Post on 06-Apr-2015
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FALLBEISPIEL ZUM HPT:
ENDOKRINOLOGIE TRIFFT NEPHROLOGIE
Frau Philippine E., 74 Jahre
April 2004 stationäre Einweisung mit akutem Nierenversagen
Leitsymptom: Hyperkalzämie
25.03.04KREA 3,4CA 3,1A.PH 0,83PTHI 244,4
Ultraschall (Erstbefund)
(Abb. exemplarisch)
Diagnose
primärer Hyperparathyreoidismus
mit präterminalem Nierenversagen (eGFR ~20)
bei diffuser Nephrokalzinose
Verlauf (1)
Spezifische Therapie: 3 x 1,2 g Orthophosphat p.o. (Reducto spezial®)
Laborverlauf:
25.03.04 26.05.04 30.07.04 29.10.04 24.01.05KREA 3,4 1,6 1,5 1,5 1,2CA 3,1 2,83 2,69 2,36 2,4A.PH 0,83 1,01 1,06 1,02 1,03PTHI 244,4 230,3 175 56,6
Ultraschall (nach 6 Wochen)
(Abb. exemplarisch)
Verlauf (2)
8/04 Enukleation des NSD-Adenoms
(PTH-Abfall verzögert: sekundärer HPT)
Seit Juni 2005 ‚lost to follow-up‘
DER SEKUNDÄRE / TERTIÄRE HYPERPARATHYREOIDISMUS
von Dr. Andreas Schnitzler
Wie entsteht der „sekundäre Hyperparathyreoidismus“?
Was macht der sHPT?
(a–d) Skin affected in patients with uraemic pruritus.
Mettang T et al. Nephrol. Dial. Transplant. 2002;17:1558-1563©European Renal Association–European Dialysis and Transplant Association
Fig. 1. (a–d) Skin affected in patients with uraemic pruritus. (a) Scratches on the arm hosting the fistula. (b) Deep scars on the shoulders and the back of a female patient on haemodialysis. (c) Prurigo nodularis with excoreations and superinfection on the forearm of a patient on peritoneal dialysis. (d) Kyrles disease on the back of a patient on haemodialysis.
Aktuelle Herausforderungen
sHPT als systemisches Krankheitsbild:
CKD-MBD
(„Chronic Kidney Disease – Mineral and Bone Disorder“)
Tertiärer Hyperparathyreoidismus „verwilderter“ sekundärer HPT
meist LANGJÄHRIGER sekundärer HPT Typisch: iPTH >> 700 (1200 ... 1500)
Leitsymptom: HYPERKALZÄMIE bei Niereninsuffizienz / Dialyse daher meist mit Hyperphosphatämie
DD Hyperparathyreoidismus
Primärer HPT
Sekundärer HPT Tertiärer HPT
Serum-Kalzium
+/++ -/- - +/++
Serum-Phosphat
n / - +/++ +/- (meist +)
Anamnese Niereninsuffizienz(schon ab GFR <
45!)
langjährige Niereninsuffiz
ienz
PTH(i) Meist ~100-300
100 ... 500 (700) Oft >> 1000
Therapie
cNI/präterminal
Hypokalzämie ausgleichen Ca++ und Vit D (Calcidiol;
verordnungsfähig!) CAVE Brausetbl. (Wasser), Supermarkt
(Kalium)! Vorsicht mit Calcidiol (Vigantol®; PO4!)
PTH normnah (<150) Ggfls. aktives Vitamin D (Calcitriol; 1-Alpha)
Phosphat normalisieren Ggfls. Phosphatbinder (selten)
Dialyse
PTH kontrollieren (150-300 [-500] ) Fast immer Calcitriol (IV, PO) Calcimimetika u.a. in speziellen
Indikationen CAVE Hyperkalzämie Häufig Phosphatbinder CAVE Malnutirition Ausreichend lange Dialysezeiten,
ideal: tägliche Dialyse (3h)
Nephrologische DifferentialtherapieGruppe Substanz Beispiele
Phosphatbinder Aluminiumhydroxid Antiphosphat
Calciumcarbonat (& Calcidiol)
Calcimagon
Sevelamer Renagel
Lanthanumcarbonat Fosrenol
Aktives Vitamin-D Dihydroxi-Calcitriol Eins-Alpha,Rocaltrol
Vit.-D--Analoga Paricalcitol Zemplar
Calcimimetika Cinacalcet Mimpara
Dialysatcalcium
Parathyreoidektomie
Quintessenz: Für den Alltag ... Wenn Kreatinin > 1,3
=> Ca (+ PTH) messen (¼ bzw. ½-jährlich)=> nephrologische Vorstellung erwägen
Wenn Calcium erniedrigt (<2,2) Bspw. Calcimagon uno ® 2x tgl.
