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Autoaggression und Selbstverletzung
Werner Leixnering
Salzburg, 19.05.2007
Abteilung Jugendpsychiatrie
AUTOAGGRESSION UND SELBSTVERLETZUNG
Definition: Was meinen wir?Erscheinungsformen: Was sehen wir?Ursachen: Wie verstehen wir?Akutintervention: Wie kann ich sofort helfen?Therapiekonzepte: Was soll verändert werden?Rehabilitation: Was soll am Ende sein?
Abteilung Jugendpsychiatrie
Zur Einführung:Markus, 5 JahreKevin, 8 JahreLisa, 11 JahreChristina, 13 JahreMarc, 14 JahreBettina, 17 Jahre
Abteilung Jugendpsychiatrie
Markus, 5 Jahre•Stürzt oft•Ist unruhig•Wirft sich heftig zu Boden•Manchmal sehr traurig•Misshandlungsverdacht
Abteilung Jugendpsychiatrie
Kevin, 8 Jahre
•Schlägt sich mit der Hand ins Gesicht•Kann kaum Gefühle zeigen•Hat keine Freunde•Hat schon vom Umbringen gesprochen•Hat große Probleme beim Lernen (trotz sonderpäd. Förderung)
Abteilung Jugendpsychiatrie
Lisa, 11 Jahre•Isst seit einiger Zeit nur sehr wenig•Zieht sich zurück•Lehnt Vater und Bruder ab•Klammert sich an die Mutter•Hat sich schon einmal geritzt
Abteilung Jugendpsychiatrie
Christina, 13 Jahre
•Ist im Heim nicht zu halten•Wurde schon einmal schwer alkoholisiert ins Kinderspital gebracht•Wahllose Burschenkontakte•Sorge, dass sie Missbrauchsopfer werden könnte•Will unbedingt ein Zungenpiercing
Abteilung Jugendpsychiatrie
Marc, 14 Jahre
•Ritzt sich ein Muster in den Unterschenkel (z.T. tiefe Wunden)
•Immer wieder schwer alkoholisiert, erste Erfahrungen mit illegalen Substanzen
•Teilweise sehr aggressiv•Delinquenz•Schnüffeln / Reanimation / org. Psychosyndrom
Abteilung Jugendpsychiatrie
Bettina, 17 Jahre
•Wiederholte Selbstverletzungen•Multipler Substanzenmissbrauch•Hört Stimmen•War bis zum 13. Lebensjahr ein ehrgeiziges, erfolgreiches Mädchen•Schon mehrfache, teils dramatische
Suizidversuche
Abteilung Jugendpsychiatrie
Was ist selbstschädigendes Verhalten?
AUTOAGGRESSION
•Suizidales u. parasuizidales Verhalten•Automutilation (nicht-suizidal
autodestruktiv)•selbstverletzend im engeren Sinn•artifizielle Störungen (Automanipulation
von Erkrankungen)•psychosozial selbstschädigendes Verhalten
modifiz. nach SCHARFETTER / HÄNSLI
Abteilung Jugendpsychiatrie
Was ist selbstschädigendes Verhalten? (II)
SELBSTVERLETZENDES VHist
gleichbedeutend mit einer funktionell motivierten, direkten und offenen Verletzung oder Beschädigung des eigenen Körpers, die nicht sozial akzeptiert ist und die nicht mit suizidalen Absichten einhergeht.
(Petermann & Winkel, 2005)
Abteilung Jugendpsychiatrie
Erscheinungsformen: Was sehen wir? (I)
SVV kann alle Köperteile betreffen (Kopf, Rumpf, Gliedmaßen)Einsatz aller verfügbaren Gegenstände /
Substanzen zur SVAnblick von Blut ist von zentraler Bedeutung
Abteilung Jugendpsychiatrie
Erscheinungsformen: Was sehen wir? (II)
Häufigste Erscheinungsformen bei Jugendlichen (Nixon et al, 2002):
•Schneiden / Ritzen (98 %)•Kratzen (76 %)•Schlagen (67 %)•Ausreißen von Haaren (57%)•Beißen (55%)•Störung der Wundheilung (50%)
Abteilung Jugendpsychiatrie
Erscheinungsformen: Was sehen wir? (III)
Häufigste Erscheinungsformen bei Jugendlichen (Nixon et al, 2002):
•Unterarm / Handgelenk (98 %)•Oberarm / Ellbogen (57 %)•Unterschenkel / Knöchel (40 %)•Oberschenkel / Knie (38%)•Hand / Finger (36%)•Unterleib (26%)
