ZBVR Zeitschrif t für B E T R I E B S V E R F A S S U N G S R E C H T
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ISSN 1862-6610
3/2017
Rechtsprechung zum Betriebsverfassungsrecht02 Zuständige Interessenvertretung bei nicht nur vorüber gehender Überlassung
von LeiharbeitnehmernBAG, Beschluss v. 24.8.2016 – 7 ABR 2/15 –
04 Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch/ Hinweispflicht des Arbeitgebers nach erfolgter BetriebsratsanhörungBAG, Urteil v. 22.9.2016 – 2 AZR 700/15 –
07 Ausgleich für Stundenguthaben auf dem Arbeitszeitkonto eines freigestellten BetriebsratsmitgliedsBAG, Urteil v. 28.9.2016 – 7 AZR 248/14 –
10 Betriebsratsschulung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement/ Erforderlichkeit nur eines Teils der SchulungsveranstaltungBAG, Urteil v. 28.9.2016 – 7 AZR 699/14 –
14 Mitbestimmung bei Versetzung/Unzutreffende Unter richtung des BetriebsratsBAG, Beschluss v. 8.11.2016 – 1 ABR 56/14 –
Rechtsprechung zum Tarifrecht16 Begriff des wissenschaftlichen Personals/Lehrkraft für besondere Aufgaben
BAG, Urteil v. 20.4.2016 – 7 AZR 614/14 –
19 Ermittlung der regelmäßigen Arbeitszeit bei fehlender Angabe im ArbeitsvertragBAG, Urteil v. 2.11.2016 – 10 AZR 419/15 –
21 Altersdiskriminierung bei tariflicher UrlaubsstaffelungBAG, Urteil v. 15.11.2016 – 9 AZR 534/15 –
Rechtsprechung in Leitsätzen
Aufsätze und Berichte25 Gestaltungsbefugnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG
Aktuelles
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Zuständige Interessenvertretung bei nicht nur vorübergehender Überlassung von Leiharbeitnehmern 1. Der Betriebsrat des Entleiherbetriebs ist nicht zur Wahrnehmung sämtlicher betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten der dort eingesetzten Leiharbeitnehmer zuständig. Dies gilt auch dann, wenn die Leiharbeitnehmer nicht nur vorübergehend im Betrieb des Entleihers eingesetzt sind. 2. Die Zuständigkeit des Betriebsrats im Verleiherbetrieb oder des Betriebsrats im Entleiherbetrieb für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in Bezug auf Leiharbeitnehmer bestimmt sich nach dem Gegenstand des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts und der darauf bezogenen Entscheidungsmacht des Verleihers oder des Entleihers.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Beschluss v. 24.8.2016 – 7 ABR 2/15 –
Zum Sachverhalt
Die Beteiligten streiten darüber, ob Leiharbeitnehmer bei einer nicht nur vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung betriebsverfassungsrechtlich vollständig als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs anzusehen sind.
Antragsteller ist der für den Betrieb der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin betreibt ein Krankenhaus für Psychiatrie und Psychotherapie. Dort setzt sie auch Leiharbeitnehmer ein, die bei der Sgesellschaft mbH (S) angestellt sind. Die S verfügt über eine unbefristete Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und gehört – ebenso wie die Arbeitgeberin – zur sog. A Gruppe.
Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die von ihm namentlich benannten, von der S überlassenen Arbeitnehmer würden nicht nur vorübergehend im Betrieb der Arbeitgeberin eingesetzt, sondern seien länger als zwei Jahre, zum Teil unbefristet, dort tätig. Eine dauerhafte Arbeitnehmerüberlassung sei unzulässig und führe entsprechend § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zur Begründung von Arbeitsverhältnissen mit der Arbeitgeberin. (…)
Die Arbeitgeberin hat beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Anträge des Betriebsrats seien unzulässig. Ein Statusverfahren mit dem Ziel festzustellen, dass die bei ihr tätigen Leiharbeitnehmer als Arbeitnehmer iSd. § 5 BetrVG anzusehen seien, werde durch das Betriebsverfassungsgesetz nicht vorgesehen. Ein solches Feststellungsbegehren betreffe auch kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis. Zudem fehle dafür das erforderliche Feststellungsinteresse. Jedenfalls seien die Anträge unbegründet, weil Leiharbeitnehmer in betriebsverfassungsrechtlicher Hinsicht nicht einheitlich dem Entleiher zuzuordnen seien.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat seine Anträge weiter. Die Arbeitgeberin beantragt die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zu Recht abgewiesen.
I. Die Anträge sind nach der gebotenen Auslegung zulässig. Sie sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO und erfüllen die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO.
1. Das Landesarbeitsgericht hat die Anträge zutreffend dahin verstanden, dass es dem Betriebsrat nicht lediglich um eine Klärung des Rechtsstatus der überlassenen Arbeitnehmer geht. Sein Begehren zielt vielmehr auf die Feststellung ab, dass die Betriebsparteien nicht nur für einzelne, sondern für sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten und für alle denkbaren betriebsverfassungsrechtlichen Sachverhalte in Bezug auf die in den Anträgen bezeichneten Arbeitnehmer zuständig sind.
2. Die so verstandenen Anträge sind zulässig.
a) Die Anträge sind hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. (…)
b) Für die Anträge besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse.
aa) Nach § 256 Abs. 1 ZPO ist für die Zulässigkeit eines Feststellungsbegehrens ein rechtliches Interesse daran erforderlich, dass das Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses durch eine gerichtliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(1) Ein Antrag nach § 256 Abs. 1 ZPO muss sich nicht notwendig auf das Rechtsverhältnis als Ganzes erstrecken. Er kann sich auch auf daraus folgende einzelne Beziehungen, Ansprüche oder Verpflichtungen oder auf den Umfang einer Leistungspflicht beschränken. Bloße Elemente oder Vorfragen eines Rechtsverhältnisses können jedoch ebenso wie abstrakte Rechtsfragen nicht Gegenstand eines Feststellungsantrags sein. Das liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus, was den Gerichten verwehrt ist.
(2) Ein Feststellungsinteresse ist nur gegeben, wenn durch die Entscheidung über den Feststellungsantrag
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der Streit der Beteiligten insgesamt beseitigt werden kann. Es fehlt, wenn durch die Entscheidung kein Rechtsfrieden geschaffen wird. Die Rechtskraft muss weitere gerichtliche Auseinandersetzungen über die zwischen den Beteiligten strittigen Fragen um denselben Fragenkomplex ausschließen. Für die Frage, ob bestimmte Beschäftigtengruppen als Arbeitnehmer iSv. § 5 Abs. 1 BetrVG anzusehen sind, besteht deshalb nur dann ein Feststellungsinteresse, wenn die begehrte Feststellung eine einheitliche Anwendung der in Betracht kommenden betriebsverfassungsrechtlichen Bestimmungen zulässt.
bb) Diese Voraussetzungen erfüllen die Anträge. Sie zielen auf die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, das einheitlich mit Rechtskraftwirkung für die Anwendung des gesamten Betriebsverfassungsrechts beantwortet werden soll, ohne dass eine unterschiedliche Betrachtung nach dem Zweck der in Betracht kommenden Norm anzustellen ist. Würde den Anträgen entsprochen, wäre damit die zwischen den Beteiligten strittige Frage der betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen abschließend geklärt. Das Interesse des Betriebsrats an einer alsbaldigen richterlichen Entscheidung ergibt sich daraus, dass die Arbeitgeberin in Abrede stellt, dass es sich bei den in den Anträgen bezeichneten Personen ausschließlich um Arbeitnehmer ihres Betriebs handelt und der Betriebsrat in Bezug auf sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten hinsichtlich dieses Personenkreises zuständig ist.
