Post on 05-Apr-2015
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Affektive StörungenEpidemiologie
Dr. Joachim Cordes
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie der HHU
Rheinische Kliniken Düsseldorf
1. Epidemiologie
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
3. Ursachen
4. Therapie
Patientenvorstellung, Fallbeispiele
unipolar bipolar
Frau : Mann 2:1 1:1
Lebenszeitprävalenz 15 % 1 %
Erstmanifestation LJ 30-45 20-35
Mittlere Episoden 4-6 10
Episodendauer mehrere Monate kürzer
Zyklusdauer initial 4-5 J 3-4 J 1. Epidemiologie
Häufige Somatische Komorbidität mit Depression
• Schlaganfall• multiple Sklerose• Epilepsie• Morbus Parkinson • Morbus Huntington• Migräne • Morbus Wilson• Hirntumoren• Schädel-Hirn-Traumen
1. Epidemiologie
Eine 55-jährige Intensivkrankenschwester befindet sich nach einem Hinterwandinfarkt stationär in der Kardiologie. Echokardiographisch ist die linksventrikuläre Funktion geringgradig eingeschränkt. Kardiovaskuläre Risiokofaktoren: Hypertonie und Hyperlipidämie. Vor 2 Jahren Tod des Vaters durch Herzinfarkt. Patient fühlt sich niedergeschlagen, Mobilisierung erfolgt verzögert.
Welche Fragen würden Sie stellen wollen?
Welches Vorgehen schlagen Sie vor?
Fallbeispiel.1
Prospektive Studien auf der Basis „klinische Depression“
Autor Probanden
Follow-up Endpunkt Rel. Risiko
Arooma et al. 1994
N = 5355 6.6 Jahre Kardialer Tod
OR 3.4
Pratt et al. 1996
N = 1551 13 Jahre Herzinfarkt OR 4.5
Ford et al. 1998
N = 1190 40 Jahre KHK OR 2.1
1. Epidemiologie
HR (Cox)HR (Cox) 95% CI95% CI
All-causes mortalityAll-causes mortalityDepressionDepression 1.201.20 1.03-1.401.03-1.40DiabetesDiabetes 1.881.88 1.55-2.271.55-2.27Diabetes+DepressionDiabetes+Depression 2.502.50 2.04-3.082.04-3.08
CHD-mortalitätCHD-mortalitätDepressionDepression 1.291.29 0.96-1.740.96-1.74DiabetesDiabetes 2.262.26 1.60-3,211.60-3,21Diabetes+DepressionDiabetes+Depression 2.432.43 1.66-3.561.66-3.56
Depression, Diabetes und Mortalität
Egede ,Diabetes Care 2005;28:1339-45 Egede ,Diabetes Care 2005;28:1339-45
NHANES I; n = 10025; 8 Jahre follow-upNHANES I; n = 10025; 8 Jahre follow-up
1. Epidemiologie
Affektive Psychosen
• Seelische Erkrankungen, hauptsächlich mit Störung von Stimmung, Antrieb und Kognition
• Polar entgegengesetzte Formen: Depressionen und/ oder Manien
• Zeitlich abgegrenzte Phasen (Episoden)
• Remittierend
• Ohne wesentliche Persönlichkeitsveränderungen
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
Ein 42 jähriger Mann wird von seiner Ehefrau gebracht. Sie vermute, dass er wieder eine Depression habe. Er sei seit der letzten Episode vor 5 Jahren beruflich erfolgreich gewesen. Seit 3 Tagen habe er sich zunehmend zurückgezogen, antworte nur sehr verlangsamt auf Ansprache, wirke depressiv, ratlos und klage zusätzlich über Übelkeit und Kopfschmerzen.
•
An welche verschiedenen Verdachtsdiagnosen könnten Sie hier denken?
Haben Sie eine Idee, welche Informationen Sie zum Kopfschmerz und zur Übelkeit erfragen könnten?
In welche Richtung denken Sie weiterdifferentialdiagnostisch?
