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Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
SACHVERSTÄNDIGENRAT
zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Krankengeldfallmanagement
Prof. Dr. Marion Haubitz, Klinikum Fulda, Medizinische
Hochschule Hannover
Symposium „30 Jahre Sachverständigenrat und Sondergutachten
Krankengeld“
17. Dezember 2015, Berlin
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gestern / morgen
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Krankengeldfallmanagement (KGFM)
• Unterstützung arbeitsunfähiger Arbeitnehmer beim
Gesundungsprozess u. der Inanspruchnahme verschie-
dener Leistungen des Sozialversicherungssystems
Ziel: rasche Wiedereingliederung in das Erwerbsleben
• Schnellere Gesundung, geringere Kosten, verbesserte
Wettbewerbssituation für die Krankenkasse
Idealerweise Win-Win-Situation
• Das unterstützende KGFM ist seit Juli 2015 ein
rechtlicher Anspruch – individuelle Beratung über
Leistungen und unterstützende Angebote, wobei eine
schriftliche Einwilligung der Versicherten notwendig ist
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Befragung aller gesetzlichen KK (2015)
• Durchführung: standardisierter Fragebogen zu
strukturellen Daten, Verfahren, Inhalten des KGFM
sowie Fragen zu den geschätzten Auswirkungen
• Darüberhinaus Erfragung von Vorschlägen zur
Reduktion der Krankengeldausgaben
• Rücklaufquote
Krankenkassen
Antwort
KeineAntwort
KG-berechtigte Mitglieder
Antwort
KeineAntwort
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Krankengeldfallmanagement
• 86 v. 91 KK führen KG-Fallmanagement durch (Ø seit 15 Jahren), die anderen 5 KK diskutieren die Einführung
• 4 bis 108 KG-Fallmanager (Median 27) pro 10.000 KG-beziehenden Mitgliedern sind beschäftigt
• 58 % der KK geben an, Zielvorgaben zu definieren
• Versorgungsbezogene Ziele
• Kundenzufriedenheit
• Rasche Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess
• Guter Bewertungsservice
• Kostenbezogene Ziele
• Budgets / Haushaltsvorgaben (n=12), z. B. Reduktion der Fallzahlen um 20 %
• Zielvorgaben für Organisationsabläufe
•
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Krankengeldfallmanager
• Externe KG-Fallmanager sind sehr selten
• Regionale Verteilung der Fallmanager ist sehr variabel
z. B. 240 KG-Fallmanager an 4 Standorten o. 500 an 86
• Beginn der Arbeit meist in der dritten AU-Woche –
Sichtung der Fälle nach Kriterien (83% aller KK)
Dauer der AU (78%), Vorerkrankungen (67%), vorher KG
(54%), Beruf (51%), bestimmte aktuelle Diagnosen (62%)
• Gespräch mit dem Versicherten (Wo. 3-5) und Arztanfrage
über mögl. diagnostische/therapeutische Maßnahmen
• Prozentzahl der kontaktierten arbeitsunfähigen Mitglieder
ist sehr variabel (2-98% je nach KK), im Median 56%
• Kontaktzahl ist variabel (1-20 pro Fall, Median 5,7)
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Inhalte der Fallmanagementgespräche
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Inanspruchnahme von Rentenleistungen
Inanspruchnahme von Pflegeleistungen
Inanspruchnahme von Reha-Leistungen
Wiedereingliederung in den Beruf
Häusliche Unterstützungsleistungen (ohne Pflege)
Adhärenz-Management (Therapietreue)
Umgang mit der eigenen Krankheit
Terminvereinbarungen bei Leistungserbringern
Suche nach geeigneten Leistungserbringern
sehr häufig häufig gelegentlich selten nie kann ich nicht beurteilen
Inhalte und Gesprächsgegenstände im einzelnen Fall im Rahmen des Krankengeld-
fallmanagements (in % aller Kassen mit Krankengeldfallmanagement, ungewichtet)
(Quelle: eigene Darstellung, Auswertung des SVR-Fragebogens)
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Häufige Kontakte
Die Häufigkeit von Kontakten zu externen Kooperationspartnern im Rahmen des
Krankengeldfallmanagements (in % aller KK mit Krankengeldfallmanagement, ungewichtet)
(Quelle: eigene Darstellung, Auswertung des SVR-Fragebogens)
0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %
Arbeitsagenturen
Rentenversicherung
Pflegeversicherung
Berufsgenossenschaften/Unfallversicherungen
Arbeitgeber
Berufsförderungswerke
Psychologische Beratungsdienste
Selbsthilfeverbände
MDK
Nichtärztliche Therapeuten (außer Psychotherapie)
Ärzte und Psychotherapeuten (amb./stat.)
