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HaysWorld: Teams (Gesamtausgabe 01/2014)

Date post: 29-Nov-2014
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Liebe Leserinnen und Leser, auf welche Position man sich heute auch bewirbt – eine Kompetenz ist immer gefordert: Teamfähigkeit. Und das aus gutem Grund. Um dem stetig wachsenden Wettbewerbsdruck zu begegnen, suchen Unternehmen nach effizienteren und flexibleren Arbeitsformen. Dabei setzen sie zunehmend auf Projektarbeit in wechselnden Teams. Denn Teams, so die Erwartung, arbeiten produktiver, innovativer und qualitativ hochwertiger. Eine Ansicht, die der Volkswirt Matthias Sutter teilt: „Durch die Kooperation mehrerer Personen in einem Team können alle zusammen mehr erreichen“, bestätigt der Professor für Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Innsbruck im Interview. Mehr noch: „Teams handeln klüger und lernen schneller als Individuen.“ Das haben seine Forschungen zum ökonomischen Entscheidungsverhalten von Individuen und Gruppen ergeben. Wirklich? Managementguru Manfred K. Sprenger ist da ganz anderer Meinung. Das Team sei die Unterwerfung der Begabten unter die Mittelmäßigen, kritisiert der Bestsellerautor immer wieder. Ähnlich hart urteilt der Teamforscher Dietrich von der Oelsnitz: Teamarbeit sei weit davon entfernt, das Allheilmittel für alle Tätigkeiten zu sein, und fungiere nur allzu oft als Deckmäntelchen für Entscheidungsschwache, Faulenzer und Minderleister. „Teamfähigkeit wird auch in Zukunft eine gefragte Kompetenz sein.“ Haben Teams demnach ausgedient? Keineswegs! Mit der Schnelllebigkeit der globalen Wirtschaftswelt und ihren hochkomplexen Geschäftsprozessen kommen gut funktionierende Arbeitsgruppen allemal besser zurecht als Einzelpersonen. Nur eignet sich diese Arbeitsform eben nicht für alle Aufgaben. Und: Es gibt sie nicht zum Nulltarif. Im Gegenteil. Sie erfordert eine kluge und eindeutige Rollenverteilung, klar formulierte Ziele und Regeln und bedeutet einen nicht unerheblichen Kommunikations- und Koordinationsaufwand. Sind die einzelnen Mitglieder bereit, diesen Invest zu leisten, dann funktioniert ein Team auch unter besonderen Umständen, wie die Artikel über virtuelle Teams, Krisenteams und Kreativteams beschreiben. Keine dieser Arbeitsgruppen bietet Platz für Kuschelecken, dafür eine Menge Teamgeist, der sich von Einsatzbereitschaft, Verantwortung, gegenseitigem Respekt und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sowie die der anderen nährt. Teamarbeit hat eben nichts mit Lagerfeuerromantik zu tun, sondern bedeutet in der Regel „eine Komplexitätsstufe mehr“, wie Gabriele Fischer im Wirtschaftsmagazin brand eins einmal geschrieben hat. So gesehen, wird Teamfähigkeit auch in Zukunft eine gefragte Kompetenz sein. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre. Klaus Breitschopf, Vorstandsvorsitzender der Hays AG
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TEAMS HAYSWORLD Das Kundenmagazin für Deutschland, Österreich und die Schweiz 01/2014
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TEAMS

HAYSWORLDDas Kundenmagazin für Deutschland, Österreich und die Schweiz 01/2014

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#KAFFEEPAUSE Das Erfolgsrezept für virtuelle Teams: Nähe trotz räumlicher Distanz. Zum Beispiel durch den virtuellen Plausch in der Cloud.

HAYSWORLD 01/2014 · TEAMS

04 Teams sind schlau und egoistisch Interview mit Professor Matthias Sutter

09 Klettergarten statt Konferenzraum? Worauf es bei der Teambildung wirklich ankommt 12 #Kaffeepause Damit das Arbeiten in virtuellen Teams gelingt, brauchen die Teammitglieder Nähe trotz räumlicher Distanz

16 Allzweckwaffe oder Mythos? Pro und Kontra Teamarbeit 18 Unter Druck am besten Für Krisenteams ist die Katastrophe Alltag 21 Mörderisch teamfähig Beim Autoren-Duo Klüpfel und Kobr geht das Konzept kreativer Teamarbeit auf 23 And Action: berühmte Film- und Fernsehteams Stärken, Schwächen und Verbesserungsvorschläge für bekannte TV- und Kinoteams 26 Im Gehirn gibt es keinen Chef Interview mit Professor John-Dylan Haynes

30 HaysWorld online und Gewinnspiel 31 News und Termine

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MÖRDERISCH TEAMFÄHIG Die Schöpfer der erfolgreichen Kluftinger-Krimis Volker Klüpfel und Michael Kobr geben Einblick in ihre Arbeitsweise als Autorenteam.

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IMPRESSUM

Herausgeber: Hays AGMarketing/Corporate Communications, Frank SchabelWilly-Brandt-Platz 1–3, 68161 MannheimAuflage: 26.400Chefredaktion: Alexandra MaierAutoren dieser Ausgabe: Susanne Faschingbauer, Judith-Maria Gillies, Jana Nolte, Frank Schabel, Bernd Seidel Gestaltung: srg werbeagentur ag, MannheimFotos: Ecowin, Mathias Ernert, Fotolia, getty images, Horst Hamann Druck: Dinner Druck GmbH, Schlehenweg 6, 77963 Schwanau, Ortsteil AllmannsweierKontakt:HaysWorld-RedaktionTelefon: +49 621 1788-1490 · E-Mail: [email protected]: Für den Nachdruck von Beiträgen – auch auszugsweise – ist die schriftliche Genehmigung der Redaktion erforderlich. Dies gilt auch für die Aufnahme in elektronische Datenbanken und für die Vervielfältigung auf elektronischen Datenträgern.

INHALT

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EDITORIAL

„Teamfähigkeit wird auch in Zukunft eine gefragte Kompetenz sein.“

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LIEBE LESERINNEN UND LESER,

Sind die einzelnen Mitglieder bereit, diesen Invest zu leisten, dann funktioniert ein Team auch unter besonderen Umständen, wie die Artikel über virtuelle Teams (S. 12), Krisenteams (S. 18) und Kreativteams (S. 21) beschreiben. Keine dieser Arbeitsgruppen bietet Platz für Kuschel-ecken, dafür eine Menge Teamgeist, der sich von Einsatz-bereitschaft, Verantwortung, gegenseitigem Respekt und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten sowie die der anderen nährt.

Teamarbeit hat eben nichts mit Lagerfeuerromantik zu tun, sondern bedeutet in der Regel „eine Komplexitätsstufe mehr“, wie Gabriele Fischer im Wirtschaftsmagazin brand eins einmal geschrieben hat. So gesehen, wird Teamfähigkeit auch in Zukunft eine gefragte Kompetenz sein.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen eine anregende Lektüre.

Klaus Breitschopf

Vorstandsvorsitzender der Hays AG

PS: In einem Weltmeisterschaftsjahr kann man sich natürlich nicht mit Teams beschäftigen, ohne an König Fußball zu denken. Deshalb haben wir Ihnen für die bevor-stehende WM in Brasilien einen handlichen Spielplan beigelegt, in dem Sie die Ergebnisse aller Mannschaften festhalten können. Auf dass das Team mit dem besten Zusammenspiel gewinnen möge!

auf welche Position man sich heute auch bewirbt – eine Kompetenz ist immer gefordert: Teamfähigkeit. Und das aus gutem Grund. Um dem stetig wachsenden Wettbe-werbsdruck zu begegnen, suchen Unternehmen nach effi-zienteren und flexibleren Arbeitsformen. Dabei setzen sie zunehmend auf Projektarbeit in wechselnden Teams. Denn Teams, so die Erwartung, arbeiten produktiver, innovativer und qualitativ hochwertiger.

Eine Ansicht, die der Volkswirt Matthias Sutter teilt: „Durch die Kooperation mehrerer Personen in einem Team können alle zusammen mehr erreichen“, bestätigt der Professor für Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Innsbruck im Interview (S. 04). Mehr noch: „Teams handeln klüger und lernen schneller als Individuen.“ Das haben seine Forschungen zum ökonomischen Entscheidungsverhalten von Individuen und Gruppen ergeben.

Wirklich? Managementguru Manfred K. Sprenger ist da ganz anderer Meinung. Das Team sei die Unterwerfung der Begabten unter die Mittelmäßigen, kritisiert der Bestseller-autor immer wieder. Ähnlich hart urteilt der Teamforscher Dietrich von der Oelsnitz (S. 17): Teamarbeit sei weit davon entfernt, das Allheilmittel für alle Tätigkeiten zu sein, und fungiere nur allzu oft als Deckmäntelchen für Entscheidungs-schwache, Faulenzer und Minderleister.

Haben Teams demnach ausgedient? Keineswegs! Mit der Schnelllebigkeit der globalen Wirtschaftswelt und ihren hochkomplexen Geschäftsprozessen kommen gut funk-tionierende Arbeitsgruppen allemal besser zurecht als Einzelpersonen. Nur eignet sich diese Arbeitsform eben nicht für alle Aufgaben. Und: Es gibt sie nicht zum Nulltarif. Im Gegenteil. Sie erfordert eine kluge und eindeutige Rollen-verteilung, klar formulierte Ziele und Regeln und bedeutet einen nicht unerheblichen Kommunikations- und Koordi-nationsaufwand.

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Herr Professor Sutter: Wieso spielt der Teamgedanke in der Arbeitswelt eine so zentrale Rolle?

Schon in der Frühgeschichte der Menschheit war das Erreichen großer Ziele – wie etwa das Erlegen eines Mammuts – nur durch gemeinschaftliche Anstrengungen möglich. In der ökonomischen Forschung wurde dafür vor fast 200 Jahren der Begriff der Arbeitsteilung eingeführt. Er besagt nichts anderes, als dass verschiedene Menschen unterschiedliche Fähigkeiten haben und dass sie sich durch Zusammenarbeit besserstellen können. Moderner formuliert: Durch die Kooperation mehrerer Personen in einem Team können alle zusammen mehr erreichen. Sie haben zahlreiche Studien zum Entscheidungs-verhalten von Teams durchgeführt. Wie lassen sich Ihre Ergebnisse zusammenfassen?

Ganz knapp gesagt handeln Teams klüger und lernen schneller als Individuen. Und gleichzeitig gehen Teams egoistischer und rationaler vor. Zur Erläuterung der zwei-ten Feststellung möchte ich eines unserer Experimente vorstellen: In einem sogenannten Vertrauensexperiment bekommt Partei A immer 100 Euro und kann davon einen Betrag zwischen 0 und 100 Euro an die Partei B abgeben. Die Partei B erhält dann jeweils das Dreifache dieses Betrages. Was kann die Partei B nun tun? Sie kann vom verdreifachten Betrag eine beliebige Summe an die Partei A zurückgeben, ist jedoch nicht dazu verpflichtet. Wenn man dieses Spiel nüchtern unter der Annahme betrachtet, dass jede Partei möglichst viel Geld gewinnen will, dann führt das zu folgender Prognose: Die Partei B wird kein Geld zurückschicken und die Partei A wird das korrekt antizipieren und darum überhaupt kein Geld an Partei B abgeben.