Fallbeispiel.2
Hinweise auf internistische oder neurologische Erkrankungen als Auslöser einer organischen psychischen Störung:
Fieber, Kopfschmerz, Übelkeit, Erbrechen, Bewußtseinsstörungen, Orientierungsstörungen, neurologische Herdbefunde, Meningismus, vegetative Befunde,Frage nach epileptischen Anfällen
Verdacht auf organische psychische Störung bei Enzephalitis oder Meningoenzephalitis
Fallbeispiel.2
Diagnostische Einteilung der affektiven Störungen (ICD 10)
F30 Manische Episode
Hypomanie, ohne und mit psychotischen Symptomen
F31 Bipolare affektive Störung
Episode (depressiv, manisch , gemischt, Schweregrad, Verlauf)
F32 Depressive Episode
F33 Rezidivierende depressive Störungen
Psychotische Symptome, Somatische Symptome, Verlauf
F34 Anhaltende affektive Störungen
Zyklthymia, Dysthymia
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
ICD-10 Anpassungsstörungen
Beginnen innerhalb eines Monats nach der Belastung und dauern nicht länger als sechs Monate nach Ende der Belastung
Eine psychosoziale Belastung von nicht außergewöhnlichem Ausmaß
Es treten Symptome und Verhaltensstörungen wie bei affektiven Störungen, Angststörungen, Belastungs- oder somatoformen Störungen oder Strg. des Sozialverhaltens auf, ohne dass deren Diagnosekriterien erfüllt sind
Fallbeispiel
SYMPTOME DER DEPRESSION NACH ICD-10 (I)
HauptsymptomeHauptsymptome
Gedrückte Stimmung
Interessen- / Freudlosigkeit
Antriebsstörung
2 oder 3 Hauptsymptome müssen vorhanden sein
Dauer: mindestens 2 Wochen
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
SYMPTOME DER DEPRESSION NACH ICD-10 (II)
Andere häufige SymptomeAndere häufige Symptome
Konzentration
Selbstwertgefühl
Schuldgefühl
Hemmung / Unruhe
Selbstschädigung
Schlafstörung
Appetitminderung
2 - 4 Symptome müssen vorhanden sein
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
SYMPTOME DER DEPRESSION NACH ICD-10 (III)
Somatisches SymdromSomatisches Symdrom
Interessenverlust / Anhedonie
Mangelnde Gefühlsbeteiligung
Frühmorgendliches Erwachen
Morgentief
Psychomotorische Hemmung / Agitation (objektiv)
Appetitverlust
Gewichtsverlust (5% des vergangenen Monats)
Libidoverlust
Mindestens 4 Symptome müssen vorhanden sein
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
SCHWEREGRADE DER DEPRESSION NACH ICD-10
Schwere depressive Episode mit psychotischen SymptomenSchwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen
3 Hauptsymptome und > 4 andere Symptome
Symptome sind besonders ausgeprägt
und (meist) somatisches Syndrom
und Wahn
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
Wahnideen sind bei melancholisch Kranken häufig. Die Inhalte stehen in engem Zusammenhang mit der Grundstimmung. Welche Themen können Sie sich beispielsweise vorstellen?
• Verschuldungs und Versündigungswahn• Hypochondrischer Wahn• Verarmungswahn• Nihilistischer Wahn
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
FORMEN DEPRESSIVER EPISODEN
• Schwere depressive Episode(ab 7 Symptome)
• Mittelschwere depressive Episode( 5-6 Symptome)
• Leichte depressive Episode(4 Symptome, davon 2 typische Hauptsymptome)
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
FORMEN DEPRESSIVER STÖRUNGEN I
Psychotische Depression
Somatische Depression
Gehemmte Depression
Agitiert ängstliche Depression
Atypische Depression
Saisonale affektive Störung
Bipolare Störung mit „Rapid cycling“,
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
FORMEN DEPRESSIVER STÖRUNGEN II
Dysthymia (2 Jahre)
Postpartale Depression
Rezidivierende kurze Depression
Gemischtes Angst-Depressions-Syndrom
Subklinische Depression
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
DIFFERENTIALDIAGNOSTIK
Normale Trauerreaktion
Anpassungsreaktion, 1 Monat nach Belastung, nicht länger als 6 Monate
Angststörung
Demenz
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
Symptomatik der Manie
Antrieb
- gesteigerte Aktivität
- unermüdliche Betriebsamkeit
- Rededrang
Stimmung
- gehoben
- häufig auch gereizt und aggressiv
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
Symptomatik der Manie
Denken
- formal: beschleunigt, Ideenflucht
- inhaltlich: Selbstüberschätzung, Größenideen
Rhythmusstörungen, reduziertes Schlafbedürfnis
