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Das öffentliche Personalrecht
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Inhalt
• (Personal)Rechtliche Grundlagen
• Abgrenzung öffentliches Personalrecht / OR / Arbeitsgesetz
• Rechte / Pflichten von Mitarbeitenden
• Grundsätze zur PEKO – Was könnte man ändern?
• Diskussion
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Rechtliche Grundlagen
• Verfassungen
• Gesetze und Verordnungen
• Kommunale Ordnungen
- Bundesverfassung
- Kantonsverfassung
- Personalgesetz (PersG – GAL)
- Lohndekret
- Personal- und Lohnverordnung
- Verwaltungsrechtspflegegesetz
- (Gemeindegesetz)
- (Gemeindeordnung)
- (Dienst- und Besoldungsreglement)
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Bundesverfassung / Kantonsverfassung
• Unterschiedliche, personalrechtlich
relevante Bestimmungen
– Grundzüge staatlichen Handelns
(Verfassungsbindung, Art. 5 BV mit
Legalitätsprinzip, öff. Int.,
Verhältnismässigkeit; Art. 8 BV mit
Rechtsgleichheit, Art. 9 mit Willkür und
T+G, Art. 29 faires Verfahren)
– Verantwortlichkeit / Staatshaftung (§ 75
KV)
– Amtsdauer
– Wahlen
– Unvereinbarkeit und Ausstand
– Zuständigkeiten zum Erlass
personalrechtlicher Bestimmungen
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Personalgesetz des Kantons
• Zentraler Erlass für kantonale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, enthält
• Erweiterter Geltungsbereich auf kommunale Arbeitsverhältnisse?
- Formelle Bestimmungen
(Zuständigkeiten, Anstellungs-
und Kündigungsverfahren,
Rechtsschutz)
- Materielle Bestimmungen
(Inhalt des Arbeitsverhältnisses,
insbesondere Rechte und Pflichten)
- rechtlich?
- faktisch?
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Verwaltungsrechtspflegegesetz
• Voraussetzungen für (formell) korrektes
rechtsstaatliches Handeln
und Zuständigkeiten
Formell
- Gewährung des rechtlichen Gehörs
- Begründung der Verfügung
- Rechtsmittelbelehrung
- Bestimmungen über Fristenlauf
- Aber: Regelungen in §§ 39 ff. PersG
(Differenzierung Beschwerde/Klage,
Schlichtungsverfahren/Kosten/Zusammen-
setzung Gericht Mann/Frau; Rüge der
Unangemessenheit)
Weiterer Inhalt
- Kein (kaum) materielles Recht = Sache der
Personalgesetze
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Obligationenrecht ?
• Geltungsbereich
• aber:
- Grundsatz: Keine Anwendung auf öffentlichrechtlicheArbeitsverhältnisse
- Vorschriften des OR können als öffentliches Recht für (sinngemäss) anwendbar erklärt werden (Verweisung im Personalgesetz)
- einzelne Gemeinden unterstellen das Personal oder gewisse Kategorien von Mitarbeitenden dem Privatrecht –Auswirkungen?
- Spitäler, Elektrizitätswerke, öffentlicher Verkehr –Pflicht?
Arbeitsgesetz
• Anwendungsbereich • Ist nicht anwendbar auf die öffentliche
Verwaltung (u.a.) der Kantone (Art. 2
Abs. 1 lit.a ArG)
• Ausnahme: Anwendbar sind die
Vorschriften über den
Gesundheitsschutz (vgl. Art. 3a ArG, wo
auf die Art. 35 und 36a ArG verwiesen
wird
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Unterschiede zwischen öffentlichem Personalrecht und
privatem Arbeitsvertragsrecht
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Unterschiede zwischen öffentlichem Personalrecht und
privatem Arbeitsvertragsrecht
Öffentliches Personalrecht
• Anwendung von Verwaltungsrecht
(öffentliches Recht)
• Anstellung durch Vertrag, Verfügung,
Wahl oder Mischformen
• Grundrechte gelten
• Besoldung durch Lohnbänder begrenzt;
keine freie Vereinbarkeit
(Legalitätsgrundsatz)
• Gewährung des rechtlichen Gehörs
notwendig
Privates Arbeitsvertragsrecht
• Anwendung OR (Privatrecht)
• Anstellung durch Vertrag
• Grundrechte gelten nicht (Ausnahme: Art. 8 Abs. 3 BV)
• Lohn frei vereinbar, keine Begrenzung durch das Rechtsgleichheitsprinzip (Ausnahme Gleichstellung Mann/Frau)
• Keine Gewährung rechtliches Gehör vorgeschrieben
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Unterschiede zwischen öffentlichem Personalrecht und
privatem Arbeitsvertragsrecht
Öffentliches Personalrecht
• Entlassung nur aus sachlichen Gründen
(plus 336 / 336c OR wg Verweisung in
§7 PersG)
• Disziplinarrecht
• Rechtsschutz durch Verwaltungs-
beschwerdeinstanzen, spezialisierte
Personalrekursgerichte oder
Verwaltungsgerichte
• Strenger Gehorsam?
• Treuepflicht?
Privates Arbeitsvertragsrecht
• Freie Kündigung (Ausnahme:
Missbrauchstatbestände und zeitlich Kü
zur Unzeit 336 / 336c OR)
• Betriebsstrafen (selten)
• Rechtsschutz durch Arbeitsgericht;
Beschwerdeinstanz Kantonsgericht /
Obergericht
• Lockere Haltung gegenüber
Vorgesetzten?
• Treuepflicht?
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Arbeitsverhältnisse und deren Begründung
• Regelfall
• Ausnahmen
- Anstellung
- durch mitwirkungsbedürftige Verfügung oder öffentlichrechtlichen Vertrag,
- teilweise fragmentiert: Grundverhältnis Vertrag, einzelneBestandteile in Verfügungsform
- auf unbestimmte Zeit,
- auf der Grundlage eines öffentlichrechtlichen Personalgesetzes
- Verpflichtung durch Wahl (Magistratspersonen)
- Befristete Anstellung
- Anstellung auf der Grundlage des OR (z.B. bei Aushilfen) –ist das sinnvoll?