Unsere Ergebnisse zeigen nun, dass Teams in der Rolle der Partei A weniger Geld an Partei B senden und als Partei B weniger Geld an Partei A zurücksenden als Indi-viduen. Ein Beleg dafür, dass Teams eigennütziger handeln als der Einzelne. Spieltheoretisch betrachtet, also unter der Annahme von Gewinnmaximierung, sind Teams deshalb als rationaler einzustufen. Hat Sie dieses Ergebnis überrascht?

Nein. Überrascht hat mich, dass Teams in einer anderen Situation effizienter handeln und schneller lernen als Indi-viduen. In Experimenten, in denen es darum ging, dass sich Entscheidungsträger auf eine bestimmte Handlung koordinieren, konnten wir feststellen, dass sich Gruppen deutlich besser und effizienter koordinieren, als Individuen das tun – und dass sie auch sehr viel schneller lernen, dies zu tun.

In solchen Situationen schafft es also einen Effizienzvorteil, wenn Gruppen anstelle von Individuen die Entscheidungs-träger sind. Teams antizipieren offensichtlich besser die Entscheidungen anderer Teams, als es ein Individuum tut. Das könnte für Unternehmen bedeuten, dass eine Organi-sation in Teams effizientere Arbeitsabläufe mit sich bringt.

Das Interview führte Jana Nolte

Interview mit Professor Matthias Sutter

Entscheiden Gruppen ökonomischer als Individuen? Mit dieser und anderen Fragen beschäftigt sich Matthias Sutter, Professor für Experimentelle Wirtschaftsforschung an der Universität Innsbruck und für Angewandte Ökonomie am European University Institute in Florenz. Seine Ergebnisse überraschen – und sind ein klares Statement für Teamarbeit.

TEAMS SIND SCHLAU UND EGOISTISCH

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„Durch die Kooperation mehrerer Personen in einem Team können alle zusammen mehr erreichen.“

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Was macht ein gutes Team aus? Wichtig sind meiner Meinung nach eine gute und regel-mäßige Kommunikation zwischen den Mitgliedern und gemeinsame, klar formulierte Ziele, die auch nur gemein-sam erreicht werden können.

Welche Faktoren beeinflussen Teamarbeit positiv oder negativ?

Häufig entstehen Probleme in Teams durch eine Trittbrett-fahrermentalität, also wenn sich einzelne Mitglieder zurück-ziehen und andere „vorangehen“ lassen. Verhindern lässt sich dies durch die Formulierung von Zielen, die den Einsatz wirklich jedes Einzelnen erfordern. Dafür ist es wichtig, dass derjenige, der das Team zusammenstellt, die Aufgaben im Team klar zuordnet und darauf achtet, dass sich die Fähigkeiten der Teammitglieder ergänzen. Wechselseitiger

Respekt und gegenseitige Anerkennung im Team tragen wesentlich zum Erfolg bei, manchmal vielleicht sogar mehr als monetäre Anreize. So gibt es Studien, die die Bedeutung von sozialen Kontrollmechanismen belegen, von sogenann-tem Peer Punishment. Eine Bewertung des Teamleiters wie „Deinen Einsatz in dieser und jener Situation fand ich aus diesen und jenen Gründen nicht so gut“ kann viel bewirken – allerdings muss dafür ein sehr gutes Vertrauensverhältnis innerhalb des Teams herrschen, das von Respekt und Aner-kennung geprägt ist. Übrigens formt sich Teamgeist sicher am schnellsten durch Erfolg!

Aus welchen Charakteren setzt sich ein gutes Team zusammen? Wie viele Mitglieder hat es optimalerweise?

Über die optimale Gruppengröße gibt es selbst nach Jahr-zehnten psychologischer und ökonomischer Forschung keinen Konsens. Es ist vielleicht kein Zufall, dass die

„Es muss ein sehr gutes Vertrauensverhältnis innerhalb des Teams herrschen, das von Respekt und Anerkennung geprägt ist. Übrigens formt sich Teamgeist sicher am schnellsten durch Erfolg.“

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meisten Führungsgremien in Unternehmen – wie etwa Vorstände – drei bis acht Mitglieder haben, weil darüber hinaus eine effiziente Zusammenarbeit schwerer erreichbar sein dürfte. Bezüglich der Persönlichkeitstypen in einem Team lassen sich keine generellen Aussagen treffen. Der Teamleiter allerdings sollte natürlich über eine gute Kommunikationsfähigkeit verfügen, motivieren können und transparent handeln.

Nimmt die Bedeutung von Teams in Unternehmen eher zu oder ab?

Meiner Einschätzung nach nimmt sie nach wie vor zu. Die Arbeitsprozesse werden in vielen Bereichen immer spezia-lisierter, was bedeutet, dass mehr Spezialisten gebraucht werden. Diese wiederum müssen mit anderen zusammen-arbeiten können, um ein Unternehmen als Ganzes nach vorne zu bringen.

Muss ein gutes Team auch Einzelkämpfer haben, denen es zuarbeitet? Sprich: Impliziert das Team Hierarchien oder ist ein gutes Team frei von solchen? Ich denke, dass ein gutes Team eine klare Entscheidungs-struktur braucht. Das bedeutet, dass es auch einmal mög-lich sein muss, dass jemand eine endgültige Entscheidung treffen kann. Damit ist eine gewisse Hierarchie verbunden. Problematisch wird es, wenn ein Mitglied versucht, seinen persönlichen Ehrgeiz auf Kosten des Teams zu befrie-digen. Tendenziell scheinen mir Teams heute häufiger weniger hierarchisch strukturiert zu sein als noch vor einigen Jahren.

Wie lassen sich Konflikte im Team am besten lösen?

Indem die Beteiligten miteinander sprechen und ihre Standpunkte verständlich machen. Wenn aber gar nichts

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Professor Matthias Sutter

Professor Matthias Sutter gilt als einer der produktivsten Experimentalökonomen seiner Generation. „Wir beobachten in Spielen menschliches Verhalten“, erklärt er, „jedoch werden bei uns keine hypothetischen Entscheidungen getroffen – Ökonomen würden deren Aussagekraft misstrauen –, stattdessen haben die Entscheidungen unserer Experiment-teilnehmer reale finanzielle Konsequenzen. Nach seiner Habilitation in Volkswirtschaftslehre forschte er unter anderem am Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena und an der Universität Göteborg. Derzeit ist er auch Mitglied der International Faculty der Universität zu Köln.

In seinem neuen Buch „Die Entdeckung der Geduld: Ausdauer schlägt Talent“ zeigt Sutter anhand zahlreicher Studienergebnisse, was wir mit mehr Beharrlichkeit im Leben alles erreichen können, welche Faktoren unsere Ausdauerfähigkeit entscheidend beeinflussen und wie wir unsere eigene Ungeduld und die unserer Kinder erfolgreich bändigen können.

„In einem verlässlichen Arbeitsumfeld und vertrauensvollen Klima können langfristige Ziele besser erreicht, Durst-strecken besser bewältigt werden.“

mehr hilft, muss man auch einmal die Zusammenstellung eines Teams ändern. Wenn die Spannungen in der Gruppe so groß sind, dass jemand von außen geholt werden muss, ist es meines Erachtens oft schon zu spät, die Vorge-schichte zu lang und belastend. Hier liegt die Verantwortung des Teamleiters: früh Spannungen zu erkennen, sie anzu-sprechen und beseitigen zu helfen.

Organisieren sich Teams von selbst oder brauchen sie notwendigerweise Führung?

In dieser Frage gibt es kein „Entweder-oder“. Beides ist möglich. Teams können sich selbst organisieren. Anlei-tung und Führung kann aber auch notwendig sein. Das hängt auch vom Grad der Eigenständigkeit der Teammit-glieder ab.

Sie arbeiten aktuell zum Thema Geduld. Ist es schwieriger, mit anderen Geduld zu haben als mit sich selber?

Das Gegenteil ist der Fall. In meinem Buch zur Bedeutung von Geduld für Erfolg im Leben interessiert mich unter anderem die Frage, ob Entscheidungen, die man für andere Menschen trifft, zukunftsorientierter sind. Für sich selber

entscheidet man ja oft zugunsten der baldigen Beloh-nung, anstatt durch mehr Aufwand oder Abwarten in der Gegenwart möglicherweise die Situation in der Zukunft zu verbessern. In einem Forschungsprojekt haben wir heraus-gefunden, dass Entscheidungen für andere Personen tat-sächlich stärker zukunftsorientiert sind. Angewandt auf Teams könnte das heißen, dass sie eher auf Langfristigkeit angelegt entscheiden – was für Unternehmen natürlich vor-teilhaft ist. Das Team denkt eben nicht nur für sich selbst, sondern trägt die Verantwortung für andere. Hier wären wir wieder bei der Fähigkeit von Teams, gut zu antizipieren.

Was kann ein Unternehmen für den Erfolg seiner Teams tun?

Gerade für langfristige Projekte spielt das Arbeitsklima eine bedeutende Rolle. Studien zeigen, dass Kinder in einem verlässlichen Umfeld, in dem etwa Versprechen auch eingehalten werden, eher zu geduldigem Verhalten fähig sind. Kinder, die oft enttäuscht wurden, nehmen lieber den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach. In einer Analogie würde das für Unternehmen heißen, dass in einem verlässlichen Arbeitsumfeld und vertrauensvollen Klima langfristige Ziele besser erreicht, Durststrecken besser bewältigt werden können.

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KLETTERGARTEN STATT KONFERENZ-RAUM?In Zeiten globaler und digitaler Arbeitswelten wird Teambildung zum wichtigen Erfolgsfaktor. Zur Auswahl stehen Managern diverse Trainings vom Kajakfahren übers Brückenbauen bis zum Schafehüten. Doch welche Maßnahmen bringen wirklich nachhaltige Erfolge?

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Die Szenen erinnern an Kindergeburtstage in Bullerbü: rasante Fahrten in Seifenkisten, lustiges Herumirren bei Blindekuhspielen, ungelenke Verrenkungen in Kletter-gärten.

Doch der Schein trügt: Hier geht es keinesfalls ums Feiern und Herumtollen. Statt junger Kinder johlen, schwitzen und hangeln gestandene Männer und Frauen um die Wette. Und zu allem Überfluss: Die Bespaßung ist Berechnung. Und sie dient nur einem Zweck: der Teambildung.

