Post on 04-Apr-2021
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Justinuskirche in Frankfurt-Höchst
Die um 850 über dem Main ufer erbaute dreischiffige und fast voll ständig erhaltene Justinuskirche in Frankfurt am Main-Höchst ist die älteste Kirche Frankfurts und ein Bau werk von nationaler Be-deu tung.
Der um 830 begonnene Kirchenraum wurde nach seiner Fertigstellung um 850 von Rhabanus Maurus, Erz - bischof von Mainz, einem der bedeutendsten Ge lehrten seiner Zeit, geweiht. Die über-regionale Bedeutung der Justinuskirche verdeutlicht die Synode aller dem Bistum Mainz unterstellten Suffragan-bistümer, die 1024 in der Justinuskirche stattfand und an der auch der hl. Godehard aus Hildesheim teilnahm. 1090 kam die Kirche als
Priorat und Pfarrkirche an die Benediktiner von St. Alban in Mainz. 1298 wurden die Reliquien des hl. Justinus in das Mainzer Mutterkloster übertragen. Patronin der Kirche ist seitdem die hl. Margarete.
Spätgotisches Maßwerk des 15. Jahrhunderts in immer neuen Varianten am Chor und in den Fenstern der Langhauskapellen
Stand April 2012
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1419 verließen die Mainzer Benediktiner St. Justinus; 1441wurden die Antoniter, ein Krankenpflegeorden aus Roßdorf bei Hanau, nach Höchst gerufen, wo sie die Kirche und das Kloster bis zur Säkularisation 1803 übernahmen.
In diese Zeit des 15. Jahrhun-derts fallen wesentliche Er-weiterungen und Umbauten. So der mächtige und licht-
durchflutete spätgotische Chorraum, der an die ursprüngliche Kirche ange-baut wurde, und die Seiten-kapellen an der Nordwand. Das Aussehen der Kirche hat sich seitdem nicht wesentlich verändert. Das der Kirche benachbarte historische Antoniterkloster ist nur noch in Teilen erhalten und wird als Wohnhaus genutzt.
Bevor Sie die Kirche an der Nordseite betreten, be grü ßen Sie die Kopien der Plas tiken des Paulus von Theben (links) und des Mönchs vaters Antonius Eremita (rechts) am Hauptportal (1). Die durch Um-welteinflüsse gefährdeten und angegriffenen Originale finden Sie in der Taufkapelle (5).
Das Portal der Justinuskirche hebt sich wirkungsvoll aus der schlichten Nordfront hervor.
Die Votivtafel des Höchster Bäcker-
meisters Balthasar Gärtner aus dem
Jahre 1706 an der Nordmauer
neben dem Hauptportal
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Vom Haupteingang aus fällt der Blick in das eindrucks-volle Langhaus der karo lingischen Basilika (2), deren ursprünglicher Grund-riss ohne Choranbau im Plan zu erkennen ist. Die Kämpfer und korinthischen Kapitelle der Säulen arkaden (3) gehören zu den bedeutends-ten Stücken der Bauplastik des 9. Jahrhunderts.
Die Langhaus-arkaden aus
Säulen, Kapitellen und Kämpfern ge-
hören zu den schönsten An-
blicken, die ein frühmittelalter-licher Kirchen-
raum in Europa zu bieten vermag.
Fragmente aus dem 15. Jahrhundert über dem
Bogen am Ostabschluss des Mittelschiffes: Malerei
des Jüngsten Gerichts
Im 15. Jahrhundert war die Kirche farbig ausgemalt. Erhalten sind noch die Darstellung von Christus als Weltenrichter über dem Triumph bogen (4) sowie eine Kreuzigung, die durch den Altar mit der MondsichelMadonna (19) neben der Kanzel verdeckt wird.
Im Südseitenschiff: spätbarocke Heiligenfiguren (20) aus der Kapelle des benachbarten Bolon-garopalastes.
