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Polymere Einleitung
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Einleitung, Stand 01.08.2013 1 Polymere / Makromoleküle: die Riesen unter den Molekülen
Makromoleküle sind „Riesenmoleküle“, die aus kovalent, also mittels chemi-
scher Bindung verknüpften, gleichen oder verwandten Einheiten aufgebaut sind. Bis
in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts hinein haben sich Chemiker darüber gestrit-
ten, ob es solche Riesenmoleküle überhaupt geben könne oder ob es sich dabei
nicht eher um Assoziate (micellare Kolloide), also nur physikalisch wechselwirkende
kleinere Einheiten handle. Das „makromolekulare Konzept“ wurde 1917 von
Hermann Staudinger (1881-1965, Nobelpreis 1953, s. Abb. 1) eingeführt, den man
daher auch als Begründer der Makromolekularen Chemie betrachten kann.
Warum hatten sich die Chemiker so schwer getan, sich aus langen Ketten be-
stehende Moleküle vorzustellen? – Hatten sie zu wenig mit ihren Kindern gespielt?
Oder sind ineinandersteckbare Elemente, die man zu langen, heute oft bunten
Plastikketten verbinden kann, eine Erfindung, die durch die Entdeckung der
Makromoleküle erst inspiriert wurde?
Abb. 1 Hermman Staudinger (1881-1965), 1917 in Zürich (www.ethistory.ethz.ch/.../vitrine43)
Der synonym verwendete Begriff Polymer besagt, dass hier einzelne Grund-
bausteine (das Monomer, das Einfache) über kurze (Dimer: das Zweifache, Trimer:
das Dreifache, usw.) zu langen Ketten (dem Polymer) miteinander verknüpft werden.
Die Architekturen der entstehenden Gebilde sind vielfältig und bestimmen ganz
wesentlich die Eigenschaften.
Die Natur folgt hier einem ökonomischen Prinzip: einem hierarchischen Auf-
bau von „klein“ zu „groβ“, vergleichbar dem Bau eines Fertighauses aus vorgefertig-
ten Bauteilen. Die Elementarteilchen bilden die Atome, aus den Atomen kann man
verschiedene Moleküle aufbauen, und geeignete Moleküle lassen sich zu Makromo-
lekülen verknüpfen (vergl. Abb. 2). – Und auch dann ist noch nicht Schluss. Große
Moleküle nehmen „bequeme“ (energetisch günstige) Konformationen ein (z.B. Helix
der Amylose, Sekundärstrukturen von Proteinen). Darüber hinaus organisiert sich die
Materie zu komplexeren (supramolekularen) Strukturen, wie wir sie in der Natur, aber
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auch im Labor immer wieder bewundern können, z.B. die Stärkeketten in einem
kunstvoll geschichteten Stärkekorn. Makromoleküle bringen für solche Strukturbil-
dungen besondere Voraussetzungen mit.
Abb. 2 Das Konzept: Hierarchisches Bauprinzip vom Atom zu Polymerketten, die räumlich vernetzt
werden können. Der Aufbau einer „komplexeren Struktur“ aus den Gliedern einer Fahrradkette
1.1 Biopolymere
Die Natur hat ja schon ein wenig länger „Chemie betrieben“ als die Menschen.
So ist es nicht verwunderlich, dass zuerst einmal die natürlichen Polymere da waren:
die „Biopolymere“. Zu ihnen zählt z.B. die Cellulose (Polysaccharid), eine Kette aus
Traubenzuckerbausteinen (Glucose), die den Zellwänden aller Pflanzen mechani-
sche Festigkeit verleiht. Ein Beispiel aus dem Bereich der Proteine, der Eiweiβstoffe,
ist das Kollagen, aufgebaut aus Aminosäuren. Und der Kautschuk (Polyterpen) aus
dem Milchsaft (Latex) des Baumes Hevea brasiliensis, in dem kleine Kohlenwasser-
stoffmoleküle zu Riesenmolekülen zusammengesetzt sind, kommt den Kohlenwas-
serstoffketten des Erdöls am nächsten (Abb. 3). Dieses natürliche Gummi wurde
schon seit 100en von Jahren im Amazonasgebiet in Mittelmamerika verwendet,
bevor es die Profitgier der weiβen Eroberer weckte. - Häufig wurden diese Bio-
polymere nicht als solche, sondern in Form der von ihnen geprägten Werkstoffe wie
Holz, Leder oder Knochenleim verwendet.
Cellulosefasern, links: aus
Baumwolle, rechts: aus Holz Kollagenfasern
www.filkfreiberg.de/de/03_ leder_biopolymere
Kautschukmatten, Thailand www.umdiewelt.de
Abb. 3 Beispiele von Biolpolymeren
≡
n
≡
O
HO
OH
OHO
HO
OH
O
OH
O
HO
OH
O
OH
O
HO
OH
OH
O
OOHO
OH
OH
O
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Auch die universelle „Erbsubstanz“, die DNA (Desoxyribonuleinsäure) ist ein
Biopolymer, dessen Strukturaufklärung nach langem Rätseln schlieβlich 1953 durch
Watson und Crick den Durchbruch fand. Hier dient die Phosphorsäure als Kit zwi-
schen den einzelnen Bausteinen. Die vier verschiedenen DNA-Basen werden gern
als „Buchstaben“ bezeichnet, die DNA wird „abgelesen“. Auch dieses Beispiel macht
wieder die Genialität eines hierarchischen Bauprinzips deutlich. Aus Buchstaben
werden Wörter, aus Wörtern kann man Sätze gestalten und die Aneinanderreihung
von Sätzen wird zu einer Geschichte, deren Informationsgehalt mehr ist als die Sum-
me von Einzelsätzen. Die Chemie bedient sich gern dieses „Baukastenprinzips“.
Y L
O M POLYMER
U I
S B BAUSTEIN
R P
E KETTE
T K A
POLYMERE SIND KETTEN AUS MONOMER- BAUSTEINEN
www.calabriadna.com
Basen-Code der DNA Stufenweiser Aufbau von Information aus Grundbausteinen
Abb. 4 Informationsgenerierung aus chemischen Bausteinen (Adenin, Thymin, Guanin, Cytosin) und und symbolischen Buchstaben
Auch das Erdöl könnte man näherungsweise zu den natürlichen Polymeren
zählen: Aus der gewachsenen Biomasse, vor allem dem abgestorbenen Plankton der
Meere, ist es in Millionen Jahren, abgeschlossen von der Atmosphäre, unter groβem
Druck und bei erhöhter Temperatur entstanden. Es ist ein sehr kompliziertes Ge-
misch aus ca. 17.000 Substanzen, enthält aber vor allem Kohlenwasserstoffketten
unterschiedlicher Länge. Das Erdöl dient neben seiner Bedeutung als Energieträger
als Rohstoff, um Bausteine für ganz neue Polymere herzustellen, und ist somit die
Basis für die synthetischen Polymere oder Kunststoffe.
Das erste synthetische Polymer war das 1907 vom aus Belgien stammenden
Leo Baekeland (USA) durch Polykondensation von Phenol und Formaldehyd
hergestellte "Bakelit“, ein Duroplast oder Thermoset-Material. 1911 wurde durch
Matthews (UK) erstmals Polystyrol dargestellt, aber es dauerte fast 20 Jahre, bevor
es kommerziell genutzt wurde (IG Farben).