Häufig soziale und finanzielle Konsequenzen
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
ABGRENZUNG DER DEPRESSIVEN PSEUDODEMENZVON SENILER DEMENZ
DepressionDepression
Schneller, erkennbarer Beginn
Symptome oft von kurzer Dauer
Stimmung ist beständig depressiv
„Weiß-nicht“-Antworten sind typisch
Patient stellt Defizite besonders heraus
Große Schwankungen derkognitiven Leistungsschwäche
DemenzDemenz
Schleichender, unklarer Beginn
Symptome dauern schon lange
Stimmung und Verhaltenfluktuieren
Angenähert richtige Antworten überwiegen
Patient sucht Defizite zu verbergen
Kognitive Leistungsschwächerelativ konstant
Phasen depressiver Episoden
• Wochen - Monate, ohne Behandlung durchschnittlich 6-9 Monate
• In Einzelfällen bis mehrere Jahre lang
• Längere Phasen im höheren Lebensalter
• Länge des Intervalls verkürzt sich mit zunehmender Phasenfrequenz
• In ca. 50 % erfolgte eine 2. depressive Episode
• 80 – 90 % der Patienten mit 2 Episoden erkranken auch ein 3. Mal
• 15 – 30 % chronischer Krankheitsverlauf
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
Depression: Symptome und Verlauf
Einzelne depressive Episode (knapp die Hälfte der Betroffenen erlebt nur eine einzelne depressive Phase)
ZeitZeitdauerhaft beschwerdefrei
Depression: Symptome und Verlauf
Manisch Depressive Erkrankung (Bipolare affektive Störung):
Neben depressiven Phasen treten Zustände von übermäßiger Aktivität, gehobener Stimmung und allgemeiner Angetriebenheit, manchmal auch Gereiztheit auf.
Depression hat mehrere Ursachen
Dysthymie („neurotische Depression“)
Schwere Depression (phasisch, unipolar, Major Depression)
Rückfallrisiko Patienten, bei denen keine Remission erzielt wird,
haben ein höheres Rückfallrisko 1,2,3
1 Keller MB, et al JAMA. 1984;252(6):788-792.2 Cornwall PL, Scott J.Acta Psychiatr Scand. 1997;95(4):265-271.
Rüc
kfal
lrat
e (%
)
PatientenohnekörperlicheBe-schwerden
Patienten mit Restsymptomen3
6 % der
94 % der Patienten
mitkörperlichen Beschwerden
3 Paykel et al., Psychol Med. 1995;25:1171-1180.
0
10
20
30
40
50
60
70
8076 %3
25 %3
Restsymptome Remission
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
Rückfallprädiktoren
• Postpartalzeit
• Belastende Lebensereignisse als Auslöser• Mangelnde Soziale Unterstützung
• Zahl früherer Episoden• Residualsymptome während der Erhaltungstherapie• Substanzmissbrauch oder Angststörung• Vorliegen einer neurotischen Persönlichkeitsstruktur
• Saisonale Einflüsse, Frühjahr und Herbst
2. Symptom, Diagnose, Verlauf
ÄTIOLOGIE DER DEPRESSION
Auslenkung der Neurotransmitter-
systeme
Katecholamin-hypothese
Serotonin-hypothese
Neuroendo-krinologische
Hypothese
Depressive Symptomatikemotional / kognitiv / somatisch
Genetische Disposition
Persönlichkeitsfaktoren:Introversion, Angstneigung
Aktuelle psychosoziale
Belastungen
PhysikalischeEinwirkungen
(z.B. Lichtentzug)
Belastende odertraumatische Erfahrungen
VerlusterlebnisseErlernte Hilflosigkeit
3. Ursachen
PSYCHOLOGISCHE FAKTOREN
• Kritische Lebensereignisse• Frühkindliche emotionale Mangelerfahrung• Mängel in der Autonomieentwicklung• Mangelndes Selbstwertgefühl• Verletzlichkeit gegenüber Frustrationen• Abhängigkeit von ständiger Liebe • Starkes Bedürfnis nach Wertschätzung• Symbiotische Beziehung, Aggressionshemmung• Überhöhte Leistungsansprüche
• Dependente und anankastische Persönlichkeit
• Realitätsfremde Kognitionen• Geringe Bewältigungsstrategien • Mangel an Aktivitäten
3. Ursachen
Genetische Ursachen
Familien- und Adoptionsstudien weisen auf genetische Vulnerabilitäts-faktoren für Depressionen hin:
Erblichkeit 1 (2) kranke(s) Elternteil(e)
Bipolare Depression
Unipolare rezidivierende Depression
Dysthymie
Altersdepression
Reaktive Depression
20% (60%)10%
3. Ursachen
Chronobiologische Faktoren
– Lichtentzug
– Störungen des zirkadianen Schlaf-Wach-Rhythmus bei Depressionen, Schlafentzugsbehandlung
– Veränderungen der Schlafarchitektur(REM-Latenzverkürzung, Vermehrung des REM-Schlafs)
– Wechselwirkungen Hyperkortisolismus - Insomnie
3. Ursachen
Serotonerge Dysbalance?• Reduzierte 5-HIAA im Liquor von Suizidenten
• SSRIs erhöhen die 5HT-Gehalt im synaptischen Spaltraum.
