Post on 21-Sep-2020
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„Der Mittelstand hat für uns immense Bedeutung“
Stefan Bender, Leiter des Firmenkundenbereichs bei der Deutschen Bank, sieht trotz Protektionismus viele Chancen
im Ausland – und unterstützt Unternehmen mit seiner Initiative „Globale Hausbank“ bei der Internationalisierung
Stefan Bender (48) leitet seit zwei Jahren das Firmen-kunden geschäft der Deutschen Bank. Vorher war er in Deutschland Leiter des Bereichs Außen- handelsfi nanzierung und Zahlungsverkehr
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Herr Bender, bislang galt der deutsche Mittelstand
in anderen Ländern als Vorbild. Inzwischen wird
ihm sein internationaler Erfolg gern vorgeworfen.
Ist die Kritik etwa Donald Trumps an den
„schlechten Deutschen“ gerechtfertigt?
Präsident Trump beschwert sich über den Erfolg
deutscher Autos, hat aber kein Problem damit,
dass wir zum Ausgleich amerikanische Handys
kaufen – allzu ernst sollte man die Kritik also nicht
nehmen. Aber sie ist Teil eines Trends, über den
ich mir durchaus Sorgen mache. Experten spre-
chen vom „2-D-Zeitalter“, das geprägt ist von De-
Internationalisierung und De-Demokratisierung.
In einigen Ländern werden demokratische Grund-
regeln eingeschränkt. Und wirtschaftlich besinnt
sich jeder wieder auf sich selbst, siehe Trump.
Glauben Sie, dass es für deutsche Unternehmen
im Ausland wirklich schwieriger wird?
Ganz sicher in dem Sinne, dass man sich als Un-
ternehmer viel mehr Gedanken darüber machen
muss, wo die Wachstumschancen im Ausland
liegen. Die Welt ist heute kein Spielfeld mehr,
bei dem ich in jedes Land meinen Stein setzen
kann. Nehmen Sie nur die Türkei. Deren bishe-
riges Erfolgskonzept, als Brücke zwischen Ost
und West zu dienen, hat in den vergangenen
Jahren zu vielen Direktinvestitionen geführt.
Jetzt plötzlich müssen sich Unternehmer gleich
eine ganze Reihe von Fragen stellen: Wie ist das
Verhältnis der Türkei zu Europa? Wie wird sich
der Binnenmarkt dort entwickeln? Wie sicher
ist es überhaupt noch, von dort aus für Asien zu
produzieren?
Eine Umfrage der Außenhandelskammern hat
ergeben: Deutsche Unternehmer sind optimistisch,
aber sie sehen die politische Lage in vielen Ländern
als Problem. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?
Absolut. Die Lage wird unübersichtlicher, bleibt
aber chancenreich. Einerseits schotten sich immer
mehr Länder nach außen ab. Andererseits gibt es
aber auch das gegenteilige Phänomen: Immer grö-
ßere Regionen der Welt werden zu „One Factory
Floors“, in denen grenzüberschreitend Wertschöp-
fungsketten aufgebaut werden können. Asien ist
ein gutes Beispiel, aber auch Europa. Sollte es zu ei-
nem harten Brexit kommen, werden nicht Steuern
oder Handelsverträge das große Problem werden,
sondern ganz einfach die Tatsache, dass sich an
der Grenze wieder stundenlang die Züge und Lkw
stauen und deshalb die Just-in-time-Lieferketten
auseinanderfallen.
Aber was bedeutet das konkret für
Mittelständler? Müssen sie es sich zweimal
überlegen, bevor sie ins Ausland gehen?
Wer Teil einer Wertschöpfungskette ist, hat kei-
ne Wahl: Er muss ins Ausland, und sei es nur, weil
sein großer Partner dort auch schon ist. Und die
Effi zienz dieser internationalen Wertschöpfungs-
ketten bietet gerade deutschen Mittelständlern rie-
sige Chancen. Wer es schafft, sich in eine komplexe
Lieferkette einzufügen, kann sehr erfolgreich sein.
Man muss nur Wege fi nden, das clever zu machen.
Worauf kommt es dabei an?
Die richtige Planung ist wichtig, aber das größte
Hindernis ist für viele deutsche Unternehmen
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Unternehmer hat natürlich mit großen Ohren da-
gesessen. Wir haben dann anschließend einen Ter-
min mit unseren Mitarbeitern in China gemacht und
dort gemeinsam überlegt, wie man es am besten
angeht. Da konnten wir mit unserer umfangreichen
Chinaerfahrung helfen.
Zählt solche Beratung mehr als
die richtigen Bankprodukte?
Nein, aber das ist ein ganz anderes Thema. Eine
Bank, die ihre Kunden ins Ausland begleitet, muss
die ganze Lösungspalette parat haben, vom Akkre-
ditiv bis zu Währungssicherung. Aber es macht vor
allem einen Riesenunterschied aus, ob sie wirklich
global aufgestellt ist, also eine eigene Niederlas-
sung im Land unterhält, oder dort nur mit einem
Partner vertreten ist.
Wo ist der Unterschied?
Anders als viele Großunternehmen geben Mittel-
ständler ihren Töchtern im Ausland gern große
Eigenständigkeit, weil sie das schneller und beweg-
licher macht. Vielleicht brauchen diese dann vor
beim Gang ins Ausland noch immer die unter-
schiedliche Kultur. Die kann sich schon zwischen
Nachbarländern extrem unterscheiden. Nehmen
Sie das Beispiel Joint Venture. Trotz aller Fremdheit
versteht ein Japaner unter einer Partnerschaft das-
selbe wie ein Deutscher: Wir arbeiten vertrauensvoll
zusammen zum gegenseitigen Vorteil. In China ist
das etwas völlig anderes: Dort wird ein Joint Ven-
ture schnell zum harten Wettbewerb um den grö-
ßeren Vorteil für eine Seite. Wer solche kulturellen
Differenzen nicht kennt und rechtzeitig einbezieht,
könnte schon gleich am Anfang scheitern.