1.2 Synthetische Polymere / Kunststoffe / Plastik
Erdöl ist im Gegensatz zu den meisten Biopolymeren, aus denen es entstan-
den ist, viel einfacher gebaut. Von der groβen funktionellen Vielfalt der Proteine und
der Polysaccharide (makromolekulare Kohlenhydrate), deren Ketten vergleichsweise
reich „geschmückt und dekoriert“ sind, sind im Laufe der Millionen Jahre dauernden
Metamorphose unter Luftausschluss und Druck vor allem Kohlenwasserstoffketten
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entstanden (d.h. bestehend aus Kohlenstoff = C, und Wasserstoff = H). Nimmt man
den Wasserstoff auch noch weg, erhält man Kohle (Graphitstruktur) oder Diamant,
die ebenfalls in der Erde lagern (Abb.59). Die Ketten sind im Mittel deutlich kürzer.
(z.B. Paraffine aus Erdöl: 18-32 CH2-Gruppen)
Kohlenwasserstoffe (Erdöl, Paraffin) http://en.academic.ru/pictures/enwiki/79/ Octane-3D-balls-B.png
Graphitstruktur http://www.cumschmidt.de/bilder/ m_graphit01.gif
Diamantgitter http://www.guidobauersachs.de/ anorg/diamant.gif
Abb. 5 Kohlenwasserstoffe und Kohlenstoffmodifikationen ( Erdöl, Kohle, Diamant)
Und da sind wir bei einem ganz grundlegenden Punkt angelegt, warum es
diese Vielfalt organischer Makromoleküle gibt. Es ist vor allem und zuallererst der
Kohlenstoff, der mit seinen in alle Raumrichtungen greifenden vier „Armen“ Gesell-
schaft suchend auch gut und gern mit seinesgleichen Händchen hält und dabei lange
Ketten, Schichten und Raumgitter bilden kann. Die Ketten sind dabei die Grund-
struktur unserer Polymere, da die beiden verbleibenden Arme (Valenzen) unter-
schiedlichen Elementen die Hand reichen können. – Aus eigener Erfahrung wissen
wir jedoch, dass wir nur mindestens 2 Arme brauchen, um uns zu Ketten zu
verbinden. Darum finden sich durchaus auch Sauerstoffatome (O, 2 Arme), Stick-
stoffatome (N, 3 Arme) und andere Elemente als Kettenhauptglieder zwischen den
C-Atomen, wie wir bei den Beispielen sehen werden.
Aus diesen Kohlenwasserstoffen lassen sich nun verschiedene Sorten kleiner
Bausteine, die oft nur 2 – 6 C-Atome enthalten, herstellen, die dann zu neuen Poly-
meren, den wegen ihrer künstlichen Herstellung sogenannten Kunststoffen, ver-
knüpft werden können.
Staudingers in den 1920er Jahren in Wissenschaftlerkreisen noch kritisch dis-
kutiertes Konzept von Makromolekülen wurde in der Industrie in den 30er und 40er
Jahren als höchst tragfähig aufgegriffen. So entstanden viele neue Kunststoffe wie
Polyamid (Nylon®) oder Polyethylen, die aus der heutigen Zeit nicht mehr weg-
zudenken sind. Die Namen neuer Kunstfasern, -stoffe und -produkte wie
Nylons(trümpfe), Perlonkleider, Treviraröcke (Polyester, 1956) und Helancapullover
(Polyamid) wurden so in den 50er und 60er Jahren geradezu zu Synomymen des
Fortschritts und eines einfacheren (da bügelfreien) Lebens (Abb. 6).
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Perlonkleid Nylonstrümpfe Struktur von Nylon (Polyamid)
Abb. 6 Eroberung des Textilbereichs durch Polyamidfasern
Aber diese erdölbasierten Produkte stellen nicht die ersten künstlichen
Produkte dar. Als „Kunststoffe“ hatte man bereits durch Bearbeitung natürlicher
Produkte wie dem Casein der Milch (1897, „Kunsthorn“ Handelsname Galalith®) oder
der Cellulose des Holzes gewonnene künstliche Stoffe wie Cellulosenitrat („Schieβ-
baumwolle“, 1846) bezeichnet. Auch das durch das 1839 eingeführte Vulkanisieren
von Naturkautschuk gewonne Gummi kann man dazu rechnen (Abb. 7).
Knopf aus Kunsthorn Stricknadeln aus Galalith®
Luftballons aus vulkanisiertem Kautschuk
(mit Formaldehyd gehärtetes Casein aus Milch)
(Kautschuk, vernetzt durch Schwefelbrücken)
Spielzeugboot aus
Celluloseacetatnitrat (1890) Film aus Celluloid®
(Cellulosenitrat/Campfer))
Damenstrümpfe aus "Bembergseide"
Celluloseacetat, 1920er Jahre Abb. 7 Erste halbsynthetische Kunststoffe auf Biopolymerbasis
Dabei ist nicht nur die chemische Struktur von Bedeutung, sondern auch das
Verarbeitungsverfahren bestimmt die Eigenschaften. Kunstseiden wie die Chardon-
netseide (aus Cellulosenitrat, 1890) oder Kupferseide (aus in CuO/Ammoniak gelös-
ter Cellulose, 1899) kamen erst Jahre nach Entdeckung des verwendeten Materials
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auf den Markt, da das Problem des Verspinnens zu Fäden gelöst werden musste.
Weitere Kunstseiden auf Cellulosebasis sind Viscose® und Celluloseacetat.
Kunststoffe bereicherten folglich die Palette der natürlich vorkommenden oder
traditionell verwendeten Werkstoffe wie Holz, Metall, Papier oder Glas, Seide, Wolle
und Leder um preiswertere oder leistungsfähigere Materialien. Der Erfolg dieser syn-
thetischen Stoffe beruht auf einer Reihe von Vorteilen wie u. a. niedriges spezifi-
sches Gewicht, hohe Beständigkeit gegen Korrosion und Verrottung, Wärmeschutz-
wirkung und Dämmwirkung, leichte Formbarkeit und wirtschaftliche Verarbeitbarkeit
sowie Färbbarkeit. Aufgrund dieser bemerkenswerten Vorteile stieg der Kunststoff-
einsatz stark an, was jedoch „den Stoff des letzten Jahrhunderts“ auch zu einem
ökologischen Problem werden ließ, da die Entsorgung der häufig nahezu unverrott-
baren Kunststoffabfälle zu klären ist. ( Belastung der Meere; Recycling, Kom-
postierung)
Zusammenfassung
Zu den organischen makromolekularen Stoffen zählen (Tabelle 1):
Tabelle 1: Kategorien organischer makromolekularer Stoffe
Kategorie Beispiele Stoffklasse
Makromolekulare
Naturstoffe
(Biopolymere)
Cellulose, Stärke
Seide, Wolle
Lignin (im Holz)
Kautschuk
DNA (Träger d. Erbinformation)
Polysaccharide (Kohlenhydrate)
Proteine (Eiweiβ)
Phhenylpropane
Polyterpen
Nucleinsäuren
Halbsynthetische
Kunststoffe
(modifizierte
Biopolymere)
Celluloid (Cellulosenitrat) Vulkanfieber
(pergamentierte Cellulose)
Kunsthorn (mit Formaledhyd vernetztes
Casein)
Gummi (vulkanisierter Kautschuk)
Polysaccharide (Kohlenhydrate)
Proteine (Eiweiβ)
Polyterpen
(Voll)synthetische
Kunststoffe*
(de-novo-Synthese-
i.d.R. auf Erdölbasis)
Polyethylen
Polystyrol
PVC, Polyvinylchlord
Polyamide (z.B. Perlon, Nylon)
Polyester (Helanca; Polyethylen-
terephthalat = PET, Polycarbonat)
Polyacrylat (Plexiglas, Acrylfasern)
gesättigter Kohlenwasserstoff
aromatischer Kohlenwasserstoff
chlorierter Kohlenwasserstoff
Amide
Ester
Polycarbonsäure
* Aus der Abgrenzung zu den „halbsynthetischen Kunststoffen“ und dem Weglassen des „voll“ erklärt sich der eigentlich einen Pleonasmus darstellende, aber häufig verwendete Begriff des „synthetischen Kunststoff“
Tabelle 2 gibt einen Überblick über die offiziellen Abkürzungen für gängige Polymere
und einige Anwendungsbeispiele.
