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Kirchenbild und päpstliche Unfehlbarkeit bei den deutschsprachigen Minoritätsbischöfen aufdem 1. Vatikanum (Miscellanea Historiae Pontificae, 40) by Klaus SchatzArchivum Historiae Pontificiae, Vol. 14 (1976), pp. 449-454Published by: GBPress- Gregorian Biblical PressStable URL: http://www.jstor.org/stable/23563859 .
Accessed: 13/06/2014 00:16
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Κ. SCHATZ, KIRCHENBILD UND PAPSTLICHE UNFEHLBARKEIT 449
Such an arrangement would have brought out more clearly the definite
advance made between the two-chapter text of G. Philips and the four-chapter officiai text presented to the Council in 1963. Incidentally, it would also have
corresponded better with the basic four-column arrangement of the Synopsis. Finally, I shall note some minor corrigenda which happened to catch my
eye: p. xiii and xxiii, read 19.VI.1962 and 20.VI.1962 (not 19.V. and 20.V); p. xvii read privileged (not priviledged); p. xx, note 5, read matre (not mater); p. xx, note 10f read printed (not prinded); p. xxiv, line 6, read 2 ter (not 3 ter); p. xxxi, read IV De Vocatione..., (not VI); p. 4 in footnote, read 7-24, (not 7-4).
Francis A. Sullivan S.I.
Klaus Schatz, Kirchenbild und pàpstliche Unfehlbarkeit bei den
deutschsprachigen Minoritdtsbischofen auf dem 1. Vatikanum
(Miscellanea Historiae Pontificae, 40), Rom 1975, 529 S.
Der Widerstand der meisten deutschen und ôsterreichischen Bischofe gegen die Définition der pâpstlichen Unfehlbarkeit ist lange Zeit fiir katholische
Historiographen ein eher peinliches Thema gewesen. Diese Zeiten sind zwar
vorbei; ihre Auswirkungen, vor allena die damais geschaffene « Inopportunismus
Legende » (18 ff.), reichen jedoch noch bis in die jiingste Vergangenheit hinein.
Vor allem fehlte bisher eine zusammenfassende historische und gleichzeitig
theologische Wiirdigung der Opposition dieser Bischofe. Diese Liicke bemiiht sich
die vorliegende Arbeit zu schliefien.
In ihren Studienjahren standen diese Bischofe meist unter dem Eindruck
und Einflufi von Autoren, welche die febronianisch-josefinistischen Gedanken
gânge der Aufklârung iiberwanden, ohne schon in der Frage des Verhàltnisses
von Papst und Bischbfen die eigentlich « ultramontane » Richtung zu vertreten.
Dabei ist fiir Deutschland vor allem Môhler (51 ff.) zu nennen, dessen Einflufi
auf Ketteler, aber noch stàrker auf Hefele, in dieser Frage durch fast wôrtliche
Anklange belegt werden kann (55, 56 f., 385 f.). Die Ôsterreicher empfingen entscheidende Anregungen durch den Dogmatiker und spâteren Linzer Bischof
Ziegler; sein Lieblingsausdruck « Magisterium Petro-Apostolicum » kehrt auf
dem Konzil wiederholt wieder (58 ff.). In beiden Fàllen wird, geistesgeschichtlich auch im Lichte des romantischen Organismus-Denkens, die untrennbare Einheit
von Papst und Bischofskollegium betcnt und jede « Trennung »; sei sie « galli kanischer » oder « ultramontaner » Art, als dem Wesen dieser lebendigen Einheit
widersprechend zuriickgewiesen. Der erste Hauptteil des Werkes (62-252) beschâftigt sich mit der Minoritats
gruppe als ganzer, wobei Ûberschneidungen nicht immer ganz vermieden, jedoch durch Riickverweise Zusammenhange kenntlich gemacht werden. Dabei ist ein
ausfiihrlicherer Ausgriff auf die Zeit vor dem Konzil erforderlich. Die meisten
