemischen Substanzen mit irritativer bzw. allergener Potenz,
z. B. mit
– Metallionen (z. B. von Chrom, Nickel, Kobalt),– alkalischen Fl�ssigkeiten (z. B. wassergemischten K�hlschmiermitteln, Rei-
nigungslçsungen),– Detergentien (waschaktiven Substanzen),– Desinfektionsmitteln (z. B. Formaldehyd, Flutaraldehyd, Benzalkoniumchlo-
rid),– Bioziden (z. B. Chlormethylisothiazolon, Formaldehydabspalter),– Lçsemitteln (z. B. aliphatischen und aromatischen Kohlenwasserstoffen, hoch-
siedenden Mineralçlfraktionen, Nitroverd�nnungen, Terpentinçlen und Ter-pentinersatzpr�paraten),
– einigen Kunststoffmono- und -oligomeren und ihren H�rtern (z. B. Epoxid- undAcrylatharzsystemen, Aminh�rtern),
– Friseurchemikalien (z. B. Glycerylmonothioglykolat, p-Phenylendiamin),– Lçtsubstanzen (Kolophonium),– Gummihilfsstoffen (z. B. Thiurame, Carbamate),
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 364
350 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
– parasubstituierten aromatischen Aminen (p-Phenylendiamin, Gummichemika-lien, Farbstoffen, Farbentwicklern).
Auch nat�rliche Stoffe kçnnen eine Gefahrenquelle sein, wie z. B. Naturlatex, Mehle,Pflanzenbestandteile, Hçlzer, Tierhaare, Tierschuppen (sowie andere tierische Pro-teine).3. Einwirkung von physikalischen Faktoren, wie z. B. von Mineralfasern, Schnitt-
haaren bei Friseuren, aktinischen (Ultraviolettstrahlung) und evtl. thermischenReizen (Hitze und K�lte) sowie Mikrotraumen durch Metall- oder Glasteilchen.
4. Einwirkung von hautpathogenen Keimen (Pilze u. a.), die saprophyt�r vorhandenoder direkt �bertragen und infolge g�nstigen Milieus (Feuchtigkeit, W�rme) inWachstum und Ausbreitung gefçrdert werden.
Besonders gef�hrdet sind die im Anhang aufgef�hrten Berufsgruppen.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Beruflich bedingte Hauterkrankungen werden in der Regel verursacht durch �ußere(exogene) Einwirkung sch�digender Fl�ssigkeiten, fester Stoffe, St�ube, D�mpfe u. a.Vorwiegend sind die den sch�digenden Faktoren unmittelbar ausgesetzten Kçrperstel-len betroffen. Ausbreitung auf andere Kçrperteile und Ausbreitung auf den gesamtenKçrper (Generalisation) sind mçglich.
H�ufig entstehen diese Hauterkrankungen erst durch das Zusammenwirken ver-schiedener Einfl�sse, auch durch die Anwendung unzweckm�ßiger Hautreinigungs-mittel und durch mangelnden Hautschutz oder mangelnde Hautpflege.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Krankheitsbild und Verlauf h�ngen von Art, Menge und Einwirkungsdauer der sch�-digenden Faktoren sowie der individuell unterschiedlichen Reaktionsweise ab. Beruf-lich bedingte Hauterkrankungen kçnnen sich an der Haut, den Konjunktiven undden Hautanhangsgebilden (Haare, N�gel, Schweiß- und Talgdr�sen) manifestieren.Am h�ufigsten treten subtoxisch-kumulative und allergische Kontaktekzeme auf.
Das subtoxisch-kumulative Ekzem (Synonyme: degenerativ toxisches Kontaktek-
zem oder sog. Abnutzungsdermatose) kann durch fakultativ hautsch�digend wirkendeArbeitsstoffe in Abh�ngigkeit von der Konzentration und Kontaktzeit verursacht wer-den. Durch den langandauernden oder wiederholten direkten Hautkontakt zu diesenSubstanzen kommt es zu einer Stçrung der epidermalen Hautbarriere und nachfolgendzu einer Entz�ndung der Haut, die klinisch und histologisch als Ekzem imponiert. Kli-nisch sichtbare Zeichen kçnnen Rçtung, Schuppung, Bl�schen, Papeln, Pusteln, N�s-sen (Exsudation) und Exkoriationen sein. In chronischen F�llen kann es zu Rhagaden-
bildung, Lichenifikation und Hyperkeratosen kommen. Meist bestehen Juckreiz undBrennen. In der Regel ist das subtoxisch-kumulative Kontaktekzem an Kçrperstellen,die mit dem Arbeitsstoff unmittelbar in Ber�hrung kommen, z. B. an den H�nden (h�u-fig Handr�cken), lokalisiert.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 365
Hautkrankheiten 351
Auf vorgesch�digter Haut – oder bei potenten Allergenen auch auf intakter Haut– kann es nach erfolgter Sensibilisierung zu allergischen Kontaktekzemen kommen.Eine Allergie ist eine spezifische immunologische Reaktion des Organismus auf vonaußen einwirkende Stoffe, die durch wiederholten Kontakt mit diesen Stoffen erwor-ben wurde. Der Vorgang der Reaktionsver�nderung wird als Sensibilisierung bezeich-net. Allergien treten nur bei einem Teil der Exponierten auf. Dem allergischen Kon-taktekzem liegt meist eine Allergie vom Sp�ttyp (Typ-IV-Sensibilisierung), in seltenenF�llen auch eine Allergie vom Soforttyp (Typ-I-Sensibilisierung) zugrunde.
Eine Allergie vom verzçgerten Typ wird in der Regel durch wiederholten Haut-kontakt mit Kontaktallergenen verursacht. Stoffe, die durch Hautkontakt sensibilisie-ren (Kontaktallergene), sind �berwiegend niedermolekulare Stoffe (z. B. Metallionen,Amine, Kunststoffmonomere u. a.), die nach Sensibilisierung bei erneutem Hautkon-akt zeitlich verzçgert (nach mehreren Stunden bis Tagen) zu Kontaktekzemen am Ein-wirkungsort, gelegentlich mit Streureaktionen an anderen Kçrperstellen, f�hren.Lichtsensibilisierende Stoffe (sog. Photoallergene) sind Stoffe, die in Verbindung mitLichtexposition zur Sensibilisierung f�hren kçnnen. Berufsdermatologisch bedeutsamsind photosensibilisierende Substanzen wie Olaquindox, Phenothiazinderivate, Tetra-zykline, u. a. Davon zu unterscheiden sind phototoxische Reaktionen, die z. B. durchTeerprodukte oder Pflanzeninhaltsstoffe (z. B. Furocomarine) verursacht werden kçn-nen. Bei der phototoxischen Reaktion werden diese Substanzen unter Einwirkungvon UV-Licht direkt zu entz�ndungslçsenden Substanzen ver�ndert.
Die klinischen Erscheinungsbilder der unterschiedlichen Ekzemformen kçnnensehr variabel sein, so daß ein allergisches von einem subtoxisch-kumulativen Kontak-
tekzem weder klinisch noch histologisch zu unterscheiden sein kann. Das allergischeEkzem neigt zu Streureaktionen. Neben unmittelbarem ist auch an aerogenen Kon-takt zu denken, insbesondere wenn das Kontaktallergen als Staub, Gas, Dampf oderTrçpfchen-Aerosol vorliegt und �ber die Luft auf die Haut einwirkt.
Allergien vom Soforttyp (z. B. durch Protein, Naturlatex) kçnnen an der Haut zuumschriebenen oder generalisierten Hautreaktionen wie Schwellung, Rçtung, Quad-deln und/oder Juckreiz (Kontakturtikaria, Proteindermatitis) f�hren.
Die anfangs gegen einen einzelnen bestimmten Arbeitsstoff gerichtete �beremp-findlichkeit (Monovalenz) kann sich im weiteren Verlauf gegen die verschiedenstenSubstanzen (Polyvalenz) richten. Auch kann im Sinne eines sogenannten Zweiphasen-
ekzems auf dem Boden eines subtoxisch-kumulativen Kontaktekzems ein allergischesKontaktekzem entstehen.
Beide Ekzemtypen zeigen bei Wegfall der Exposition meist Besserung (am Wo-chenende) bzw. Abheilung (bei l�ngerer Arbeitskarenz wie Urlaub, Arbeitsunf�hig-keit), bei erneutem Kontakt kommt es h�ufig zu einem Rezidiv des Ekzems.
Neben der allergischen Reaktion, die durch den Nachweis von spezifischem IgEbest�tigt werden kann, gibt es auch nichtimmunologische Reaktionen.
Hautuntersuchungen (Epikutan-, Prick- und Intrakutantestungen), die f�r die Kl�-rung des urs�chlichen Zusammenhangs zwischen Schadstoff und Ekzem von Bedeu-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 366
352 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
tung sein kçnnen, sind in der Regel vorzunehmen. Sie sind nur unter Ber�cksichtigungdes Gesamtbefundes zu bewerten.
Eine atopische Hautdiathese, d. h. die Neigung, an der Haut ein atopisches Ekzem
zu entwickeln, ist ein wichtiger konstitutioneller Kofaktor bei der Entstehung undUnterhaltung der o. g. Kontaktekzeme. So sind Personen mit atopischer Hautdiathese
insbesondere bei beruflicher Feuchtarbeit (sowie mçglicherweise auch bei Staubexpo-sition) gef�hrdet, Kontaktekzeme zu entwickeln. Unter Atopie versteht man die gene-tisch determinierte Bereitschaft, gegen Substanzen der Umwelt �berempfindlichkeits-reaktionen zu entwicklen. Diese kçnnen sich klinisch im Bereich der Atemwege alsallergische Rhinitis (Rhinopathie) und/oder als allergisch verursachte obstruktiveAtemwegserkrankung (BK-Nr. 4301 Anlage 1 BeKV) manifestieren, am ZielorganHaut als Ekzem mit typischen Pr�dilektionsstellen und charakteristischem Verlauf,wobei wahrscheinlich als urs�chlich ein Zusammenspiel zwischen endogenen (anla-gebedingten) und exogenen (�ußeren) Faktoren anzunehmen ist. Ein konstitutionellesEkzem kann sich durch berufliche Einwirkungen vor�bergehend oder richtungswei-send verschlimmern.
Die beruflich verursachte Akne ist selten geworden. Sie tritt haupts�chlich bei Ar-beiten mit technischen �len und Fetten, Teer, Teerçlen, Pech und bestimmten Halo-genkohlenwasserstoffen (z. B. polyhalogenierte Biphenyle, Chlornaphthaline) auf.Gegen�ber der sogenannten juvenilen Akne ist ihre Lokalisation besonders zu beach-ten. Die �lakne findet sich meist an unbedeckten oder bei çldurchtr�nkter Kleidungauch an bedeckten Kçrperstellen (z. B. am Oberschenkel).
Außerberuflich verursachte und anlagebedingte Hautkrankheiten kçnnen durchberufliche Faktoren ung�nstig beeinflußt oder verschlimmert werden (z. B. Pilzinfek-tionen in feuchtem Milieu bei ungeeigneter Arbeitskleidung, Psoriasis vulgaris bei me-chanischer Belastung).
IV. Weitere Hinweise
Die „Schwere“ der Erkrankung wird aufgrund der klinischen Symptomatik nachMorphe und Beschwerdebild, Ausdehnung, Verlauf und Dauer der Erkrankung undaufgrund der Auspr�gung der beruflich verursachten Allergien beurteilt. Auch eineklinisch leichte Hauterkrankung kann allein wegen ihrer Dauer als schwer einzustu-fen sein, wenn ununterbrochene Behandlungsbed�rftigkeit von sechs und mehr Mo-naten gegeben ist.
„Wiederholt r�ckf�llig“ ist die Erkrankung dann, wenn mindestens drei Krank-heitssch�be, d. h. Ersterkrankung und zwei R�ckf�lle, vorliegen. R�ckfall setzt eineweitgehende Besserung oder Abheilung des vorangegangenen Krankheitsschubes so-wie den Zusammenhang mit der Ersterkrankung voraus, wenn der Erkrankte zwi-schenzeitlich beruflich wieder t�tig gewesen ist.
Der Verdacht auf das Vorliegen einer beruflich verursachten Hauterkrankung istauch dann anzuzeigen, wenn die gef�hrdende T�tigkeit noch nicht aufgegeben wor-den ist.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 367
Hautkrankheiten 353
Wenn die Voraussetzungen der Nr. 5101 Anlage 1 Berufskrankheiten-Verordnungnicht gegeben sind, ist jeweils zu pr�fen, ob die vorliegende Hauterkrankung zumKrankheitsbild anderer Berufskrankheiten gehçrt. Bei Hautkrebs vergleicheBK-Nr. 5102. Bei Hautinfektionen sind die BK-Nr. 3101, 3102 (z. B. tiefe Trichophy-tie) und 3104, bei Hautkrankheiten, wenn sie als Erscheinung einer Allgemeinerkran-kung durch Aufnahme des sch�digenden Stoffes in den Kçrper verursacht werden, dieBK-Nrn. 1101 bis 1110, 1201 und 1202, 1303 bis 1309 und 1315 in Betracht zu zie-hen. Auf die BK-Nr. 2402 (Einwirkung durch ionisierende Strahlen) wird hingewie-sen.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 368
354 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 369
Anhang:
Berufe mit deutlich erhçhtem Erkrankungsrisiko f�r Kontaktekzeme. Die meistendieser Berufsgruppen sind h�ufig mit Feuchtarbeit verbunden.
T�tigkeiten Einwirkungen wichtige Allergene und chemisch irritative
Substanzen
Friseure Dauerwellmittel Ester und Salze der Thioglykols�ure,
Fixiermittel
Haarfarben p-Phenylendiamin, p-Toluolendiamin u. a.
F�rbemittel, Resorcin, Parabene
Blondiermittel Persulfate
Haarwaschmittel Konservierungsstoffe, Duftstoffe,
Pflanzenextrakte, Cocamidopropylbetain u. a.
Emulgatoren und waschaktive Substanzen
Gummihandschuhe Acceleratoren 1), Naturlatex
B�cker, Teige Weizen-, Roggen-, Sojamehl, Amylase
Konditoren Aromen und Vanille, Bittermandel, Anis, Orangen-
Gew�rze schalenextrakt, Zimt u. a.
Konservierungs- Benzoes�ure, Sorbins�ure, Oktyl-, Propyl-,
mittel und Anti- Dodecylgallat
oxydantien
Reinigungsmittel Desinfektions- und Konservierungsstoffe,
waschaktive Substanzen
Galvaniseure galvanische B�der Nickel-, Chrom-2), Kobaltverbindungen,
S�uren, Alkalien
Entfettungsmittel Lçsemittel3)
Gummihandschuhe Acceleratoren 1), Naturlatex
G�rtner, Zierpflanzen Primeln, Chrysanthemen u. a. Asteraceae,
Floristen Alstroemerien, Tulpenzwiebeln u. a.
Pflanzenschutz- Carbamate, Thiurame, Pyrethrum u. a.
mittel
Bauarbeiter, Zement, (Bi)Chromate2) der Alkalien, Kobalt-
Maurer, Frischbeton verbindungen
Fliesenleger, Kunststoffe unausgeh�rtete Epoxidharze und H�rter,
Estrichleger Isocyanate
Hautkrankheiten 355
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 370
Metall- K�hlschmierstoffe Konservierungsstoffe, (Formaldehydabspalter,
arbeiter (insbesondere Triazine, Isothiazolinone u. a.), Emul-
wassergemischte) gatoren, Korrosionsschutzmittel, Ethanol-
amine, Tallçl, Mineralçle
Metalle Nickel-, Kobaltverbindungen
Metallkleber Epoxidharze, Acrylate, H�rter
Metallreinigungs- Lçsemittel3)
und Entfettungs-
mittel
Kunststoff- unausgeh�rtete Epoxidharze und H�rter,
arbeiter Kunstharze Acrylate, Kobaltbeschleuniger, Peroxide,
Melamin-, Harnstoff-, Phenol-Formaldehydharze,
Isocyanate, Phtalate, Lçsemittel3)
Kçche, Lebensmittel Mehl, Enzyme, Fleisch, Fische, Krustentiere,
K�chenhilfen Gem�se, Gew�rze, Konservierungsstoffe,
Farbstoffe
Reinigungsmittel Desinfektions- und Konservierungsstoffe
(Isothiazolinone, Formaldehyd, Parabene u. a.),
waschaktive Substanzen
Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex
Heil- und Desinfektions- Formaldehyd, Glutaraldehyd, Quecksilber-
Pflegeberufe mittel verbindungen, Chlorkresol, Phenole u. a.
Medikamente Antibiotika, Lokalan�sthetika, Phenotiazine
(Photoallergene), �therische �le
Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex
Zahn- Dentalchemikalien unausgeh�rtete Acrylate und Mischharze,
techniker Eugenol, Nickel, Kobalt, Palladium, Amalgam,
S�uren
Textilher- Textilfarben, Azofarben, Anthrachinonfarben, Chrom-
steller und Beizen verbindungen2)
-verarbeiter Appreturen, Formaldehydharze, Acrylate, Polyurethane
Spezialausr�stungen
Gummif�den Acceleratoren1) Naturlatex
Kleidungszubehçr Nickel, Kobalt
356 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 371
Leder-, Fell- Gerbstoffe Chromverbindungen2), Tannin, S�uren, Laugen
verarbeitung Kleber Kollophonium, p-tert-Butylphenolformaldehyd-
harz, Lçsemittel3)
Impr�gniermittel Kunstharze
F�rbemittel Azofarben u. a.
Holzbear- Hçlzer Palisanderarten, Teak, Makore, Mahagoni,
beiter, Tischler Nadelhçlzer u. a.,
Zimmerer Klebstoffe Formaldehydharze, Kolophonium, Epoxidharze,
Acrylate
Beizen Chromverbindungen2), Azofarbstoffe u. a.
Holzschutzmittel Chromverbindungen2), Insektizide, Fungizide
Maler, Farben Kunstharze, Terpentin u.-ersatzstoffe, Farb-
Lackierer, pigmente (Chrom-2, Kobaltverbindungen u. a.)
Anstreicher, Klebstoffe Formaldehydharze, Kolophonium, Epoxidharze,
Fußboden- Acrylate, Isozyanate
leger Verd�nner Lçsemittel3)
Lçter, Lçtmittel Kolophonium, Metallchloride, S�uren
Elektroniker Alkohole, Salmiak
Metallkleber Epoxidharze, Actrylate, H�rter, Lçsemittel3)
Metalle Nickel, Kobalt, Zinn u. a.
Reinigungs- Reinigungsmittel Konservierungssmittel, waschaktive Sub-
dienste stanzen (Tenside u. Detergenzien)
Desinfektions- Formaldehyd, Glutaraldehyd, Phenole u. a.
mittel
Fußbodenpflege- Wachse, Terpentinçl oder Ersatzstoffe,
mittel Lçsemittel3)
Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex
Foto- Farbentwickler p-substit. aromatische Amine (CD 2,3,4)
laboranten Fotochemikalien Chromverbindungen2) Formaldehyd
Gummihandschuhe Acceleratoren1), Naturlatex
Gummi- Gummichemikalien Naturlatex, Thiurame, Thiocarbamate, Mer-
hersteller und captobenzothiazole, p-substituierte Amine,
-verarbeiter Kolophonium
Hautkrankheiten 357
Land- Futtermittel- Getreide, Medikamente u. a. Futtermittel-
wirtschaft- st�ube zus�tze (Olaquindox,Phenotiazine,
liche Berufe Antibiotika)
Tierhaare, tierische Proteine
-speichel, -urin
Pflanzenbestand-
teile
Gummiartikel Accelatoren1)
Desinfektions- Formaldehyd, Chloramin u. a.
mittel
Melkfett Osmaron B, Lanolin
Pflanzenschutzmittel
D�ngemittel
1) Thiurame, Thiocarbamate, Mercaptobenzothiazole, Alterungsschutzmittel u. a.2) Alkalisalze der Chroms�ure (Cr VI) sind wahrscheinlich im Gegensatz zu den Salzen des
dreiwertigen Chroms (Cr III), wie dem Sulfat oder Alaun, keine Ekzematogene, penetrieren
aber wesentlich leichter die Haut und werden dort zu dem stark ekzematogenen Cr III redu-
ziert. Deshalb wird die Testung sowohl bei Chrom-VI-Exponierten (z. B. Maurern) wie
auch bei Chrom-III-Exponierten (z. B. Gerbern oder Galvaniseuren) in der Regel mit Kali-
um(bi)chromat oder Chroms�ureanhydrid (Cr03) durchgef�hrt.3) Kohlenwasserstoffe, Halogenkohlenwasserstoffe, Alkohole, Ether, Ketone, Ester und Ver-
treter anderer Stoffklassen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 372
358 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 51 02 Anlage BKV
(Nr. 47/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 2/1963, 25
Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungen durch Ruß, Rohpa-
raffin, Teer, Anthrazen, Pech oder �hnliche Stoffe
Klinische Zuordnung:Dermatologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Hautkrebs oder zur Krebsbildung neigende Hautver�nderungen kçnnen durch Be-standteile in Ruß, Rohparaffin, Teer, Anthrazen, Pech oder �hnlichen Stoffen aus-gelçst werden.
R u ß als feinflockiger Kohlenstaub entsteht bei unvollst�ndiger Verbrennung vonKohlenwasserstoffen und wird bei der Herstellung von Tusche, Wichse, Farben,Kunststoffen und besonders in der Gummiindustrie bençtigt.
R o h p a r a f f i n wird gewonnen aus bituminçser Braunkohle, �lschiefer, Erdçlund Erdwachs; es wird in der Z�ndholz-, Papier- und Sprengstoffindustrie verwendet.Gereinigtes Paraffin enth�lt keine krebserzeugenden Stoffe.
T e e r als Destillationsprodukt von Stein- und Braunkohle, Torf und Holz wird inKokereien und Gasfabriken gewonnen und in Dachpappen- und Steinkohlenbrikett-fabriken, bei der Holzimpr�gnierung und im Straßenbau gebraucht.
A n t h r a z e n ist ein Teerdestillationsprodukt. Es wird verwendet als Rohstoff inder Farbenherstellung, beim Holzimpr�gnieren, bei der Herstellung von Lacken undDachpappen.
P e c h ist der letzte R�ckstand der Teerdestillation. Es wird als Bindemittel in derSteinkohlenbrikettfabrikation, f�r Kabelisolierung, Herstellung von Dachpappen,Lacken u. a. benutzt.
„� h n l i c h e S t o f f e“ sind solche mit �hnlich biologischer Wirkung. Hierzu ge-hçren z. B. verschiedene Erdwachse, Asphalte, Masut und Mineral-, Schmier-, Zylin-der- und Bohrçle, die bei 300� C und mehr sieden.
Arbeiter bei der Gewinnung, Herstellung, Verarbeitung oder Verwendung der ge-nannten Produkte sind je nach deren Gehalt an kanzerogenen Substanzen gef�hrdet.
II. Aufnahme und Wirkungsweise
Die Haut kann durch direkte Einwirkung (auch durch Staub und D�mpfe) der ge-nannten Stoffe oder durch mit diesen Stoffen behaftete Arbeitskleidung gesch�digtwerden. Sonnenbestrahlung, Hitze und mechanische Reize (Scheuern der Kleidung)kçnnen dies beg�nstigen.
III. Krankheitsbild und Diagnose
Die Einwirkung obengenannter Produkte kann zu entz�ndlicher Rçtung und auch zuDermatitis (Ekzem) mit Juckreiz f�hren. Bei weiterer Exposition kçnnen sich br�un-
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Hautkrankheiten 359
lich-fleckige Pigmentierungen (Melanose), Follikulitis und Akne entwickeln. Auf der-artig ver�nderter Haut, aber auch ohne dieses Vorstadium, ist die Entstehung einzel-ner oder multipler verschieden großer sogenannter Teer- oder Pechwarzen, die sichvon der Verruca vulgaris nicht unterscheiden, mçglich. Diese Warzen neigen zu karzi-nomatçser Entartung. Die Pech- und Teerwarzen kçnnen nach relativ kurzer Zeit,vielfach aber erst nach mehreren Jahren, besonders im Gesicht und am Handr�cken,mitunter auch am Unterarm, Unterbauch und Skrotum auftreten.
Die Expositionszeit bis zur Entstehung von Hautkrebs oder zur Krebsbildung nei-gender Hautver�nderungen durch die genannten Stoffe betr�gt in der Regel mehrereJahre bis Jahrzehnte. Die Latenzzeit, in der sich aus den Teer- oder Pechwarzen Karzi-
nome entwickeln kçnnen, betr�gt durchschnittlich 3 bis 4 Jahre. Bei entsprechenderBehandlung ist die Prognose im allgemeinen g�nstig.
IV. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Differentialdiagnostisch sind die Alterskeratose und karzinomatçse Ver�nderungen,die nicht auf die Einwirkung obengenannter Stoffe zur�ckzuf�hren sind, zu erw�gen.
Die Diagnose wird durch histologische Untersuchung, Lokalisation der Erkran-kung sowie durch die Melanose gesichert.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 374
360 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
6 Krankheiten sonstiger Ursachen
Merkblatt zu der Berufskrankheit Nr. 61 01 Anlage BKV
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Krankheiten sonstiger Ursachen 361
Merkblatt zu der Berufskrankheit
Nr. 61 01 Anlage BKV
(Nr. 40/6.–7. BK-VO)Arbeitsschutz 6/1962, 136–137
Augenzittern der Bergleute
Klinische Zuordnung:Ophthalmologie
I. Vorkommen und Gefahrenquellen
Die Erkrankung kann bei im Untertagebetrieb t�tigen Personen vorkommen. �ber-wiegend werden Bergleute befallen, die in engster Ber�hrung mit dem Fçrdergut amKohlenstoß stehen.
F�r die Entstehung dieser Erkrankung kommen verschiedene Ursachen (Ursachen-b�ndel) in Frage.
Einerseits handelt es sich um �ußere Noxen, die bei der Auslçsung des Augenzit-terns der Bergleute (auch Bergmannsnystagmus genannt) wesentlich sein d�rften, ins-besondere die mangelnde Helligkeit am Arbeitsplatz sowie die Verunreinigung derGrubenluft unter Tage durch Methan und andere Spuren atmungsfremder Gase. Da-neben spielen dispositionelle Faktoren eine Rolle.
Die Bewertung der von außen kommenden Einfl�sse ist erschwert, weil in der Re-gel mehrere Jahre lang dauernde Einwirkungen der Noxen Voraussetzung f�r die Ent-stehung des Augenzitterns der Bergleute sind.
Es hat sich gezeigt, daß mit zunehmender Verbesserung der Arbeitsbedingungenunter Tage – ortsfest beleuchtete und besser bewetterte Abbaubetriebe in langen Ab-baustrecken im Gegensatz zu kleinen Streb- und Ortsbetrieben das Augenzittern derBergleute seltener wird.
II. Krankheitsbild und Diagnose
Das Augenzittern besteht in einem wechselnden, aber f�r den einzelnen gleichbleiben-den, mehr oder weniger stark stçrenden Zittern der Aug�pfel, pendelfçrmig, oft mitRucken untermischt. Die Frequenzen liegen im allgemeinen bei 100 bis 400 Pendel-schwingungen je Minute. Die Schwingungsfrequenzen beider Augen sind gleich. DieSchwingungsrichtungen kçnnen aber ebenso wie die Ausschlagsgrçßen (Amplituden)rechts oder links verschieden groß sein.
Die Unterscheidung des Augenzitterns der Bergleute von dem angeborenen Au-genzittern, dem Augenzittern bei sehunt�chtigen Augen (Amblyopen-Nystagmus)oder dem durch bestimmte organische Erkrankungen oder durch schwere Arzneimit-telvergiftungen hervorgerufenen Augenzittern ist schwierig und in der Regel nurdurch einen Augenarzt, der �ber spezielle Kenntnisse des Nystagmus verf�gt, mçg-lich.
Manchmal tritt das Augenzittern der Bergleute, wenn es im Hellen zum Stillstandgekommen oder nicht manifest ist, erst nach l�ngerem Aufenthalt im Dunkeln wiederin Erscheinung.
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362 Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten
Der Bergmannsnystagmus kann durch die sogenannten Scheinbewegungen dieSehsch�rfe beeintr�chtigen, Schwindel und Unsicherheitsgef�hl hervorrufen und da-durch die Leistungsf�higkeit mindern.
Bei schweren F�llen dieser Erkrankung besteht Nystagmus auch beim Blick ge-radeaus oder sogar in der unteren Blickfeldh�lfte.
III. Hinweise f�r die �rztliche Beurteilung
Die Begutachtung sollte durch einen Augenarzt, der �ber spezielle Kenntnisse desBergmannsnystagmus verf�gt, erfolgen, weil die Differentialdiagnose schwierig seinkann.
In Zweifelsf�llen ist zum Ausschluß organischer Erkrankungen des Nervensys-tems Begutachtung durch den Neurologen, evtl. auch durch andere Fach�rzte, erfor-derlich.
Der Erkrankte soll zu einem Arbeitsplatzwechsel, mçglichst nach �ber Tage, ange-halten werden. Die Prognose ist g�nstig, und die Leistungsminderung meist nur vor�-bergehend. Auch der schwere Bergmannsnystagmus ist in der Regel nach zwei Jahrenausgeheilt.
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Krankheiten sonstiger Ursachen 363
HWissenschaftliche Begr�ndungenzu den Berufskrankheiten(BKV-Enumeration)
„verdankt doch die Arbeitsmedizin ihre wissenschafliche Existenzganz wesentlich der Handhabung des ‚unbestimmten Rechtsbegriffs‘ der ‚Berufskrankheit‘.“(Ferber, 2003)
Die in diesem Kapitel als Bekanntmachungen des ehemaligen Bundesministeriums f�r Ar-beit und Sozialordnung (BMA) vorgestellten Begr�ndungen f�r neue Berufskrankheiten ha-ben zu einer �bernahme dieser Krankheiten in die Berufskrankheitenliste der geltenden Be-rufskrankheiten-Verordnung (Anlage BKV) gef�hrt. Die dazugehçrigen Merkbl�tter findensich im Kapitel G.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 378
1 Durch chemische Einwirkungenverursachte Krankheiten
13 Lçsemittel, Sch�dlingsbek�mpfungsmittel (Pestizide)und sonstige chemische Stoffe
Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten Nr. 13 16 und Nr. 13 17 AnlageBKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 379
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 365
Wissenschaftliche Begr�ndung
zu der Berufskrankheit Nr. 13 16 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 4/1996, 29–31
Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid
Klinische Zuordnung:Gastroenterologie
1. Aktueller Erkenntnisstand
1.1 Chemisch-physikalische Charakteristik von Dimethylformamid
N,N-Dimethylformamid C3H7N0 (DMF, Ameisens�uredimethylamid, Formyldi-methylamin) ist bei 20º C eine klare, farblose Fl�ssigkeit (Schmelzpunkt: – 61� C, Sie-depunkt 155� C) mit einem schwachen, jedoch typischen Amingeruch. Es ist mischbarmit Wasser und verschiedenen organischen Verbindungen.
1.2 Vorkommen und Gefahrenquellen
DMF ist keine nat�rlich vorkommende Substanz. Es ist aufgrund seiner chemisch-physikalischen Eigenschaften eines der am meisten verwendeten organischen Lçse-mittel. Die Weltproduktion lag im Jahr 1980 bei 225 000 t pro Jahr. Hauptabnehmerf�r DMF ist die Kunstlederproduktion. DMF wird insbesondere aber auch bei derHerstellung von pharmazeutischen und kosmetischen Produkten, von Polyacrylnitril-Fasern, von Pflanzenschutzmitteln und Speziallacken sowie bei der Kunststoff-beschichtung (Polyurethane) verwendet. In diesen Produktionsbereichen wird DMFals Lçsemittel, Absorptionsmittel f�r Gase und als Synthese-Ausgangsstoff eingesetzt.Bei der Aufarbeitung von Mineralçlen dient DMF als selektives Trennmedium zur Ex-traktion von aromatischen Kohlenwasserstoffen.
Beim offenen Umgang mit DMF gelangt DMF aufgrund seines relativ hohenDampfdruckes von 3,53 mbar bei 20� C in grçßeren Mengen in die Luft, so daß es in-halativ zur Aufnahme kommt. DMF wird aber auch aus der Dampfphase sowie beidirektem Hautkontakt perkutan leicht resorbiert (Lauwerys u. Mitarb. 1980). DaDMF nur schwach geruchsintensiv ist, entf�llt eine nennenswerte Warnwirkung beiniedrigen Konzentrationen. Messungen der DMF-Konzentration in der Raumluftspiegeln allerdings in Anbetracht einer mçglichen perkutanen Aufnahme auch nur be-grenzt die tats�chliche Exposition wider. Eine Absch�tzung der tats�chlich vom Orga-nismus aufgenommenen DMF-Menge erfordert daher ein biologisches Monitoring(Mraz u. Mitarb. 1989, 1992a, 1992b; Kawai u. Mitarb. 1992).
1.3 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen
1.3.1 Pathomechanismen
Sowohl bei dermaler als auch bei inhalativer Aufnahme wird DMF rasch im Organis-mus verteilt. Die Metabolisierung von DMF erfolgt durch mikrosomale Enzymsys-teme in der Leber. Als Hauptmetabolit erscheint im Harn N-Hydroxymethyl-N-Me-thylformamid (Lauwerys u. Mitarb. 1980; ICPS 1991; Henschler 1992; Mraz u.Mitarb. 1992b). Der Metabolismus von DMF zeigt Wechselwirkungen mit dem Ab-
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366 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
bau von Ethylalkohol und eine hemmende Wirkung auf die Aldehyddehydrogenase(IPCS 1991; Henschler 1992; Eckey u. Mitarb. 1994). Dadurch kann die Aufnahmebereits geringer DMF-Mengen im Zusammenwirken mit Alkohol zu Intoleranz-erscheinungen vom Disulfiram-Typ (Flush-Syndrom) f�hren (Eckey u. Mitarb. 1994).
Arbeitsmedizinische Erfahrungen mit DMF, gesammelt insbesondere bei akziden-tell hohen Expositionen (IPCS 1991)und in epidemiologischen Studien (Redlich1988,Fleming 1990, Wang u. Mitarb. 1991), weisen die Leber sowohl nach akuter alsauch nach chronischer Einwirkung als kritisches Zielorgan einer DMF-Sch�digungaus (Scailteur u. Mitarb. 1987). In Leberbiopsien zeigten sich mikrovesikul�re Fett-einlagerungen und Ver�nderungen des Leberparenchyms ohne ausgepr�gte entz�ndli-che Infiltrate. Der feingewebliche Gesamteindruck entsprach einer Lebersch�digungtoxischen Ursprungs (Lun u. Mitarb. 1987). Ergebnisse aus Tierversuchen best�tigendiese spezielle Organsch�digung ungeachtet des Aufnahmeweges (Craig und Mitarb.1984; Kennedy u. Mitarb. 1986).Im Tierversuch �ußert sich die Hepatotoxizit�t ma-kroskopisch in herdfçrmigen, �ber allen Leberbereichen verteilten, nekrotischen Ver-�nderungen, besonders ausgepr�gt im Bereich der Leberpforte. Mikroskopisch impo-nieren die nekrotischen Areale durch eine Fibrose mit H�mosiderin- undCalciumablagerungen unter Beteiligung von Makrophagen mit scharfer Abgrenzungzu nicht gesch�digtem Gewebe (Itoh u. Mitarb. 1987).
1.3.2 Krankheitsbild und Diagnose
Klinisch entspricht das Krankheitsbild dem einer Leberverfettung bzw. einer Fett-leber, die h�ufig asymptomatisch ist oder nur ein leichtes, uncharakteristisches,rechtsseitiges Druck- oder Vçllegef�hl, �belkeit und Erbrechen verursacht. Palpato-risch ist die Leber vergrçßert, ihr Rand abgerundet, ihre Oberfl�che weich und ein-dr�ckbar.
Auch die klinisch-chemischen Befunde geben keinen verl�ßlichen Hinweis auf dasAusmaß der Leberzellverfettung. Geringe unspezifische Erhçhungen der Transamina-sen (SGOT > SGPT) und der g-GT im Serum Exponierter werden am h�ufigsten beob-achtet. Sonogramm und Computertomogramm und gegebenenfalls Leberbiopsie hel-fen, die Diagnose Leberverfettung bzw. Fettleber zu sichern.
Differentialdiagnostisch kommen als Ursachen der Leberverfettung u. a. in Be-tracht: Ethylalkohol-Abusus, Diabetes mellitus, Adipositas und Hyperalimentationsowie Hyperlipoprotein�mien.
1.3.3 Epidemiologische Untersuchungen
In l�nger zur�ckliegenden Publikationen wird die effektive Schadstoffexposition vonArbeitnehmern h�ufig nur unzureichend beschrieben. �ber den Anteil einer mçgli-chen perkutanen Aufnahme sowie �ber die Relevanz der nicht selten beobachtetenMischexpositionen finden sich darin meist keine Angaben. Aus diesem Grund er-scheint es sinnvoll, nur die neueren Arbeiten zu diskutieren.
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 367
Redlich u. Mitarb. (1988) untersuchten in einer klinischen Studie 58 von 66 DMF-exponierten Arbeitern eines Polyurethan-kunststoffverarbeitenden Betriebes. Bei al-len Arbeitspl�tzen handelte es sich um schlecht gel�ftete R�ume, ein spezieller Haut-schutz wurde nicht angewendet. Die klinischen Untersuchungen umfaßten u. a.Leberfunktionstests, Hepatitis-A- und Hepatitis-B-Serologie und einen Blutstatus.Angaben zur inneren und �ußeren Belastung der Arbeiter mit DMF fehlen jedoch.Auch eine Beeinflussung durch andere, wenn auch in geringerem Umfang verwendeteChemikalien (Toluol, Methylethylketon, 1,1,1-Trichlorethan und Dichlorbenzol)konnte nicht ausgeschlossen werden.
Eine epidemiologische Auswertung dieser Studie erfolgte durch Fleming u. Mit-arb. (1990). Dieser Arbeit zufolge wies die DMF-exponierte Gruppe, die h�ufig �berAppetitlosigkeit, Oberbauchschmerzen, �belkeit, Kopfschmerzen, Schwindel und Al-koholintoleranz klagte, einen erhçhten SGPT-Spiegel auf. Erhçhungen auf mehr alsdas Doppelte des Normalwertes betrafen 35 von 46 Produktionsarbeiter, verglichenmit 12 nicht in der Produktion t�tigen, nicht DMF-exponierten Personen. Die Be-funde korrelierten mit der Dauer der Exposition. Alkoholabusus als mçgliche Ursa-che der Hepatopathie wurde von den Autoren ausgeschlossen. In einem expositions-freien Intervall von 1–5 Monaten normalisierte sich der SGPT-Spiegel wieder bei denmeisten exponierten Personen.
Nach akuter Lebererkrankung eines Arbeiters einer Kunstlederfabrik wurde imRahmen einer Studie die Pr�valenz der Lebersch�digung durch DMF an 183 Ex-ponierten dieses Betriebs von Wang u. Mitarb. (1991) untersucht. Neben der medi-zinischen Untersuchung (u. a. leberspezifische Laborparameter, CPK, Hepatitis-B-Serologie) wurde eine detaillierte Anamnese zu subjektiven Beschwerden, zurArbeitsplatzsituation und zum Konsumverhalten durchgef�hrt. Die Arbeitspl�tzewurden je nach DMF-Belastung in drei Expositionsgruppen eingeteilt:Expositionsindex 0: < 10 ppm, keine direkte Lçsemittelexposition,
kein Hautkontakt1: 10–40 ppm, seltener Hautkontakt2: 25–60 ppm, h�ufiger Hautkontakt
F�r die Indexgruppe 2 wurden statistisch signifikant h�ufiger erhçhte SGPT-Werte(‡35 U/I) gefunden. Die durch logistische Regression ermittelte Beziehung der SGPT-Werte zur Exposition war mit einem Odds Ratio (OR) = 6,16 (p = 0,01) f�r dieGruppe 2 hçher als zu dem HBs-Antigen-positiven Status mit einer OR = 2,81 (p =0,07). Es bestand eine statistisch signifikante Assoziation zwischen der DMF-Exposi-tion und erhçhten CPK-Werten. M�digkeit, Appetitlosigkeit, �belkeit und Ober-bauchschmerzen wurden von den hçher exponierten Arbeitern h�ufiger (statistischnicht signifikant) angegeben. Es gab Hinweise daf�r, daß HBs-Antigen-Tr�ger emp-findlicher auf DMF reagieren als HBs-Antigen-negative Personen.
Bei einer von Cai u. Mitarb. (1992) durchgef�hrten Betriebsstudie mit 318 DMF-exponierten Arbeitern einer Kunstlederfabrik wurden mit maximal 9,1 ppm relativ
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368 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
geringe DMF-Konzentrationen in der Luft gemessen. Alle untersuchten Parameter,u. a. SGOT, SGPT und g-GT ergaben keine signifikanten Unterschiede zu den Kon-trollpersonen (n = 143). Ein dosisabh�ngiger Anstieg wurde bei den subjektivenSymptomen �belkeit und Oberbauchschmerzen und der Pr�valenz der Alkoholintole-ranz beobachtet.
Eine Leberzellsch�digung scheint erst ab DMF-Expositionen �ber 30 mg/m3 (10ppm) aufzutreten. Die Leberfunktionsstçrungen sowie die subjektiven Beschwerdenwerden als reversibel beschrieben. Irreversible Leberzellsch�digungen sind unter Be-r�cksichtigung der Literatur derzeit wenig wahrscheinlich.
1.3.4 Sonstige Wirkungen
Zyklusstçrungen und eine H�ufung von Aborten bei Frauen unter relativ hohen Ex-positionen bis 150 mg/m� wurden beschrieben. In Tierversuchen zeigten sich terato-gene Effekte nach dermaler, inhalativer und oraler Verabreichung von DMF. Auch beiEinhaltung der g�ltigen Grenzwerte kann ein Risiko der Fruchtsch�digung nicht aus-geschlossen werden (WHO 1991).
In der Literatur finden sich Hinweise f�r eine erhçhte Inzidenz von testikul�renTumoren (Levin u. Mitarb. 1987, Calvert u. Mitarb. 1990) und von Malignomen imBereich der Mundhçhle und des Pharynx. Im Jahr 1986 wurde �ber drei F�lle vonHodentumoren in einer Gruppe von 153 Besch�ftigten eines Flugzeugreparaturbetrie-bes berichtet, wobei einer der Erkrankten vermutlich nicht exponiert war (Ducatmanu. Mitarb. 1986, Ducatman 1989). Querschnittuntersuchungen in zwei weiteren Re-paraturbetrieben haben nur f�r einen dieser Betriebe (680 Besch�ftigte) f�r den Zeit-raum von 1970–1973 weitere Hodenkrebsf�lle ergeben (vier F�lle gegen�ber 0,95erwarteten, bezogen auf die Bevçlkerung). In den beiden Betrieben, in denen Hoden-krebsf�lle auftraten, bestanden vergleichbare Expositionsverh�ltnisse, insbesondereeine Exposition gegen�ber einem ca. 80 % DMF-enthaltenden Lçsemittel. DMF-Ar-beitsplatzmessungen lagen jedoch nicht vor. Eine nachtr�glich vorgenommene Be-schreibung des Arbeitsablauf es der erkrankten Besch�ftigten weist auf gleichzeitigeEinwirkung von aromatenhaltigen Elastomeren, Methylvinylsilikon und einer Reiheweiterer Chemikalien hin. Es wurde vermutet, daß DMF die perkutane Resorptionvon anderen Stoffen fçrdern kçnne (Gollins 1991). Die kasuistischen Mitteilungen�ber Hodenkrebsf�lle bei DMF-Exponierten gaben Anlaß zu einer Fall-Kontroll-Stu-die, bei der eine Population aus 8724 Besch�ftigten herangezogen werden konnte(Walrath u. Mitarb. 1989) und einer historischen Kohortenstudie mit 2530 DMF-mo-noexponierten, 13 929 DMF- und Acrylnitril- sowie 16 Acrylnitrilexponierten Be-sch�ftigten (Anzahl der Kontrollpersonen 1130) (Chen u. Mitarb. 1989). Eine H�u-fung von Hodenkrebsen konnte in diesen Studien nicht beobachtet werden. Andereregistrierte Malignome (Leberkrebs, Prostatakarzinom, Mundhçhlen- und Rachen-krebs) ließen keine Assoziation zur Expositionshçhe und -dauer erkennen und dieH�ufung der einzelnen Malignomtypen war in beiden Studien nicht konsistent.