II. Die Anträge sind als Globalanträge unbegründet. Der Betriebsrat ist nicht zur Wahrnehmung sämtlicher betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten hinsichtlich der in den Anträgen bezeichneten Leiharbeitnehmer zuständig. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats sind dauerhaft überlassene Arbeitnehmer nicht insgesamt als Arbeitnehmer des Entleiherbetriebs anzusehen.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts geht das Betriebsverfassungsgesetz in § 5 Abs. 1 Satz 1 vom allgemeinen Arbeitnehmerbegriff aus, den es in § 5 Abs. 1 Satz 2 und Satz 3, Abs. 2 und Abs. 3 erweitert sowie einschränkt. Danach ist Arbeitnehmer, wer aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist. Das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen einem Arbeitnehmer und dem Inhaber eines Betriebs genügt allein allerdings nicht in jedem Fall, um die Beurteilung zu rechtfertigen, der Arbeitnehmer sei auch im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn Arbeitnehmer „des Betriebs“. Erforderlich ist hierzu vielmehr die betriebsverfassungsrechtliche Zuordnung des Arbeitnehmers zu einem bestimmten Betrieb. Diese setzt regelmäßig voraus, dass der Arbeitnehmer in die Betriebsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert ist. Im Falle der Arbeitnehmerüberlassung ist die Arbeitge
berstellung aufgespalten. Der zum „Verleiher“ in arbeitsvertraglicher Beziehung stehende Arbeitnehmer ist in den Betrieb des „Entleihers“ eingegliedert. Die Anwendung der sog. „ZweiKomponentenLehre“, nach der zu den konstitutiven Merkmalen der Betriebszugehörigkeit einerseits ein Arbeitsverhältnis zum Betriebsinhaber, andererseits die tatsächliche Eingliederung in dessen Betriebsorganisation gehört, führt in Fällen des drittbezogenen Personaleinsatzes nicht zu sachgerechten Ergebnissen. Ihre uneingeschränkte Anwendung hätte vielmehr zur Folge, dass der Arbeitnehmer einerseits dem Betrieb seines Vertragsarbeitgebers mangels Eingliederung nicht zugeordnet werden könnte, während es andererseits zum Betriebsarbeitgeber an einem arbeitsvertraglichen Band fehlt. In derartigen Fällen der aufgespaltenen Arbeitgeberstellung bedarf es daher einer differenzierten Beurteilung der betriebsverfassungsrechtlichen Zuordnung von Arbeitnehmern. Diese hat zum einen zu beachten, dass der Gesetzgeber die betriebsverfassungsrechtliche Behandlung des drittbezogenen Personaleinsatzes bereits zu einem nicht unbeträchtlichen Umfang teils im Betriebsverfassungsgesetz, teils in anderen Gesetzen geregelt hat. Zum anderen gilt es zu berücksichtigen, dass im Betriebsverfassungsgesetz in ganz unterschiedlichem Zusammenhang auf den „Arbeitnehmer“ abgestellt wird. Daher sind beim drittbezogenen Personaleinsatz und einer aufgespaltenen Arbeitgeberstellung differenzierende Lösungen geboten, die zum einen die ausdrücklich normierten (spezial)gesetzlichen Konzepte, zum anderen aber auch die Funktion des Arbeitnehmerbegriffs im jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Zusammenhang angemessen berücksichtigen. Dabei ist eine normzweckorientierte Auslegung der jeweiligen auf den oder die Arbeitnehmer abstellenden Vorschrift geboten.
Leiharbeitnehmer sind nach § 14 Abs. 1 AÜG betriebsverfassungsrechtlich grundsätzlich Teil der Belegschaft des Verleiherbetriebs und bleiben auch während der Dauer ihrer Überlassung in die dortige Betriebsorganisation eingegliedert. Gleichwohl folgt aus dieser Zuordnung nicht die Zuständigkeit des für einen Verleiherbetrieb gewählten Betriebsrats in allen die Leiharbeitnehmer betreffenden sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten. Denn für die Dauer einer Überlassung sind die Leiharbeitnehmer zusätzlich in die Organisation des Entleiherbetriebs eingegliedert und unterstehen dort dem Weisungsrecht des Entleihers. Die das Leiharbeitsverhältnis kennzeichnende Aufspaltung der Arbeitgeberfunktion zwischen dem Verleiher als dem Vertragsarbeitgeber und dem Entleiher als demjenigen, der die wesentlichen Arbeitgeberbefugnisse in Bezug auf die Arbeitsleistung innerhalb der von ihm vorgegebenen Betriebsorganisation ausübt, setzt aber nicht die Schutzfunktion der Betriebsverfassung außer Kraft. Demnach bestimmt sich die Zuständigkeit für die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten in Bezug auf Leiharbeitnehmer nach dem Gegenstand des geltend gemachten Mitbestimmungsrechts und der darauf
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bezogenen Entscheidungsmacht des jeweiligen Arbeitgebers.
2. Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, dass für die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen der in den Anträgen bezeichneten Leiharbeitnehmer nicht ausschließlich der für den Betrieb der Arbeitgeberin gebildete Betriebsrat zuständig ist. Die Leiharbeitnehmer sind zwar in den Betrieb der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin eingegliedert, sie stehen jedoch nicht in einem Arbeitsverhältnis zu dieser, sondern zur S. Die Arbeitsverträge mit der S als Verleiherin sind auch bei einem dauerhaften Einsatz der im Antrag bezeichneten Leiharbeitnehmer in dem Betrieb der Arbeitgeberin nicht unwirksam mit der Folge, dass Arbeitsverhältnisse mit der Arbeitgeberin begründet würden. Deshalb sind die Leiharbeitnehmer betriebsverfassungsrechtlich nur nach Maßgabe der jeweils anzuwendenden betriebsverfassungsrechtlichen Norm dem Betrieb der Arbeitgeberin zugeordnet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass zwischen den in den Anträgen bezeichneten Arbeitnehmern und der Arbeitgeberin kein Arbeitsverhältnis nach § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG zustande gekommen und somit ein drittbezogener Personaleinsatz gegeben ist.
aa) § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG fingiert das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher ausschließlich bei Fehlen einer Erlaubnis des Verleihers zur Arbeitnehmerüberlassung. Nach dieser Vorschrift gilt ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen, wenn der Vertrag zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer nach § 9 Nr. 1 AÜG unwirksam ist, wobei im Falle der Unwirksamkeit
nach Aufnahme der Tätigkeit das Arbeitsverhältnis mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Unwirksamkeit fingiert wird. Gemäß § 9 Nr. 1 AÜG sind Verträge zwischen Verleihern und Entleihern sowie zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern unwirksam, wenn der Verleiher nicht die nach § 1 AÜG erforderliche Erlaubnis hat.