Grabstein des Ritters Emmerich von Reiffenberg (1488)
Spätgotisches Taufbecken, getragen von drei romanischen Löwen
Auf der Nordseite sehen Sie drei Kapellenanbauten: In der Taufkapelle mit den Originalplastiken des Anto nius und Paulus an der Wand befindet sich ein spätgotisches Taufbecken (5). Es wird von drei Löwen aus dem 11. Jahrhundert getragen, den ältesten beweglichen Aus-stattungs stücken der Kirche. In der Seitenwand finden Sie den gut erhaltenen, farbig angelegten Grabstein von Heinrich Meyersbach (6 a) aus dem Jahre 1520, dem Generalpräzeptor des Antoniter klosters in Höchst.
Im Nordseitenschiff zwischen den Kapellen hängen in der Wand zwei Epita phien des 16. Jahr-hunderts. Rechts neben der Taufkapelle der Stein von Philipp und Margarete von Reiffenberg (6 b); es folgt die Grabplatte des Domherrn Konrad Hofmann (6 c); beim Nebeneingang (23) im nördlichen Altarraum steht der älteste Grabstein der Kirche, die geritzte Platte des Pfarrers Heinrich Fetting von Schwanheim (6 d) aus dem Jahre 1457. Die be-deutendsten Kunstwerke der Kirche befinden sich in der östlichen Seitenkapelle: eine lebensgroße ge schnitzte und in originaler Farbigkeit erhaltene Sitzfigur des Or-densvaters Antonius Eremita von 1485 (8) und ein ottonisches Kruzifix aus Anto-niterbesitz (9). Die Sitzfigur dürfte als Vorbild für die um 1500 im Auftrag der dortigen Antoniter entstandene Figur des Heiligen von Niklaus Hagenauer im weltberühmten Isenheimer Altar gedient haben.
Die Figur des hl. Antonius strahlt Ruhe, Strenge und Würde aus.
Ottonisches Kruzifix aus Antoniterbesitz
Im Gegensatz zu den ba-rocken Seitenaltären gehört der gotische Kreuzaltar in der Mittelkapelle (7) zur ursprünglichen und für diese Kirche selbst gefertig-ten Einrichtung. Es handelt sich um den 1485 in Worms gemalten Pfarraltar am ehemaligen Lettner, einer steinernen Wand zwischen Chor und Schiff auf der Höhe der Kanzel, die Kloster- und Pfarrkirche trennte. Im Mittelteil ist die Kreuzigung Jesu dargestellt; auf den vier Tafeln der Seitenflügel über Kreuz Szenen der Kreuzle-gende: die Auffindung durch Kaiserin Helena und die
Ausschnitt aus dem Mittelteil des Altar-bildes.Rechts: der linke Seitenflügel
Die Leidenswerkzeuge in der Sakristei
Rückführung des Kreuzes nach Jerusalem durch Kaiser Heraklios nach dem Raub durch die Perser. Die Predel-la zeigt Christus und die zwölf Apostel.
Durch das Langhaus und den gotischen Choranbau fällt der Blick auf den furnierten barocken Hochaltar (13) von Johann Wiess (1726), einen der bedeutendsten Altäre im Bistum Limburg. Im Altaraufbau befinden sich Holzplastiken von hoher Qualität: links der hl. Josef mit dem Jesuskind, rechts der
hl. Kirchenlehrer Augustinus; unter der Strahlensonne die Kirchenpatronin, die hl. Mar-garete, eine der vierzehn Nothelfer. Der Legende nach vertrieb sie mit einem Kreuz-zeichen einen Drachen, der sie des Nachts im Gefängnis verschlingen wollte. Sie wurde 305 wegen ihres Glaubens öffentlich enthaup-tet. Das Altarbild zeigt die Kreuzigung Jesu. Darüber das Antoniterwappen mit dem Antoniterkreuz in der Form eines „T“.