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 369
2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse
Die aus akzidentellen Expositionen und epidemiologischen Untersuchungen vorlie-genden neueren Daten und gewonnenen arbeitsmedizinischen Erkenntnisse sind insich schl�ssig und plausibel. Sie belegen, daß DMF generell geeignet ist, Erkrankun-gen der Leber im Sinne einer Leberverfettung bzw. einer Fettleber zu verursachen.
Die verf�gbare epidemiologische Datenlage zum urs�chlichen Zusammenhangvon Krebserkrankungen und DMF-Exposition erlaubt derzeit keine abschließendeBeurteilung. DMF gilt bislang nicht als humankanzerogen (WHO 1991; Henschler1992; ACGIH 1994).
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 384
370 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
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Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten13 16 Erkrankungen der Leber durch Dimethylformamid
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 385
Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 371
Wissenschaftliche Begr�ndung
zu der Berufskrankheit Nr. 13 17 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 9/1996, 44–49
Polyneuropathie oder Enzephalopathie
durch organische Lçsungsmittel
oder deren Gemische
Klinische Zuordnung:NeurologiePsychiatrie
1. Organische Lçsungsmittel und deren Gemische
Organische Lçsungsmittel sind eine chemisch heterogene Stoffgruppe mit der gemein-samen Eigenschaft, Stoffe zu lçsen, ohne diese oder sich selbst chemisch zu ver�ndern.Sie werden deshalb in der Arbeitswelt vielf�ltig verwendet. Industriell werden sie vor-wiegend in Gemischen aus meist zwei bis sechs einzelnen Lçsungsmitteln eingesetzt.Die Verwendung von nur einem Lçsungsmittel stellt zunehmend die Ausnahme dar.Die Zusammensetzung der Gemische variiert je nach technischer Anforderung undHersteller ganz erheblich. Bei einer Analyse durch die Bundesanstalt f�r Arbeitsschutzwurden z. B. in 275 Zubereitungen folgende einzelne Lçsungsmittel nachgewiesen [1]:
CAS-Nr. CAS-Nr.
n-Hexan 110–54–3 n-Butanol 71–36–3
n-Heptan 142–82–5 Isobutanol 78–83–1
Aceton 67–64–1 Butylglykol 111–76–2
Methyl-Ethyl-Keton 78–93–3 Diacetonalkohol 123–42–2
Methyl-Isobutyl-Keton 108–10–1 Benzol 71–43–2
Cyclohexanon 108–94–1 Toluol 108–88–3
Essigs�uremethylester 79–20–9 Xylol 1330–20–7
Essigs�ureethylester 141–78–6 Ethylbenzol 100–41–4
Essigs�urebutylester 123–86–4 1,3,5-Trimethylbenzol 108–67–8
Essigs�ureisobutylester 110–19–0 Styrol 100–42–5
Methylglykolacetat 110–49–6 Dichlormethan 75–09–2
Ethylglykolacetat 111–15–9 1,1,1-Trichlorethan 71–55–6
Butylglykolacetat 112–07–2 Trichlorethen 79–01–6
Ethylglykolmono- 110–80–5 Tetrachlorethen 127–18–4
ethylether Trichlorfluormethan 75–69–4
Methanol 67–56–1 1,1,2-Trichlortri- 76–13–1
Ethanol 64–17–5 fluorethan
Isopropanol 67–63–0
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372 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Benzine sind Erdçldestillate, bestehend aus einem Gemisch von mehr als 150 vorwie-gend aliphatischen Kohlenwasserstoffen und weiteren Inhaltsstoffen; sie kçnnen jenach Siedegrenzen bis zu 35 % n-Hexan enthalten. [2]
Technische Produkte enthalten produktionsbedingt immer Verunreinigungen, de-ren qualitativer und quantitativer Anteil im Einzelfall schwer abzusch�tzen ist. [3]
2. Neurotoxizit�t von einzelnen Lçsungsmitteln
2.1. Neurotoxische Lçsungsmittel
F�r mehrere organische Lçsungsmittel sind aufgrund von epidemiologischen Unter-suchungen, kasuistischen Beobachtungen am Menschen oder Tierexperimenten neu-rotoxische Wirkungen bekannt:– Aliphatische Kohlenwasserstoffe: n-Hexan [4–7], Heptan [8–11].– Ketone: Methyl-Ethyl-Keton [12–141, Methyl-Butyl-Keton [12, 15–17].– Alkohole: Methanol [18–21], Ethanol [22–25].– Aromatische Kohlenwasserstoffe: Benzol [26–33], Toluol [34 401, Xylol [41–44],
Styrol [45–53].– Chlorierte aliphatische Kohlenwasserstoffe: Monochlormethan [54–58], Dichlor-
methan [59–64], 1,1,1-Trichlorethan [65–69, 98], Trichlorethen [70–78], Tetra-chlorethen [79–83, 981].
2.2. Pathomechanismen
Organische Lçsungsmittel kçnnen am Arbeitsplatz als Dampf eingeatmet, aber auchdurch die Haut resorbiert werden. Aufgrund ihrer Fettlçslichkeit verteilen sie sich inallen Organen, bevorzugt im Nervensystem. Sie werden mit unterschiedlichen Halb-wertszeiten, die zwischen wenigen Stunden bis mehreren Tagen liegen, ausgeschieden.Ein wichtiger Ausscheidungsmechanismus ist die Abatmung der unver�nderten Sub-stanz durch die Lunge; ein Teil wird metabolisiert und �ber die Nieren bzw. die Galleausgeschieden [84]. Bei der Metabolisierung kçnnen aus relativ harmlosen Ausgangs-substanzen neurotoxische Metaboliten entstehen, z. B. 2,5-Hexandion aus n-Hexan[85] oder Trichlorethanol aus Trichlorethen [86].
Pathogenetisch sind physiko-chemische Wechselwirkungen von stoffwechselver-mittelten Lçsungsmitteleffekten zu unterscheiden. Bei ersteren kommt es durchhydrophobe Wechselwirkungen mit den Lipiden der Zellmembrane zu einer Locke-rung des Lipidverbandes und der Hydratationsh�lle, wodurch die Membranfluidit�tsteigt und die Membran schwillt [87 ]. Weitere komplexe Wechselwirkungen sind an-zunehmen [88–95]. Im zweiten Fall f�hren die Lçsungsmittel und/oder ihre neuroto-xischen Metaboliten zu Stçrungen der Lipid-und Proteinsynthese [96–100]. F�r dieneurotoxische Dauersch�digung d�rfte die Beeinflussung mischfunktioneller Oxige-nasen (Cytochrom P 450 2E 1) mit Bildung radikalischer Stoffwechselprodukte undder Mçglichkeit peroxidativer Zellsch�digung von besonderer Bedeutung sein [101,144].
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 373
Folgen sind zun�chst Funktionsstçrungen (z. B. pr�narkotische Symptome, Pa-r�sthesien), im weiteren Verlauf auch morphologische Ver�nderungen mit prim�raxonalen Sch�digungen. Histologisch finden sich z. T. riesenhafte paranodale Axon-auftreibungen, elektronenmikroskopisch Akkumulationen von kondensierten 10-nm-Neurofilamenten, Ansammlungen von Glykogengranula im Zytoplasma, denSchwann'schen Zellen oder innerhalb des Axons. Diese Ver�nderungen sind bei Ex-positionskarenz grunds�tzlich reversibel [102–106].
Die Pathomechanismen d�rften f�r die Zellen des zentralen und peripheren Ner-vensystems grunds�tzlich gleich sein. Die unterschiedliche klinische Symptomatik er-gibt sich in erster Linie aus der unterschiedlichen Lokalisation und den unterschiedli-chen Aufgaben der besonders betroffenen Zelle. �berlagerungen sind mçglich.Außerberufliche neurotoxische Faktoren (z. B. Alkohol, Medikamente oder Erkran-kungen wie Diabetes mellitus) kçnnen diesen Verlauf beeinflussen.
2.3. Krankheitsbilder
Polyneuropathie:Typisch f�r toxische Polyneuropathien sind symmetrisch-distale, beinbetonte, sen-
somotorische Ausf�lle mit strumpf- bzw. handschuhfçrmiger Verteilung. Sie beginnenmit distalen Par�sthesien und/oder Hyp�sthesien und Reflexabschw�chungen. Moto-rische Ausf�lle treten oft erst in fortgeschrittenen Stadien auf. Die Prognose ist grund-s�tzlich g�nstig, da die eindrucksvolle Symptomatik meist zur rechtzeitigen Diagnosef�hrt. Heilungen sind auch nach mehrmonatigem Verlauf mçglich. Als Residien ver-bleiben h�ufig Reflexabschw�chungen, die funktionell aber bedeutungslos sind.
Enzephalopathie:Unter einer Enzephalopathie versteht man diffuse Stçrungen der Hirnfunktion.
Auch f�r toxische Enzephalopathien sind Konzentrations- und Merkschw�che, Auf-fassungsschwierigkeiten, Denkstçrungen und Persçnlichkeitsver�nderungen – oft mitAntriebsarmut, Reizbarkeit und Affektstçrungen – typisch. Diese Symptome sind un-spezifisch, entwickeln sich je nach Exposition akut oder chronisch progredient imVerlauf von Monaten bis Jahren und werden deshalb h�ufig erst sp�t erkannt. Ausdiesem Grunde ist die Prognose ung�nstiger als bei den toxischen Polyneuropathien.Eine vollst�ndige Heilung ist h�ufig nicht zu erwarten.
F�r einige Lçsungsmittel sind weitere Krankheitsmanifestationen beobachtet wor-den:
Isolierte oder multiple Hirnnervenl�sionen [73], epileptische Anf�lle [27, 36], Par-kinson-Syndrome [173, 174], Kleinhirnataxien [35, 38] halluzinatorische Psychose[39, 172], partielle Querschnittsl�hmungen [74]. Sie sind jedoch selten und treten nurbei sehr schweren Vergiftungen auf.
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374 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
3. Neurotoxizit�t von Lçsungsmittelgemischen
3.1. Epidemiologie
Zu den epidemiologischen Studien ist zu bemerken, daß die quantitative und qualita-tive Zusammensetzung der im Einzelfall verwendeten Lçsungsmittelgemische in derRegel nicht bekannt ist. Eine japanische Untersuchung �ber die f�nf h�ufigsten Lç-sungsmittel in Farben, Klebern, Verd�nnern, Reinigungsmitteln und Drucker-schw�rze ergab jedoch, daß in diesen Gemischen mit hoher Wahrscheinlichkeit neu-rotoxische Lçsungsmittel enthalten sind [107]. Weiterhin ist zu bemerken, daß ineinigen Studien Confounder wie Alkohol oder Diabetes mellitus nicht ausreichend be-r�cksichtigt worden sind.
3.1.1. Kohortenstudien
Mikkelsen [108] verglich bei der Auswertung von Rentengutachten neuropsychiatri-sche Diagnosen (ICD) bei 2 601 Malern mit der Krankheitsh�ufigkeit von zwei Kon-trollgruppen(1 790 Maurer bzw. eine nicht bekannte Anzahl der Kopenhagener Be-vçlkerung). Das relative Risiko war f�r folgende Diagnosen signifikant erhçht:pr�senile Demenz ohne urs�chliche Angaben mit 3,4, pr�senile Demenz mit urs�chli-chen Angaben mit 2,4, Psychosen mit 2, 1, Neurosen/ Persçnlichkeitsstçrungen mit2,8, neurologische Erkrankungen einschließlich Polyneuropathien mit 2,9.
Van Vliet et al. [109] stellten bei 98 Malern gegen�ber 141 nicht lçsungsmittel-belasteten Bauarbeitern signifikante Risikoerhçhungen f�r depressive Stçrungen(Odds Ratio OR 5,47), sensilbe Polyneuropathien (OR 3) sowie Neurosen und An-passungsstçrungen (OR 1,62) fest.
3.1.2. Fallkontrollstudien
Maßgebend f�r die Einsch�tzung als Berufskrankheit waren vor allem Fallkontroll-studien. Die Diagnosen st�tzen sich in diesen Studien auf Krankenakten, Renten-unterlagen und Totenscheine.
Axelson et al. [110] untersuchte Invalidenrenten-Register und fand bei 151 Ma-lern, verglichen mit einer nicht exponierten Kontrollgruppe aus unterschiedlichen Be-rufsgruppen, signifikant h�ufiger (RR 1,8) psychiatrische Diagnosen (ICD). Das rela-tive Risiko (RR) �nderte sich nicht, wenn Alkoholismus ausgeschlossen wurde. Dasrelative Risiko erhçhte sich bei mehr als 30j�hriger Expositionsdauer auf 2,2.
Olsen und Sabroe [111] untersuchten 140 invalidisierte Mçbeltischler, die in ih-rem Beruf mit Klebe- und Lackierarbeiten besch�ftigt waren. Die exponierte Gruppeund die gleich große Kontrollgruppe wurde dem Gewerkschaftsregister entnommen.Nach Ausschluß von Sch�deltraumen und Adjustierung nach Alter und Alkoholkon-sum fand sich ein signifikant erhçhtes relatives Risiko f�r neuropsychiatrische Diag-nosen insgesamt (RR 2,8), f�r die Demenz (RR 2) und f�r Neurosen (RR 3,11).
Rasmussen et al. [112] untersuchten 207 lçsungsmittelexponierte Maler, Auto-mechaniker, Schlosser, Klempner, Typographen usw. und verglichen sie mit einer nichtexponierten gleichgroßen Kontrollgruppe. Die Odds Ratio (OR) f�r Enzephalo-
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Durch chemische Einwirkungen verursachte Krankheiten 375
pathien war f�r die Gruppe der oft oder immer Exponierten mit 1,7 signifikant, f�rdie Gruppe der immer Exponierten mit 2 nicht signifikant erhçht. Die OR f�r dieSubgruppen senile/pr�senile Demenz und Psychosen war mit 2 bzw. 5,3 (nicht signifi-kant) erhçht.
O'Flynn et al. [113] konnten bei der Analyse von Totenscheinen von 557 lçsungs-mittelexponierten Verstorbenen kein erhçhtes Mortalit�tsrisiko f�r eine pr�senile De-menz (auch nach Ausschluß eines M. Alzheimer) feststellen. Schwere tçdliche Ver-laufsformen sind demnach unwahrscheinlich.
Brackbill et al. [114] analysierten psychiatrische Diagnosen (ICD) von Invaliden-rentnern aus den Rentenversicherungsunterlagen und konnten bei 3565 lçsungsmit-telexponierten Malern gegen�ber dem Kontrollkollektiv von 83 245 nicht exponier-ten Rentner eine signifikant erhçhte OR von l,42 f�r alle neuropsychiatrischenDiagnosen sowie nicht signifikante OR f�r affektive Psychosen (2,4 1), Neurosen(1,5) und andere Hirnerkrankungen (1,47) nachweisen.
Cherry et al. [115] analysierten 309 F�lle aus 18 Hospit�lern mit den Diagnoseneiner organischen Demenz, einer zerebralen Atrophie oder einem psychoorganischenSyndrom und verglichen sie mit 2 Kontrollgruppen (andere psychiatrische Diagnosenbzw. Patienten aus Allgemeinkrankenh�usern). Der Expositionsbewertung legten sieeinerseits eine Berufsklassifikation, andererseits eine individuelle Belastungseinsch�t-zung zugrunde. Unter Verwendung von zwei Kontrollgruppen ergaben sich Odds Ra-tio zwischen 1,1 bis 1,6, die z. T. signifikant waren. Bei zus�tzlichem Alkoholismus er-hçhten sich die 0dds-Ratio-Werte auf 2 bis 5,5 und waren meist signifikant.
3.1.3. Querschnittstudien und Verlaufskontrollen
Querschnittstudien und Verlaufskontrollen an lçsungsmittelexponierten Berufsgrup-pen liegen in grçßerer Zahl vor. In diesen Studien wurden meist gezielt einzelne Symp-tome oder Befunde mit Hilfe von Fragebçgen, psychometrischen Tests, klinischen,neurophysiologischen oder radiologischen Methoden untersucht.
Die �berwiegende Zahl der Querschnittsuntersuchungen belegt, daß mehrj�hrigeEinwirkungen von Lçsungsmittelgemischen zu Funktionsstçrungen des zentralenNervensystems f�hren [116–128, 175]. Einige Untersucher fanden keine oder keineeindeutige Korrelation zwischen Exposition, Leistungsbeeintr�chtigung und Funk-tionsstçrung [129–130]. Eine Korrelation zwischen Expositionsdauer und einer imzerebralen CT nachweisbaren Hirnatrophie konnte nicht gefunden werden [131]. Esergaben sich jedoch Hinweise auf hirnatrophische Prozesse im MRT bei hochbelaste-ten Malern [175].
Funktionsstçrungen des peripheren Nervensystems wurden von mehreren Auto-ren festgestellt [116, 118–121, 124, 132–136, 175].
Eine Beeintr�chtigung des autonomen Nervensystems mit Einschr�nkung derHerzfrequenzvariabilit�t wurde von Murata et al. [136] nachgewiesen. Verlaufskon-trollen konnten zeigen, daß bei Funktionsstçrungen oder Krankheiten des zentralenoder peripheren Nervensystems nicht nur Besserungen, sondern auch eine Persistenz
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und sogar Verschlechterungen nach Beendigung der Exposition mçglich sind[116–123, 129, 132–135, 175].
3.2. Tierversuche
Tierversuche belegen, daß sich Lçsungsmittel in Gemischen in ihrer Wirkung gegen-seitig unterschiedlich beeinflussen kçnnen. Synergistische Effekte stehen im Vorder-grund. Hemmende Effekte und adaptive Ph�nomene werden jedoch ebenso beobach-tet [89–91, 97, 99, 100, 101, 105, 106, 143–171].
4. Bewertung der vorliegenden Erkenntnisse
Epidemiologische Untersuchungen und kasuistische Beobachtungen am Menschensowie Tierexperimente belegen, daß mehrere organische Lçsungsmittel als Einzelsub-stanzen neurotoxische Wirkungen haben. Aufgrund epidemiologischer Untersuchun-gen ist gesichert, daß auch Gemische organischer Lçsungsmittel neurotoxisch wirken,die sich beim Menschen unter den Bedingungen des Arbeitsplatzes als toxische Enze-phalopathie und Polyneuropathie manifestieren kçnnen. Andere neurologische Mani-festationen wie Multiple Sklerose sind mçglich, aber gegenw�rtig epidemiologischnoch nicht ausreichend abgesichert [137–142].
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388 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
2 Durch physikalische Einwirkungenverursachte Krankheiten
21 Mechanische Einwirkungen
Wissenschaftliche Begr�ndung zu der Berufskrankheit Nr. 21 06 Anlage BKV
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Wissenschaftliche Begr�ndung
zu der Berufskrankheit Nr. 21 06 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 9/2001, 59–63
Drucksch�digung der Nerven
Klinische Zuordnung:Neurologie
Inhalt
1. Aktueller Erkenntnisstand
1.1. Biomechanische und pathophysiologische Charakteristik der urs�chlich
sch�digenden Einwirkung
1.2. Vorkommen und Gefahrenquellen
1.3 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen
1.3.1. Pathomechanismen
1.3.1.1. Histologisches Bild und Pathophysiologie
1.3.2. Krankheitsbilder und Diagnosen
1.3.2.1. Nervensch�den an der oberen Extremit�t
1.3.2.2. Nervensch�den an der unteren Extremit�t
1.3.2.3. Sonstige Nervensch�den
1.4. Differentialdiagnostische Erw�gungen
2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse
3. Abgrenzung bestimmter Personengruppen
4. Literatur
1. Aktueller Erkenntnisstand
1.1. Biomechanische und pathophysiologische Charakteristik der urs�chlich
sch�digenden Einwirkung
Nerven kçnnen sowohl akut als auch chronisch durch mechanische Druckeinwirkun-gen gesch�digt werden. Es kann sich dabei um eine einmalige Druckeinwirkung oderum sich wiederholende Druckbelastungen handeln (Armstrong 1979, Erdil 1994,Plancher 1996). Druckeinwirkungen kçnnen von der Kçrperaußenseite her auf denNerv einwirken oder es kann sich um Druckeinwirkungen auf den Nerven innerhalbeiner intakten Kçrperh�lle handeln (z. B. Anschwellungen des Weichteilgewebes,Dehnungsvorg�nge). Im Weiteren sollen nur diejenigen Druckeinwirkungen betrach-tet werden, die aufgrund ihrer Charakteristik einen diagnostizierbaren und evtl. blei-benden Nervenschaden hervorrufen.
Nicht Gegenstand dieser Berufskrankheit sind akute traumatische Nervensch�di-gungen, das Carpaltunnel-Syndrom (CTS, auch Karpaltunnelsyndrom) bzw. Nerven-sch�den durch bestimmte Erkrankungen, die �ber andere Berufskrankheiten erfasstsind (z. B. bandscheibenbedingte Erkrankungen der Hals- oder Lendenwirbels�ule).
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1.2. Vorkommen und Gefahrenquellen
Eine arbeitsbedingte Drucksch�digung eines Nerven im Sinne dieser Berufskrankheitsetzt eine sich wiederholende mechanische und durch Druck sch�digende Einwirkungvoraus. Betroffen sind meist relativ oberfl�chlich verlaufende Nerven, die einer von au-ßen kommenden anhaltenden Einwirkung gut zug�nglich sind (Lahoda 1988, Rompe1998, Gelberman 1993). Eine Drucksch�digung ist auch dann mçglich, wenn ein Nervdiesen wiederholten mechanischen Einwirkungen aufgrund einer anatomischen Engenicht gen�gend ausweichen kann, z. B. �ber einer knçchernen Unterlage, innerhalb ei-nes knçchernen oder fibrçsen Kanals (z. B. Sulcus-ulnaris-Syndrom) oder an Sehnen-kreuzungen (Debrunner 1988, Plancher 1996). Es kçnnen sowohl motorische als auchsensorische Nerven oder Nervenanteile gesch�digt werden (Mumenthaler 1980 und1988, Poeck 1996, Debrunner 1988, Gelberman 1993).
Gef�hrdend sind vor allem T�tigkeiten mit kçrperlichen Zwangshaltungen, Hal-tungskonstanz, einseitigen Belastungen oder Arbeiten mit hohen Repetitionsraten(Rompe 1992, Zeller 1992, Lederman 1995, Lçffler 1996, Yassi 1997, Gross 1999).
Als Gefahrenquellen kommen sich st�ndig wiederholende, gleichartige Kçrper-bewegungen im Sinne von mechanischen �berbelastungen (Menger 1992), �berwie-gend haltungskonstante Arbeiten mit nicht oder nur schwer korrigierbaren Zwangs-haltungen, z. B. Daueraufst�tzen des Handgelenkes oder der Ellbogen, Andr�ckeneines Werkzeuges oder bestimmte Gelenkstellungen, die l�ngere Zeit beibehalten wer-den m�ssen (Dupuis 1989) sowie �berbeanspruchung von Muskeln mit nachfolgen-der Druckeinwirkung auf Nerven (Rompe 1992) infrage.Weiterhin wurden als Sch�digungsmechanismen beschrieben:– Dehnungs- und Traktionswirkungen mit indirekter Einwirkung auf den Nerven
(Magun 1961, Feldman 1983, Tackmann 1989)– von außen kommende direkte Druck- oder Zugbelastungen (Dupuis 1989, Mu-
menthaler 1988, Neundçrfer 1992, Lçffler 1996)– wiederholte Schl�ge (Magun 1961, Feldman 1983)– Friktionswirkungen (Magun 1961, Feldman 1983, Sch�cke 1986, Silverstein
1987, Erdil 1994) und– h�ufiges Greifen mit hohem Kraftaufwand (Hagberg 1992).Sch�den kçnnen ebenso durch das Aus�ben bestimmter Sportarten hervorgerufenwerden (Shea 1969, Menger 1992, Plancher 1996). Dies ist sowohl von �tiologischemInteresse als auch beim berufsm�ßigen Aus�ben bestimmter Sportarten zu beachten(z. B. Radfahrer, Golfer, Kegler, Reiter).
1.3. Kenntnisse zur Wirkung am Menschen
1.3.1. Pathomechanismen
Kennzeichnend f�r das Vorliegen einer Berufskrankheit gem�ß dieser Begr�ndung isteine eindeutige Beziehung zwischen der Lokalisation des einwirkenden Drucks unddem anatomisch zuzuordnenden klinisch-neurologischen Befund. Der periphere Nervreagiert relativ uniform auf unterschiedliche Noxen und bei jeder Nervenl�sion ist die
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Nervenleitung gestçrt. Eine spontane Wiederherstellung der Nervenleitung h�ngt vonArt und Ausmaß der L�sion und der Beseitigung der sch�digenden Einwirkung ab.F�r Drucksch�digungen der Nerven wurden folgende physiologische Unterscheidun-gen getroffen:– Neuropraxie (Nerv und Axone anatomisch unversehrt; reversibler Leitungsblock
durch umschriebene funktionelle Ver�nderungen an den Markscheiden; die elek-trische Erregbarkeit ist distal der L�sion erhalten)
– Axonotmesis (Kontinuit�tsunterbrechung von Axonen und endoneuralen Struk-turen bei erhaltener Nervenh�lle, distal der L�sion Waller’sche Degeneration mitentsprechenden elektroneuromyographischen Ver�nderungen) und
– Neurotmesis (komplette Durchtrennung von Nervenfasern und Nervenh�lle)(Seddon 1943, Masuhr 1989, Menger 1992).Jede Drucksch�digung am peripheren Nerv beginnt mit einer Neurapraxie. Bei
chronischem oder intermittierendem Weiterwirken der Druckbelastung kommt es je-doch zum umschriebenen Untergang der Myelinscheide (segmentale Demyelinisie-rung); dieses nosologisch typische Stadium ist in der o. g. Klassifizierung nicht erfasst.Gleichzeitig oder sp�ter kann es zur Axonotmesis kommen. Eine Neurotmesis istnicht zu erwarten.
Mehrfachen und unterschiedlich lokalisierten Einwirkungen auf den Nerven, sog.Double-Crush-Syndromen, wird ein kumulativer Effekt zugeschrieben (Upton 1973,Mackinnon 1992). Ein geringf�giger proximal lokalisierter Druck, der allein nichtausreicht, um einen Schaden zu verursachen, kann die Empfindlichkeit der distal gele-genen Nervenanteile gegen�ber Druck deutlich erhçhen (Simpson 1996).
1.3.1.1. Histologisches Bild und Pathophysiologie
Die histologischen Ver�nderungen der Nervenfasern kçnnen vielf�ltig sein: Quellungund Invagination der Myelinscheide mit Absplitterung der �ußeren Lamellen, Sen-kung des Serum-Plasmalogengehaltes in der Myelinscheide und Auflçsung des Axonsdurch Lysophosphatide, Entmischung und Verklumpung des Axoplasmas, diffuseGranulierung der axonalen Mitochondrien, Aufnahme von Markfragmenten in dasZytoplasma der Schwann schen Scheide sowie das Auftreten von Fettkçrnchenzellenund Bildung von Markballen (Lahoda 1988, Tackmann 1989).
Druck- oder Zugeinwirkungen verursachen mechanische Deformationen in dendirekt betroffenen Nervenoberfl�chen und in den �bergangsbereichen zwischendruckbelasteten und unbelasteten Zonen. Der intrazellul�re axonale Stoffwechselwird ebenso gestçrt wie die Durchl�ssigkeit intraneuraler Blutgef�ße. Ein Ansteigendes intraneuralen interstitiellen Druckes und Ver�nderungen der intraneuralen Mi-krozirkulation kann im Experiment schon bei relativen geringen Drucken beobachtetwerden. Steigender Druck und l�nger anhaltende Druckbelastungen verursachenStruktur- und Funktionsver�nderungen der peripher gelegenen Nervenanteile und derNervenzellkçrper (Gelberman 1993).
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1.3.2. Krankheitsbilder und Diagnosen
Das typische pathophysiologische und klinische Bild einer durch Druck verursachtenNervensch�digung ist ein Nebeneinander von segmentaler De- und Remyeliniserung.Betroffen sein kçnnen die Nervenwurzel, ein Plexusbereich (z. B. Plexus cervicalis,Plexus brachialis, Plexus lumbo-sacralis) und periphere Nerven (Rosenbaum 1994).Isolierte Ausf�lle peripherer Nerven (Mononeuropathien) haben nahezu immer me-chanische Ursachen (Debrunner 1988). Unterbrechungen im peripheren motorischenNeuron zwischen der Vorderhornzelle und der Endaufzweigung des Neuriten f�hrenzu einer schlaffen L�hmung, deren Symptomatik vom Schweregrad der Sch�digungabh�ngig ist. Fr�hsymptome sind Reizerscheinungen, Sensibilit�tsstçrungen undKraftminderung in den betroffenen Regionen. Bei fortgeschrittener Sch�digung sindMuskelhypotonie und –atrophie sowie ausgepr�gte Paresen oder Paralysen zu beob-achten.
Bei Drucksch�digungen von Nerven werden typischerweise schon in fr�hen Sta-dien anamnestische Angaben �ber „Kribbeln, pelziges Gef�hl, Ameisenlaufen, einge-schlafener Kçrperteil etc.“ oder „allgemeines Erm�dungsgef�hl“ gemacht. Insbeson-dere bei Kompressionssyndromen finden sich ebenfalls schon fr�h Schmerzen imVersorgungsgebiet des Nerven. Diese treten h�ufig auch in Ruhe und nachts auf undkçnnen �ber den unmittelbar sch�digenden Druckbereich hinausgehen. Typischer-weise finden sich bei diesen Nervenl�sionen auff�llige elektromyographische undelektroneurographische Befunde, beispielsweise eine herabgesetzte Nervenleit-geschwindigkeit (Gelberman 1993, Johnson 1993, Ross 1995).Folgende Sensibilit�tsstçrungen sind zu unterscheiden:– Reizsymptome (z. B. Schmerzen, Par�sthesien, Dys�sthesien, Neuralgien, Hyper-
pathien)– Ausfallsymptome (z. B. An�sthesie, taktile Hyp�sthesie, thermische Hyp�sthesie
oder An�sthesie, Hypalgesie oder Analgesie, Oberfl�chen- oder Tiefensensibili-t�tsstçrungen)
– partielle Leitungsstçrungen mit pathologischem Funktionswandel (z. B. Kausal-gien, Phantomschmerzen) (Poeck 1996).Meist bestehen Reiz- und Ausfallsymptome sowie trophische Stçrungen neben-
einander. Partielle Leitungsstçrungen sind bei arbeitsbedingten Drucksch�digungenkaum zu erwarten. Bei Plexussch�den oder L�sionen peripherer Nerven, die auch au-tonome Fasern f�hren, ist auch mit Reiz- oder Ausfallserscheinungen der vegetativenInnervation zu rechnen. Eine vollst�ndige Unterbrechung eines peripheren Nervenverursacht dann beispielsweise eine Anhidrose. Die Symptome sind auf das Versor-gungsgebiet des jeweiligen Nerven begrenzt und besitzen somit hohe diagnostischeBedeutung (Poeck 1996, Lahoda 1988, Hopf 1993). Histologisch ist zu beachten,dass aufgrund der Markscheidenver�nderungen die Symptomatik �ber der Bereichder unmittelbaren Druckeinwirkung hinausreichen kann.
Weitere mçgliche Symptome sind ohne wertende Rangfolge in Tabelle 1 auf-gelistet.
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Tab. 1: Symptome bei Nervensch�den
– Spontanschmerzen mit Ausstrahlung
– Klopfschmerzen im Nervenverlauf
– Druckschmerzempfindlichkeit
– �berempfindlichkeit
– Missempfindungen
– Unempfindlichkeit
– Muskelschw�che, -atrophie
– Reflexausf�lle, – abschw�chungen
– Gestçrte Schweißsekretion
– Trophische Stçrungen von Haut- und Hautanhangsgebilden
– „Elektrisierende Sensationen“ durch Beklopfen des Nervenkompressionsortes
– Herabsetzung der Nervenleitgeschwindigkeit
– Ver�nderungen im Elektromyogramm
– Entartungsreaktion in der Reizstromdiagnostik
Nachfolgend werden beispielhaft und ohne Anspruch auf Vollst�ndigkeit f�r betrof-fene Nerven (N) die typischen morphologischen Sch�digungsmçglichkeiten, ggf. mitHinweisen auf anatomische Varianten (V), und bekannte arbeitsbedingte Belastungen(B) sowie ggf. bestimmte Krankheitsbilder aufgelistet.
1.3.2.1. Nervensch�den an der oberen Extremit�t
N.: Armplexusschaden im Wurzelbereich (C4) C5 – Th1
(„thoracic outlet“ – Syndrom)V.: Engpassproblematik im Bereich der Skalenusl�cken, der kostoklavikul�ren Pas-
sage und/oder des KorakoidsB.: Lastendruck auf der Schulter, Lastenzug am Arm, repetitive Abduktions- und
Adduktionsbewegungen im Schultergelenk, �berkopfarbeiten mit nach hintengestrecktem Arm, Spielen von Streichinstrumenten (Erdil 1994, Feldman 1983,Leahy 1992, Lederman 1995, Menger 1992, Mumenthaler 1980 u.1993, Simp-son 1996, Yassi 1997 u. 2000)
N.: N. axillaris
V.: Einengung der lateralen Achsell�ckeB.: Passiver Druck in der Axilla durch Hebel (Anto 1996, Leahy 1992, Menger
1992, Mumenthaler 1980)
N.: N. medianus (mit Ausnahme des Carpaltunnel-Syndroms)
V.: Beeintr�chtigung der A. brachialis und des Muskelbauches des M. brachialis, su-prakondyl�re Prozesse („Struthers ligament“), M. pronator teres, Muskelkopf
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M. flexor pollicis longus, M. interosseus anterior. Wird der Nerv in der Ellen-beuge oder proximal davon gesch�digt, fallen die Hand- und die langen Finger-beuger aus („Schwurhand“). Bei einer Sch�digung distal der Ellenbeuge kommtes vorwiegend zu Sensibilit�ts- und vegetativ-trophischen Stçrungen, aber auchzu motorischen Stçrungen.
B.: Pronatorteres-Syndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen bei gleich-zeitigen repetitiven Fingerbewegungen, insbesondere Fingerflexion Interosseus-
anterior-Syndrom (Kiloh-Nevin): Forcierte Pronation mit gleichzeitiger Beu-gung, Tragen von Lasten auf dem gebeugten Unterarm (Anto 1996, Erdil 1994,Feldman 1983, Gelbermann 1993, Hopf 1993, Ivins 1996, Leahy 1992, Lewit1992, Menger 1992, Mumenthaler 1980, 1988 u. 1993, Simpson 1996, Tack-mann 1989)
N.: N. musculocutaneus
V.: Meist im Rahmen einer Armplexussch�digungB.: Tragen schwerer Lasten, am gebeugten Unterarm h�ngendes Gewicht, exzessi-
ves fortlaufendes Schrauben (Menger 1992)
N.: N. radialis
V.: Axilla, Humerusschaft, M. triceps brachii, Radialistunnel bzw. M.supinator (Su-pinatorsyndrom), Kompression des Ramus superficialis N. radialis. Wird derNerv proximal der Ellenbeuge gesch�digt, finden sich muskul�re Stçrungen beider Unterarmstreckung bis zu einem Totalausfall, Sensibilit�tsauff�lligkeiten undSupinationsstçrungen („Fallhand“). Beim Supinatorsyndrom finden sich motori-sche Ausf�lle der Hand- und Fingerstrecker, aber keine Sensibilit�tsausf�lle.
B.: Axilla und Oberarmkompression: Druck von Hebeln („Kr�ckenl�hmung“),chronische �berbeanspruchung des M. triceps brachii, z. B. bei Maurern, Zim-merleutenSupinatorsyndrom: Repetitive Pro- und Supinationsbewegungen bei extendier-tem EllbogengelenkRamus superficialis (Cheiralgia paraesthetica): Repetitive Pro- und Supinationmit Drehbewegungen, z. B. Wickeln, Blumenbinden; Druck auf den Unterarm beigestrecktem Handgelenk, z. B. Steinetragen, Spielen von Tasteninstrumenten etc.(Anto 1996, Debrunner 1988, Gelbermann 1993, Hopf 1993, Menger 1992, Mu-menthaler 1980, 1988 u.1993, Poeck 1996, Roquelaure 2000, Tackmann 1989)
N.: N. suprascapularis
V.: Relative Fixation des Nerven in der Incisura scapulae mit mechanischem Rei-bungsschaden
B.: Repetitive kombinierte Außen/Innenrotationsbewegungen in Abduktion zur Ge-genseite, z. B. Spielen von Musikinstrumenten, repetitive �berkopfarbeiten, ein-seitiges Heben und Tragen schwerer Lasten �ber der Schulter (Anto 1996, Feld-meier 1988, Lederman 1995, Menger 1992, Mumenthaler 1980)
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N.: N. thoracicus longus
V.: Untere Armplexussch�digung (C8, Th1) oder klavikul�rer EngpassB.: Tragen starrer und schwerer Lasten auf den Schultern („Rucksackl�hmung“),
Arbeiten im Liegen mit Zwangshaltungen (z. B. Untertage), wuchtige Schl�gemit schwerem Werkzeug (Anto 1996, Mumenthaler 1980)
N.: N. ulnaris
V.: Medialer Epikondylus bzw. Sulcus ulnaris, Muskelkopf M. flexor carpi ulnaris(Kubitaltunnelsyndrom), Guyon sche Loge. Die motorischen Ausf�lle bei Ner-vensch�digungen proximal des Handgelenkes sind unter dem Begriff „Krallen-hand“ bekannt.
B.: Sulcus-ulnaris-Syndrom: von außen einwirkender Druck, z. B. bei aufgest�tzemEllbogen, Friktionstrauma im Sulcus durch repetitive Flexion und Extension imEllbogengelenk, z. B. bei Pianisten, Bl�sern und SaiteninstrumentalistenKubitaltunnel-Syndrom: Repetitive Bewegungen im Ellbogengelenk und Druck-einwirkungen am proximalen Unterarm bei gebeugtem Ellbogengelenk, z. B.H�mmern, Heben/TragenGuyon’sche Loge: Druck von Arbeitsmitteln im Hohlhandbereich, gelegentlichmit Hyperextension im Handgelenksbereich verbunden, z. B. Kristallglasschlei-fer, Elektronikarbeiter, Kellner (Anto 1996, Erdil 1994, Feldman 1983, Feldmeier1988, Gelbermann 1993, Hopf 1993, Ivins 1996, Leahy 1992, Ledermann 1995,Lçffler 1996, Lukas 1986, Mumenthaler 1980 u.1993, Sch�cke 1986, Schuppert1999, Shea 1969, Simpson 1996, Tackmann 1989, Yassi 2000, Zeiss 1992)
1.3.2.2. Nervensch�den an der unteren Extremit�t
N.: Beinplexusschaden im Wurzelbereich Th12 – S5
V.: N. ilioinguinalis beim Durchtritt durch die Mm. transversus abdominis und obli-quus internus abdominis, N. cutaneus femoris lateralis, N.obturatorius, N. is-chiadicus
B.: Anhaltende Ventralbeugung des Rumpfes, anhaltend angespannte Bauchmusku-latur, Hyperflexion oder Hyperextension im H�ftgelenk, selten Druckparesendes N. ischiadicus, z. B. bei Reitern (Menger 1992, Poeck 1996, Seyfert 1993)
N.: N. tibialis
V.: Kompression unter dem Retinaculum flexorum (Tarsaltunnelsyndrom)B.: Enges Schuhwerk, langes Gehen unter Belastung, repetitive Fußbeugung und –
streckung, z. B. Pedalbet�tigungen, Arbeiten im Knien mit zur�ckgelegter Kçr-perhaltung, Arbeiten im Sitzen mit h�ngenden Beinen (Feldman 1983, Menger1992, Poeck 1996)
N.: N. peronaeus (N. fibularis)
V.: Oberfl�chliche Lage des Nerven am Capitulum fibulae
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B.: Hocken und Knien, z. B. Fliesenlegen, Asphaltieren; l�ngerdauernde K�lteexpo-sition (Debrunner 1988, Menger 1992)
1.3.2.3. Sonstige Nervensch�den
N.: N. facialis, N. trigeminus
V.: DruckneuropathieB.: Druckbelastungen im Versorgungsbereich des Nerven, z. B. beim Gebrauch von
Blasinstrumenten, Ansatzstçrung, fokale Dystonie (Lederman 1995, Schuppert1999, Zeller 1992)
1.4. Differentialdiagnostische Erw�gungen
Nichtarbeitsbedingte Ursachen f�r Nervensch�digungen m�ssen ggf. ausgeschlossenwerden. Beim Zusammenwirken von arbeitsbedingten und nichtarbeitsbedingtenFaktoren muß deren jeweilige Bedeutung abgewogen werden. Die wichtigsten diffe-rentialdiagnostischen Erw�gungen zur Drucksch�digung von Nerven sind in Tab. 2zusammengefasst.
Tab. 2: Differentialdiagnostische �berlegungen
– Anatomische Varianten (z. B. suprakondyl�re Prozesse, Halsrippe etc.)
– angeborene Sch�den (z. B. Geburtsl�hmung d. Plexus)
– Nervenverlaufsvarianten
– Erkrankungen des zentralen Nervensystems (z. B. Neuritis, multiple Sklerose, Syringo-
myelie, Vorderhornprozesse etc.)
– Idiopathische Fazialisparese
– Tendovaginitiden oder andere Erkrankungen des Sehnengleitgewebes
– Prim�re Muskelerkrankungen
– Infiltration durch Tumore (z. B. Pancoasttumor)
– Bandscheibensch�den
– Blutkrankheiten
– Frakturen und Frakturfolgen (z. B. Drucksch�den durch Gipsbandage, Fehlstellungen)
– Schnitt-, Scher-, Stich- und Quetschverletzungen
– Schwangerschaft
– Stoffwechselstçrungen oder Einwirkung toxischer Substanzen (z. B. Polyneuropathie
bei Diabetes mellitus, Alkoholabusus, Urik�mie etc.)
– Stromeinwirkung
– Thermische Sch�den
– Iatrogene Sch�den (z. B. Injektionen, Operation, Anwendung von Rçntgenstrahlen, me-
dikamentçse Therapien)
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(Debrunner 1988, Lahoda 1988, Rompe 1992, Neundçrfer 1992, Hopf 1993, Seyfert1993, Erdil 1994, Rosenbaum 1994, Lederman 1995, Ivins 1996, Bingham 1997, Po-eck 1996, Yassi 1997)
2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse
Es gibt eine Vielzahl epidemiologischer Erkenntnisse zu arbeitsbedingten Nerven-sch�den, allerdings befaßt sich ein Großteil neuerer Publikationen mit bestimmtenStoffeinwirkungen (Aluminium, Mangan, Blei etc.) und daraus resultierenden Ner-vensch�den (z. B. Sjçgren 1996, Yeh 1995) oder mit dem Auftreten eines Carpaltun-nel-Syndroms (�bersicht bei Hagberg 1992 und Gerhardt 1996). Diese Publikationenfinden im folgenden keine Bewertung.