bb) Die S verfügte nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts während der gesamten Dauer der Tätigkeit der in den Anträgen bezeichneten Arbeitnehmer bei der Arbeitgeberin über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung nach § 1 Abs. 1 AÜG. Die Fiktion des § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG konnte daher nicht eintreten. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Leiharbeitnehmer der Arbeitgeberin entgegen § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht nur vorübergehend überlassen wurden. Verfügt der Verleiher über die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, führt ein Verstoß gegen das Verbot der nicht nur vorübergehenden Überlassung nicht zur Entstehung eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher.
b) Die vom Betriebsrat für sich in Anspruch genommene Zuständigkeit für sämtliche betriebsverfassungsrechtlichen Rechte und Pflichten in Bezug auf die genannten Leiharbeitnehmer besteht daher nicht. Nach § 14 Abs. 1 AÜG bleibt es bei der Zuordnung der Leiharbeitnehmer zum Betrieb der S als Vertragsarbeitgeberin auch während der Zeit der Arbeitsleistung im Entleiherbetrieb. Für die betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsbeziehungen ist daher grundsätzlich ein dort gebildeter Betriebsrat zuständig. Von dem konkreten Normzweck der jeweiligen betriebsverfassungsrechtlichen Vorschrift hängt es ab, inwieweit davon abweichend Beteiligungs und Mitbestimmungsrechte des antragstellenden, für den Betrieb der Arbeitgeberin als Entleiherin gebildeten Betriebsrats bestehen.
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Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes als schwerbehinderter Mensch/Hinweispflicht des Arbeitgebers nach erfolgter Betriebsratsanhörung 1. Das Recht des Arbeitnehmers, sich erstmalig nach Zugang der Kündigung auf eine Schwerbehinderung und damit auf den Sonderkündigungsschutz gem. §§ 85 ff. SGB IX zu berufen, unterliegt der Verwirkung (§ 242 BGB). Als Maßstab für die Rechtzeitigkeit der Mitteilung ist von der DreiWochenFrist des § 4 Satz 1 KSchG auszugehen. Hinzuzurechnen ist die Zeitspanne, innerhalb derer der Arbeitnehmer den Zugang der Information beim Arbeitgeber zu bewirken hat. Ein Berufen auf den Sonderkündigungsschutz innerhalb die
ses Zeitraums ist regelmäßig nicht als illoyal verspätet anzusehen. Hierbei darf es dem Arbeitnehmer auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er – etwa zu Beweiszwecken – eine schriftliche Mitteilung wählt. 2. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat auf eine vor Zugang der Kündigung veränderte Sachlage hinweisen, wenn die Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG anderenfalls irreführend wäre. Dies gilt bei einer wesentlichen Änderung des bislang als für den Kündigungsentschluss maßgeblich dargestellten Sachver
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halts selbst dann, wenn das Anhörungsverfahren bereits abgeschlossen war. 3. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommt nur in Betracht, wenn eine ordentliche Kündigung allein aufgrund ihrer Sozialwidrigkeit und nicht aus anderen Gründen i.S.v. § 13 Abs. 3 KSchG rechtsunwirksam ist.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 22.9.2016 – 2 AZR 700/15 –
Aus den Gründen
Die Revision hat keinen Erfolg. Die Kündigungen haben das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst. Der Auflösungsantrag der Beklagten ist unbegründet.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, die außerordentliche und die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 13. August 2013 seien gem. § 85 SGB IX iVm. § 134 BGB nichtig.
1. Die Kündigungen bedurften gem. §§ 85, 91 Abs. 1 SGB IX der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Diese lag bei deren Zugang nicht vor. Die Kündigungen verstießen damit gegen ein gesetzliches Verbot iSd. § 134 BGB. Der Kläger war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung als schwerbehinderter Mensch mit einem Grad der Behinderung von 70 anerkannt (§ 2 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX). Der Sonderkündigungsschutz ist nicht gem. § 90 Abs. 2a SGB IX ausgeschlossen. Der Kläger hatte mehr als drei Wochen vor Zugang der Kündigung den Antrag auf Anerkennung als schwerbehinderter Mensch gestellt (§ 90 Abs. 2a iVm. § 69 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX).
2. Der Kläger hat das Recht, sich auf den Sonderkündigungsschutz als schwerbehinderter Mensch zu berufen, nicht nach § 242 BGB verwirkt.
a) Hat der schwerbehinderte Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits einen Bescheid über seine Schwerbehinderteneigenschaft erhalten oder wenigstens – wie hier – rechtzeitig einen entsprechenden Antrag beim Versorgungsamt gestellt, steht ihm der Sonderkündigungsschutz nach §§ 85 ff. SGB IX auch dann zu, wenn der Arbeitgeber von der Schwerbehinderteneigenschaft oder der Antragstellung keine Kenntnis hatte. Allerdings unterliegt das Recht des Arbeitnehmers, sich nachträglich auf eine Schwerbehinderung zu berufen und die Zustimmungsbedürftigkeit der Kündigung geltend zu machen, der Verwirkung (§ 242 BGB). Diese ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung. Mit der Verwirkung wird ausgeschlossen, Rechte illoyal verspätet geltend zu machen. Sie dient dem Vertrauensschutz und verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner stets dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn der Gläubiger sich längere Zeit
nicht auf seine Rechte berufen hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckt haben, dass er sein Recht nicht mehr wahrnehmen wolle, so dass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist. Dies ist mit Blick auf den Sonderkündigungsschutz eines Arbeitnehmers nach §§ 85 ff. SGB IX der Fall, wenn der Arbeitgeber von der Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch keine Kenntnis hatte und der Arbeitnehmer sich nicht innerhalb einer angemessenen Frist nach Zugang der Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber auf seine bereits festgestellte oder zur Feststellung beantragte Schwerbehinderteneigenschaft beruft.
b) Für die Beurteilung der Länge der angemessenen Frist ist § 9 Abs. 1 Satz 1 MuSchG nicht analog anzuwenden. Der Gesetzgeber hat von der Möglichkeit einer entsprechenden Regelung für die Mitteilung der Schwerbehinderteneigenschaft oder einer darauf bezogenen Antragstellung keinen Gebrauch gemacht. Er hat auf den ihm bekannten Konflikt zwischen dem Interesse des Arbeitgebers an der möglichst schnellen Kenntnis der rechtlichen Voraussetzungen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses und dem des Arbeitnehmers, die tatsächlichen Voraussetzungen für das Vorliegen des besonderen Kündigungsschutzes für schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen nicht zu offenbaren, allein mit der Einfügung von § 90 Abs. 2a SGB IX durch Art. 1 Nr. 21a Buchst. b des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen vom 23. April 2004 reagiert. Allerdings konnte der Gesetzgeber bei der mit Wirkung zum 1. Mai 2004 erfolgten Änderung der Voraussetzungen für den Kündigungsausspruch gegenüber schwerbehinderten bzw. diesen gleichgestellten Menschen von der ständigen Senatsrechtsprechung ausgehen, wonach sich der Arbeitnehmer innerhalb einer Regelfrist von einem Monat gegenüber dem Arbeitgeber auf das Feststellungsverfahren oder die Antragstellung berufen muss, weil das Gebot der Rechtssicherheit im Kündigungsrecht eine zeitliche Begrenzung auch bei der Geltendmachung des Kündigungsschutzes durch den Arbeitnehmer erfordert. Hat der Arbeitnehmer die Mitteilung unterlassen, ist die Kündigung jedenfalls nicht bereits wegen der fehlenden Zustimmung des Integrationsamts unwirksam.