(2x1000 mg Ca-Ion + 800 Calcidiol) Wenn PTH im Verlauf steigt (>100)
Bspw. 1x 0,25µg Eins-Alpha ® (Rocaltrol ® wg. PO4 weniger günstig)
DANKESCHÖNfür die Aufmerksamkeit!
Fragen?
Literatur (Beispiele)
Quarles L. et al.: "Management of secondary hyperparathyroidism and mineral metabolism abnormalities in adult predialysis patients with chronic kidney disease". UpToDate.com, last updated: Februar 17, 2011; Zugriff am 25.10.2011.
Brandenburg et al.: Praxisleitfaden zur Therapie des sHPT. Nephrologe 2011 (6): 274–276
Nephrologische Differentialtherapie
Zu guter Letzt ...
NVL Herzinsuffizienz März 2010
NVL Herzinsuffizienz 2010
Wir rechnen also mal nach:
ca. 1.750 ml MINUS ca. 850 ml aus fester Nahrung = 900 ml tgl.
NYHA III-IV also 5-600 ml tgl.
MISSVERSTÄNDLICH !!!
(Nach meiner Rückfrage bei den Autoren soll die Formulierung in der nächsten Auflage korrigiert
werden!)
NVL Herzinsuffizienz 2010
Empfehlungen der DGE (u.a. Fachgesellschaften)
FRAGEN dazu:
Das Klima in „Lower Blue Mountain“, Australien, liegt im Mittel bei ca. 23,5 °C (16° im Winter und 29°C im Sommer; Quelle: Internet).
NICHT angegeben wurde die „Trinkmenge“, sondern die GESAMTE Flüssigkeitszufuhr; normalerweise ist also ca. 1 Liter abzuziehen.
In der Publikation ergaben sich für nahezu alle erfassten Ernährungsparameter (Mg, Ca, Po4, KH, Fols) dieselben Trends, außer Fett (+/-) und Eiweiß (n.s.).
Trinkmenge (ca.)
800 ml (0...999)
1200 ml (1000-1350)
1500 ml (= Median)
1700 ml (1600-1950)
2200 ml
MEINE Schlussfolgerungnach Durchsicht der Originalpublikation ;-)
„Vielfraße“ (bspw. „Bauarbeiter“) haben bessere Nierenwerte als „Hungerleider“ (bspw. Alte und Kranke).
Auch in Australien findet sich – trotz des erheblich wärmeren Klimas – eine mittlere Trinkmenge von „nur“ 1.500 ml (>50J.).
Ziemlich genau wie in Deutschland (=> DGE: 1300 ml).
Selbst unter diesen Bedingungen ist jedoch eine Trinkmenge von mehr als 1000 ml offensichtlich nicht nötig (1000-1950 ml n.s. !).
MEINE Schlussfolgerungnach Durchsicht der Originalpublikation ;-)
Dass „viel trinken“ die „Nieren spült“ (niedrigere Kreatininwerte => Laborkosmetik) wissen wir. Ob das positive Langzeiteffekte hat (=> „Erfordernishochdruck“), ist aus einer Querschnittsstudie (!) nicht ablesbar.
ODER: waren die Leute mit einer schlechteren Nierenfunktion so klug, weniger zu trinken (bspw. weil sie sonst nur dicke Füße bekommen…)?
Ist das Märchen vom „vielen Trinken“ nicht doch eine Erfindung der Getränkeindustrie ? Wird es von der Presse nicht schlichtweg aus Angst vor Verlust von Anzeigenkunden verbreitet ?
Hyperkalzämie
Erwäge: tertiärer HPT Ggfls. PTx
Parathyreoidektomie („PTx“) 7/8-Resektion 4/4-Resektion
ggfls. mit Reimplantation CAVE: ektope Epithelkörperchen!
(Die OP ist heutzutage eher eine Rarität)