Keine schlechte Idee eigentlich. Denn in Zeiten von Büro-nomaden und digitaler Zusammenarbeit, in denen Kollegen oft nur per SMS oder E-Mail zwischen Geschäftsstellen, Homeoffice, Zügen und Flughäfen miteinander kommuni-zieren, gerät ihre Kooperation zu einem wichtigen Erfolgs-faktor im Wettbewerb. „In einer stets komplexer werdenden Arbeitswelt wird Teamarbeit immer wichtiger – und das richtige Teambuilding zugleich immer schwieriger“, sagt Professor Wolfgang Jenewein, Teamforscher und Direktor der Forschungsstelle für Customer Insight an der Univer sität St. Gallen.

Dabei kommt kaum jemand an der Gruppenarbeit vorbei. „Die globale Geschäftswelt wird immer weniger von Genies mit göttlicher Gabe bestimmt und immer mehr von Teams, die sich gegenseitig ergänzen und befruchten“, erklärt Jenewein. So verspricht sich die Wirtschaft allerlei Segnungen von der Teamarbeit: Kreativitäts- und Motivationsschübe, Arbeitsklimaverbesserungen und Kosteneinsparungen, Produktivitätssteigerungen und Innovationsvorsprünge.

Um all dies zu erreichen, schicken Unternehmen ihre Mitar-beiter auf diverse Trainings: zum Skifahren und Schafehüten, zum Bungee-Jumping und Brückenbauen, in Kochkurse, Kajakabenteuer und Klettergärten. Und solche Events lassen sie sich einiges kosten. Allein ein Teamtrainer schlägt mit 1.500 bis 2.000 Euro pro Tag zu Buche. Dazu kommen Kosten für die spezifischen Kurse, für Unterbringung und Verpfle-

gung. Ein Zwei- bis Dreitagestraining kostet so leicht zwischen 250 Euro bis 500 Euro pro Teilnehmer. One-fits-all-Lösungen gibt es beim Teambuilding nicht Ob das Geld gut angelegt ist, entscheidet die Passgenauig-keit des Trainings. Leider gilt: „One-fits-all-Lösungen gibt es beim Teambuilding nicht“, sagt Thorsten Visbal, Team-trainer und Inhaber der Visbal Unternehmensentwicklung in Hamburg. „Verängstigte oder unsportliche Naturen etwa in einen Hochseilgarten zu scheuchen, bringt nichts – außer ihrer Ausgrenzung aus der Gruppe“, so Visbal. Die jeweils passende Methode zu finden, erfordert viel Menschen-kenntnis und Fingerspitzengefühl.

Und daran mangelt es in der Praxis nicht selten. Vorbehalte gegen Teambildungsaktivitäten sind weit verbreitet, wie eine aktuelle Studie unter mehr als 1.000 Angestellten in Großbritannien zeigt. Zwei Drittel der Beschäftigten kennen Teambuildings aus eigener Erfahrung. Doch nur ein Viertel (26 Prozent) glaubt, dass sich ein vermehrtes Angebot solcher Aktivitäten tatsächlich positiv auf die Arbeitseffek-tivität auswirken würde. Teambildung ist eine langfristige Herausforderung Der schlechte Ruf des Teambuildings kommt nicht von ungefähr. Hier sollten sich Firmen an die eigene Nase fassen. „Was viele Manager nicht beachten: Teambildung ist eine langfristige Herausforderung“, mahnt Professor Jenewein. Nachhaltig erfolgreiche Teams gediehen nur in einer Unter-nehmenskultur, die den Mitgliedern Entwicklungsperspek-tiven bietet.

Das weiß auch Hewlett-Packard (HP) in Böblingen. Bei der Förderung seiner High Potentials setzte der IT-Konzern früher ausschließlich auf die persönliche Entwicklung des Führungs-

Von Judith-Maria Gillies

Verängstigte oder unsportliche Naturen in einen Hochseilgarten zu scheuchen, bringt nichts.

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nachwuchses. Seit vergangenem Jahr aber spielt zu -sätzlich die Teambildung eine wichtige Rolle. „Wir suchen schließlich keine Einzelkämpfer, sondern Leistungsträger mit großem Talent zum Teamplayer“, sagt Frank Bloch, Director Technology Consulting. Auf diese Weise will HP sicherstellen, dass seine Konzernstrategien auch im Büro-alltag nicht per Order di Mufti verkündet werden, sondern „von den Teammitgliedern mitentwickelt und in die Orga-nisation getragen werden“, so Bloch.

Um dieses Talent zu trainieren, lädt die Firma ihre Nach-wuchskräfte regelmäßig zu Schulungen ein. Dort lernen sie zum Beispiel in der Gruppe, mithilfe von Stricken gemein-sam einen Turm zu bauen und damit sprichwörtlich an einem Strang zu ziehen. Und auch nach Feierabend geht das Training weiter. Anstatt mit Sterneküche verwöhnt zu werden, üben die Toptalente ihren Teamgeist beim gemein-samen Kochen. Worauf es ankommt: eine kluge Rollenverteilung sowie gemeinsame Werte und Ziele Teambuilding à la carte für die Manager von morgen: So viel Weitsicht ist in der Wirtschaft nicht gerade verbrei-tet, wie Professor Jenewein weiß: „Anstatt auf eine kluge Rollenverteilung und auf gemeinsame Werte und Ziele zu setzen, werden Arbeitsgruppen oft frei nach dem Motto ,Wir haben gerade nichts Besseres an der Hand‘ zusam-mengewürfelt und dann die Daumen gedrückt, dass es schon klappt.“ Ein Scheitern sei hier programmiert.

So weit wollte es Nils Winkler nicht kommen lassen. Als der CEO der Bezahlsystemfirma Yapital in Hamburg seine Führungsmannschaft zur dreitägigen Teambildung in ein Landgasthaus einlud, hatten heftiges Wachstum, Umstruktu-rierungen und Entlassungen im Vorfeld für allerlei Unsicher-heiten gesorgt. In diesen Wirren galt es, „aus zwölf starken Leuten ein starkes Zwölferteam zu schmieden“, so Winkler.

Spektakuläre Events wie Speedboat-Fahren oder Bungee-Jumping brauchte es dazu jedoch nicht. Die Truppe brachte vielmehr ein einfacher Mix aus Diskus-sionen und Gruppenaufgaben zusammen. In Teamübungen wie einem Balanceakt mit einem Zollstock oder dem ge-meinschaftlichen Aufstellen eines Orga-Charts kristallisier-ten sich spielerisch und schnell die Rollen der Teilnehmer heraus. So positionierte sich jeder Manager auch treffgenau in der neu aufgestellten Firmenorganisation. Alles war leicht auf den Büroalltag übertragbar.

Seit dem Training reden die Manager zudem viel häufiger miteinander, anstatt sich „mit E-Mails zuzuspammen“, wie Winkler sagt. Er selbst schreibt am Tag heute statt 500 Mails nur noch rund 150. Die übrigen Themen bespricht er lieber persönlich oder am Telefon.

Während die Wirkung manch atemberaubender Team-Events schnell verpufft, hielt das bodenständige Yapital-Training auch längerfristig einer Erfolgskontrolle stand. Vier Monate nach dem Event überprüfte die Mannschaft, ob die Positionen des Orga-Charts noch immer zutrafen. Und: Bingo, sie taten es. „Gemeinsam Lieder am Lagerfeuer zu singen, mag für andere Teambuildings sicherlich auch passen“, sagt Winkler. „Für uns aber wäre es zu kurz ge- sprungen gewesen. Im Tagesgeschäft verpufft die Wärme des Lagerfeuers oft allzu schnell.“

Woran die Teamarbeit häufig scheitert und ob man aus Eigenbrötlern Teamplayer machen kann, lesen Sie im Interview mit Guido Hertel, Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie an der Universität Münster, auf www.haysworld.de

Ein ganz einfacher Mix aus Diskussionen und Gruppenaufgaben kann ein gutes Team entstehen lassen.

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Von Susanne Faschingbauer und Bernd Seidel

Einer sitzt in Shanghai, einer in München, einer „sonst wo“. Arbeitspsychologin Gudela Grote, die das Beispiel nennt, erinnert sich nicht genau. Ist auch egal. Es könnte Sydney sein, 16.327 Kilometer von München entfernt, es könnte Boston sein, 11.732 Kilometer von Shanghai entfernt. Dort, wo die drei Softwareentwickler Informationen austauschen und Konferenzen abhalten, gibt es keine weiten Wege. Sie arbeiten in einem virtuellen Team.

Jedes zweite deutsche Unternehmen setzt Neue Medien für die Unternehmenskommunikation ein, und neun von zehn dieser Firmen wollen künftig verstärkt in den Bereich investieren (BITKOM-Studie, 2012). Diese Entwicklung wirkt sich vor allem auf die Projektarbeit aus. Immer mehr Firmen, auch abseits der IT-Branche, bilden für das Umsetzen von Projekten virtuelle Teams: Die Mitglieder arbeiten an verschie-denen Orten zu unterschiedlichen Zeiten an gemeinsamen Zielen. Sie treffen sich nie oder nur selten und kommuni-zieren mediengestützt. Dank neuer Informations- und Kommunikationstechnologien finden Unternehmen ihre Mitarbeiter nicht mehr nur in derselben Stadt, sondern auf der ganzen Welt. Kann das gutgehen?

Unternehmen setzen immer öfter auf virtuelle Teams. Um Projekte best-möglich zu stemmen, bilden sie Teams aus Mitarbeitern unterschiedlichster Standorte. Damit das Arbeiten gelingt, brauchen die Kollegen Nähe trotz räumlicher Distanz. Zum Beispiel beim virtuellen Plausch in der Cloud.

#KAFFEE- PAUSE

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Welche Projekte sich für virtuelles Arbeiten eignen, welche Kompetenzen dies von den Mitar-beitern erfordert und welche Sicherheitsrisiken beachtet werden müssen, lesen Sie im Interview mit IT-Manager und Projektleiter Michael Weber auf www.haysworld.de

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Grote ist Professorin an der ETH Zürich und erforscht, wie sich neue Technologien auf Arbeitsprozesse auswirken: Sie weiß, worauf es ankommt, damit das Arbeiten in virtu-ellen Teams gelingt. Der Erfolg beginnt damit, sich auf das Neue einzulassen. „Viele Führungskräfte denken, sie dürften ihre Leute nicht alleine laufen lassen. Das ist tief verwurzelt“, sagt Grote. „Wenn ich alles unter Kontrolle haben möchte, sollte ich gar nicht erst anfangen, mit virtuellen Teams zu arbeiten.“

Dabei können Mitarbeiter gute Ergebnisse erzielen, wenn der Chef weit weg ist. Die Distanz kann sogar von Vorteil sein, beispielsweise wenn Konflikte auftreten. Sie schafft Zeit zu überlegen. Eine E-Mail kann am nächsten Tag beant-wortet werden, beim Feilen an Worten denkt man über den Konflikt intensiver nach als im direkten Gespräch. Im Alltag aber ist der mangelnde Kontakt zu den Kollegen ein Problem: Das Gespür fürs Gegenüber fehlt. „Man kann Projektmanage-mentsysteme verwenden und alle Meilensteine abhaken. Aber was hinter dem Häkchen steckt, weiß keiner.“ Jedes virtuelle Team braucht einen gemeinsamen Kick-off Als der Wandel begann und sich erste virtuelle Teams bil deten, erforschte Grote in einer Studie, welche Folgen das auf die Arbeitsprozesse hatte. „Wir waren erstaunt, dass die Führungskräfte so oft wie möglich den persön-lichen Kontakt suchten.“ Sie waren ständig unterwegs, um ihre Mitarbeiter zu treffen.