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Arbeitsverhältnisse und deren Begründung
• Fall
Katrin H. wurde als Aushilfe befristet auf sechs Monate angestellt. Sie machte ihre Sache gut und nach Ablauf der sechs Monate erfolgte eine weitere Anstellung auf sechs Monate. Nach Ablauf dieser sechs Monate wurde Katrin H. durch den Regierungsrat auf unbestimmte Zeit angestellt; nach acht Monaten wurde durch den Regierungsrat die Kündigung ausgesprochen wegen Neuorganisation des Amtes. Der Amtschef wurde allerdings ermächtigt, Katrin H. erneut auf sechs Monate befristet anzustellen, nämlich bis zum 31. Mai. Am 12. Mai musste Kathrin H. notfallmässig operiert werden; sie war bis zum 15. September krank geschrieben. Das Personalamt verweigerte ihr die Lohnfortzahlung, da das Arbeitsverhältnis bis 31. Mai befristet gewesen sei.
Wie argumentieren Sie als
• Arbeitgeber?
• Arbeitnehmerin?
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Arbeitsverhältnisse und deren Begründung
• Lösungskriterien
– Sind befristete Arbeitsverhältnisse gestützt auf das anwendbare Personalrecht
zulässig?
– Befristete Arbeitsverhältnisse enden ohne Kündigung durch Zeitablauf
– Sachlicher Grund für Befristung?
Fehlt er, ist – vor allem bei mehrfacher Befristung – von einem Kettenarbeitsvertrag
zur Umgehung gesetzlicher Kündigungsfristen und Lohnfortzahlungspflichten
auszugehen – Umdeutung in unbefristetes Arbeitsverhältnis
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Voraussetzungen Anstellung
• Öffentliche Ausschreibung - Grund: Transparenz; es soll jeder um
die offene Staatsstelle wissen und sich
bewerben können; Angebote von
Mitbewerbern müssen ernsthaft geprüft
werden (Entscheid ist beschwerdefähig)
- Ihre Meinung?
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Vorvertragliche Auskunftspflichten –
oder: Recht zur Notlüge?
• Fall
Frau X bewarb sich im April 2003 um eine Vollzeitstelle als Sachbearbeiterin /Revisorin für die Behandlung von Rückerstattungsanträgen im Bereich Mineralölsteuerbei der Oberzolldirektion. Am 4. Juni 2003 unterschrieb sie den entsprechendenöffentlichrechtlichen Arbeitsvertrag, der ihren Stellenantritt auf den 1. Juli desselbenJahres vorsah.
Kurze Zeit später wurde die Oberzolldirektion informiert, dass gegen X seit Oktober2000 ein Strafverfahren im Zusammenhang mit dem Tod ihres Freundes im Gangesei. Am 25. Juni 2003 forderte deshalb die Oberzolldirektion X auf, dazu Stellung zunehmen und bekundete gleichzeitig die Absicht, das Dienstverhältnis allenfallsrückgängig machen zu wollen. X bestätigte, dass sie in ein Strafverfahren wegenvorsätzlicher Tötung verwickelt sei und es zu einer Gerichtsverhandlung kommenwerde. Sie stand unter Verdacht, ihren damaligen Freund getötet, danach verbranntund vergraben zu haben. Die Oberzolldirektion teilte am 27. Juni 2003 X mit, dass sieunter diesen Umständen den Arbeitsvertrag vom 4. Juni 2003 widerrufe.
Zu Recht?
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Vorvertragliche Auskunftspflichten –
oder: Recht zur Notlüge?
• Lösung
– Bundesgericht
• Arbeitsvertrag wurde gestützt auf Art. 23 ff. OR (sinngemässe Anwendung auf verwaltungsvertragliche Regelung) wegen Willensmangel aufgelöst
• Grundlagenirrtum (Art. 24 Abs. 1 Ziff. 4 OR) oder Täuschung (Art. 28 OR)
• Täuschung nur, wenn Aufklärungspflicht über eine Tatsache besteht; ist dann der Fall, wenn diese für Arbeitsverhältnis (insbesondere Eignung) wesentlich
• Strafverfahren wirkt sich bei Aufgabenerfüllung so aus, dass Arbeitgeberin Anspruch auf diese Information gehabt hätte, weil
– telefonische Kontakte nach aussen
– grosse Publizität des Falles
– Glaubwürdigkeit der Oberzolldirektion wegen falscher Aussagen von Frau X. zu Beginn des Strafverfahrens (!) in Gefahr
– Beeinträchtigung Arbeitsleistung durch Belastung Strafverfahren
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Vorvertragliche Auskunftspflichten –
oder: Recht zur Notlüge?
– meine Meinung
• Fragerecht des Arbeitgebers beschränkt auf Fragen, die in Verbindung mit Arbeitsplatz stehen
• Persönlichkeitsschutz ist Grenze der Auskunftspflicht
• Zulässige Fragen:
– Ausbildung, Berufsweg
– Qualifikation, Konkurrenzverbot
– Schwangerschaft, wenn für Arbeit absolut wesentlich (Model, Tänzerin)
• Unzulässige Fragen:
– Früheres Einkommen
– Lebenspartner(in)
– Behinderungen und Krankheiten
– Gewerkschafts-, Religions- und Vereinszugehörigkeit
– Weltanschauliche, politische Fragen (Ausnahme: Tendenzbetriebe)
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Vorvertragliche Auskunftspflichten –
oder: Recht zur Notlüge?
• Bei allen Fragen
– Stellung im Betrieb wesentlich (Führungs- / Vertrauensposition)
– Bei ausführenden Arbeiten nur Durchleuchtung beruflicher Belange
• Notwehrrecht der Lüge?