spâteren Minoritâtsbischôfe standen bis kurz vor dem Konzil in dem Geruch einer
ausgesprochen « ultramontanen » Einstellung, sodafi ihre oppositionelle Position
nicht wenige uberraschte. Auch wâhrend des 1. Vatikanums wurde ihnen
vorgeworfen, sie hatten zumai auf den Provinzialkonzilien um 1860 jene Unfehl
barkeit offen vertreten, die sie nunmehr bekampften. Der Autor zeigt in der
Analyse der hier in Frage kommenden Provinzialsynoden (Kôln, Wien und
Prag), dafi davon nicht unbedingt die Rede sein kann (77 ff.). Dies gilt auch
fiir die Primatsaussagen des Kolner Konzils von 1860: sosehr diese « inhaltlich
schon die Definitionen des 1. Vatikanums vorwegnehmen, so stehen sie doch
hier in einem Kontext, welcher die Mifiverstandnisse und Einseitigkeiten, gegen die die meisten Vertreter der Minorilât auf dem Konzil ankâmpften, vermei
det » (83). Es gilt erst rechi fur das Wiener und Prager Konzil, die hier noch
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wesentlich zuriickhaltender waren. In den 60er Jahren ist dann auch bei den
am meisten « ultramontan » eingestellten Bischôfen der spàteren Minoritat eine
fortschreitende Reserve gegen rômische Tendenzen festzustellen. Vor allem in
dem Mafie, als in den spâten 60er Jahren vonseiten der engagiertesten Ver
fechter der Définition jener « neo-ultramontane » Unfehlbarkeitsbegriff offen
vorgetragen wurde, der die Unfehlbarkeit des Papstes praktisch zur Quelle der Unfehlbarkeit der Kirche machie (82 f., 108 ff.), mufite sich auch der sachliche Widerstand gemafiigter Unfehlbarkeits-Anhanger wie z.B. Bischof Ketteler,
gegen diese Unfehlbarkeit verstarken. Kettelers Widerstand gegen die Définition ist jedenfalls nicht erst, wie man wiederholt behauptet hat, unmittelbar vor dem Konzil durch Einfliisse von anderer Seite geweckt worden, sondern von Anfang an feststehend (101, Anm. 174, 122 f.). Auf der Fuldaer Bischofskonferenz 1869 (127 ff.) war er der Haupt-Wortfuhrer, welcher auch die anderen gegen eine solche Définition einnahm. Die hier veroffentlichten Gutachten der bayri schen Bischofe zur Adresse der katholischen Abgeordneten des Zollparlaments
(125 ff.) offenbaren ebenfalls um die Jahresmitte 1869 die deutliche Scheidung von
Infallibilisten und Anti-Infallibilisten. — Bemerkenswert sind die Versuche,
Dôllinger zur Mitarbeit im Konzil zu gewinnen, welche, aufier vom Prager Kardi
nal Schwarzenberg, auch von Bischof Greith von St. Gallen ausgingen (132 ff.). Jedoch war der Graben nun zu grofi geworden, da Dôllinger nicht nur der
Infallibilitâtslehre, sondern dem ganzen konkreten, historisch gewordenen Primat den Kampf angesagt hatte (138). Dies solite sich auch noch in den Konzils kontroversen selbst zeigen.
Die Minoritatspartei war aus sehr heterogenen Bestandteilen zusammen
gesetzt und ihre Zusammenarbeit erwies sich schon gleich am Beginn als sehr
schwierig. Ihr erstes bedeutenderes gemeinsames Dokument, die Eingabe vom 2.1.1870 gegen die Geschaftsordnung, welche das Vorschlagsrecht praktisch exklusiv dem Papst reserviert, ist, wie in der Analyse des Dokumentes selbst und
seines Zustandekommens gezeigt wird, ein typisches Kompromifidokument « und
offenbart in der Spannung seiner verschiedenen Aussagen auch sachlich mehr die Differenzen im Schofie der Minoritat als eine einheitliche Linie » (147).