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Tabelle 2: Bezeichnungen gängiger Polymere gemäβ DIN
Abkürzungen DIN 7728 Bezeichnung Anwendungsbeispiel
CA
HDPE
LDPE
MC
PA
PC
PE
PET
PP
PS
PVC
Celluloseacetat
Polyethylen hoher Dichte
Polyethylen niedriger Dichte
Methylcellulose
Polyamid
Polycarbonat
Polyethylen
Polyethylenterephthalat
Polypropylen
Polystyrol
Polyvinylchlorid
Polyacrylate
Verpackungsfolien
Baustoffe, Tapetenkleister
Textilien, technische Fasern
CDs
Tragetaschen
Getränkeflaschen, mit Al/PE:
dichte Verbundfolien für Lbm.
Verpackungen, Folien,
Hohlkörper (auch PE,
PET,PVC)
Verpackungen (Becher)
Schrumpffolie
z.B. Superabsorber (Hygiene-
produkte), Kosmetika
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2 Wie sind die Monomerbausteine miteinander verbunden? - Die chemi-
sche Bindung in Polymeren
Polymere lassen sich nach verschiedenen Kriterien „sortieren“, nach Eigen-
schaften, die insbesondere für ihre Verwendung von Bedeutung sind, nach Gröβe,
dem Herstellungsprozess oder nach ihrer chemischen Struktur, insbesondere dem
Verknüpfungsprinzip der Monomerbausteine. Bereits in Kapitel 1 wurde auf die
verschiedenen Stoffklassen, zu denen Polymere gehören können, hingewiesen.
Je nach Funktionalität der Monomere (Alken, Alkohol, Amin, Säure, etc.)
kommen bei der chemischen Synthese von Kunststoffen verschiedene Reaktions-
typen zum Einsatz: die Polykondensation, die radikalische Polymerisation, die
Polyaddition, die unter 2.2 erläutert werden.
Zur Veränderung ihrer Eigenschaften können Polymere weiter chemisch ver-
ändert werden: an den Ketten selbst – das nennt man eine polymeranaloge Um-
setzung – oder durch Vernetzung der Ketten miteinander. Ein Beispiel hierfür ist die
Vulkanisation, bei der wie z.B. beim Naturkautschuk, ein Stoff mit Schwefel oder
Schwefelverbindungen erhitzt wird, wodurch sogenannte Elastomere entstehen.
2.1 Einteilung der Polymere nach ihren Eigenschaften
Diese synthetischen Polymere unterteilt man aufgrund ihrer Eigenschaften in:
Thermoplaste: Sie gehen beim Erwärmen in einen plastischen (verformba-
ren) Zustand über und behalten nach dem Erkalten ihre neue Form. Strukturell han-
delt es sich um fadenförmige, gering verzweigte Molekülketten, zwischen denen
schwache Wechselwirkungen (z.B. Van der Waals-Kräfte) herrschen und deren Er-
weichungspunkt oberhalb der Gebrauchstemperatur liegt. Bei Wärmeeinwirkung wer-
den die Ketten so beweglich, dass sie sich gegeneinander verschieben können bzw.
lassen, im festen Zustand sind sie jedoch „eingefroren“. Die Verzweigungen ver-
hindern, dass sich die Ketten zu geordneten Kristallen zusammenlagern (Abb. 8).
Thermoplaste werden z.B. für die Herstellung von Jogurtbechern verwendet.
Aus einer PS-Scheibe wird nach dem Erweichen ein Becher geformt, in dem die
Moleküle aus ihrer „Lieblingsposition“ herausgezerrt sind. Aus dieser in der Kälte im
harten Becher fixierten Lage schnurrt der Becher bzw. die ihn bildenden Moleküle
wieder in seine/ihre Ausgangsform zurück, wenn man ihn/sie erneut erwärmt (bei ca.
80°C). So funktionieren auch Schrumpffolien.
Duroplaste: Sie sind nach ihrer Formgebung auch unter Wärmeeinwirkung
nicht mehr plastisch verformbar. Struktureller Hintergrund ist eine engmaschige
Vernetzung der Makromoleküle in allen Raumrichtungen, so dass ein einziges Rie-
senmolekül entsteht, in dem die Kettensegmente bei Energiezufuhr bestenfalls noch
„zappeln“, aber ihre Lage nicht mehr verändern können (Abb. 8). Sie werden z.B. für
Steckdosen verwendet. Wenn dieser Charakter durch Vernetzung eines Prepoly-
mers, ausgelöst durch Hitze oder Strahlung erzielt wird, spricht von Thermosets
(Klebstoffe, Elektrobereich).
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Thermoplaste Duroplast
amorph teilkristallin amorph
transparent milchig trueb transparent
lineare (leicht verzweigte) Ketten, unvernezt stark vernetzte Ketten können sich bei Erwärmen gegeneinander verschieben können sich nur lokal bewegen, aber nicht gegeneinander verschieben
Abb. 8 Schematische Darstellung von Struktur-Eigenschaftsbeziehungen am Beispiel von Thermo- und Duroplasten/Thermosets
Elastomere: Sie besitzen in einem breiten Temperaturbereich elastische Ei-
genschaften, d.h. nach einer Verformung/Dehnung nehmen sie ihre ursprügliche
Form wieder an. Dieser Prozess ist nicht unendlich oft wiederholbar: Die Elastizität
lässt nach („Ausleiern“). Als „Rückstellfedern“ wirken relativ wenige Querverbindun-
gen, die die Kettenmoleküle zu einem lockeren dreidimensionalen Netz vernetzen.
Sie finden z.B. für Schwämme Verwendung. Überdehnung verändert die die Struktur
irreversibel.
Neben dem Vernetzungsgrad spielt auch die Ordnung eine Rolle. Amorphe,
also ungeordnete Polymere sind i.d.R. transparent (glasartig). Das gilt sowohl für
thermplastische Materialien wie PVC oder Polydimethylmethacrylat (PMMA) als auch
für Duroplaste wie das 1907 von Baekeland entwickelte Bakelit. Allerdings wird hier
die Transparenz durch die tief-dunkle Eigenfärbung dieses Phenol-Formaldehydhar-
zes, das einer der ersten vollsynthetischen Kunststoffe war, meist überdeckt (Abb.
9).