Noradrenerge Unterfunktion?• Antihypertonikum Reserpin entspeichert Noradrenalin aus
präsynaptischen Vesikeln und wirkt depressiogen
• TZ-Antidepressiva und spezifische NA-Wiederaufnahmehemmer (Reboxetin) erhöhen die NA-Konzentration im synaptischen Spaltraum und wirken antidepressiv.
3. Ursachen
Neuroendokrinologische Hypothese
– bei Depressiven erhöhte CRH-Spiegel im Liquor sowie erhöhte Ausschüttung von ACTH und Kortisol ins Blut
– pathologischer Dexamethason-Suppressionstest (Kortisolsekretion )
– pathologischer Dexamethason-CRH-Test(ACTH )
– CRH1-Rezeptor-Agonisten bewirken im Tier Schlafstörungen, Anorexie und verminderte sexuelle Aktivität
3. Ursachen
Modifiziert nach Holt et al., Diabetic Med 2004; 21: 515-523Modifiziert nach Holt et al., Diabetic Med 2004; 21: 515-523
Psychische Erkrankung
Metabolisches Syndrom
GenetikGenetik IntrauterinesIntrauterinesWachstumWachstum
LifestyleLifestyleErnährungErnährungAktivtätAktivtät
Psycho-Psycho-pharmakapharmaka
Gewicht Gewicht Viscerales Fett Viscerales Fett
StressStressCortisol Cortisol
KHK 3. Ursachen
DEPRESSIVE STÖRUNGEN: BEHANDLUNGSZIELE
Behandlung
Reduktion/Remissionvon Symptomen
Wiederherstellender Rollen- funktionen
Minimieren des Rückfall-/Wieder-
erkrankungsrisikos
4. Therapie
• Ausgangspunkt für Art und Durchführung der Therapie sind das klinische Bild und der Schweregrad der Depression.
• Behandlungsformen:
Psychotherapie (v.a. bei leichte Depressionen)
Psychotherapie (v.a. bei leichte Depressionen)
biologische Therapien(v.a. bei schweren Depressionen, immer bei bipolaren Störungen)
biologische Therapien(v.a. bei schweren Depressionen, immer bei bipolaren Störungen)
Kombination aus Psycho- und Pharmakotherapie
Kombination aus Psycho- und Pharmakotherapie
4. Therapie
Ambulante Behandlungbei leichten bis mittelschweren Depressionen und
stabilem psychosozialem Umfeld
Ambulante Behandlungbei leichten bis mittelschweren Depressionen und
stabilem psychosozialem Umfeld
Fachärztliche Behandlung
bei mittelschweren bis schweren Depressionen, immer bei bipolar
diagn. Unklarheiten oder komplizierenden Therapieumständen
Fachärztliche Behandlung
bei mittelschweren bis schweren Depressionen, immer bei bipolar
diagn. Unklarheiten oder komplizierenden Therapieumständen
Stationäre Behandlungbei Suizidrisiko, unklaren Zuständen zwecks diagn. Abklärung,
drohender Verwahrlosung, Non-Compliance, Suchtproblematik
Stationäre Behandlungbei Suizidrisiko, unklaren Zuständen zwecks diagn. Abklärung,
drohender Verwahrlosung, Non-Compliance, Suchtproblematik
4. Therapie
• Die Behandlungsstrategie gliedert sich in der Regel in mehrere Phasen:
Erhaltungstherapie(Zeitraum von 4-6 Monaten)Erhaltungstherapie
(Zeitraum von 4-6 Monaten)
Akutbehandlung(bis zu Remission)
Akutbehandlung(bis zu Remission)
Rezidivprophylaxe(ggf. über Jahre)
Rezidivprophylaxe(ggf. über Jahre)
4. Therapie
Metaanalyse der Häufigkeit von Teil- und Nonresponse
Teilweise Response und Nonresponse Nonresponse
Doppelblinde Studien
• Completer-Analyse 34 % 19 %
• Intention-to treat-Analyse 46 % 38 %
Offene Studien 29 %
Alle Studien 36 %
Fava M, Davidson KG. 1996 Psychiatr Clin North Am4. Therapie
Depression ist behandelbar
4338
28
18
**
** +
Kriterium: HAMD17 < 7
Thase ME, et al. Presented at the 156 th Annual Meeting of the APA; San Francisco, CA; May 17-22, 2003.