Herrliche Schnitzarbeit am Chorgestühl: der hl. Antonius Eremita,
der Vater des Antoniter-ordens, und der
hl. Paulus von Theben
Im Chor sieht man das eichene Chorgestühl (12) aus der Mitte des 15. Jahrhunderts, 1986 erneuert. Die originalen Seitenwangen zeigen im Relief die beiden Antoniterheiligen: den hl. Antonius Eremita und den hl. Paulus mit einem Gewand aus Eichenblättern anstelle der in der Legende erwähn-ten Palmblätter.
Wenn Sie den Chorraum Richtung Hauptschiff ver lassen, passieren Sie ein großes barockes Wand
kreuz (16) und die EmpireKanzel von 1812 (17), das einzige Stück der Kirche, das in Höchst selbst gefertigt wor-den ist. In der Sakristei (18), der früheren Heilig-Kreuz- Kapelle, finden Sie ein Kreuz rippengewölbe mit Schluss steinen.
Empire-Kanzel aus dem Jahre 1812
Die beiden barocken Seitenaltäre aus dem ehemaligen Kloster Gottesthal bei Oest rich im Rheingau sind Maria gewidmet: die Pieta (11) des nördlichen Altar-raumes der schmerz-haften Mutter, die Madonna auf der Mondsichel (19) im Südseitenschiff der Himmels königin.
Karolingische Säulen, eine Kanzel des Empire, ein barocker Marien altar: Jedes Kunstwerk entfaltet ungeschmälert seine Wirkung.
Die Pieta vom Altar der schmerzhaften
Mutter im nördlichen Altarraum
Die Orgel aus dem Jahre 1740. In das alte Orgelgehäusewurde 1988 eine neue Orgel in bester Konzertqualität eingebaut.
Die prachtvolle Orgel (22) von 1740 stammt aus der Werkstatt des Orgelbauers Onimus in Mainz. 1988 wurde von der Orgelbau-firma Kuhn in Männedorf bei Zürich nach barocken Werk-prinzipien eine neue, drei-manualige Orgel in bester Konzertqualität in das alte Gehäuse eingebaut. Dadurch
wurde die Kirche zu einem Zentrum der Orgelmusik, geschätzt von Solisten aus aller Welt.
Die Stiftergemeinschaft Justinuskirche e. V. Eine Initiative von Bürgern
1983 wurde die Stiftergemeinschaft Justinuskirche e. V. auf Initiative von Erhard Bouillon, damals Vorstandsmitglied und Arbeitsdirektor der Hoechst AG, gegründet. Ziel war es, das öffentliche Interesse an der Justinuskirche zu verstärken und Geldmittel für die Restaurierung und dauerhafte Erhaltung der Kirche zu beschaffen.
Einbezogen wurden von Anfang an alle, denen die Justinuskirche am Herzen liegt, neben der Pfarrgemeinde St. Josef (der Eigentümerin der Justinuskirche) das Bistum Limburg, Bürger und Vereine, Firmen und Institutionen, die Stadt Frankfurt, das Land Hessen und der Bund.
Zwischen 1983 und 1988 erfolgte dann eine umfassende Restaurierung der Justinuskirche und ihrer Ausstattung. Aber auch in den folgenden Jahren wurden kontinuierlich noch verbliebene oder neu aufgetretene Schäden angegangen. So wurde beispielsweise 2009 eine komplette Dachsanierung durchgeführt und eine gefährliche Verstopfung des Abflusses der tief unter der Justinuskirche entspringenden Quelle behoben.
Diese Aufgaben kann ein Verein mit seinen Ehrenamtlichen nicht „stemmen“ ohne das bleibende Engagement vieler Einzelpersonen, Gruppen, Geschäfte und Institutionen. Die Möglichkeiten zur Unterstützung sind vielfältig.
Mehr Informationen unterwww.justinuskirche.de
Stiftergemeinschaft Justinuskirche e. V.
Justinusplatz 2–465929 Frankfurt am MainE-Mail: justinusstifter@email.de