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Bakelit: Strukturelement http://en.wikipedia.org/wiki/File:Bakelit_Struktur.png
Typisches Produkt aus Bakelit http://www.seilnacht.com/Lexikon/k_bakel.JPG
Abb. 9
Kristalline oder teilkristalline, also Materialien, in denen die Moleküle (hoch)
geordnet vorliegen, sind hingeben milchig trüb, da das Licht an den Kristallflächen in
alle Richtungen gestreut wird. Dieser Effekt tritt auch auf, wenn man transparente
Folien stark verstreckt und die Moleküle dadurch ordnet. Auch Fasern sind (teil)-
kristallin; erst durch die parallele Anordnung der Molekülketten, oft auch in hierarchi-
scher Weise, wird die fasertypische Festigkeit erzielt. Eine „amorphe Faser“, etwa
eine Spagetti, bricht (in trockenem Zustand) oder reiβt (im gekochten Zustand, in
dem Wasser als Weichmacher fungiert). Beispiele für die Härte und glasartige Trans-
parenz im ungeordneten und die „weiβe Farbe“ im geordneten, kristallinen Zustand
sind auch Eis und Schnee (Abb. 10).
Eis Schnee
Abb. 10 Modifikationen von festem Wasser: transparentes, da amorphes Eis und „weiβer“, da kristalliner Schnee
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2.2 Einteilung der Polymere nach dem Reaktionstyp der Polymerisation
Im Folgenden werden die einzelnen Reaktionstypen vorgestellt, nach denen
sich die Makromoleküle bilden. Die Reaktionen unterscheiden sich mechanistisch
nicht von den entsprechenden Reaktionen niedermolekularer Verbindungen mitein-
ander. Voraussetzung für die Bildung einer Polymerkette ist lediglich, dass die
Reaktionspartner mindestens zwei funktionelle Gruppen einbringen, also mindestens
bifunktional sind.
Polykondensation: In diesem Verfahren bilden zwei Monomere (bzw. die
wachsende Polymerkette und ein Monomer) unter Abpalung eines kleinen Moleküls
(i. d. R. Wasser) eine Bindung aus (s. Abb. 11).
Abb. 11 www.chemie.fu-berlin.de/chemistry/kunststoffe
Zum Typ der Kondensation gehören die (Poly)esterbildung (Veresterung) zwi-
schen Carbonsäuren und Alkoholen und die (Poly)amidbildung zwischen Carbon-
säuren und Aminen. Als bifunktionelle Verbindungen kommen Hydroxy- bzw. Amino-
carbonsäuren infrage (→A-B→A-B→A-B→A-B) oder aber die Kombination von
Dihydroxy- bzw. Diaminoalkanen mit Dicarbonsäuren (→A-A→B-B→A-A→B-B),
s.u.. Beispiele für Ester sind Polymilchsäure (Polylactic Acid, PLA), die z.B. für bioab-
baubare Verpackungen oder in der Operationsmedizin („selbstauflösende Fäden“)
verwendet wird, oder der hochwertige Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET), der
beim Recycling von PET-Flaschen u.a. zu Fasern (Fleecepullover) verarbeitet wird.
Beispiele für Polyamide, die v.a. Fasern bilden, sind sowohl Wolle und Seide (Pro-
teine) als auch Nylon® bzw. Perlon® (s. Abb. 6).
Mechanismus: Ein Ester bildet sich, wenn ein Alkohol und eine Carbonsäure unter
Abspaltung von Wasser miteinander reagieren, wobei die Reaktion katalysiert wer-
den muss. Dies ist z.B. mit Säure möglich, die die Protonierung des Carbonylsauer-
stoffs und damit eine höhere Reaktivität des Carbonyl C gegenüber dem Alkohol
bewirkt (s. Abb. 12).
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Abb. 12 Mechanismus der Polykondensation (www.chemie.fu-berlin.de/chemistry/kunststoffe)
Bitte beachten, dass der Sauerstoff des abgespalenen Wassers aus der Säure, nicht aus dem Alkohol stammt“
Polyester sind also Stoffe, bei denen viele Monomere durch Esterbindungen
miteinander verknüpft sind. Aus diesem Grund sind Monomere mit nur jeweils einer
funktionellen Gruppe nicht zur Polyesterbildung befähigt, da sie nur eine Esterbin-
dung ausbilden können. Zur Ausbildung eines Polyesters müssen die Monomere
also mindestens über zwei funktionelle Gruppen verfügen. Man kann zwei Typen von
Polyestern unterscheiden (Abb. 13):
1. Polyester-Typ I: die Monomere sind Hydroxycarbonsäuren
2. Polyester-Typ II: die Monomere sind Dicarbonsäuren und Dialkohole
Abb. 13 Polyester vom AB-AB- und vom AA-BB-Typ (www.chemie.fu-berlin.de/chemistry/kunststoffe)
Die Polyamidbildung verläuft entsprechend. Amidbindungen sind stabiler als
die entsprechenden Esterbindungen. Grundsätzlich können beide – Ester und amide
- durch saure Hydrolyse wieder in die Monomere gespalten werden.
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Radikalische Polymerisation: Dieses Verfahren beruht darauf, dass zwei
kleine Moleküle (Monomere) mit C=C Doppelbindungen unter Einwirkung eines Akti-
vators Radikale bilden, wodurch eine Kettenreaktion ausgelöst wird. Das Wachsen
der Kette kann durch Kombination zweier Radikale oder Disproportionierung ab-
gebrochen werden. Es bilden sich bei diesem Verfahren eher lineare und wenig ver-
zweigte Makromoleküle, die zum Strukturaufbau von thermoplastischem Kunststoff
benötigt werden. Stoffe, deren Entstehung auf diesen Reaktionstyp zurückgeht, wer-
den Polymerisate genannt.
Mechanismus der Radikalischen Polymerisation am Beispiel PS (Polystyrol):
Typisch fuer Radikalkettenreaktionen sind:
(1) die Startreaktion
(2) die Kettenfortpflanzungsreaktion(en)
(3) die Kettenabbruchreaktion(en).
(1) Benzoylperoxid (1) dient als Starter. Im ersten Schritt wird das Peroxid so
gespalten, dass beide Sauerstoffatome jeweils ein Elektron des Bindungselektronen-
paares bekommen. Man nennt eine solche „faire“ Teilung eine homolytische Spal-
tung. Die dabei entstehenden ungepaarten Elektronen sind sehr reaktiv. Dieses
Radikal ist allerdings nicht stabil und zerfällt unter Abgabe von Kohlenstoffdioxid in
ein Phenylradikal (Startreaktion).
(1, Aktivator oder Radikalstarter)
(2) Anschließend reagiert ein Radikal mit einem Styrolmolekül. Dabei spaltet
sich ein Elektronenpaar der externen Doppelbindung im Styrolmolekül (Styrol =
Vinylbenzol). Ein Elektron bildet mit dem einzelnen Elektron des Radikals ein Bin-
dungselektronenpaar aus, das andere Elektron bleibt allein an dem Kohlenstoffatom,
das mit dem Benzolring im Styrolmolekül verbunden ist, und bildet dort erneut ein
Radikal.
Dieses Radikal kann sich mit einem weiteren Styrolmolekül verbinden
(Kettenfortpflanzung). Genau wie bei der vorherigen Reaktion spaltet sich ein Elek-
tronenpaar der Doppelbindung und bildet zum einen eine neue Bindung zu dem
Kohlenstoffatom mit dem einzelnen Elektron, zum anderen bildet sich wieder ein
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Radikal. Das um ein Styrolmolekül verlängerte Radikal kann erneut mit einem
Styrolmolekül reagieren und auf diese Art und Weise kommt es zum Aufbau eines
Polymers aus Styrol, dem Polystyrol.