– bei klar unzulässigen Fragen: ja!
• Mitteilungspflicht
– nur, wenn Arbeitsleistung durch den fraglichen Umstand verunmöglicht wird
• Auskunfts- und Mitteilungspflichten bei Straftaten
– Vorstrafen Im Zentralstrafregister
Arbeitsplatzbezug
– Laufende Strafverfahren Nur, wenn Arbeitsplatzbezug
Interessenabwägung
Konsequent: Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) – keine Mitteilungspflicht
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Pflichten des Mitarbeitenden
• Treuepflicht (1) - Der Mitarbeitende schuldet dem Arbeitgeber Treue, positive Einstellung zum Staat (aber: der Vorgesetzte ist nicht der Staat!) und zu seinen Grundwerten
- Korrektes Verhalten auch im ausserdienstlichen Bereich (teilweise)
- Ist funktionsabhängig: Je näher ein Amt zum Bereich der Leitungsaufgaben gehört und die öffentliche Verwaltung repräsentiert, desto höher sind die Anforderungen an das ausserdienstliche Verhalten, damit Glaubwürdigkeit und Funktionstüchtigkeit der Verwaltung nicht beeinträchtigt werden (VPB 61 80)
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Pflichten des Mitarbeitenden
• Treuepflicht (2) - Unterliegt gesellschaftlichem Wandel
- Gilt unabhängig von konkreten
Weisungen (Abgrenzung zur
Gehorsamspflicht)
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Pflichten des Mitarbeitenden
• Gehorsamspflicht - Grundsatz: Dienstbefehle sind zu vollziehen
- Ausnahme: offensichtlich rechts-widrigen Anordnungen muss keine Folge geleistet werden (Treuepflicht zum Staat und zu seinen Gesetzen)
- Die Behörde, die der befehlserteilenden Behörde vorgesetzt ist, ist auf dem Dienstweg zu informieren.
- Problem: Ob der Dienstbefehl zu recht verweigert wurde, kann der Mitarbeitende meist nur dann abklären lassen, wenn er sich gegen eine ev. erfolgte Entlassung mittels Beschwerde wehrt
Arztzeugnis
• beweisgeeignete Urkunde (Art. 251 StGB)
• Ausstellung Arztzeugnis muss sorgfältig erfolgen
(keine Gefälligkeitszeugnisse; Art. 34 FMH
Standesregeln)
• Rückfragen Arbeitgeber bei Arzt ?
– Arzt darf Ausstellung bestätigen / verneinen
– Auskunft im Umfang Arztzeugnis
– Weitere Auskünfte: Entbindung Berufsgeheimnis nötig
(Art. 321 StGB)
– sagen muss er gar nichts (keine Vertragsbeziehung zu
Arbeitgeber)
• zeitlicher Geltungsbereich Arztzeugnis
– Vor- / Rückwirkung zulässig
– Rückdatierung?
– Rückwirkungsdauer?
• ~ 1 Woche
• danach: Beweisfunktion eingeschränkt
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Pflichten des Mitarbeitenden
• Arbeitspflicht - Gewissenhafte und sorgfältige
Dienstausübung
- Übernahme amtsfremder Arbeit
- Oft Pflicht zur Leistung von Überstunden
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Überstunden
• Begriffe - Überstunden = normale Arbeitszeit wird überschritten
- Überzeit = Überschreitung öffentlich-rechtlicher Höchstarbeitszeit gemäss Arbeitsgesetz
- Arbeitsgesetz gilt in der Hauptsache nur im privatrechtlichen Arbeitsverhältnis (Ausnahme: Gesundheitsschutz, mit Sicherheit verletzt bei > 100 Stunden / Woche [BGE 14.6.2002, 2P.251/2001])
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Überstunden
• Quantitatives Merkmal
• Qualitatives Merkmal
- Abgrenzung zur „normalen, vereinbarten“ Arbeitszeit
- Unabhängigkeit von Arbeitszeit und Arbeitsleistung (keine „Nacharbeit“)
- Objektive Notwendigkeit von Überstunden (= auch Überstunden, die ohne Wissen und Willen der Anstellungsbehörde geleistet wurden)
- angeordnete Überstunden
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Überstunden
• Qualitatives Merkmal - Meldepflicht bei nicht angeordneten Überstunden?
- Bei Vorliegen Zeiterfassungssystem –keine Meldepflicht
- Überstunden im Grundsatz erkennbar –keine Meldepflicht
- Überstunden nicht erkennbar – fraglich
- Abmahnungspflicht, wenn Überstunden nicht akzeptiert werden sollen
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Überstunden
• Beweisregeln - Mitarbeiter(in) trägt Behauptungs- und Beweislast für
- Anzahl geleisteter Überstunden (Schätzung durch Gericht zulässig)
- Objektive Notwendigkeit der Überstunden
- Beweis wird erbracht durch Nachweis, dass
- Überstunden angeordnet
- Überstunden wegen Zeiterfassungssystem bekannt
- Anstellungsbehörde aus anderen Gründen Kenntnis von Überstunden hatte
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Überstunden
• Gleitzeit? - Ist Ausdruck der einer Mitarbeiterin / einem Mitarbeiter eingeräumten Autonomie bei Arbeitszeitgestaltung
- Gleitzeit kann sich in Überstunden umwandeln, wenn ein Ausgleich wegen entgegenstehender betrieblicher Bedürfnisse nicht möglich
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Pflichten des Mitarbeitenden
• Geschenkannahmeverbot
• Ausnahme
- Strafrechtlich relevant
- Glaubwürdigkeit des Staates als hohes
Gut
- Objektivität und Rechtsgleichheit als
geschützte Rechtsgüter
- Geschenke von kleinem Wert
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Pflichten des Mitarbeitenden
• Schweigepflicht - Strafrechtlich relevant (Amts-
geheimnisverletzung)
- Bleibt auch nach Auflösung des
Arbeitsverhältnisses bestehen
- Gilt im Grundsatz auch intern zwischen
einzelnen Abteilungen ("wir stehen ja
alle unter dem Amtsgeheimnis, darum
kann ich dir ja ..." legitimiert die
Verletzung nicht)
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Pflichtverletzungen? Konkrete Fälle
• Frau Heimgartner wurde von ihrem Chef angewiesen, verschiedene Dossiers bei der
Bearbeitung vorzuziehen. Sie vermutete als Grund, dass Weber bei seinem Vorgesetzten
einen guten Eindruck machen wollte, indem er die Dossiers speditiv bearbeiten liess, auf die
sein Chef ein besonderes Auge hatte. Sie beharrte aber auf der Abwicklung nach Eingang.