Heute, zehn Jahre später, ist das standortverteilte Arbeiten keine Ausnahme mehr. Mitarbeiter sitzen zuhause, in der

Bahn, in Shanghai oder München. Aber das Bedürfnis nach Nähe trotz räumlicher Distanz ist geblieben. Deswegen rät Grote: „Jedes virtuelle Team braucht einen gemeinsamen Kick-off. Gerade am Anfang ist es wichtig, sich persönlich zu treffen.“ Am besten seien Treffen in bestimmten Abständen.

Nicht immer ist das möglich, weil Unternehmen sparen müssen oder die Teammitglieder an zu vielen Orten arbeiten. In diesem Fall rät Grote zum virtuellen Smalltalk. „Nehmt euch eine halbe Stunde Zeit, per Skype zu reden und gemein-sam einen Kaffee zu trinken!“ Oder, noch zeitgemäßer, sich zum Plausch in der Cloud zu verabreden.

Denn einen zusätzlichen Mitarbeiter haben virtuelle Teams: die Technik. „Kaum eine Entwicklung hat die Zusammen-arbeit in Unternehmen in den vergangenen 20 Jahren so umgekrempelt wie die Tools für virtuelle Teams“, sagt Michael Weber aus Frankfurt, IT-Manager, Projektleiter und Business Partner von Hays, der seit 1982 im Projektgeschäft tätig ist. Früher gab es nur E-Mail und Telefon, heute steht eine große Auswahl von Anwendungen zur Verfügung: Chats und Foren, Wikis und Blogs. Aber welche Tools eignen sich wofür?

IT-Experte Weber fasst die aktuellen Tools unter dem Begriff Smart Collaboration zusammen: Web 2.0 und Social Media sind damit in den Unternehmen angekommen. „Wissen soll nicht länger für sich behalten, sondern geteilt werden.“ Wer in virtuellen Teams arbeitet, schreibt beispielsweise einen Blog, um seine Kollegen über sein Vorgehen zu infor-mieren. Oder man erstellt Wikis, Artikel über das eigene Fachgebiet; das Team kann darauf zugreifen, Informationen verändern und erweitern. In Communities treffen sich Exper-ten, in Foren diskutieren die Kollegen und per Tweets ver-

Nehmen Sie sich eine halbe Stunde Zeit, per Skype zu reden oder sich zum Plausch in der Cloud zu verabreden.

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senden sie Statusmeldungen. Jeder hat Zugriff auf diesel -ben Informationen, jeder weiß, woran der Kollege gerade arbeitet: Hierarchien flachen ab.

Eine weitere wichtige Anwendung, weiß Weber, ist die Webkonferenz: Dabei werden alle Teammitglieder online zugeschaltet. Desktop Sharing ermöglicht, dass die Konfe-renzteilnehmer ihren Computer freigeben. Jeder kann so auf den Bildschirm des anderen blicken, Maus und Tastatur werden virtuell weitergereicht, nach München, Shanghai, Boston oder Sydney. Die neue Arbeitswelt muss von oben gelebt werden „Der Fokus sollte aber nicht auf der Auswahl des Werk-zeugs liegen“, sagt Willi Engel, Bereichsleiter ECM bei BITKOM e. V. „Wichtiger ist es, die Mitarbeiter mitzuneh-men.“ Das gelingt einerseits, indem die Verantwortlichen ihr Team im Umgang mit den Medien schulen. Andererseits müsse die neue Arbeitswelt „von oben gelebt werden“. Keine Führungskraft dürfe sagen: „Wir arbeiten mit Wikis“ – und weiterhin nur E-Mails schreiben.

Künftig werden nicht mehr nur Projekte in virtuellen Teams erledigt, sagt Engel. Demografischer Wandel zwänge die Unternehmen zum Handeln. „Die passenden Fachkräfte wohnen nicht immer in einer Stadt.“ Engel spricht von einem Kulturwandel in Unternehmen. „Es geht ans Eingemachte.“ Und es gibt Fallstricke. Denn während sich der Trend, in virtu-ellen Teams zu arbeiten, weiter abzeichnet, rudern einige bereits zurück. Yahoo-Chefin Marissa Meyer verbot im ver-gangenen Jahr die Heimarbeit und begründete die neue

Richtlinie so: „Einige der besten Entscheidungen und Erkenntnisse erwachsen aus Gesprächen am Flur oder in der Cafeteria.“ Vielleicht aber entstehen ähnlich gute Ideen, wenn Mitarbeiter zwischendurch twittern, bei #Kaffeepause.

TIPPS: SO BEKÄMPFEN SIE DIE E-MAIL-FLUT Die E-Mail ist im Büroalltag und auch in virtuellen Teams das meistgenutzte Medium. Dabei gibt es Tools, die, richtig eingesetzt, E-Mails ersetzen können. Das spart Zeit und schont die Nerven.

Profile: Wer sich virtuell vorstellt, muss anschließend weniger Fragen per E-Mail beantworten. In Business-Collaboration-Werk-zeugen verfügt jeder Nutzer über eine Profilseite. Dort veröffent-licht er Kontaktinformationen, stellt seine Interessen, Fähigkeiten und sein Fachgebiet vor.

Communities: In einer Community treffen sich Personen mit einer gemeinsamen thematischen Basis. Es werden nicht länger E-Mails in cc verschickt, sondern alle, die das Thema angeht, treffen sich in der Community. Und wer mag, liest mit.

Blogs: Wer einen Blog für spezielle Projekte oder Teams erstellt, unterstützt den Wissensaustausch und reduziert die E-Mails: Rundmails, um die Teammitglieder über Arbeitsprozesse zu infor-mieren, entfallen.

Wikis: In einem Wiki erstellen Mitarbeiter gemeinsam Fach-artikel. So entstehen inhaltliche Tiefe und Qualität. Jeder hat Zugriff auf die Artikel und erhält nicht länger E-Mails mit Anhängen im Megabyte-Bereich.

Dateiablage: Basisinformationen zum Projekt wie Konzepte, Broschüren oder Anleitungen werden in einer Dateiablage gespeichert, auf die jeder Zugriff hat.

Umfragen: Schnell und strukturiert werden in Umfrage-Tools wie „Doodle“ Meinungen eingeholt und Termine vereinbart.

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Gudela Grote, Professorin an der ETH Zürich, erforscht, wie sich neue Technologien auf Arbeits prozesse auswirken. Sie weiß, worauf es an -kommt, damit das Arbeiten in virtu-ellen Teams gelingt.

Michael Weber ist Nachrichten technik-ingenieur mit Schwerpunkt Datentechnik sowie Betriebswirt mit Schwerpunkt Management und Controlling. Er ist zer-tifizierter Projektleiter und zertifizierter Risiko manager mit mehr als 30 Jahren IT-Projekterfahrung.

Willi Engel, Bereichsleiter ECM bei Bitkom e. V.

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Ohne Teams läuft im Business nichts. Doch die Überlegenheit von Gruppenarbeit ist umstritten. Zwei Experten über die Stärken und Schwächen von Teams.

ALLZWECKWAFFE ODER MYTHOS?

Frieda Frenzel ist Teamtrainerin und Inhaberin der Firma teamwerken|de in Berlin

Wir Menschen sind soziale Wesen. Und Wettbewerbsvor-teile haben sich Einzelne schon in der Evolutionsgeschichte durch den Zusammenschluss zu Kooperationen gesichert. Teamarbeit ist also keine Erfindung von sozial verbrämten Managern. Sie wurde vielmehr schon bei den Neandertalern gelebt. Die Männer waren Jäger, die Frauen Sammler. Auch wenn heute nicht mehr die Beutejagd als Ziel herhalten muss – das Prinzip von Teams ist dasselbe geblieben: Zur Erreichung eines gemeinsamen Ziels macht jeder das, was er am besten kann, und steuert es der Gemeinschaft bei.

Heute bietet Teamarbeit die Antwort auf Hierarchieabbau und ist Teil einer zunehmend partizipativen Kultur in den Unternehmen. Die Denkweise dahinter ist leicht nachzu-vollziehen: Wenn alle Ressourcen aktiviert werden – und zwar vom Hausmeister bis zum Chef –, können insgesamt bessere Ergebnisse erzielt, Abläufe optimiert und Innova-tionen entwickelt werden. Menschen sind hoch motiviert, wenn sie einbezogen werden, und übernehmen gern Ver-

antwortung. Dazu kommt: Der Einzelne kann sich ins Team mit seinen Stärken einbringen und wird parallel von den Kollegen entlastet. Transparenz im Hinblick auf die Ziele des Teams ist wichtig, damit alle an einem Strang ziehen. So lassen sich Konflikte vermeiden, die durch ein Gegenein ander beim Arbeiten entstehen können.

Und ganz wichtig: Zugehörigkeit und Unterstützung durch das eigene Team stellen für die Beschäftigten einen nicht zu unterschätzenden Wohlfühlfaktor dar. Damit steigen auch Arbeitszufriedenheit und Motivation der einzelnen Mitarbeiter. In Zeiten des zunehmenden Fachkräfteman-gels ist dieser Aspekt ein gewichtiges Argument im Kampf um Talente.

Dass Teamarbeit kein Zeitgeistphänomen ist, wird sich auch in der Zukunft erweisen. Gesellschaft und Wirtschaft werden weiterhin immer komplexer. Da wird es auch künftig ein Einzelner kaum noch schaffen, die sich daraus ergeben-den Anforderungen alleine zu erfüllen. Ein Ende der Team-arbeit ist also auch rund 30.000 Jahre nach den Neander-talern nicht absehbar.

„Teamarbeit ist kein Zeitgeistphänomen“ PRO

Protokolle: Judith-Maria Gillies

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Ohne Teams läuft im Business nichts. Doch die Überlegenheit von Gruppenarbeit ist umstritten. Zwei Experten über die Stärken und Schwächen von Teams.

ALLZWECKWAFFE ODER MYTHOS?