Nilsson (1994) vergleicht in einer Querschnittsstudie insgesamt 179 Metallarbei-ter mit Vibrationst�tigkeiten und B�roangestellte ohne derartige Arbeiten. Die Unter-suchung zeigt einerseits, daß Vibrationseinfl�sse von ergonomisch-biomechanischenFaktoren nicht oder nur sehr schwer zu trennen sind, daß aber andererseits druck-bedingte Nervensch�den durch ergonomisch-biomechanische Belastungen wie Grei-fen mit hohem Kraftaufwand oder extreme Handpositionen auch ohne zus�tzlicheVibrationen verursacht werden.
Analoge Hinweise finden sich auch in der vergleichenden Untersuchung von Bris-mar (1992) bei Arbeitern mit Vibrationsbelastung im Vergleich zu Arbeitern mit He-ben und Tragen schwerer Lasten.
F�r Nervenkompressionssyndrome in der Guyon’schen Loge liegen vereinzelt Ka-suistiken, zusammenfassende Arbeiten oder sonstige Hinweise vor (Mumenthaler1980, Tackmann 1989, Lçffler 1996). Diese Literaturhinweise lassen Analogie-schl�sse zu einer arbeitsbezogenen Verursachung zu.
Roquelaure und Co-Autoren (2000) weisen in einer Fall-Kontroll-Studie mit 21F�llen und ebensovielen nach Alter und Geschlecht vergleichbaren Kontrollpersonenaus 3 unterschiedlichen Fabriken in Frankreich (TV-Ger�teherstellung, Schuhfabrika-tion und Fahrzeugbremsenproduktion) auf die Notwendigkeit hin, bei der Diagnoseeiner Epikondylitis bzw. eines CTS differentialdiagnostisch auch an ein Radialtunnel-Syndrom (RTS) zu denken, d. h. an eine mçgliche Drucksch�digung des N. radialsbeim Durchtritt durch den M. supinator. Das Bewegen von Lasten �ber 1 kg mit derHand mehr als 10 mal in der Stunde, l�ngerdauernde statische Belastung des Unter-arms und der Hand sowie vorwiegend supinierte Arbeitshaltungen mit gestrecktemEllbogen, z. B. beim Halten von Werkzeugen sind in dieser Untersuchungen als diedrei wesentlichsten arbeitsbedingten Risikofaktoren f�r ein RTS benannt. Kein Zu-sammenhang wurde f�r repetitive Arbeitsaufgaben beschrieben.
Nervensch�den aufgrund physikalischer Sch�digungsfaktoren wie repetitive T�-tigkeiten mit hohen Wiederholungsraten, z. B. bei Arbeiten mit einer PC-Tastatur, un-g�nstigen Kçrperhaltungen und Vibrationen sind h�ufig zus�tzlich mit muskuloske-lettalen Beschwerden vergesellschaftet (McFarland 1998, Novak 1998, Gross 1999).Dies kann eine direkte Kausalit�tsbeurteilung im Einzelfall schwierig machen und da-
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durch auch die Einflußnahme durch ergonomische Gestaltungsmaßnahmen relativie-ren (Amell 1998). Auch Yassi (2000) weist in einer �bersichtsarbeit zu arbeitsbeding-ten muskuloskelettalen Beschwerden auf diesen Umstand hin. Er f�hrt weiter aus,dass in der Literatur oft auch Nervensch�den unter dem Oberbegriff „musculoskele-tal disorders“ erfasst werden. Dabei werden im Allgemeinen weniger bestimmteBerufszuordnungen diskutiert, als vielmehr unterschiedliche T�tigkeiten und Arbeits-haltungen beschrieben, wie beispielsweise arbeitsbedingte Ulnar- oder Radialdevia-tion im Handgelenksbereich, repetitive Arbeiten �ber Schulter- oder Armhçhe, l�nge-res Lastentragen auf einer Kçrperseite, Tragen von Rucks�cken oder Lasten auf derSchulter usw.
Ein mittlerweile im Hinblick auf druckverursachte Nervensch�den gut untersuchtesBerufsfeld sind Berufsmusiker. Lederman (1995) kann anhand einer Untersuchung von640 Instrumentalmusikern (Streicher, Pianisten, Holz- und Blechblasinstrumente,Zupfinstrumente, Perkussionsinstrumente) fast alle Formen der Nervenkompressions-syndrome sowie auch Druckneuropathien, z. B. an den Nn. digitales, aufzeigen (Tab. 3).Das Zusammentreffen von kraftintensiven und repetitiven Arm-, Hand- und Finger-bewegungen mit h�ufig ung�nstigen Kçrperpositionen wird als eine der Hauptursa-chen angesehen. Druckneuropathien werden auch als Ursache von Blasansatzstçrun-gen bei Blechblasinstrumentalisten betrachtet (Schuppert 1999, Zeller 1992 u. 1996).
Tab. 3: Nervenkompressionssyndrome bei 640 Musikern (Lederman 1995)
Anzahl
Thoracic outlet 45
N. medianus 40
davon Karpaltunnel 35
andere 5
N. ulnaris 33
davon Ellenbogen 29
andere 4
Cervicale Wurzelreizung 14
Fingernerven 7
N. radialis 2
Sonstige 2
Summe 143
Das konsequente Vermeiden der sch�digenden Druckbelastungen und eine entspre-chende Umstellung der Arbeitsgewohnheiten und Arbeitstechniken kçnnen zu einerdauerhaften Beschwerdelinderung oder Heilung f�hren (Mumenthaler 1987, Rompe1992, Hopf 1993, Poeck 1996).
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Durch physikalische Einwirkungen verursachte Krankheiten 399
Die vorliegenden arbeitsmedizinischen Erkenntnisse und epidemiologische Unter-suchungsdaten sind in sich schl�ssig und plausibel. Erg�nzt und best�tigt werdendiese Daten außerdem durch Verçffentlichungen aus chirurgischen, orthop�dischen,neurologischen und sportmedizinischen Fachgebieten. Durch diese Untersuchungenkann gut belegt werden, daß Drucksch�digungen der Nerven durch eine Vielzahl ar-beitsbedingter Einflußfaktoren verursacht oder wesentlich mitverursacht werdenkçnnen. Eine sorgf�ltige Einzelfallpr�fung auf objektivierbare und reproduzierbareneurologische und neurophysiologische Parameter, differentialdiagnostische �ber-legungen sowie eine sorgf�ltige Arbeitsanamnese sind unentbehrlich, um eine eindeu-tige Diagnose vor allem im Hinblick auf eine arbeitsbedingte Ursache stellen zu kçn-nen. Die Expositionsvermeidung mit Ausschaltung der sch�digenden Druckbelastungist f�r die Heilung bzw. f�r die Besserung der Symptome unerl�ßlich.
3. Abgrenzung bestimmter Personengruppen
In der Literatur lassen sich Hinweise auf vermehrt betroffene Berufsgruppen finden,z. B. Berufsmusiker, Schleifer, Metzger, Lebensmittelh�ndler, Besch�ftigte in der Tief-k�hlkostherstellung, Supermarktkassiererinnen und Bodenreiniger. Zus�tzlich gibt eszahlreiche Verweise auf bestimmte sch�digende berufliche Expositionsfaktoren (z. B.großer Kraftaufwand bei Greifbewegungen, repetitve Bewegungen im Handgelenk,gebeugtes bzw. �berstrecktes Handgelenk). Diese Expositionsfaktoren treten in denuntersuchten Berufsgruppen vermehrt auf, sind aber auch bei einer Vielzahl andererT�tigkeiten zu finden.
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Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven
Kapitel I Wissenschaftliche Begr�ndungen f�r eine Berufskrankheitnach § 9 (2) SGB VII2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung)
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404 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
4 Erkrankungen der Atemwege und der Lunge,des Rippenfells und Bauchfells
41 Erkrankungen durch anorganische St�ube
Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten Nr. 41 04 (Erg�nzung),Nr. 41 11 und Nr. 41 12 Anlage BKV
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 419
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 405
Wissenschaftliche Begr�ndung (Erg�nzung)zu der Berufskrankheit Nr. 41 04 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 6/1996, 25–28
Kehlkopfkrebs
– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose),
– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung
der Pleura
oder
– bei Nachweis einer Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Ar-
beitsplatz von mindestens 25 Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m�) x Jahre]}.
Klinische Zuordnung:HNO – Heilkunde
1. Aktueller Erkenntnisstand
1.1 Chemisch-physikalische und/oder biologische Charakteristik
der urs�chlich sch�digenden Einwirkung(en)
1.2 Vorkommen und Gefahrenquellen
Bez�glich chemisch-physikalischer und/oder biologischer Charakteristik sowie desVorkommens von Gefahrenquellen wird auf die Merkbl�tter zu den Berufskrankhei-ten Nr. 4103, 4104 oder 4105 Anlage 1 Berufskrankheiten-Verordnung (BeKV) ver-wiesen.
1.3 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen
1.3.1 Pathomechanismen
Eingeatmete Asbestfasern besitzen neben fibrogenen f�r den Menschen gesicherte lo-kal tumorerzeugende Eigenschaften. Wie f�r andere Tumore gilt auch f�r den asbe-stverursachten Kehlkopfkrebs (synonym: Larynxkarzinom, Kehlkopfkarzinom), dassdie Erkrankungswahrscheinlichkeit im wesentlichen vom Lebensalter, der individuel-len Disposition sowie der in den Kçrper aufgenommenen und lokal mit den Zielzellenin Wechselbeziehung tretenden Dosis arbeitsbedingter und nicht arbeitsbedingterkrebserzeugender Noxen abh�ngt [Maier et al. 1991 und 1992]. Von Durchmesser,L�nge und Form der Asbestfasern h�ngt es ab, ob es zu einer Deposition in den Alveo-len, den peripheren oder zentralen Atemwegen einschließlich des Kehlkopfes kommt.Die Ablagerung von Asbestfasern im Kehlkopfbereich ist prinzipiell auf zwei Artenmçglich:– Verwirbelung des Luftstromes infolge der Kehlkopfgeometrie. Die Depositions-
wahrscheinlichkeit von Asbestfasern im Kehlkopfbereich schwankt individuell be-tr�chtlich [Stahlhofen et al. 1983].
– Die sog. mukoziliare Clearance. Hierdurch werden die im tiefergelegenen Atem-trakt abgelagerten Faserstaubpartikel �ber das Flimmerepithel der Schleimhaut inRichtung Kehlkopf r�cktransportiert.
Medizinische Untersuchungen haben nachgewiesen, dass sich ein erheblicher Anteileingeatmeter Teilchen besonders im vorderen Stimmbandbereich niederschl�gt [Brid-
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406 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
ger und Proctor 1971, Birnmeyer 1961, K�hn 1990]. In diesem Bereich sind vorwie-gend die glottischen Kehlkopfkarzinome lokalisiert. Asbestfasern in der Schleimhautdes Larynx konnten nachgewiesen werden [Hirsch et al. 1979], ebenso Asbestkçrper-chen im Larynxbereich [Roggli et al. 1980]. Asbestfaserbedingte nicht maligne Ver-�nderungen wurden als „laryngeal asbestosis“ beschrieben [Kambic et al. 1989]. Esliegen keine biologisch plausiblen Erkenntnisse dar�ber vor, dass die Wirkungen vonAsbestfaserstaub auf das Zielgewebe des Larynx von denjenigen auf die tiefergelege-nen Bronchialschleimhaut (vgl. Nr. 4104 BeKV: Asbestverursachter Lungenkrebs)differieren [Deitmer 1990]. Bez�glich der lokal krebserzeugenden Wirkungen ein-schließlich der Pathomechanismen eingeatmeter Asbestfasern auf die Epithelzellendes tieferen Atemtraktes sei daher auf die Begr�ndung zur Berufskrankheit derNr. 4104 BeKV verwiesen [Bundesratsdrucksache 772/92].
1.3.2 Krankheitsbild und Diagnose
Der asbestverursachte Kehlkopfkrebs weist klinisch und diagnostisch keine wesentli-chen Unterscheidungsmerkmale gegen�ber Larynxkarzinomen anderer �tiologie auf.Die Erkrankung beginnt mit Heiserkeit, Schluckbeschwerden und Fremdkçrper-gef�hl. Sp�ter treten Luftnot bzw. Halslymphknotenschwellungen hinzu. Die Diagno-sesicherung erfolgt u. a. mittels Kehlkopfspiegelung und bioptischer Verfahren zurhistologischen Differenzierung [M�ller 1993]. Meist handelt es sich um verhornendePlattenepithelkarzinome, seltener um gering oder undifferenzierte Karzinome [Klein-sasser 1987]. Die gute Zug�nglichkeit und die Tatsache, dass Fr�hstadien an denStimmb�ndern durch Heiserkeit auffallen, l�sst diese Tumorlokalisation rechtzeitigdiagnostizieren und behandeln. Fortgeschrittenere Tumorstadien kçnnen oftmalsu. a. durch eine komplette Entfernung des Kehlkopfes behandelt werden, wodurchebenfalls l�ngerfristige tumorfreie �berlebenszeiten erzielt werden. Die Sterblichkeitinfolge des Kehlkopfkarzinoms ist stadienabh�ngig. Sie liegt insgesamt bei 40 bis50 % [Kleinsasser 1987].
Die Tatsache dieser relativ niedrigen Letalit�t des Kehlkopfkrebses ist epidemiolo-gisch von erheblicher Bedeutung. Kohortenstudien, in denen lediglich die Toten-scheindiagnose ermittelt wurde, f�hren dazu, dass die 50–60 % Patienten mit erfolg-reicher Therapie nicht erfasst werden.
1.3.3 Erkenntnisse aus epidemiologischen Untersuchungen
Nach Kleinsasser [1987] betr�gt die Inzidenz von Larynxkarzinomen in der All-gemeinbevçlkerung 4 bis 7 F�lle pro 100 000 Einwohner und Jahr. Die Latenzzeit,d. h. die Zeit zwischen Beginn der Einwirkung der Noxe und Krankheitsbeginn be-tr�gt mindestens 10 Jahre [Konetzke 1994]. Ein vielfach best�tigter Risikofaktor f�rdiese Karzinomform ist das Tabakrauchen. In der US-Veteranenstudie [zit. nach Edel-man 1989] war das Risiko, an einem Larynxkarzinom zu erkranken, f�r Raucher11,5-, f�r Exraucher immer noch 4,8-fach hçher als f�r Nichtraucher. In einigen Stu-dien konnte dar�ber hinaus ein Zusammenhang zwischen dem Auftreten von La-
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 407
rynxkarzinomen und dem Alkoholkonsum nachgewiesen werden. F�r die Bewertungder Studienergebnisse bez�glich der Exposition gegen�ber Asbestfaserst�uben ist esdaher erforderlich, diese Kofaktoren zu ber�cksichtigen [Maier et al. 1994].
Erkenntnisse aus Kohortenstudien
F�r alle bisher durchgef�hrten Kohortenstudien gilt, dass die Studien nicht prim�r ge-zielt im Hinblick auf die Fragestellung geplant und durchgef�hrt wurden. In der Regelist der durch Asbest verursachte Kehlkopfkrebs eine unter vielen beobachteten Tu-morlokalisationen. Bei den Kohortenstudien von Navratil et al. 1991, Bittersohl1977, Botha et al. 1986, Blot et al. 1979 und Graham et al. 1977 lassen sich wegen zugrober Expositionseinstufung keine verbindlichen Aussagen weder f�r noch gegeneine Assoziation zwischen der Asbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz unddem Auftreten von Kehlkopfkrebs ableiten. In weiteren 17 Kohortenstudien erscheintdies mçglich. Bei einigen Studien mit Quantifizierung der Asbestfaserstaub-Einwir-kung [Berry et al. 1983, Gardner et al. 1986, Hughes et al. 1987] sind Standard-Mor-talit�ts(SMR)-Werte unter 1 beobachtet worden. Enterline et al. l987 und McDonaldet al. 1980 fanden SMR-Werte zwischen 1,0 und 1,5. Bei anderen Studien konntenSMR-Werte zwischen 1,5 und 2,0 festgestellt werden [Szeszina-Dabrowska et al.1986, Raffn et al. 1989 und Peto et al. 1985]. Bei den Studien von Clemmesen et al.1981, Newhouse et al. 1985, Selikoff et al. 1979 und Rubino et al. 1979 wurdenWerte �ber 2,0 berechnet. Statistisch signifikant erhçhte SMR-Werte wiesen die Stu-dien von Raffn et al. 1989, Newhouse et al. 1985, Selikoff et al. 1979 und Rubino etal. 1979 auf. In einer von der Sektion „Berufskrankheiten“ beim BMA veranlasstenMetaanalyse [Berger et al. 1996] wurden die Risikosch�tzungen aller vorgenanntenStudien zusammengefasst. Danach liegt das relative Risiko bei 1,5 mit einem95 %-Konfidenzintervall von 1,3 bis 1,86.
Erkenntnisse aus Fall-Kontroll-Studien
Die Mehrzahl der Fall-Kontroll-Studien wurde mit geringem Stichprobenumfangdurchgef�hrt. Die Wahrscheinlichkeit, eine relevante Risikoerhçhung zu identifizie-ren, ist daher a priori gering. Die gesch�tzten Odds Ratios (OR) von 15 ausgewerte-ten Studien liegen zwischen 0,92 [Blot et al. 1980] bis 14,5 [Stell und McGill 1973],in der Mehrzahl zwischen 1 und 2. Werden die berechneten Odds Ratios (OR) �beralle Studien gewichtet zusammengefasst, ergibt sich aufgrund der o.a. Metaanalysevon Berger et al. 1996 ein von 1 signifikant erhçhter Sch�tzer von OR = 1,58(90 %-Konfidenzintervall: 1,36 bis 1,84; 95 %-Konfidenzintervall: 1,32 bis 1,90).Werden Studien ohne ausreichende Adjustierung nach den Rauch- und Alkoholkon-sum-Gewohnheiten ausgeschlossen, dann entfallen die Studien von Viallat et al.1986, Morgan et al. 1976 sowie Stell und McGill 1973 mit den hohen Odds Ratio-Werten. Der gewichtete Sch�tzer von OR = 1,40 (90 %-Konfidenzintervall: 1,19 bis1,66; 95 %-Konfidenzintervall: 1,15 bis 1,71) bleibt statistisch signifikant erhçht.
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408 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse
Der Metaanalyse von Berger et al. 1996 ist zu entnehmen, dass detaillierte Dosis-Wir-kungs- Beziehungen im Hinblick auf das Risiko, an einem asbestverursachten Kehl-kopfkrebs zu erkranken, in den einzelnen Publikationen nicht aufgef�hrt werden.Zwei Gr�nde lassen sich hierf�r benennen: In den Kohortenstudien stand diese Tu-morlokalisation in der Regel nicht gezielt im Vordergrund des Interesses; in den Fall-Kontroll-Studien zum Kehlkopfkrebs wurden stets zahlreiche berufsbedingte Noxen– neben Asbestfaserstaub – auf ihre �tiologische Bedeutung untersucht. Die Publika-tionen enthalten dennoch folgende Hinweise auf eine Dosis-Wirkungs-Beziehung:– Bei Schichtung nach zunehmender kumulativer Asbestexposition (exposure score)
ergibt sich anhand der Fall-Kontroll-Studie von Wortley et al. 1992 ein Anstiegdes Odds Ratio f�r den Kehlkopfkrebs von OR = 1,0 �ber OR = 1,1 (95 %-Kon-fidenzintervall: 0,6 bis 2,1) bzw. auf OR = 1,4 (95 %-Konfidenzintervall: 0,7 bis2,5).
– Brown et al. 1988 beschreiben in ihrer Fall-Kontroll-Studie einen signifikantenTrend f�r das relative Risiko (Odds Ratio) einer Erkrankung an Kehlkopfkrebs (p= 0,024) in Personengruppen bei Schichtung nach der Hçhe der Asbestexposition.Bei niedriger Asbestexposition betrug das OR = 1,2 (95 %-Konfidenzintervall: 0,7bis 2,1). Es stieg bei mittlerer Asbestexposition auf OR = 1,5 (95 %-Konfidenz-intervall: 0,9 bis 2,5) bzw. bei hoher Intensit�t auf OR = 2,8 an (95 %-Konfidenz-intervall: 1,0 bis 7,9). Die Autoren weisen ferner darauf hin, dass das OR derKehlkopfkrebs-Erkrankung f�r folgende Berufsgruppen mit potentieller Asbestex-position erhçht ist:– Kesselhersteller OR = 7,42 (95 %-Konfidenzintervall: 0,82 bis 66,93),– Installateure/Rohrverleger OR = 1,9 (95 %-Konfidenzintervall: 0,86 bis 4,19),– Zimmerleute OR = 1,67 (95 %-Konfidenzintervall: 0,80 bis 3,47).
– Analoge Risikoerhçhungen f�r den Kehlkopfkrebs finden sich u. a. auch in dero. g. Arbeit von Wortley et al. 1992:– Installateure/Rohrverleger OR = 4,1 (95 %-Konfidenzintervall: 0,9 bis 17,9),– Zimmerleute OR = 1,3 (95 %-Konfidenzintervall: 0,6 bis 2,7).Die Autoren beziffern die statistische Power ihrer Studie, ein zweifach erhçhtesKehlkopfkrebs-Risiko feststellen zu kçnnen – selbst f�r Besch�ftigte mit 10- odermehrj�hriger Asbestexposition – lediglich auf 50 %. Sie weisen auf die jeder be-rufsgruppenbezogenen Analyse aufgrund des „Misclassification-Bias“ innewoh-nende Tendenz einer systematischen Ann�herung an die Nullhypothese, d. h. einesniedrigen OR, hin.
– Die Arbeit von Ahrens et al. 1991 enth�lt die Beobachtung, dass unter den anKehlkopfkrebs Erkrankten h�ufiger als bei den Kontrollpersonen diejenigen achtBerufsgruppen mit einer 20-fach gegen�ber dem Durchschnitt erhçhten Rate asbe-stverursacht entsch�digter Berufskrankheiten (Asbestose, Asbestose in Verbin-dung mit Lungenkrebs, Mesotheliom) nachweisbar waren. F�r diese Berufsgrup-pen betrug die adjustierte OR = 5,7 (95 %-Konfidenzintervall: 1,1 bis 28,7). Vier
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 409
der neun an Kehlkopfkrebs Erkrankten hatten im gleichen Asbestzementbetriebgearbeitet, jedoch keine der beiden Kontrollpersonen.
– Olsen und Sabroe 1984 fanden f�r jede Art der beruflichen Asbestexposition – un-ter Ber�cksichtigung des Lebensalters sowie der Rauch- und Trinkgewohnheiten –ein OR = 1,8 (95 %-Konfidenzintervall: 1,0 bis 3,4). F�r Besch�ftigte in der Her-stellung von Beton und Zement, einschließlich Asbestzement, ergab sich das be-tr�chtlich hçhere Risiko, an Kehlkopfkrebs zu erkranken, von OR = 17,3(95 %-Konfidenzintervall: 3,3 bis 30,6).
– In der Inzidenzstudie von Clemmesen et al. 1981 wird f�r die gegen�ber Asbestze-ment exponierten Besch�ftigten eine standardisierte Inzidenzrate von SIR = 2,08(95 %-Konfidenzintervall: 0,8 bis 4,5) festgestellt.
– Aus der ebenfalls in D�nemark durchgef�hrten Kohortenstudie von Raffn et al.1989 ergibt sich f�r die vor 1941 in die Asbestindustrie eingetretenen und daherst�rker gegen�ber Asbest exponierten Besch�ftigten f�r den Kehlkopfkrebs einnicht adjustiertes RR = 5,5 (95 %-Konfidenzintervall: 1,8 bis 12,8) gegen�ber ei-nem RR = 1,7 (95 %-Konfidenzintervall: 0,9 bis 2,8) f�r die nach 1941 Besch�ftig-ten. Bei Schichtung nach der Expositionsdauer mit einer Grenzziehung unter- bzw.oberhalb von 5 Jahren fanden die Autoren f�r den Kehlkopfkrebs ein RR = 0,8(95 %-Konfidenzintervall: 0,09 bis 2,9) bzw. RR = 2,27 (95 %-Konfidenzinter-vall: 0,8 bis 4,9).
– In der Arbeit von Szeszenia-Dabrowska et al. 1986 zeigte sich f�r hoch asbestex-ponierte Kohortenmitglieder eine nicht adjustierte SMR = 2,16 (95 %-Konfidenz-intervall: 0,4 bis 6,3) gegen�ber einer SMR = 1,8 f�r den Kehlkopfkrebs bei allenasbestexponierten Besch�ftigten.
– Schließt man sich der Argumentation von Smith et al. 1990 an, wonach ein in Ko-hortenstudien durch Asbestexposition nachgewiesenes relatives Risiko f�r denLungenkrebs von mehr als 2,0 einen biologischen Marker f�r eine besonders hoheAsbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz darstellt (vgl. Abschnitt 3), so erge-ben 4 der 6 Studien standardisierte Mortalit�tsverh�ltnisse f�r den Kehlkopfkrebszwischen 1,9 und 3,8. Auch weisen diese Autoren darauf hin, dass in der Fall-Kon-troll-Studie von Stell und McGill 1973 die hohe OR = 14,5 f�r den Kehlkopfkrebsoffenbar auf eine sehr starke Asbestexposition als Isolierer oder Kesselreiniger bei22 der 31 Erkrankten zur�ckzuf�hren ist.Insgesamt belegen die Studienergebnisse nach Ansicht von Berger et al. 1996, dass
f�r den asbestassoziierten Kehlkopfkrebs eine Dosis-Wirkungs-Beziehung ableitbarist und dass eine massive Asbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz das Risiko,an einem Kehlkopfkrebs zu erkranken, mindestens verdoppelt.
Bei einem Teil der Studien ist davon auszugehen, dass das Risiko, an einem La-rynxkarzinom zu erkranken, untersch�tzt wurde. Dies gilt wegen der niedrigen Leta-lit�t besonders bei Mortalit�tsstudien.
Pleuraplaques mit oder ohne Verkalkungen sowie diffuse Pleuraverdickungenkçnnen bei differentialdiagnostischem Ausschluss anderweitiger Ursachen als Marker
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410 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
einer stattgehabten Asbestfaserstaub-Einwirkung dienen. In 3 Studien wurde dieKoinzidenz derartiger pleuraler Erkrankungen bei Patienten mit Kehlkopfkrebs un-tersucht. Hillerdal et al. 1980 �berpr�ften 156 Rçntgenbilder von Patienten mitKehlkopfkrebs. Eine bilaterale pleurale Plaquesbildung wurde bei 14 dieser 156 Er-krankungsf�lle diagnostiziert und differentialdiagnostisch auf eine Asbestfaserstaub-Einwirkung zur�ckgef�hrt. Die Rate an Pleuraplaques war im Vergleich zu einemKontroll-Kollektiv signifikant erhçht. Mollo et al. 1984 werteten 1097 konsekutiveAutopsien hinsichtlich des Vorliegens pleuraler Ver�nderungen aus. In 20 % der Sek-tionsf�lle waren pleurale Verdickungen nachweisbar. Der Anteil an Larynxkarzino-men in diesem Kollektiv war signifikant hçher als erwartet (OR = 8,79; 95 %-Kon-fidenzintervall: 1,46 bis 52,95). Wain et al. 1984 stellten bei 443 Autopsien 25 malPleuraplaques fest. 4 dieser 25 Verstorbenen mit Pleuraplaques litten an einem Bron-chialkarzinom, 3 an einem Larynxkarzinom. S�mtliche Patienten waren Raucher. Beieinem der Larynxkarzinom-Patienten war ein erhçhter Alkoholgenuss bekannt. Die�berh�ufigkeit der Koinzidenz von Kehlkopfkrebs und Pleuraplaques erwies sich alssignifikant.
Zusammenfassend sprechen insbesondere die Fall-Kontroll-Studien, bei denen diewichtigsten nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren, d. h. die Rauch- und Alkohol-Konsumgewohnheiten, ber�cksichtigt werden konnten, f�r die wesentliche Mitver-ursachung eines Kehlkopfkrebses durch eine langj�hrige und intensive Asbestfaser-staub-Einwirkung am Arbeitsplatz. Auch die Ergebnisse der Kohortenstudien weisenin die gleiche Richtung.
In Studien, in denen man die Rauchgewohnheiten ber�cksichtigt hat und die As-bestfaserstaub-Einwirkung objektiv und quantitativ erfassen konnte [Brown et al.1988, Wortley 1992], finden sich Expositions-Wirkungs-Beziehungen. Hinzu kommtdas molekularbiologische Wissen �ber die lokal krebserzeugende Wirkung von Asbe-stfasern kritischer Abmessungen, das bevorzugte Depositionsverhalten dieser Fasernim Larynxbereich, einschließlich des Vorkommens nicht maligner asbestfaserbeding-ter Effekte. Die Evidenzkriterien f�r den Nachweis eines Kausalzusammenhangessind damit als hinreichend valide und reliabel anzusehen.
Aufgrund des vorgenannten Kenntnisstandes wird eine langj�hrige, intensive As-bestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz als generell geeignet bewertet, um nichtnur Lungen-, sondern auch Kehlkopfkrebs zu verursachen oder wesentlich mit zu ver-ursachen.
3. Ableitung von Kriterien f�r eine Verdoppelung
des expositionsbedingten Risikos
Aufgrund der genannten Studien l�sst sich eine besonders gef�hrdete Personengruppe– mit einer Risikoverdoppelung oder mehr – nicht ohne weitere �berlegungen ein-grenzen. Entscheidende Hilfestellung bei der Begr�ndung des urs�chlichen Zusam-menhanges bieten jedoch die von Smith et al. 1990 analysierten Kohortenstudien. Siebeschr�nken sich ausdr�cklich auf Personengruppen mit besonders hoher Asbestfa-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 425
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 411
serstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz. Als Maßzahl diente ein mindestens verdoppel-tes Lungenkrebsrisiko (SMR bzw. RR > 2,0 f�r Bronchialkarzinom). Bei 3 Kohorten-studien mit einer SMR oder einem RR oberhalb 2,0 (4,06; 3,28; 2,24) ergaben sichbei einem 90 %-Konfidenzintervall signifikant erhçhte SMR bzw. RR f�r Kehlkopf-krebs (1,91; 3,75; 1,96) [Smith et al. 1990]. Dar�ber hinaus fanden sich auch in die-sen Studien nicht nur eine positive Assoziation zwischen Pleuraplaques und demKehlkopfkrebs-Risiko, sondern sowohl Hinweise auf Dosis-H�ufigkeits-Beziehungenals auch Konsistenznachweise. Letztere gilt z. T. selbst unter Ber�cksichtigung derwichtigsten, nicht arbeitsbedingten Risikofaktoren wie den Rauch- und Alkoholkon-sum-Gewohnheiten. Hieraus ist zu folgern, dass beim Nachweis der gem. Nr. 4104Anlage 1 BeKV f�r die Anerkennung als asbestverursachtem Lungenkrebs bereits bis-her geforderten „Br�ckenbefunde“ auch f�r den Kehlkopfkrebs die Asbestverursa-chung begr�ndet ist. Zur Charakterisierung der besonders gef�hrdeten Personen-gruppe mit einer Risikoerhçhung um mindestens den Faktor 2, d. h. einem derAsbestfaserstaub-Einwirkung am Arbeitsplatz attributablen Risiko von mindestens100 %, werden daher die Kriterien der Nr. 4104 Anlage 1 BeKV herangezogen. Als„bestimmte Personengruppe“, die durch ihre Arbeit der „besonderen Einwirkung“von Asbestfaserstaub am Arbeitsplatz in erheblich hçherem Maße als die �brige Be-vçlkerung langj�hrig und intensiv ausgesetzt war, gelten Versicherte, deren Erkran-kung an Kehlkopfkrebs vorliegt– in Verbindung mit einer Asbeststaublungenerkrankung (Asbestose)
oder– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Erkrankung der Pleura
oder– bei denen die Einwirkung einer kumulativen Asbestfaserstaub-Dosis am Arbeits-
platz von mindestens 25 Faserjahren nachgewiesen werden kann.
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Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 04 Lungenkrebs oder Kehlkopfkrebs
– in Verbindung mit Asbeststaublungenerkrankung (As-bestose),
– in Verbindung mit durch Asbeststaub verursachter Er-krankung der Pleuraoder
– bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Asbest-faserstaub-Dosis am Arbeitsplatz von mindestens 25Faserjahren {25 x 106 [(Fasern/m�) x Jahre]}
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 415
Wissenschaftliche Begr�ndung
zu der Berufskrankheit Nr. 41 11 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 10/1995, 39–45
Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage imSteinkohlenbergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosisvon in der Regel 100 Feinstaubjahren [(mg/m�) x Jahre]
Klinische Zuordnung:Pneumologie
Nach �bereinstimmender Meinung der Sektion „Berufskrankheiten“ des �rztlichenSachverst�ndigenbeirates beim Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung (SV-BR) haben neuere wissenschaftliche Untersuchungen ergeben, daß eine Erkrankungder tieferen Luftwege und der Lungen nach langj�hriger Unter-Tage-T�tigkeit imSteinkohlenbergbau signifikant geh�uft vorkommt.
Es besteht eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen eingeatmeter Staubmenge unddem Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis oder eines Lungenemphy-sems. Die kumulative Feinstaubdosis errechnet sich aus der Feinstaubkonzentrationin der Luft am Arbeitsplatz in mg/m� multipliziert mit der Anzahl der Expositionsjah-re, bezogen auf 220 gefahrene Schichten zu je 8 Stunden.
Die generelle Eignung dieser Einwirkung, eine chronische obstruktive Bronchitisoder ein Lungenemphysem zu verursachen, st�tzt sich im wesentlichen auf folgendeSachverhalte:
I. LANGE u. PACHE 1991, erg�nzt LANGE 1992:
Es wurde die Anzahl der Berufsunf�higkeits- bzw. Erwerbsunf�higkeitsrentenzug�ngenach bestimmten Rentenursachen sowohl der Knappschaftlichen Rentenversicherung(KnRV) insgesamt und gesondert f�r Unter- und �ber-Tage-T�tige, ferner der Arbei-terrentenversicherung (ArV) und der Angestelltenversicherung (AnV) in den Jahren1986, 1987 u. 1988 in der Bundesrepublik altersgeschichtet ausgewertet. Die Unter-Tage-T�tigkeit wurde gegliedert in bis zu 10 Jahre, 11–20 Jahre und 21–30 Jahre.Die Diagnosen entstammen dem ICD-Schl�ssel „chronische Bronchitis (CB) und Em-physem (E) (491–492)“.
Die Relation ArV zu KnRV u. T. (= unter Tage) betragen 1987 f�r CB 1:3,0; f�r E1:5,8; bezogen auf die AnV 1:11,4 und 1:38,7. Die entsprechenden Relationen KnRV�ber Tage zu KnRV unter Tage lauten 1:3,9 f�r CB und 1:6,3 f�r E. F�r CB und E las-sen sich „Dosis-H�ufigkeitsbeziehungen“ erkennen, wenn man die Relationen derRentenzugangsh�ufigkeiten in der KnRV nach den Jahren u. T. gliedert. Die Ergeb-nisse der Jahre 1986 und 1988 st�tzen die des Jahres 1987.
Der SV-BR ber�cksichtigt zwar Stçrfaktoren, die durch die Sekund�rauswertungvon Prozeßdaten, z. B. durch die Art und mçglicherweise Zweckgebundenheit der Di-agnoseerhebung in den unterschiedlichen Rentensystemen, bestehen kçnnten, kommtaber zu dem Schluß, daß die vorliegende Arbeit ein starkes wissenschaftliches Indizf�r die Ursache-Wirkungsbeziehung darstellt, auch wenn in der Studie von LANGE
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 430
416 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
u. PACHE jene Emphysemf�lle nicht erfaßt werden, die beispielsweise in der Ange-stelltenversicherung (AnV) trotz dieser Erkrankung die Rentenaltersgrenze erreichen.
Dem Einwand, die DFG-Studie von 1975 und 1981 �ber „Chronische Bronchitis“(VALENTIN et al.) sei zu wenig ber�cksichtigt, ist entgegenzuhalten, dass in derenEndaussage dem Tabakrauch unter den Verursachungsfaktoren einer chronischenBronchitis die Maßzahl 5, dem Lebensalter die Maßzahl 3 und der Staubbelastung anden untersuchten Arbeitspl�tzen der Faktor 2 zugeordnet werden m�sse. So ist auchdurch diese Studie in der Staubbelastung ein wesentlicher Verursachungsfaktor f�rdie chronische Bronchitis erkannt worden.
II. LANGE (Gutachten f�r die Bundesknappschaft vom 15.3.1991):
Einzelne Stçrfaktoren f�r seine epidemiologische Auswertung (siehe I) werden dis-kutiert und nach Meinung des SV-BR als unwesentlich bewertet. So handelt es sichbei den Vergleichen der Inzidenzen um statistisch vergleichbare Bevçlkerungsgrup-pen. Das angemessene Vergleichkriterium zwischen KnRV (u. T.) und ArV ist die Inzi-denz von BU-EU-F�llen zusammengenommen. Die Diagnose einer CB und eines Ewurden nicht Leichenscheinen, sondern den Ergebnissen von zweckgerichteten Gut-achten nach Anamnese und �rztlichem Untersuchungsergebnis entnommen. F�r dieVersicherten in der KnRV (u. T.) erkennt man f�r CB und E zusammen sowie f�r CBund E getrennt einen Anstieg des relativen Risikos im Ablauf der Zeit, w�hrend dieentsprechenden Inzidenzen der ArV absinken (S. 12). Zum Rauchverhalten als Stçr-faktor wird angef�hrt, dass aus fr�heren Untersuchungen bekannt sowie aufgrunddes Rauchverbots an der Arbeitsst�tte verst�ndlich, der Nichtraucheranteil bei denBergleuten hçher als bei den Arbeitern �ber Tage gefunden worden ist.
Zu den Ergebnissen des DFG-Schwerpunktprogramms „Chronische Bronchitis“f�hrt LANGE auf S. 16 f. aus, dass neben Alter und Rauchen die Staubbelastung zueiner statistisch signifikanten Erhçhung des CB-Risikos f�hrt (DFG-Forschungs-bericht „Chronische Bronchitis“ (VALENTIN et al.), Teil 2, z. B. S. 328 und 342). Solassen sich also auch aus den Ergebnissen des DFG-Schwerpunktprogrammes „Chro-nische Bronchitis“ („CB“) sowohl f�r Raucher als auch f�r Nicht- bzw. ExraucherDosis-H�ufigkeitsbeziehungen zwischen Fein- bzw. Gesamtstaubkonzentration undchronische Bronchitis, bezogen auf eine 35j�hrige Berufst�tigkeit, statistisch signifi-kant nachweisen.
Selbst unter Ber�cksichtigung der Einw�nde, die gegen die Methodik der Studienvon LANGE und PACHE, LANGE vorgebracht werden kçnnen, ergibt sich aus ihnennach Meinung des SV-BR ein starkes Indiz daf�r, dass die obstruktive Bronchitis unddas Lungenemphysem bei unter Tage t�tig gewesenen Steinkohlenbergarbeiterndurch ihre besondere berufliche Belastung in einem erheblich hçheren Ausmaß als beider �brigen Bevçlkerung auftritt. Die gesetzlich geforderte erheblich hçhere Inzidenzeiner Erkrankung wird vom Sachverst�ndigenbeirat angenommen, wenn ein im Ver-gleich zur �brigen Bevçlkerung auf das Doppelte erhçhtes Risiko besteht, eine der-artige Erkrankung zu erwerben. Aufgrund der Arbeiten von LANGE und PACHE ist
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 431
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 417
f�r die Personengruppe der Steinkohlenbergleute auf dem 95 %-Niveau ein �ber 2fa-ches Risiko zum Erwerb dieser Krankheit nachgewiesen. Dieses Ergebnis f�hrt nachAnsicht des SV-BR zur wissenschaftlichen Sicherheit, wenn man noch weitere Ergeb-nisse wissenschaftlicher Studien, die im folgenden diskutiert werden, ber�cksichtig.Denn die �berzeugung des Sachverst�ndigenbeirats, auf der die Anerkennungsemp-fehlung beruht, st�tzt sich nicht allein auf die Arbeiten von LANGE und PACHE.
III. C. PIEKARSKI, P. MORFELD:
„Zur Frage der Anerkennung von chronischer Bronchitis und/oder Emphysem als
Listen-Berufskrankheit der deutschen Steinkohlebergarbeiter.“
Aufgrund ihrer zusammenfassenden Wertung kommen die Autoren in ihren 128Seiten umfassenden Bericht nach Sichtung von 534 Publikationsstellen und n�hererAuswertung von 150 Publikationen zu folgenden Ergebnissen: Es weisen „alle be-trachteten epidemiologischen Studien aus dem Steinkohlenbergbau“…„ohne Aus-nahme eine Berufsbedingtheit der Erkrankung mit der Bezeichnung „ChronischeBronchitis/Lungenemphysem“ nach“. Nach Einbeziehung von Rçntgenbildbefundengelingt auch die Abgrenzung zur Bergarbeiter-Pneumokoniose (Silikose).
F�r die spezielle Fragestellung einer Risikoverdoppelung konnten nur wenige Stu-dien aus dem englischen Steinkohlenbergbau herangezogen werden, die die epidemio-logisch-methodischen Voraussetzungen zur Beantwortung erf�llen. Eine Risikover-doppelung leiten die Autoren aus den verwerteten epidemiologischen Studien dannab, wenn eine mindestens 20j�hrige Unter-Tage-T�tigkeit in staubhaltigen Wetternoder eine mindestens 15j�hrige Unter-Tage-T�tigkeit in staubhaltigen Wettern unddas Vorliegen eines rçntgenologisch gesicherten Silikosebefundes (Streuung grçßerals 1/1 nach ILO 1980) vorhanden sind.
Im einzelnen f�hren PIEKARSKI und MORFELD an:ROGAN et al. (1973) berichten im Rahmen des Pneumoconiosis Field Research
eine zunehmende Reduktion der Lungenfunktion in Abh�ngigkeit von der Feinstaub-exposition, unabh�ngig vom Pneumokoniosegrad und Rauchverhalten. Die Aussagebasiert auf einer Studiengruppe von 3581 Bergleuten ohne rçntgenologisch erkenn-bare Silikose in 20 britischen Kohlegruben. Ebenso finden die Autoren eine Zunahmeder chronischen Bronchitis, definiert mit Husten und Auswurf �ber wenigstens 3 Mo-nate im Jahr. Das Ergebnis dieser Querschnittsbetrachtung wird in einer darauf beru-henden Longitudinalstudie an 1677 Bergarbeitern von LOCE und MILLER (1982)(S. 16) tendenziell hinsichtlich der Reduktion der Lungenfunktion best�tigt.
Im deutschen Steinkohlenbergbau konnten MORFELD et al. (1992) (S. 23) undREISCHIG et al. (1989) eine Reduktion von Lungenfunktionsparametern mit zuneh-mender Staubbelastung im Steinkohlenbergbau feststellen. Bei durchschnittlichenFeinstaubkonzentrationen von 2,3 mg/m� ergibt sich eine gesch�tzte j�hrliche Staub-summe von ca. 2,5 gh/m�* und somit ein gesch�tzter R�ckgang des Atemstoßtestesvon ungef�hr 6 ml/(gh/m�) (S. 24). �hnliche Ergebnisse konnten im US-amerikani-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 432
418 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
schen Steinkohlenbergbau von ATTFIELD und HODOUS (1992) und SEIXAS et al.(1992) vorgelegt werden. Die Aussage dieser amerikanischen Studien ist allerdingswegen der unzureichenden Vertrauensw�rdigkeit der eingesetzten Staubmessergeb-nisse zweifelhaft.