Die Reaktion wird beendet, wenn alle Monomere verbraucht sind, wenn zwei
Radikale aufeinandertreffen und eine Elektronenpaarbindung ausbilden oder wenn
ein H-Radikal von einem Kettenende auf ein anders übertragen wird (Disproportio-
nierung) (Kettenabbruchreaktionen).
[aus: Prof. Blumes Medienangebot]
Polyaddition: Dieses Verfahren setzt voraus, dass die Monomere in ihrem
Molekül sowohl C=C Doppelbindungen als auch funktionelle Gruppen besitzen. Auf
diese Weise lassen sich die Monomere addieren, ohne dass ein Rest übrig bleibt. Es
entstehen bei bifunktionellen Gruppen lineare, thermoplastische Polymere, bei tri-
funktionellen Gruppen vernetzte, duroplastische Makromoleküle. Die entstandenen
Kunststoffe werden als Polyaddukte bezeichnet.
Mechanismus der Polykondensation am Beispiel Polyurethan:
Bei der Reaktion der Monomere Ethylenglycol und eines Diisocyanats entste-
hen Makromoleküle, die aus den sich abwechselnden Monomeren aufgebaut sind:
Aufgrund des zur Mischung gegebenen Wassers, wird ein Teil der Isocyanate
unter Bildung von Kohlenstoffdioxidgas gespalten, welches den Kunststoff auf-
schäumt, ähnlich wie Backpulver beim Kuchenbacken. Auch Montageschaum, der in
Baumärkten in Spritzflaschen verkauft wird, ist ein Polyurethankunststoff. Der
Aktivator wird automatisch erst direkt beim Öffnen der Spritzdüse zum oberen Teil
der Reaktionsmischung gefügt, damit der Kunststoff direkt entsteht und mit dem bei
der Reaktion entstehenden Treibgas (Kohlenstoffdioxid) aus der Düse tritt.
[aus: Prof. Blumes Medienangebot]
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(Hinweis: Diesen Versuch haben wir auf Grund der Toxizität der zu verwendenden Chemikalien nicht mit in unser Versuchsprogramm aufgenommen)
3 Warum Polymere als Thema im SchülerInnenlabor?
Nachdem nun einiges über die Geschichte, das Bauprinzip, die Struktur und
Eigenschaften von Makromolekülen vorgestellt worden ist, soll kurz erläutert werden,
warum uns Polymere als Objekt für das experimentelle Entdecken von „Chemie“ so
geeignet erscheinen. – Einwenden könnte man, dass es sich hier nicht um definierte
einheitliche Verbindungen wie etwa Glucose oder Citronensäure handelt, denen man
eine exakte Formel und physikalische Daten zuschreiben kann. Wir haben es hier
vielmehr fast immer mit komplexen Gemischen von Molekülen zu tun, die sowohl hin-
sichtlich der Gröβe (Molmasse, Kettenlänge), als auch ihrer Struktur (Verzweigungs-
grad, funktionelle Gruppen, Endgruppen) eine gewisse Verteilungsbreite aufweisen.
Diese Heterogenität bedingt, dass z.B. Stärke nicht gleich Stärke ist und kann die
Reproduzierbarkeit von Versuchen beeinträchtigen. – Doch trotzdem! – Bei den Ma-
kromolekülen sind viele der durch die chemische Struktur bedingten Eigenschaften
makroskopisch, also mit bloβem Auge sichtbar oder nachvollziehbar. So etwa die
Viskosität (Zähigkeit, Dickflüssigkeit) oder Elastizität, die Ausbildung von Filmen, Ge-
len oder Fasern, das Verkleistern oder das Verhaken von Stärke, die Trübung von
Gläsern u.a.m. Man kann die Umwandlung von kleinen Bausteinen in ein Riesenmo-
lekül an dem Auftreten von solchen Eigenschaften verfolgen, ebenso den Abbau
durch das Verschwinden polymertypischen Verhaltens. Diese im Gegensatz zu klei-
nen Molekülen direkter erkennbaren und so leichter vorstellbaren Struktur-Eigen-
schaftsbeziehungen ermöglichen es, auf der Ebene der Polymerarchitektur mit Mo-
dellen zu arbeiten.
Dies ist für Kinder ohne Kenntnisse der Natur der chemischen Bindung und
der Bindungsgeometrie, auch für Jugendliche mit noch wenig vertieftem Verständnis
von Reaktionsmechanismen und Spektroskopie eine ideale Voraussetzung, auf dem
Weg von „Groβ“ zu „Klein“, vom sichtbaren und (an)fassbaren Gegenstand/Materie
zur atomaren Ebene hin, einen ersten Schritt zu gehen. Während Atomaufbau,
Ionen- und kovalente Bindung, Bindungswinkel und Stöchiometrie ein relativ hohes
Abstraktionsvermögen fordern, ermöglicht es der umgekehrte Weg gerade Kindern,
mittels Experiment und Beobachtung in das Verständnis der molekularen Welt einzu-
tauchen, ohne gleich den Kontakt zu ihrer Erfahrungswelt zu verlieren. Die makro-
skopischen Materialeigenschaften, etwa die (Über)dehnung eines Gummibandes
lässt sich relativ leicht auf die makromolekulare Ebene übertragen. Struktur-Eigen-
schaftsbeziehungen sind so unmittelbarer erkenn- und nachvollziehbar. Als Modelle
kann man sowohl makroskopische Fäden als auch Kinderspielzeug entlehnen
(s. Abb. 14), mit dem man sowohl verschiedene Verknüpfungsordnungen, etwa die
o.g. AB-AB-AB- oder AA-BB-AA-Polykondensate, als auch Polymerarchitekturen
(linear, verzeigt, 2D- und 3D-vernetzt) demonstrieren kann. Die Kinder können so die
Moleküle, die sie im Reagenzglas synthetisiert haben, nachbauen, so als wären sie
wie Nils Karlson Däumling – „Killevips“ – ganz klein geworden.
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de.academic.ru/dic.nsf/dewiki/784097
Abb. 14 Kinderspielzeug als Modellbau für Makromoleküle und Modell einer Tripelhelix von Kollagen
Ein weiteres Argument für das Thema Polymere/Makromoleküle im Schü-
lerInnenlabor ist ihre enge Verbindung zu Rohstoff- und Energiefragen, Recycling,
Abbaubarkeit, Substituierbarkeit erdölbasierter Materialien durch sogenannte „nach-
wachsende Rohstoffe“, also Biopolymere, usw.
Polymere Einleitung
17
4 Beispiele für Polymere
Im folgenden sollen einige Polymere, die in den Versuchen zu Polymeren eine
Rolle spielen, vorgestellt werden.