* p < 0,05 vs. Plazebo
+ p = 0,013 vs. SSRI Randomisierte Patienten mit einer
Baseline im HAMD17 > 18
SNARISSRIPlazebo
0
10
20
30
40
50
60
alle randomisierten Patienten
Patie
nten
(%)
Gepoolte Daten aus 6 Studien
38
29
Remissionsraten nach 8 Wochen
Welche Behandlungsoptionen fallen Ihnen ein?
Psychotherapie
Psychopharmakotherapie
Soziotherapie
Schlafentzug
Lichttherapie
Sport
Elektrokrampftherapie (EKT)
Transkranielle Magnetstimulation
(TMS)
Vagusnervstimulation
4. Therapie
CLINICAL MANAGEMENT: ERFORDERNISSE
• Therapeutisches Arzt-/Patienten-Bündnis• Aufklärung für Patient und Familie • Zusammenarbeit mit dem Patienten bei der Behandlungsplanung• Wahl einer effektiven und verträglichen Behandlung• Häufiges Monitoring• Langzeit-Follow-up zur Vermeidung von Rückfall und Wiedererkrankung
4. Therapie
PSYCHOTHERAPIE: INDIKATIONEN
Leichte bis mittelschwere Störung Fehlen psychotischer Anteile
Anhaltende psychosoziale Probleme in der Vorgeschichte
4. Therapie
PSYCHOTHERAPIE IN KOMBINATION MIT ANTIDEPRESSIVA
• Nur partielle Response auf Antidepressiva
• Persönlichkeitsstörungen
• Aktuelle psychosoziale Probleme
• Verhinderung von Rückfällen
4. Therapie
PSYCHOTHERAPIE: VERFAHREN
Kognitiv-behaviorale Therapie
Interpersonelle Therapie
Partnertherapie
Tiefenpsychologisch fundiert
4. Therapie
dass Antidepressiva abhängig machen80%
Bei einer repräsentativen Befragung (2005) von 1426 Personen glaubten,
69% dass Antidepressiva die Persönlichkeit verändern
Zudem: Obwohl Antidepressiva in den meisten Fällen gut verträglich sind, glauben 71% der Befragten, sie hätten starke Nebenwirkungen!!
Befragte verwechseln Antidepressiva, Beruhigungsmittel und Neuroleptika!
Vorurteile und Ängste bei Antidepressiva
4. Therapie
Non-response auf Mirtazapin korreliert mit erhöhter Wieder-aufnahme- oder kardialer Mortalitäts- Rate nach 24 Wochen
de Jonge et al., Am J Psychiatr 2007; 164:1371-1378de Jonge et al., Am J Psychiatr 2007; 164:1371-1378
Kardiale Ereignisse------- Unbehandelte Kontrollen N=98, 11.2%------- Nonresponder N=43, 25.6%------- Responder N=27, 7.4%
Ant
eil d
er P
atie
nten
ohn
e ka
rdia
le E
reig
niss
e
Tage seit Studieneinschluss
SubgruppenanalyseSubgruppenanalyse der MIND-IT-Studie:der MIND-IT-Studie:
4. Therapie
GRÜNDE FÜR EINE PROPHYLAKTISCHE MEDIKAMENTÖSE THERAPIE
DER UNIPOLAREN DEPRESSION
> mehr als 3 depressive Episoden
oder
> 2 depressive Episoden +
Familiäre Belastung mit affektiver Erkrankung
Schwere Krankheitsepisoden
Rasches Wiederauftreten der 2. Episode
Spätes Ersterkrankungsalter (> 50 Jahre)4. Therapie
Allgemeines
- Wirknachweis in mehr als 100 placebokontrollierten Studien
-70% Therapieerfolg, 35% bei Placebo
Typen
- klassisch trizyklisch (Imipramin, Desipramin, Amitriptylin)
- SSRI (Fluvoxamin, Paroxetin, Citalopram etc.)