In Australien berichtet LEIGH (1990) (S. 30/30) auch von einer Abh�ngigkeit derPr�valenz f�r einfache chronische Bronchitis vom Staubindex. Es betraf verschiedeneAlterskohorten einheitlich. Auch eine Verminderung der funktionellen Messwertewurde analog beobachtet. Aus Frankreich und Belgien liegen �hnliche Untersuchungs-ergebnisse vor (BATES et al. (1985), MINETTE (1986), NEMERY et al. (1987)). AusMortalit�ts- und Obduktionsstudien von ATUHAIRE et al. Und MILLER und JA-COBSEN (1985) (S. 19) ergibt sich geh�uft die Diagnose „Bronchitis“ als Todesursa-che. In Obduktionsstudien wird auf eine �berh�ufigkeit des Emphysems (centro-aci-n�res Emphysem) unter Steinkohlenbergarbeitern hingewiesen (COCKCROFT et al.(1982a), (LAMB 1976)). RUCKLEY et al. (1989) (S. 20) konnten fr�here Unter-suchungsergebnisse best�tigen: Ein Zusammenhang von Feinstaubbelastung unterTage und Pr�valenz von centro-acin�ren Emphysems von der Staubexposition (S.20/21). LEIGH et al. (1982) und (1993) (S. 29/30) finden eine Zunahme des Schwere-grades des pathologisch-anatomisch diagnostizierten Lungenemphysems mit der un-tert�gigen T�tigkeitsdauer. Allerdings werden �berschneidungen mit silikotischenVer�nderungen nicht eliminiert.
PIEKARSKI und MORFELD kommen, vornehmlich gest�tzt auf die Studien vonROGAN et al. (1973), MARINE et al. (1988), COLLINS et al. (1998) sowie ATT-FIELD und HODOUS (1992) zu dem Schluß, daß das Vorliegen eines gesichertenrçntgenologischen Befundes (Streuungskategorie gleich/grçßer 1/1 nach ILO 1980)keine notwendige Voraussetzung f�r die Entwicklung oder das Vorliegen einer chro-nischen Bronchitis und/oder eines Emphysems bei Steinkohlenbergarbeitern darstellt.
Unter den Morbidit�tsstudien, die aufgrund ihrer Anlage die Sch�tzung relativerRisiken erlauben, erscheinen folgende drei Studien von hervorragender Bedeutung:COLLINS et al. (1988), MARINE et al. (1988), LANGE und ULM (1983).
– COLLINS et al. (1988) (S. 34):
Das Ziel dieser Untersuchung war es, den Einfluß des Rçntgenbildes, d. h. das Vorlie-gen rundlicher und unregelm�ßiger kleiner Schatten, unabh�ngig von der Staubbelas-tung auf die Lungenfunktion zu sch�tzen. Ausgehend von dem vierten Unter-suchungsdurchgang des Pneumoconiosis Field Research (3 600 Bergleute von 10Zechen) wurde eine Untergruppe von 900 Bergleuten geschichtet und so ausgew�hlt,daß eine weitgehende Gleichverteilung des Alters und der Staubexposition in denSpannen der Gesamtgruppe erreicht wurde. Aus den Fragebogenergebnissen des Vier-
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* gh/m� = Gramm x Stunde pro Kubikmeter, wobei von diesen Autoren mit 180 unter Tagegefahrenen Schichten bei 6st�ndiger Exposition gerechnet wurde.
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ten Untersuchungsdurchganges wurden die Angaben zur Diagnose einer chronischenBronchitis (Husten und Auswurf mehr als in drei Monaten im Jahr) und die Fragennach Atemnot als Zielgrçßen eingesetzt. Die Staubexposition stellt f�r diese beidenZielgrçßen einen hochsignifikanten Risikofaktor dar.
PIEKARSKI und MORFELD schr�nken die Aussagekraft dieser Studie ein, da beider Modellkonstruktion von einem unabh�ngigen Einfluß des Rçntgenbildes und derStaubexposition ausgegangen wird, teilweise Erl�uterungen zur angewendeten Me-thodik fehlen und grunds�tzlich eine mehrfache Selektion des Ausgangsmaterials er-folgt ist.
– MARINE et al. (1988) (S. 38/39):
Als Zielgrçße werden die Angaben zur „chronischen Bronchitis“ auf dem Fragebogenvon 3 380 Bergleuten ohne rçntgenologisch progressive massive Fibrose verwertet.Gesondert folgt auch der Einsatz des Atemstoßtestwertes (FEV1) als Zielgrçße nacheiner internen Standardisierung mit linearen Modellen an der Teilgruppe von 451Nichtrauchern ohne bronchitische Symptome. Die Risikoanalysen werden getrenntf�r Raucher (n = 2837) und Nichtraucher (n = 543) durchgef�hrt. Als Zielgrçßen-kombinationen dienen: FEV1 kleiner als 80 % des internen Sollwerts, chronischeBronchitis, chronische Bronchitis mit FEV1 kleiner als 80 %, FEV1 kleiner als 65 %.Die Querschnittsanalyse wird im Hilfe logistischer Modelle vorgenommen, in denendas Alter, die Staubsumme und ein Interaktionsterm aus Alter und Staubsumme be-r�cksichtigt werden. F�r alle Zielgrçßen ergibt sich unabh�ngig vom Raucherstatusein signifikanter Staubeinfluß. Den Hinweis auf eine Verdoppelung des Risikos im Ar-beitsleben ersehen die Autoren PIEKARSKI und MORFELD aufgrund der Tab. 4 inder Publikation MARINE et al. (1988), S. 109. PIEKARSKI u. MORFELD bilden aufS. 41 die im Anhang als Tafel 1 wiedergegebene Tabelle ab.
Auch unter Ber�cksichtigung kritischer Anmerkungen zu dieser Studie sprechendie Ergebnisse f�r einen Zusammenhang zwischen Staubeinwirkung bei Unter-Tage-Arbeit und dem Auftreten chronischer Bronchitis.
– LANGE und ULM unter Mitwirkung von COENEN et al. (1983) (S. 42):
Die Studie basiert auf zwei Teilkollektiven aus den Studienkollektiven der DFG-Schwerpunktstudie (VALENTIN et al. (1975)), n�mlich auf 855 Bergleuten aus Reck-linghausen und 342 aus Bochum, die sowohl bei der ersten als auch bei der zweitenUntersuchung der DFG-Studie Staubkarten aufwiesen und somit zu diesen Zeitpunk-ten aktiv waren. Die Ergebnisse der 1983 publizierten Auswertung dienten als Ent-scheidungsgrundlage f�r die Festlegung des Allgemeinen Staubgrenzwertes. DemAuswertungsziel entsprechend wurden nur Bergleute einbezogen, deren Alter bei Be-ginn der Unter-Tage-T�tigkeit nicht grçßer als 23 Jahre war. Somit verblieben 1 090Bergleute, die diesen Bedingungen entsprachen. Eine wesentliche rçntgenologisch er-kennbare Silikose war wahrscheinlich nicht vorhanden. Urspr�nglich vorhandenetyndalloskopische Streulichtintensit�tswerte wurden auf gravimetrische Gesamt-
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420 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
staubkonzentrationen umgerechnet. Die Resultate der logistischen Modellrechungkçnnen der Tabelle 13a in LANGE und ULM (1983, S. 42) entnommen werden. Jededer Variablen (Staubkonzentration, Jahre im Staubbetrieb, Rauchverhalten) ist unab-h�ngig von den anderen signifikant mit der Pr�valenz der chronischen bronchialenReaktion positiv assoziiert (p kleiner als 0,01). Die Auswertung im Hinblick auf einerVerdoppelung des Risikos im Arbeitsleben ergibt eine Tabelle auf S. 45 (siehe An-hang, Tafel 2).
PIEKARSKI und MORFELD kommen trotz der Diskussion von M�ngeln am Stu-diendesign zu dem Schluß, daß grunds�tzlich eine �berh�ufung chronischer Bronchi-tis durch langj�hrige T�tigkeit im Steinkohlenbergbau nachgewiesen ist.
PIEKARSKI und MORFELD stellen in einer Tabelle 6, S. 52 (siehe Anhang, Tafel3), die kritischen Feinstaubkonzentrationen zusammen, die nach Auswertung der lo-gistischen Modelle in COLLINS et al. (1988), MARINE et al. (1988) und LANGEund ULM (1983) als Mindestdurchschnittsbelastung innerhalb eines 35j�hrigen Ar-beitslebens notwendig sind, um die Grundpr�valenz in staubunbelasteten Nichtrau-cher- bzw. Raucherkollektiven durch die Exposition zu verdoppeln (S. 52).
Die aus den Analysen von LANGE und ULM (1983) von PIEKARSKI und MOR-FELD abgeleiteten kritischen Konzentrationen stellen vermutlich aufgrund der vonPIEKARSKI und MORFELD gew�hlten Bezugswerte zur Separierung des Alters-effekts deutliche �bersch�tzungen dar, so daß diese Werte in der weiteren Diskussionder Autoren PIEKARSKI und MORFELD nicht ber�cksichtigt werden.
Bei einer unterstellten oberen Durchschnittskonzentration von ca. 7 mg/m� Fein-staub w�hrend einer 35j�hrigen Unter-Tage-T�tigkeit liegen die aufgef�hrten kri-tischen Konzentrationen nach COLLINS et al. (1988) und MARINE et al. (1988)sowohl f�r Nichtraucher als auch f�r Raucher mit einer Ausnahme (chronische Bron-chitis unter Rauchern) im realistischen Bereich. Damit muß von einer Pr�valenzver-doppelung (insbesondere bei den bedeutenderen Zielgrçßen Atemnot, chronischeBronchitis und FEV1 kleiner als 80 %, FEV1 kleiner als 65 %) unter den Staubexpo-sitionsbedingungen des Ruhrbergbaus ausgeglichen werden. PIEKARSKI und MOR-FELD untersuchen zus�tzlich in ihrer Tabelle 7 auf S. 54 (siehe Anhang, Tafel 4) dief�r die Verdoppelung des Risikos festgestellten kritischen Feinstaubkonzentrationenunter den beiden Bedingungen: Alter von 40 Jahren und 20j�hrige Exposition sowieAlter von 35 Jahren und 15j�hrige Exposition. Es ergeben sich tendenziell zuneh-mende kritische Feinstaubkonzentrationen bei abnehmender Expositionsdauer trotzdes geringeren Alters. Dies spricht f�r eine Dosis-Wirkungsrelation. Da im deutschenSteinkohlenbergbau von einer oberen realistischen Durchschnittskonzentration von5 mg/m� nach Meinung der Autoren ausgegangen werden kann, ist von dieser Tabelle7 nach integrativer Betrachtung schon ableitbar, dass in der Regel nach einer kumula-tiven Staubbelastung von 20 Jahre x 5 mg/m� eine Risikoverdoppelung auftritt (N�-heres zur kumulativen Feinstaubdosis siehe unter IX.).
Die zus�tzliche Bedeutung des positiven Rçntgenbefundes mit einer Streuung vongleich/grçßer 1/1, vorwiegend rundliche Schatten, werten die Autoren aufgrund ihrer
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 421
Studien dahingehend, daß ein Verdoppelungsrisiko f�r das Entstehen einer chro-nischen Bronchitis bei Vorliegen eines derart positiven Rçntgenbildbefundes schonnach 15j�hriger Unter-Tage-T�tigkeit in staubhaltigen Wettern gegeben ist.
Der SV-BR hielt es jedoch nicht f�r begr�ndbar, die Anerkennung einer chro-nischen Bronchitis im Unter-Tage-Berbau von dem Vorhandensein eines Rçntgenbe-fundes abh�ngig zu machen, der f�r eine (beginnende) Silikose spricht.
IV. X. BAUR, C. HILLENBACH, P. DEGENS:
Literaturstudie „Chronische Bronchitis und Emphysem – eine Berufskrankheit der
Bergleute?“ Bochum, 9.11.1994
Die Ergebnisse von 19 Querschnitt- und 14 L�ngsschnittuntersuchungen aus der zurVerf�gung stehenden internationalen Literatur wurden hinsichtlich der Lungenfunk-tionswerte von Steinkohlenbergarbeitern ausgewertet und tabellarisch dargestellt. Esergeben sich im Durchschnitt f�r einen ca. 30 Jahre unter Tage besch�ftigten Berg-mann im Vergleich zur geringer belasteten Bevçlkerung folgende, auf seine spezifischeArbeitssituation zur�ckzuf�hrende Lungenfunktionsver�nderungen (S. 65):Bronchiale Hyperaktivit�t geh�uftVitalkapazit�t – 150–600 mlAtemstoßvolumen (FEV1) – 200–600 mlAtemwegswiderstand + 0,1 kPa * s * L-1
Sauerstoffpartialdruck im arteriellen Blut – 5–10 mmHg
Die absoluten Abweichungen sind unter Rauchern ausgepr�gter als unter Nichtrau-chern. Die Autoren stellen �bereinstimmend mit den Erkenntnissen von PIEKARSKIund MORFELD fest, daß Nie-Raucher mit zunehmender Staubbelastung einen hçhe-ren Funktionsverlust als Raucher aufweisen. Erhçhte Pr�valenzen in Inzidenzen vonchronischer Bronchitis erkennen BAUR und Mitarbeiter auch aus der DFG-Schwer-punktstudie (VALENTIN und andere (1975 u. 1981)), erg�nzt durch eine Zusatz-publikation von LANGE und ULM (1983). Aus logistischen Modellen ergab sich f�rdas Auftreten einer chronischen Bronchitis eine Dosis-Wirkungsbeziehung in Abh�n-gigkeit von den Staubkonzentrationen und Jahren der T�tigkeit unter Tage. Eine Ver-doppelung des Bronchitisrisikos f�r Nichtraucher wurde nach 19 Jahren und f�r Rau-cher nach 22 Jahren unter Hinweis auf persçnliche Mitteilungen von LANGE(1993a) angenommen, wenn eine mittlere Feinstaubbelastung von 4 mg/m� zugrundegelegt wird (S. 36).
Eine Auswertung von Mortalit�tsdaten durch MILLER und JACOBSEN (1985)spricht nach Ansicht der Autoren BAUR und Mitarbeiter daf�r, dass das Risiko desBergmanns, innerhalb von 22 Jahren an chronischer Bronchitis oder Emphysem zuversterben, verdoppelt ist. Grunds�tzlich weisen die Auswertungen der Daten des Na-tional Coal Board in Großbritannien, der DFG-Studien und aus den USA (SEIXAS etal.) darauf hin, dass die Anzahl der Erkrankungen mit der Staubdosis positiv korre-liert ist. RUCKLEY et al. (1984) werten die Befunde von 450 verstorbenen Steinkoh-
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lebergarbeitern der Pneumoconiosis Field Research Study nach dem Vorhandenseineiner von der Silikose unabh�ngigen Erkrankung der Atmungsorgane aus. Die Auto-ren kommen zu dem Schluß, daß das centro-acin�re Emphysem in urs�chlichem Zu-sammenhang mit dem eingeatmeten Staub steht.
Zur Absch�tzung der Risikoverdoppelung f�r das Auftreten einer chronischen ob-struktiven Bronchitis ziehen BAUR und Mitarbeiter im wesentlichen auch die Arbei-ten von JACOBSEN (1988), MARINE et al. (1988), COLLINS et al. (1988) sowie diedeutsche DFG-Studie mit erweiterter Interpretation nach LANGE und ULM (1983)heran. Obwohl die Bronchitisdefinitionen der englischen Autoren auf der WHO-De-finition und einer Verminderung des Atemstoßtestes auf weniger als 80 % des Soll-wertes basieren und in die DFG-Studie ein komplexer, klinisch-anamnestischer undlungenfunktionsanalytischer Entscheidungsbaum eingeht, ergibt sich im relevantenStaubkonzentrationsbereich eine weitgehende �bereinstimmung in den beiden, 3 380bzw. 1 090 Bergleute umfassenden Kollektiven: Bei einer Feinstaubkonzentration von4 mg/m� erreicht demnach der Nichtraucher nach ca. 20 Jahren eine Verdoppelungdes Risikos, an einer obstruktiven Bronchitis zu erkranken. Eine Feinstaubkonzentra-tion von 7,5 mg/m� f�hrt bei ihm nach ca. 15 Jahren und eine Feinstaubkonzentra-tion von 2,5 mg/m� nach etwa 25 Jahren zu einer Risikoverdoppelung. Beim Raucherliegen die f�r die Risikoverdoppelung bez�glich einer obstruktiven Bronchitis erfor-derlichen Staubdosen um 20–60 % hçher.
Nach Feststellung von BAUR und Mitarbeiter ergeben die Literaturmitteilungenkeinen �berzeugenden Hinweis, dass die Risikoverdoppelungen bez�glich einer ob-struktiven Bronchitis und eines pathomorphologisch definierten Lungenemphysemsmit radiologisch fassbaren Ver�nderungen assoziiert sind. So beobachteten beispiels-weise MARINE et al. (1988) unter 3 380 Besch�ftigten des englischen Steinkohlen-bergbaus 346 Nichtraucher mit auffallend hohem Lungenfunktionsverlust, ohne daßein abnormer Rçntgenbefund nachweisbar gewesen w�re. BAUR und Mitarbeiterkommen nach ihrer Literaturauswertung zu dem Schluß, daß eine obstruktive Bron-chitis nach mindestens 20j�hriger T�tigkeit unter Tage im Steinkohlenbergbau dop-pelt so h�ufig wie bei der Durchschnittsbevçlkerung auftrete. Bei wesentlichen Ab-weichungen der stattgehabten Belastung von der als durchschnittlich anzusehendenStaubbelastung im MAK-Bereich sind k�rzere oder l�ngere T�tigkeitszeiten f�r dieRisikoverdoppelung anzunehmen, wie Abbildung 1a und 1b (S. 77) erkennen lassen.Diese Abbildungen zeigen eine gute �bereinstimmung mit dem Schaubild von JA-COBSEN (persçnliche Mitteilung 1993), das ihrem Bericht als letzte Seite des An-hangs beigegeben ist.
V. M. JACOBSEN (1993):
„Doubling Risks – Notes on some implications of results from the British Pneumoco-
niosis Field Research on relationships between exposure to respirable coal mine dust
and various indices of obstructive lung disease.“
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 423
Stellungnahme (31.8.1993) im Auftrag der Bergbau-Berufsgenossenschaft auf der Ba-sis der Literaturstudien von BAUR et al. (1993) und PIEKARSKI und MORFELD(1993).
Die Auswertung der Daten von MARINE et al. (1988) mittels 6 Schaubildern, diedie Abh�ngigkeit der Entwicklung von Einschr�nkungen des Atemstoßtestes und einerchronischen Bronchitis mit und ohne Verminderung des Atemstoßtestes von einer ku-mulativen Staubexposition und von einer mittleren Staubkonzentration zeigen, unter-st�tzen die Schl�sse von PIEKARSKI und MORFELD (1993). Aufgrund der Annahmedieser Autoren, daß in den deutschen Steinkohlegruben eine mittlere Staubbelastungvon etwa 5 mg/m� in den letzten 20 Jahren bestanden habe, ergibt sich eine Risikover-doppelung f�r eine chronische obstruktive Bronchitis zwischen 14 und 35 Exposi-tionsjahren; diese ergibt sich auch f�r Raucher unter Ber�cksichtigung ihres Grund-risikos f�r einen Atemstoß kleiner als 65 % des Solls, wenn sie im Mittel zwischen19–24 Jahren 5 mg/m� Kohlengrubenstaub ausgesetzt sind. Nichtraucher entwickelnnach 16 Jahren Exposition mit etwa 5 mg/m� eine Risikoverdoppelung f�r obstruk-tive Bronchitis. Die Auswertung der Arbeit von COLLINS et al. (1988) hinsichtlich ei-ner Risikoverdoppelung wird in den Schaubildern 9–12 dargestellt. As Auftreten vonAtemnot findet sich doppelt so h�ufig nach einer Exposition von 5 mg/m� Kohlengru-benstaub nach 27 Jahren Exposition unter Zigarettenrauchern und nach 23 JahrenExposition unter Nichtrauchern. Die von BAUR und Mitarbeiter (1993) aus einerMortalit�tsstudie von MILLER und JACOBSEN (1985) abgeleiteten Schl�sse werdenerh�rtet. Das Verdoppelungsrisiko, an einer Bronchitis und an einem Emphysem zuversterben, war bei den untersuchten Kohlenbergarbeitern eng an die Feinstaubkon-zentration gebunden, das Risiko war mehr als verdoppelt, wenn die Exposition 180gh/m� �berstieg.
Zusammenfassend kommt JACOBSEN in seiner Analyse zu dem Schluß, daß dieExposition gegen�ber einatembarem Kohlengrubenfeinstaub das Risiko f�r die Ent-stehung einer chronischen obstruktiven Lungenerkrankung sowohl bei Rauchern alsauch bei Nichtrauchern erhçht, unabh�ngig von rçntgenologischen Hinweisen aufeine Pneumokoniose. Von dem britischen Datenmaterial ist abzuleiten, daß mindes-tens ein Symptom einer Bronchialobstruktion zweifach geh�uft auftritt nach einer20j�hrigen Exposition gegen�ber Staubkonzentrationen, wie sie in den vergangenen20 Jahren in Großbritannien und in Deutschland (nach PIEKARSKI und MORFELD)anzunehmen waren.
VI. Die dem Bundesministerium f�r Arbeit und Sozialordnung zugesandte
Stellungnahme des GESAMTVERBANDS DES DEUTSCHEN
STEINKOHLENBERGBAUS vom 10.2.1994 (SPIES u. REHATSCHEK)
gibt zu folgender Erwiderung Anlaß:
Die Tatsache, daß die Empfehlung der Europ�ischen Kommission �ber die Annahmeeiner europ�ischen Liste der Berufskrankheiten vom 22.5.1990 keine Ziffer f�r eineStaubbronchitis bei Bergleuten enth�lt, spricht nicht gegen das Bestehen des zu for-
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424 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
dernden Zusammenhangs, da dieser erst durch neue und neueste Forschungserkennt-nisse aufgezeigt worden ist.
In diesem Kontext ist auch festzuhalten, daß Herr Prof. NEWMAN-TAYLOR(Mitglied des Indust. Injuries Advisory Council) als arbeitsmedizinisch ausgerichteterAllergologe international hoch anerkannt ist, f�r die hier zu entscheidende Frage je-doch nicht �ber die nçtigen Informationen und Fachkompetenz verf�gt hat, wieschon aus seiner Nicht-Kenntnis der bedeutenden DFG-Schwerpunkt-Studie zumThema „Staubbronchitis“ (VALENTIN et al. (1981)) hervorgeht.
In dem Schriftsatz des Gesamtverbands des deutschen Steinkohlenbergbaus wirdauf eine Leserzuschrift von MORGAN aus Kanada hingewiesen (Brit. J. Industr.Med. 1990: 50, 1051–53) in welcher dieser Aussagen im Herausgeberartikel vonSEATON (Brit. J. Industr. Med. 1990: 47, 433–35) hinsichtlich der Emphysementste-hung durch Kohlenstaub ohne gleichzeitige Einwirkung von Tabakrauch kritisiert.SEATON (1993) sowie ATTFIELD und HODOUS (1994) entkr�ften �berzeugenddie Einw�nde von MORGAN. Der SV-BR sieht die Einw�nde MORGANs und somitauch einen wesentlichen Teil jener des Gesamtverbandes des deutschen Steinkohlen-bergbaus widerlegt. Entsprechend hat sich auch die Mehrheit der britischen Expertenaufgrund neuerer wissenschaftlicher Erkenntnisse der Meinung angeschlossen, dieCHRONISCHE BRONCHITIS und das LUNGENEMPHYSEM seien unter den an-gegebenen Voraussetzungen als Berufskrankheit anzusehen. Dies ist unter VII.) n�herausgef�hrt.
Es besteht nach Meinung des SV-BR kein relevanter Grund, die Vergleichbarkeitder Verh�ltnisse in britischen Steinkohlengruben mit jenen im deutschen Steinkohlen-bergbau bez�glich der Krankheitsverursachung in Zweifel zu ziehen.
Schließlich sei noch der Hinweis auf S. 10 ber�cksichtig, daß in der 1989 im ErichSchmidt Verlag erschienenen Brosch�re E. MENZEL: BERGBAU EINST UNDJETZT, S. 155, ausgef�hrt ist, nach neueren Statistiken sei die Emphysembronchitisbeim Bergmann nicht nennenswert h�ufiger als im Querschnitt der Gesamtbevçlke-rung. Diese Aussage beruht im wesentlichen auf einer Interpretation von Ergebnissender 1. DFG-Bronchitis-Studie (VALENTIN et al. (1971)), dem entsprechenden Hea-ring des Bundesministers f�r Arbeit und Sozialordnung am 5. April 1973 und auf ei-ner Jahreszahlenangabe aus der Schweiz, die in einer 1987 von GEISLER zitierten Pu-blikation enthalten sei. Der SV-BR sieht diese Aussagen durch neuere Erkenntnisse,wie sie oben in den Abschnitten I.) bis V.) erçrtert worden sind, f�r die diskutierteThematik als �berholt an.
VII. Anerkennungsempfehlung in anderen L�ndern der Europ�ischen Union
Großbritannien:
J. M: HARRINGTON u. a.: Industrial Injuries Advisory CouncilAufgrund neuerer epidemiologischer Untersuchungen (ohne Angabe der Literatur-
stelle) wurde empfohlen, dass in Großbritannien chronische Bronchitis und Emphy-sem als entsch�digungspflichtige Berufskrankheit bei unter Tage t�tigen Steinkohlen-
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 425
bergarbeitern anerkannt wird, wenn sie mindestens 20 Jahre unter Tage gegen�berKohlenstaub exponiert waren und definitive Zeichen einer Pneumokoniose mit be-deutsamen Verminderungen der Lungenfunktion aufweisen. Daraus ist zu ersehen,dass sich die Mehrheit der britischen Experten aufgrund neuerer wissenschaftlicherErkenntnisse der Meinung angeschlossen hat, die chronische Bronchitis und das Lun-genemphysem seien unter den angegebenen Voraussetzungen als Berufskrankheit an-zusehen, selbst wenn in der Fachliteratur noch Diskussionen stattfinden.
Frankreich:
In die franzçsische Berufskrankheiten-Liste wurde folgendes „Schema Nr. 91“ einge-f�gt: „Chronische obstruktive Bronchial-Lungen-Erkrankung bei Kohlebergleuten“.Unter Beschreibung der Krankheit heißt es: „Chronische obstruktive Bronchial-Lun-gen-Erkrankung, die zu einem chronischen Atmungsdefizit f�hrt. Sie wird durch dieVerbindung von klinischen Befunden wie Dyspnoe, Husten, �berm�ßiger Sekretionder Bronchien und einem obstruktiven Atmungssyndrom mit einer Senkung des maxi-malen Atmungsvolumens (V.E.M.S.) um mindestens 40 % in bezug auf den theoreti-schen Mittelwert charakterisiert. Diese Senkung ist außerhalb von akuten Anf�llen zuermitteln. Voraussetzung ist eine Exposition von 10 Jahren durch Unter-Tage-Arbeitin Kohlenzechen.“ (Beschluß der franzçsischen Regierung vom 23.12.1992, TableauNo. 91: „Bronchopneumopathie chronique du mineur de carbon“).
VIII. Neuere Einzelarbeiten
C. SOUTAR, S. CAMPBELL, D. GURR, M. LLOYD, R. LOVE, H. COWIE, A. CO-WIE, A. SEATON: Import and deficits of lung function in three modern colliery po-pulations. Relation with dust exposure (Am. Rev. Respir. Dis. 1993: 147, 797–893)
Die Ergebnisse fr�herer Studien best�tigen den sch�digenden Effekt der kumulier-ten Kohlengrubenstaubmenge auf die Lungenfunktion. In neueren Untersuchungenzwischen 1981 und 1986 konnte ein derartiger Zusammenhang nurmehr bei den An-gehçrigen einer Kohlengrube nachgewiesen werden. Bei Nichtrauchern ohne Staub-belastung wurde in 3,5 % der F�lle und nach einer Kohlenstaubbelastung von 400gh/m� (entspricht etwa 7 mg/m�) in 20 %, bei Rauchern in 10,5 % bzw. 45 % eineFunktionseinbuße festgestellt. Die Verbesserung des Gesundheitszustandes der Mit-arbeiter in den beiden anderen Kohlenrevieren wird auf die Wirkung pr�ventiverMaßnahmen seit 1970 zur�ckgef�hrt.
Diese Publikation ist nach Meinung des SV-BR nicht geeignet, die generelle Eig-nung der chronischen Bronchitis als Berufskrankheit unter den empfohlenen Voraus-setzungen in Frag zu stellen. Allerdings weist sie darauf hin, daß mit zunehmenderVerminderung der Staubexposition in Zukunft eine Verdoppelung des Erkrankungs-risikos nach 20j�hriger Exposition nicht mehr besteht, weshalb anstelle eines reinenZeitbezuges der Expositionsdauer eine kumulative Kohlengruben-Feinstaubdosis alsKriterium vorzuziehen war.
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426 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
A. D. OXMAN, D. C. F. MUIR, H. S. SHANNON, S. R. STOCK, E. HNIZDO, H. J.LANGE: Occupational dust exposure and chronic obstructive pulmonary disease. Asystematic overview of the evidence (Am. Rev. Respir. Dis. 1993: 148, 38–48)
Es wurde eine Metaanalyse von Studien mit quantitativer Messung der Staub-exposition in Assoziation mit chronischer obstruktiver Lungenerkrankung bei 13Mitteilungen �ber 4 Kohorten, davon eine im Goldbergbau, drei im Kohlenbergbau,durchgef�hrt. Auch die deutsche DFG-Bronchitis-Studie 1976/81 ist ber�cksichtigt.Die Arbeiten fanden eine statistisch signifikante Assoziation zwischen Lungenfunk-tionsminderung und Staubkumulation. Die Sch�tzungen ergaben, dass 80 von 1 000Nichtraucher-Bergleuten mit einer kumulative Staubexpositionsdosis von 122,5gh/m�, entsprechend 35 Jahren Arbeit unter einer Staubexposition von 2 mg/m�, un-ter dem Risiko stehen, eine klinisch bedeutsame Minderung des Atemstoßtestes vonmehr als 20 % zu erwerben. F�r Raucher betrug das Risiko 66 von 1 000. Aus zweiStudien schließen die Autoren, daß nach Einwirkung der genannten Staubmenge un-ter 1 000 Nichtrauchern 45 eine dieser Einwirkung zuzuordnende chronische Bron-chitis entwickeln. Unter 1 000 Rauchern betr�gt die Zahl 74. Das geh�ufte Auftreteneines Lungenemphysems ohne Pneumokoniose konnten die Autoren bei Steinkohlen-bergleuten aufgrund ihrer Metaanalyse nicht sichern.
Die Ergebnisse unterst�tzen qualitativ die in den dargestellten Literatur�bersich-ten enthaltenen Aussagen �ber den Zusammenhang zwischen chronischer obstrukti-ver Bronchitis oder Emphysem nach langj�hriger, in der Regel mindestens 20j�hrigerT�tigkeit unter Tage im Steinkohlenbergbau.
IX. Kumulative Feinstaubdosis:
Die Dokumentation der Staubexposition im deutschen Steinkohlenbergbau ist nachH. D. Bauer seit den sechziger Jahren l�ckenlos. Die vorhandenen Messergebnissekçnnen aufgrund gleicher methodischer Ans�tze direkt mit jenen in Großbritannienvergleichen werden. Die f�r die tracheobronchiale Belastung wesentliche thorakaleGesamtstaubfraktion ist nach H. D. Bauer mit der Feinstaubkonzentration eng asso-ziiert. Deshalb kann f�r die Berechnung der kumulativen Dosis die mittels des Gravi-kon-Ger�tes (MPG II) ermittelte Feinstaubkonzentration eingesetzt werden. Zur Um-rechnung der fr�her tyndalloskopisch erfassten Gesamtstaub- auf Feinstaubwertedient n�herungsweise der Faktor 0,3.
LANGE errechnet in einer Tischvorlage vom 22.10.1994 f�r die 20. Sitzung desSV-BR am 29.11.1994 aus Daten von 267 Nichtrauchern und 823 Rauchern, die erder DFG-Studie (VALENTIN et al. (1981)) entnimmt, eine Verdoppelung des relati-ven Risikos f�r einen Steinkohlenbergarbeiter, an einer obstruktiven Bronchitis zu er-kranken, zwischen Kumulationswerten von 78 (Nichtraucher; 4,1 mg/m� Feinstaub-belastung w�hrend 19 Jahren T�tigkeit unter Tage) und 92 (Raucher; 4,2 mg/m�Feinstaubbelastung w�hrend 22 Jahren T�tigkeit unter Tage). Er stellt fest, daß auchbei JACOBSEN (1994) f�r Nichtraucher eine Verdoppelung bei einer kumulativenExposition von 86 zu ersehen ist. Der Wert f�r eine Verdoppelung des Risikos nach
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 427
20j�hriger T�tigkeit unter Tage kann auch aus der Formel von MARINE et al. Mit 94errechnet werden. Mittels des logistischen Modells von LANGE und ULM (1983) be-rechnete LANGE (19.10.1994) f�r Raucher und Nichtraucher gemeinsame Fein-staub-Verdoppelungsdosen zwischen 75 (3,4 mg/m�; 22 Jahre) und 108 (5,7 mg/m�;19 Jahre).
LANGEs fr�here Berechnungen anhand von Tabellen (Schreiben vom 18.3.1994an den BMA) kamen grçßenordnungsm�ßig zu denselben Resultaten (Nichtraucher:4mg/m� x 19 Jahre = 76; Raucher: 4 mg/m� x 22 Jahre = 88).
Nach zus�tzlicher m�ndlicher Erl�uterung am 29.11.1994 vor dem SV-BR, ins-besondere hinsichtlich eines nat�rlichen Altersgangs, schl�gt LANGE als kumulativeFeinstaubdosis 100 [(mg/m�) x Jahre] schichtbezogen als mehrfach begr�ndetes Aner-kennungskriterium f�r eine Risikoverdoppelung des Erkrankungseintritts an chro-nischer obstruktiver Bronchitis oder Lungenemphysem vor.
Der SV-BR hat außerdem die Ausf�hrungen von JACOBSEN (1994) getrennt vonden Darstellungen LANGEs gew�rdigt. Auch unter Ber�cksichtigung einer gewissenStreubreite und der Hinweis auf das partielle Wirksamwerden eines Healthy WorkerEffects zeigen die Graphiken „Feinstaub-Summenwerte“, die zu einer relativen Risi-koverdoppelung f�hren, in Hçhe von 90 [(mg/m�) x Jahre] f�r Nichtraucher und60–200 [(mg/m�) x Jahre] bei Rauchern bis zu 35 Jahren Exposition.
X. BAUR et al. legten dem SV-BR eine erg�nzte Fassung vom 9.11.1994 ihrer Lite-raturstudien vor. BAUR erl�uterte seine zusammengefaßten Ergebnisse und Empfeh-lungen schriftlich am 25.3.1994 und (Eingang am) 18.11.1994 sowie m�ndlich am29.11.1994. Auch dieser extern zugezogene Sachverst�ndige kommt zu grçßenord-nungsm�ßig gleicher Risikobeurteilung.
Die Gutachter vertreten einheitlich die Auffassung, daß die von SEIXAS et al.(1992) gefundene Dosis-Wirkungsbeziehung, die zu deutlich kleineren Verdoppe-lungsdosen f�hrt, wegen Unzul�nglichkeit der verwendeten Daten keine Ber�cksichti-gung f�r die anh�ngige Grenzwertfindung erfahren soll.
Der SV-BR hat auch die Frage diskutiert, ob Mittelwerte oder obere Konfidenz-intervalle f�r die Deklarierung des relevanten Staubsummenwertes eingesetzt werdensollen. Mehrheitlich bestand die Meinung, daß die Mittelwerte bevorzugt werden, dadie Abweichungen nach oben und unten gleich verteilt sind.
Nach sorgf�ltiger Abw�gung der vorgetragenen Argumente, Berechnungsgrund-
lagen und Einw�nde kommt der SV-BR zu der Auffassung, daß als kumulative Stein-
kohlengrube-Feinstaubdosis, die zu einer Verdoppelung des Erkrankungsrisikos
f�hrt, 100 [(mg/m�) x Jahre] schichtbezogen eine generell gesicherte und f�r die Ver-
ordnungsgeber bestmçgliche Sch�tzgrçße darstellt. Hierbei ist sich der SV-BR be-wußt, daß die Unter-Tage-T�tigkeit im Steinkohlenbergbau neben der Staubbelastungmit zus�tzlichen erkrankungsbeg�nstigenden Einwirkungen wie Arbeitsschwere, Hit-ze, Gase, D�mpfe verbunden ist, welche indirekt bei der Generierung des Staubsum-menwertes Eingang gefunden haben.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 442
428 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
X. Zusammenfassende Wertung:
Die Ergebnisse der epidemiologischen Untersuchungen hinsichtlich der generellenEignung sind koh�rent. Es wird eine Dosis-Wirkungsbeziehung zwischen Staubbelas-tung und dem Auftreten von CHRONISCHER BRONCHITIS und EMPHYSEMauch ohne Vorhandensein von radiologischen Ver�nderungen erkennbar. F�r die Be-antwortung der Frage eines Zusammenhanges zwischen langj�hriger T�tigkeit unterTage im Steinkohlenbergbau mit einer kumulativen Feinstaubdosis von 100 [(mg/m�)x Jahre] einerseits und CHRONISCHER OBSTRUKTIVER BRONCHITIS oder EM-PHYSEM andererseits sind folgende Kriterien hinsichtlich der Kausalit�tsbeurteilungstatistisch erkannter Assoziationen erf�llt (nach B. HILL):
1. St�rke der Assoziation,2. Konsistenz der Ergebnisse von Studie zu Studie,3. Zeitlicher Verlauf: bei den geschilderten Studien an Bergleuten ist es erkennbar,
daß die Unter-Tage-T�tigkeit dem Auftreten von chronischer Bronchitis und Em-physem vorangegangen ist, da Bergleute mit chronischer Bronchitis und Emphy-sem nicht angelegt (angestellt) werden;
4. Nachweis von Dosis-H�ufigkeits- bzw. Dosis-Wirkungsbeziehungen,5. Plausibilit�t,6. Die Ergebnisse stehen im Einklang mit pathologisch-anatomischen Resultaten.Im Einzelfall m�ssen aber nach B. HILL nicht alle Kriterien erf�llt sein.
Die zur Aufnahme in die Berufskrankheitenliste empfohlene Erkrankung erf�llt dieVoraussetzungen nach dem BSG-Urteil vom 30.1.1986–2 RU 80/84: Es bestehen derNachweis einer F�lle gleichartiger Gesundheitsbeeintr�chtigungen und eine langfris-tige zeitliche �berwachung derartiger Krankheitsbilder in einer bestimmten Per-sonengruppe im Rahmen der versicherten T�tigkeit, so daß man mit Sicherheit daraufschließen kann, dass die Ursache f�r die Krankheit in einem sch�digenden Arbeits-leben liegt.
XI. Ergebnis:
Beurteilt man die in I.) – V.) dargestellten neuen Studien-Ergebnisse und die Erçrte-rungen unter VI.) – X.), so ergibt sich, dass ihre Synopsis den in § 551 Abs. 1 RVO ge-forderten Voraussetzungen entspricht. Deshalb empfiehlt der SV-BR, „Chronischeobstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlen-bergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Feinstaubdosis von in derRegel 100[(mg/m�) x Jahre]“ in die Anlage 1 der Berufskrankheiten-Verordnung alsneue Berufskrankheit aufzunehmen.
Die mit unterschiedlichen methodischen Ans�tzen, die jeweils im einzelnen unter-schiedliche Schwachpunkte aufweisen mçgen, gewonnenen Erkenntnisse stimmen�berein.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 443
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 429
Anhang: Tafeln 1–4
Anhang Tafel 1
aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 41
P1/% ORkrit Skrit Ckrit
/ghm-3 /mg·m-3
Nichtraucher
FEV1 <80 % 10,0 2,25 263 4,7
CB 7,7 2,18 189 3,4
CB und FEV1 <80 % 1,2 2,02 125 2,2
FEV1 <65 % 3,9 2,08 275 4,9
Raucher
FEV1 <80 % 23,5 2,89 317 5,7
CB 42,7 7,85 1451 25,9
CB und FEV1 <80 % 13,8 2,38 277 4,9
FEV1 <65 % 10,9 2,28 431 7,7
Tab. 3: F�r Nicht-Raucher bzw. Zigaretten-Raucher im Alter von 55 Jahren gesch�tzte Grundpr�valenz
P1 ohne Staubbelastung sowie kritische Odds Ratio ORkrit, kritische Staubsumme Skrit und zuge-
hçrige kritische durchschnittliche Staubkonzentration Ckrit, die mit einer Verdoppelung der
Grundpr�valenz P1 bei einer angenommenen Staubbelastung von 35 Jahren mit 200 Schichten
pro Jahr und 8 Stunden pro Schicht verkn�pft sind. CB steht f�r „Chronische Bronchitis“. Vgl.
auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 444
430 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Anhang Tafel 2
aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 45
4.3.3 Auswertung im Hinblick auf eine Verdoppelung des Risikos im Arbeitsleben
Die Auswertung von Tabelle 13a in LANGE und ULM (1983), S. 42, zeigtdie nachstehende Tabelle.
P1/% ORkrit Skrit Ckrit
/ghm-3 /mg·m-3
Nichtraucher
cbR 23,9 2,92 – 16,9
Raucher
cbR 44,4 9,93 – 36,2
Tab. 4.: F�r Nicht-Raucher bzw. Zigaretten-Raucher gesch�tzte Grundpr�valenz P1 ohne Staubbelastung
sowie kritische Odds Ratio ORkrit und die zugehçrige kritische durchschnittliche Staubkonzentra-
tion Ckrit bei einer angenommenen T�tigkeit von 35 Jahren im untert�gigen Staubbetrieb, die
mit einer Verdoppelung der Grundpr�valenz P1 verkn�pft sind. Zielgrçße ist die chronische bron-
chiale Reaktion (cbR). Vgl. auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 445
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 431
Anhang Tafel 3
aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 52
Tabelle 6 enth�lt eine Zusammenstellung der kritischen Konzentrationen ckrit, dienach Auswertung der logistischen Modelle in Collins et al. (1988), Marine et al.(1988) sowie Lange und Ulm (1983) als Mindestdurchschnittsbelastung innerhalbeines 35j�hrigen Arbeitslebens notwendig sind, um die Grundpr�valenz bei staubun-belasteten Nicht-Rauchern bzw. Rauchern durch die Exposition zu verdoppeln (vgl.Kapitel 4).
Ckrit/mg/m�
Nicht-Raucher Raucher
Collins et al. 1988
(Streuung = 0/0, ILO 1980)
CB ohne Atemnot 5,4 7,7
Atemnot 3,3 4,1
Marine et al. (1988)
FEV1 < 80 % 4,7 5,7
CB 3,4 25,9
CB und FEV1 < 80 % 2,2 4,9
FEV1< 65 % 4,9 7,7
Lange und Ulm (1983)
cbR 16,9 36,2
Tab. 6.: Kritische Feinstaubkonzentration ckrit f�r Nicht-Raucher und Raucher im Alter von 55 Jahren bei
einer unterstellten untert�gigen Exposition von 35 Jahren mit 200 Schichten pro Jahr und 8
Stunden pro Schicht. CB = chronische Bronchitis, cbR = chronische bronchiale Reaktion. Verglei-
che auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 446
432 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Anhang Tafel 4
aus PIEKARSKI und MORFELD 1993, S. 54
Ckrit/mg/m�
Alter = 40 a und Alter = 35 a und
Exposition = 20 a Exposition = 15 a
Nicht-Raucher Raucher Nicht-Raucher Raucher
Collins et al. 1998
(Streuung =
0/0, ILO 1980)
CB ohne Atemnot 9,6 14,7 12,9 20,2
Atemnot 5,5 6,4 7,3 8,3
Marine et al. 1988
FEV1 < 80 % 8,1 7,9 10,8 10,2
CB 6,0 8,3 8,0 8,2
CB und FEV1 < 80 % 3,9 4,2 5,3 4,8
FEV1 < 65 % 8,4 4,9 11,2 5,5
Tab. 7.: Kritische Feinstaubkonzentration Ckrit f�r Nicht-Raucher und Raucher im Alter von 40 (bzw. 35)
Jahren bei einer unterstellten untert�gigen Staubexposition von 30 (bzw. 15) Jahren mit 200
Schichten pro Jahr und 8 Stunden pro Schicht.