Professor Dietrich von der Oelsnitz, Teamforscher und Leiter des Instituts für Unternehmensführung am Lehrstuhl für Organisation und Führung der Technischen Universität Braunschweig sowie Fachbuchautor („TEAM: Toll, ein anderer macht’s! Die Wahrheit über Teamarbeit“, 2012)

„Teams“ – das klingt kurz, knackig und modern. Dröge „Arbeitskreise“ können da allein schon sprachlich nicht mithal-ten, obwohl sie im Prinzip dasselbe Phänomen bezeichnen.

Ohne Frage: Die Teamarbeit hat in den letzten Jahren eine beispiellose Karriere hingelegt. Heute kommt kaum eine Stellenanzeige ohne die Forderung nach ihr aus. Doch Vorsicht: Oft wird der Begriff nur als Chiffre für Sozialkom-petenz verwendet.

Und bei allen Vorteilen, die Teamarbeit erzielen kann: Sie ist weit davon entfernt, das Allheilmittel für alle Tätigkeiten zu sein. Im Gegenteil. Sie kann auch kontraproduktiv wirken – zum Beispiel bei Routine-, Büro- und Verwaltungsaufgaben, die letztlich keinen Abstimmungsbedarf mit der Arbeit der Kollegen erfordern.

Dazu kommt: Teams werden auch immer wieder gern von Vorgesetzten zur persönlichen Entlastung missbraucht. Wer eine Aufgabe auf mehrere Schultern verteilt, versucht oft nur, sich selbst aus der Verantwortung zu nehmen. So wird Teamarbeit zum Deckmäntelchen für Entscheidungs-schwache.

Auch bei Trittbrettfahrern aller Art ist die Teamarbeit beliebt. Faulenzern und Minderleistern gibt die Gruppe Deckung. So fliegen ihre eigenen Leistungsdefizite nicht auf. Andere Kollegen mit einem starken Bedürfnis nach sozialem Anschluss blühen generell in der Gruppe auf – leider oft unabhängig von den Ergebnissen, die diese Gruppe erzielt.

Last, but not least: Teamarbeit gibt es nicht zum Nulltarif. Sie verursacht jede Menge Koordinationskosten für die Abstimmung unter den Kollegen. Außerdem verlangt sie Vorgesetzten eine große Portion Fingerspitzengefühl ab. Teams lieber sich selbst steuern zu lassen, ist ein weitver-breitetes Missverständnis und führt schnell ins Chaos. Und das müssen die Chefs dann selbst ausbügeln.

KONTRA „Teamarbeit gibt es nicht zum Nulltarif“

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Entladung von Hilfsgütern nach einem Vulkanausbruch im Osten des Kongo. Foto: Wolfgang Radtke/Caritas international

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Dienstag, 18. Oktober 1977, Flughafen Mogadischu. Terroristen halten die Passagiere der Lufthansa Boeing 737 Landshut seit fünf Tagen als Geiseln, sie fordern 35 Millionen Mark und die Freilassung von Häftlingen in Deutschland. In 45 Minuten endet das Ultimatum, die Terroristen drohen, die Maschine in die Luft zu sprengen. Wer entscheidet, was nun zu tun ist?

Psychologe Dr. Nikolaus Seibt, 56, weiß, dass es nur wenige Menschen gibt, die in solch einer Situation einen kühlen Kopf bewahren. „Du musst sehr gut vorbereitet sein, sehr präzise arbeiten, risikobewusst und mutig sein – und auch Glück auf deiner Seite haben.“ Seibt ist Geschäftsführer des Instituts für Konfliktforschung und Krisenberatung in Aschheim bei München. Der Gründer des Instituts hat in Mogadischu mit den Geiselnehmern verhandelt, das Ende ist Legende. Seit fast 30 Jahren berät und schult Seibt polizeiliche Spezialeinheiten und Krisenstäbe von Wirt-schaftsunternehmen. Entführungen, Anschlagsdrohungen und Erpressungen gehören zu seinem Berufsalltag. Das Extreme in Strukturen bringen

„Wir arbeiten immer unter Stress. Es geht um das Leben von Menschen oder um hohe wirtschaftliche Risiken“, sagt Seibt. Viele scheinbar bedrohliche Situationen sind schnell geklärt. Zwei- bis dreimal im Jahr wird Seibt allerdings zu Ernstfällen gerufen. Damit er klar und vernünftig handelt, kennt er Methoden, mit dem Druck umzugehen – und die beginnen lange vor dem Einsatz.

Krisenteams versuchen, das Extreme in Strukturen zu brin-gen und die Gefahr mit Routine zu bändigen. Sie trainieren den Ernstfall und arbeiten mit festen Ablaufschemata und vorbereiteten Checklisten. Mithilfe bestimmter Fragen er-stellen sie eine saubere Diagnose und wissen am Ende: Wie ernst ist die Bedrohung?

Kern der Diagnose ist die Analyse des Täters. Hält Seibt beispielsweise den Brief eines Erpressers in den Händen,

UNTER DRUCK AM BESTEN

Von Susanne Faschingbauer und Bernd Seidel

Teams wachsen an Krisen. Aber was, wenn die Katastrophe zum Alltag wird? Ein Bericht über Menschen, die dort arbeiten, wo es um Leben und Tod geht.

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liest er darin viel über die Motivation und die emotionalen Hintergründe des Täters. Wie einer mit Sprache umgeht, welche Worte, wie viele Relativsätze oder Partizipien einer verwendet, verrät etwas über seine Intelligenz, sein soziales Milieu, sein Alter.

Wer auf Krisen spezialisiert ist, hat Hunderte Situationen im Geiste durchgespielt, Lösungsmuster abstrahiert und mit anderen Fällen verglichen. Claus-Walter Herbertz, ebenfalls Geschäftsführer des Instituts für Konfliktforschung, hat zum Beispiel 1.250 Flugzeugentführungen systematisiert und ausgewertet. Daraus sind Konzepte entwickelt worden, nach denen heute Airlines ihr Personal schulen.

„Krisenmanagement kann nur so gut sein wie der Krisen-stab“, sagt Seibt. Die Gruppen sind klein, kaum mehr als sieben Leute. Seibt skizziert die Gruppendynamik: In jedem Team gibt es typische Verhaltensmuster. Gut ausbalanciert fördern sie die Zusammenarbeit, sind einzelne Tendenzen aber zu dominant, lähmen sie die Gruppe. So gibt es „Macher“, die wertvolle Lösungsimpulse liefern, im unba-lancierten Fall aber handeln, bevor das Problem analysiert ist. Die „In-Frage-Steller“ können vorschnelle Lösungen erkennen – andererseits sind sie im Übergewicht zaudernd. „Vermittler“ können in diesem Spannungsfeld ein Team sta-bilisieren – oder wehleidige Diskussionen anstoßen.

Der Leiter muss diese Strömungen ausbalancieren. Er muss sehr gut zuhören und am Ende verantwortungs-voll entscheiden, sich aber nicht an der Mehrheitsmeinung orientieren. Wer in einem Krisenteam arbeitet, muss innerlich stabil sein Wer die Krise als Arbeitsumfeld sucht, muss auch Stärken mitbringen, die sich nicht einüben lassen: „innerlich stabil sein und sich selbst gut kennen“. Seibt sagt: „Ich brauche ein gutes Maß an Stress und Herausforderung, damit es mir gut geht.“ Unter Druck arbeitet er am besten.

Einer, dem es ähnlich geht, ist Gernot Ritthaler, 52, Kata-strophenhilfe-Koordinator bei Caritas international. Wenn irgendwo auf der Welt eine Katastrophe passiert, ein Erd-beben auf Haiti oder ein Taifun auf den Philippinen, arbeitet

er mit seinem Team daran, den betroffenen Menschen zu helfen; damit sie aus Leid und Zerstörung selbst auf-stehen können. „Das ist kein Job für Sozialromantiker, die ein bisschen helfen wollen“, erklärt er.

Als die Nachricht vom Taifun auf den Philippinen Ritthaler am 8. November 2013 in seinem Büro in Freiburg erreichte, organisierte er ein Nothilfeteam. Keine 48 Stunden später saßen fünf Helfer in der Maschine nach Cebu. Aus dem Flugzeugfenster blickten sie auf die verwüsteten Inseln. Was würde sie unten erwarten? Jeder von ihnen hatte bereits in Katastrophengebieten gearbeitet, einen Koffer an Erfahrungen dabei. Routine stellt sich aber nie ein, immer ist es eine Reise ins Ungewisse.

Die Sicht auf die Krise aus Tausenden Metern Höhe kann helfen, das Elend am Boden zu ertragen. Wenn Ritthaler im Auslandeinsatz ist, hält er sich an die eine Regel: „Ich kann nicht allen helfen, ich muss das große Ganze im Blick behal-ten.“ Ein Mantra, das hilft, strategisch klug zu handeln; das zusammenhält, wenn alles auseinanderbricht. Worauf es ankommt: konkrete Lageanalyse, feste Abläufe, klare Rollenverteilung, Teamwork und auf sich selbst achten Genau wie polizeiliche Spezialeinheiten kennt Caritas international Methoden, mit dem Druck umzugehen: konkrete Lageanalyse. Feste Abläufe bei gleichzeitiger Flexibilität, um dem Chaos zu trotzen. Klare Rollen in der Gruppe. Teamwork. Auf sich selbst achten – doch gerade das ist schwierig. Wie soll man auf einer Pritsche ausruhen, wenn vor dem Zelt Obdachlose hungern?

Katastrophenhelfer arbeiten am Limit: sieben Tage, 14 Tage, manchmal drei Wochen lang ohne Feierabend und ohne Wochenende. Das lässt die Helfer ausbrennen. Um dies zu verhindern, werden Krisenteams psychologisch begleitet. Sind Mitarbeiter erschöpft, schickt die deut-sche Zentrale sie in Zwangsurlaub.

Nicht zuletzt hilft Menschen, die in Krisen arbeiten, vor allem eines: der ständige Austausch mit Kollegen, die ebenfalls ein Faible fürs Extreme haben. Damit alles irgendwie normal erscheint.

Psychologe Dr. Nikolaus Seibt, Geschäftsführer des Instituts für Konflikt-forschung und Krisenberatung in Aschheim bei München.

Gernot Ritthaler, Katastrophenhilfe-Koordinator bei Caritas international.

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MÖRDERISCH TEAMFÄHIGVolker Klüpfel und Michael Kobr sind Krimiautoren. Sehr erfolgreiche Krimiautoren. Mehr als 4,5 Millionen ihrer Bücher rund um den kauzigen Kommissar Kluftinger aus Altusried im Allgäu haben sich bereits verkauft, und die Fangemeinde wächst weiter. Derzeit arbeiten die beiden am achten Band der Reihe, deren Ende – geht es nach der Anzahl guter Ideen für weitere Kriminalfälle – nicht abzusehen ist. Das Konzept kreativer Teamarbeit scheint bei Klüpfel und Kobr voll aufzugehen.

Volker Klüpfel (links) und Michael Kobr.