Erst allmàhlich wurde sie durch die Aktionen der Gegenpartei stârker
zusammengeschweifit. Dies geschah vor allem, als im Januar 1870 die Infal
libilitâtsfrage offen in den Vordergrund riickte. Es gelang, Tendenzen in der
Minoritat auszuschalten, die unter Verzichi auf die prinzipiellen Schwierig keiten den reinen Inopportunitâts-Standpunkt herauskehren wollten (152), aber auch solche, die, auf der Linie Erzbischof Spaldings von Baltimore, die Infalli bili tàtsfrage unter Verzichi auf eine echte theologische Lôsung rein « pragma tisch » angehen wollten (155 ff.). Dabei geriet die deutsche Minoritat bald in einen Zweifrontenkrieg gegen die Infallibilisten innerhalb und aufierhalb des Konzils einerseits, Dôllinger und seinem Anhang anderseits. Die Vorgange von Februar 1870, welche Lord Acton auf die Formel « Inopportunismus oder grund satzliche Gegnerschaft » gebracht hat, werden hier (161-69) in anderem Lichte
dargestellt. In Wirklichkeit stand die ganze Minoritat in dem entscheidenden
Kontroverspunkt gegen Dôllinger. Es ging dabei um die Anerkennung des Flo
rentinums, damit aber letzten Endes um die Anerkennung oder nicht des historisch gewordenen Primates (166 ff.). — Die neue Geschaftsordnung von Ende Februar erbrachte eine neue Solidarisierung der Minoritat. Unter Fiihrung Bischof Kettelers, welcher der Autor der deutschen Eingabe gegen diese
Geschaftsordnung ist (172 ff.), stellte sich die Minoritat auf den Standpunkt der « moralischen Unanimitat » als Condicio sine qua non fiir dogmatische Konzilsent
scheidungen. — Eine weitere Solidarisierung rief das Zusatzkapitel vom 7. Marz iiber die papstliche Unfehlbarkeit hervor, schliefilich die Vorwegnahme der Primatskapitel durch papstliche Entscheidung vom 29. Aprii (207). Der
hauptsachlich von Ketteler, in einem Passus aber auch wohl von Hefele verfafite Protest gegen diese letztere Entscheidung ist in seinen Aussagen aber auch
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wiederum in seiner inneren Spannung als bemerkenswerte « Magna Charta » und « Grundsatzerklârung » der Minoritàt zu werten (209-13). — In der letzten Konzils
phase, in welcher das Schema « Pastor aeternus » im Plenum diskutiert wurde,
rangen in der Minoritàt zwei verschiedene Tendenzen miteinander. Angesichts der offenbaren Unmôglichkeit, eine Définition iiberhaupt zu verhindern, bestand
eine grundsâtzliche Bereitschaft zu einer Kompromififormel, vorausgesetzt dafi
die Rùckbindung der pâpstlichen Unfehlbarkeit an die der Gesamtkirche in
irgendeiner Weise deutlich zum Ausdruck kam. Dies liefien die Reden der
Minoritâtsbischôfe auch in vorsichtiger Weise durchblicken. Anderseits glaubte
man, hier nicht selbst aus der Reserve hervortreten zu diirfen, vielmehr zunachst
durch Geschlossenheit und harten Widerstand die eigene Stârke demonstrieren
zu miissen, um die Majoritât fiir Verhandiungen geneigter zu machen (215 f., 223 f.), was sich freilich als verfehlte Taktik erwies. Immerhin wurden nach
dem Vermittlungsvorschlag des Kardinals Guidi in der Generalkongregation vom
18. Juni eine Reihe von Vermittlungsvorschlâgen vorgebracht, die z.T. der Majori tât in bemerkenswerter Weise entgegenkamen (219 f.). Die letzten Verschârfungen des Schémas fiihrten jedoch bei der Minoritàt zu einer erneuten Verhârtung. Ihr Abschiedsschreiben und ihr Fernbleiben ist, wie aus dem Text eindeutig
hervorgeht, nicht als Stimmenthaltung, sondern als eindeutiges « Non placet » zu
werten, das im Sinne des « Consensus unanimis » die Ôkumenizitât des Konzils
beschlusses vom 18. Juli selbst in Frage stellen mufite (224 f.). Damit trat aber an die Minoritàt die auch vorher nicht gelosie Frage
heran, wie sie sich nunmehr verhalten solle. Die innere Ratlosigkeit wird auch
deutlich auf der Fuldaer Bischofskonferenz vom 30.8. bis 1.9.1870, welche
die Glâubigen zur Annahme der Konzilsbeschliisse aufforderte. Die bisherige