• Frau Heimgartner war häufig krank. Herr Weber vermutete, sie nutze diese Zeit, um sich zu
erholen. Er wies sie an, Überstunden zu leisten, um die verlorene Zeit aufzuholen. Frau
Heimgartner weigerte sich.
• Frau Heimgartner wurde von Weber angewiesen, bei X, der ein guter Steuerzahler ist, bei der
Abzugsfähigkeit von berufsbedingten Aufwendungen ein Auge zuzudrücken und die
Deklaration zu akzeptieren.
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Pflichtverletzungen? Konkrete Fälle
• Frau Heimgartner wurde von ihrem Chef am 28. November 2011 angewiesen, ihre 55Überstunden zu kompensieren, ansonsten sie per Ende Jahr verfallen würden. Sieweigerte sich.
• Frau Heimgartner wurde von ihrem Chef am 28. November angewiesen, ihreverbleibenden drei Wochen Ferien noch im Dezember 2011 zu beziehen. Sie weigertesich, buchte aber eine dreiwöchige Australienreise für den Monat Februar 2012.
• Frau Heimgartner unterliefen bei der Bearbeitung eines Dossiers Fehler. Insbesonderevergass sie, unter dem von ihr verfassten Baubewilligungsentscheid(Gesuchsabweisung) eine Rechtsmittelbelehrung anzubringen.
• Frau Heimgartner ist Minderheitsaktionärin einer Handelsfirma für Papeteriewaren. Einenkleineren Teil der in der Gemeinde notwendigen Bestellungen für Kopierpapier undOrdner wickelte sie über diese Gesellschaft ab.
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Pflichtverletzungen? Konkrete Fälle
• Frau Heimgartner wurde bei einem Ladendiebstahl in Zürich erwischt.
• Frau Heimgartner nahm an einer Demonstration gegen eine weitere Steigerung der Militärausgaben teil.
• Frau Heimgartner engagiert sich bei Greenpeace. Um gegen die Transporte von Atommüll aus dem KKW Beznau zu demonstrieren, kettete sie sich zusammen mit anderen an die Zufahrtsgleise zum Kraftwerk und verhinderte damit während Stunden den geplanten Abtransport radioaktiven Materials. Einen Polizisten betitelte sie als Saucheib.
• Der Gemeinderat setzt vor der Gemeindeversammlung eine umstrittene Vorlage durch. Frau Heimgartner engagiert sich in der Folge stark beim Sammeln von Unterschriften für ein Referendum.
• Frau Heimgartner verschwieg beim Einstellungsgespräch, dass sie wegen Veruntreuung vorbestraft ist.
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Rechte der Mitarbeitenden
• Vermögensrechte - Anspruch auf Besoldung / Lohn
(Lohnbänder, Rechtsgleichheit)
- Anspruch auf Zulagen
- Leistungslohn(zulagen)
- Dienstalterszulagen
- Sozialzulagen (Familien-, Kinder-,
Ortszulagen)
- Anspruch auf Treueprämien
- Teuerungsausgleich?
Rechte der Mitarbeitenden
• Vermögensrechte und
Sparmassnahmen ?
• Frage der Besitzstandsgarantie
– Erlass, der Sparmassnahme anordnet,
auf Übergangsbestimmungen zu prüfen
– Und wenn nichts steht?
– Grundsatz und Ausnahme (Fallbeispiel
DaZ)
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Rechte der Mitarbeitenden
• Mitwirkungsrechte - Mitspracherecht (nicht gleich
Mitbestimmungsrecht) bei der
Gestaltung neuer Arbeitsbedingungen
(Personalreglement)
- Verankerung einer Personal-
kommission (beratende Funktion)
- Koalitionsfreiheit (Bildung von
Personalverbänden zur
Interessenwahrung)
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Rechte der Mitarbeitenden
• Schutz der Persönlichkeit - Achtung und Schutz der Persönlichkeit
des Mitarbeitenden
- Schutz vor Angriffen Dritter (Bürger)
- ev. Gewährung von Rechtsschutz
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Rechte der Mitarbeitenden
• Ferienanspruch - Erholungszweck
- Bezug nach Rücksprache und im
Einverständnis mit Arbeitgeber
- Grundsätzlich keine finanzielle
Abgeltung
- Übertrag? (siehe neue Sparmass-
nahme Kanton – 5 statt 10 Tage)
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Rechte der Mitarbeitenden
• Anspruch auf Zeugnis - Anspruch besteht auch ohne spezifische gesetzliche Grundlage als Folge der Fürsorgepflicht
- Grundsätze Zeugniserstellung
- Wahrheit
- Wohlwollen
- Vollständigkeit
- Einheitlichkeit
- Individualität
- Klarheit
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Rechte der Mitarbeitenden
• Anspruch auf Zeugnis - Zwingende Bestandteile
- Personalien
- Ein- und Austrittsdatum (Anstellungsdauer)
- Tätigkeiten (Jobbeschreibung)
- Verhalten gegenüber Vorgesetzten, Mitarbeitenden, Kunden)
- Qualität der Arbeit
- Spezielle Einsätze, Fachwissen
- Aus- und Weiterbildungen
- Austrittsgrund, Schlusssatz
- Unterschriften, Ort und Datum
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Rechte der Mitarbeitenden
• Anspruch auf Zeugnis - Zeitpunkt
- jederzeit (Zwischenzeugnis)
- nach Abschluss Arbeitsverhältnis
- im Grundsatz keine Verwirkung des
Anspruchs (also Verjährung nach
10 Jahren)
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Rechte der Mitarbeitenden
• Anspruch auf Mitarbeiterbeurteilung /
Qualifikation
- Mitarbeiterbeurteilungen sind in
zahlreichen Personalerlassen
vorgesehen
- Mitarbeiterbeurteilungen sind
- lohnrelevant
- beförderungsrelevant
- oft Voraussetzung für ordentliche
Kündigung wegen ungenügender
Leistung
- Mitarbeiterbeurteilungen sind in der
Regel nicht anfechtbar
- beschwerdefähig sind aber die Folgen
einer (ungenügenden)
Mitarbeiterbeurteilung (verweigerte
Leistungslohnerhöhung)
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Rechte der Mitarbeitenden
• Auf was ist bei
Mitarbeiterbeurteilungen aus
rechtlicher Sicht zu achten?