4.1 Biopolymere
4.1.1 Stärke
Stärke ist ein Polysaccharid, d.h., es ist aus Zuckerbausteinen aufgebaut, ge-
hört also zu den Kohlenhydraten. Stärke kommt in Pflanzenzellen in Form von Stär-
kekörnern vor, insbesondere in Samenkörnern (Getreide) oder Knollen (z.B. Kartof-
feln). Traubenzuckermoleküle (Glucose), die bei der Entwicklung neuer Pflanzen als
Energiequelle dient, ist in den Polymerketten deponiert. So werden aus vielen klei-
nen Moleülen ein groβes, was noch einen weiteren Effekt hat: Der osmotische Druck
in der Zelle hängt von der Zahl der gelösten Teilchen (Ionen, Moleküle) ab
(sogenannte „kolligative Eigenschaft“). Enthielte die Zelle soviel Zucker, wie sie in
der Stärke stecken, würde sie platzen. Wir machen es übrigens ähnlich, indem wir
Traubenzucker in Form von Glycogen in der Leber speichern. Glycogen ist sehr ähn-
lich gebaut wie ein Bestandteil der Stärke, das Amylopektin. In den Stärkekörnern
findet man nämlich zwei Komponenten, die zu einem kunstvoll geschichteten Korn
arrangiert sind: die Amylose, in der bis zu 6000 Glucosebausteine zu einer langen,
schraubenförmigen Kette (Helix) verknüpft sind, und das Amylopektin, das zusätzlich
noch verzweigt ist wie ein Weihnachtsbaum und aus 60.000 bis 600.000 Glucose-
einheiten besteht (Abb. 15).
Abb. 15 Aufbau des Stärkekorns und Struktur der Komponenten Amylose und Amylospektin
Da in die schraubenförmigen Ketten der Amylose gut kettenförmige Polyiod-
Iodid-Ionen eingelagert werden können und dieser Komplex eine tief blau-violette
Farbe zeigt, kann Stärke mit Iod-Kaliumiodid-Lsg. (Lugollsche Lsg.) nachgewiesen
werden (Abb. 16).
O
HO
O
OH
O
O
OH
O
HO
O
O
O
OH
OH
O
O
OH
OH
HO
O
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amorpher Wachstumsring
H
H
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Amylose
kristallinerWachstumsring
Amylopektin
kristallineLamelle
amorpheDomäne
H
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amorpher Wachstumsring
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HO
OH
O
Amylose
kristallinerWachstumsring
Amylopektin
kristallineLamelle
amorpheDomäne
H
Polymere Einleitung
18
Abb. 16 Nachweis von Stärke durch Iod-Stärke-Reaktion: Die Einlagerung von Polyiod-Iodid-Molekülen in die helixartig gebaute Amylose verursacht eine intensive blau-violette Färbung
Verwendung findet Stärke v.a. wegen ihrer dickenden Wirkung (Suppen,
Soßen) und der Ausbildung fester Gele (Pudding). Stärke kann auch zum Kleben
verwendet werden (Stärkekleister). Folgeprodukte von Stärke werden z.B. in großen
Mengen in der Papierherstellung verwendet. Weiterhin werden sie zu Stärkechips
verarbeitet. Diese bestehen aus chemisch oder physikalisch modifizierter Stärke,
Spezialstärken oder stärkehaltigen Rohstoffen wie Mehl oder Maisgrieß. Die Herstel-
lung erfolgt in einem Extruder. Im Extruder sorgen Schnecken für die Durchmischung
und Erwärmung der eingefüllten plastischen Masse. Während der Verarbeitung wird
der Stärke nicht nur Wasser und Treibmittel (Backpulver) beigemengt, sondern auch
Mittel, die die Chips wasserabweisend machen (z.B. Öl, Polyvinylalkohol), Flexibili-
sierungsmittel (z.B. Polycaprolacton) und Fließhilfsmittel. Die Masse tritt über Düsen-
platten mit runden, profilierten oder schlitzartigen Öffnungen als Schaum aus. Dieser
Schaum lässt sich zu den Chips formen. Der wesentliche Vorteil der Stärkechips
gegenüber denen aus Polystyrol liegt in ihrer Kompostierbarkeit.
Stärke kommt in Versuchen zum Aufbau von Polymeren in seinem Bausteine
zum Einsatz (mittels im Speichel enthaltener Enzyme), beim „magischen Brei“ kann
man das „Verkanten“/gegenseitige Blockieren der kantigen Maisstärkekörner bei zu
schneller Belastung und Herauspressens des Gleitmittels Wasser zwischen den
Kontaktflächen der Stärkekörner spüren, und die Verkleisterung von Stärke(körnern)
beim Erhitzen mit Wasser macht deutlich, was den Pudding steif macht.
4.1.2 Hydroxypropylmethylcellulose – ein Cellulosederivat
Cellulose, die Ausgangssubstanz für Cellulosederivate wie Hydroxypropyl-
cellulose, ist wie die Stärke aus 1,4-verknüpften Glucosebausteinen aufgebaut. Den-
noch hat sie völlig andere Eigenschaften. Dies liegt an der räumlichen Orientierung
der Bindung zwischen den Zuckern, die in Amylose zu einer spiraligen (helicalen), in
Cellulose aber zu einer gestreckten linearen Kette führt. Diese Struktur ist ideal für
das Zusammenlagern der Ketten zu Fibrillen und Fasern, zwischen denen Wechsel-
wirkungskräfte ungestört zur Geltung kommen können (kooperatives Wasserstoff-
brückenbindungs-Netzwerk), was letztlich zu der bekannten mechanischen Festigkeit
Polymere Einleitung
19
führt, wie wir sie besonders von Holz kennen. Cellulose („Zellstoff“) wird v.a. aus
Baumwolle und Holz gewonnen (Abb. 17).
Abb. 17 Struktur von Cellulose, einem -1,4-Glucan, und ihre hierarchische Strukturbildung in Holz
Nun sind es gerade diese Festigkeit, ihre Unlöslichkeit in allen gängigen
Lösungsmitteln sowie ihr universelles Vorkommen, die Chemiker früh dazu veran-
lasst haben, Cellulose chemisch zu verändern. Da diese an den OH-Gruppen des
Polyalkohols Cellulose ansetzt, entstehen typische Alkoholderivate: Ether und Ester
(organische wie Acetat und anorganische wie Nitrat, s.o.). Hier soll ein Mischether,
Hydroxypropyl-methyl-cellulose, vorgestellt werden (R = CH3):
In Hydroxypropylmethylcellulose (HPMC) sind ein groβer Teil der OH-Grupen
mit Methylresten und mit 2-Hydroxypropylresten verethert. Sie findet in Lebensmitteln
Verwendung als Verdickungsmittel (E 464), in pharmazeutischen Präparaten als
Feuchthaltemittel, Verdickungsmittel, Emulsionsstabilisator und Filmbildner (z.B. in
Depot-/Retardprodukten). Die Kosmetikindustrie nutzt ihre verdickenden und stabili-
sierenden Eigenschaften sowie ihre Hautverträglichkeit in Emulsionen, Zahnpasten,
Shampoos, Seifen, Crémes und Lotions. In Tabakwaren wird HPMC als Bindemittel
und Filmbildner bei der Verarbeitung von Tabakblättern und -flocken sowie als Kleb-
stoff für Zigarettenpapier verwendet. Besonders groβe Bedeutung haben diese Cellu-
loseether im Baustoffbereich, z.B. für Zement, Fliesenkleber und Füllmassen
(Abb. 18).
O
HO
OH
OHO
HO
OH
O
OH
O
HO
OH
O
OH
O
HO
OH
OH
O
OOHO
OH
OH
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OCH3
O
OCH3
HOO
O
HO
OH
O OHO
OCH3
O
OOCH3
R
OH
O
HO
OH
OH
Polymere Einleitung
20
Abb. 18 Anwendung von Celluloseethern im Baubereich (Quelle: Dow Wolff Cellulosics, dwc.com)
Im Labor wird die Kinetik der Ascorbinsäurefreisetzung aus mit HPMC
beschichteten Retard-Produkte untersucht.