Kann die Bank dabei helfen?
Ich gebe Ihnen ein Beispiel: Wir hatten in Stuttgart
einen Mittelständler, der nach China gehen wollte.
Also haben wir ihn zu einem Unternehmeressen
eingeladen und mit einigen Firmenchefs zusam-
mengebracht, die dort schon lange unterwegs sind.
Kaum erzählte er dort von seinem Plan eines Joint
Ventures, kamen von allen Seiten die Tipps: Nehmen
Sie bloß keinen lokalen Rechtsanwalt! Beziehen Sie
einen internationalen Wirtschaftsprüfer ein! Der
GlobaleHausbank
Die Deutsche Bank ist
in mehr als 60 Ländern
mit eigenen Filialen
vertreten und mit den Besonder-
heiten der jeweiligen Märkte
vertraut. In rund der Hälfte
davon – darunter alle wichtigen
Märkte wie China, Indien oder
die USA – arbeitet sie als Bank
mit eigener Zulassung und kann
damit deutschen Firmenkunden
ohne den Umweg über eine
Partnerbank Leis tungen vor
Ort anbieten. Zentraler Ansprech-
partner ist der Firmenkunden-
berater in Deutschland,
unterstützt von einem speziellen
Kompetenzzentrum für
Mittelständler und den Experten
in den einzelnen Ländern.
Ansprechpartner für mittelständische
Unternehmen in Deutschland sind die
Firmenkundenberater an rund
90Standorten
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„Der Berater hier vor Ort entscheidet, ob in China ein Konto eröffnet wird“
Braucht der Mittelstand spezielle Produkte?
Das Instrumentarium ist vorhanden und bewährt.
Aber es ist oft teuer. Auch setzen wir an, indem wir
Mittelständlern Pakete von Bankdienstleistungen
schnüren und dann zu einem günstigen Preis anbie-
ten. Die Einfachheit und Preistransparenz kommt
sehr gut an. Die Wirtschaft brummt, die Zinsen sind
niedrig, die Ausfallraten ebenso. Eigentlich gute
Voraussetzungen für den Gang ins Ausland.
Das stimmt. Aber ein solcher Schritt wirkt sich
lang fristig aus, deshalb muss ein Unternehmen die
Kraft haben, auch andere Perioden durchzustehen.
Das muss auch für uns als Bank gelten. Wir sind in
Russland geblieben, als andere Banken fl üchteten,
und wir haben die Stellung in der Ukraine gehalten,
als es dort ungemütlich wurde. Partnerschaft muss
sich in schwierigen Zeiten bewähren. Die Welt än-
dert sich, aber wir bleiben auf Kurs.
INTERVIEW: BORIS BURAUEL
Ort ein eigenes lokales Konto – das können wir
ihnen nur geben, wenn wir dort eine Vollbank-
lizenz haben. Oder nicht die Mutter in Deutsch-
land, sondern die Tochter in China möchte einen
Kredit – Diesen kann man als Kunde erhalten, da
die Deutsche Bank dort registriert ist. Und natürlich
ist es ein gewaltiger Unterschied, ob wir Probleme
bei Zahlungen sofort direkt regeln können oder erst
bei einer lokalen Partnerbank anrufen müssen – die
sich dann womöglich mehr Zeit lässt, als wir das
selbst tun würden. Wir sind inzwischen in mehr als
30 wichtigen Ländern als Bank registriert.
Die Deutsche Bank wirbt derzeit intensiv um
den Mittelstand und präsentiert sich als „Globale
Hausbank“. War sie das nicht schon immer?
Hinter dem Begriff verbirgt sich einerseits unser
Anspruch, unseren Kunden überall auf dem Globus
ein Partner zu sein. Das war schon immer die Kern-
kompetenz der Deutschen Bank. Aber es geht auch
um eine ganz konkrete Initiative: Wir haben uns
zum Ziel gesetzt, unser Know-how noch effi zienter
als bisher auch dem Mittelstand zur Verfügung zu
stellen. Der deutsche Mittelstand hat für uns als
Bank immense Bedeutung!
Was heißt das konkret?
Wir bauen unsere Organisation so um, dass
wir auch für die speziellen Bedürfnisse unserer
mittelständischen Kunden gerüstet sind. Ich
nenne Ihnen drei Beispiele: Erstens sorgen wir
dafür, dass der Kundenberater in Deutschland
sofortigen Zugriff auf das gesamte Know-how
der Bank bekommt, indem wir ihm ein eigenes
Kompetenzzentrum zur Seite stellen. Zweitens
geben wir ihm die nötige Autorität, direkt Ent-
scheidungen zu treffen. Nicht das Büro im Aus-
land, sondern der Berater hier vor Ort entschei-
det, ob ein Konto in China oder Indien eröffnet
wird oder nicht. Und drittens installieren wir in
den wichtigen Auslandsmärkten spezielle Mit-
telstandteams. Wir sorgen also dafür, dass nicht
zuerst die Anfrage des Großkonzerns be arbeitet
wird und dann erst der kleinere Kunde an die
Reihe kommt.
WEITERE INFORMATIONEN
Infos zur Mittelstandsinitiative unter
www.deutsche-bank.de/globale-hausbank
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