c) Als Maßstab für die Rechtzeitigkeit der Geltendmachung ist vielmehr seit der Änderung des Kündigungsschutzgesetzes durch Art. 1 des Gesetzes zu Reformen am Arbeitsmarkt vom 24. Dezember 2003 von der DreiWochenFrist des § 4 Satz 1 KSchG auszugehen. Binnen dieser Frist muss der Arbeitnehmer entscheiden, ob er gegen die Kündigung vorgehen will. Dieser Zeitraum steht ihm deshalb grundsätzlich auch für die Entschei
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dung zur Verfügung, ob er sich auf eine dem Arbeitgeber noch nicht bekannte Schwerbehinderteneigenschaft berufen möchte. Hinzuzurechnen ist die Zeitspanne, innerhalb derer er den Zugang der Mitteilung über den bestehenden Sonderkündigungsschutz beim Arbeitgeber zu bewirken hat. Ein Berufen auf den Sonderkündigungsschutz innerhalb dieses Zeitraums ist regelmäßig nicht als illoyal verspätet anzusehen. Hierbei darf es dem Arbeitnehmer auch nicht zum Nachteil gereichen, wenn er – etwa zu Beweiszwecken – eine schriftliche Information wählt. Mit diesen Grundsätzen ist einerseits keine starre Grenze von drei Wochen, innerhalb derer der Arbeitgeber informiert sein müsste, zu vereinbaren. Andererseits kann sich ein Arbeitnehmer, der seine Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch allein in der bei Gericht eingereichten Klageschrift mitteilt, nicht auf den Rechtsgedanken des § 167 ZPO berufen, wenn die Zustellung außerhalb der für eine unmittelbare Übermittlung an den Arbeitgeber zuzugestehenden Zeitspanne erfolgt.
d) Welche Zeitspanne noch als angemessen anzusehen ist, um den Zugang der Information über das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen für das Eingreifen des besonderen Kündigungsschutzes nach § 85 SGB IX beim Arbeitgeber zu bewirken, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Der Kläger hat den Sonderkündigungsschutz nicht verwirkt. (…)
II. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zutreffend die fristlose Kündigung vom 26. September 2013 und die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 28. Oktober 2013 gem. § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG für unwirksam gehalten.
1. Nach § 102 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat vor jeder Kündigung zu hören. Gemäß Satz 2 der Bestimmung hat ihm der Arbeitgeber die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine Kündigung ist dabei nach Satz 3 nicht erst unwirksam, wenn eine Unterrichtung ganz unterblieben ist, sondern schon dann, wenn der Arbeitgeber seiner Unterrichtungspflicht nicht ordnungsgemäß nachgekommen ist. Der notwendige Inhalt der Unterrichtung gem. § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung. Dieser besteht darin, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht, dh. ggf. zugunsten des Arbeitnehmers auf den Kündigungsentschluss des Arbeitgebers einzuwirken. Der Betriebsrat soll die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können. Die Anhörung soll dem Betriebsrat nicht die selbständige – objektive – Überprüfung der rechtlichen Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung, sondern ggf. eine Einflussnahme auf die Willensbildung des Arbeitgebers ermöglichen.
a) Der Inhalt der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG ist deshalb grundsätzlich subjektiv determiniert. Der Arbeitgeber muss dem Betriebsrat die Umstände
mitteilen, die seinen Kündigungsentschluss tatsächlich bestimmt haben. Dem kommt der Arbeitgeber dann nicht nach, wenn er dem Betriebsrat einen schon aus seiner eigenen Sicht unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt unterbreitet. Schildert er dem Betriebsrat bewusst einen solchen irreführenden Kündigungssachverhalt, der sich bei der Würdigung durch den Betriebsrat zum Nachteil des Arbeitnehmers auswirken kann, ist die Anhörung unzureichend und die Kündigung unwirksam.
b) Die subjektive Überzeugung des Arbeitgebers von der Relevanz oder Irrelevanz bestimmter Umstände ist für den Umfang der Unterrichtung nach § 102 Abs. 1 Satz 2 BetrVG dann nicht maßgeblich, wenn dadurch der Zweck der Betriebsratsanhörung verfehlt würde. Der Arbeitgeber darf ihm bekannte Umstände, die sich bei objektiver Betrachtung zugunsten des Arbeitnehmers auswirken können, dem Betriebsrat nicht deshalb vorenthalten, weil sie für seinen eigenen Kündigungsentschluss nicht von Bedeutung waren. In diesem Sinne ist die Betriebsratsanhörung – ausgehend vom subjektiven Kenntnisstand des Arbeitgebers – auch objektiv, dh. durch Sinn und Zweck der Anhörung determiniert.
2. Es kann dahinstehen, ob das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, die Beklagte habe das Ergebnis eines von ihr intern durchgeführten Betankungsversuchs dem Betriebsrat unabhängig von ihrer subjektiven Einschätzung schon deshalb mitteilen müssen, weil es objektiv geeignet gewesen sei, den Kläger zu entlasten. (…)
3. Dies bedarf jedoch keiner abschließenden Entscheidung. Das Landesarbeitsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Anhörung des Betriebsrats nach den der Beklagten anlässlich des Termins beim Integrationsamt am 19. September 2013 bekannt gewordenen Umständen nicht mehr ordnungsgemäß war.
a) Das Landesarbeitsgericht hat die mit Schreiben vom 16. September 2013 eingeleitete Anhörung dahin verstanden, die Beklagte werte den Umstand, dass der Kläger keine Stellungnahme abgegeben habe, (zusätzlich) zu seinen Lasten. An ihrer Kündigungsabsicht wolle sie insofern auch deshalb festhalten, weil sie Zweifel daran habe, dass der Kläger tatsächlich erkrankt sei. Diese Würdigung lässt weder einen revisiblen Rechtsfehler erkennen noch hat die Revision eine hiergegen gerichtete Verfahrensrüge nach § 286 Abs. 1 ZPO erhoben. (…)b) Nachdem die Beklagte anlässlich des Termins vor dem Integrationsamt und damit noch vor Zugang der Kündigung Kenntnis davon erlangt hatte, dass der Kläger tatsächlich schwer erkrankt war, und sie nunmehr außerdem seine ausführliche schriftliche Stellungnahme zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen erhalten hatte, hätte sie den Betriebsrat auf diese veränderte Sachlage hinweisen und ihre Mitteilung gegenüber dem Gremi
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um ergänzen müssen. Für ihre bisherige negative Bewertung der unterbliebenen Reaktion des Klägers war, nachdem keine Zweifel mehr an der Erkrankung bestanden und auch eine Stellungnahme des Klägers mittlerweile vorlag, die tatsächliche Grundlage entfallen. Die zuvor erfolgte Unterrichtung war nunmehr irreführend. Zwar hielt die Beklagte im Ergebnis an ihrem Kündigungsentschluss fest. Sie musste aber aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Änderung des dem Betriebsrat mitgeteilten Sachverhalts diesem erneut die Möglichkeit zur Stellungnahme eröffnen. Dies gilt selbst dann, wenn das mit Schreiben vom 16. September 2013 eingeleitete Anhörungsverfahren durch eine der Beklagten zugegangene abschließende Stellungnahme des Betriebsrats bereits abgeschlossen gewesen sein sollte. Es lag eine wesentliche Änderung des von der Beklagten
selbst bisher als für ihren Kündigungsentschluss maßgeblich dargestellten Sachverhalts vor.