CB = Chronische Bronchitis. Vergleiche auch die Ausf�hrungen zur Methodik im Anhang.
Tabelle 6 und 7 zeigen tendenziell zunehmende kritische Feinstaubkonzentrationenbei abnehmender Expositionsdauer trotz des geringeren Alters.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 447
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 433
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 448
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Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 11 Chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von
Bergleuten
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 450
436 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Wissenschaftliche Begr�ndung
zu der Berufskrankheit Nr. 41 12 Anlage BKV
Bundesarbeitsblatt 9/2001, 37–59
Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Siliziumdioxid (SiO2) bei
nachgewiesener Quarzstaublungenerkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)
Klinische Zuordnung:Pneumologie
1. Aktueller Erkenntnisstand
1.1. Physikalisch-chemische Charakteristik der urs�chlich sch�digenden
Einwirkung
Die kristallinen Modifikationen des Siliziumdioxids (SiO2) sind vorrangig unter denBezeichnungen Quarz, Cristobalit und Tridymit bekannt, wenngleich dar�ber hinauseine Vielzahl weiterer Modifikationen existiert (Abbildung 1, Weiss et al. 1982).
Bergkristall
Rauchquarz Citrin Amethyst Rosenquarz Gangquarz
Saphirquarz Merion Katzenauge Tigerauge Eisenkiesel Milchquarz Falkenauge Gangquarz
FaserquarzZepterquarz KappenquarzTrümmerquarzPorphyrquarzFensterquarz
Minerale Gestein
kryptokristalliner Quarz Chalzedon
Minerale
Tief- und Hoch-Cristobalit
Tief- und Hoch-Tridymit
Coesit
Stishovit
Keatit
Melanophlogit
Faserige Kieselsäure
Quarzit Kiesel- Schiefer Lydit
Sand- stein
Quarzsand Quarzkies
Hoch-QuarzTief-Quarz kristalliner Quarz
farbig und mit Einschlüssen
wasserklar transparent nicht transparent
durch besondereFormen gekennzeichnet
Sio2
573°C
kompakt lose
Synthetisches amorphes Sio2
Sinter-, Tuff- underdige Bildungen
Kieselsinter (Geyserit)Perlsinter Kieseltuff Diatomeenerde Kieselgur, Triple Polierschiefer Moler Erde
Hornstein Feuerstein (Flintstein) Silexstein
vorwiegend grau trüb
farbig geschichtet faserig
Carneol Chrysopras Plasma Heliotrop Jaspis Sarder
Achat Onyx Sardonyx Moosachat
Quarzin
natürliches amorphes SiO2 Opal
wasserfrei wasserhaltig
Edelopal, Feueropal, Hydrophan (Milchopal),Hyalit, Glasopal, Prasopal, Jasopal, Holzopal
wasserfrei
Kieselglas(Quarzglas, Quarzgut)
wasserhaltig
Kieselsol, Kieselgel, gefällteund pyrogene Kieselsäure
Kieselglas (Lechatelierit, Fulgurit)
Abb. 1: Ausbildungsformen und Modifikationen des SiO2 (nach Weiss et al. 1982)
Es handelt sich meist um glasklare, evtl. auch unterschiedlich gef�rbte oder einge-tr�bte Kristalle mit großer H�rte und piezoelektrischen Eigenschaften. Sie sind gegen-
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 451
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 437
�ber S�uren, mit Ausnahme von Fluorwasserstoff, best�ndig, kçnnen aber von alka-lischen Lçsungen angegriffen werden.
1.2. Vorkommen und Gefahrenquellen
Quarz ist das zweith�ufigste Mineral in der Erdkruste. Es kommt in vielen Gesteinenzu nicht unerheblichen Anteilen und demzufolge auch in den daraus durch Verwitte-rung entstandenen Bçden vor.
Arbeitsbedingte Gefahrenquellen bestehen durch Staubentwicklung bei der Ge-winnung, Bearbeitung oder Verarbeitung insbesondere von Sandstein, Quarzit, Grau-wacke, Kieselerde (Kieselkreide), Kieselschiefer, Quarzitschiefer, Granit, Gneis, Por-phyr, Bimsstein, Kieselgur und keramischen Massen*.
Im Detail sind insbesondere die Natursteinindustrie (Gewinnung, Verarbeitungund Anwendung von Festgesteinen, Schotter, Splitten, Kiesen, Sanden), das Gießerei-wesen (Gießform- und Kernformsande), die Glasindustrie (Glasschmelzsande), dieEmail- und keramische Industrie (Glasuren und Fritten, Feinkeramik), die Herstellungfeuerfester Steine und die Schmucksteinverarbeitung zu nennen. Weiterhin wirdQuarzsand bzw. Quarzmehl als F�llstoff (Gießharze, Gummi, Farben, Dekorputz,Waschpasten), als Filtermaterial (Wasseraufbereitung) und als Rohstoff – z. B. f�r dieHerstellung von Schwingquarzen, Siliziumcarbid, Silikagel, Silikonen bei der Kristall-z�chtung – eingesetzt. Die Verwendung als Schleif- und Abrasivmittel (Polier- undScheuerpasten) oder gar als Strahlmittel ist eher aus historischer Sicht zu erw�hnen.
Cristobalit und Tridymit kommen ebenfalls in einigen Gesteinen vor. Sie sindnachzuweisen, wenn Diatomeenerden, Sande oder Tone einer hohen Temperatur aus-gesetzt wurden, so z. B. in feuerfesten Steinen und gebrannter Kieselgur.
Synthetische Cristobalitsande und -mehle werden als F�llstoffe in Farben und La-cken, in keramischen Fließmassen, in Scheuermitteln sowie als Bestandteil von Ein-bettmassen f�r den Pr�zisionsguss verwendet.
Als potentiell besonders durch lungeng�ngige Quarzst�ube exponierte Berufs-gruppen sind Erz- (einschließlich Uranerz-) bergleute, Tunnelbauer, Gussputzer, Sand-strahler, Ofenmaurer, Former in der Metallindustrie zu nennen, weiterhin Personen,die bei der Steingewinnung, -bearbeitung und -verarbeitung oder in grob- und feinke-ramischen Betrieben sowie in Dentallabors besch�ftigt sind.
1.3. Kenntnisse zur Wirkung am Menschen
1.3.1. Pathomechanismen
Bez�glich der Wirkung von einatembarem kristallinen Siliziumdioxid sind zwei pa-thogenetische Mechanismen zu unterscheiden:
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 452
* Zu Gefahrenquellen durch Quarzstaubexposition im Steinkohlenbergbau s. Abschnitt1.3.4
438 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
a. die nach Alveolardeposition von Fibroblasten ausgehende fibrogene Wirkung, de-ren Kenntnis im Jahre 1929 zur Aufnahme der Silikose in die Liste der Berufs-krankheiten f�hrte und
b. eine prim�r die Epithelzellen der mittleren und tiefen Atemwege betreffende kan-zerogene Wirkung.
Die allgemeinen Wirkungen von kristallinen SiO2-Partikeln beruhen auf einer direk-ten Wechselwirkung der Kristalloberfl�che mit Zellmembranen oder Zellfl�ssigkei-ten. Bis heute sind erhebliche Fortschritte in der Aufkl�rung der genauen Mechanis-men f�r die beiden „Wirklinien“ zu verzeichnen. Allerdings besteht noch keineKlarheit dar�ber, ob die quarzstaubbedingte Lungenfibrose (Silikose) eine Vorbedin-gung f�r die Entstehung von Lungenkrebs ist. Gut und seit langem bekannt sind dage-gen die Zytotoxizit�t in Form einer makrophagenzerstçrenden Wirkung und der„Lymphotropismus“ von Quarzstaub (Woitowitz in: Valentin et al. 1985).
Quarzstaubpartikel, die im Alveolarraum deponiert werden, kçnnen von Alveo-larmakrophagen phagozytiert werden. In Kçrperfl�ssigkeiten ist Quarzstaub kaumlçslich. Die mit Partikeln beladenen Makrophagen werden durch die physiologischenReinigungsmechanismen z. T. mukoziliar entfernt, z. T. aber in das Lungenintersti-tium weitertransportiert und u. a. in den Lymphknoten deponiert (Rom et al. 1991,Becklake 1994). Diese Clearence kann durch Zigarettenrauchen, ebenso durch dieunmittelbar zytotoxische Wirkung von SiO2 behindert werden. Phagozytierte Quarz-partikel aktivieren die Alveolarmakrophagen. Es kommt zu deren Proliferation undzur erhçhten Bildung von Sauerstoffradikalen und reaktiven Stickstoffoxidspezies.Zus�tzlich werden z. T. zelltoxische Zytokine, bioaktive Lipide, Wachstumsfaktorenund Proteasen frei. Sie kçnnen eine chronische entz�ndliche Reaktion bewirken, inderen Rahmen eine direkte Parenchymsch�digung ausgelçst, die Kollagensynthese sti-muliert (Begin 1987, Ghio et al. 1990, Rom et al. 1987, Lapp et al. 1993, Becklake1994, Vanhee et al. 1995) werden oder- vorrangig durch den „oxidativen Stress“ –Mutationen in Epithelzellen, z. B. durch Inaktivierung von Tumor-Suppressorgenenoder Aktivierung von Protoonkogenen, erfolgen kçnnen. In vitro kann Quarz in zell-freien Systemen DNA-Sch�den, in S�ugerzellen auch Mikronuklei und Zelltransfor-mationen induzieren. Ob diese experimentell nachgewiesenen DNA-Sch�den auch invivo vorkommen, ist fraglich.
In Tierversuchen konnte die Entwicklung von Tumoren nach Applikation vonQuarzstaub induziert werden, f�r deren Entstehung in Abbildung 2 der heutige Wis-sensstand �ber den Pathomechanismus dargestellt ist (Donaldson und Borm 1998;Driscoll et at. 1998; IARC 1997; Shi et al. 1998; Vallyathan et al. 1998).
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 453
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 439
Oxidativer Stress
DNA- Schädigung
Zellfunktion CA24, p53
AP-1Aktivierung
NFKB Aktivierung
Persistierende Inflammation
Krebs
Onkogene Cytokine, Wachstumsfaktoren
Cytokine, Chemokine
Mutation
Exzeß - Proliferation
Epithelzell
Quarzstaub (alveolengängiger Anteil)
Makrophag
Azelluläre (direkte) ROS +
zelluläre ROS
Abb. 2: Mechanismus der quarzstaubbedingten Tumorgenese (Donaldson und Borm, 1998, Driscoll et
al. 1998; IARC 1997; Shi et al. 1998; Vallyathan et al. 1998 und Woitowitz 1999)
Als Indiz f�r eine Genotoxizit�t beim Menschen werden trotz einger�umter Schw�-chen die Ergebnisse zytogenetischer Untersuchungen an peripheren Lymphozytenzitiert (Sobti und Bhardwaj 1991). Bei 50 gegen�ber Sandsteinstaub exponierten indi-schen Arbeitern war die H�ufigkeit von Chromosomenaberrationen und Schwester-chromatidaustausch auch nach Ausschluss des Einflusses der Rauch- und Trinkge-wohnheiten signifikant hçher als bei 25 Kontrollpersonen.
Die vorliegenden Erkenntnisse �ber den allgemeinen Wirkungscharakter und dieKinetik des Quarzstaubes im Organismus sowie die nachstehend referierten Ergeb-nisse epidemiologischer Studien veranlassten die IARC (International Agency for Re-search on Cancer), im Jahre 1997 Quarz als „krebserregend f�r den Menschen“ ein-zustufen.
Die Senatskommission zur Pr�fung gesundheitssch�dlicher Arbeitsstoffe derDeutschen Forschungsgemeinschaft nahm 1999 eine Neubewertung von Quarz vor.Dabei wurde die krebserzeugende Wirkung von Siliziumdioxid (kristallin) – Quarz-,Cristobalit-, Tridymitstaub (alveoleng�ngiger Anteil – identisch mit der �lteren Defi-nition „Feinstaub“-Formel SiO2) nach „Kategorie 1“ eingestuft. Diese Kategorie be-zeichnet „Stoffe, die beim Menschen krebserzeugend wirken und bei denen davonauszugehen ist, dass sie einen nennenswerten Beitrag zum Krebsrisiko leisten“. In derMAK- und BAT-Werte-Liste 1999 wird demzufolge die Einstufung von kristallinemSiliziumdioxid (Quarz, Cristobalit, Tridymit) in Kategorie 1 der krebserzeugenden
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 454
440 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Arbeitsstoffe ausgewiesen. Die ausf�hrliche wissenschaftliche Begr�ndung daf�r fin-det sich bei Greim (Hrsg., 1999).
1.3.2. Krankheitsbilder und Diagnosen
Bez�glich der aus der fibrogenen Wirkung von Quarzstaub resultierenden Er-krankungen (Silikose und Siliko-Tuberkulose) kann auf die zu den BerufskrankheitenNr. 4101 und 4102 existierende und in den jeweiligen Merkbl�ttern zitierte Literaturverwiesen werden (Bek. des BMA vom 3. Februar 1998 – IVa 4-45206-4101/4102;BArbBl 4/1998, S. 61 ff).
F�r die neu zu begr�ndende Berufskrankheit ist die hçhere H�ufigkeit von Lun-genkrebs (Synonym: Bronchialkarzinom) bei gegen�ber kristallinem SiliziumdioxidExponierten im Vergleich zur „�brigen Bevçlkerung“ relevant.
In einer Reihe von Industrie- und Wirtschaftszweigen wurde epidemiologisch eine�berh�ufigkeit von Lungenkrebs beobachtet. Dies gilt vorrangig f�r den Erzbergbau,die Gewinnung und Bearbeitung von Naturstein, die keramische Industrie, Silikat-und Tonsteinindustrie, die Aufbereitung und den Umschlag von Diatomeenproduktenund die Gießereiindustrie.
Die dabei makroskopisch und rçntgenologisch fassbaren Tumorlokalisationen,ebenso die histomorphologischen Eigenschaften lassen keine spezifischen Merkmalein Abh�ngigkeit von der Staubexposition erkennen. Als f�hrende histologischeWachstumsmuster werden sowohl plattenepithelial und dr�sig als auch kleinzelligdifferenzierte Tumoren diagnostiziert (M�ller 1999).
Die anzuwendende Diagnostik und Therapie unterscheidet sich nicht vom Vor-gehen bei Lungenkrebs anderer oder unbekannter Genese.
1.3.3. Erkenntnisse aus epidemiologischen Studien
Ausf�hrliche Darstellungen und Bewertungen epidemiologischer Studien sind in derMonographie der IARC (1997), durch die Senatskommission zur Pr�fung gesund-heitssch�dlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Greim –Hrsg., 1999) und von Heuchert (1999) vorgenommen worden.
F�r die systematische arbeitsmedizinisch-epidemiologische �bersicht wurden– 48 Kohortenstudien, einschließlich eingebetteter Fall-Kontroll-Studien, zur Ana-
lyse der Beziehung zwischen silikoseinduzierender Staubexposition und Lungen-krebs,
– 9 Fall-Kontroll-Studien zur Beziehung zwischen silikoseinduzierender Staubexpo-sition und Lungenkrebs,
– 23 Kohortenstudien zur Analyse der Beziehungen zwischen quarzstaubinduziertenPneumokoniosen und Lungenkrebs und
– 2 Metaanalysen von Studien zu Beziehungen zwischen Pneumokoniose und Lun-genkrebs ber�cksichtigt.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 455
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 441
Eine �bersicht dazu vermitteln die Tabellen 1 bis 4:
Tab. 1.: Kohortenstudien (mit eingebetteten Fall-Kontroll-Studien) zur Beziehung zwischen silikosein-
duzierender Staubexposition und Lungenkrebs
Herkunft Autoren Jahr
Goldminenarbeiter in South Dakota/USA McDONALD et al.
STEENLAND & BROWN
(1978)
(1995)
Goldminenarbeiter/S�dafrika HNIZDO &
SLUIS-CREMER
HNIZDO et al.
REID & SLUIS-CREMER
(1991)
(1997)
(1996)
Goldminenarbeiter in Ontario/Canada KUSIAK et. al. (1991)
Goldminenarbeiter in Westaustralien DE KLERK & MUSK (1998)
Bergleute aus den Haematiterzgruben von Longyan
und Taochong/China
CHEN et al. (1990)
Bergleute aus Zinnerzgruben der Region
Cornwall/Großbritannien
HODGSON & JONES (1990)
Bergleute aus Kupfer. oder
Zinkerzminen/Ostfinnland
AHLMAN et al. (1991)
Bergleute aus verschiedenen Erzbergwerken ohne
Exposition im Uranbergbau und ohne Exposition
gegen�ber Dieselrusspartikel/USA
AMANDUS &
COSTELLO
(1991)
Erzbergleute und
Keramikarbeiter/S�d-Zentralchina
CHEN et al.
McLAUGHLIN et al.
(1992)
(1992)
�bertagebergleute aus Taconit
(Eisenjaspiliterz)minen/Minnesota, USA
COOPER et al. (1992)
Bergleute aus Blei- und Zinkruinen auf
Sardinien/Italien
COCCO et al.
CARTA et al.
COCCO et al.
(1994a)
(1994)
(1994b)
Granitsteinarbeiter in Vermont/USA COSTELLO & GRAHAM (1988)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 456
442 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Fortsetzung
Herkunft Autoren Jahr
Steingewinner und –bearbeiter/D�nemark GU�NEL et al. (1989)
Steinmetze/Japan EBIHARA & KAWAMI (1998)
Schiefergrubenarbeiter/Deutschland MEHNERTet al. (1990)
Steinbrucharbeiter/USA COSTELLO et al. (1995)
Besch�ftigte in der Stein-, Steinbruch- und
Keramikindustrie/Deutschland
ULM & WASCHULZIK
ULM et al.
(1998)
(1999)
Besch�ftigte in der Keramikindustrie/USA THOMAS (1982)
Sanit�rkeramikarbeiter/USA THOMAS & STEWART
THOMAS
(1987)
(1990)
Besch�ftigte in der Keramikindustrie/Niederlande MEIJERS et al. (1996)
Keramikhersteller (Pottery
Workers)/S�d-Zentralchina
CHEN et al.
McLAUGHLIN et al.
(1992)
(1992)
Keramikhersteller (Pottery
Workers)/Großbritannien
WINTER et al.
McDONALD et al.
CHERRYet al.
BURGESS et al.
CHERRYet aI.
McDONALD et al.
CHERRYet al.
(1990)
(1995)
(1995)
(1997)
(1997)
(1997)
(1998)
Besch�ftigte in der Herstellung feuerfester
Silikasteine/Italien
MERLO et al.
PUNTONI et al.
(1991)
(1988)
Besch�ftigte in der Herstellung feuerfester Silika-
und Tonsteine China
DONG et al. (1995)
Diatomeenerdegewinner und -aufbereiter
(Kieselgur) in S�dkalifornien/USA
CHECKOWAYet al.
CHECKOWAYet al.
CHECKOWAYet al.
CHECKOWAYet al.
(1993)
(1996)
(1997)
(1999)
Diatomeenarbeiter (Gewinnung, Aufbereitung.
Transport)/Nordisland
RAFNSSON &
GUNNARS-DOTTIR
(1997)
Gießereiarbeiter/D�nemark SHERSON et al. (1991)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 457
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 443
Fortsetzung
Herkunft Autoren Jahr
Gießereiarbeiter in Michigan/USA ANDJELKOVICH et al.
ANDJELKOVICH et al.
ANDJELKOVICH et al.
(1990)
(1992)
(1994)
Tab. 2: Fall-Kontroll-Studien zur Beziehung zwischen silikoseinduzierender Staubexposition und Lun-
genkrebs
Herkunft Autoren Jahr
Norditalien, Region Belluno (klinikbasiert) MASTRANGELO et al. (1988)
S�dafrika (autopsieregister- und industriebasiert,
Goldminenarbeiter)
HESSEL et al. (1990)
Provinz Guangxi/China (industriebasiert,
Zinnbergleute)
FU et al. (1994)
New Mexico/USA (industriebasiert, Uranbergleute) SAMETet al. (1994)
Westaustralien (industriebasiert,
Goldminenarbeiter)
de KLERK et al. (1995)
Zentralitalien (populationsbasiert in einer Region
mit traditioneller Bodenst�ndigkeit von
keramischen Betrieben)
FORASTIERE et al.
LAGORIE et al.
(1986)
(1990)
Niederlande (klinik- bzw. autopsieregisterbasiert
mit regionalem Bezug zur feinkeramischen
Industrie)
MEIJERS et al. (1990)
China (industriebasierte eingebettete
Fall-Kontroll-Studie, Eisen- und Stahlindustrie)
XU et al. (1996)
Deutschland (bevçlkerungsbasiert) BOLM-AUDORFF et al. (1998)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 458
444 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Tab. 3: Kohortenstudien zur Analyse der Beziehungen zwischen quarzstaubinduzierten Pneumokonio-
sen und Lungenkrebs
Herkunft Autoren Jahr
Schwedisches Silikoseregister WESTERHOLM (1980)
Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in der
Region Piemont/Italien
RUBINO et al. (1985)
Als Berufskrankheit best�tigte entsch�digte
Silikosen/Schweiz
SCH�LER & R�TTNER (1986)
An Silikose Erkrankte aus dem Nationalen
Pneumokonioseregister/Schweden
WESTERHOLM et al. (1986)
Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in
Ontario/Canada
FINKELSTEIN et al. (1987)
Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in
Veneto/Italien
ZAMBON et al. (1987)
Als Berufskrankheit entsch�digte
Silikosen/Siliko-Tuberkulosen/�sterreich
NEUBERGER et al. (1986,
1988)
Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in der
Region Latium/Italien
FORASTIERE et al. (1989)
Als Berufskrankheit entsch�digte Silikosen in
Quebec/Canada
INFANTE-RIVARD et al. (1989)
Station�r behandelte Silikosepatienten/Japan CHIYOTANI et al. (1990)
Silikosen der Keramikarbeiter im Schwedischen
Pneumokonioseregister
TORNLING et al. (1990)
Im Rahmen der �berwachung von
staubexponierten Arbeiten diagnostizierte
Silikosen/North Carolina
AMANDUS et al.
AMANDUS et al.
AMANDUS et al.
(1991)
(1985)
(1992)
Entsch�digte Silikosen aus der Datei des Instituts
f�r Arbeitsmedizin Cagliari/Italien
CARTA et al. (1991)
Silikosen aus Granitsteinbr�chen des Nationalen
Silikoseregisters/Singapur
CHIA et al. (1991)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 459
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 445
Fortsetzung
Herkunft Autoren Jahr
Entsch�digte und nicht entsch�digte Silikosen des
Nationalen Berufskrankheitenregisters/Finnland
PARTANEN et al. (1994)
Im Rahmen der �berwachung von
staubexponierten Bergleuten diagnostizierte
Silikosen/Ontario Canada
FINKELSTEIN
FINKELSTEIN
(1995)
(1998)
Antragsteller auf Entsch�digung einer Silikose/USA GOLDSMITH et al. (1995)
In einer Berufskrankheitenklinik diagnostizierte
Silikosen/Italien
MERLO et al. (1995)
Silikosen aus 47 Bergbau- und Industriebetrieben
der Metallurgie/China
WANG et al. (1996)
Als Berufskrankheit entsch�digte
Pneumokoniosen/Japan
EBIHARA & KAWAMI (1998)
Tab. 4: Metaanalysen
Herkunft Autoren Jahr
Metaanalyse von Studien zum Lungenkrebs unter
an Silikose Erkrankten
SMITH et al. (1995)
Metaanalyse zu den Beziehungen zwischen
Pneumokoniose und Lungenkrebs
TSUDA et al. (1997)
Zur besseren Differenzierung und in Anbetracht unterschiedlicher Expositionsver-h�ltnisse wird die Bewertung der Kohortenstudien zu Beziehungen zwischen silikos-einduzierender Staubexposition und Lungenkrebs f�r unterschiedliche Wirtschafts-bereiche gesondert vorgenommen.• Die Studien aus dem Erzbergbau (Tabelle 5) lassen folgende Schlussfolgerungen
zu:(1) F�r quarzstaubexponierte Personen kann keine Verdopplung des Lungenkrebs-risikos nachgewiesen werden, wenn sich die Effektmaße auf den Vergleich mitnicht an Silikose Erkrankten oder mit einer nach dem Silikosestatus undifferen-zierten Gesamt- oder Subkohorte beziehen. Sofern sich das Lungenkrebsrisikovon Besch�ftigten mit einer hohen Quarzstaubexposition verdoppelt und das Ri-siko f�r an Silikose Erkrankte nicht kontrolliert werden kann, muss in Anbetracht
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 460
446 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
des in vielen Studien gefundenen hohen silikoseassoziierten Lungenkrebsrisikosangenommen werden, dass auch in der betrachteten Kohorte nicht diagnostizierteSilikosen vorliegen. Demzufolge ist es nach dieser Datenlage nicht mçglich, wis-senschaftlich begr�ndete Kriterien anzugeben, aus denen unabh�ngig vom Vorlie-gen einer Silikose eine Verdopplung des Lungenkrebsrisikos abgeleitet werdenkann.(2) Es ist mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit ableitbar, dass im Verlauf dermedizinischen �berwachung radiologisch diagnostizierte Silikosen/Siliko-Tuber-kulosen mit einem mehr als verdoppelten Lungenkrebsrisiko korrelieren. Im Ver-gleich mit silikoseregister-basierten Kohorten- oder mit Fall-Kontroll-Studien sinddie belegschaftsbasierten Kohortenstudien �berwiegend nicht durch „SelektionBias“ belastet. Das Lungenkrebsrisiko der an Silikose Erkrankten wird meistensdurch drei Faktoren mehr oder weniger stark untersch�tzt. Der erste Faktor be-trifft den Vergleich der an Silikose Erkrankten mit nicht an Silikose Erkrankten,deren radiologischer Status sich auf den zur�ckliegenden Zeitraum der periodi-schen �berwachungsuntersuchungen bezieht und sich in der Periode zwischendem Ende der Quarzexposition und dem Auftreten von Lungenkrebs �ndernkann, aber unkontrolliert bleibt. Der zweite betrifft den Healthy-Worker-Effekt,der – wie mehrere Studien zeigen – insbesondere bei Untertagebergleuten auchhinsichtlich des Lungenkrebsrisikos wirksam werden kann und in SMR-Studienohne zus�tzlichen internen Vergleich potentiell zu einer Untersch�tzung kanzero-gener Effekte f�hrt. Der dritte betrifft Kohorten mit einem sehr hohen Silikoseri-siko mit der Folge, dass unter den Todesursachen nichtmaligne quarzstaubindu-zierte Krankheiten mit dem Lungenkrebs konkurrieren (bias from competingrisk).(3) Die Verdopplung des Lungenkrebsrisikos unter den an Silikose Erkrankten trittunabh�ngig vom Rauchen auf, sie betrifft sowohl Raucher als auch Nichtraucher.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 461
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 447
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 462
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 463
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454 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 487
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 473
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 488
474 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 489
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 475
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 490
476 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Tab. 15: Proportion der aus 11 Studien (mit angegebenen zur Silikose attributablen Todesf�llen)
berechneten Lungenkrebstodesf�lle [Smith et al. 1995]
Autoren/Jahr Nicht
adjustiert*
Adjustiertþ Ratio
Infante-Rivard et at. 1989 0,17 0,31 1,8
Amandus et al. 1991 0,07 0,12 1,7
Carta et al. 1991 0,05 0,11 2,2
Finkelstein et al. 1987 0,08 0,13 1,6
Forastiere et al. 1989 0,12 0,17 1,4
Kurpa et al. 1986 0,14 0,23 1,6
Mehnert et al. 1990 0,10 0,16 1,6
Merlo et al. 1990 0,13 0,25 1,9
Ng et al. 1990 0,09 0,15 1,7
Puntoni et al. 1988 0,12 0,16 1,3
Zambon et al. 1986 0,08 0,10 1,3
Durchschnitt: 1,6
Range 1,3–2,2
* nicht adjustierte Proportion = alle Todesf�lle durch Lungenkrebs dividiert durch alle
Todesf�lle ohne Lungenkrebs
þ adjustierte Proportion = alle Todesf�lle durch Lungenkrebs dividiert durch alle Todesf�lle
ohne Lungenkrebs minus attributable Todesf�lle
Tab. 16: Ergebnisse der Metaanalyse zu Studien �ber die Beziehungen zwischen Silikose und Lungen-
krebs: Analyse f�r alle Studien zusammen und nach Studiendesign [Smith et al. 1995]
Alle
Studien
Kohorten Fall-
Kontroll-
Studien
MOR SIR
RR 2,2 2,0 2,5 2,0 2,7
CI95 % f�r RR 2,1–2,4 1,8–2,3 1,8–3,3 1,7–2,4 2,3–3,2
Homogenit�t
Chi-Quadrat
(FG=a- 1)
89,l** 57,7** 4,0 5,6** 4,2
Anzahl der
Studien (a)
23 14 4 2 3
** signifikante Inhomogenit�t p<0,05
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 491
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 477
Tab. 17: Ergebnisse der Metaanalyse zu Studien �ber die Beziehungen zwischen Silikose und Lungen-
krebs: Analyse f�r alle Studien nach den Quellen der Erhebung von an Silikose Erkrankten
[Smith et al. 1995]
Kompensations-
register
Silikoseregister Freiwillige
medizinische
Untersuchungen
RR 2,2 2,2 2,6
CI 95 % f�r RR 2,0–2,5 1,9–2,6 1,8–3,4
Homogenit�t
Chi-Quadrat
(FG=a- 1)
35,5** 30,5** 2,7
Anzahl der
Studien (a)
10 5 2
** signifikante Inhomogenit�t p<0,05
Tab. 18: Nach dem Rauchen adjustiertes Lungenkrebsrisiko von in die Metaanalyse einbezogenen Stu-
dien [Smith et al. 1995]
Autoren/Jahr Effektmaße und CI 95 %
Nicht adjustiert
Effektmaße und CI 95 %
F�r Rauchen adjustiert
Amandus/Costello 1991 SMR = 1,6 (0,9–2,7) SMR= 2,0 (1,2–3,2)
Amandus et al. 1991 SMR = 2,4 (1,5–3,9) SMR = 3,9 (2,4–6,4)
Cocco et al. 1990 OR = 1,9 (0,9–3,9)* OR = 2,4 (1,0–6,2)
Lagorio et al. 1990 OR = 3,4 (1,7–7,0) OR = 3,9 (1,8–8,3)
* Testbasiertes Konfidenzintervall berechnet nach Miettinen (1976)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 492
478 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Tab. 19: Lungenkrebsrisiko in Studien mit Daten f�r nichtrauchende an Silikose Erkrankte [Smith et al.
1995]
Autoren/Jahr Beobachtete
F�lle
Erwartete
F�lle
Effektmaße CI95 %
Studien, in denen die erwarteten
F�lle von Nichtrauchern berechnet
wurden
Amandus et al. 1991 4 0.5 SMR = 8,6 (3,6–20,5)
Mastrangelo et al. 1988 2 0,4 OR = 5,3 (0,5–43,5)
Studien, in denen die erwarteten
F�lle in der Bevçlkerung berechnet
wurden (Raucher und
Nichtraucher kombiniert)
Amandus/Costello 1991 1 1,9 SMR = 0,5
Carta et al. 1991 4 5,9 SMR=0,7
Chia et al. 1991 1 0,7 SIR= 1,3
Infante-Rivard et al. 1989 0 1,5 SMR = 0
Partanen et al. 1994 1 2.3 SIR = 0,4
Zambon et al. 1986 3 2,8 SMR = 1,1
= 10 = 15,1
Adjustiert*
= 3,0*
Gepoolte
SMR = 0,7
Adjustierte*
SMR = 3,3
* Insgesamt erwartete Todesf�lle durch Lungenkrebs dividiert durch 5 unter der Annahme,
dass ann�hernd 80 % der Lungenkrebsf�lle in der Bevçlkerung dem Rauchen anzurechnen
sind
Nach Ausschluss aller Studien mit einem potentiellen Bias durch Selektion ergab sichein gepooltes RR = 2,2 (CI 95 % 2,1–2,4). In den vier f�r das Rauchen adjustierten Stu-dien war das rauchenadjustierte Effektmaß f�r das Lungenkrebsrisiko bei den an Sili-kose Erkrankten hçher als die nichtadjustierten Resultate.Aus der Metaanalyse ist zu folgern, dass(1) die gefundene Verdopplung des Lungenkrebsrisikos bei den an Silikose Erkrank-
ten nicht durch ein Confounding vom Rauchen oder Bias aus anderen Quellen er-kl�rt werden kann und dass
(2) die Ergebnisse die Annahme einer kausalen Assoziation zwischen Silikose undLungenkrebs st�tzen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 493
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 479
Die Metaanalyse von Tsuda et al. (1997) basiert auf Mortalit�tsstudien der Erschei-nungsjahre 1980 bis 1994, von denen nach Ausschluss bias-belasteter oder anderwei-tig ungeeigneter Studien 30 in die weitere Auswertung einbezogen wurden.
Die Ergebnisse sind in den Tabellen 20 und 21 dargestellt.
Tab. 20: Liste der Studien zu den Beziehungen zwischen Pneumokoniose und Lungenkrebs mit Angabe
der Effektmaße [Tsuda et al. 1997]
Autoren Jahr Studiendesign Ermittelte Rate CI95 %
Westerholm 1980 PMR. AB 4,46 (3,21–6,21)
Ames 1983* CC. DR. AB 0,99 (0,57–1.73)
Nakagawa et al. 1985 CHT. CRR. B 5,50 (2,73–10,58)
Hessel et al. 1986* CC. DR. AB 1,08 (0,64–1,83)
Forastiere et al. 1986 CC. MHRR.
AB CD
3,9 (1,8–8,3)
Sch�ler & R�ttner 1986 CHT. SMR. AB 2,41 (2,06–2,82)
Kurpa et al. 1986 CHT. SMR. AB 3,12 (2,51–3,89)
Westerholm et al. 1986 CHT. SMR. AB 4,36 (2,64–7,01)
Steenland &
Beaumont
1986 CC. DR. B 3,16 (1,47–6,87)
Zambon et al. 1987 CHT. SMR. AB 2,39 (1.86–3,02)
Finkelstein et al. 1987 CHT. SMR. AB 2,30 (1,87–2,97)
Finkelstein et al. 1987 CHT. SMR. AB 3,02 (1,73–4,89)
Mastrangelo et al. 1988 CC. LROR.
AB CD
1,9 (1,1–3,2)
Puntoni et al. 1988 CHT. SMR. AB 1,67 (0,6 1–3,64)
Neuberger et al. 1988* CC. MOR. AB 1,41 (1,2 1–1,64)
Infante-Rivard et al. 1989 CHT. SMR. AB 3,47 (2.8–4,3)
Forastiere et al. 1989 PMR. MOR. AB 1,5 (1,1–1,9)
Chiyotani et al. 1990 CHT. SMR. AB 4,80 (3,73–6,17)
Mehnert et al. 1990 CHT. SMR. AB 1,83 (0.84–3,48)
Tornling et al. 1990 CHT. SMR. AB 1,88 (0,85–3,56)
Chen et al. 1990 CHT. SMR. AB 5,3 (2,9–8,8)
Ng et al. 1990 CHT. SMR. AB 2,3 (1,35–2,93)
Merlo et al. 1990 CHT. SMR. AB 6,85 (4,47–10,0)
Hnizdo et al. 1991* CC. MOR. AB 0,9 (0.5–1,6)
Amandus et al. 1991 CHT. MHRR.
AB CD
3,9 (2,4–6,4)
Amandus et al. 1991 CHT. MHRR.
AB C
1,96 (0,98–3.67)
Sherson et al. 1991 CHT. SMR. AB 1,71 (0,85–3,06)
Fortsetzung Tabelle 20 auf n�chster Seite
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 494
480 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Fortsetzung Tabelle 20
Autoren Jahr Studiendesign Ermittelte Rate CI95 %
Carta et al. 1991 CHT. SMR. AB 1,29 (0,85–1,93)
Meijers et al. 1991 CHT. SMR. AB 1,31 (0,81–2.06)
Hua et al. 1994 CC. OR. AB 2,03 (1,25–3,29)
Adjustierte Confounder:
A = Alter, C = Rauchen, D = Andere, B = nur M�nner, CC = Fall-Kontroll-Studie,
CHT = Kohortenstudie.
PMR = Proportionale Mortalit�tsstudie. SMR = Standardisierte Mortalit�ts (Inzidenz) Ratio.
OR = Odds Ratio. MHRR = Mantel-Haenszel Rate Ratio. CRR = Crude Rate Ratio. LROR =
Odds Ratio nach logistischer Regressionsanalyse.
* = ausgeschlossene Studien
Tab. 21: Liste der 10 japanischen Studien zu den Beziehungen zwischen Pneumokoniose und Lungen-
krebs mit Angabe der Effektmaße [Tsuda et al. 1997]
Autoren Jahr Studiendesign Ermittelte Rate CI95 %
Tashiro et al. 1986 PMR. B 2,49 (1,14–5,45)
Ebihara et al. 1990 CHT. SMR. AB 3,18 (2,77–3,65)
Ebihara et al. 1990 CHT. SMR. AB 3,09 (2,19–4,38)
Shima et al. 1991 CHT. SMR. AB 2,14 (1,06–4,12)
Morinaga et al. 1991 CHT. SMR. AB 3,70 (1,78–6,8 1)
JISHA 1993 PMR. AB 1,77 (1,03–3,03)
JISHA 1993 CHT. SMR. AB 2,14 (1,84–2,47)
JISHA 1993 PMR. AB 3,55 (2,16–5,83)
Yamamoto 1993 CC. MOR. AB 3,84 (2,64–5,60)
Ugaki 1994 PMR. B 4,17 (1,30–14,88)
Adjustierte Confounder:
A = Alter, B = nur M�nner. CC = Fall-Kontroll-Studie. CHT = Kohortenstudie
PMR = Proportionale Mortalit�tsstudie (diese Studien wurden nicht einbezogen). SMR =
Standardisierte Mortalit�ts Ratio. JISHA = Japan Industrial Safety and Health Association
Insgesamt weisen die Ergebnisse der Metaanalyse von Tsuda et al. (1997) hinsichtlichder Beziehungen zwischen Silikose/Pneumokoniose und Lungenkrebs �bereinstim-mend mit der Metaanalyse von Smith et al. (1995) auf einen urs�chlichen Zusammen-hang hin. Dies kann beinhalten, dass Lungenkrebs als eine wichtige Komplikationbzw. Begleiterkrankung der Silikose auftritt oder dass damit eine direkte Kanzeroge-nit�t von Quarz ausgewiesen wird.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 495
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 481
1.3.4. Zusammenfassende Bewertung
der epidemiologischen Untersuchungsergebnisse
Die Ergebnisse aus den vorstehend referierten Studien lassen sich folgendermaßenzusammenfassen:
• Die Mehrheit der ber�cksichtigten Kohortenstudien aus den Bereichen Erzberg-bau, Gewinnung und Umschlag von Diatomeenprodukten und Gießereiindustriezeigt eine enge Assoziation zwischen silikoseinduzierenden Staubexpositionen ei-nerseits und dem vermehrten Auftreten von Lungenkrebs andererseits.
• Das Lungenkrebsrisiko von Steinkohlenbergleuten ist umstritten und im Rahmender Beratungen zu dieser Empfehlung noch nicht hinreichend gepr�ft. Teilweisepositiven Studien (Morfeld et al. 1998, Bolm-Audorff et al. 1998) stehen negativeStudien gegen�ber. �bersichten dazu bieten die Monographie der IARC (1997)und Greim (Hrsg.; 1999). Ergebnisse laufender Untersuchungen stehen noch aus.Lungenkrebs in Verbindung mit Silikose bei Steinkohlenbergleuten ist beim gegen-w�rtigen Wissensstand daher von der o. g. Empfehlung einer neuen Berufskrank-heit zun�chst ausgenommen (Greim – Hrsg. 1998).
• Fernerhin wird aus den Studien deutlich, dass das Lungenkrebsrisiko in Abh�ngig-keit von einer ansteigenden Intensit�t der Exposition gegen�ber alveoleng�ngigenSt�uben, die kristallines Siliziumdioxid enthalten, sowie beim Vorliegen einer Sili-kose – bzw. mit steigendem Silikoserisiko – tendenziell deutlich zunimmt.
• Diese Zusammenh�nge best�tigen sich in der Mehrzahl der bevçlkerungs- und kli-nikbasierten wie auch der industriebasierten Fall-Kontroll-Studien sowie in denunabh�ngig voneinander durchgef�hrten Metaanalysen zum Lungenkrebsrisikovon an Silikose erkrankten Besch�ftigten.
• Die st�rkste Assoziation besteht zwischen dem Vorhandensein silikotischer Ver-�nderungen und dem vermehrten Auftreten von Lungenkrebs. Hier kann ein z. T.mehr als verdoppeltes Lungenkrebsrisiko auch unter Ausschluss des Einflusses desRauchens und anderer Confounder angenommen werden.
• Eine Differenzierung von einzelnen Berufsgruppen nach Maßgabe der aus Studiender Metaanalyse von Tsuda et al. (1997) entnommenen Rate Ratios (RR's) ergibt:
RR Studien
Erzbergleute 2,68 Ebihara et al. 1990; Zambon et al. 1987; Finkelstein et al.
1987; Infante-Rivard et al. 1989; Forastiere et al. 1989;
Hua et al. 1994; Kupra et al. 1986
Steinbrucharbeiter 2,65 Ebihara et al. 1990; Westerholm et al. 1986; Steenland und
Beaumont 1986; Zambon et al. 1987; Finkelstein et al.
1987; Puntoni et al. 1988; Infante-Rivard et al. 1989; Foras-
tiere et al. 1989; Amandus et al. 1991; Kupra et al. 1986;
Mehnert et al. 1990
Gießereiarbeiter 2,61 Westerholm et al. 1986; Infante-Rivard et al. 1989; Foras-
tiere et al. 1989; Sherson et al. 1991; Kupra et al. 1986
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 496
482 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
Keramikarbeiter 2,60 Shima et al. 1991; Forastiere et al. 1989; Finkelstein et al.
1987; Infante-Rivard et al. 1989; Chen et al. 1990
• Aus einigen Studien resultiert eine Dosis-Risiko-Beziehung zwischen der kumula-tiven Exposition gegen�ber der alveoleng�ngigen Masse an kristallinem SiO2 undLungenkrebs. Danach ist bei Expositionen gegen�ber einer alveoleng�ngigenMasse an kristallinem SiO2 von kumulativ ‡ 1,9 [(mg/m3) x Jahre] in einer Studiemit einer Verdreifachung des Lungenkrebsrisikos zu rechnen.
• Auch dazu ist eine Differenzierung nach einzelnen Berufsgruppen mçglich:
[(mg/m3) OR CI95 % Studie
x Jahre]
Diatomeenarbeiter ‡ 5,00 2,15 1,10–4,30 Checkoway et al. 1997
Goldminenarbeiter ‡ 1,90 3,19 1,30–7,60 Hnizdo et al. 1997
Keramikarbeiter <8,70 1,80 1,04–2,87 McLaughlin et al. 1992
Versicherte der
Steinbruch-BG 2,04–3,87 1,76 0,90–3,70 Ulm u. Waschulzik 1998
Exponierte
(alle Branchen) ‡ 5,00 1,90 1,40–2,60 Bolm-Audorff et al. 1998
• Kumulative Expositionen der genannten Grçßenordnung korrelieren gleichzeitigmit einem hohen Silikoserisiko, insbesondere wenn dieser Dosisbereich bereits inrelativ kurzen Expositionszeiten, z. B. innerhalb von 10 Jahren, erreicht wird.Dennoch ist die kumulative Dosis allein wohl kein Indikator, der unter allen Expo-sitionsverh�ltnissen zuverl�ssig mit dem Auftreten von Silikose und Lungenkrebskorreliert.