4.1.3 Alginat
Auch Alginat gehört zu den Polysacchariden. Im Gegensatz zur aus Neutral-
zuckern aufgebauten Stärke besteht es aus Zuckersäuren, den sogenannten Uron-
säuren und kann daher Salze bilden. Alginate sind folglich die Salze der Alginsäure
(Algin), die von Braunalgen (z.B. Macrocystis pyrifera, Pazifik) und von einigen Bak-
terien (z. B. Acotobacter) gebildet wird. So wie Cellulose für die mechanische Festig-
keit von Pflanzenzellen sorgt, stellt das Alginat das strukturgebende Element der
Algenzellwände dar. Es wird aus den Braunalgen extrahiert und findet für Lebens-
mittel, Kosmetika sowie Pharmaka Verwendung (Abb. 19).
Braunalgen Natriumalginat (E401) Alginat als Abformmasse
Abb. 19 Alginat (E400: Alginsäure, E402-404: Kalium, Ammonium- und Calciumsalz)
Außenbereich: (1) Mörtel, Zementputze (2) WDVS-Kleber (3) Baukleber Innenbereich: (4) Zementestrich Ausgleichsmasse (5) Tapetenkleister (6) Gipsmaschinenputz (7-10) Zement-Fliesenkleber (11) Gipsfugenfüller (12) Fugenfüller
Polymere Einleitung
21
In der Lebensmittelindustrie werden Alginate als Emulgator, Gelier-, Über-
zugs- oder Verdickungsmittel eingesetzt. In der EU sind Alginsäure sowie deren
Natrium-, Kalium-, Ammonium, und Calciumsalze als Lebensmittelzusatzstoff mit den
Nummer E 400–405 für alle Produkte, in denen Zusatzstoffe erlaubt sind – als
Biopolymere auch für „Bio-Produkte“ – zugelassen. Alginate werden vom Körper
nicht verstoffwechselt, liefern daher keine Energie und gelten als unbedenklich. Sie
finden sich vielfach in Diät- und Lightprodukten, Backwaren, Tiefkühlprodukten,
Mayonnaisen, Salatsaucen, Speiseeis, in Fleisch- und Gemüsekonserven sowie
Suppen. Alginate finden auch Verwendung in der sogenannten molekularen Küche,
wo sie z.B. zur Herstellung von Kaviarersatz benutzt werden. Prominent sind/waren
sie in „Bubble-Teas“. Außerdem werden sie in Kosmetikprodukten, beim Abformen
von Zahnreihen und von Künstlern im Bereich der Körperabformungen eingesetzt.
OHO
HO
OHHOOC
OH
O
HO
OH
HO
OH
HOOC
β-D-Mannuronsäure (ManA); M α-L-Guluronsäure (GulA), G
Wie schon erwähnt, besteht Alginat aus Zucker- oder Uronsäuren. In der
Biosynthese wird zuerst eine lange Kette aus -1,4-verknüpften D-Mannuronsäuren
(ManA, M) aufgebaut, die mit ihrer linearen gestreckten Struktur der Cellulose stark
ähnelt. Dann „klappt“ ein Enzym an manchen dieser Bausteine die Carboxylgruppe
(COOH) am Zuckerring in die entgegengesetzte Richtung um. Infolge dieser nach-
träglichen Modifizierung entstehen α-L-Guluronsäure-Bausteine (GulA, G). Passiert
dies an einer Reihe benachbarter Uronsäuren, entstehen zick-zack-förmige Ketten
und damit eine Art Faltstruktur, die bei der Gelierung eine wesentliche Rolle spielt.
Polymannuronat-Sequenz (MM)
Polyguluronat-Sequenz (GG)
Zur Gelierung kommt es durch Einlagerung von Calciumionen in die Zickzack-
Strukturen der GG-Blöcke, wodurch zwei Polymermoleküle miteinander vernetzt wer-
den. Es kommt hierdurch zur Ausbildung dreidimensionaler Strukturen. Da das
Calcium in dieser Struktur wie ein Ei in der Schachtel liegt wird dieses Modell auch
als „Eierschachtel-Modell“ oder „Eggbox-model“ bezeichnet, das in Abb. 20 sehr
Polymere Einleitung
22
vereinfacht dargestellt ist (es gibt z.b. auch Bündel von Ketten, die zu steiferen
Elemente assoziieren; auch GM-Blöcke sind an der Gelbildung beteiligt).
Abb. 20 Eierkartonmodell für die Calciumionen-vermittelte Gelierung von Alginat
In den SchülerInnen-Experimenten wird die Abhängigkeit dieses Effekts von
verschiedenen Faktoren wie der Calciumkonzentration untersucht und dabei Alginat-
spagettis und andere Gebilde produziert.
4.2 Kunststoffe
4.2.1 Polycarbonat
Polycarbonate sind Kunststoffe aus der Familie der Polyester, genauer poly-
mere Ester der Kohlensäure mit Diolen (zweiwertigen Alkoholen). Die Herstellung
kann durch Polykondensation von Phosgen (dem Dichlorid der Kohlensäure, COCl2)
mit Diolen (s. Abb. 21) oder durch Umesterung von Kohlensäurediestern statt des
hochgefährlichen Phosgens erfolgen. Die Base (NaOH) dient der Deprotonierung
des Alkohols, um das nucleophilere Alkoholatanion zu erhalten.
Abb. 21 Polykondensation von Bisphenol A (Diolkomponente) und Phosgen (aktivierte Kohlensäure)
zu Polycarbonat
O O O O O
O O O O O
O O O
Ca2+ -ions
O O O O O
O O O O O
O O O
Ca2+ -ions
Polymere Einleitung
23
Polycarbonate (z.B. Makrolon®) sind transparent und farblos. Sie können je-
doch in beliebigen Farbtönen eingefärbt werden. Polycarbonat ist ein relativ teurer
Kunststoff. Es wird daher fast nur dort eingesetzt, wo andere Kunststoffe zu weich,
zu zerbrechlich, zu kratzempfindlich, zu wenig formstabil oder nicht klar genug sind,
beispielsweise für CDs und DVDs, hochwertige Elektro- und Apparateteile, Brillen-
gläser, Schutzhelme und Visiere. Polycarbonat wird außerdem zur Herstellung von
langlebigen Ausweisdokumenten wie Identitätskarten (ID) und Datenseiten in Pass-
büchern (sog. Datapages) verwendet.
In einem Versuch des Polymerprojektes lösen die Kinder das Polycarbonat
aus CDs ab und recyclen den Kunststoff durch thermoplastische Verformung zu
neuen Produkten.
4.2.2 Polyethylenterephthalat (PET)
Polyethylenterephthalat (PET) ist ein durch Polykondensation von 1,2-Ethan-
diol (Ethylenglykol) und Benzol-1,4-dicarbonsäure (Terephthalsäure) hergestellter
thermoplastischer Kunststoff aus der Familie der Polyestern (Typ II: A-A→B-B→):
Abb. 22 Synthese von Polyethylenterephthalat (PET) aus Terephtahlsäuredichlorid und 1,2-Ethandiol
Die Synthese kann mit Hilfe der als Dichlorid aktivierten Säure und dem Diol
erfolgen (s. Abb. 22). Üblicher ist jedoch die Umesterung des entsprechenden
Dimethylesters der Terephthalsäure. Man erhält eine zähflüssige Schmelze, die in
dünne Stangen gepresst (extrudiert), abgekühlt und zu Granulat geschnitten wird.