III. Den Auflösungsantrag der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zu Recht abgewiesen. Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung auf Antrag des Arbeitgebers nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG kommt nur in Betracht, wenn eine ordentliche Kündigung allein aufgrund ihrer Sozialwidrigkeit und nicht aus anderen Gründen iSv. § 13 Abs. 3 KSchG rechtsunwirksam ist. Dies ist aus den vorgenannten Gründen bei den ordentlichen Kündigungen vom 13. August 2013 und vom 28. Oktober 2013 nicht der Fall.
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Ausgleich für Stundenguthaben auf dem Arbeitszeitkonto eines freigestellten Betriebsratsmitglieds 1. Ist auf dem Zeitkonto eines freigestellten Betriebsratsmitglieds, das an der Erfassung seiner Anwesenheitszeit im Rahmen eines Gleitzeitsystems teilnimmt, am Ende eines vorgesehenen Ausgleichszeitraums ein Stundenguthaben aufgelaufen, hat das Betriebsratsmitglied durch die Erbringung von Betriebsratstätigkeit seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit im Bezugszeitraum überschritten. Dann ist die Betriebsratstätigkeit insoweit als „außerhalb der Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht anzusehen. 2. Der Ausgleich für außerhalb der Arbeitszeit erbrachte Betriebsratstätigkeit ist in § 37 Abs. 3 BetrVG geregelt. Ein Anspruch auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts besteht nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nur, wenn die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit erbracht wurde. Ist die Arbeitsbefreiung aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, kann das Betriebsratsmitglied nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG die Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit verlangen. 3. § 37 Abs. 3 BetrVG ist zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden, Regelungen zur Durchführung der Vorschrift müssen sich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des § 37 BetrVG halten. 4. § 78 Satz 2 BetrVG, wonach Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden, untersagt von der Rechtsordnung gedeckte Ungleichbehandlungen nicht.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 28.9.2016 – 7 AZR 248/14 –
Aus den Gründen
(…) II. Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat den in der Berufung noch anhängigen Antrag des Klägers, die Beklagte zur Einstellung von 259,55 Stunden auf das Mehrarbeitszeitkonto zu verurteilen, zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zwar zulässig, aber unbegründet.
1. (…) 2. Die Klage ist unbegründet. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, auf dem für den Kläger geführten Mehrarbeitszeitkonto zum Stichtag 30. Juni 2011 unter Umbuchung von 207,64 auf dem Differenzstundenkonto befindlichen Stunden 259,55 Stunden einzustellen.
a) Der Kläger kann sein Verlangen nicht auf § 7 Abs. 3 RBV stützen.
aa) Die RBV findet nach ihrem § 1 zwar grundsätzlich auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung. Danach gilt die RBV für alle Mitarbeiter der Beklagten in der Bundesrepublik Deutschland, soweit sie unter den Geltungsbereich der anwendbaren Tarifverträge, insbesondere des Manteltarifvertrags für das Bodenpersonal, fallen. Das ist nach dem übereinstimmenden Vortrag der Parteien beim Kläger der Fall.
bb) Das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren zur Gutschrift und „Faktorierung“ von auf dem Flexikonto zum Ende des Bezugszeitraums aufgelaufenen Plusstunden ist jedoch auf erfasste Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder nicht anwendbar. Das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren setzt ein Zeitguthaben voraus,
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dem die Erbringung von vergütungspflichtiger Arbeit zugrunde liegt. Freigestellte Betriebsratsmitglieder leisten keine vergütungspflichtige Arbeit, sondern üben ehrenamtliche Tätigkeit aus.
(1) § 7 Abs. 3 RBV sieht vor, dass „am Ende des Bezugszeitraums bestehende Plusstunden des Flexikontos oberhalb von +75 Stunden … Überarbeit“ sind und mit dem Faktor 1,25 faktoriert „als Arbeitszeit“ dem Überstundenkonto gutgeschrieben und in den folgenden Bezugszeitraum vorgetragen werden. Die Vorschrift regelt daher das Verfahren für Zeitguthaben, die sich aus der Erbringung vergütungspflichtiger Arbeit ergeben. Für dieses Verständnis spricht auch, dass die RBV in ihrer Präambel und an anderer Stelle mehrfach den Begriff der „Arbeit“ bzw. „Arbeitszeit“ erwähnt. (…)
(2) Freigestellte Betriebsratsmitglieder erbringen im Rahmen ihrer ehrenamtlichen Betriebsratstätigkeit keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung. Von diesen erfasste Anwesenheitszeiten betreffen ausschließlich Betriebsratstätigkeit. Anwesenheitszeiten freigestellter Betriebsratsmitglieder, die über die vertraglich geschuldete Arbeitszeit hinausgehen, stellen daher weder „Überarbeit“ iSv. § 7 Abs. 3 RBV dar noch können sie „als Arbeitszeit“ gutgeschrieben werden. Deshalb ist das in § 7 Abs. 3 RBV geregelte Verfahren auf erfasste Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder nicht anzuwenden.
(a) Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt als Ehrenamt. Mitglieder des Betriebsrats sind nach § 37 Abs. 2 BetrVG von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, wenn und soweit es nach Umfang und Art des Betriebs zur ordnungsgemäßen Durchführung ihrer Aufgaben erforderlich ist. Nach § 38 Abs. 1 BetrVG sind im dort genannten Umfang Betriebsratsmitglieder von ihrer
beruflichen Tätigkeit freizustellen. Die generelle Freistellung von der beruflichen Tätigkeit gemäß § 38 Abs. 1 BetrVG hat denselben Zweck wie die zeitweilige Arbeitsbefreiung nach § 37 Abs. 2 BetrVG. Beide Freistellungen sollen ausschließlich die sachgerechte Wahrnehmung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben sicherstellen.