sehr häufig häufig gelegentlich selten nie kann ich nicht beurteilen
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Geschätzte Effektivität des Managements
• Die KK gehen davon aus, dass sowohl Krankengeldfälle
vermieden werden können (75% der KK) als auch die
Falldauer verkürzt werden kann (96% der KK), wobei
letzteres bedeutender sei mit geschätzt 12% Verkürzung
(Spanne 2-25%) versus 9% Vermeidung (1-30%)
• Aktuell erreichen die KK nach ihrer Einschätzung
durch Krankengeldfallmanagement Einsparungen
von ca. 10% der Krankengeldausgaben
• Das geschätzte Gesamteinsparpotential bei hypothetisch
optimalem Krankengeldfallmanagement liegt bei 15%
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Geschätzte Einsparungen
Geschätzte Einsparungen bei den Krankengeldausgaben durch das aktuelle
Krankengeldfallmanagement nach Kassenarten in Prozent (nach Mitgliederzahl gewichtet)
(Quelle: eigene Darstellung, Auswertung des SVR-Fragebogens)
0 %
5 %
10 %
15 %
20 %
AOK vdek BKK IKK
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Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Geschätztes Einsparpotenzial
Geschätzte Einsparungen sowie geschätztes Einsparpotenzial durch Krankengeldfallmanagement
gemäß den Angaben der Krankenkassen (Prozentzahlen nachträglich klassiert). Vertikal
aufgetragen ist die Anzahl der Kassen
(Quelle: eigene Darstellung, Auswertung des SVR-Fragebogens)
0
5
10
15
20
25
30
Anzahl der
Kassen
Geschätzte aktuelle Einsparungen Geschätztes Gesamteinsparpotenzial
bis 5 % über 5 % bis 10 % über 10 % bis 20 % über 20 %
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Evaluation des KG-Fallmanagements
• Daten werden bei 73% der KK erfasst und evaluiert
(z. B. Kennzahlen zur Ausgaben- u. Fallentwicklung bei
mehr als 60% der KK), 17% der KK führen Befragungen
der Versicherten durch
• Wirksamkeitsbeurteilung
• 38% sehr positiv
• 54% überwiegend positiv
• Diagnoseabhängige Steuerbarkeit
• 28 KK sagen ja
• 25 KK sagen nicht beurteilbar o. nur fallindividuell bewertbar
• Freitext: Fälle mit psychischen Erkrankungen sind besonders steuerungswert oder steuerbar (17 KK), während 8 KK diese als schwer steuerbar einschätzen
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
Persönlicher Kontakt
Beratung über Leistungsansprüche
Handlungsoptionen -
KG-Fallmanager als Lotse
Besondere Versorgungsangebote -
Selektivvertrag mit Psychotherapeuten
Terminservice beim Facharzt
Bewertung durch
Betroffene ist positiv
Hilfe beim Antragsausfüllen,
bei der Wiedereingliederung,
Beratung Zweitmeinungsverfahren,
Behandlungsfehler
Kontakt als Druckmittel
MDK als Kontrollinstanz
Mangelndes Einfühlungsvermögen
des Fallmanagers
Gesundschreiben durch MDK
(nach Aktenlage)
Misstrauen gegenüber
Fallsteuerung, da monetär motiviert
Negative Einstellung bei Aufforderung
Reha/Rentenanträge zu stellen
(bei finanz. Verschlechterung)
Rückmeldung der Versicherten
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
KK-Vorschläge zur Reduktion der KG-Ausgaben
• Schnittstellenbezogen
• Änderungen KG-Anspruch von Arbeitslosen
• Verkürzung der Rehabilitationsantragsfrist
• Mehr Möglichkeiten, zur Rentenantragsstellung aufzufordern
• Lockerung der Datenschutzbestimmungen
• Versorgungsbezogen
• Kürzere Wartezeiten bei Psychotherapeuten u. Fachärzten
• Bessere Vernetzung mit Entlassmanagement, DMPs
• Schnellere Bearbeitung von Reha-Anträgen
• Ein sozialmedizinischer Dienst für alle Sozialversicherungsträger
• Runder Tisch zwischen KK und Leistungserbringern
Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen
KK-Vorschläge zur Reduktion der KG-Ausgaben
Zusammengefasst
• ist Krankengeldfallmanagement bei fast jeder Kasse
implementiert, wobei unterschiedlich viele KG-Fallmanager
eingesetzt werden, zum Teil zentralisiert oder dezentral, aber
nahezu immer interne Mitarbeiter
• arbeitsunfähige Mitarbeiter werden weit vor Beginn des KG-
Anspruchs meist telefonisch kontaktiert
• Hauptthemen sind die Wiedereingliederung in den Arbeits-
prozess, die Inanspruchnahme von Reha-Leistungen und die
Suche nach Leistungserbringern
• die KK wünschen sich u. a. schnittstellenbezogene Änderungen,
kürzere Wartezeiten bei Psychotherapeuten u. Fachärzten, eine
bessere Vernetzung, eine schnellere Bearbeitung von Reha-
Anträgen und eine bessere Abstimmung der unterschiedlichen
Leistungsträger