Annahme, dafi Ketteler der Autor des Hirtenwortes dieser Konferenz ist, wird
dabei durch einen Fund aus dem Mainzer Diòzesanarchiv bestàtigt (229 ff.). Es gibt sogar zwei Entwiirfe Kettelers, von denen im wesentlichen der eine
in den gemeinsamen Hirtenbrief einging. Bemerkenswert ist jedoch, dafi Ketteler
sich in einem Punkt nicht durchsetzte: wâhrend er sein Fernbleiben als
Stimmenthaltung auffafite und sich auf den Standpunkt stellte, die moralische
Unanimitât sei durch die Abstimmung am 18. Juli mit nur zwei Gegenstimmen
erreicht, fand dieser Passus keine Aufnahme in das Schreiben, welches erst
von der « nachtrâglichen Unanimitât » durch Beitritt der Minoritâtsbischôfe
ausging, dann in der definitiven Fassung die ôkumenizitât blofi behauptete, ohne
sie begriinden zu konnen (231 ff.). — Anders war das Verhalten des Kardinals
Schwarzenberg, welcher zunâchst noch an eine Revision dachte, dann unter
dem Einflufi seines Beraters Salesius Mayer seinen nachtrâglichen Beitritt
durch die inzwischen erreichte Quasi-Unanimitât des Bischofskollegiums recht
fertigte. Dabei ist, spricht man von der « Unterwerfung » der Minoritâtsbischôfe, zu beriicksichtigen, dafi die meisten Hirtenbriefe und sonstigen Schreiben dieser Bischôfe nach dem Konzil das Dogma gerade in dem Sinne vortragen, in
welchem die Minoritàt es auch auf dem Konzil grundsâtzlich zu akzeptieren bereit war, und dafi sie ali die Gesichtspunkte nachtrâglich hereinbrachten die
sie vergeblich versucht hatten, im Dekret selbst unterzubringen (241 ff.); Salesius
Mayer bezeichnete nicht zu Unrecht ihre Interprétation als « wahre Verteidigung der Ansichten der Konzilsminoritât » (243). Sie erhielten dabei freilich auch
Schiitzenhilfe durch den ehemaligen Konzilssekretâr Fefiler, auf dessen Inter
prétation sich wiederum Bischof Hefele von Rottenburg stiitzte (246 f.). Der zweite Hauptteil (253481) untersucht die spezifische Position der ein
zelnen Bischôfe. Eine wirklich selbstândige und bedeutende Stellung nehmen
nur vier ein; die Bischôfe Ketteler von Mainz und Hefele von Rottenburg sowie
die beiden Kardinal-Erzbischôfe Rauscher von Wien und Schwarzenberg von
Prag; die anderen stehen meist im Schatten ihrer Kollegen, wobei die Linie
Kettelers wohl fiir die deutschen Bischôfe als die reprâsentativste gelten kann.
Fiir Bischof Ketteler (256-307) waren persônlich vor allem zwei Grundgedan
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ken mafigebend: einerseits sein « organisches Kirchenverstândnis », das ihn
Kirche im Sinne von Rom 12,5 (« unum corpus sumus in Christo, singuli autem alter alterius membra ») immer als gegenseitige Abhangigkeit aller von
alien verstehen liefi; dann sein eingefleischter Anti-Absolutismus, wobei « Abso
lutismus » fiir ihn Inbegriff menschlicher Autonomie war. Anderseits war er
keineswegs schlechthin Gegner einer pàpstlichen Lehrinfallibilitàt. Die Synthèse seiner eigenen Ideen brachte ihm, « besser als er es vermochte », die Schrift des
Jesuitenpaters Quarella, welche den Papst als « Repràsentation » der Gesamt kirche verstand und ihm auch, insolern er dies wirklich sei, Unfehlbarkeit
zugestand (271 ff.). Ketteler hat sich die zentralen Grundgedanken dieser Schrift
zueigen gemacht (280 ff.). Anderseits ging er doch iiber sie hinaus: es lâfit sich
zeigen, dafi er bereit war, eine Unfehibarkeit von Ex-cathedra-Entscheidungen zuzugestehen, die in jedem Falle durch den Heiligen Geist garantiert wiirde, betonte jedoch, dafi diese Unfehlbarkeit nicht als auf besonderer « Erleuchtung » beruhend verstanden werden diirfe, vielmehr nur durch das Medium kirch licher Konsultation gewirkt wiirde (288 ff.). Auf dieser Linie liegt auch sein letzter Vermittlungsvorschlag, der sich als « Anonymus » im Mansi befindet und am meisten der Majoritat entgegenkommt (302 f.); auf derselben Linie liegt die nachkonziliare Interprétation des Dogmas in seiner Schrift von Màrz 1870 (394 ff.).