(b) Für die Dauer der Freistellung besteht daher keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung. An die Stelle der Arbeitspflicht tritt die Verpflichtung des Betriebsratsmitglieds, während seiner arbeitsvertraglichen Arbeitszeit im Betrieb am Sitz des Betriebsrats, dem er angehört, anwesend zu sein und sich dort für anfallende Betriebsratsarbeit bereitzuhalten. Das ist die gesetzliche Rechtsfolge der Freistellung. Soweit ein Betriebsratsmitglied
nicht in diesem Sinne im Umfang seiner Arbeitszeit Betriebsratstätigkeit erbringt, kann dies zu Abzügen vom Arbeitsentgelt führen, weil eine Freistellung nicht für Betriebsratstätigkeit genutzt wurde und deshalb der Anspruch auf Arbeitsentgelt ohne berufliche Arbeitsleistung entfällt. Daher haben auch freigestellte Betriebsratsmitglieder ein Interesse daran, ihre Anwesenheit im Betrieb zu dokumentieren, weshalb der Arbeitgeber verpflichtet ist, auch diesen die Teilnahme an dem in einer Betriebsvereinbarung geregelten Arbeitszeiterfassungssystem zu ermöglichen. Der Anspruch auf Teilnahme an der Zeiterfassung hat jedoch nicht zur Folge, dass die Erbringung von Betriebsratstätigkeit eine vergütungspflichtige Arbeitsleistung darstellt.
(3) Ein Verständnis von § 7 Abs. 3 RBV dahingehend, dass das darin geregelte Verfahren auch auf Zeitguthaben anwendbar ist, die sich aus der Erfassung der Anwesenheitszeiten freigestellter Betriebsratsmitglieder ergeben, wäre zudem nicht gesetzeskonform. Damit würden die zwingenden Vorgaben von § 37 Abs. 3 BetrVG umgangen.
(a) Nimmt ein freigestelltes Betriebsratsmitglied an der Erfassung seiner Anwesenheitszeit im Rahmen eines Gleitzeitsystems teil, kann es eine etwaige Überschreitung der persönlichen Arbeitszeit dann, wenn die Betriebsratstätigkeit innerhalb des Gleitzeitrahmens erbracht wird, grundsätzlich im Rahmen des vorgegebenen Zeitrahmens ausgleichen, ohne dass es einer besonderen Geltendmachung des Ausgleichsanspruchs bedarf. Bei einem derartigen regelmäßigen Ausgleich von kurzfristiger Über und Unterschreitung der persönlichen Arbeitszeit im Rahmen einer solchen der Arbeitszeitflexibilisierung dienenden Vereinbarung steht nämlich zunächst (für den dem Zeitausgleich zur Verfügung stehenden Zeitraum) nicht fest, ob die Betriebsratstätigkeit außerhalb der persönlichen Arbeitszeit iSv. § 37 Abs. 3
BetrVG lag. Ist der Zeitausgleich am Ende eines Ausgleichszeitraums nicht vollständig erfolgt und zu diesem Zeitpunkt ein positiver Stundensaldo aufgelaufen, steht aber fest, dass das Betriebsratsmitglied durch die Erbringung von Betriebsratstätigkeit seine vertraglich geschuldete Ar
beitszeit im Bezugszeitraum überschritten hat. Im Fall des vollständig von der Arbeitsleistung freigestellten Betriebsratsmitglieds kann ein dann bestehender positiver Saldo nämlich nur auf Betriebsratstätigkeit basieren. Dann ist die Betriebsratstätigkeit insoweit als „außerhalb der Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG erbracht anzusehen.
(b) Der Ausgleich für außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit ist in § 37 Abs. 3 BetrVG geregelt. Diese Vorschrift ist als wesentlicher Teil des gesetzlich geregelten Ehrenamtsprinzips und der Konzeption der Vergütung von Betriebsratsmitgliedern in § 37 BetrVG zwingend und kann weder durch Tarifvertrag noch durch Betriebsvereinbarung abgeändert werden,
Ein freigestelltes Betriebsratsmitglied ist verpflichtet, sich während seiner vertraglichen
Arbeitszeit am Sitz seines Betriebsrats für anfallende Betriebsratsaufgaben bereitzuhalten.
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Regelungen zur Durchführung der Vorschrift müssen sich in Übereinstimmung mit den Grundsätzen des § 37 BetrVG halten. § 37 Abs. 3 BetrVG sieht einen Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts als Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, nur dann vor, wenn die Betriebsratstätigkeit aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit erbracht wurde. Eine Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit setzt zudem nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG voraus, dass Arbeitsbefreiung aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich war.
(c) Diese Beschränkungen enthält § 7 Abs. 3 RBV nicht. Die Anwendung der Regelung auf Zeitguthaben freigestellter Betriebsratsmitglieder hätte vielmehr zur Folge, dass aus der Erbringung von Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit Freizeitausgleichsansprüche und mit der zusätzlichen „Faktorierung“ ggf. auch zusätzliche Vergütungsansprüche resultierten, ohne dass dies an die zwingenden weiteren Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG gebunden wäre.
cc) Danach kann der Kläger seinen Anspruch nicht auf § 7 Abs. 3 RBV stützen. Das am Ende des Bezugszeitraums am 30. Juni 2011 auf seinem Flexikonto bestehende Zeitguthaben von mehr als 75 Plusstunden, dessen „Faktorierung“ und Gutschrift der Kläger geltend macht, stammt ausschließlich aus der Erbringung von Betriebsratstätigkeit im Rahmen der Freistellung gemäß § 38 BetrVG, die am 17. Mai 2010 begann. (…) Da das Flexikonto des Klägers am Ende des Bezugszeitraums Plusstunden auswies, steht fest, dass er die geschuldete individuelle Arbeitszeit von durchschnittlich 37,5 Stunden im Bezugszeitraum überschritten hat. Damit liegt diesen Plusstunden Betriebsratstätigkeit zugrunde, die „außerhalb der Arbeitszeit“ erbracht wurde. Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil die Anwesenheitszeiten des Klägers insgesamt innerhalb des Gleitzeitrahmens von 6:00 Uhr bis 20:00 Uhr lagen. Soweit diese Zeiten seine vertraglich geschuldete Arbeitszeit übersteigen, handelt es sich um Betriebsratstätigkeit „außerhalb der Arbeitszeit“ iSv. § 37 Abs. 3 BetrVG. Der Kläger selbst verlangt gerade die Anerkennung dieser Plusstunden als zu „faktorierende“ „Überarbeit“ und deren Gutschrift auf dem „Überstundenkonto“ iSv. § 7 Abs. 3 RBV.
b) Der Kläger kann seinen Anspruch auf die begehrte Gutschrift auf dem Überstundenkonto nicht auf § 37 Abs. 3 BetrVG stützen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass der Kläger nicht dargelegt hat, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind.