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Er liebt Kässpatzen, seine Frau Erika und seinen uralten Passat. Er hasst Anglizismen, alles rund um Computer-technik (weil er beides nicht versteht), den Anblick von Leichen – und: tritt in jedes Fettnäpfchen, das sich nur bietet. Gleichzeitig ist Kommissar Kluftinger ein äußerst genauer Beobachter, kluger Analytiker und mit feinen Antennen ausgestatteter Ermittler. Ein Typ – vielmehr eine Type – mit vielen, oft widersprüchlichen Seiten. Den die Leser lieben, genauso wie sie seine Schöpfer Volker Klüpfel und Michael Kobr schätzen, deren Bühnenshows rund um den Kultkommissar für gefüllte Säle sorgen. Der Schaffensdrang der beiden seit 25 Jahren befreundeten Allgäuer ist enorm. „Wir müssen uns mittlerweile weniger Gedanken um neue Ideen machen als darum, in welcher Reihenfolge wir die vorhandenen abarbeiten“, sagt Klüpfel. Keine schlechte Ausgangslage für die Zukunft. Angefangen hat alles im Jahr 2000 auf einer langen Autofahrt, als die Freunde quasi aus Langeweile die Figur Kluftinger und die Grundidee zu seinem ersten Fall ent-wickelten. Ernst wurde es fünf Jahre später, als Volker Klüpfel in seiner damaligen Eigenschaft als Kulturredakteur der Augsburger Allgemeinen gefragt wurde, ob er jeman-den kenne, der einen Allgäu-Krimi schreiben könnte.

Kannte er. Seitdem arbeiten sein Schulfreund Michael Kobr, ehemals Realschullehrer, und er als Team, und was anderen als schier unmögliche Aufgabe erscheint, hat sich bei ihnen als Erfolgskonzept erwiesen. „Wir sind eher Handwerker als Künstler“ Zwei leicht derangierte Männer am Stammtisch ihrer Lieblingskneipe, wild diskutierend bei einigen Halben, zwischendurch wird auf herumfliegenden Zetteln etwas notiert ... Filmreife Vorstellung, aber grundlegend falsch. „Wenn wir so arbeiten würden, wären wir ja schon Alkoholiker“, lacht Klüpfel. „In Wirklichkeit sitzt jeder an seinem Schreibtisch und wir skypen miteinander, wenn wir etwas zu diskutieren haben.“ Kobr ergänzt: „Nur zur Erstbesprechung oder wenn wir an besonders wichtigen Gelenkstellen sitzen, treffen wir uns.“ Was nicht heißen soll, dass die beiden es nicht mehr miteinander aushielten, nach wie vor sind sie befreundet und verbringen mit ihren Fami-lien sogar gemeinsame Urlaube, aber fürs „G’schäft“, wie Kobr das Schreiben nennt, bleibt jeder für sich. Dabei sind sie einander die schärfsten Kritiker. Das fängt bei der Ideenentwicklung an: „Wir sind uns gegenseitig die größte Hürde – aber natürlich auch die Rückversiche-rung, dass der Einfall gut ist“, so Kobr. Hat die Idee die „Innenrevision“ passiert, legen sie im nächsten Schritt ein

Konzept an, das detailliert die Handlungsschritte auf die Kapitel verteilt – inklusive Seitensträngen, Nebenschau-plätzen und Randfiguren. So genau, dass sich dann jeder zurückziehen kann, um in seinem eigenen Tempo „seine“ Kapitel zu schreiben. Wer nach stilistischen Eigenheiten sucht, die den jeweiligen Autor erkenntlich machen, hat es schwer, was sicher auch daran liegt, dass sie sich nicht auf ihre Lektorin verlassen (die darf später dran), sondern ihre Kapitel gegenseitig redigieren. Ihrer Beziehung bescherte das vor allem anfangs die eine oder andere Krise, wenn das Manuskript rotstiftverschmiert zurückkam. Auf Augenhöhe streiten „Unser vielleicht größter Lernprozess war die Erkenntnis, dass es Zeit und Nerven spart, wenn wir nicht persönlich werden und auch nicht alles persönlich nehmen“, erklärt Kobr. Klüpfel ergänzt: „Die eigenen Interessen müssen bei unserer Art der Arbeit zurücktreten, das heißt auch, die Korrekturen des anderen anzunehmen und nicht darauf zu bestehen, dass das Eigene per se das Bessere ist.“ Mittler-weile gibt der Erfolg ihrer Bücher ihnen die nötige Sicherheit, um vorbehaltlos der Leistung des anderen zu vertrauen.

Auf der Bühne oder bei Talkshow-Auftritten pflegen Kobr und Klüpfel ein unterhaltsam-streitbares Geplänkel, tatsächlich jedoch teilen sie eine „Grundharmonie“, so Klüpfel, „sonst wäre unsere Art des Arbeitens zu anstrengend“. „Wir haben natürlich aufgrund unserer Freundschaft eine andere Basis als Teams, die einfach zusammengewürfelt werden“, sagt Kobr, „insofern sind wir jetzt vielleicht kein typisches Kreativteam“. Allerdings: Den Respekt vor der Kreativität des anderen und das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu verbinden, ist sicher für jede Form von Teamarbeit empfehlenswert.

Von Jana Nolte

Regionalkrimis übers Allgäu? Vielmehr gestandene Krimi-nalliteratur, die in der Region Allgäu angesiedelt ist. Natürlich auch der neueste Kluftinger-Band „Herzblut“. Vielleicht der blutrünstigste unter Kluftingers Fällen: Ein grausamer Mörder reißt seinen Opfern das Herz aus dem Leib. Kann Kluftinger, obwohl gesundheitlich selber schwer angeschlagen, die Ver-brechen aufklären?

„Wir sind uns gegenseitig die größte Hürde – aber natürlich auch die Rückversicherung, dass der Einfall gut ist.“

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AND ACTION: BERÜHMTE FILM- UND FERNSEHTEAMS Sie sind prominent, unterhaltsam und äußerst erfolgreich. Der beste Beleg für eine gelungene Teamarbeit? Team-Coach Dagmar Grözinger hat – mit größtmöglicher professioneller Distanz – Stärken und Schwächen einiger bekannter „Arbeitsgruppen“ aus TV und Kino für uns analysiert.

Es kann nur besser werden. Dick und Doof

Stan (dick) und Ollie (doof) stolpern in der Slapstick-Serie in Situationen, die sie mit größtmöglichem Unge-schick immer in die Katastro-phe laufen lassen.

Stärken? „Keine erkenn-baren: Alle Strategien sind grundsätzlich auf Versagen ausgerichtet“, erläutert Coach Dagmar Grözinger. „Doof meint es immerhin stets gut, setzt aber gleich-bleibend schlecht um.“

Schwächen? „Unzählige. Zum einen das intellektu-elle Gefälle zwischen den beiden, aber auch die falsch ausgelebten Emotionen, die zu Missgunst, Schaden-freude und Aggressivität führen.“

Verbesserungsvorschläge? „Sie zu gegenseitiger Wert-schätzung ermutigen, ihre Gefühle besser kanalisieren und vor allem ihre Kommu-nikationsfähigkeit trainieren. Ein langwieriges Projekt ohne Erfolgsgarantie.“

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Drei Engel für Charlie. Die Frisur sitzt

Die drei Engel mit der Aufgabenteilung „blond und sexy“, „brünett, sexy und etwas naiv“ und „brünett, sexy und tough“ erhalten von ihrem stets abwesenden Chef „Charlie“ via Telefon Aufträge. Meist dreht es sich darum, jemanden zu retten.

Stärken? „Die drei pflegen eine sehr gute Kommunikation untereinander und sind äußerst empathiefähig. Sie könnten ohne Probleme jeweils die Rolle der anderen übernehmen – was sie nach mancher Definition zum perfekten Team macht.“

Schwächen? „In erster Linie bei der Teamführung. Ein Chef, der seine Truppe derart sich selbst überlässt, auch wenn es brenzlig wird, ist nicht optimal.“

Verbesserungsvorschläge? „Even tuell ließen sich die individuellen Kompetenzen der drei Engel stärker aus-differenzieren.“

Macht die Expertin glücklich: Ocean’s Eleven

Danny Ocean und zehn hoch spezialisierte Ganoven- kollegen realisieren zusammen ein schier unmögliches Unternehmen. Das gemeinsame Ziel: 160 Millionen US-Dollar.

Stärken (neben Charme und gutem Aussehen)? „Eine super Truppe. Ob man sie Team nennt oder Arbeits-

Die Legende von Bonnie und Clyde

Das zunächst sehr erfolgreiche Gangsterpaar übertrumpft sich schließlich an Brutalität und wird dafür von der Polizei in einem nicht weniger blutrünstigen Scharmützel erschossen. Beziehungen am Arbeitsplatz sind eben nicht immer für alle Beteiligten das Beste ...

Stärken? „Die beiden holen zunächst das Extremste an Mut und Energie aus sich heraus, um sich vor dem Partner zu beweisen.“

Schwächen? „Aus dem Wunsch, sich vor dem anderen zu profilieren, entsteht eine Abwärtsspirale, die unweigerlich ins Verderben führt. Die gegenseitige Abhängigkeit ist zu groß, sie agieren als Team zu selbstreferenziell.“

Verbesserungsvorschläge? „Schade, dass sie sich kein anderes Ziel gesetzt haben.“

Page 25: HaysWorld: Teams (Gesamtausgabe 01/2014)

gruppe ist Definitionssache – auf jeden Fall sind sie in ihrer transparenten Aufgabenverteilung, den geklärten Kompetenzbereichen und der perfekten, von gegensei-tigem Respekt geprägten Kommunikation ein Traum für jeden Teamcoach. ‚Geht nicht‘ gibt’s hier nicht.“

Verbesserungsvorschläge? „Keine. Selbst die Teamgröße ist aufgrund der Ausdifferenzierung der Aufgabengebiete in diesem Fall kein Problem.“

Team mit Chaoscharakter: das A-Team

„Vor einigen Jahren wurden vier Männer einer militäri-schen Spezialeinheit wegen eines Verbrechens verurteilt, das sie nicht begangen hatten. Sie brachen aus dem Gefängnis aus und tauchten in Los Angeles unter. Seitdem werden sie von der Militärpolizei gejagt, aber sie helfen anderen, die in Not sind.

Stärken? „Als sehr verschiedene Typen mit divergierenden Wertvorstellungen und Arbeitsweisen können sie sich durch ihre unterschiedlichen Perspektiven und Herangehensweisen prima ergänzen und die Projekte voranbringen.“

Schwächen? „Der Teamerfolg ist stark gefährdet, wenn durch emotionale Totalausfälle das Ziel aus den Augen ver-loren wird und wenn das Teamziel nicht so kommuniziert wird, dass alle dahinterstehen.“

Verbesserungsvorschläge? „Ein Teamcoaching mit dem Ziel der emotionalen Steuerung und des Selbstmanagements sowie Akzeptanz der anderen Teammitglieder, um in der Sache schneller zusammenzufinden. Und ganz wichtig: Nach-hilfe für die Führungskraft in Sachen kooperativer Führung.“

Einer denkt, der andere lenkt: Derrick und Harry Inspektor Harry scheint stets zu wissen, was Oberinspektor Derrick wünscht. Zumindest fragt er nie nach. Oder es inter-essiert ihn einfach nicht. Egal. Harry fährt den Wagen.