- Mitarbeiterbeurteilung muss klar und
nachvollziehbar sein
- Mitarbeiterbeurteilung ist zu
konkretisieren, keine diffusen
Pauschalisierungen
- Mitarbeiterbeurteilung ist zu
dokumentieren
- Negativentwicklung gegenüber letzter
Mitarbeiterbeurteilung bedarf
besonderer Begründung
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Rechte der Mitarbeitenden
• Das Verwaltungsgericht des Kantons
Zürich hat wie folgt formuliert (Urteil des
VG Kt. ZH vom 24.01.07,
PB.2006.00025):
„Aus der Mitarbeiterbeurteilung muss
sich für jedermann (beurteilte und
beurteilende, allenfalls mitbeteiligte
weitere Personen) erkennbar ein klares
und begründbares Bild der Art und
Weise der Aufgabenerfüllung durch die
Stelleninhaberin oder den Stelleninhaber
ergeben“
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Rechte der Mitarbeitenden
• Anspruch auf Fort- und Weiterbildung - In moderneren Personalreglementen besteht ein Anspruch auf Fort- und Weiterbildung
- Recht ist auch eine Pflicht
- Rückzahlungsklauseln
- gesetzliche Grundlage
- nur für Sonderleistungen des Arbeitgebers (Weiterbildung, ausser sie sei nur im Interesse des Arbeitgebers geleistet)
- Rückzahlungsverpflichtung zeitlich begrenzt (3-5 Jahre)
- Ermässigung mit zunehmender Betriebstreue
- Keine Rückzahlung bei Kündigung aus Gründen, die Arbeitgeber zu vertreten hat
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Verantwortlichkeit
im öffentlichen Personalrecht
• Disziplinarische Verantwortlichkeit (wird nicht thematisiert)
• Strafrechtliche Verantwortlichkeit
• Vermögensrechtliche Verantwortlichkeit
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Amtsmissbrauch (Art. 312 StGB)
Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt
missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen
Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen,
werden mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder mit Gefängnis
bestraft.
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Amtsmissbrauch
• Objektiver Tatbestand
• Subjektiver Tatbestand
– Täter: Mitglied einer Behörde / Beamte
(Beamte = Funktion im Dienst der
Öffentlichkeit ≠ Amtsdauer)
– Tathandlung: unrechtmässige
Anwendung von Machtbefugnissen
– Vorsatz
– Absicht, unrechtmässigen Vorteil zu
erlangen oder einem anderen Nachteile
zuzufügen
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Ungetreue Amtsführung (Art. 314 StGB)
Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die bei einem Rechtsgeschäft
die von ihnen zu wahrenden öffentlichen Interessen schädigen, um sich
oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen,
werden mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe
bestraft. Mit der Freiheitsstrafe ist Busse zu verbinden.
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Ungetreue Amtsführung
• Objektiver Tatbestand
• Subjektiver Tatbestand
– Täter: Mitglied einer Behörde / Beamte
– Abschluss eines Rechtsgeschäfts (i.d.R.
privatrechtliches Geschäft ≠ Verfügung)
– Erfolg = Schädigung öffentlicher
Interessen
– Schädigungsabsicht
– Bereicherungsabsicht
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Amtsgeheimnisverletzung (Art. 320 StGB)
Wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner Eigenschaft als Mitglied einer
Behörde oder als Beamter anvertraut worden ist, oder das er in seiner amtlichen
oder dienstlichen Stellung wahrgenommen hat, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei
Jahren oder Geldstrafe bestraft.
Die Verletzung des Amtsgeheimnisses ist auch nach Beendigung des amtlichen
oder dienstlichen Verhältnisses strafbar.
Der Täter ist nicht strafbar, wenn er das Geheimnis mit schriftlicher Einwilligung
seiner vorgesetzten Behörde geoffenbart hat.
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Amtsgeheimnisverletzung
• Objektiver Tatbestand
• Subjektiver Tatbestand
– Täter: Mitglied einer Behörde / Beamte
– Tatobjekt: Geheimnis = Tatsache, die
weder offenkundig noch allgemein
zugänglich ist; Geheimhaltungsinteresse
des Geheimnisherrn
– Tathandlung: (unerlaubtes) Offenbaren
= Bekanntgabe oder Zugänglichmachen
des Geheimnisses an einen unbefugten
Dritten, auch wenn dieser selbst an eine
gesetzliche Schweigepflicht gebunden
ist
– Vorsatz, Eventualvorsatz genügt
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Strafrechtliche Verantwortlichkeit
Amtsgeheimnisverletzung
• Fall
Zwei ehemalige Mitarbeiterinnen des Sozialamts haben der «Weltwoche» interne Akten überSozialhilfe zugespielt. Sie wollten damit auf Missstände im Zürcher Sozialamt inZusammenhang mit der Bekämpfung von mutmasslichem Sozialhilfemissbrauch aufmerksammachen. Sie hatten zuvor nur ihre direkten Vorgesetzten informiert, nicht aber dieDepartementsvorsteherin, den Stadtpräsidenten oder die Geschäftsprüfungskommission desGemeinderates (GPK). Die Angelegenheit führte zu einer fristlosen Entlassung und einerAnklage wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses.