• In Studien, in denen kumulative Expositionen gegen eine alveoleng�ngige Massean kristallinem SiO2 von ‡ 5 [(mg/m3) x Jahre] mit einer ann�hernden Verdopp-lung des Lungenkrebsrisikos korrelieren, ließ sich der Effekt von silikotischen Ver-�nderungen nicht immer bzw. nicht vollst�ndig kontrollieren (Checkoway et al.1997, 1999 und Bolm-Audorff et al. 1998).
• Studien mit kontrolliertem Einschluss der Silikose zeigen, dass die Silikose (‡ 1/1)eine st�rkere Assoziation zum Lungenkrebsrisiko aufweist als die kumulativeFeinstaubexposition. Bei wieder anderen Untersuchern war das Lungenkrebs-risiko in Abh�ngigkeit von der kumulativen Exposition unter Kontrolle der Sili-kose (‡ 1/0) nicht erhçht, wohl aber in Abh�ngigkeit von der durchschnittlichenKonzentration des kristallinen SiO2 (Hnizdo et al.. 1997; Cherry et al. 1998).
• Nach dem gegenw�rtigen Kenntnisstand ist zu folgern, dass eine durch kristallinesSiO2 induzierte Verdopplung des Lungenkrebsrisikos nur in Verbindung mit demNachweis einer Silikose (‡ 1/1 nach der ILO- Rçntgenklassifikation) als eine wis-senschaftlich gesicherte Assoziation betrachtet werden kann.
• Die gegenw�rtigen Kenntnisse rechtfertigen es nicht, eine hohe kumulative Dosisvon eingeatmetem kristallinen Siliziumdioxid (SiO2) allein und ohne Zeichen ei-ner Lungenfibrose als urs�chlich f�r den Lungenkrebs anzusehen.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 497
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 483
2. Validit�t und Reliabilit�t der vorliegenden Erkenntnisse
Die Sichtung und Bewertung aller verf�gbaren Studien erfolgte unter Beachtung desf�r Confounding, Effektmodifikation und Bias existierenden Potentials wie
Confounder• Rauchen• Konkurrierende Kanzerogene am Arbeitsplatz (z. B. Radonzerfallsprodukte, As-
bestfasern, polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe, Dieselmotorenemis-sion),
Effektmodifikatoren• Unterschiedliche Effekte von
* Art und Zusammensetzung des quarzhaltigen Feinstaubes* Intensit�t und Dauer der Quarzfeinstaubexposition
• Einfluss physischer Belastung auf die alveolare Feinstaubdeposition• Potentielle Interaktionen durch feinstaubinduzierte, mit dem Lungenkrebs als To-
desursache konkurrierende Krankheiten• Potentieller Einfluss unterschiedlicher Silikoseformen auf das Lungenkrebsrisikound
Verzerrende Faktoren• Bias durch unvollst�ndige Confounder- und Effektmodifikatorenkontrolle• Bias durch geringe Sensitivit�t der Diagnostik zur Differenzierung von Gruppen• Unvollst�ndige Silikoseregister• Fehlklassifikation bei der retrospektiven Sch�tzung der Exposition• Unkontrollierter Healthy-Worker-Effekt
In Anbetracht der Bedeutung des Zigarettenrauchens f�r die Entstehung des Lungen-krebses ist es erforderlich, die Rolle dieses Confounders genauer zu betrachten, zumalin neueren Publikationen das durch epidemiologische Studien belegte erhçhte Lun-genkrebsrisiko auch bei Silikosepatienten auf den Einfluss des Rauchens zur�ck-gef�hrt und ein direkter Zusammenhang zwischen Quarzstaubexposition und Lun-genkrebs eher bezweifelt wird (BIA-Report 2/2001 – Vorabverçffentlichung). Dierelevanten Ergebnisse der betrachteten epidemiologischen Studien, in denen zu denRauchgewohnheiten verl�ssliche und verwertbare Angaben enthalten sind, werden inden Abbildungen 3 bis 11 nochmals synoptisch dargestellt:
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 498
484 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
2,17
1,67
1,93
0,47
0,53
0,24
1,73
1,18
0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5
ohne Silikose SMR
– insges.(118 F.)
– „Non-Smoker”(5 F.)
– „Ex-Smoker”(7 F.)
– „Current-Smoker”(106 F.)
mit Silikose
– insges.(14 F.)
– „Non-Smoker”(1 F.)
– „Ex-Smoker”(4 F.)
– „Current-Smoker”(9 F.)
Abb. 3: Lungenkrebsmortalit�t unter Erzbergleuten (SMR und CI 95 %)
Amandus & Costello 1991; N=9. 912; 1959–1975, USA
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 499
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 485
80,5
77,3
95,2
69,1
65,1
816141210186420
Vergleich Erkrankter„mit” gegenüber „ohne” Silikose
retlA :.tsujda
nehcuaR+retlA :.tsujda
regirdein tim nenosrePnoitisopxenodaR
nehcuaR+r etlA :.tsujda
.segsni – ”rekomsnoN„da j retlA :.tsu
regirdein tim ”rekomsnoN„ runnoitisopxenodaR
retlA :.tsujda
RR
Abb. 4: Lungenkrebsmortalit�t unter Erzbergleuten; Interner Vergleich Erkrankter (mit/ohne Silikose)
(RR Mantel-Haenszel und CI 95 %);
Amandus & Costello 1991; N=9.912; 1959–1975, USA
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 500
486 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
90,1
43,2
31,2
01,2
94,1
02,1
58,0
11,1
94,1
35,225,115,00
”srekoms-noN„ ;esokiliS50,0 < p ).F 21(
”srekomS„ ,esoiliS10,0 < p ;).F 12(
gnikomS„ ;esokiliSsn ;).F 2(”nwonknu
sberknegnuL10,0 < p ;).F 56(
.segsni ;esokiliS10,0 < p ).F 53(
gnikomS„ ;esokiliS enieKsn ;).F 2( ”nwonknu
”srekomS„ ;esokiliS enieKsn ;).F 12(
;esokiliS enieKsn ;).F 7( ”srekomS-noN„
.segsni ;esokiliS enieKsn ;).F03(
RSS
Abb. 5: Lungenkrebsmortalit�t unter Silikat- und Tonsteinherstellern (SRR)
Dong et al. 1995; N=6.266 M�nner; 1963–1985, China
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 501
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 487
9,11
4,8
4,01
7,91
3,1
0,1
0,1
3,5
0908070605040302010
,noitisopxezrauQ tim – srekomS.K 62/.F 84 ;esokiliS tim
,noitisopxezrauQ tim – srekomS-noN.K 4/.F 2 ;esokiliS tim
,noitisopxezrauQ tim – srekomS.K 78/.F 58 ;esokiliS enho
,noitisopxezrauQ tim – srekomS-noN.K 8/.F 1 ;esokiliS enho
;noitisopxezrauQ enho – srekomS.K 251/.F 071
;noitisopxezrauQ enho – srekomS-noN.F 3 / .K 23
;.segsni srekomS.F 303 / .K 562
;.segsni – srekomS-noN.F 6 / .K 44
okisiR sevitaleR
Abb. 6: Lungenkrebsrisiko in Relation zu Quarzexposition, Silikose und Rauchen; klinikbasierte Fall-
Kontroll-Studie – (Relatives Risiko und CI 95 %)
Mastrangelo et al. 1988
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 502
488 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
84,3
02,2
86,1
97,0
6543210
gaT/netteragiZ 0elläF .boeb 4
gaT/netteragiZ 9 sib 1elläF .boeb 91
gaT/netteragiZ 91 sib 01elläF .boeb 52
gaT/netteragiZ rhem dnu 02elläF .boeb 01
RMS
Abb. 7: Lungenkrebsmortalit�t von an Silikose Erkrankten in Relation zum Zigarettenkonsum (SMR und
CI 95 %; bezogen auf lokale Raten)
Zambon et al. 1987
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 503
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 489
8,1
8,1
7,1
6,2
2,3
2,4
6,8
0,01
540453035202510150
dekoms revE).segsni ;PWC tim( etuelgrebnelhoK
evitka :retnuradetuelgrebnelhoK
egilamehe :retnuradetuelgrebnelhoK
negirhäj 96-06 ella :retnuradetuelgrebnelhoK
negirhäj 96-06 ella :retnuradetuelgrebzrE
dekoms revEesokiliS enho etuelgrebzrE
dekoms reveNesokiliS enho etuelgrebzrE
negirhäj 96-06 ella :retnuradetuelgrebzrE
Abb. 8: Lungenkrebsrisiko bei an Silikose Erkrankten (NC); Einfluß der Rauchgewohnheiten; Vergleich
unterschiedlicher Industriearbeiter (RR und CI 95 %)
Amandus et al. 1991, 1995
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 504
490 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
75,2
90,2
35,225,115,00
srekomS-noNelläF etethcaboeb 23
10,0<p
srekomSelläF etethcaboeb 27
10,0<p
Abb. 9: Lungenkrebsmortalit�t unter Erkrankten an Silikose in Beziehung zum Rauchen (SMR); Wang et
al. 1996
13,3
82,1
88,3
84,3
78,2
5,445,335,225,115,00
)331=N( srekomS-noNelläF etethcaboeb 9
10,0<p
)591=N( srekomS-xEelläF etethcaboeb 41
100,0<p
)173=N( srekomSelläF etethcaboeb 62
100,0<p
)151=N( nwonknUelläF etethcaboeb 2
)058=N( latoTelläF etethcaboeb 15
100,0<p
RMS
Abb. 10: Mortalit�t durch Lungenkrebs bei Pneumokoniose-Erkrankten in Abh�ngigkeit vom Raucher-
status (SMR); Ebihara & Kawami 1998
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 505
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 491
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 506
9,84
9,7
1,4
7,11
1,5
0,1
08070605040302010
esokiliS enieK
sraey kcap 01>).K38/.F2(
esokiliS
sraey kcap 92 sib 01( .F02 / .K031 )
sraey kcap rhem dnu 03).K89/.F43(
sraey kcap 01>( .K8/.F1 )
sraey kcap 92 sib 01).K81/.F4(
sraey kcap rhem dnu 03).K8/.F01(
RR
//232
Datenbasis: N=2600 weiße Goldminenarbeiter, 351 Silikosen, 78 Lungenkrebsf�lle; eingebettete Fall-
Kontroll-Studie
Abb. 11: Multiplikativer Effekt der Kombination von Rauchen und Silikose auf das Lungenkrebsrisiko
(RR; CI 95 %) nach Hnizdo et al. 1997
In allen Studien mit quantifizierenden Angaben zu den Rauchgewohnheiten kommt –wie erwartet – der Effekt des Rauchens f�r die Erhçhung des Lungenkrebsrisikos zurDarstellung (Amandus und Costello 1991, 1995; Dong et al. 1995; Wang et al 1996;Ebihara und Kawami 1998; Mastrangelo et al. 1988). In den Studien von Zambon etal. 1987 und von Hnizdo et al. 1997 wird zus�tzlich eine Dosis-H�ufigkeits-Bezie-hung des Zigarettenkonsums deutlich.
Des weiteren liefern die zitierten Studien den Beleg, dass das z. T. erheblich �berden Faktor 2 hinaus erhçhte Lungenkrebsrisiko bei Quarzstaubexposition, insbeson-dere bei Vorliegen einer Silikose, nicht durch das Confounding „Rauchen“ bedingtist, wohl aber in seiner Hçhe modifiziert wird:• Bei den Nichtrauchern bzw. Nie-Rauchern unter den an Silikose Erkrankten gibt
es deutliche Hinweise auf eine Verdopplung des Lungenkrebsrisikos (Erzbergleu-te: Amandus und Costello 1991, verschiedene Berufsgruppen Nord-Carolina1995; Silikat- und Tonsteinindustrie: Dong 1995; Bergbau und Metallurgie: Wanget al 1996; verschiedene Industriezweige: Ebihara und Kawami 1998).
• Bei Adjustierung auf den Raucherstatus und das Alter zeigen Erzbergleute mit Sili-kose im internen Vergleich mit der Gruppe „ohne Silikose“ etwa eine Verdopp-
492 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
lung der Lungenkrebsmortalit�t (Amandus und Costello 1991). Die Subgruppender Nichtraucher dieser Studie zeigen nach Alters-Adjustierung relative Risikenvon 3,77 bzw. 5,08 (bei Ausschluss von Personen mit hoher Radon-Exposition).
• Beim Zusammentreffen von Rauchen und Silikose erhçht sich das Lungenkrebs-risiko multiplikativ: Aus der Studie von Hnizdo et al. (1997) ist zu entnehmen,dass sich bei Personen mit einem Tabakkonsum von <10 pack years unter den er-fassten quarzstaubexponierten Goldminenarbeitern beim Vorhandensein einer Si-likose das Lungenkrebsrisiko um den Faktor 4,1 und bei starken Rauchern (>30pack years) multiplikativ von 11,7 auf 48,9 erhçht.
Somit kann auch unter Beachtung des Confounders „Rauchen“ die Annahme einesKausalzusammenhanges zwischen Quarzstaubexposition und Lungenfibrose einer-seits und der Entstehung eines Lungenkrebses andererseits beibehalten werden. Diearbeitsbedingte Einwirkung ist aufgrund der Studienergebnisse als eigenst�ndiger Ef-fekt qualifiziert. Demzufolge sind im Einzelfall bei der gutachterlichen Beurteilungdie Rauchgewohnheiten nicht relevant, da sich das Lungenkrebsrisiko beim Vorliegeneiner Silikose sowohl f�r Nichtraucher als auch f�r Raucher um den Faktor 4 erhçht.Nach dieser Sachlage halten die in der Vorabverçffentlichung des BIA-Reports2/2001 getroffenen Schlussfolgerungen einer wissenschaftlichen �berpr�fung nichtstand.
3. Zusammenfassung
Die bewerteten Untersuchungsergebnisse entsprechen den Kriterien, welche als Belegder Kausalit�t eines statistischen Zusammenhanges zwischen Einwirkung und Effektzu erf�llen sind:Konsistenz: Wiederholte Beurteilungen unterschiedlicher Popula-
tionen f�hren zu Ergebnissen mit �hnlicher Tendenz.St�rke der Assoziation: Beziehungen zwischen Hçhe der kumulativen Exposi-
tion und Erkrankungsrisiko sind vorhanden.Spezifit�t: Die beobachteten Effekte kçnnen als spezifisch auf-
gefasst werden, da konkurrierende Ursachen teils aus-geschlossen, teils durch Adjustierung ber�cksichtigtoder anderweitig transparent gemacht wurden.
Zeitabfolge: Die zeitlichen Zusammenh�nge zwischen Einwirkungund Effekt sind plausibel.
Dosis-Wirkungs-Beziehungen: Dosisabh�ngige Effekte werden sichtbar.
Plausibilit�t, Koh�renz, Die beobachteten Effekte erg�nzen andere wissen-experimentelle Evidenz: schaftliche Daten bis hin zum tier- und zellexperimen-
tellen Nachweis der Krebsentstehung durch die ange-schuldigte Einwirkung; sie sind aufgrund der aus all-gemeinen Kenntnissen zur Karzinogenese herleitbaren
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 507
Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 493
Erw�gungen biologisch plausibel und bez�glich „vo-raussagbarer Effekte“ hypothesenkonform.
Aufgrund des vorhandenen Kenntnisstandes ist eine arbeitsbedingte Exposition ge-gen�ber kristallinem Siliziumdioxid in Form des alveoleng�ngigen Staubes generellgeeignet, bei Vorliegen einer Silikose Lungenkrebs zu verursachen.
Als „bestimmte Personengruppe“ gem�ß § 9(Abs. 1) des SGB VII gelten Ver-sicherte, die aufgrund ihrer Exposition gegen�ber alveoleng�ngigem Staub mit kris-tallinem Siliziumdioxid (SiO2) – insbesondere in den im Kapitel 1.3.3 genanntenBranchen – an einer Lungenfibrose (Silikose, Siliko-Tuberkulose) erkrankt sind.
Eine Berufskrankheit im Sinne dieser Begr�ndung liegt vor, wenn ein Versicherternach T�tigkeiten mit einer Exposition gegen�ber alveoleng�ngigem Staub mit kristal-linem Siliziumdioxid (SiO2) an Silikose (radiologisch festgestellte Silikose der ILO-Kategorie ‡ 1/1) bzw. Siliko-Tuberkulose und außerdem an Lungenkrebs erkrankt ist.
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Erkrankungen der Atemwege und der Lunge, des Rippenfells und Bauchfells 501
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Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 12 Lungenkrebs durch die Einwirkung von kristallinem Silizi-
umdioxid (SiO±) bei nachgewiesener Quarzstaublungen-erkrankung (Silikose oder Siliko-Tuberkulose)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 516
502 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten (BKV-Enumeration)
IWissenschaftliche Begr�ndungenzu den Berufskrankheiten nach§ 9 (2) SGB VII(„Quasi“-Berufskrankheiten)
Die Verçffentlichung von wissenschaftlichen Begr�ndungen durch den Verordnungsgeberentspricht den gesetzlichen Vorgaben in § 9 (1) SGB VII und dient der Vorbereitung derBezeichnung einer neuen Berufskrankheit durch Absicherung der wissenschaftlichen Er-kenntnisse. Von dem Zeitpunkt der Bekanntmachung bis zur Aufnahme in die Berufskrank-heiten-Verordnung bieten sie dar�berhinaus dem Unfallversicherungstr�ger eine fundierteEntscheidungshilfe in Anerkennungsverfahren bei „Quasi“-Berufskrankheiten nach § 9 (2)SGB VII (vgl. Kapitel C).
1 Lungenkrebs durch polyzyklische aromatischeKohlenwasserstoffe
2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanischeBelastung)
3 (Gonarthrose durch mechanische Belastung)
4 (Nasenkrebs durch Lederstaub)
5 (Schweißerlungenfibrose)
Literaturhinweis:Zur Bedeutung der „Risikoverdopplung“ in der arbeitsmedizinischen Begutachtung und bei der Neude-
finierung von Berufskrankheiten (Manz, 1999)Von der Wahrscheinlichkeit des Irrtums (Weihe, 2004)Volkskrankheiten als Berufskrankheit? Grunds�tzliche Bemerkungen zur sogenannten Berufskrankhei-
tenreife (Wilde und Schulte, 2004)Multikausalit�t im Berufskrankheitenrecht – Rechtsprobleme des § 9 SGB VII bei konkurrierenden Ur-
sachen (Keller, 2005)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 517
Wissenschaftliche Begr�ndung
f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII
Bundesarbeitsblatt 4/1998, 54–61
Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von mindestens100 Benzo[a]pyren-Jahren [(�g/m3) x Jahre]
Klinische Zuordnung:Pneumologie
1. Aktueller Erkenntnisstand
1.1 Chemische Charakteristik der urs�chlich sch�digenden Einwirkung
Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) sind eine Gruppe von Substan-zen mit 3 bis mehr als 6 aromatischen Ringsystemen. Diese Substanzgruppe enth�ltviele hundert Substanzen, arbeitsmedizinisch-toxikologisch sind bislang jedoch nurca. 40 PAK genauer untersucht (IARC 1983, Henschler 1984). Die Strukturformelneiniger gut untersuchter PAK sind in Abbildung 1 dargestellt.
1.2 Probenahme- und Analyseverfahren
Die Probenahme partikelfçrmiger oder an Partikel adsorbierter PAK, auch von Ben-zo[a]pyren (BaP), erfolgt durch Erfassung der einatembaren Partikelfraktion und Ab-scheidung auf Filtern (Glasfaserfilter, Teflonfilter). Von den beladenen Filtern werdenBaP und andere PAK mit einem Lçsungsmittel extrahiert. Zur analytischen Bestim-mung stehen (ggf. nach weiteren Anreicherungs- und Reinigungsschritten) mit derD�nnschicht-, der Gaschromatographie und der Hochleistungsfl�ssigkeitschromato-graphie verschiedene Analysenmethoden zur Verf�gung (Hauptverband der gewerb-lichen Berufsgenossenschaften 1997).
Bei der Ableitung des kumulativen BaP-Dosiswertes wurden Messungen auf Basisvon CTPV (coal tar pitch volatiles; mit einem Lçsungsmittel extrahierbarer Anteil)und mit Hilfe eines Probenahmekopfes durchgef�hrt, dessen Erfassungs-Charakteris-tik nicht dokumentiert ist (NIOSH 1994). Bei �berpr�fung und Anwendung dieserErgebnisse auf die in Deutschland �blichen Randbedingungen und Verfahren mußtensowohl die stoffinhaltlichen Beziehungen von CTPV zu BaP als auch die probenahme-technischen Unterschiede im Hinblick auf die einatembare Aerosolfraktion beachtetund quantifiziert werden.
Durch umfangreiche Untersuchungen konnte der durchschnittliche BaP-Gehalt imCTPV mit ca. 0,8 % ermittelt werden (Hahn et al. 1995, Armstrong et al. 1994).
Probenahmetechnisch war zu beachten, daß in den USA und Kanada bei der Be-stimmung der BaP-Gehalte in der Luft am Arbeitsplatz h�ufig Probenahmesystemeverwendet wurden, die als sog. „total dust sampler“ nicht den Anforderungen derNorm EN 481 entsprechen. Die seit langem in Deutschland gebr�uchlichen Pro-benahmesysteme f�r die einatembare Staubfraktion erf�llen im Bereich geringer undmittlerer Umgebungsluftgeschwindigkeiten die EN 481 (BerufsgenossenschaftlichesInstitut f�r Arbeitssicherheit 1996).
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 518
504 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Ein Vergleich des Berufsgenossenschaftlichen Instituts f�r Arbeitssicherheit zwi-schen den amerikanischen und dem in der Bundesrepublik �blichen Meßverfahren er-gab bislang f�r ein erstes Meßwerte-Kollektiv keine relevanten Unterschiede derHçhe der BaP-Konzentration.
1.3 Vorkommen und Gefahrenquellen
Die wesentlichen Expositionsquellen von Benzo[a]pyren und anderen polyzyklischenaromatischen Kohlenwasserstoffe am Arbeitsplatz sowie die dabei in der Vergangen-heit aufgetretene Expositionshçhe werden im BaP-Jahre-Report des Hauptverbandesder gewerblichen Berufsgenossenschaften dargestellt.
1.3.1 Kokereien und Generatorgasherstellung
F�r die Herstellung von Koks werden Steinkohle oder Braunkohle in Kokereien unterLuftabschluß erhitzt und dabei die fl�chtigen Bestandteile ausgetrieben. In einer mo-dernen Steinkohlenkokerei wird gemahlene Steinkohle von der Kokereiofendeckeoder der Seite mit einem F�llwagen in die Ofenkammern verf�llt, die in Batterien von10 bis 100 �fen angeordnet sind. Der Ofen wird anschließend versiegelt und die Ver-kokung bei 1000 bis 1400 �C �ber 16 bis 35 Stunden, je nach gew�nschter Koksart,durchgef�hrt. Die w�hrend des Verkokungsprozesses freiwerdenden Kokereirohgasewerden in Nebenbetrieben weiterverarbeitet und Steinkohlenteer sowie aromatischeKohlenwasserstoffe wie Benzol gewonnen. Nach dem Verkokungsprozeß wird dieOfenkammer auf einer Seite geçffnet und der Koks von der anderen Seite mit einerDr�ckmaschine herausgepreßt. Dabei f�llt der heiße Koks auf einen Eisenbahnwag-gon und wird danach mit Wasser gelçscht oder mit Luft gek�hlt (IARC 1984).
Kokereiarbeiter sind bei der Arbeit durch freiwerdende Kokereirohgase in der Re-gel einer hohen PAK-Exposition ausgesetzt. Messungen in �lteren Kokereien in derBundesrepublik Ende der 70er Jahre ergaben 8-Stunden-Mittelwerte der Benzo[a]py-ren-Konzentration auf der Ofendecke zwischen 22 und 33 �g/m3 und an der Ofen-seite zwischen 1 und 5 �g/m3 (Blome 1981). Zum Vergleich: die heutige technischeRichtkonzentration f�r Benzo[a]pyren in Kokereien und Strangpechanlagen betr�gt5 �g/m3, ansonsten 2 �g/m3.
Kokereiarbeiter scheiden im Vergleich zu unbelasteten Kontrollprobanden imUrin vermehrt Hydroxy-PAK aus. Beispielsweise lag die Konzentration von Gesamt-Hydroxyphenanthren bei Kokereiarbeitern um den Faktor 21 �ber der von unbelaste-ten Personen (70,3 versus 3,5 �g/l). �hnliche Konzentrationsunterschiede fanden sichf�r Hydroxyfluoranthen, -pyren, -chrysen und -benzo[a]pyren (Grimmer et al. 1991).F�r eine �bersicht der PAK-Exposition in Kokereien siehe IARC (1984).
Die Vergasung von Kohle f�r die Herstellung von Generator- oder Stadtgas wurdeAnfang des 19. Jahrhunderts entwickelt. Bis in die Mitte dieses Jahrhunderts besaßendie meisten großen St�dte eine eigene Gasfabrik f�r die Herstellung von Stadtgas. Ver-schiedene Techniken standen daf�r zur Verf�gung. In den �lteren Anlagen wurde Stein-kohlenpulver in horizontal oder vertikal angeordneten Generatoren auf 1000 bis 1200
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 519
Lungenkrebs durch PAK 505
�C f�r 8 bis 10 Stunden erhitzt und die gasfçrmigen Bestandteile f�r die Herstellungvon Generator- oder Stadtgas ausgetrieben. Das dabei entstehende Rohgas wurde an-schließend gereinigt und stand dann f�r den Verbrauch bereit. Bei einer anderen Me-thode wurde Wasserdampf �ber rotgl�hende Kohle geleitet, um Generator- oder Stadt-gas zu erzeugen. In moderneren Vergasungsverfahren, z. B. im Lurgivergaser, wirdstatt dessen reiner Sauerstoff �ber rotgl�hende Kohle geleitet (IARC 1984).
In der Atemluft von Besch�ftigten in Gasgeneratoren wurde eine Konzentrationvon Benzo[a]pyren zwischen 0,2 und 4,8 �g/m3 festgestellt (IARC 1984). Die PAK-Exposition von Besch�ftigten in Gasgeneratoren liegt somit im Bereich der PAK-Ex-position der Besch�ftigten an der Kokereiofenseite und ist deutlich niedriger als dievon Besch�ftigten auf der Ofendecke von Kokereien.
1.3.2 Teerraffinerien
1981 wurden in der Bundesrepublik 1,1 Mio. t Steinkohlenteer in Kokereien undGaswerken produziert. Diese wurden zu 99 % in Teerraffinerien weiterverarbeitet(IARC 1985). In Teerraffinerien wird Steinkohlenteer erhitzt, wobei verschiedeneDestillationsfraktionen abgeschieden werden.
Besch�ftigte in Teerraffinerien sind durch Emissionen in der Anlage teilweise einerhohen PAK-Exposition ausgesetzt. Schunk (1979) stellte in einer Teerraffinerie in derehemaligen DDR eine Exposition mit Gesamt-PAK in Hçhe von 29 �g/m3 fest, darun-ter Benzo[a]pyren in Hçhe von 3,6 �g/m3. Verçffentlichte Meßwerte �ber die PAK-Exposition in Teerraffinerien liegen ansonsten nicht vor (IARC 1985).
1.3.3 Elektrographitindustrie
Werkstoffe aus Kohlenstoff und Elektrographit werden als Elektroden in der Stahl-und Aluminiumindustrie oder als leitende Materialien in der Elektroindustrie verwen-det. Elektrographit wird aus einer Mischung von Steinkohlenteerpech und Petrolkokshergestellt. Diese Produkte werden zur sogen. Gr�nkohle gemischt, anschließend indie gew�nschte Form gepreßt, bei 1200 �C gesintert, bei 2800 �C graphitiert sowieabschließend mit Steinkohlenteerpech impr�gniert (Franck und Knop 1979).
Durch Emissionen in den Mischern sowie Staub- und Rauchbelastungen beimPressen und Impr�gnieren kann es in der Elektrographitindustrie zu einer erheblichenPAK-Exposition kommen. Blome (1983) berichtete �ber Extremwerte der Benzo[a]-pyrenexposition bis zu 600 �g/m3 im Bereich einer Steinkohlenteerpechm�hle,41 �g/m3 im Bereich der Mischerei, 48 �g/m3 in der Presserei und 3,9 �g/m3 in derSinteranlage. Andere verçffentlichte Meßwerte liegen deutlich niedriger, zeigen aberh�ufig Werte �ber dem gegenw�rtigen TRK-Wert f�r Benzo[a]pyren in Hçhe von2 �g/m3 (Tobias et al. 1987).
1.3.4 Aluminiumherstellung
Metallisches Aluminium wird aus Aluminiumoxid, das in Kryolith (Na3[AlF6]) zurSchmelzpunktsenkung gelçst wurde, durch Elektrolyse bei ca. 950 �C gewonnen.
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506 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Dazu werden 2 Verfahren eingesetzt. Im sogen. Prebake-Verfahren werden fertig gra-phitierte Elektrographitelektroden eingesetzt. Im sogen. Sçderberg-Verfahren wirdnoch gr�ne, ungebrannte Elektrographitkohle als Elektrode verwendet, die durch dieHitze der Aluminiumoxidschmelze graphitiert. Derweil die im Prebake-Verfahren ge-wonnenen Elektroden PAK-frei sind, enthalten die gr�nen Sçderbergelektroden großeMengen an PAK, die w�hrend der Elektrolyse in der heißen Aluminiumoxidschmelzeausgetrieben werden (IARC 1984). W�hrend in der Elektrolysehalle mit Prebake-Ver-fahren nur eine geringe Benzo[a]pyren-Konzentration von < 0,1 �g/m3 festgestelltwurde, fand sich in Sçderberganlagen oft eine hohe PAK-Exposition mit einer Ben-zo[a]pyren-Konzentration von h�ufig 20 bis 30 �g/m3 (Shuler und Bierbaum 1974,Bjçrseth et al. 1978, Lindstedt und Sollenberg 1982, IARC 1984).
1.3.5 Eisen- und Stahlerzeugung
Steinkohlenteer wird im Hochofenbereich als Stopfmasse und f�r die Rinnenzustel-lung verwendet. Weiterhin wird Steinkohlenteer als Stampfmasse f�r die Auskleidungvon Schmelzaggregaten und bei der Zustellung von basischen Pfannen verwendet(Blome 1983).
Tabelle 1 ist die Konzentration von Benzo[a]pyren in der Atemluft an verschiedenenArbeitspl�tzen in der eisen- und stahlerzeugenden Industrie zu entnehmen. Teilweisewar der heutige TRK-Wert f�r Benzo[a]pyren in Hçhe von 2 �g/m3 �berschritten.
1.3.6 Gießereien
W�hrend des Gießvorganges kann es zu einer pyrolytischen Umsetzung von kohlen-stoffhaltigen Additiven im Formsand wie Steinkohlenteerpech, Steinkohlenpulver,Holzmehl, Getreidemehl etc. zu PAK kommen. Diese kohlenstoffhaltigen Additivewerden als Glanzbildner bezeichnet und verhindern eine Reaktion des gegossenenMetalls mit der quarzsandhaltigen Form (IARC 1984). Experimentelle Untersuchun-gen ergaben, daß die PAK-Bildung nach dem Gießen bei der Verwendung von Stein-kohlenteerpech als Glanzbildner am grçßten ist, gefolgt von Steinkohlenpulver undHolzmehl (Schimberg et al. 1981).
Messungen der Benzo[a]pyren-Konzentration in Gießereien ergaben �berwiegendKonzentrationen unter 1,0 �g/m3 (Zdrasil und Picha 1962, Verma et al. 1982, Knechtet al. 1986, Coenen 1988). Lediglich in Gießereien, in denen Steinkohlenteerpech alsGlanzmittel verwendet wurde, lag die mittlere Benzo[a]pyren-Konzentration bei5,1 �g/m3 mit Spitzen bis 12,6 �g/m3 beim Ausleeren der Form (Schimberg et al.1980).
1.3.7 Straßenbau
Beim Straßenbau wurde bis Ende der 60er Jahre �blicherweise Steinkohlenteerpechals Binder von Splitt und Kies verwendet. Unterschieden wird die Tr�nk- von derMischmakadambauweise. Bei der Tr�nkmakadambauweise wird das auf ca. 100 �Cerhitzte Steinkohlenteerpech mit einer Spritze auf eine Schotterschicht aufgetragen,
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Lungenkrebs durch PAK 507
Splitt aufgetragen und der Belag festgewalzt. Bei der Mischmakadambauweise wirdein Gemisch zwischen Steinkohlenteerpech und Splitt, welches auf ca. 120 �C erhitztwird, per Hand oder mit einer Fertigungsmaschine auf den vorbereiteten Straßen-unterbau aufgetragen und anschließend mit Walzen verfestigt. Seit Ende der 60erJahre wird als Binder haupts�chlich Bitumen und teilweise auch eine Mischung ausBitumen und Steinkohlenteerpech, sogen. Carbobitumen oder Teerbitumen, verwen-det (Knecht und Woitowitz 1989).
Steinkohlenteerpech hat einen Benzo[a]pyren-Gehalt von ca. 10.000 mg/kg, Teer-bitumen (Carbobitumen) von ca. 1700 mg/kg, Steinkohlenteerçle, die ebenfalls imStraßenbau verwendet wurden, von 250 bis 400 mg/kg und Bitumen von 0,2 bis18,6 mg/kg (Neumann und Kaschani 1977, Blome 1983, Grimmer et al. 1987b,Knecht und Woitowitz 1989). Die Konzentration von Benzo[a]pyren in der Atemluftbeim Straßenbau in Abh�ngigkeit von der Art des verwendeten Binders ist Tabelle 2zu entnehmen. Die hçchste Benzo[a]pyren-Exposition fand sich bei Verwendung vonSteinkohlenteerpech, gefolgt von Teerbitumen. Bei Verwendung von Bitumen liegt dieBenzo[a]pyren-Exposition teilweise nur unwesentlich �ber der der unbelasteten Au-ßenluft. Die Werte in Tabelle 2 gelten f�r Straßenbauarbeiten im Freien. Der hoheMeßwert von 4,0 �g/m3 bei Verwendung von Bitumen wurde nach personenbezoge-ner Probenahme bei d�nischen Besch�ftigten ermittelt, die beim Asphaltieren vonStraßen, Flachd�chern und Fluren und beim Gl�tten von Asphalt einer hohen Exposi-tion ausgesetzt waren.
Beim Verlegen von Bitumenpappe in einer Turnhalle, die mit 280 bis 300 �C hei-ßem Bitumen verklebt wurde, fand sich eine Benzo[a]pyren-Konzentration in derAtemluft von 36,5 �g/m3 (Grimmer et al. 1987b).
Jongeneelen et al. (1988) bestimmten die PAK-Konzentration in der Atemluft undim Urin von 15 holl�ndischen Straßen- und Deichbauern, die Teerbitumen (Carbobi-tumen) als Bindemittel verwendeten. Der in Cyclohexan lçsliche Teil der Gesamt-staubkonzentration in der Atemluft lag zwischen 0,2 und 0,6 mg/m3 Im Vergleichhierzu liegt der holl�ndische MAK-Wert bei 0,2 mg/m3. Die Kontamination derH�nde mit Pyren stieg w�hrend der Schicht von 5,5 auf 70,4 �g an. Bei unbelastetenKontrollprobanden lag sie unter der Nachweisgrenze von 1,0 �g. Das heißt, die Stra-ßenbauer waren auch noch nach der Schicht mit PAK hautbelastet. Die Konzentrationvon 1-Hydroxypyren im Spontanurin stieg auf einer Baustelle w�hrend der Schichtvon 1,8 auf 2,8 �mol/mol Kreatinin an. Zwischen der Kontamination der H�nde mitPyren und der Konzentration von 1-Hydroxypyren im Urin fand sich eine signifikanteRangkorrelation (rs=0,6, p<0,01).
Grimmer et al. (1991) fanden bei Straßenbauern, die Teerbitumen (Carbobitu-men) als Binder verwendeten, im Vergleich zu einer nicht exportierten Kontroll-gruppe eine erhçhte Konzentration von Hydroxyphenantren (34,9 versus 3,5 �g/l),Hydroxypyren (1,3 versus 0,3 �g/l) und anderen hydroxylierten PAK im Urin. DerStudie ist die Zahl der untersuchten Straßenbauer nicht zu entnehmen.
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508 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
1.3.8 Dachdecker
Zum Abdichten von Flachd�chern wurde fr�her h�ufig Steinkohlenteerpech verwen-det, welches erhitzt und auf das abzudichtende Dach gegossen wurde. Beim Ausgie-ßen des Steinkohlenteerpechs wurde eine hohe Benzo[a]pyren-Konzentration in derAtemluft zwischen 14 und 75 �g/m3 ermittelt, in unmittelbarer N�he des offenenTeerkochers von 6 000 �g/m3 (Sawicki 1967).
Hammond et al. (1976) ermittelten die Benzo[a]pyren-Exposition von Dach-deckern, indem Atemschutzmasken, die w�hrend einer 7-Stunden-Schicht getragenwurden, auf ihren Benzo[a]pyren-Gehalt untersucht wurden. Dabei fand sich einmittlerer Benzo[a]pyren-Gehalt von 16,7 �g pro Maske. Unter der Annahme einesAtemvolumens von 1 m3/h und einer Schichtl�nge von 7 h ergibt sich daraus einemittlere Benzo[a]pyren-Exposition bei Dachdeckern von 2,4 �g/m3, darunter amhçchsten bei Teerschauflern (7,6 �g/m3), Teerkratzern (7,4 �g/m3), Schlauchbedie-nern (4,0 �g/m3) und Teerkochern (4,4 �g/m3). An den o. g. Arbeitspl�tzen wurde an-sonsten kein Atemschutz getragen. Die berichteten Expositionsabsch�tzungen stelleneher eine Untersch�tzung dar, weil an Arbeitspl�tzen, an denen mit erhitzten Teerpro-dukten umgegangen wird, ein erheblicher Anteil an gasfçrmigen PAK zu erwarten ist,die von der Maske nicht zur�ckgehalten werden kçnnen.
In einer anderen Studie bei amerikanischen Dachdeckern, die Flachd�cher mitSteinkohlenteerpech abdichteten, fand sich eine Benzo[a]pyren-Exposition bei Teer-kochern zwischen 0,6 und 11,3 �g/m3 sowie bei Besch�ftigten, die Steinkohlenteerauf das Dach auftrugen, zwischen 0,4 und 1,2 �g/m3 (Malaiyandi et al. 1982).
Beim Entfernen von alten steinkohlenteerpechhaltigen Flachdachabdeckungenwurde eine Benzo[a]pyren-Belastung zwischen 5,5 und 11,0 �g/m3 ermittelt (Tharr1982, Reed 1983).
�ber die Verwendung von Steinkohlenteerpech bei Dachdeckern in der Bundes-republik und der damit einhergehenden PAK-Exposition liegen keine Verçffent-lichungen vor. Heute werden Flachd�cher mit Kunststoffplanen oder Bitumenbahnenabgedichtet.
1.3.9 Schornsteinfeger
Schornsteinfeger sind beim Reinigen von Haus- und Industriekaminen, das mit B�rsteund Kugel vom Dach oder Boden vorgenommen wird, sowie beim Auffegen des Ka-minrußes von der Sohle mit Schaufel und Feger einer Exposition mit Kaminruß aus-gesetzt.
Kaminruß enth�lt in Abh�ngigkeit von der Art der verwendeten Brennstoffe unter-schiedliche Konzentrationen von PAK. Der BaP-Gehalt von Kaminruß ist am hçchs-ten bei Verwendung von Kohle als Brennstoff und am niedrigsten bei Koks. Bei Ver-brennung von �l oder Holz liegen die Werte in einem Mittelbereich (Tabelle 3). DerBenzo[a]pyren-Gehalt von Kaminruß bei Verwendung von Gasbrennem ist bislangnicht untersucht.
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Lungenkrebs durch PAK 509
Die PAK-Emissionen bei Verbrennung unterschiedlicher Kohlearten in die Umweltdifferieren nach Art des in den Kohlenbriketts verwendeten Binders erheblich. DiePAK-Emission bei Verbrennung von Kohlenbriketts, die mit Steinkohlenteerpech ge-bunden wurden, liegt um das 40fache hçher als bei bitumengebundenen Kohlenbri-ketts (200 versus 5 �g BaP/kg Kohle) (Grimmer et al. 1985). Die Verwendung vonpechgebundenen Kohlenbriketts ist in der Bundesrepublik seit der Verordnung �berFeuerungsanlagen aus dem Jahre 1974 verboten. Es ist anzunehmen, daß entspre-chend diesen Angaben �ber den PAK-Gehalt in Kaminemissionen in die Umwelt auchder PAK-Gehalt im Kaminruß von der Art des verwendeten Binders in Kohlenbrikettsabh�ngt. Daten dar�ber fehlen allerdings.
Die Hçhe der Benzo[a]pyren-Exposition beim Kaminkehren ist Tabelle 4 zu ent-nehmen. Nach den bisher vorliegenden Messungen kann es beim Kaminkehren zuBenzo[a]pyren-Expositionen oberhalb der jetzigen technischen Richtkonzentrationf�r Benzo[a]pyren in Hçhe von 2,0 �g/m3 kommen. Schornsteinfeger arbeiten bei die-sen Expositionen in der Regel ohne Atemschutz. Bei Staubexpositionen wird lediglichdas traditionelle Mundtuch von den Schonsteinfegern getragen. Die reine Fegezeitpro Tag betr�gt nach Holzhauser und Schaller (1977) ca. zwei Stunden. Die t�glicheBaP-Aufnahme der Schornsteinfeger betrug nach personenbezogener Probenahme imMittel 98 �g. Bei einem mittleren inhalierten Luftvolumen von 12,5 m3 pro 8-Stun-den-Schicht ergibt sich daraus ein Schichtmittelwert von 7,84 �g BaP/m3. Nach denMessungen von Knecht et al. (1989) fand sich bei 20,7 % der personenbezogenen Pro-benahmen eine �berschreitung einer BaP-Konzentration von 1,0 �g/m3 und bei9,2 % eine �berschreitung von 2,0 �g/m3.
Die niedrigeren Ergebnisse dieser Studie im Vergleich zu der Untersuchung vonHolzhauser und Schaller (1977) begr�nden sich vermutlich mit dem Umstand, daß1977 noch teilweise steinkohlenteerpechgebundene Briketts verbrannt wurden, was1989 nicht mehr der Fall war.
Letzel et al. (1992) konnten bei 27 Schornsteinfegern im Vergleich zur Kontroll-gruppe keine erhçhte Ausscheidung von 1-Hydroxypyren, das Hauptausscheidungs-produkt von Pyren, im Urin nachweisen.
Schornsteinfeger, die am Tag vor der Urinabgabe Kamine gekehrt hatten, wiesenbei insgesamt normalen Werten die hçchsten Ausscheidungswerte f�r 1-Hydroxypy-ren im Urin auf.
1.4 Kenntnisse zur Wirkung am Menschen
1.4.1 Pathomechanismen
Benzo[a]pyren und andere PAK kçnnen nach metabolischer Aktivierung eine kova-lente Bindung mit der DNA eingehen und wirken mutagen im Ames-Test. In Zellkul-turen wurden nach Applikation von Benzo[a]pyren und anderen PAK Schwesterchro-matidaustausch, Chromosomenaberrationen und Punktmutationen nachgewiesen(IARC 1983).
