Post on 11-Jan-2016
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MediNetz Rhein-Neckar e.V.
Ein Projekt der IPPNW-StudierendengruppeHeidelberg-Mannheim
Gesundheitssituation von Arbeitsmigrantinnen aus Osteuropa
Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustande wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandekommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird. Bertolt Brecht, "Flüchtlingsgespräche", 1940
Fallbeispiele (1. Fall) Patientin, Bulgarin, Jahrgang 1967
Lebt gemeinsam mit ihrem Mann und einer Verwandten in Mannheim
keine geregelte/ legale Arbeit
finanzielle Misslage ein Dauerzustand
Symptome: Schmerzen im Unterleib, Blutungen außerhalb der Regel
Fallbeispiele (1. Fall) Diagnose: Uterus myomatosus
Therapie: Operation
Kosten müssen selbst übernommen werde, da kein Krankenversicherungsschutz besteht
Kein akuter Notfall, daher keine Übernahme vom Staat
Von mehreren Krankenhäuser wurde Hilfe abgelehnt
Einzige Hilfe: Vitamin B(eziehungen)
Fallbeispiele (2. Fall) junge Bulgarin, Jahrgang 1985
kam über Portugal, zog im April 2011 nach Mannheim
verliebt sich in Mann, mit dem sie ein Affäre beginnt
wird von ihm schwanger, er verlässt sie daraufhin
1. Ärztlicher Termin im November 2011 durch MediNetz
Blutuntersuchung und Mutterpass werden erstellt, Kostenübernahme durch die Sozialstation katholischer Frauen
Fallbeispiele (2. Fall) Entbindungen in Klinik, ggf. unter Sonderkonditionen
Antrag auf Arbeitserlaubnis mit Hilfe des Gemeinschaftszentrum Jungbusch
Antrag auf Schwangerschaftsunterstützung bei der Sozialstation katholischer Frauen
Staatliche Hilfe werden aufgrund der gesetzlichen Regelungen versagt
Problemstellung bis zu einer Million Menschen ohne legalen Aufenthaltsstatus
leben in Deutschland
davon viele Menschen aus Ost Europa
Arbeiten ohne Arbeitserlaubnis → illegal
keine Arbeit → keine Krankenversicherung
Gesundheitsversorgung gefährdet
Problemstellung
Polen: 419435 ≈ 17%
Bulgarien: 74869 ≈ 3%
Rumänien: 126536 ≈ 5%
Frankreich: 108 675 ≈ 4%
Niederlande 136274 ≈ 6%
Migrantengruppe aus EU – Staaten Anzahl: 2443330 (Stand: 31.12.2010)
Problembehandlung
Leistungsberechtigt → Aufenthaltserlaubnis oder Duldung (§1 AsylbLG)
Meldepflicht an Ausländerbehörden für öffentliche Gesundheitsversorger
Keine Meldepflicht an Ausländerbehörden bei akuten Notfällen (§87 Abs. 2 AufenthG)
Keine medizinische Grundversorgung für Menschen ohne Aufenhaltsstatus
…aus staatlicher Sicht
Problembehandlung
NGO’s wie Malteser Migranten Medizin oder MediNetz/Medibüros
medizinische Hilfe direkt und unbürokratisch
Kosten werden zum Teil vom Verein und zum Teil von den Patienten getragen
…aus nicht-staatlicher Sicht
Konzept “MediNetz”
Wir sind eine Gruppe von (Medizin-)studierenden aus Mannheim und Heidelberg (IPPNW)
Wir kooperieren mit Ärzten aus der Region, die sich bereit erklären...
- auf ihr Honorar zu verzichten - Patienten nicht bei der Ausländerbehörde zu melden Wir bieten eine wöchentliche Sprechstunde und einen
Telefondienst an
Unser Ziel: Zugang zum Gesundheitssystem ohne Denunziation
Standorte von Medibüros, Medinetzen und medizinischen Flüchtlingshilfen in Deutschland
Rechtliche Situation
Unsicher
Aber: Nach bisherigem Stand steht das Hilfsgebot der Mediziner über dem Meldegebot
auch Krankenhäuser sind nicht verpflichtet, "Illegale" an die Ämter zu melden (mit Ausnahme von öffentlichen Einrichtungen, also Universitätskliniken)
viele Stadtverwaltungen begrüßen stillschweigend das Engagement für diese „illegalisierte“ Personengruppe
Bundesärztekammer stehe hinter jedem/r Kollegen/-in, der/die Menschen ohne Papiere in seiner/ihrer Praxis behandelt und nicht meldet.
Gesundheit als MenschenrechtUnsere Forderungen:
Wir möchten auf das Problem der “Illegalität” aufmerksam machen und fordern politische Lösungen
Sicherung der medizinischen Versorgung
ohne Meldepflicht an die Ausländerbehörde
Fundraising
Honorarverzicht der kooperierenden ÄrztInnen
Privatspenden - z.B. über www.spendenfreun.de
Stiftungen
Organisieren von Benefizveranstaltungen
Öffentlichkeitsarbeit
Mehrsprachige Flugzettel an öffentlichen Stellen
Flyer für das allgemeine Publikum
Informationsveranstaltungen und Austausch mit anderen Vereinen, die sich mit ähnlicher Problematik befassen
Kunstaktionen im öffentlichen Raum
Öffentlichkeitsarbeit
Kunstaktion im öffentlichen Raum
Zusammenarbeit aller Medibüros mit dem Künstler Boran Burchhardt
Ausblicke
Erweiterung unseres ÄrztInnenpools
(und damit der Kapazitäten)
Ausbau der Kooperation mit Krankenhäusern,
insbesondere für Entbindungsmöglichkeiten
Erweiterung von Beratungsstellen
(z.B. die Gemeinschaftsstelle “Jungbusch”)
Weiterführende Informationen
www.medinetz-rhein-neckar.de
www.medibueros.org
www.proasyl.de
www.bundesaerztekammer.de