Stärken? „Die beiden sind perfekt aufeinander eingespielt, Reibungspunkte sind weit und breit nicht zu erkennen.“

Schwächen? „Es handelt sich hier weniger um ein Team als um einen Vorgesetzten und seinen Assistenten. Das Gefälle in Sachen Verantwortung und Leistung zwischen den beiden ist doch sehr groß.“

Verbesserungsvorschläge? „Wenn die beiden ein Team werden wollen, sollte sich Harry von seiner Assistentenrolle befreien und einen eigenen Kompetenzbereich erhalten. Derzeit hat er zu wenig Leuchtkraft.“

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IM GEHIRN GIBT ES KEINEN CHEFDie Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn tauschen sich ständig miteinander aus – nicht chaotisch, sondern hoch organisiert. Und das ganz ohne zentrale Steuer-instanz. „Wie bei einem gut funktionierenden Team, in dem jeder intuitiv weiß, was er wann zu tun hat“, sagt John-Dylan Haynes, Professor an der Charité Berlin und Direktor des Berlin Center for Advanced Neuroimaging.

Professor John-Dylan Haynes

Der Hirnforscher und Psychologe John-Dylan Haynes ist W3-Professor an der Charité Berlin und Direktor des Berlin Center for Advanced Neuroimaging. Er studierte Psychologie in Bremen, wo er auch im Jahr 2003 promovierte. Es folgten Forschungsaufenthalte an der Universität Magdeburg, am Hanse Wissenschaftskolleg, an der Universität Plymouth und am University College London. Im Jahr 2005 übernahm er eine unabhängige Forschungsgruppe am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Im Jahr 2006 wurde er Professor am Bernstein Center der Charité Berlin. In seiner Forschung geht es um die Frage, ob Gedanken aus der Hirnaktivität ausgelesen und vorhergesagt werden können. Spezielle Forschungsinteressen sind Bewusstsein, Absichten und Willensfreiheit.

Wie entscheiden wir? Was ist Intuition? Und welche Relevanz haben die neuesten Entwicklungen und Erkenntnisse aus der Hirnforschung für Teams? Antworten darauf gibt Professor Haynes im Video-Interview auf www.haysworld.de

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Herr Professor Haynes, wie weit stehen wir davor, unser Gehirn zu entschlüsseln?

Jedes Gehirn besteht aus etwa 86 Milliarden Nervenzellen. Diese Nervenzellen sind auf vielfältigste Weise miteinander verschaltet und tauschen Informationen aus. Bis zu einem kompletten Verständnis dieser komplexen Abläufe ist es daher noch ein weiter Weg. Aber die Hirnforschung ist in den letzten Jahren durch den Einsatz innovativer Techniken ein ganzes Stück weitergekommen. Gab es denn in den letzten Jahren Quantensprünge in der Hirnforschung?

Es gab eine Reihe wichtiger Entwicklungen. Mithilfe der Hirnstimulation können wir bestimmte Krankheiten wie Parkinson lindern, indem wir punktgenau in die Hirnaktivität eingreifen. Zudem sind wir mit modernen Hirnscannern in der Lage, dem menschlichen Gehirn direkt bei der Arbeit zuzusehen. Wir können heute zu einem gewissen Grad sogar erkennen, woran ein Mensch gerade denkt, indem wir seine Gedanken aus der Hirnaktivität dechiffrieren. Was sehen Sie als nächste Schritte an?

In den letzten Jahren ist klar geworden, dass mathema-tische Modelle für die Hirnforschung unverzichtbar sind. Deshalb brauchen wir die Mitarbeit von Mathematikern, Physikern und Informatikern. Nur so bekommen wir die Komplexität der Hirnprozesse in den Griff und können Modelle bilden. Ein weiterer Punkt ist, ob wir mit den Metho-den der Hirnforschung auch konkrete praktische Probleme lösen können. Da geht es vor allem darum, Patienten zu helfen. Aber auch andere Anwendungen wie etwa Computer-spiele, Gehirnmarketing oder hirnbasierte Lügendetektoren werden derzeit intensiv diskutiert. Gerade Letzteres stellt uns vor große Herausforderungen: Wenn man einen Lügen-detektor entwickeln möchte, muss man sich wirklich sicher sein, dass er funktioniert. Und es stellen sich natürlich noch rechtliche und ethische Fragen. Können wir über die aktuellen Messverfahren wirklich Rückschlüsse ziehen, wie unser Gehirn funktioniert?

Moderne Hirnscanner erlauben einen detaillierten Einblick in die menschliche Hirnaktivität. Allerdings ist deren Auflö-sungskraft begrenzt. Ein wirkliches Verständnis der Funktions-weise des Gehirns werden wir nur durch eine Kombination verschiedener Forschungsansätze erreichen. Wir brauchen sowohl Messungen an gesunden Probanden mit Hirnscannern als auch Forschung an Patienten mit Hirnschädigungen. Nur so entsteht ein detaillierteres Gesamtbild. Wo liegt der Fortschritt des menschlichen Gehirns im Vergleich zur Tierwelt?

Das menschliche Gehirn ist größer als das der meisten anderen Tiere. Aber: Es gibt einige Tiere, die noch größere Gehirne haben. Ein Walgehirn kann zum Beispiel acht Kilo-gramm wiegen, dagegen ist unser Gehirn mit 1,5 Kilogramm winzig. Es scheint sich also nicht die Größe, sondern eher die Organisationsform geändert zu haben. Unser Gehirn ist möglicherweise intelligenter verschaltet als das von Tieren.

Wir Menschen haben bestimmte hoch spezialisierte Hirnregionen, die bei Tieren nicht oder nur ansatzweise vorkommen. Ist unser Gehirn selbst ein Teamplayer?

Die vielen Milliarden Nervenzellen in unserem Gehirn stehen ständig miteinander im Austausch. Dieses Feuerwerk ist nicht chaotisch, sondern hoch organisiert. Interessanterweise gibt es keine zentrale Steuerinstanz, keinen obersten Chef, der allen anderen sagt, was sie wann tun sollen. Stattdessen bildet sich die Ordnung wie von alleine, das ist tatsächlich so wie bei einem Team, in dem jeder intuitiv weiß, was er wann zu tun hat. Und wie kooperiert unser Gehirn mit unserem Körper?

Das Gehirn steht mit dem Körper in ständiger Wechselwir-kung. Unser vegetatives Nervensystem steuert die meisten Funktionen des Körpers. Wenn wir angespannt sind, dann sendet das Gehirn Signale zum Körper: Der Blutdruck steigt und das Herz schlägt schneller. Gleichzeitig erhält das Gehirn

ständig Feedback über den Zustand des Körpers. Wenn das Verdauungssystem über Botenstoffe Hunger meldet, fängt das Gehirn an zu essen. Hormone spielen bei diesem Austausch eine wichtige Rolle. An Gefühlen ist der Körper genauso beteiligt. Die körperlichen Begleiterscheinungen von Gefühlen sind ja schon lange bekannt. Trotzdem findet unser Denken im Gehirn statt. Was können Manager besser machen, wenn sie wissen, wie unser Gehirn funktioniert?

Es ist interessant, dass die meisten Manager mehr über ihr Smartphone wissen als über ihr Gehirn. Dieses Organ, das für unsere geistige Leistungsfähigkeit unabdingbar ist, ist für die meisten völlig unbekannt. Man nimmt es für selbst-verständlich. Das Verständnis von Psychologie und Hirnfor-schung kann Managern helfen, ihr geistiges Potenzial besser zu nutzen. Ein wichtiger Ausgangspunkt ist, zu erkennen, wie viele blinde Flecken wir haben, wo unsere Wahrneh-

Das Interview führte Frank Schabel

„Es ist interessant, dass die meisten Manager mehr über ihr Smartphone wissen als über ihr Gehirn.“

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mungen, Einschätzungen und Erinnerungen in die Irre laufen. Unsere Erinnerung täuscht uns oft, selbst wenn wir uns ganz sicher sind, uns richtig zu erinnern. Oder nehmen Sie ein anderes Beispiel: Manager sind häufig überlastet, weil sie viele Projekte gleichzeitig jonglieren müssen. Für solches Multitasking ist unser Gehirn nicht geschaffen. Unsere Leis-tung bricht drastisch ein, wenn wir zwischen zahlreichen Aufgaben hin und her springen. Wir müssen also unsere Arbeitsabläufe quasi „gehirngerecht“ gestalten. Welche Rolle spielen dabei äußere Störungen?

Unser Gehirn nimmt die ganze Zeit Ereignisse aus unserer Umwelt auf und verarbeitet sie. Wenn jemand in einem lau-ten Großraumbüro sitzt und sich auf ein kompliziertes Pro-jekt fokussieren muss, dann nimmt sein Gehirn die ganze Zeit die Umgebungsgeräusche auf und verarbeitet sie. Das ist eine Grundfunktion des Gehirns, die man gar nicht aus-schalten kann: Das Gehirn kann die Umwelt nicht komplett ausblenden. Selbst wenn wir hoch konzentriert sind, horchen wir auf, wenn irgendwo unser Name fällt oder ein Thema an-gesprochen wird, das für uns gerade besonders wichtig ist. Und wie sieht es mit Entscheidungen aus?

Manager sind oft mit sehr komplexen Entscheidungssitu-ationen konfrontiert, wo viele Faktoren eine Rolle spielen und erhebliche Unsicherheiten bestehen. Ab einer gewissen Komplexität sind wir nicht mehr dazu in der Lage, alle Fakto-ren bewusst zu durchdenken. Da ist man oft auf die Fähig-keit des Gehirns zur Mustererkennung angewiesen. Dabei spielen unbewusste Hirnprozesse eine wichtige Rolle. Ist dann die Mär von bewusst-rationalen Entscheidungen noch haltbar?

Wir haben manchmal ein Gespür dafür, welche Entschei-dung richtig ist, auch wenn wir gar nicht immer genau begründen können warum. Noch schlimmer: Oft suchen wir erst nach einer Begründung, nachdem wir uns entschieden haben. Das ist eher eine Rechtfertigung als eine rationale Begründung. Ich will damit nicht sagen, dass bewusste und rationale Aspekte bei Entscheidungen keine Rolle spielen. Aber wir überschätzen ihre Bedeutung, und zwar gerade bei komplexen Alltagsentscheidungen.

Was bedeutet die Funktionsweise unseres Gehirns für Teamarbeit?