aa) Nach § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG hat ein Betriebsratsmitglied zum Ausgleich für Betriebsratstätigkeit, die aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit durchzuführen ist, Anspruch auf entsprechende Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Arbeitsentgelts. Nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 1 BetrVG ist die Arbeitsbefreiung
vor Ablauf eines Monats zu gewähren; ist dies aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich, so ist nach § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG die aufgewendete Zeit wie Mehrarbeit zu vergüten. Mitglieder des Betriebsrats erhalten danach weder eine Amtsvergütung noch ist die Betriebsratstätigkeit eine zu vergütende Arbeitsleistung. Vielmehr gilt das Lohnausfallprinzip. Dieses wird durch § 37 Abs. 3 Satz 1 BetrVG nicht durchbrochen. Der dort geregelte Freizeitausgleich für die außerhalb der Arbeitszeit durchgeführte Betriebsratstätigkeit betrifft lediglich die Folgen einer aus betriebsbedingten Gründen notwendigen Abweichung von dem Grundsatz, dass Betriebsratstätigkeit während der Arbeitszeit stattzufinden hat. Es handelt sich im Ergebnis um ein zeitlich verschobenes Arbeitsentgelt für eine sonst in der persönlichen Arbeitszeit anfallende Betriebsratstätigkeit, die nur infolge eines dem Arbeitgeber zuzurechnenden Umstands in die Freizeit verlagert worden ist. Soweit § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG ausnahmsweise eine Vergütung der aufgewendeten Zeit wie Mehrarbeit vorsieht, ist damit weder ein anderes gesetzliches Regelungskonzept noch die Aufgabe des Lohnausfallprinzips verbunden. Der in § 37 Abs. 3 Satz 3 BetrVG vorgesehene Vergütungsanspruch ist lediglich eine Kompensation dafür, dass der in § 37 Abs. 3 Satz 2 BetrVG vorgesehene, gerade nicht auf eine zusätzliche Vergütung gerichtete Freizeitausgleich aus Gründen, die in der Sphäre des Arbeitgebers liegen, zeitnah nicht möglich ist. Ein von dem Grundsatz des unentgeltlichen Ehrenamts abweichender gesetzlicher Regelungsplan, dass Freizeitopfer durch die Zahlung einer angemessenen Vergütung auszugleichen wären, liegt darin nicht.
bb) Das bedeutet im Streitfall, dass der Anspruch des Klägers auf Gutschrift des am Ende des Bezugszeitraums bestehenden Stundenguthabens von mehr als 75 Stunden, der aus außerhalb der Arbeitszeit erbrachter Betriebsratstätigkeit resultiert, neben der Erforderlichkeit der Betriebsratstätigkeit voraussetzt, dass diese aus betriebsbedingten Gründen nicht in der zur Verfügung stehenden individuellen Arbeitszeit erbracht werden konnte. Soweit der Kläger zudem die „Faktorierung“ dieses Stundenguthabens mit dem in § 7 Abs. 3 RBV geregelten Faktor 1,25 begehrt, macht er die vergütungsmäßige Behandlung der aufgewendeten Zeit „wie Mehrarbeit“ iSv. § 37 Abs. 3 Satz 3 Halbs. 2 BetrVG geltend. Bei der Bemessung der Höhe der zu vergütenden Mehrarbeit ist zwar gemäß § 78 Satz 2 BetrVG die Regelung des § 7 Abs. 3 RBV zu berücksichtigen. Allerdings kommt eine solche Vergütung der außerhalb der Arbeitszeit aufgewendeten Zeit für die Erledigung erforderlicher Betriebsratstätigkeit nur in Betracht, soweit die Gewährung eines entsprechenden Freizeitausgleichs aus betriebsbedingten Gründen unmöglich ist.
cc) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, der Kläger habe nicht dargelegt, dass die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG erfüllt sind. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, der Kläger habe weder dargetan, dass die Plusstunden für er
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forderliche Betriebsratstätigkeit aufgewandt wurden und aus betriebsbedingten Gründen angefallen sind, noch dass ein Abbau des Stundenguthabens bis zum Ende des Bezugszeitraums aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich gewesen ist. Der Kläger, der mit seiner Revision nur geltend macht, die Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG müssten für den Erfolg seiner Klage nicht erfüllt sein, hat diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts mit seiner Revision nicht angegriffen.
c) Die Beklagte verhält sich nicht treuwidrig iSv. § 242 BGB, indem sie die Gewährung der begehrten Gutschrift von der Darlegung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG durch den Kläger abhängig macht.
aa) Eine Rechtsausübung kann gemäß § 242 BGB unzulässig sein, wenn sich eine Partei damit in Widerspruch zu ihrem eigenen vorausgegangenen Verhalten setzt und für die andere Partei ein schützenswerter Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn sonstige besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen.
bb) Solche Umstände sind hier nicht ersichtlich. Dabei kann dahinstehen, ob der Kläger damit rechnen musste, Einzelheiten seiner Betriebsratstätigkeit und deren Erforderlichkeit darlegen zu müssen. Der Kläger hat jedenfalls nicht behauptet, dass die Beklagte ihm in irgendeiner Weise zu erkennen gegeben habe, auf Darlegungen dazu verzichten zu wollen, dass die Betriebsratstätigkeiten aus betriebsbedingten Gründen außerhalb der Arbeitszeit geleistet wurden und dass die Inanspruchnahme von Freizeitausgleich aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich war. Die Beklagte fordert nur die Darlegung der gesetzlichen Voraussetzungen für den mit der Klage geltend gemachten Anspruch. Soweit der Kläger sich darauf berufen hat, dass die Beklagte sein Arbeitszeitkonto vor seiner Freistellung im Bezugszeitraum vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezember 2009 nach § 7 Abs. 3 RBV behandelt hat, folgt daraus nichts anderes. In diesem Zeitraum war der Kläger nicht freigestellt, weshalb den
erfassten Zeiten nicht ausschließlich Betriebsratstätigkeit zugrunde lag. Aufgrund der „Faktorierung“ der in diesem Zeitraum aufgelaufenen Plusstunden konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte auf die Darlegung der Voraussetzungen des § 37 Abs. 3 BetrVG auch im Rahmen seiner Freistellung verzichten werde.
d) Die Nichtgewährung der begehrten Stundengutschrift verstößt nicht gegen das Benachteiligungsverbot des § 78 Satz 2 BetrVG.
aa) Nach § 78 Satz 2 BetrVG dürfen Mitglieder des Betriebsrats wegen ihrer Betriebsratstätigkeit weder benachteiligt noch begünstigt werden. Diese Regelung ergänzt § 37 Abs. 1 BetrVG, wonach die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt führen. Das Ehrenamtsprinzip wahrt die innere und äußere Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder. Eine Benachteiligung iSv. § 78 Satz 2 BetrVG ist jede Schlechterstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Eine Benachteiligungsabsicht ist nicht erforderlich. Es genügt die objektive Schlechterstellung gegenüber Nichtbetriebsratsmitgliedern.
bb) Die Beklagte hat den Kläger nicht unzulässig gegenüber Arbeitnehmern ohne Betriebsratsmandat benachteiligt. Zwar hat sie dem Kläger als freigestelltem Betriebsratsmitglied anders als diesen die begehrte „faktorierte“ Gutschrift auf dem Überstundenkonto nicht gewährt. Diese Ungleichbehandlung ist jedoch dadurch bedingt, dass dem über 75 Plusstunden hinausgehenden Stundenguthaben des Klägers keine vergütungspflichtige Arbeitsleistung, sondern die Erbringung ehrenamtlicher Betriebsratstätigkeit außerhalb der Arbeitszeit zugrunde lag. Diese Ungleichbehandlung war durch die zwingenden Vorgaben des § 37 Abs. 3 BetrVG geboten. Ungleichbehandlungen, die von der Rechtsordnung gedeckt sind, untersagt § 78 Satz 2 BetrVG nicht.