Kardinal Schwarzenberg (342-70) erweist sich in erster Linie als von seinem
theologischen Berater Salesius Mayer abhàngig. Seine Position ist bisher nicht ausfiihrlich untersucht worden. Aufier den bereits bekannten Reden und schrift lichen Eingaben wurde dabei eine geplante, von der wirklich gehaltenen ver schiedene Rede iiber die « personliche Unfehlbarkeit » (356 ff.) sowie die geplante Rede zum 4. Kapitel von « Pastor aeternus » (366 ff.) herangezogen. Die Spann breite reicht von sehr beachtlichen Ausfiihrungen zum Thema « Primat und Kollegialitàt » bis zu manchmal vergrôbernden Entstellungen (in der geplanten Rede zur « personlichen Unfehlbarkeit »).
Bei Bischof Hefele von Rottenburg (380-420) ist vor allem die innere Ent wicklung vor, auf und nach dem Konzil beachtenswert. Auf dem Konzil kommt es bei ihm zu einer allmahlichen Versteifung, die ihn der Position Dòllingers annahert, von der er sich noch im Marz 1870 deutlich abgesetzt hatte (397 ff.), dann aber auch am Ende wiederum zu einer gewissen Kompromifibereit schaft (401 ff.), die dann durch die erneuten Verscharfungen des Schémas ihr abruptes Ende fand. — Wie ist die schliefiliche « Unterwerfung » Hefeles Ende Aprii 1871 zu beurteilen? Entscheidende Schliissel seiner Haltung und der Griinde seines Umschwenkens sind zwei Briefe, die bisher nicht bekannt, bzw. nicht beriicksichtigt wurden: einmal der Brief vom 20. Marz an Reusch (411 ff.), schliefilich ein Brief an Fefiler 3 Tage spàter (415). Sie offenbaren ein ehrliches Ringen mit der Frage, aber auch die damais bestehende Unsicherheit. Hefele ist eventuell bereit, eine pàpstliche Unfehlbarkeit in dem Sinne, wie sie Ketteler und Fefiler auslegen. wenigstens auf sich beruhen zu lassen, ist sich jedoch nicht sicher, ob diese Auslegung haltbar ist. Auf jeden Fall kann man bei ihm nur von einer « bedingungsweisen » oder « interpretativen » Annahme des Dogmas, nicht jedoch von vorbehaltloser Zustimmung sprechen.
Kardinal Rauscher von Wien (420-57) geht vor allem von drei Grundvorausset zungen aus: seine patristische Bildung machte ihn empfànglich fur das Argu ment, dafi alleine die « Consensio ecclesiarum » letzte Unfehlbarkeit fiir sich beanspruchen kann; sein Kampf um die Erhaltung des ôsterreichischen Konkor dats von 1855 einerseits, die Verquickung von papstlicher Unfehlbarkeit und « Unam Sanctam » anderseits, liefien ihn Schlimmstes fiir die Position der Kirche und des Papsttums gegenuber dem modernen Staat befurchten; schliefilich ging er davon aus, dafi jetzt, da es im wesentlichen um den zentralen Kampf zwischen Glauben und Unglauben ging, dogmatische Definitionen herkomm licher Art ihren Wert verloren hatten. Dabei offenbaren die verschiedenen
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Entwiìrfe seiner Konzilsschrift « Observationes quaedam de infallibilitatis Eccle
siae subjecto » die innere Entwicklung seiner Argumentation auf dem Konzil
(427 ff.). Besonders der Vergleich der (bisher nicht bekannten) Urfassung von
Dezember 1869 mit den spateren Fassungen und dem definitiven Text zeigt eine bemerkenswerte Akzentverschiebung. Zwar ist Rauscher auch zu Beginn des Konzils keineswegs nur « Inopportunist ». Aber er macht noch Zugestând
nisse, die spâter nicht wiederkehren (430 ff.), so z.B. in der Honoriusfrage.