Zum einen wird sich ein Teamkonflikt auf ganz simple Weise auf meine Leistungsfähigkeit auswirken. Wenn ich mich den ganzen Tag über meinen Kollegen ärgere, dann habe ich den Kopf nicht mehr für meine Arbeit frei. Aber auch wichtige Teamfähigkeiten zur Perspektiv-übernahme und Empathie basieren auf ganz spezifischen Hirnregionen, die einem dabei helfen, sich in andere hineinzuversetzen. Wie bringen wir dann die Stärken einzelner Köpfe besser zum Tragen?

Man sollte die jeweiligen kognitiven Stärken und Schwä-chen der Mitarbeiter immer berücksichtigen und die Zusammenarbeit daran ausrichten. Ein kreativer Mitarbeiter, der gut Probleme lösen kann, ist oft nicht so sehr an den Details der Umsetzung interessiert. Ein perfektionistischer Mitarbeiter hingegen kann eine Aufgabe sehr präzise und zuverlässig umsetzen, aber er könnte Schwierigkeiten haben, wenn es um spontane Planänderungen oder ein komplettes Umdenken geht. Jede Stärke geht also auch mit einer Schwäche einher. Dies müssen wir am Arbeits-platz berücksichtigen. Und was bedeutet dies für altersgemischte Teams?

Das menschliche Gehirn ist bis ins Alter hinein noch plastisch, auch wenn die Möglichkeit zur Aufnahme neuer Informationen abnimmt. Was besonders im Alter leidet, ist die Fähigkeit, umzudenken und flexibel neue Routinen zu erlernen. In Firmen gibt es ein wichtiges Wechselspiel zwischen Erfahrungswissen, das bei älteren Mitarbeitern stärker ausgeprägt ist, und flexibler Problemlösefähigkeit, die bei Jüngeren besser funktioniert. Wenn wir eine neue Arbeitssituation meistern wollen, kann beides nützlich sein. Deshalb ist eine Balance zwischen älteren und jüngeren Mitarbeitern sehr wichtig. Lässt sich die Leistungsfähigkeit des Gehirns verbessern?

Man kann bestimmte geistige Fähigkeiten tatsächlich zu einem gewissen Grad trainieren. Allerdings gilt hier eher das Prinzip „Learning by Doing“. Abstrakte Denksport-aufgaben, wie etwa Sudoku, sind weniger hilfreich. Sehr gut hingegen sind komplexe Computerspiele und Simulationen, wie etwa Sim City oder Civilization. Es kommt auf eine komplexe Handlungseinbettung an, bei der immer wieder verschiedene Hirnfunktionen gefordert sind.

Was würden Sie unbedingt verstehen wollen an unserem Gehirn?

Unser menschliches Bewusstsein ist eines der größten Rätsel, das die Forschung noch nicht geknackt hat. Wir verstehen bis heute noch nicht genau, wie aus einer unterbewussten Ahnung ein klarer, bewusster Gedanke wird. Dann würden wir sicherlich auch das Zusammenspiel von bewussten und unbewussten Hirnprozessen besser ergründen. Dann würden wir hoffentlich besser verstehen, was passiert, wenn wir ein Aha-Erlebnis haben oder uns ein Name auf der Zungenspitze liegt und erst einfällt, wenn wir nicht mehr bewusst darüber nachdenken.

„Perspektivübernahme und Empathie basieren auf ganz spezifischen Hirn-regionen, die einem dabei helfen, sich in andere hineinzuversetzen.“

Page 30: HaysWorld: Teams (Gesamtausgabe 01/2014)

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Ihre HaysWorld-Redaktion

GEWINNSPIEL Hays verlost Wii U Premium Pack

30 | HaysWorld 01/2014

Was verlangt Teamarbeit gemäß Professor Dietrich von der Oelsnitz den Vorgesetzten ab? (Vierter und sechster Buchstabe)

Laut Professor Gudela Grote von der ETH Zürich braucht jedes virtuelle Team einen gemeinsamen … (Fünfter und sechster Buchstabe)

Wie heißt der Kommissar des Autorenteams Volker Klüpfel und Michael Kobr? (Zweiter und zweitletzter Buchstabe des Nachnamens)

In der richtigen Reihenfolge ergeben die sechs Buchstaben das Lösungswort. Kleiner Tipp: Gesucht ist, wodurch sich laut Professor Matthias Sutter Team-geist am schnellsten formt.

Gewinnen Sie ein Wii U Premium Pack inklusive Nintendo-Land-Spielesammlung (32 GB) – und erleben Sie eine völlig neue Dimension des Miteinanderspielens. Alles, was Sie dafür tun müssen: unser Magazin aufmerksam lesen, die drei Fragen beantworten und das Lösungswort mit sechs Buchstaben bis 15. Mai 2014 online unter www.haysworld.de eingeben. Der Gewinner wird schriftlich benachrichtigt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Viel Glück!

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Page 31: HaysWorld: Teams (Gesamtausgabe 01/2014)

Hays unterstützt die Kinderkrebshilfe Schweiz

Sich wieder einmal als Familie fühlen, Erholung und Ab-stand zu den kräftezehrenden Krankenhausaufenthalten finden – Familien mit einem an Krebs erkrankten Kind haben das bitter nötig. Deshalb veranstaltet die Kinder-krebshilfe Schweiz jedes Jahr Familienferien in Meiringen im Berner Oberland. Die Initiative ermöglicht es Eltern krebskranker Kinder, gemeinsam mit diesen eine Woche Urlaub mit viel Aktivität und Spaß zu erleben. Hays hat die Aktion, wie auch im Jahr zuvor, mit einer Spende von 20.000 Schweizer Franken unterstützt. „Wir sehen uns in der Tradition des Corporate Citizenships angelsächsischer Unternehmen“, begründete Mark Lutz, Managing Director der Hays Schweiz AG, das Engagement. Die Unterstützung der Kinderkrebshilfe hat bei Hays im deutschsprachigen Raum Tradition und ist unmittelbar mit dem Geschäfts-erfolg verknüpft: Für jede erfolgreiche Rekrutierung eines Spezialisten spenden wir zehn Euro und finanzieren damit unter anderem eine Arztstelle in der Kinderonkologie der Universitätsklinik Heidelberg sowie eine halbe Arztstelle in der Berliner Charité.

Unternehmen treten beim Halten und Gewinnen von Talenten auf der Stelle

Nur Taten zählen – zwar bekunden mehr als 70 Prozent der deutschen Unternehmen den hohen Stellenwert von Mitarbeiterbindung, haben dafür aber noch keine entsprechenden Maßnahmen im Einsatz. Auf der anderen Seite fällt es ihnen schwer, gute Mitarbeiter zu gewinnen. Auf beiden Feldern müssen Firmen daher dringend aktiv werden, um künftig die richtigen Mitarbeiter an Bord zu haben. Das zeigt der aktuelle HR-Report 2013/2014, den Hays gemeinsam mit dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) erstellt hat. Für 96 Prozent der Befrag-ten steht fest: Eine wertschätzende Unternehmenskultur und ein gutes Betriebsklima sind die wichtigsten Maßnah-men, Mitarbeiter langfristig in der Firma zu halten. Aller-dings hapert es bei der Umsetzung. Nur 69 Prozent haben bereits wirksame Maßnahmen im Einsatz. Dass Anspruch und Wirklichkeit noch weit auseinanderliegen, zeigt auch das Thema Ver einbarkeit von Beruf und Lebenssituation. 78 Prozent sind sich der hohen Bedeutung des Themas bewusst, aber nur 56 Prozent packen es auch ernsthaft an. Die kompletten Ergebnisse des HR-Reports finden sich unter: www.hays.de/studien

NEWS UND TERMINE

HaysWorld 01/2014 | 31

Nachfrage nach Fachkräften im letzten Quartal 2013 weiter gesunken

Trotz der stabilen gesamtwirtschaftlichen Lage ist der Stellenmarkt für Fachkräfte im 4. Quartal 2013 im Vergleich zum 3. Quartal um acht Prozent gesunken. Nur Ingenieure wurden im letzten Quartal stärker nachgefragt. Mit Abstand am meisten wurden weiterhin IT-Fachkräfte gesucht, gefolgt von Vertriebs- und Marketingspezialisten. Dies zeigt der Hays-Fachkräfte-Index auf. Er basiert auf einer Auswertung aller relevanten Stellenanzeigen regionaler und überregionaler Tageszeitungen sowie aus Online-Jobportalen. Im IT-Bereich ist vor allem die Zahl der Stellenangebote für Webentwickler gesunken. Im Finanzbereich sind Bilanz- und Finanzbuchhalter von der geringeren Nachfrage betroffen. Bei Ingenieuren dagegen ist die Nachfrage nach hardwarenahen Software-entwicklern deutlich gestiegen. Auch Qualitätsmanager wurden im letzten Quartal häufiger gesucht.

LERNEN SIE HAYS BEI FOLGENDEN VERANSTALTUNGEN PERSÖNLICH KENNEN 7. – 11. April 2014 Hannover Messe Job & Career Market Messegelände, Halle 3, Stand B12; Hannover

9. Mai 2014 VDI nachrichten Recruiting Tag Karrieremesse für Ingenieure Maritim Hotel; Düsseldorf

15./16. Mai 2014 ReWeCo Fachmesse für Rechnungswesen und Controlling RAMADA Hotel, Stand 22; Bad Soden am Taunus

26./27. Juni 2014 Personalmanagementkongress 2014 Deutschlands größter Fachkongress für Personalverantwortliche Estrel Hotel; Berlin

2. September 2014 VDI nachrichten Recruiting Tag Karrieremesse für Ingenieure Estrel Hotel; Berlin

12. September 2014 VDI nachrichten Recruiting Tag Karrieremesse für Ingenieure Westfalenhallen; Dortmund

26. September 2014 VDI nachrichten Recruiting Tag Karrieremesse für Ingenieure Darmstadtium; Darmstadt

Page 32: HaysWorld: Teams (Gesamtausgabe 01/2014)

© Copyright Hays plc, 2014. HAYS, die H-Symbole für das Unternehmen und die jeweilige Branche, Recruiting Experts Worldwide, das Logo Hays Recruiting Experts Worldwide und Powering the World of Work sind eingetragene Markenzeichen der Hays plc. Die H-Symbole für das Unternehmen und die jeweilige Branche sind Originaldesigns, die in vielen Ländern geschützt sind. Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk darf ohne die schriftliche Genehmigung des Eigentümers weder ganz noch in Teilen wiedergegeben oder übertragen werden, weder durch Fotokopie noch durch Speicherung auf elektronischen oder anderen Medien. Unzulässige Handlungen hinsichtlich des Werkes können zu zivil- und/oder strafrechtlicher Verfolgung führen.

Hays Willy-Brandt-Platz 1–3 68161 Mannheim T: +49 621 1788 0 F: +49 621 1788 1299 [email protected] www.hays.de

Unsere Niederlassungen finden Sie unter www.hays.de/standorte

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