- MAO-Hemmer (Tranylcypromin, Moclobemid)
- Selektiv serotonerg und noradrenerg (Mitrazapin, Venlafaxin)
- Selektiv noradrenerg (Reboxetin)
4. Therapie
Alle AD depressionslösend und stimmungsaufhellend, jedoch erst mit Wirkeintritt nach einigen Wochen
aber
unterschiedliche Wirkung auf Psychomotorik
- aktivierend (Mao-Hemmer, Desipramin etc.)
- neutral (Imipramin, Maprotilin etc.)
- dämpfend (Amitriptylin, Doxepin etc.)
4. Therapie
Vor- und Nachteile von AD
Klassische AD
- initial gut sedierend
- gut überprüfte Wirkung
- aber: potentiell gefährliche anticholinerge NW, hohe Toxizität bei Überdosierung, geringe Compliance)
SSRI
- kaum NW, bessere Compliance
- wenig sedierend, innere Unruhe
- Effektivität bei schweren Depressionen ?
- Arzneimittelinteraktionen4. Therapie
NW von AD
- anticholinerge (Mundtrockenheit, Obstipation, Hypotonie, Akkomodationsstörungen)
- epileptische Anfälle
- Delir
- kardiale NW
- sexuelle Funktionsstörungen
- Gewichtszunahme
4. Therapie
Differentialindikationen von AD
- wahnhafte Depression: plus Neuroleptikum
- atypische Symptomatik (Hypersomnie, Hyperphagie ect.): SSRI oder MAO-Hemmer
- Komorbide Zwangsstörung: Clomipramin oder SSRI
AD immer ausreichend hoch dosieren!
4. Therapie
31
26 26
21 21 20
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
50
An
zah
l der
Pat
ien
ten
(%
)
Venlafaxin XR75–225 mg
Paroxetin20–50 mg
Sertralin50–200 mg
Citalopram10–80 mg
Fluoxetin20 mg
Duloxetin 1)40-120 mg
Übelkeit durch Antidepressiva
Daten aus Physician‘s Desk Reference, 2003.Greist et al, eingereicht bei Family Practice.
4. Therapie
Sexuelle Funktionsstörungen durch Antidepressiva
Verminderte Libido
0
5
10
15
20
Alle Pat. Männer Frauen
An
zah
l d
er
Pa
tie
nte
n (
%)
Duloxetin (40-120 mg/d)
Plazebo
Anorgasmie
0
5
10
15
20
Männer Frauen
An
zah
l der
Pat
ien
ten
(%
) Duloxetin (40-120 mg/d)
**
*
* p< 0,001 vs. Pla** p = 0,011 vs. Pla*** p = 0,01 vs. Pla
* < 0,01 vs. Plazebo
Nemeroff CB, et al. Psychopharm Bull. 2002;36(4):106-132.
**** *
4. Therapie
ANTIDEPRESSIVAWAHL: SPEZIELLEÜBERLEGUNGEN
Häufig gebrauchteMedikamentenklassen
TZAs
SSRIs
MAO-Is
Potentiell gefährlicheWechselwirkungen
MAO-Is, Antiarrhythmika
MAO-Is
Vasoconstrictoria, Decon-gestanzien, TyraminreicheErnährung (u.a. Käse, Rotwein,geräuchertes oder gepökeltesFleisch)
4. Therapie
Phasenprophylaxe
Über welche unerwünschten Wirkungen würden Sie Ihre Patienten bei Gabe von Lithium aufklären?