Haben die Mitarbeiterinnen des Sozialamtes das Amtsgeheimnis verletzt?
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Strafrechtliche Verantwortung
Fall Amtsgeheimnisverletzung
• Lösungskriterien
– Amtsgeheimnis?
Amtsgeheimnis = jede Tatsache, die nur einem beschränkten Personenkreis bekannt ist und an deren
Geheimhaltung der Geheimnisherr ein berechtigtes Interesse hat. Die Tatsachen müssen dem
Amtsträger in Ausübung von Funktionen im Dienst der Öffentlichkeit bekannt geworden sein. Interne
Akten fallen unter das Amtsgeheimnis.
- Rechtfertigungsgründe?
Allgemeine Rechtfertigungsgründe sowie Einwilligung der vorgesetzten Behörde, Wahrung berechtigter
Interessen.
- Anwendungsfall:
Vor Bezirksgericht Zürich infolge Wahrung berechtigter Interessen freigesprochen (Urteil GG090260
vom 17.09.09). Das Obergericht des Kantons Zürich wurden die beiden Mitarbeiterinnen jedoch
verurteilt. Das Bundesgericht hat dieses Urteil bestätigt (Urteil des Bundesgerichts vom 12. Dezember
2011, 6B_305/2011).
- Richtig?
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Vermögensrechtliche Verantwortlichkeit
• Haftungsfälle
• Haftungsvoraussetzungen
1. Direkte Schädigung des Staates im
Vermögen
2. Indirekte Schädigung, weil Verhalten
des Mitarbeiters / der Mitarbeiterin den
Staat gegenüber Dritten haftbar werden
lässt.
– Dienstpflichtverletzung
– Schaden
– adäquater Kausalzusammenhang
– Verschulden (grobe Fahrlässigkeit,
Vorsatz)
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Vermögensrechtliche Verantwortlichkeit
• Fall
Der Gemeindeschreiber einer Zürcher Gemeinde liess ein Subventionsgesuch liegen; rechtzeitig weitergeleitet hätte dieses den Kanton verpflichtet, der Gemeinde CHF 83‘000.– an die Baukosten zu leisten. Mit Ablauf der Frist war der Beitrag verloren. Die Gemeinde verlangte, dass der Gemeindeschreiber für den entgangenen Betrag
aufkäme.
Hat der Gemeindeschreiber für den der Gemeinde entstandenen Schaden einzustehen?
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Vermögensrechtliche Verantwortung
• Lösungskriterien– Voraussetzungen?
§ 14 Abs. 1 des Haftungsgesetzes des Kantons Zürich: Voraussetzung für eine Haftung des Beamtenist, dass ein Schaden vorliegt, welcher der Beamte dem Staat durch eine widerrechtliche Handlungoder Unterlassung in Ausübung seiner dienstlichen Tätigkeit adäquat kausal verursacht hat. DerSchaden muss vorsätzlich oder grobfährlässig zugefügt worden sein (qualifiziertes Verschulden).
- Konkreter Fall?
Gemeinde ist geschädigt (in der Höhe des Subventionsbetrages) aufgrund des Verhaltens desGemeindeschreibers. Betreuung der Subventionen gehört zum Aufgabenbereich desGemeindeschreibers. Hat Einreichung des Subventionsgesuchs grobfahrlässig unterlassen.Schadenersatzbemessung: erhebliche Ermessensfreiheit des Richters (Art. 43, 44 OR subsidiär).
- Anwendungsfall:
Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Zürich (PB.2009.00032) vom 10. Februar 2010.Verurteilung des Gemeindeschreibers zu Schadenersatz in der Höhe eines Monatslohns (ca. 1/6 dereingeklagten Forderung).
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Beendigung des Arbeitsverhältnisses
• Beendigungsgründe - Ablauf der vereinbarten
Beschäftigungsdauer
- Nichtwiederwahl (bei Beamten)
- Aufhebungsvereinbarung
- Kündigung
- Disziplinarische Entlassung
- Pensionierung
- Tod
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Kündigung
• Ordentliche Kündigung (durch den
Arbeitgeber)
- Sachlicher Grund notwendig
- Bei Leistungsproblemen entsprechende
Beurteilung i.d.R. Voraussetzung, plus
Ansetzung Bewährungsfrist (§ 10 PersG)
- Bei Verhaltensproblemen entsprechende
Mahnung als Voraussetzung plus
Ansetzung Bewährungsfrist (§ 10 PersG)
- Bei Kündigung aus disziplinarischen
Gründen ist in der Regel ein
Disziplinarverfahren durchzuführen (falls
überhaupt noch vorgesehen)
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Kündigung
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Kündigung
• Ausserordentliche Kündigung (durch
den Arbeitgeber)
- Schwerste Dienstpflichtverletzung
notwendig
- Weiterführung des Arbeitsverhältnisses
muss unzumutbar sein
- Kurze Fristen
- Absoluter Ausnahmefall!