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510 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
PAK wirken in Tierexperimenten nach subkutaner Injektion oder Tropfen auf dieM�usehaut eindeutig krebserzeugend. Zwischen der applizierten Dosis und der H�u-figkeit von gutartigen und bçsartigen Hauttumoren findet sich eine lineare Beziehung(Abbildung 2). Am st�rksten ist die krebserzeugende Wirkung auf die Haut nach Ap-plikation von Benzo[a]pyren und Dibenz[a,h]anthracen, w�hrend sie f�r andere PAKwie Benzo[b]fluoranthen, Benzo[j]fluoranthen, Benzo[k]fluoranthen, Benz[a]anthra-cen und Chrysen deutlich schw�cher ist. F�r eine �bersicht siehe IARC (1983) sowiePott und Heinrich (1990).
F�r die Absch�tzung des Risikos f�r die Entwicklung von Atemwegstumorendurch PAK wurden von verschiedenen Autoren tierexperimentelle Untersuchungenmit intratrachealer Instillation von PAK durchgef�hrt. Beispielsweise fanden Stein-hoff et al. (1986) nach intratrachealer Instillation von Benzo[a]pyren in hoher Dosie-rung (350 mg BaP/kg) bei 9 von 10 Ratten Plattenepithelkarzinome der Lunge.
Eine andere Methode besteht in der Implantation von Benzo[a]pyren und anderenPAK, die in Bienenwachs suspendiert wurden, in die Rattenlunge. Dabei fand sicheine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen der implantierten Benzo[a]pyren-Dosis und der Inzidenz von Lungenkarzinomen (Deutsch-Wenzel et al. 1983, Iwa-gawa et al. 1989, Horikawa et al. 1991). Beispielsweise stieg die Lungenkrebsinzi-denz von 0 % bei den unbelasteten Kontrolltieren dosisabh�ngig an und betrug 44 %nach Implantation einer Benzo[a]pyren-Dosis von 200 �g (Horikawa et al. 1991).Deutsch-Wenzel et al. (1983) wiesen nach Implantation verschiedener PAK in die Rat-tenlunge eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung in bezug auf die Entwicklung vonLungentumoren nach, die am steilsten f�r Benzo[a]pyren verlief.
Weiterhin wurden Inhalationsexperimente mit PAK-haltigen Emissionen durch-gef�hrt. Heinrich et al. (1986) belasteten M�use mit den Abgasen von Kohleçfen undreicherten diese mit den Emissionen von Steinkohlenteerpech an, das auf 750 �C er-hitzt wurde. Auf diese Weise wurde eine Atmosph�re erzeugt, die neben den Abgasenund St�uben aus den Kohleofenemissionen 60 �g/m3 Benzo[a]pyren enthielt. Nachzweij�hriger Exposition mit dieser Emission (16 h/d und 5 d/Wo.) fanden sich bei86 % der Tiere gutartige und bçsartige Lungentumoren im Vergleich zu 3 % bei unbe-lasteten Kontrolltieren (p<0,01).
In einer weiteren Inhalationsstudie wurde durch Erhitzen von Steinkohlenteerpechauf 750 �C ein PAK-haltiges Aerosol erzeugt und damit Gruppen von jeweils 72 Rat-ten mit einer Gesamtstaubkonzentration von 1,1 und 2,6 mg/m3 exponiert. Die Ben-zo[a]pyren-Konzentration bei diesen Expositionen lag bei 20 bzw. 46 �g/m3. In derExpositionskammer wurden unter den o. g. Randbedingungen außer Benzo[a]pyrennoch 32 andere PAK nachgewiesen. Die H�ufigkeit von gut- und bçsartigen Lungen-tumoren nach 10- bzw. 20monatiger Expositionsdauer (17 h/d und 5 d/Wo.) ist Abbil-dung 3 zu entnehmen. Es fand sich eine deutliche Abh�ngigkeit der Tumorinzidenzvon der Benzo[a]pyren-Dosis (Heinrich et al. 1994).
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Lungenkrebs durch PAK 511
Die Arbeitsgruppe von Grimmer f�hrte experimentelle Untersuchungen zu derFrage durch, welche Fraktion innerhalb der großen Gruppe der PAK die krebserzeu-gende Wirkung im Bereich der Haut und Atemwege erkl�rt.
Das Kondensat der Emissionen von steinkohlengeheizten Ofen wirkte auf derM�usehaut stark krebserzeugend. In Abh�ngigkeit von der applizierten Dosis nahmdie Tumorh�ufigkeit von 18,8 �ber 62,5 auf 82,8 % zu. Bei den unbehandelten Kon-trollen traten Hauttumoren nicht auf. Nach Trennung des Kondensats in verschie-dene Fraktionen war insbesondere die Fraktion mit mehr als drei Ringsystemen – wieBenzo[a]pyren etc. – stark krebserzeugend, w�hrend von der PAK-Fraktion mit zweibis drei Ringen, der Fraktion mit Azaarenen (stickstoffsubstituierte PAK) und derPAK-freien Fraktion nur eine geringe krebserzeugende Wirkung auf die Haut ausging(Grimmer et al. 1984).
Nach Implantation des Kondensats der Emissionen von steinkohlengeheiztenOfen in die Lunge von Ratten nimmt die H�ufigkeit von Lungenkarzinomen ebenfallsdosisabh�ngig zu. Die st�rkste krebserzeugende Wirkung in diesem Experiment hatdie Fraktion von PAK und Thiaarenen (schwefelsubstituierte PAK) mit mehr als dreiRingen wie Pyren, Fluoranthen, Coronen, Benz[a]anthracen, Benzo[a]pyren etc. Beiden mit dieser Fraktion behandelten Tieren traten dosisabh�ngig bis zu 42,1 % Lun-genkarzinome auf. In den nicht behandelten Kontrollen waren keine Lungentumorenzu beobachten (Grimmer et al. 1987a).
1.4.2 Krankheitsbild und Diagnose
Unter Lungenkrebs im Sinne dieser Berufskrankheit wird das Bronchialkarzinom ver-standen. Lungenkrebs durch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe unter-scheidet sich in Klinik und Diagnose nicht von Lungenkrebserkrankungen andererGenese. Die Fr�hsymptome sind uncharakteristisch. Beispielhaft zu nennen sind the-rapieresistenter Reizhusten, blutiger Auswurf, Atelektasen und bronchopneumo-nische Prozesse mit verzçgerter Heilungstendenz, Rçntgenaufnahmen des Brustkorbsund Sputumuntersuchung auf tumorverd�chtige Zellen st�tzen die Verdachtsdiagno-se. Eine fr�hzeitige zytologische und/oder bioptische Kl�rung ist anzustreben. Feinge-weblich werden alle bekannten Tumorformen gefunden.
1.4.3 Ergebnisse epidemiologischer Studien
In verschiedenen epidemiologischen Studien bei Besch�ftigten in Kokereien und derHerstellung von Generatorgas konnte ein signifikant erhçhtes Lungenkrebsrisikonachgewiesen werden (IARC 1984). Beispielsweise fanden Manz et al. (1983) in einerKohorte von 724 Hamburger Generatorgasherstellern eine um den Faktor 3,5 signifi-kant erhçhte Sterblichkeit an Atemwegskarzinomen, basierend auf 68 beobachtetenund 19,3 erwarteten Tumoren. Bei den 68 Atemwegstumoren handelt es sich in 65F�llen um Bronchialkarzinome, 2 Larynxkarzinome und 1 Mesotheliom. Die epi-demiologische Evidenz des erhçhten Tumorrisikos bei Kokerei- und Generatorgas-arbeitern f�hrte 1988 zur Aufnahme von „bçsartigen Neubildungen der Atemwege
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512 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
und der Lungen durch Kokereirohgase“ als BK 4110 in die Berufskrankheiten-Ver-ordnung.
Neben Kokereien und der Generatorgasherstellung fand sich bei Besch�ftigten anverschiedenen anderen PAK-exponierten Arbeitspl�tzen ein signifikant erhçhtes Lun-genkrebsrisiko; darunter Besch�ftigte in der Aluminiumherstellung nach dem Sçder-berg-Verfahren (Gibbs 1985, Armstrong et al. 1994), Besch�ftigte in der Herstellungvon Elektrographit (Rockette und Arena 1983), Former und Gießer in Eisengieße-reien mit einer Benzo[a]pyren-Exposition von > 2,0 �g/m3 (Tola et al. 1979), Straßen-bauer (Hansen 1999, Jçckel et al. 1992), Dachdecker, die Flachd�cher mit Steinkoh-lenteerpech abdichteten (Hammond et al. 1976), sowie Schornsteinfeger (Evanoff etal. 1993).
In mehreren epidemiologischen Studien zeigte sich eine Dosis-Wirkungs-Bezie-hung zwischen der Dauer der PAK-Exposition und der Hçhe des Lungenkrebsrisikos(Mazumdar et al. 1975, Gibbs 1985, Evanoff et al. 1993, Costantino et al. 1995).
In 3 PAK-exponierten Kohorten bestand eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehungzwischen der kumulativen PAK-Dosis und dein Lungenkrebsrisiko, darunter in– Untersuchungen bei amerikanischen Kokereiarbeitern (Mazumdar et al. 1975,
Costantino et al. 1995) sowie– Untersuchungen bei 2 kanadischen PAK-exponierten Kohorten von Aluminium-
herstellem nach dem Sçderberg-Verfahren (Spinelli et al. 1991, Armstrong et al.1994).Tabelle 5 zeigt die Tumor-Verdopplungsdosis in den 3 genannten PAK-exponier-
ten Kohorten. Dabei wird unter Tumor-Verdopplungsdosis die PAK-Dosis verstan-den, die im Vergleich zur nichtexponierten Kontrollgruppe das Lungenkrebsrisikoum den Faktor 2 erhçht. F�r die Berechnung der PAK-Dosis werden in der Fachlitera-tur zwei verschiedene Meßverfahren verwendet, die Messung der in Benzol oder Cy-clohexan lçslichen Fraktion des steinkohlenteerpechhaltigen Gesamtstaubes (coal tarpitch volatiles) oder von Benzo[a]pyren. Da die in Benzol oder Cyclohexan lçslichenorganischen Bestandteile der steinkohlenteerpechhaltigen Gesamtstaubfraktion auchviele andere nicht krebserzeugend wirkende Stoffe erfaßt, ist die BaP-Verdopplungs-dosis als spezifischer f�r die krebserzeugende Wirkung an der Bronchialschleimhautanzusehen. In Tabelle 5 sind jeweils die aktuellsten Auswertungen der drei Kohortenaufgef�hrt.
2. Validit�t der vorliegenden Erkenntnisse
Die Angabe der PAK-Verdopplungsdosis f�r Lungenkrebs in der Studie von Spinelli etal. (1991) von > 20 [(mg CTPV/m3) x Jahre] basiert auf 2 beobachteten und 0,9 er-warteten Lungenkrebsf�llen und ist statistisch nicht signifikant. Diese Absch�tzungder Verdopplungsdosis ist somit sehr unsicher. Bei der Untersuchung von Armstronget al. (1994) handelt es sich um eine Fall-Kontroll-Studie bei 338 Lungenkrebsf�llenin einer Kohorte von 16.297 Besch�ftigten in einer nach dem Sçderberg-Verfahren ar-beitenden Aluminiumh�tte und einer Kontrollgruppe von 1.138 Besch�ftigten dersel-
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Lungenkrebs durch PAK 513
ben Kohorte ohne Lungenkrebs (Abb. 4). Bei F�llen und Kontrollen wurde die lebens-lange CTPV- und BaP-Dosis gesch�tzt. Die Studie von Armstrong et al. (1994) hat imVergleich zu den beiden �brigen Studien den wesentlichen Vorteil, daß die Sch�tz-werte der PAK-Verdopplungsdosis f�r Rauchen adjustiert sind. Dies ist gerade in Be-zug auf das Bronchialkarzinom von herausragender Bedeutung. Armstrong und The-riault (1996) weisen darauf hin, daß die PAK-Verdopplungsdosis f�r Lungenkrebs beiNichtrauchern deutlich niedriger als bei Rauchern liegt. Von den Autoren wird alsKonvention eine Anerkennung von Lungenkrebs bei PAK-exponierten Besch�ftigtenbei einer kumulativen PAK-Dosis von 100 [(�g BaP/m3) x Jahre] vorgeschlagen.
Costantino et al. (1995) beschrieben in ihrer Studie die Lungenkrebssterblichkeitbei einer Kohorte von 5.321 amerikanischen Kokereiarbeitern und verglichen diesemit 10.497 Stahlarbeitern. Informationen �ber die CTPV-Exposition der Kokerei-arbeiter wurden nur in den 60er Jahren ermittelt. Informationen �ber die Abnahmeder PAK-Exposition im Zeitraum danach konnten nicht ermittelt werden. Die Ablei-tung der Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen PAK-Dosis und Lungenkrebsrisiko istaus diesen Gr�nden nur sinnvoll f�r die follow-up-Periode zwischen 1951 und 1965.Dabei zeigt sich bei einer kumulativen PAK-Dosis von >16,7 [(mg CTPV/m3) x Jahre]ein Lungenkrebsrisiko von 3,0 (p<0,01), basierend auf 22 beobachteten und 7,3 er-warteten Lungenkrebstodesf�llen (Abb. 5).
Insgesamt ist aufgrund der vorliegenden toxikologischen und epidemiologischenErkenntnisse davon auszugehen, daß polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffegenerell geeignet sind, ein Bronchialkarzinom bei ausreichend hoher kumulativer Do-sis zu verursachen.
3. Abgrenzung der bestimmten Personengruppe gem�ß § 9 Abs. 1 SGB VII
Als bestimmte Personengruppe, die durch ihre Arbeit in erheblich hçherem Maße alsdie �brige Bevçlkerung einer PAK-Exposition ausgesetzt ist, und bei der auftretendeLungenkrebserkrankungen urs�chlich auf die berufliche Exposition zur�ckzuf�hrensind, gelten Besch�ftigte mit einer kumulativen PAK-Dosis von mindestens 100 [(�gBaP/m3) x Jahre].
Dies begr�ndet sich mit dem Umstand, daß bei Besch�ftigten mit dieser kumulati-ven PAK-Dosis im Vergleich zur nicht belasteten Wohnbevçlkerung ein um mehr alsden Faktor 2 erhçhtes Lungenkrebsrisiko vorliegt und die Wahrscheinlichkeit der be-ruflichen Verursachung bei jedem Lungenkrebsfall im Einzelfall �ber 50 % liegt. F�reine detaillierte Begr�ndung siehe Armstrong und Theriault (1996).
Die BaP-Werte in der Studie von Armstrong et al. (1994) wurden mit Hilfe desamerikanischen Probenahme- und Meßverfahrens gewonnen. Zur Bedeutung desMeßverfahrens siehe Kapitel 1.2 sowie den BaP-Jahre-Report des Hautverbandes dergewerblichen Berufsgenossenschaften.
Eine Anerkennung von anderen Atemwegstumoren außer Lungenkrebs ist nachder o. g. Definition nicht mçglich.
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514 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Mehrere Autoren berichteten �ber ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisiko bei PAK-exponierten Berufsgruppen, darunter bei Kokerei- und Generatorgasarbeitern(Kennaway und Kennaway 1936), Naphthalindestillierern (Wolf 1978) und Straßen-bauarbeitern (Hansen 1989). In keiner dieser Arbeiten wurde f�r Rauch- und Trink-gewohnheiten als wesentliche außerberufliche Ursachen des Kehlkopfkarzinorns ad-justiert. Die Studie von Kennaway und Kennaway (1936) leidet weiterhin darunter,daß keine Angaben zu den Auswirkungen der Expositionsdauer und Latenzzeit ge-macht werden konnten. Zudem ist an der Studie problematisch, daß bei der Ermitt-lung der Berufsangaben auf dem Totenschein bzw. anhand der Volksz�hlung keine Be-obachtungsgleichheit besteht. Dies kçnnte zu einer Verf�lschung der Ergebnissegef�hrt haben (IARC 1984, S. 170). Dagegen beschrieben Maier et al. (1992) ein sig-nifikant um den Faktor 2,67 erhçhtes Risiko f�r Kehlkopfkrebs nach beruflicher Ex-position gegen�ber Steinkohlenprodukten und Teerprodukten, das f�r Rauchen undAlkohol adjustiert war. In die exponierte Gruppe wurden jedoch auch Besch�ftigtemit einer Kohlen-, Bitumen- oder Karbolineumexposition aufgenommen, derenkrebserzeugende Wirkung beim Menschen im Bereich der Atemwege nicht erwiesenist bzw., was Kohleprodukte angeht, unwahrscheinlich ist. In einer anderen Fall-Kon-troll-Studie in der Bundesrepublik konnte ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisiko durchPAK nach Adjustierung f�r Rauchen und Alkohol nicht festgestellt werden (Ahrens etal. 1991). In der Kohortenstudie von Costantino et al. (1995) bei Kokereiarbeiternfand sich f�r sonstige Atemwegskarzinome außer Lungenkrebs ein relatives Risikovon 0,98, basierend auf 9 beobachteten und 9,2 erwarteten Tumortodesf�llen. EineAuswertung f�r Kehlkopfkrebs allein wurde nicht durchgef�hrt. Auch zeigten Kohor-tenstudien mit Erfassung der Tumorinzidenz, die f�r die Bewertung des Kehlkopf-krebsrisikos wegen der relativ geringen Letalit�t dieser Tumorart von besonderer Be-deutung sind, keinen �berzeugenden Beweis f�r ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisikovon PAK-exponierten Besch�ftigten. So fanden Evanoff et al. (1993) bei 5.542 schwe-dischen Schornsteinfegern ein relatives Risiko f�r Kehlkopfkrebs von 1,4, basierendauf 4 beobachteten und 2,8 erwarteten Kehlkopfkrebsneuerkrankungen, welches sta-tistisch nicht signifikant war.
Insgesamt gibt es aufgrund der oben beschriebenen positiven Studien wichtigeHinweise f�r ein erhçhtes Kehlkopfkrebsrisiko von PAK-exponierten Besch�ftigten,welche jedoch aufgrund der widersprechenden anderen Studienergebnisse zur Zeit alsnicht gesichert angesehen werden kçnnen.
Mehrere Autoren beobachteten ein erhçhtes Risiko f�r Blasenkrebs bei verschie-denen der in Kapitel 1.4.3 besprochenen Berufsgruppen, darunter bei Generatorgas-werkern (Manz 1983, Berger und Manz 1992), Besch�ftigten in Sçderberg-Alumini-umh�tten (Gibbs 1985, Spinelli et al. 1991), Straßenbauarbeitern (Hansen 1989) undSchornsteinfegern (Evanoff et al. 1993). Clavel et al. (1994) beschrieben im Rahmeneiner Fall-Kontroll-Studie eine positive Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen derPAK-Dosis, die durch einen Experten eingesch�tzt wurde, und dem relativen Risikof�r Blasenkrebs.
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Lungenkrebs durch PAK 515
Die oben genannten Studien beweisen eine krebserzeugende Wirkung von PAK imBereich der ableitenden Harnwege nicht, da in Steinkohlenteerprodukten auch krebs-erzeugende aromatische Amine wie 2-Naphthylamin nachgewiesen wurden (Hoff-mann und Boente 1933, Grimmer et al. 1987b). Einer Erweiterung der Anlage zur Be-rufskrankheiten-Verordnung um Blasenkrebs in den oben genannten Berufsgruppenbedarf es nicht, weil Blasenkrebserkrankungen in den genannten Berufsgruppen beiNachweis einer ausreichend hohen Exposition mit krebserzeugenden aromatischenAminen bereits jetzt im Rahmen der Berufskrankheit Nr. 1301 anerkannt werdenkçnnen.
Mehrere Autoren beobachteten ein erhçhtes Colonkarzinomrisiko bei PAK-expo-nierten Berufsgruppen, darunter bei Kokereiarbeitern (Chau et al. 1993), Generator-gaswerkern (Manz 1983), PAK-exponierten Metallarbeitern (Silverstein et al. 1985)und Straßenbauarbeitern (Hansen 1989). Eine orale PAK-Exposition bei den o. g. Be-rufsgruppen ist durch Verschlucken von PAK-haltigem Sputum denkbar. Allerdingsfand sich in der Mehrzahl der in Kapitel 1.4.3 beschriebenen epidemiologischen Stu-dien kein erhçhtes Colonkarzinomrisiko. Beispielsweise beschrieben Costantino et al.(1995) bei Kokereiarbeitem ein relatives Risiko f�r Colonkrebs von 0,7, basierendauf 25 Todesf�llen. Evanoff et al. (1993) fanden ein relatives Risiko f�r Colonkrebsvon 1,1, basierend auf 18 inzidenten Colonkrebsf�llen. Auch liegen bislang keine Stu-dien vor, die eine Dosis-Wirkungs-Beziehung zwischen einer beruflichen PAK-Exposi-tion und dem Colonkarzinomrisiko fanden. Insgesamt kann daher eine Anerkennungdes Colonkarzinomns nach beruflicher PAK-Exposition zur Zeit nicht empfohlenwerden.
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 535
Lungenkrebs durch PAK 521
Tab. 1: Benzo[a]pyren-Konzentration in der Atemluft an Arbeitspl�tzen in der eisen- und stahlerzeu-
genden Industrie
Arbeitsplatz Benzo[a]pyren-Konzentration Literatur
(g/m3)
Hochofen 0,05–2,7 2–4
Elektrostahlofen 0,02–4,9 2,3
Siemens-Martin-Ofen 0,20–2,5 2,3
Bessemer-Konverter 0,20–0,3 2
AOD-Stahlwerk 0,04–6,8 4
Auskleiden von Kokillen
mit Teer 90,00–126,0 1
Aufheizen von Gießpfannen
nach Neuerstellung mit
Teer/Dolomit 0,05–4,7 4
Literatur: 1 = Rondia (1964), 2 = Tanimura (1968), 3 = Lindstedt und Sollenberg (1982),
4 = Blome (1983)
Tab. 2: Benzo[a]pyren-Exposition im Straßenbau in Abh�ngigkeit von der Art des verwendeten Binders
Art des Binders Benzo[a]pyren-Exposition Literatur
(g/m3)
Minimum/Maximum/Median
Steinkohlenteerpech k. A. 78,0 k. A. Sawicki 1967
k. A. 75,0 k. A. Bridbord et al. 1976
Teerbitumen
(Carbobitumen) <0,01 22,0 0,7 Knecht und Woitowitz 1989
Bitumen k. A. <0,05 k. A Virtamo et al. 1979
k. A. <0,05 k. A. Blome 1983
k. A. k. A. 4,00 Hansen 1989
k. A. k. A. 0,02 Tobias et al. 1990
Abk�rzungen: k. A.= keine Angaben
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 536
522 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Tab. 3: Benzo[a]pyren-Konzentration im Kaminruß bei Verwendung verschiedener Brennstoffe
Brennstoff Benzo[a]pyren-Konzentration
(mg/kg Ruß)
Koks 0,1– 0,2
Holz 11,0– 40,5
�l 3,3– 96,7
Kohle 65,0–130,8
Quelle: Zdrazi et al. (1962), Kutscher und Tomingas (1966), Masek 1974, Holzhauser
und Schaller (1977), Medalia et al. 1983, Knecht et al. (1989)
Tab. 4: Hçhe der Benzo[a]pyren-Konzentration in der Atemluft beim Schornsteinfegen
Autoren T�tigkeit Benzo[a]pyren-
Konzentration
(g/m3)
Holzhauser und Kaminkehren vom Dach, 1,2–42,9
Schaller (1977) Auffegen des Rußes
Bagchi und Kaminkehren vorn Dach 40,0
Zimmermann(1980)
Knecht et al. (1989) Kaminkehren vom Dach,
Auffegen des Rußes
von der Sohle:
�lheizung 0,4 (0,1–1,9) *
Holz- und Kohlenheizung 0,8 (0,1–8,4) *
�l-, Holz- und Kohlenheizung 0,8 (0,1–3,7) *
* arithmetischer Mittelwert und Schwankungsbereich
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Lungenkrebs durch PAK 523
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 538
Tab. 5: PAK-Verdopplungsdosis f�r Lungenkrebs in verschiedenen epidemiologischen Studien
Autor Jahr Kohortengrçße [(mg CTPV/m3) Jahre] [(g BaP/m3) Jahre]
Spinelli
et al. 1991 4.213 >201) k. A.
Armstrong
et al. 1994 16.297 >102) >1002
Costantino
et al. 1995 5.321 >16,73) k. A.
1) unter Ber�cksichtigung einer mindestens zehnj�hrigen Latenzzeit2) f�r Rauchen adjustiert3) basierend auf einem follow-up bis 1965
k. A. = keine Angaben
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8
9
1010a
11
1212a
10b
lk
j m
h g fn
op q
e d cb
a
BENZO[a]PYRENE DIBENZ[a,h]ANTHRACENE
BENZ[a]ANTHRACENE
BENZO[b]FLUORANTHENE
BENZO[k]FLUORANTHENEBENZO[l]FLUORANTHENE
CHRYSENE
1
2
3
3a
45
5a6
6a7
8
9
1010a
11
1212a
10b
ab
cop q
f ed
gh
n
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1
2
3
4
4a
5
66a
77a
7b
8
9
10
1111a
12
1313a
1414a
14b
nm l
ok
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1
2
3
3a3b
45
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7a7b8
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10
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12a12b
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1
2
3
3a
4
5
66a6b
6c
7
8
9
1010a
11
1212a
12b
1
2
3
44a
5
66a
77a
8
9
10
1111a
1212a
12b
r
j
r
Abb. 1: Strukturformel einiger polyzyklischer aromatischer Kohlenwasserstoffe (nach IARC 1983)
524 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 539
90
70
50
30
10
1
0,1 1 10 100 1000 µg PAH
% Mäuse mit s.c. Tumor
BaP
DBahA BbFT
BkFT
BaA
CHR
BjFT
BaPDBahABbFTBjFTBkFTBaACHR
Abb. 2: Beziehungen zwischen der Dosis subcutan applizierter PAK und der H�ufigkeit von gut- und bçs-
artigen Hauttumoren bei M�usen (nach Ziem und Pott, 1983)
Abk�rzungen: BaP = Benzo[a]pyren
DBaHa = Dibenz[a,h]anthracen
Bbft = Benzo[b]fluoranthen
BjFT = Benzo[j]fluoranthen
BkFT = Benzo[k]fluoranthen
BaA = Benz[a]anthracen
CHR = Chrysen
Lungenkrebs durch PAK 525
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 540
Inzidenz gut- und bösartigerLungentumoren (%)
120
100
80
60
40
20
0Kontrollen
Expositionshöhe
20 µg BaP/m³ 46 g BaP/m³
Expo
siti
onsd
auer
97
3933
40
10 Monate20 Monate
Abb. 3: Zusammenhang zwischen Hçhe und Dauer der PAK-Exposition und der H�ufigkeit von Lungentu-
moren bei Ratten (nach Heinrich et al. 1994)
2,5
2
1,5
1
0,5
0< 10 10-99 100-199 200-299 300-
Kumulative PAK-Dosis [(Mikrogramm B³aP/m) Jahre]
1
1,5*
2,2 2,1*1,9*
*p< 0,05
Relatives Risiko
Abb. 4: Beziehung zwischen der kumulativen Benzo(a)pyren – Dosis und dem f�r Rauchen adjustierten
Lungenkrebsrisiko bei Besch�ftigten in Sçderbergaluminiumh�tten (nach Armstrong et al.
1994)
526 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 541
Relatives Risiko
Kumulative PAK-Dosis [(mg CTPV/m³) Jahre]
876543210
0 >0-<16,7 16,7-<33,3 33,3-<50 50-
1 1,09
3* 3,35*
6,76*
Abb. 5: Beziehung zwischen der kumulativen CTPV – Dosis und dem Lungenkrebsrisiko bei Kokereiarbei-
tern (nach Costantino et al. 1995)
Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten41 10 Bçsartige Neubildungen der Atemwege und der Lungen
durch Kokereirohgase
Lungenkrebs durch PAK 527
Wissenschaftliche Begr�ndung
f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII
(Verçffentlichung in Vorbereitung)
2 (Karpaltunnelsyndrom durch mechanische Belastung)
Klinische Zuordnung:Orthop�dieNeurologie
Literaturhinweis:Karpaltunnelsyndrom (Vogt, 1998)Das Karpaltunnelsyndrom (Fricker, 2004)
Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven
Kapitel H Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten21 06 Drucksch�digung der Nerven
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 542
528 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Wissenschaftliche Begr�ndung
f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII
(Verçffentlichung in Vorbereitung: BArbBl. 10/2005)
3 (Gonarthrose durch mechanische Belastung)
Klinische Zuordnung:Orthop�die
Literaturhinweis:Arthrosen – Basiswissen zu Klinik, Diagnostik und Therapie (Hackenbroch, 2002)Gedanken zur geplanten Aufnahme ausgew�hlter Gonarthrosen…in die Liste der Berufskrankheiten
(Hackenbroch, 2003)
Hinweis: Kapitel G Merkbl�tter zu den Berufskrankheiten21 02 Meniskussch�den
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 543
(Gonarthrose durch mechanische Belastung) 529
Wissenschaftliche Begr�ndung
f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII
(Verçffentlichung in Vorbereitung)
4 (Nasenkrebs durch Lederstaub)
Klinische Zuordnung:HNO-Heilkunde
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 544
530 Wissenschaftliche Begr�ndungen zu den Berufskrankheiten nach § 9 (2) SGB VII
Wissenschaftliche Begr�ndung
f�r eine Berufskrankheit nach § 9 (2) SGB VII
(Verçffentlichung in Vorbereitung)
5 (Schweißerlungenfibrose)
Klinische Zuordnung:Pneumologie
Literaturhinweis:Die Lungensiderose (Worth, 1954)Schweißerlungenfibrose: Begr�ndung f�r die Aufnahmen als neue Berufskrankheit
(Buerke et al., 2003)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 545
(Schweißerlungenfibrose) 531
JAbk�rzungsverzeichnis
Hinweis: Dieses Verzeichnis bezieht sich nicht auf die in den Kapiteln G, H und I vor-gestellten amtlichen Bekanntmachungen.
AAIDS Acquired Immuno Deficiency Syndrome�ndV �nderungsverordnungASiG Arbeitssicherheitsgesetz
BBAuA Bundesanstalt f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinB�K Bundes�rztekammerBArbBl BundesarbeitsblattBGB B�rgerliches GesetzbuchBK Berufskrankheit/-enBKV Berufskrankheiten-VerordnungBMA Bundesministerium f�r Arbeit und SozialordnungBMGS Bundesministerium f�r Gesundheit und Soziale SicherungBMWA Bundesministerium f�r Wirtschaft und ArbeitBSE Bovine spongiforme EncephalopathieBT BundestagBVA BundesversicherungsamtBWS Brustwirbels�ule
CCO-Hb Kohlenmonoxid-H�moglobin
EEG Europ�ische GemeinschaftEHEC Enteroh�morrhagische Escherichia coliEU Europ�ische Union
GGKV Gesetzliche KrankenversicherungGUV Gesetzliche Unfallversicherung
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 546
HHg „Quecksilber“HNO Hals-Nasen-Ohren-HeilkundeHOV Halogenorganische VerbindungenHWS Halswirbels�ule
IIAA Internationales ArbeitsamtICD International Classification of DiseasesILO International Labour OrganisationIVSS Internationale Vereinigung f�r soziale Sicherheit
LLCM Lymphozyt�re Choriomeningitis
PPAK Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe
RRVO Reichsversicherungsordnung
SSGB Sozialgesetzbuch
UUVAV Unfallversicherungs-Anzeigeverordnung
WWHO World Health OrganizationWVG Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft
ZZNS Zentralnervensystem
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 547
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 555
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Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 556
542 Literatur
LAnhang
1 Versicherter Personenkreis(§ 2 SGB VII)
2 Gewerbliche Berufsgenossenschaften(Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII)
3 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften(Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII)
4 Arztdaten f�r die Berufskrankheitenforschung(§ 206 SGB VII)
5 Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz(Gewerbe�rzte)
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 557
1 Versicherter Personenkreis (§ 2 SGB VII)
§ 2 Versicherung kraft Gesetzes.
(1) Kraft Gesetzes sind versichert1. Besch�ftigte,2. Lernende w�hrend der beruflichen Aus- und Fortbildung in Betriebsst�tten, Lehr-
werkst�tten, Schulungskursen und �hnlichen Einrichtungen,3. Personen, die sich Untersuchungen, Pr�fungen oder �hnlichen Maßnahmen unter-
ziehen, die aufgrund von Rechtsvorschriften zur Aufnahme einer versicherten T�-tigkeit oder infolge einer abgeschlossenen versicherten T�tigkeit erforderlich sind,soweit diese Maßnahmen vom Unternehmen oder einer Behçrde veranlaßt wor-den sind,
4. behinderte Menschen, die in anerkannten Werkst�tten f�r behinderte Menschenoder in nach dem Blindenwarenvertriebsgesetz anerkannten Blindenwerkst�ttenoder f�r diese Einrichtungen in Heimarbeit t�tig sind,
5. Personen, diea) Unternehmer eines landwirtschaftlichen Unternehmens sind und ihre im Unter-nehmen mitarbeitenden Ehegatten oder Lebenspartner,b) im landwirtschaftlichen Unternehmen nicht nur vor�bergehend mitarbeitendeFamilienangehçrige sind,c) in landwirtschaftlichen Unternehmen in der Rechtsform von Kapital- oder Per-sonenhandelsgesellschaften regelm�ßig wie Unternehmer selbst�ndig t�tig sind,d) ehrenamtlich in Unternehmen t�tig sind, die unmittelbar der Sicherung, �ber-wachung oder Fçrderung der Landwirtschaft �berwiegend dienen,e) ehrenamtlich in den Berufsverb�nden der Landwirtschaft t�tig sind, wenn f�rdas Unternehmen eine landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft zust�ndig ist.
6. Hausgewerbetreibende und Zwischenmeister sowie ihre mitarbeitenden Ehegat-ten oder Lebenspartner,
7. selbst�ndig t�tige K�stenschiffer und K�stenfischer, die zur Besatzung ihres Fahr-zeugs gehçren oder als K�stenfischer ohne Fahrzeug fischen und regelm�ßig nichtmehr als vier Arbeitnehmer besch�ftigen, sowie ihre mitarbeitenden Ehegattenoder Lebenspartner,
8. a) Kinder w�hrend des Besuchs von Tageseinrichtungen, deren Tr�ger f�r den Be-trieb der Einrichtungen der Erlaubnis nach § 45 des Achten Buches oder einer Er-laubnis aufgrund einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung bed�rfen,b) Sch�ler w�hrend des Besuchs von allgemein- oder berufsbildenden Schulen undw�hrend der Teilnahme an unmittelbar vor oder nach dem Unterricht von derSchule oder im Zusammenwirken mit ihr durchgef�hrten Betreuungsmaßnahmen,c) Studierende w�hrend der Aus- und Fortbildung an Hochschulen,
9. Personen, die selbst�ndig oder unentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich im Ge-sundheitswesen oder in der Wohlfahrtspflege t�tig sind,
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 558
544 Anhang
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 559
10. Personen, die f�r Kçrperschaften, Anstalten oder Stiftungen des çffentlichenRechts oder deren Verb�nde oder Arbeitsgemeinschaften, f�r çffentlich-rechtlicheReligionsgemeinschaften oder f�r die in den Nummern 2 und 8 genannten Ein-richtungen ehrenamtlich t�tig sind oder an Ausbildungsveranstaltungen f�r dieseT�tigkeit teilnehmen,
11. Personen, diea) von einer Kçrperschaft, Anstalt oder Stiftung des çffentlichen Rechts zur Unter-st�tzung einer Diensthandlung herangezogen werden,b) von einer dazu berechtigten çffentlichen Stelle als Zeugen zur Beweiserhebungherangezogen werden,
12. Personen, die in Unternehmen zur Hilfe bei Ungl�cksf�llen oder im Zivilschutzunentgeltlich, insbesondere ehrenamtlich t�tig sind oder an Ausbildungsveranstal-tungen dieser Unternehmen teilnehmen,
13. Personen, diea) bei Ungl�cksf�llen oder gemeiner Gefahr oder Not Hilfe leisten oder einen an-deren aus erheblicher gegenw�rtiger Gefahr f�r seine Gesundheit retten,b) Blut oder kçrpereigene Organe, Organteile oder Gewebe spenden,c) sich bei der Verfolgung oder Festnahme einer Person, die einer Straftat verd�ch-tig ist oder zum Schutz eines widerrechtlich Angegriffenen persçnlich einsetzen,
14. Personen, die nach den Vorschriften des Dritten Buches oder des Bundessozialhil-fegesetzes der Meldepflicht unterliegen, wenn sie einer besonderen, an sie im Ein-zelfall gerichteten Aufforderung einer Dienststelle der Bundesanstalt f�r Arbeitnachkommen, diese oder eine andere Stelle aufzusuchen,
15. Personen, diea) auf Kosten einer Krankenkasse oder eines Tr�gers der gesetzlichen Rentenver-sicherung oder einer landwirtschaftlichen Alterskasse station�re oder teilstatio-n�re Behandlung oder station�re, teilstation�re oder ambulante Leistungen zurRehabilitation erhalten,b) zur Vorbereitung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf Aufforde-rung eines Tr�gers der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Bundesanstaltf�r Arbeit einen dieser Tr�ger oder eine andere Stelle aufsuchen,c) auf Kosten eines Unfallversicherungstr�gers an vorbeugenden Maßnahmennach § 3 der Berufskrankheiten-Verordnung teilnehmen,
16. Personen, die bei der Schaffung çffentlich gefçrderten Wohnraums im Sinne desZweiten Wohnungsbaugesetzes oder im Rahmen der sozialen Wohnraumfçr-derung bei der Schaffung von Wohnraum im Sinne des § 16 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 desWohnraumfçrderungsgesetzes im Rahmen der Selbsthilfe t�tig sind,
17. Pflegepersonen im Sinne des § 19 des Elften Buches bei der Pflege eines Pflegebe-d�rftigen im Sinne des § 14 des Elften Buches; die versicherte T�tigkeit umfaßtPfleget�tigkeiten im Bereich der Kçrperpflege und – soweit diese T�tigkeiten �ber-wiegend Pflegebed�rftigen zugute kommen – Pfleget�tigkeiten in den Bereichender Ern�hrung, der Mobilit�t sowie der hauswirtschaftlichen Versorgung (§ 14Abs. 4 des Elften Buches).
Versicherter Personenkreis (§ 2 SGB VII) 545
(2) Ferner sind Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte t�tig wer-den. Satz 1 gilt auch f�r Personen, die w�hrend einer aufgrund eines Gesetzes ange-ordneten Freiheitsentziehung oder aufgrund einer strafrichterlichen, staatsanwalt-lichen oder jugendbehçrdlichen Anordnung wie Besch�ftigte t�tig werden.(3) Absatz 1 Nr. 1 gilt auch f�r1. Deutsche, die im Ausland bei einer amtlichen Vertretung des Bundes oder der L�n-
der oder bei deren Leitern, deutschen Mitgliedern oder Bediensteten besch�ftigtsind,
2. Entwicklungshelfer im Sinne des Entwicklungshelfer-Gesetzes, die Entwicklungs-dienst oder Vorbereitungsdienst leisten.
Soweit die Abs�tze 1 und 2 weder eine Besch�ftigung noch eine selbst�ndige T�tigkeitvoraussetzen, gelten sie abweichend von § 3 Nr. 2 des Vierten Buches f�r alle Per-sonen, die die in diesen Abs�tzen genannten T�tigkeiten im Inland aus�ben; § 4 desVierten Buches gilt entsprechend. Absatz 1 Nr. 13 gilt auch f�r Personen, die im Aus-land t�tig werden, wenn sie im Inland ihren Wohnsitz oder gewçhnlichen Aufenthalthaben.(4) Familienangehçrige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 5 Buchstabe b sind1. Verwandte bis zum dritten Grade,2. Verschw�gerte bis zum zweiten Grade,3. Pflegekinder (§ 56 Abs. 2 Nr. 2 des Ersten Buches) der Unternehmer, ihrer Ehegat-
ten oder ihrer Lebenspartner.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 560
546 Anhang
2 Gewerbliche Berufsgenossenschaften(Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII)
Anlage 1
(zu § 114)
Gewerbliche Berufsgenossenschaften1. Bergbau-Berufsgenossenschaft2. Steinbruchs-Berufsgenossenschaft3. Berufsgenossenschaft der keramischen und Glas-Industrie4. Berufsgenossenschaft der Gas-, Fernw�rme- und Wasserwirtschaft5. H�tten- und Walzwerks-Berufsgenossenschaft6. Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft7. Norddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft8. S�ddeutsche Metall-Berufsgenossenschaft9. Edel- und Unedelmetall-Berufsgenossenschaft
10. Berufsgenossenschaft der Feinmechanik und Elektrotechnik11. Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie12. Holz-Berufsgenossenschaft13. Binnenschiffahrts-Berufsgenossenschaft14. Papiermacher-Berufsgenossenschaft15. Berufsgenossenschaft Druck und Papierverarbeitung16. Lederindustrie-Berufsgenossenschaft17. Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft18. Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gastst�tten19. Fleischerei-Berufsgenossenschaft20. Zucker-Berufsgenossenschaft21. Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg22. Bau-Berufsgenossenschaft Hannover23. Bau-Berufsgenossenschaft Rheinland und Westfalen24. Bau-Berufsgenossenschaft Frankfurt am Main25. S�dwestliche Bau-Berufsgenossenschaft26. W�rttembergische Bau-Berufsgenossenschaft27. Bau-Berufsgenossenschaft Bayern und Sachsen28. Tiefbau-Berufsgenossenschaft29. Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft30. Berufsgenossenschaft f�r den Einzelhandel31. Berufsgenossenschaft der Banken, Versicherungen, Verwaltungen, freien Berufe
und besonderer Unternehmen – Verwaltungs-Berufsgenossenschaft32. Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-Bahnen und Eisenbahnen33. Berufsgenossenschaft f�r Fahrzeughaltungen
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 561
Gewerbliche Berufsgenossenschaften (Anlage 1 zu § 114 (1) SGB VII) 547
34. Berufsgenossenschaft f�r Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege35. See-Berufsgenossenschaft
Literaturhinweis:Dienststellenverzeichnis Arbeitsschutz (BAuA, 2003)
Postanschrift des Spitzenverbandes:Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften (HVBG)53745 Sankt Augustin
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 562
548 Anhang
3 Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften(Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII)
Anlage 2
(zu § 114)
Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften1. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Schleswig-Holstein und Hamburg2. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niedersachsen-Bremen3. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Nordrhein-Westfalen4. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Hessen, Rheinland-Pfalz und
Saarland5. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Franken und Oberbayern6. Land- und forstwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Niederbayern/Oberpfalz
und Schwaben7. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Baden-W�rttemberg8. Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft Berlin9. S�chsische landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft
10. Gartenbau-Berufsgenossenschaft
Literaturhinweis:Dienststellenverzeichnis Arbeitsschutz (BAuA, 2003)
Postanschrift des Spitzenverbandes:Bundesverband der landwirtschaflichen Berufsgenossenschaften (BLB)Postfach 410356, 34114 Kassel
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 563
Landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften (Anlage 2 zu § 114 (1) SGB VII) 549
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 564
4 Arztdaten f�r die Berufskrankheitenforschung(§ 206 SGB VII)
§ 206 �bermittlung von Daten f�r die Forschung zur Bek�mpfung
von Berufskrankheiten
(1) Ein Arzt oder Angehçriger eines anderen Heilberufes ist befugt, f�r ein bestimmtesForschungsvorhaben personenbezogene Daten den Unfallversicherungstr�gern undderen Verb�nden zu �bermitteln, wenn die nachfolgenden Voraussetzungen erf�lltsind und die Genehmigung des Forschungsvorhabens çffentlich bekanntgegeben wor-den ist. Die Unfallversicherungstr�ger oder die Verb�nde haben den Versichertenoder den fr�heren Versicherten schriftlich �ber die �bermittelten Daten und �ber denZweck der �bermittlung zu unterrichten.(2) Die Unfallversicherungstr�ger und ihre Verb�nde d�rfen Sozialdaten von Ver-sicherten und fr�heren Versicherten erheben, verarbeiten und nutzen, soweit dies1. zur Durchf�hrung eines bestimmten Forschungsvorhabens, das die Erkennung
neuer Berufskrankheiten oder die Verbesserung der Pr�vention oder der Maßnah-men zur Teilhabe bei Berufskrankheiten zum Ziele hat, erforderlich ist und
2. der Zweck dieses Forschungsvorhabens nicht auf andere Weise, insbesonderenicht durch Erhebung, Verarbeitung und Nutzung anonymisierter Daten, erreichtwerden kann.