- Polyurie, Polydipsie
- Fingertremor
- Gastrointestinale Beschwerden
- Gewichtszunahme, Ödeme
- Euthyreote Struma
- Nierenfunktionsstörung
4. Therapie
Patient erklärt, er habe in der aktuellen 3. depressiven Phase ohne Erfolg Johanniskrauteingenommen. Anschließend seien ambulant folgendeMedikamente eingenommen worden: Sertralin bis 100mgin Kombination mit Mirtazapin 45 mg für 4 Wochen.Unter Sertralin sei Übelkeit und innere Unruhe aufgetreten.Anschließend sei eine Umstellung auf das tetrazyklischeAntidepressivum Maprotilin 150mg erfolgt ohne Erfolgseit 5 Wochen. Unter Maprotilin sei Mundtrockenheit und Obstipation eingetreten.
Wie schätzen Sie die bisherige psychopharmakologische Behandlung ein?
Welche weiteren therapeutischen Schritte würden Sieeinleiten?
Welches nicht medikamentöse Verfahren würden Siezunächst bevorzugen?
Fallbeispiel.3
Ursachen für Therapieresistenz
Behandlungsaspekte
Non-Compliance,
inadäquate Dosierung
unzureichende Behandlungsdauer
Diagnostische Aspekte
Komorbide psychiatrische Störung
falsche Diagnose des depressiven Subtyps
Krankheitsbezogene/ individuumsbezogene Aspekte
Anzahl und Dauer früherer Episoden
schwache Ausprägung der depressiven Symptomatik, Neurotizismus
ungünstige psychosoziale Rahmenbedingung
Nichtansprechen frühere Behandlungen mit Antidepressiva
depressiver WahnMöller HJ. 2005 Der Nervenarzt
4. Therapie
Fallbeispiel
Welche Therapieverfahren würden Sie vorschlagen bei Therapieresistenz?
Wirkprüfung, Plasmaspiegel, Compliance, Dosiserhöhung n. 4 Wo.
• Sequenzielle Behandlung mit verschiedenen Antidepressiva
• Kombinationstherapien
• Augmentationsstrategien (Lithium, Schilddrüsenhormone)
• Adjuvanzbehandlung (Licht, Schlafentzug)
• Stimulationsverfahren (EKT, rTMS, VNS)
4. Therapie Fallbeispiel
Elektrokrampftherapie• Frequenz 30 - 70Hz, Stromstärke 0,9 Ampere• 6 - 12 Einzelbehandlungen 2 x / Woche• Kurznarkose • De- und Repolarisierung der elektrisch leitenden Hirnzellen• Relative Kontraindikationen
– Intrakranielle Raumforderungen, Myokardinfarkt, Hirnblutung, Gefäßanomalien, Aneurysmen, Beckenvenenthrombose, Ablatio retinae, Phäochromozytom, erhöhtes Anästhesierisiko
• Nebenwirkungen – Kardiovaskuläre Begleiterscheinungen, protrahierte Krampfanfälle,
postiktale Verwirrtheit, Gedächnisstörungen
Transkranielle Magentstimulation• 1,5-2 Tesla, Frequenz 1-20 Hz, 100-110 % der Motorschwelle• 2000-3000 Stimuli / Tag, 10-20 Behandlungen• repetitive Depolarisierung in begrenztem Cortexareal• Kontraindikationen
– Implantate, Herzschrittmacher, Schwangerschaft, Schädeltrauma, Schädeloperation, Krampfanfälle in der Vorgeschichte
• Nebenwirkungen– Partieller oder generalisierter Krampfanfall, transiente
Erhöhung der Hörschwelle, Kopfschmerzen, lokale Hitze in Fremdkörpern, Manie, Wahn
Cordes J et al., Dtsch Med Wochenschr 2005; 130: 889 -892
Slotema, J Clin Psychiatry 2010;71(7):873–884
Meta-Analyse: Wirksamkeit der rTMS bei DepressionN=34 kontrollierte StudienEffektstärke gegenüber Plazebo Behandlung 0.55P<.001Effektstärke EKTGegenüber rTMS -0.47P<.004
ZUSAMMENFASSUNGAffektive Störungen
Hohe Morbidität, weltweite Verbreitung
Häufiges Vorkommen in allgemeinärztlicher Praxis
Vielfach unerkannt, unzureichende Behandlung
Assoziiert mit erhöhter Mortalität (Suizid, kardiale Komplikationen)
Verbunden mit hohen (indirekten) Kosten
Vielfältige Möglichkeiten wirksamer Behandlung