Dieses wird dann weiter verarbeitet.
PET ist linear und unvernetzt gebaut. Zwischen den Ketten können sich infol-
ge Dipol-Dipol- (C=O) und -Wechselwirungen (Aromat) starke zwischenmolekula-
re Kräfte ausbilden, die wie bei einem Klettverschluss kooperativ wirken, so dass der
Effekt der vielen schwachen Wechselwirkungen stärker ist als die Summer der Ein-
zelkräfte ( Abb. 23).
Dies ist eine der Voraussetzungen für die Verwendung als Textilfaser, die
auch ein Produkt des Recyclings von PET-Flaschen ist. Weiterhin ergibt sich daraus
eine hohe Bruchfestigkeit und Formbeständigkeit bei einer Temperatur über 80 °C.
Der Schmelzpunkt liegt zwischen 235 und 260 °C (abhängig vom Kristallisationsgrad,
d.h. der Ordnung der Ketten, und von der Zahl der Monomere, also der Kettenlänge).
Die Dichte des kristallinen PET ist mit 1,455 g/cm3 deutlich höher als die des amor-
phen (1.335 g/cm3), in dem die Ketten ungeordneter und daher weniger dicht liegen.
Polymere Einleitung
24
Abb. 23 Kooperative schwache Kräfte, das Verhaken einzelner Schlaufen, halten den Klettverschluss
zusammen (www.allesplanen.de/html/klettverschlusse.html)
Die Produktion von PET liegt weltweit bei 40 Millionen Tonnen im Jahr. Es hat
vielfältige Einsatzbereiche, so z.B. zur Herstellung von Kunststoffflaschen (PET-
Flasche, Abb. 24), Folien und Textilfasern, wofür es einige nützliche Eigenschaften
mitbringt. - Es ist knitterfrei, reißfest, witterungsbeständig und nimmt nur sehr wenig
Wasser auf. Letzteres prädestiniert PET als Stoff für Sportkleidung, die schnell
trocknen muss.
Wegen seiner hohen Lichtdurchlässigkeit wird das farblose Material gern für
Lebensmittelverpackungen und Getränkeflaschen eingesetzt. Metallisiertes PET wird
vor allem für Rettungsdecken verwendet, hierfür wird eine dünne Aluminiumschicht
auf eine dünne PET-Folie gedampft.
www.varioform.at
Formlinge aus PET für die Produktion von Getränkeflaschen
www.chemapedia.de Abb. 24 Anwendungsbeispiele für PET
Auch PET wird für Recycling-Experimente eingesetzt. Dabei werden Rettungs-
decken auf ihre Bestandteile untersucht und PET-Flaschen thermisch verformt.
4.2.3 Polystyrol (PS)
Polystyrol ist ein weit verbreiteter, thermoplastischer Kunststoff. Hergestellt
wird es durch radikalische Polymerisation von Styrol (Vinylbenzol), das aus Erdöl ge-
wonnen wird. Die radikalische Polymerisation läuft auch spontan beim Stehen ab,
wobei die Zähigkeit der Flüssigkeit allmählich zunimmt.
Polymere Einleitung
25
Styrol (Vinylbenzol)
Monomer für die Herstellung von Polystyrol
Styrol-Dämpfe reizen Augen und Atemwege, es wird als mutagen (erbgutver-
ändernd) eingestuft. Bei der technischen Polymerisation fällt das Polystyrol jedoch in
so großer Reinheit an, dass es sogar für Lebensmittelverpackungen verwendet wer-
den kann. Ansonsten wird es z.B. für Kleiderbügel, Wäscheklammern und CD-Hüllen
verwendet. Reines PS ist hart, farblos und spröde, beständig gegen verdünnte Säu-
ren, Laugen und Alkohol. Angegriffen wird es z.B. von Essigsäureethylester oder
Aceton, in denen man es ganz oder teilweise lösen kann, was man im SchülerInnen-
labor zur Umformung in transparente Folien nutzen kann.
Sogenanntes geschäumtes Styropor weist eine geringe Dichte auf (s. Abb 25)
und wird z.B. im Baubereich als hervorragender Wärmedämmstoff genutzt (
Experimente zur Wärmedämmung). Als Verpackungsmaterial oder in Sturzhelmen
soll es zum Schutz gegen Krafteinwirkungen dienen. Zu seiner Herstellung (z.B.
Styropor® von BASF) werden PS-Perlen, in denen das Treibmittel Pentan ein-
gearbeitet ist, durch Wärme aufgeschäumt (Expansion des Pentan, Sdp. 36 °C).
Druck und Wärme bewirken, dass die in einer Form befindlichen Perlen miteinander
verschweißen. Die Volumenvergrößerung kann hierbei mehr als das fünfzigfache
betragen. Dieser Versuch kann auch im Schülerlabor durchgeführt werden.
Abb. 25 Geschäumtes Polystyrol (Styropor®), rechts bei 200facher Vergröβerung; die Dichte ist von 1,04-1,09 g/cm
3 auf 0,02 (Verpackungsmaterial) bis 0,09 (Skihelm) herabgesetzt. (Quelle:
wikipedia.de)
4.2.3 Polyacrylat (PA)
Polyacrylat ist das Salz der Polyacrylsäure und ist wie Alginat und DNA ein
Polyelektrolyt, d.h. ein Polymer mit sehr vielen geladenen Gruppen. Es wird wie
zahlreiche Derivate durch radikalische Polymerisation aus Acrylsäure bzw. Acrylaten
oder Acrylamiden gewonnen und kann zusätzlich quervernetzt sein (Abb. 26).
Polymere Einleitung
26
Polyacrylat, R= H, Na+, Alkyl
Abb. 26 Polyacrylat (PA) und vernetztes Polyacrylat-Na www.daten.didaktikchemie.uni-bayreuth.de/umat/kun...
Acrylate finden in Farben und Lacken (Acryllacken), Kosmetika, Hygiene-
produkten und in vielfältigen Anwendungen in Landwirtschaft, Treibstofftrockung, Öl-
förderung, wo ihre starke Wasserbindungsf’ähigkeit genutzt wird. Dieser Effekt und
die Salzempfindlichkeit von Polyelektrolyten sind Gegenstand eines Versuches im
Labor (Abb. 27).
Maskierung der negativen Ladungen durch Salzionen führt zur Schrumpfung und Entquellung des Polymernetzwerkes (links)
Abb. 27 Salzempfindlichkeit von Polyacrylaten
5 Anhang
Einfluss der Kristallinität auf die Dichte
Polymer Kurzz. r(kristallin) r(amorph) in g/cm3
Polyethylen PE 1,000 0,852 0,148
Polypropylen PP 0,937 0,854 0,083
Polystyrol PS 1,111 1,054 0,057
Polyvinylalkohol PVOH 1,345 1,269 0,076
Polyethylenterephthalat PET 1,455 1,335 0,120
Bisphenol-A-Polycarbonat PC 1,300 1,200 0,100
Polyamid 66 PA66 1,220 1,069 0,151
trans-1.4-Polybutadien BR 1,020 0,926 0,094
chemie.fb2.fh-frankfurt.de/KKC-Vorlesung/23St...(Prof. Häberlein)