Spàter, vor allem unter dem EinfluC Hefeles, wird seine Position radikaler
(440 ff.). In den aufeinanderfolgenden Fassungen dieser Schrift bis zum
Mârz 1870 spiegelt sich jeweils der Fortgang der Diskussion und die Auseinander
setzung mit neuen Fragestellungen wieder, so mit dem « politischen » Unfehl
barkeitsbegriff de Maistre's (444 ff.) und mit dem Majoritatsprinzip, dem
gegeniiber der Zeugnis-Charakter des Lehramtes hervorgehoben wird (446 ff.). Der Einflufi Dòllingers und seiner Argumentation ist an einzelnen Punkten
deutlich greifbar (434 f., 452 f.), anderseits hat Rauscher ihm gegeniiber doch
auch Distanz bewahrt (451 f.). Auch Rauscher schwenkte in den letzten Konzils wochen auf die Linie eines gewissen Kompromisses ein; ein bisher nicht
bekannter von ihm entworfener Vermittlungsvorschlag liegt etwa auf der
Linie des Kardinals Guidi (454 ff.). In der Darstellung wird vor allem die innere Entwicklung des Anti
Infallibilismus dieser Bischôfe deutlich. Granderath hat seinerzeit diese Ent
wicklung auf die Formel zu bringen versucht, dafi viele Vertreter der Minoritât,
anfangs blofie « Inopportunisten », allmàhlich im Verlaufe ihrer Opposition zu
grundsàtzlichen Gegnern geworden oder doch in ihrer bisherigen festen Ûber
zeugung hinsichtlich der Wahrheit der Lehre selbst wankend geworden seien (14). Bereits am Beginn (15 f.) wird hervorgehoben, dafi dieser Blickwinkel deshalb vereinfacht und inadaquat ist, weil hier « die » papstliche Unfehlbarkeit als fixe Gròfie gilt. Der wirkliche Gehalt dieses « Wandels » kann nur verstanden werden, wenn man sich jeweils fragt, welchen Begriff von papstlicher Unfehlbarkeit die Minoritatsbischòfe jeweils vor Augen hatten. In Wirklichkeit ist die Sache wesentlich komplexer. Auch deshalb ist die Alternative von « Inopportunismus »
oder « grundsâtzlicher Gegnerschaft » ungeeignet (482 ff.). Beides trifft in dieser Form fiir die meisten nicht unbedingt zu. Der Widerstand richtet sich
primâr gegen eine Konzeption, die den Papst iiberhaupt als Quelle der Unfehl barkeit der Kirche betrachtet (487 f.). Im Kampf gegen diese Auffassung bildete sich eine allmahliche Konvergenz der anfangs sehr disparaten Positionen inner halb der Minoritât heraus. Nach der Intervention Kardinal Guidis vom 18. Juni zeichnete sich zunâchst eine Wende ab; allgemein wurden Kompromififormeln entworfen. Erst die zusâtzlichen Verscharfungen erbrachten dann eine neue
Versteifung. Bischof Dinkel von Augsburg hat im Herbst 1870 in einem Brief an Kardinal
Schwarzenberg gemeint, das Dekret sei, nachtràglich betrachtet, « mehr ein
Sieg der Minoritât als der Majoritât » zu nennen. Diese AuBerang zeugt gewifi mehr von einem unverwiistlichen Optimismus als von nûchterner Analyse. Das Dekret als solches ist ein eindeutiger Sieg der Majoritât, wenn auch nicht ohne weiteres ihres extremsten Fliigels. Anderseits « wird man sich fragen konnen, ob der Ausspruch Dinkels nicht doch insofern sich bestâtigt, als sich
wenigstens heute im nachtraglichen Verstàndnis des Dogmas doch eine Inter
prétation durchzusetzen beginnt, die weitgehend der Basis der Minoritât auf dem 1. Vatikanum entspricht » (493) Wenn man in der Tat liest, wie z.B.