Voraussetzung ist, daß die zust�ndige oberste Bundes- oder Landesbehçrde die Erhe-bung, Verarbeitung und Nutzung der Daten f�r das Forschungsvorhaben genehmigthat. Erteilt die zust�ndige oberste Bundesbehçrde die Genehmigung, sind die Bundes-�rztekammer und der Bundesbeauftragte f�r den Datenschutz anzuhçren, in den �bri-gen F�llen der Landesbeauftragte f�r den Datenschutz und die �rztekammer des Lan-des.(3) Das Forschungsvorhaben darf nur durchgef�hrt werden, wenn sichergestellt ist,daß keinem Besch�ftigten, der an Entscheidungen �ber Sozialleistungen oder derenVorbereitung beteiligt ist, die Daten, die f�r das Forschungsvorhaben erhoben, ver-arbeitet oder genutzt werden, zug�nglich sind oder von Zugriffsberechtigten weiter-gegeben werden.(4) Die Durchf�hrung der Forschung ist organisatorisch und r�umlich von anderenAufgaben zu trennen. Die �bermittelten Einzelangaben d�rfen nicht mit anderen per-sonenbezogenen Daten zusammengef�hrt werden. § 67c Abs. 5 Satz 2 und 3 desZehnten Buches bleibt unber�hrt.(5) F�hren die Unfallversicherungstr�ger oder ihre Verb�nde das Forschungsvor-haben nicht selbst durch, d�rfen die Daten nur anonymisiert an den f�r das For-schungsvorhaben Verantwortlichen �bermittelt werden. Ist nach dem Zweck des For-schungsvorhabens zu erwarten, daß R�ckfragen f�r einen Teil der Betroffenenerforderlich werden, sind sie an die Person zu richten, welche die Daten gem�ß Absatz1 �bermittelt hat. Absatz 2 gilt f�r den f�r das Forschungsvorhaben Verantwortlichenentsprechend. Die Abs�tze 3 und 4 gelten entsprechend.
550 Anhang
5 Landesbehçrden f�r den medizinischenArbeitsschutz (Gewerbe�rzte)
Baden-W�rttemberg
Staatlicher GewerbearztUhlandstraße 1470182 Stuttgart(0711) 212-4187
Bayern
Gewerbe�rztlicher DienstSchellingstr. 15580797 M�nchen(089) 2170-01
Berlin
Landesamt f�r Arbeitsschutz, Gesundheitsschutz und technische SicherheitAlt-Friedrichsfelde 6010315 Berlin(030) 9021-0
Brandenburg
Gewerbe�rztlicher DienstHorstweg 5714478 Potsdam0331) 8683-0
Bremen
LandesgewerbearztDoventorscrontrescarpe 17228195 Bremen(0421) 361-15119
Hamburg
Staatlicher GewerbearztBillstraße 8020539 Hamburg(040) 42837–0
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 565
Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz (Gewerbe�rzte) 551
Hessen
LandesgewerbearztDostojewskistraße 465187 Wiesbaden(0611) 817-0
Mecklenburg-Vorpommern
LandesgewerbearztWerderstraße 12419055 Schwerin(0385) 588-0
Niedersachsen
Gewerbe�rztlicher DienstGçttinger Straße 1430449 Hannover(0511) 4446-0
Nordrhein-Westfalen
Landesanstalt f�r ArbeitsschutzUlenbergstraße 127-13140225 D�sseldorf(0221) 3101-0
Rheinland-Pfalz
Staatlicher GewerbearztRheinallee 97-10155118 Mainz(06131) 967-497
Saarland
Medizinischer ArbeitsschutzMalstatter Straße 1766117 Saarbr�cken(0681) 3000-965
Sachsen
S�chsisches Landesinstitut f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinReichstraße 3909112 Chemnitz(0371) 3685-0
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 566
552 Anhang
Sachsen-Anhalt
LandesgewerbearztK�hnauer Straße 7006846 Dessau(0340) 6501-0
Schleswig-Hostein
LandesgewerbearztAdolph-Westphal-Straße 424143 Kiel(0431) 988-0
Th�ringen
Landesamt f�r Arbeitsschutz und ArbeitsmedizinSchleusinger Straße 3098527 Suhl(03681) 73-5400
Hinweis: Die Einbettung der Dienststellen in die Behçrdenstrukturen der einzelnen Bun-desl�nder und ihre Personalausstattung kçnnen dem „Dienststellenverzeich-nis Arbeitsschutz“ (BAuA, 2003) entnommen werden.
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 567
Landesbehçrden f�r den medizinischen Arbeitsschutz (Gewerbe�rzte) 553
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 568
Stichwortverzeichnis
Das Stichwortverzeichnis vermittelt eine Begriffsauswahl f�r den sozialmedizinisch orien-tierten Leserkreis. Dabei wurden die in den Tabellen und Diagrammen behandelten Ausdr�-cke nicht wiederholt.
AAbnutzungsdermatose 351Abrissbr�che 173 f.Agranulozytose 102AIDS 229, 231Akkomodationsstarre 115Akkomodationsstçrungen 109Akne 353Akrocyanose 75Akroosteolysen 98Akustikussch�digung 109Alkoholintoleranz 102, 144Alkylaryloxide, halogenierte
122 ff.Alkylarylsulfide, halogenierte
126Alkyloxide, halogenierte
122 ff.Alkylsulfide, halogenierte 126Allgemeinmedizin 36Aluminiumherstellung 506Alveolitis 138 f., 277–, allergische 341–, exogen-allergische 330 ff.Amalgam 59Amenorrhoe 219Amine, aromatische 91 f.Amçbiasis 258An�mie 57, 67, 76, 107�nderungsverordnung (BKV –
�ndV) 19Anerkennungsf�lle, Fallzahlen
12Anerkennungsverfahren 503Anerkennungsvoraussetzung
28Angiologie 85, 101, 108, 113,
120, 162, 185, 207, 225,234
–, Berufskrankheit 41–, Krankheitsbilder 41Angiostrongylose 258Anhidrose 168Anosmie 67Anspruch, verschuldens-
unabh�ngiger 6Anurie 60, 111Anzeige, �rztliche 32–, strafrechtliche 29
Anzeigeempf�nger 30 f.Anzeigekriterien 17, 29Anzeigepflicht 29Aphasie 208Arbeitgeberhaftpflicht 6Arbeitsanamnese 2, 21Arbeitsmedizin 14, 36, 364Arbeitsschutz, medizinischer
8 f., 10, 16 f., 20 ff., 33–, staatlicher 23Arbeitsschutzaufsicht 16Arbeitssicherheitsgesetz
(ASiG) 35Arbeitsunf�higkeit 8, 10, 33Arbeitsunfall 7Armplexusschaden 169, 394Arsen 74 f.Arteriosklerose 109Arthrosis deformans 154, 157Aryloxide, halogenierte 122 ff.Arylsulfide, halogenierte 126Arzneimittel 60Arzt, behandelnder 33Arztdaten 550�rzte 10, 18, 21, 30–, Angestellte 17–, Anzeigepflicht 17–, Auskunftspflicht 18�rzteschaft 31�rztliche Anzeige 32Arzt-Patienten-Verh�ltnis 2Arztwahl 14Asbestkçrperchen 288, 295,
304Asbest-Lungenfibrose 288Asbestose 287 ff., 291 f.,
294 f., 297, 406, 412Asbeststaublungenerkrankung
287 ff., 291, 406, 412Asphyxie 208Astigmatismus 131Ateml�hmung 86, 98, 102,
111, 115Atemwege 26, 276 ff., 405 ff.–, bçsartige Neubildungen
313, 317–, – –, Kokereirohgase 317–, – –, Nickel 313–, tiefere 312, 334
–, –, Aluminium 306–, –, Thomasmehl 312Atemwegsallergie 342Atemwegserkrankungen 279–, chronisch-obstruktive 342–, obstruktive 27, 80, 139,
309, 315, 323, 339 ff.,346 f., 353
–, –, allergisierende Stoffe340
–, –, chemisch-irritativeStoffe 345
–, –, toxische Stoffe 345Atemwegsobstruktionen 346Atemwegstumoren, Kokerei-
rohgase 318Atmungsorgane, Karzinome 76Auge 131Augenheilkunde, Berufskrank-
heit 37–, Krankheitsbilder 37Augenzittern, Bergleute 362Ausfallserscheinungen, cere-
brale 86Ausfallsymptome 393Ausf�hrungsbehçrde 16Axonotmesis 167, 392Azoospermie 219
BBakterien 235, 255Balantidiose 239Bambusstabbild, eburnisiertes
118Bandans�tze, verknçcherte
118 f.Bandscheibenprolaps 192Bandscheibenprotrusion 192Bandscheibenvorfall 178Bandscheibenvorwçlbung 178Bauchfell 26, 276 ff., 405 ff.Befeuchter-Lunge 330 f.Befundkonstellation 36Begutachtung 23Behandlungsbed�rftigkeit 8,
10, 32Beinplexusschaden 170, 396Beitragsfreiheit 7, 14Beitragsrecht 14
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 569
Benzo[a]pyren 522 f.Benzochinon 131Benzol 101 f., 106 f.–, Aminoverbindungen 106–, Nitroverbindungen 106Benzolrausch 102Bergbehçrde 16Bergleute 422Bergmannsnystagmus 363Berufe, Gesundheitsgefahren 1Berufsaufgabe 10, 28Berufsgenossenschaften,
gewerbliche 14, 547–, –, Fusionen 4–, landwirtschaftliche 14, 549Berufskrankheiten 1, 6 ff., 10,
13, 19, 28–, Anerkennung 8, 22 f.–, Anhaltspunkte 15 f., 30, 34–, Anzeige 15 f., 18, 22 f., 30 f.–, Anzeigekriterien 31–, Anzeigenformulare 32–, Anzeigepflicht 2, 15, 29, 31–, begr�ndeter Verdacht 30–, ’dem Grunde nach’ 28–, Dunkelziffer 5–, Fachgebiete 36–, Fallzahlen 12–, Pr�vention 11–, Renten 13–, Verdacht 32–, wissenschaftliche Begr�n-
dungen 364 ff., 503 ff.Berufskrankheitenforschung
550Berufskrankheitenliste 23, 27,
364–, Europ�ische Union (EU) 2–, Internationales Arbeitsamt
(IAA) 2Berufskrankheitenmerkbl�tter
54Berufskrankheitenreife 9Berufskrankheitenverdacht 31Berufskrankheitenverfahren 6,
9, 17, 22, 27Berufskrankheiten-Verordnung
(BKV) 9 f., 17, 19, 36, 364,503
–, �nderungs-Verordnung 19Berufskrankheitsrecht, Fort-
entwicklung 9Berufsmusiker 399Berylliose 82 f.Beryllium 81 ff.Berylliumpneumonie 82Berylliumrachitis 83Besch�ftigte, abh�ngige 7Betriebs�rzte 15 f., 35
Betriebs- oder Personalrat15 f., 34
Betroffene, Aufkl�rung 27Beweiserhebungen 20Bewusstlosigkeit 86, 115Bewusstseinstr�bung 96Biss, offener 129Bisssenkung 204BKV s. Berufskrankheiten-Ver-
ordnungBl�schenkrankheit des
Schweines 239Blasenkrebs 107Blasenpapillome 107Blei 55 ff.Bleidepot 57Bleierkrankung 57 f.Bleikoliken 57Bleikolorit 56Bleil�hmung 57Bleitr�ger 56Borreliose 258Bronchialasthma 107Bronchialkarzinom 124, 294,
326 f., 441, 512Bronchial-Lungenerkrankung
334Bronchialobstruktion 139Bronchialsystem, Krebserkran-
kungen 315Bronchiektasen 126Bronchitiden 73, 76, 312Bronchitis 66, 306 f.–, chronische 65, 89, 126,
289, 418, 422–, –, obstruktive 279, 322 f.,
335–, –, –, Bergleute 321, 416,
429Bronchopneumonie 66, 73,
126, 312Bronchospasmus 115Brucellose 239Bulb�rparalyse 71Bundes�rztekammer (B�K) 36Bundesministerium f�r Arbeit
und Sozialordnung (BMA)54, 364
–, f�r Gesundheit und SozialeSicherheit (BMGS) 54
Bundesrat 7Bundesregierung 7Bundesversicherungsamt
(BVA) 4burning feet 71Buruli-Ulcus 259Butylphenol, para-terti�r-
133 ff.Byssinose 334 f.
CCadmium 66 f.Campylobacter-Infektionen
239Carpaltunnel-Syndrom 390,
394Cheiralgia paraesthetica 170,
395Chemosis 76Chikungunya 259Chirurgie 173Chlamydien 235, 255Chlamydien-Infektionen 230Chlamydiosen 240Chlorakne 97, 124Cholera 230Chondrose 192Choriomeningitis, lymphozy-
t�re 243Chrom 62 ff.Chromatgeschw�re 64Chromatlungenkrebs 65CO-Erkrankungen 86 f.Cor pulmonale 309Coxsackie-Viruskrankheit 230c5-Senke 211CTS (Karpaltunnel-Syndrom)
167, 390, 503, 528
DDachdecker 509Datenschutz 16 f.Dauerepilation 219Deckplatteneinbr�che 192Deltahepatitis 227Demenz 148Dengue-Fieber 259Depotblei 56Dermatitiden 61, 64, 76, 124Dermatitis 140, 359–, mercurialis 60Dermatologie 55, 59, 62,
70, 72, 74, 77, 81, 93,101, 106, 108, 117, 122,126, 133, 136, 217, 225,234, 252, 254, 350,359
Desinfektionsmittel 96Diarrhoe 89Dioxin 124Diphterie 230Dosisgrenzwert 28Dosis-Wirkungs-Beziehungen
28Double-Crush-Syndrome 167Dracunculose 260Drittmittelvergabe 10Druckfallbeschwerden 208Druckluft 25, 206 ff.
Stichwortverzeichnis 555
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 570
Druckneuropathie 171, 397,399
Durchblutungsstçrungen 163Dysenterie 231Dyskrinie 346Dystonie, fokale 171–, –, Blasinstrumente 397
EEbola-Virus-Fieber 260Echinokokkosen 240Eierschalensilikose 278Einwirkungen, besondere 8, 10–, chemische 23, 54, 365–, gef�hrdende 33 f.–, gesundheitssch�dliche 9–, mechanische 24, 151, 389–, physikalische 24, 151, 389Einzelfallentscheidung 2Eisenerzeugung 507Eisenmangelan�mie 253Ekzem 75, 359–, konstitutionelles 353–, vesikopapul�res 82Ekzeme 64, 97, 104, 219Elektrographitindustrie 506Ellenbogengelenk, Arthrose
159–, Osteochondrosis dissecans
157, 159Emphysem 126, 279, 307,
342, 418, 422–, Bergleute 321, 416Encephalopathie 57, 61Encephalose 111Endokrinologie 68, 108, 133,
217–, Berufskrankheit 41–, Krankheitsbilder 41Enteroh�morrhagische Esche-
richia coli (EHEC)-Infek-tionen 240
Entgeltfortzahlung 34Entsch�digung 7Entsch�digungsaufwand 15Entsch�digungsleistungen 13Entsch�digungsvorausset-
zungen 28Enzephalopathie 149, 374,
377–, organische Lçsungsmittel
146, 372–, toxische 148Eosinophilie 127, 253Epicondylitis 152Erblindungen 86, 111Erethismus mercurialis 61Erkenntnisse, wissenschaft-
liche 9
Erkrankungen 33Erkrankungsh�ufigkeit 9Ermittlungsergebnisse 20 ff.Ermittlungspflicht 17, 22Erm�dungsbr�che 173 f.Ersch�tterung, Druckluftwerk-
zeuge 156Erstickungsgase 23, 84Erwerbsf�higkeit, Minderung
8, 10Erythem 75Erzbergbau 446Exostosen 118
FFacettensyndrom 177, 193Fachgebiete, Gebiete und
Schwerpunkte 36Farmerlunge 330 f.Fascioliasis 260Fasciolopsiasis 260Faserjahre 28, 297 f., 406, 412Feinstaubdosis, kumulative
416, 427, 429Feinstaubjahre 28Feinstaubkonzentration 432 f.Feststellungsverfahren 16, 20Fettleber 367, 370Feuchtarbeit 350, 355Feuerlamelle 216Feuerlçschmittel 95Filariosen 261Fleckfieber 19, 254, 256, 258,
262Fluor 117 ff.Fluorerkrankung 119Fluorose 119Follikulitis 75Forschung 9, 18Forschungseinrichtungen 10Frambçsie 263Frauenheilkunde (s. a. Gyn�ko-
logie), Berufskrankheit 37–, Krankheitsbilder 37Fr�hsommer-Meningoenzepha-
litis 241Fr�hstadien, klinische 28F�nftagefieber 264Furunkulose 127
GGangr�n 75Ganzkçrper-Schwingungen
191, 197Gastritiden 126 f.Gastritis 65Gastroenteritiden 126Gastroenterologie 55, 59, 62,
66, 68, 70, 74, 77, 81, 85,
88, 93, 101, 106, 108, 110,113, 117, 122, 126, 133,143, 217, 225, 234, 252,303, 366
–, Berufskrankheit 42–, Krankheitsbilder 42Geb�hren 21Gef�hrdungen, t�tigkeitsbezo-
gene 21, 23Gef�hrdungsbereiche 8, 27Gef�hrdungsbeurteilung 34Gef�hrdungsfaktoren 34Gefahrklasse 15Gefahrtarife 14Gef�ßerkrankungen 76Gef�ßwandsch�digung 102Gehirnnerven, Sch�digungen
111Gelbfieber 264Geldleistungen 7, 12Gelenksch�den, arthrotische
160Gerechtigkeit, soziale 3Gesamtverband des deutschen
Steinkohlenbergbaus 424Gesetzliche Krankenversiche-
rung (SGB V) 11Gesichtsdermatitis 82Gesundheitsdienst 27, 225Gesundheitsschaden 12Gesundheitsschutz 12Gesundheitswesen, çffent-
liches, Berufskrankheit 49–, –, Krankheitsbilder 49Gewerbe�rzte 551–, staatliche 10, 17, 22, 35–, Vorschlagsrecht 4Gewerbeaufsichts�mter, staat-
liche 11, 17Gewichtsabnahme 89Giardiasis 241Gießereien 507Gonarthrose 154, 503, 529Granulome 82Grauer Star, W�rmestrahlung
215 f.Gutachten 9, 21–, Zweck 10, 16 f.Gutachtenauftrag 16 f.Gutachtenqualit�t 4Gutachter, Qualifikation 16Guyon-Logensyndrom 170Gyn�kologie (s. a. Frauenheil-
kunde) 101, 217, 225, 234
HHaarausfall 71, 75, 97Haftpflichtversicherung 6Hakenwurmkrankheit 252 f.
556 Stichwortverzeichnis
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 571
Halogenkohlenwasserstoffe93 ff.
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde62, 66, 72, 74, 77, 101,126, 207, 210, 225, 234,294, 313, 317, 337, 340,406, 530
–, Berufskrankheit 38–, Krankheitsbilder 38Halswirbels�ule, bandscheiben-
bedingte Erkrankungen 185H�mangioendothelsarkom,
Leber 98H�matologie 74, 101, 106,
126, 217, 225, 234, 252–, Berufskrankheit 43–, Krankheitsbilder 43H�molyse 76H�nde, vibrationsbedingte
Durchblutungsstçrungen162
Hantavirus-Erkrankungen 241Harnblase, Karzinome 127Harnwege, Krebs 91 f.–, Neubildungen 91 f.–, Schleimhautver�nderungen
91 f.Haut, Karzinome 76, 219Hautgranulome 83Hautkrankheiten 27, 65, 67,
82, 107, 349 ff., 353Hautkrebs 360–, Ruß, Rohparaffin, Teer,
Anthrazen, Pech 359Hautsch�den 108Hauttumoren, M�use 525Hautulcera 76Haut- und Geschlechtskrank-
heiten, Berufskrankheit 39–, Krankheitsbilder 39Hautver�nderungen, ekzema-
tçse 73Heben 175Heilbehandlung 12 f., 18Helicobacter-Infektionen 231Hepatitis A 226, 231–, B 226, 231–, C 227, 231–, D 231–, E 228, 231–, G 231–, toxische 123Hepatopathie, toxische 144Hepatose 134Hepatotoxizit�t 143Herpes-simplex-Infektion 231Herzinfarkt 208Herz-Kreislauf-Versagen 79,
115
Herzversagen 86, 121Hilussilikose 278Hinterbliebene 7Hinterbliebenenrente 13Hirnatrophie 148Histoplasmose 265HIV-Infektion 229, 231Hochtonverluste 212Hornhauterkrankungen 132Hornhautsch�digungen,
Benzochinon 131 f.Hornhaut-Ulzera 76Hornhautvascularisation 131Hyalinosis complicata 290,
293Hygiene 225, 254, 284Hyperkeratosen 75 f.Hyperostosen 79Hyperpyrexie 124Hypersekretion 346Hypersensibilit�t 71
IIkterus, h�molytischer 76ILO-Rçntgenklassifikation
292, 483Infektionsepidemiologie 225,
252, 254, 284–, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Infektionserreger 25, 224Infektionsgefahr 225Infektionskrankheiten 225 ff.,
230–, m�tterliche 11Inhalationsnoxen 345Innenohrschwerhçrigkeit 212Innere Medizin 40, 225, 234,
254–, Berufskrankheit 40Inokulationstuberkulose 228Interessenskollision 17Interosseus-anterior-Syndrom
169, 395Isocyanate 136 ff.Isoliermittel 95
JJapan-Enzephalitis 265
KKahnbein, Erm�dungsbruch
157, 160Kahnbeinfraktur 158Kahnbeinpseudarthrose 157 f.K�ltemittel 95Kardiologie 74, 77, 85, 88, 93,
110, 117, 120, 207, 234, 303–, Berufskrankheit 44
–, Krankheitsbilder 44Karpaltunnel-Syndrom (CTS)
167, 390, 503, 528Karzinom, hepatozellul�res
227Katarakte 220Katzenkratzkrankheit 242Kaudakompressionsssyndrom
178Kaudasyndrom 178, 193 f.Kausalit�t, haftungsausf�l-
lende 1, 10, 17–, haftungsbegr�ndende 1,
10, 17Kausalit�tsbegriff 1Kehlkopfkrebs 294 ff., 298,
406 ff., 412, 515Keloidbildung 82Keratektasie 131Keuchhusten 232Kinderheilkunde, Berufskrank-
heit 47–, Krankheitsbilder 47Kniegelenke 154Knochendegenerationspro-
zesse 79Knochenfluorose 118Knochensklerosierung 118Kohlenmonoxid 85 ff.–, Erkrankungen 86 f.Kokereien 505Koma 115Konjunktivitiden 76, 78Kontaktdermatitis 64, 134Kontaktekzem 140, 353, 355–, allergisches 63, 352Kontakturtikaria 352Kçrperschaften des çffent-
lichen Rechts 6Korsakow 71Kostentr�ger 13Kostentr�gerschaft 11Kr�mpfe, tonisch-klonische
115Krankenbehandlung 13Krankenhaus, behandelndes
33Krankenkassen 11, 33 f.–, Auskunftspflicht 15Krankenversicherung 15–, gesetzliche 5Krankheiten 23 f.–, �bertragbare, Tier/Mensch
234, 239Krankheitsbilder 36–, psychotische 71Krankheitsdiagnose 23Krankheitserscheinungen 32, 34Kreislaufinsuffizienz 111
Stichwortverzeichnis 557
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 572
Kreislaufkollaps 121Kreislaufversagen 98Kreuzbeinfugen, Ankylosie-
rung 118Krim-Kongo-Fieber 265Kryptosporidiose 242Kubitaltunnel-Syndrom 170Kunstfehler 18
LLaboratorium 225L�hmungen 71, 75, 109, 115,
208Landesbehçrde 16–, medizinischer Arbeits-
schutz 551Landesgewerbe�rzte 10, 17,
22, 35L�rm 25, 209 ff.L�rmschwerhçrigkeit 210 ff.laryngeal asbestosis 295, 407Larynxkarzinom 294, 296,
298, 406 f.Lassa-Fieber 265Lasten, schwere 175, 185Lastgewichte 180, 189Leber, Carcinome 76–, Dimethylformamid 143, 366Leberdystrophie 79Leberparenchymsch�den 69Lebersch�den 98Lebersch�digung 144Leberschwellung 76, 111Lebertoxizit�t 98Leberverfettung 367, 370Leberzellkarzinom 227Leberzellsch�digungen 144–, toxische 124Leberzirrhose 79, 227Legionellose 232Leibesfrucht 11–, Gesundheitsschaden 10,
229–, Sch�digung 237Leichençffnung 32Leiharbeitnehmer 34Leishmaniose 266Leistungsanspr�che 6Leitungsstçrungen 393Lendenwirbels�ule, bandschei-
benbedingte Erkrankungen175, 180 f., 191, 195 f.
Lepra 267Leptospirosen 242Leuk�mie 102, 220, 223Leukopenie 102, 126Linksverschiebung, j�ngere
Altersgruppen 193Linsentr�bungen 216
Listeriose 243Lçsemittel 23, 90, 93, 365Lçsungsmittel, organische
146Luftwege, Dichlordi�thyl-
sulfid, kanzerogeneWirkung 127
Lumbago 177Lumbalsyndrom, akutes 181–, lokales 177, 193Lunatummalazie 157 f.Lunge 26, 276 ff., 405 ff.–, Aluminium 306–, bçsartige Neubildungen
313, 317–, Kokereirohgase 317–, Nickel 313–, Thomasmehl 312Lungenasbestose 296, 304Lungenemphysem 67, 279,
321 ff., 335, 416Lungenfibrose 64, 139, 219,
289, 309 f., 330 ff., 483,493
–, interstitielle 309–, Metallst�ube 308 ff.Lungenkrebs 219, 294 ff.,
326 f., 442, 444 f., 448,452, 455, 459, 461, 464,466, 470, 473, 475, 477 f.,480 ff., 491, 493 f., 512 f.,524
–, Benzo[a]pyren-Jahre 504–, Erkrankungen 297–, kristallines Siliziumdioxid
(SiO2) 325, 437, 441–, Mortalit�t 485 ff., 489, 491–, polyzyklische aromatische
Kohlenwasserstoffe 503 f.–, Risiko 478 f., 482 f., 488,
490, 492, 526 f.–, Todesf�lle 477Lungençdem 66, 79, 115, 118,
123, 126–, toxisches 79, 138Lungenparenchymerkrankung
139Lungentuberkulose 284 f.Lungentumoren 526Lungen�berbl�hung 346Lunulastreifen 71Lyme-Borreliose 243Lymphome, maligne 223Lymphopenie 76Lymphozyt�re Choriomenin-
gitis 243Lymphozytose 102
MMagen, Dichlordi�thylsulfid,
kanzerogene Wirkung 127Malaria 268Mangan 68 f.Manganismus 68Manganpneumonie 68Marburg-Virus-Fieber 268Masern 232Maskengesicht 69Massenprolaps, medianer 179Maul- und Klauenseuche 244Meessche Nagelb�nder 75Melanose 75 f., 360Meldekriterien 17Meldepflicht 10Meldung 29Melkerknoten 244Meni�resches Syndrom 208Meningealtuberkulose 228Meningokokken-Infektion 232Meniskopathie 154 f.Meniskusschaden 154 f.Merkbl�tter 27, 31, 54 ff.Mesotheliom 304–, Bauchfell 303–, Pericard 303–, Rippenfell 303Metall-Dampffieber 82Metalle 23, 54 ff.Metalloide 23, 54 ff.Methanol 110 ff.Methylalkohol 110Mikrobiologie 225, 234, 252,
254, 284–, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Mikrosporie 244Milkmansches Syndrom 67Milzbrand 244Minderung der Erwerbsf�hig-
keit 8, 10Minimalasbestose 296 f.Mondbeinnekrose 157 f., 160Mononeuropathien 167, 393Mononukleose 232Mono-Paraplegie 208Montagskrankheit 121Montagssterbef�lle 121Montagssymptomatik 335Morbus Basedow 69–, Kienbçck 158Mumps 232Mund-Kiefer-Gesichtschirur-
gie, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Muskelans�tze 152 f.Muskelatrophien 167Muskelsteife 115
558 Stichwortverzeichnis
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 573
Muskulatur, Tonusverlust 208Mykoplasmen-Infektionen
232Myzetom 269
NNarkose 102Narkosemittel 96Nasenhaupt- und Nasenneben-
hçhlen, Adenokarzinome,Eichen- oder Buchenholz-staub 337 f.
–, Krebserkrankungen 315Nasenkrebs, Lederstaub 503,
530Nasenraum, Krebserkran-
kungen 64Nasenscheidewand, Geschw�re
75–, Perforation 64Nebelsehen 109Nebenhçhlenaffektionen 127Neonatalogie 225, 234–, Berufskrankheit 47–, Krankheitsbilder 47Nephrologie 55, 59, 66, 74,
77, 93, 110, 117, 122, 217,225, 234
–, Berufskrankheit 44–, Krankheitsbilder 44Nephrose, toxische 123Nerven, Drucksch�digungen
166, 390 ff., 400Nervenkompressionssyndrome,
Guyon'sche Loge 398–, Musiker 399Nervenl�hmungen 83Neurapraxie 167Neuritiden 109–, periphere 75, 97–, retrobulb�re 97Neurologie 55, 59, 68, 70,
74, 81, 85, 93, 101, 108,110, 113, 122, 146, 162,166, 175, 185, 191, 207,217, 225, 234, 254, 372,390, 528
–, Berufskrankheit 48–, Krankheitsbilder 48Neuropathie, toxische 97Neuropraxie 392Neurotmesis 392Neurotoxizit�t 373Newcastle-Krankheit 245Nickel 313 f.Nickelkr�tze 315Nierenfunktion 79Nierensch�den 98Nystagmus 363
Oobstructive lung disease 423�ffentliches Gesundheits-
wesen 225, 234, 252, 254,284
Ohnmachtsanf�lle 86Ohrger�usche 211�lakne 353Oligurie 76Ophthalmologie 62, 74, 77,
88, 101, 113, 131, 136,215, 217, 225, 234, 362
Opisthorchiasis 269Opticusneuritis 71Organtuberkulose 228Oroya-Fieber 264, 270Orthop�die 66, 77, 81, 117,
152, 154, 156, 165, 173,175, 185, 191, 217, 234,528 f.
–, Berufskrankheit 49–, Krankheitsbilder 49�sophagitis 65�sophagusvarizen 98Osteochondrose 179, 181,
190, 192Osteochondrosis dissecans
159 f.Osteomyelitiden 79Osteoporose 67, 79, 127Osteosklerose 118
Ppack-years 28Papillom 91Paraesthesien 163Paragonimiasis 269Paralysen 115, 167Parasiten 25, 224, 236, 256Paratenonitis crepitans 152Paresen 75, 167Parodontose 127Pasteurellosen 245Pathologie 50–, Berufskrankheit 50Pechwarzen, Karzinome 360Perikarditis 303Perikardmesotheliom 303Periostosen 152Peritonealmesotheliom 303Perna-Krankheit 97, 124Personalrat 15 f., 34Personengruppen, bestimmte
8 f.Personenkreis, versicherter 7,
544Personenschaden 14Persçnlichkeitsver�nderungen
148
Pest 270Pestizide 23, 90, 94, 365Pflege 12Pflegebed�rftigkeit 12 f.Pflegeleistungen 13Pflichtversicherungsverh�lt-
nisse 14Phoniatrie 59, 68, 93, 113–, Berufskrankheit 51–, Krankheitsbilder 51Phosgen 80Phosphor 77 ff.Phosphornekrosen 79Phosphorverbindungen, orga-
nische 113 ff.Pilze 236, 256Plasmocyten 223Pleura, Asbeststaub 287, 291,
294, 296, 406, 412Pleuraasbestose 293Pleuraerguss 290Pleuraerkrankungen 296Pleurafibrose 289 f.Pleuramesotheliom 303Pleuraplaques 289 f., 293, 304Pleuritis 293Pneumokoniosen 290, 345,
445, 480 f., 491Pneumologie 62, 66, 68, 72,
74, 77, 81, 88, 113, 117,122, 126, 136, 217, 225,234, 277, 284, 287, 294,303, 306, 308, 312 f., 317,321, 325, 330, 334, 340,416, 437, 504, 531
–, Berufskrankheit 45–, Krankheitsbilder 45Pneumonie 312, 331–, toxische 79Pneumothorax 279Pneumozystose 246Poliomyelitis 232Polyarthralgie 119Polyneuritiden, periphere 71,
111–, toxische 124Polyneuropathie 98, 104,
147 ff., 374, 377–, organische Lçsungsmittel
146, 372Porphyrien, kutane 97Pr�saturnismus 56 f.Pr�vention 7Pr�ventionsdefizit 12Pr�ventionsmaßnahmen 11, 27prima-facie-Beweise 10Prim�rkomplex 228Pronator-teres-Syndrom 169,
395
Stichwortverzeichnis 559
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 574
Proteindermatitis 352Proteinurie 67Protozoen 236, 256Psellismus mercurialis 61Pseudotabes 109Psychiatrie 55, 59, 68, 70, 74,
85, 93, 101, 108, 113, 146,207, 234, 372
–, Berufskrankheit 51–, Krankheitsbilder 51Psychose 57Psychosyndrom 104Pupillenstarre 109Pyelonephritis 91Pyramidenbahnausf�lle 109
QQ-Fieber 246Quarz 438Quarzstaublungenerkrankung
277 ff., 284 f., 325, 437Quasi-Berufskrankheiten 10,
503Quecksilber 59 ff.Quecksilberkranke 61Quecksilberrachen 60
RRadialisl�hmung 57Rattenbisskrankheit 246Rechtsanspruch auf Sozialleis-
tungen 3Rechtsverordnung 7 f.Rehabilitation 7, 12Reichsversicherungsordnung
(RVO) 6, 54Reizdentin 128Reizknie 154Reizsymptome 393Renten, Gesamtzahl 13–, Hinterbliebene 13–, Versicherte 13Rentenleistungen 12Rentenversicherung 15Rhinitis 79–, allergische 353Rhinopathie 353–, allergische 341–, allergisierende Stoffe 340Rickettsien 235, 255Rift-Tal-Fieber 270Ringelrçteln 232Rippenfell 26, 276 ff., 405 ff.Risikobezug 15Risikozuweisung 2Rçntgen 222Rçntgenstrahlen 218, 222Rotavirus-Infektionen 232Rçteln 232
Rçtelnembryopathie 229Rotlauf 246Rumpfbeugehaltung 175, 181
SSalmonella-Enteritis 232Salmonellosen 247Salpeters�ureester 120 f.Saturnismus 56 f.S�uren, anorganische 128–, organische 128–, Z�hne 128Schadensausgleich 18Schadensersatzanspruch, zivil-
rechtlicher 6Sch�dlingsbek�mpfungsmittel
23, 90, 94Schallempfindungsschwerhç-
rigkeit 211Scharlach 233Schipperkrankheit 173Schistosomiasis 271Schleimbeutel, Druck 165Schleimbeutelerkrankungen
165Schleimbeutelhygrom 165Schluckpneumonie 86Schmerzensgeld 13Schmerzensgeldersatzfunktion
13Schornsteinfeger 509Schrumpfniere 57Sch�ler 7Schulter 185Schultereckgelenk, Arthrose
159Schwangerschaft 10, 229, 237Schwefelkohlenstoff 108 f.Schwefelwasserstoff 88 f.Schweigepflicht, �rztliche 17Schweißerlungenfibrose 503,
531Schweregrad 17Schwerhçrigkeit 208Schwerpunkte, internistische
40Seefahrt 19Segmentverschiebung 192Sehnenans�tze 152 f.–, Verknçcherung 118Sehnengleitgewebe 152 f.Sehnenscheiden 152 f.Sekund�ran�mie 253Selbstverwaltung, Arbeit-
geber 6–, Versicherte 6Sensibilit�tsstçrungen 168,
393SGB VII 6
Sicherheit, soziale 3Sicherheitsfachkraft 15Signaltumoren 304Silikose 277 ff., 284 f., 325 ff.,
437, 441, 473, 475, 477 ff.,482 f., 486, 488 ff., 494
Silikosepatienten 484Silikoserisiko 482Siliko-Tuberkulose 284 f.,
325 ff., 437, 441, 494Siliziumdioxid, kristallines
494Skotom 109, 111Sozialdatenschutz 5Sozialgerichte 4Sozialgesetzbuch (SGB) 3 ff.–, Aufgaben 3Sozialleistungen, Rechts-
anspruch 3Sozialrecht 13Sozialstaatsprinzip 3Sozialversicherung, gemein-
same Vorschriften 4Sozialverwaltungsverfahren 5Spondylarthrose 179, 181, 192Spondylose 179, 181, 190,
192Spontanpneumothorax 307Sporotrichose 247Sprachstçrungen 69Staatlicher Gewerbearzt 10,
17, 22, 35Stadieneinteilung 17Stahlerzeugung 507St�ube, anorganische 26, 276,
405–, organische 26, 329 ff.Steinkohlebergarbeiter 418Steinkohlenbergbau 321, 416,
429Steinkohlenbergleute 482Sterilit�t 219Stoffe, chemische 23, 90Stomatitis mercurialis 60Stçrungen, psychische 86Strahlen 25, 214 ff.–, ionisierende 217 f.Strahlenempfindlichkeit,
maligne Erkrankungen 223Strahleninsult 218Strahlenkrankheit 218, 220Strahlenschaden, akuter 218–, –, lokaler 218–, chronischer allgemeiner
219–, –, lokaler 219Strahlensp�tsch�den 220Strahlensyndrom 218Straßenbau 507
560 Stichwortverzeichnis
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 575
Streptococcus equi-Infek-tionen 248
Streptococcus suis-Infek-tionen 248
Struma diffusa 134Studenten 7Styloiditis 152Styrol 101, 103 f.Sulcus-ulnaris-Syndrom 170,
396Supinatorsyndrom 169 f., 395Synkanzerogenese 318Synkarzinogenese 315Syntheseausgangsstoffe 95Syphilis 233
TTarsaltunnelsyndrom 171, 396Tatbest�nde, offene 27T�tigkeit, gef�hrdende 16, 34,
20–, versicherte 8Teer- oder Pechwarzen, Karzi-
nome 360Teerraffinerien 506Tendovaginitis crepitans 152–, stenosans 152Thallium 70 f.Thoracic-outlet-Syndrom 169,
394Thrombopenie 102Tierpocken 248Todesf�lle, Fallzahlen 12Tollwut 249Toxikologie, Berufskrankheit
51–, Krankheitsbilder 51Toxoplasmose 249Tracheitis 66Trachom 273Tragen 175, 185Treibgase 95Tremor mercurialis 61Trennmittel 95Trichopythie 250Trommelschlegelfinger 309Tropenkrankheiten 19, 25,
224, 254 f., 258Trypanosomiasis 273Tsutsugamushi-Fieber 275Tuberkulose 228, 233, 251,
284 f.Tular�mie 251Tumoren, maligne 220–, strahlenbedingte 220Tumorgenese, quarzstaubbe-
dingte 440Typhus 233
U�bergangsleistung 20Ulcus serpens 131Umweltmedizin 225, 254, 284Unfallkassen 14Unfallverh�tungsbericht 12Unfallversicherung 15, 21, 23–, gesetzliche (SGB VII) 6Unfallversicherungs-Anzeige-
verordnung (UVAV) 16 f.,22 f., 29
Unfallversicherungsfall 29Unfallversicherungstr�ger 6,
8 f., 11 ff., 20 f., 30 f.,33 ff., 503
–, Verantwortung 11Unterlassung aller T�tigkeiten
8, 28Unternehmen 33, 35Unternehmer 10, 16, 30–, Anzeige 34–, Anzeigepflicht 15, 30–, Haftung 14–, Verantwortung 11Unternehmeranzeigen 16, 35Unternehmersph�re 2Untersuchungsgrundsatz 5Ur�mie 60, 76, 111Urologie 55, 59, 66, 74, 106,
110, 126, 217, 234–, Berufskrankheit 52–, Krankheitsbilder 52Ursachen, sonstige 27, 361 ff.–, wesentliche 2Ursachenbewertung 2Ursachenzusammenhang 1, 9,
21, 23Ursache-Wirkungs-Beziehung 1Urtikaria 140
VVanadium 72 f.Vasospastisches Syndrom,
vibrationsbedingtes (VVS)162
Ventilationsstçrung 309Verbrennungen 79Verdacht, begr�ndeter 17Verdachtsanzeigen, Fallzahlen
12Verhaltens- und Verh�ltnispr�-
vention 14Verh�ltnispr�vention 11Vermutungsannahme 10Versicherte 2, 10, 21–, Mitwirkung 11Versichertenrente 13Versicherungsfall 1, 7 f., 10,
13 ff., 18, 21 f.
Versicherungsleistungen 18Versicherungsschutz 8, 19Versicherungstr�ger,
Aufsichtsbehçrden 4Verursachung 8Verursachungsprinzipien 1Vibrationsbedingtes Vasospas-
tisches Syndrom (VVS) 162Viren 236, 255Virusgrippe 233Virushepatitiden 226Virushepatitis A 226–, B 226–, C 227–, D 227–, E 228Vitiligo 134Vogelhalter-Lunge 330 f.Vollrente 20Voraussetzungen, arbeitstech-
nische 10, 17, 22Vorsorgeuntersuchungen,
arbeitsmedizinische 34
WWaisenrente 13Weißfleckung 134Weiterbildungsordnung 36, 40West-Nil(e)-Virus-Fieber 275Windpocken 233Wirbelforts�tze, Abrissbr�che
173Wirbels�ulenerkrankungen,
degenerative 180Witwen- und Witwerrente 13Wohlfahrtspflege 225W�rmer 236, 256Wurmkrankheit 253–, Bergleute 252Wurzelreizsyndrome, lumbale
193–, zervikale 188Wurzelsyndrom, lumbales
177 f., 194
YYersiniose 251
ZZahnabrasionen 204–, quarzstaubbelastende
T�tigkeit 203Zahn�rzte 17 f., 30Zahnausfall 60Z�hne, Keilform 128–, S�uren 128 ff.–, S�ureschaden 119Zahnfleisch, Hg-Saum 60Zahnfleischrand, Bleisaum 56
Stichwortverzeichnis 561
Claudia Wild: Berufskrankheiten / 2.2.2006/Seite 576
Zahnh�lse, Gelbf�rbung 66Zahnhartsubstanzverlust 203Zahnheilkunde 36, 55, 59, 66,
117, 126, 128, 203–, Berufskrankheit 52–, Krankheitsbilder 52Zahnstummel 129
Zentralnervensystem, Sch�di-gung 61
Zervikalsyndrom, akutes 189–, chronisches 186–, lokales 187 f.Zervikobrachiales Syndrom
187
Zervikozephales Syndrom188
Zoonosen 234, 237, 256Zuckerb�ckercaries 129 f.Zusammenhangsgutachten
8 ff., 17, 21 ff.Zytomegalie 233
562 Stichwortverzeichnis