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Was ist bei der Auflösung eines Arbeitsverhältnisses zu
beachten (1)
Formelle Fragen
(Verfahren)
• Zustellung der Kündigung
• Kündigungsfrist
• Rechtsmittelbelehrung
• Rechtsmittelfrist
• Ankündigung Gespräch
• Rechtliches Gehör
• Begründung Kündigung
• Kompetenzgemässe Kündigung
Materielle Fragen
(inhaltliche Rechtmässigkeit)
• Kündigungsgrund / Qualifikation
• Dienstpflichtverletzung
• Verhältnismässigkeit der Kündigung
• Anwendung von Disziplinarrecht
• Folgen der ungerechtfertigten
Kündigung
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Auflösung Arbeitsverhältnis (2)
• Zustellung der Kündigung / Frist - Kündigung ist empfangsbedürftig
(Zustellung, Kenntnisnahme); sonst
innerhalb der Abholfrist; im konkreten
Fall verlängert sich die Kündigungsfrist
um einen Monat
- Achtung A-Post Plus:
Fristenlauf ab Zustellung ins Postfach /
in den Briefkasten, nicht erst ab
tatsächlicher Kenntnisnahme durch
Empfänger. Handlungsbedarf: Sofort
Empfangszeitpunkt via Track & Trace im
Internet ermitteln.
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Auflösung Arbeitsverhältnis (3)
• Rechtsmittelbelehrung / -frist
• Ankündigung Gespräch
• Begründung Kündigung
- Fehlt; Rechtsmittelfrist beginnt nicht zu
laufen (Ausnahme: Anwalt)
- Zu kurzfristig; überdies wurde nicht gesagt, um was es geht (Vorbereitung; Beizug eines Anwalts)
- Begründung der Kündigung ist mangelhaft und hat nichts mit den Vorwürfen zu tun
- Es werden ausschliesslich disziplinarische Gründe geltend gemacht; dann aber hätte ein Disziplinarverfahren durchgeführt werden müssen (falls vorgesehen)
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Auflösung Arbeitsverhältnis (4)
• Folge (formell) - Das rechtliche Gehör wurde verletzt
(Anhörung und Begründung); es handelt
sich um eine grobe Verletzung im Sinn
der verwaltungsgerichtlichen
Rechtsprechung mit der möglichen
Folge, dass der Entscheid aufgehoben
wird (nicht nur blosse Feststellung der
Widerrechtlichkeit)
- Die „verpasste“ Rechtsmittelfrist schadet
nicht, da die Rechtsmittel-belehrung
fehlte
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Auflösung Arbeitsverhältnis (5)
• Folge (materiell) - Ein genügender sachlicher
Kündigungsgrund (Dienstpflicht-
verletzung) ist nicht nachgewiesen
- Angesichts der langen Dienstdauer wäre
selbst bei einer (leichteren) Verfehlung
die Kündigung unverhältnismässig
- Kündigungsfristenlauf wird durch
Schwangerschaft unterbrochen
(jeweilige Regelung im Personalgesetz
prüfen); analog Art. 336c OR = während
Schwangerschaft und in den 16 Wochen
nach Niederkunft
69
Auflösung Arbeitsverhältnis (6)
• Folge (materiell) - Lohnfortzahlungspflicht?
- Ohne Schwangerschaft: Sofern die
Kündigung nicht wegen schwerer
verfahrensrechtlicher Mängel
aufgehoben wird, besteht Anspruch auf
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Fristlose Kündigung und Reaktionszeiten
Fall
Der Regierungsrat des Kantons Zürich entliess den Chef des Steueramtes fristlos, weil er in
Steuerverfahren eingegriffen und den Regierungsrat mehrere Jahre über seine Ausbildung
getäuscht hatte. Der Regierungsrat liess sich für den Entscheid 9 Tage Zeit.
Zu Recht?
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Fristlose Kündigung und Reaktionszeiten
Fall – Lösung
• Grundsatz: Wer fristlos kündigen will, muss dies schnell tun, sonst ist
Recht verwirkt
– Grund:
• Ungewissheit Arbeitnehmer
• Langes Zuwarten: es fehlt an Unzumutbarkeit für Weiterführung
Arbeitsverhältnis
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Fristlose Kündigung und Reaktionszeiten
– Praxis:
• 2 – 3 Tage
• Ausnahme:
– Besondere Umstände
– Komplexer Sachverhalt
– Schwierige Interessenabwägung
– Entlassungsbehörde ist mehrköpfiges Entscheidgremium
• Wichtig:
– Wenn Untersuchung angezeigt, muss Anordnung schnell
erfolgen, sonst geht Recht auf fristlose Kündigung verloren
– Kein Ersatz der ordentlichen Kündigung durch fristlose ohne
neue Gründe
– Sozial sein ist erlaubt (verkürzte Fristen statt fristlose Kündigung
[Sozialfrist])
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Folgen der ungerechtfertigten Entlassung
• Bei formellen Fehlern - Bei schwerwiegenden formellen Fehlern im Entlassungsverfahren (grobe Verletzung des rechtlichen Gehörs, Zuständigkeiten) gilt die Entlassung als nicht ausgesprochen (nichtiger Entscheid)
- Feststellung, dass Entlassung aus formellen Gründen ungerechtfertigt war
- Im übrigen: Schadenersatz (Recht-sprechung kaum vorhanden; Anhaltspunkt: OR, bis sechs Monatslöhne als Schadenersatz)
- Detailliert: Entscheid des Verwaltungs-gerichts des Kantons Luzern, in: Zentralblatt für Staats- und Verwaltungsrecht 2007, S. 551 ff.
74
Folgen der ungerechtfertigten Entlassung
• Bei materiellen Fehlern - Aufhebung der Entlassung zulässig?
- Ausnahmen: Gleichstellungsgesetz
(GlG), wonach Weiterführung des
Arbeitsverhältnisses verlangt werden
kann, wenn im Zusammenhang mit
Gleichstellungsverfahren gekündigt wird
(Art. 12 GlG)
75
Folgen der ungerechtfertigten Entlassung
• Bei materiellen Fehlern - In der Regel: Feststellung, dass
Entlassung ungerechtfertigt war
- Im übrigen: Schadenersatz (Recht-
sprechung kaum vorhanden;
Anhaltspunkt: OR, bis sechs
Monatslöhne als Schadenersatz)
- fehlende Rechtsgrundlage?