Ratzinger heute die Rolle des pâpstlichen Lehramtes interpretiert und versteht, dann diirfte es schwerfallen, hier noch zeigen zu wollen, inwiefern sich diese Position von dem klassischen Minoritâtsstandpunkt unterscheidet (493 f.).
Im Anhang sind mehrere Dokumente verôffentlicht: Kettelers « Privat
gedanken iiber die Geschâftsordnung », welche von einem sehr selbstândigen und weitgehenden Begriff von « Freiheit des Konzils » zeugen (495-98), die
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fiìr Ketteler bestimmte Denkschrift Quarella's zum richtigen und falschen
Verstândnis papstlicher Infallibilitât, eine kurze thesenartige Zusammenfassung der Gedanken seiner Konzilsschrift (499-503), mehrere Definitionsformeln Kette
lers, die die innnere Entwicklung seiner Position beleuchten (503-06), der Ent wurf der nicht gehaltenen Konzilsrede Schwarzenbergs iiber die « personliche Infallibilitât » (506-13) und der letzte Entwurf Rauschers, verglichen mit dem Schema vom 9. Mai (513-15).
(Selbstanzeige)
Arxiu Vidal i Barraquer. Església i Estât durant la Segona Repùblica Espanyola. 1931-1936. Textos en la llengua originai. Edició a cura de M. Batllori i V. M. Arbeloa. II. 30 d'octubre de 1931 - 12 d'abril de 1932. la i 2a Part. 3a Part i Indexs. — 2 volùmenes, X -
773 pp.
Al presentar en este anuario los dos primeras volûmenes que constituian el tomo I de esta obra (ΑΗΡ 10, 1972, p. 3804) expusimos ya los criterios seguidos en la selección de los documentos y en su comentario critico y bibliografico. Los mismos criterios se han mantenido en este tomo II, dividido igualmente en dos volûmenes, el segundo de los cuales contiene la 3a parte del acervo
documentai, los escritos colectivos del episcopado espafiol y los cinco indices de todo el tomo.
Su unica novedad consiste en haber dado mayor extension a las introduc ciones a cada una de sus très partes (II/l, p. 1-54, 316-42; II/2, p. 485-543). En el tomo I la concatenación cronològica de las piezas documentales venia a corresponder a los varios problemas politico-religiosos que iban surgiendo. Aqui, en cambio, algunos problemas planteados en los primeros documentos van
precisândose y configurândose en los siguientes; elio ha obligado a presentar aquellos temas con una vision mâs sintètica en las très introducciones mencio nadas.
La primera parte de este segundo tomo se centra en très hechos, cada uno de los cuales implica una compleja problemàtica.
En primer lugar, el via je de los doctores Luis Carreras y Antonio Vilaplana a Roma (25 octubre - 11 noviembre de 1931), corno enviados personales del nuncio en Espana, mons. Federico Tedeschini, para hacer ver en el Vaticano la conveniencia de admitir un embajador de la Republica, y precisamente don Luis de Zulueta, ùnica persona que presentarla el nuevo Gobierno, presidido por Manuel Azaria. Ambos sacerdotes iban también corno mensajeros particulares del cardenal-arzobispo de Tarragona, Francisco Vidal y Barraquer (presidente de la conferencia de metropolitanos espaiioles tras la renuncia del cardenal Segura a la sede de Toledo), para exponer al cardenal secretano de Estado, Eugenio Pacelli, la verdadera situación religiosa y politica de Espana, la cual parecia aconsejar no un choque frontal de la Iglesia con la Republica, sino la conser vación de una actitud respetuosa y firme a la vez, en espera de una situación mâs favorable, mediante la reestructuración de las fuerzas católicas en los campos religioso y politico. Particular importancia histórica revisten el diario de viaje del doctor Carreras y los très memoriales presentados al cardenal Pacelli (nûm. 192, p. 55-105) cuyo contenido hizo suyo el arzobispo de Tarra gona (II/l, p. 171). Parece que el cardenal Pacelli aceptaba la actitud dûctil y expectante de Tedeschini y de Vidal (II/l, p. 92); pero al mismo tiempo el papa Ρίο XI comunicaba a los obispos espaiioles unas normas de actuación bastante mâs intransigentes, por medio del jesuita Enrique Gonzâlez de Carvajal (II/l, p. 213-4).
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