Abteilung Jugendpsychiatrie
Erscheinungsformen: Was sehen wir? (IV) Möglichkeiten der Klassifikation:
(Menninger, 1938)•NEUROTISCH (zB Zerkratzen der Haut)
•PSYCHOTISCH (zB Selbstamputation)
•ORGANISCH (zB Cerebrale Schädigung
•RELIGIÖS (zB Initiatiationsriten)
•KONVENTIONELL (zB Nägelschneiden, Augenbrauen ausreißen)
Abteilung Jugendpsychiatrie
Erscheinungsformen: Was sehen wir? (V) Möglichkeiten der Klassifikation:
(Favazza, 1998)
•SCHWERE SV (Verstümmelung, potentiell lebendsbedrohlich )
•STEREOTYPE SV (rhythmisch, gleichförmig)•OBERFLÄCHLICHE + MITTELSCHWERE SV (episodisch oder wiederholt,
nicht lebensbedrohlich)
Abteilung Jugendpsychiatrie
Erscheinungsformen: Was sehen wir? (VI) Klassifikation in der KINDER- und
JUGENDPSYCHIATRIE(DGKJP, 2003)
HEIMLICHE SELBSTBESCHÄDIGUNG / VORGETÄUSCHTE ERKRANKUNG
zB SIMULATION, DISSOZIATIVE STÖRUNG, SOMATOFORME STÖRUNG
OFFENE SELBSTBESCHÄDIGUNG (SVV IM ENGEREN SINNE)zB STÖRUNG DER PERS.ENTWICKLUNG, BULIMIE, ANOREXIE,
ZWANG,PSYCHOSEN
Abteilung Jugendpsychiatrie
WIE VERSTEHEN WIR SVV? (I)
•ZUORDNUNG ZU KRANKHEITSBILDERN (ZB PSYCHOSE)
•ZUORDNUNG ZU PATHOMECHANISMEN (ZB IMPULSKONTROLLSTÖRUNG)
•ZUORDNUNG ZU ENTSTEHUNGSTHEORIEN (ZB ZUSTAND NACH TRAUMATISIERUNG, SELBSTVERACHTUNG)
Abteilung Jugendpsychiatrie
WIE VERSTEHEN WIR SVV? (II)(ENTSTEHUNGSTHEORIEN)
•STÖRUNG DER IMPULSKONTROLLE?
•ABHÄNGIGKEITSSTÖRUNG?
•NACHAHMUNGSVERHALTEN?
Abteilung Jugendpsychiatrie
WIE VERSTEHEN WIR SVV? (III)(ANGEGEBENE SV-GRÜNDE – SUBJEKTIVE ERKLÄRUNG)
• Verminderung dissoziativer Symptome- Verminderung von Stress und Anspannung- Kontrolle von aufsteigenden Erinnerungen und Flashbacks- Demonstration der Hilfsbedürftigkeit- Sicherstellung von Sicherheit und Schutz- Ausdruck und Entlastung von Elend und Verzweiflung- Verminderung von Wut- Selbstbestrafung- Verletzung von sich selbst anstelle von anderen
Abteilung Jugendpsychiatrie
WIE VERSTEHEN WIR SVV? (IV)(WISSENSCHAFTLICHE ERKLÄRUNGSANSÄTZE)
- NEGATIVE KINDHEITSERFAHRUNGEN - LERNEN AM MODELL und
„ANSTECKUNG“ - BIOLOGISCHE RISIKOFAKTOREN - STÖRUNGEN DER EMOTIONSREGULATION (Wut, Scham)
Abteilung Jugendpsychiatrie
AKUTINTERVENTION BEI SVV: WIE KANN ICH SOFORT HELFEN?
• „NÜCHTERNE“ KLÄRUNG DER KÖRPERLICHEN GEFÄHRDUNG
• ANNEHMEN DES VERHALTENSMUSTERS
• GESPRÄCHSANGEBOT
• VERMEIDUNG VON VERURTEILUNG
Abteilung Jugendpsychiatrie
THERAPIESCHRITTE BEI SVV (1)
• BEWÄLTIGUNG DER BETROFFENHEIT DES THERAPEUTENTEAMS
Abteilung Jugendpsychiatrie
THERAPIESCHRITTE BEI SVV (2)
• STABILER BEZIEHUNGSAUFBAU
Abteilung Jugendpsychiatrie
THERAPIESCHRITTE BEI SVV (3)
AKTIONSSPRACHE DER SELBSTVERLETZUNG IN ZWISCHENMENSCHLICHE WORTSPRACHE ÜBERSETZEN UND GEMEINSAM MIT DEM PATIENTEN NEUE KOMMUNIKATIONSMUSTER ERSCHLIESSEN (Resch, 2001)
Abteilung Jugendpsychiatrie
THERAPIESCHRITTE BEI SVV (4)
KURZ- UND MITTELFRISTIGE PERSPEKTIVE FÜR DIE / DEN JUGENDLICHE(N) HERSTELLEN
Abteilung Jugendpsychiatrie
THERAPIESCHRITTE BEI SVV (5)
ERST NACH HERSTELLUNG DER VORGENANNTEN VORAUSSETZUNGEN
VORSICHTIGE BEARBEITUNG VON TRAUMATA DER VERGANGENHEIT
Abteilung Jugendpsychiatrie
ZIEL DER REHABILITATION: WAS SOLL AM ENDE SEIN?
INTAKTES VERHÄLTNIS ZUM EIGENEN KÖRPER
VERBESSERTE EMOTIONSREGULATION
KLÄRUNG UND AKZEPTANZ DER EIGENEN GESCHICHTE
BEREITSCHAFT, DIE NARBEN ZU MINIMIEREN UND ZU VERDECKEN
Abteilung Jugendpsychiatrie