- Bei Beamten: Besoldung bis Ablauf der
Amtsdauer oder Wiedereinstellung
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Formelle Voraussetzungen bei
personalrechtlichen Verfügungen
• Ausgangslage - Fehlerquote beim Erlass
personalrechtlicher Verfügungen
ist hoch
- Bei Entlassungen wird oft emotionell
unter Missachtung der Verfahrens-
bestimmungen vorgegangen
- Folgen verfahrensrechtlich fehlerhafter
Verfügungen sind teils erhebliche
Gerichts- und Anwaltskosten sowie die
Pflicht zur Zahlung von Schadenersatz
(bei Beamten unter Umständen mehrere
Jahressaläre)
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Checkliste Kündigung (1)
1. Zuständigkeit (Grundsatz: einstellende Behörde ist kündigende
Behörde)
2. Gründliche Abklärung des Sachverhalts
3. Konfrontation des Arbeitnehmers
• Eröffnung des Sachverhalts an den Betroffenen
• Eröffnung, dass der Arbeitgeber gestützt auf den Sachverhalt in
Erwägung zieht, eine Kündigung auszusprechen
• Aufforderung zur Stellungnahme innert ausreichender Frist (min. 10
Tage)
• Bei ausserordentlicher Kündigung: kurze Fristen
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Checkliste Kündigung (2)
4. Nach Ablauf der Frist: Interessenabwägung und Entscheid unter
Berücksichtigung der Argumente des Betroffenen
5. Eröffnung des Entscheids, inkl.:
• Begründung (diese hat nachvollziehbar die Argumente darzulegen und
eine Interessenabwägung vorzunehmen; also keine Dreizeiler)
• Rechtsmittelbelehrung
Achtung: Der anwendbare Personalerlass kann Abweichungen
vorsehen (z.B. Mitarbeiterbeurteilung mit Verbesserungsfrist bei
Leistungsproblemen)
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PEKO
• Grundlage
• Sinnvoll?
- Art. 44 Abs. 1 PersG:
- Das Personal kann eine Personalkommission bilden, in der das
Personal der Departemente beziehungsweise der Justiz
gleichmässig vertreten sein soll. Für die Zusammenarbeit
zwischen Personalkommission und Kanton gelten die
entsprechenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über die
Information und Mitsprache der Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer in den Betrieben (Mitwirkungsgesetz) vom 17.
Dezember 1993 1) sinngemäss.
Aufgaben der PEKO
• Gesetz
• Regelungen PEKO /
P+O / RR
• Art. 44 Abs. 2
Die Personalkommission nimmt gegenüber dem Kanton
die gemeinsamen Interessen der Mitarbeiterinnen und
Mitarbeiter wahr. Besondere Mitwirkungsrechte stehen ihr
in Fragen der Arbeitssicherheit und des
Gesundheitsschutzes sowie bei Entlassung ganzer
Gruppen gemäss Art. 335d–335g des Schweizerischen
Obligationenrechts
- «interne» Personal-, Organisations-, Betriebsthemen
- Lohnsumme: «geeigneter» Beizug
- Rechtsetzungsverfahren – Recht auf Stellungnahme
- Neue Führungsinstrumente - Stellungnahme
- Grundsätzliche Betriebsfragen – Stellungnahme
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Probleme der PEKO aus meiner Sicht
• Probleme - Keine eigentliche Mitarbeit im personalrelevanten
Rechtsetzungsverfahren
- Bedeutung der PEKO
- Sozialpartnerähnliche Funktion?
- Vermittlungsfunktion zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber ?
- Interessenvertretung Personal oder «Fachstelle»
in Personalfragen (Zusammenarbeit nach Treu
und Glauben)?
- Keinerlei Entscheidkompetenzen in paritätischen
Kommissionen (vgl. die Regelungen in GAV mit
Beratungs-, Schlichtungs- und Entscheidorganen)
- Keine Verankerung der Stellung, der Aufgaben und
der Rechte und Pflichten im Gesetz / Verordnung (die
Verweisung auf das Mitwirkungsgesetz ist wenig
griffig –«sinngemäss»)
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Probleme der PEKO aus meiner Sicht
• Probleme
• Gut ist:
- Keine genügender Kontakt zum Regierungsrat
- Fehlendes Bewusstsein bei GR und RR über die
Funktion der PEKO ?
- Fehlende Vertretung von kleinen Pensen
- Bei intensiver Beteiligung an
Gesetzgebungsverfahren und dgl. Zeit knapp
- Know how – Beschaffung in schwierigen Fällen
- Fehlender expliziter Kündigungsschutz
- Abgrenzung zu Personalverbänden?
- Marginalisierung PV; im Gegenzug fehlende
Unabhängigkeit PEKO
- Anrechnung der notwendigen Arbeitszeit für PEKO
als bezahlte AZ (mit Deckel)
- Infrastrukturangebot
- Vertretung in Bewertungskommission
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Was würde ich zu ändern versuchen ?
Rechtsetzung
Materielles
• Erlass einer Verordnung, welche Aufgaben,
Rechte und Pflichten der PEKO konkretisiert
• Schaffung von paritätischen Gremien, die
auch gewisse Entscheidkompetenzen haben
• Budget (ausreichend)
• Regierungsrat als Ansprechpartner;
Institutionalisierung solcher Treffen
• Mitarbeit (von Beginn weg) bei der
Formulierung neuer oder Revision
bestehender Gesetze
• Konkretisierung der Informationspflicht,
insbesondere, wie über gescheiterte
Anliegen informiert werden kann
• Formalisierung ablehnender Entscheide (GR
muss wissen, was PEKO wollte und warum
der RR nicht)
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84
Besten Dank für Ihre Aufmerksamkeit
Dr. iur Michael Merkermichael.merker@bhlaw.chwww.bhlaw.ch