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Betriebsratsschulung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement/Erforderlichkeit nur eines Teils der Schulungsveranstaltung 1. Die Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist grundsätzlich einheitlich zu bewerten. Die Aufteilung einer Schulung in einen für die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds erforderlichen und einen nicht erforderlichen Teil kommt nur dann in Betracht, wenn die unterschiedlichen Themen so klar voneinander abgegrenzt sind, dass ein zeitweiser Besuch der Schulungsveranstaltung möglich und sinnvoll ist. Ist
eine Aufteilung der Schulungsveranstaltung und ein zeitweiser Besuch praktisch nicht möglich, entscheidet über die Erforderlichkeit der Gesamtschulung, ob die erforderlichen Themen mit mehr als 50 % überwiegen.2. Wird eine Schulungsveranstaltung nur als Ganzes zur Buchung angeboten, kann die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nur einheitlich für die gesamte Schulung beurteilt werden. In diesem Fall ist eine zeitweise
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Teilnahme praktisch nicht möglich, da die Schulungsveranstaltung auch dann, wenn das Betriebsratsmitglied sie lediglich zeitweise besucht, nur insgesamt gebucht werden kann.(Leitsätze aus den Gründen)BAG, Urteil v. 28.9.2016 – 7 AZR 699/14 –
Aus den Gründen
(…) A. Die vom Landesarbeitsgericht bislang getroffenen Tatsachenfeststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, dass der Kläger gegen die Beklagte nach § 611 BGB iVm. § 37 Abs. 2, Abs. 6 BetrVG einen Anspruch auf Entgeltzahlung für die Zeit seiner Teilnahme an den Modulen I und II der Schulungsveranstaltung „Professionelles Betriebliches Eingliederungsmanagement“ (…) hat.
I. Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 iVm. Abs. 2 BetrVG sind Mitglieder des Betriebsrats für die Teilnahme an Schulungs und Bildungsveranstaltungen von ihrer beruflichen Tätigkeit ohne Minderung des Arbeitsentgelts zu befreien, soweit diese Kenntnisse vermitteln, die für die Arbeit des Betriebsrats erforderlich sind. Die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds ist von einer ordnungsgemäßen Beschlussfassung des Betriebsrats über die Entsendung des Betriebsratsmitglieds zu der Schulungsveranstaltung abhängig, da § 37 Abs. 6 BetrVG nicht als Anspruch der einzelnen Betriebsratsmitglieder ausgestaltet ist. Diese Vorschrift räumt dem Betriebsrat das Recht ein, über die Freistellung von Betriebsratsmitgliedern zu beschließen, deren Schulung für die Tätigkeit im Betriebsrat erforderlich ist.
1. Nach § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist die Vermittlung von Kenntnissen erforderlich, wenn sie unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse in Betrieb und Betriebsrat notwendig sind, damit der Betriebsrat seine gegenwärtigen oder in naher Zukunft anstehenden Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen kann. (…)
2. Die Schulung des entsandten Betriebsratsmitglieds ist nicht notwendig, wenn die in der Schulungsveranstaltung vermittelten Kenntnisse im Betriebsrat bereits vorhanden sind. (…)
3. Bei der Prüfung der Erforderlichkeit hat der Betriebsrat die betriebliche Situation und die mit dem Besuch der Schulungsveranstaltung verbundenen finanziellen Belastungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen. (…) Der Betriebsrat ist allerdings nicht gehalten, anhand einer umfassenden Marktanalyse den günstigsten Anbieter zu ermitteln und ohne Rücksicht auf andere Erwägungen auszuwählen. Er muss nicht die kostengünstigste Schulungsveranstaltung auswählen, wenn er eine andere Schulung für qualitativ besser hält. Der Beurteilungsspielraum des Betriebsrats bezieht sich auch auf den Inhalt der Schulungsveranstaltung. Nur wenn mehrere gleichzeitig angebotene Veranstaltungen auch nach Ansicht des Betriebsrats im Rahmen des ihm zu
stehenden Beurteilungsspielraums als qualitativ gleichwertig anzusehen sind, kann eine Beschränkung der Kostentragungspflicht des Arbeitgebers auf die Kosten der preiswerteren in Betracht kommen. Bei der Prüfung der Angemessenheit der Kosten können auch die Dauer der Veranstaltung im Hinblick auf die behandelten Themen, die örtliche Lage der Schulungsveranstaltung und die Anzahl der zu entsendenden Betriebsratsmitglieder von Bedeutung sein. Bei der Entscheidung über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme steht dem Betriebsrat ein Beurteilungsspielraum zu. Das macht jedoch die Darlegung, weshalb das zu der Schulung entsandte Betriebsratsmitglied die dort vermittelten Kenntnisse benötigt, damit das Gremium des Betriebsrats seine gesetzlichen Aufgaben sach und fachgerecht wahrnehmen kann, nicht entbehrlich.
4. Bei dem Begriff der Erforderlichkeit handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff. (…)
II. Diesem eingeschränkten Prüfungsmaßstab hält die angefochtene Entscheidung nicht stand. (…)
1. (…) 2. Diese Würdigung ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht angenommen, dass das Seminar „Professionelles Betriebliches Eingliederungsmanagement“ eine Schulungsveranstaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG ist und dass der Betriebsrat annehmen durfte, dass der Kläger die in den Modulen I und II vermittelten Kenntnisse zur sach und fachgerechten Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied des Integrationsteams benötigt. Es hat aber verkannt, dass die Erforderlichkeit der Schulungsveranstaltung einheitlich zu bewerten ist, wenn der Veranstalter die Schulungsveranstaltung nur als einheitliches Ganzes zur Buchung anbietet.
a) Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem Seminar „Professionelles Betriebliches Eingliederungsmanagement“ um eine Schulungsveranstaltung iSv. § 37 Abs. 6 Satz 1 BetrVG handelt. Die Veranstaltung war auf die Vermittlung von Kenntnissen ausgerichtet. Dem Charakter als Schulungsveranstaltung steht die Möglichkeit zum Erwerb eines Zertifikats nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass bei dieser Schulungsveranstaltung nicht lediglich für die Wahrnehmung des Betriebsratsamts notwendige Grundkenntnisse, sondern Spezialkenntnisse vermittelt wurden. (…)
b) Das Landesarbeitsgericht hat auch zutreffend erkannt, dass der Kläger die in den Modulen I und II vermittelten Kenntnisse zur sach und fachgerechten Wahrnehmung seiner Aufgaben als Mitglied des Integrationsteams benötigt.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme zu Recht auf die Mitgliedschaft des Klägers im Integrationsteam abgestellt.
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(1) Es kann dahinstehen, ob das Integrationsteam rechtswirksam gebildet wurde und ihm wirksam Aufgaben zugewiesen wurden. Zwar ist die Übertragung von Aufgaben auf ein Integrationsteam nicht ausgeschlossen. Nach § 28 Abs. 2 BetrVG können durch eine freiwillige Übereinkunft zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber Aufgaben zur selbstständigen Entscheidung auf Mit
glieder des Betriebsrats übertragen werden, die Mitglieder eines von Arbeitgeber und Betriebsrat gebildeten Ausschusses sind. Es bestehen aber deshalb Bedenken gegen die Wirksamkeit der BV BEM, weil die bisherigen Feststellungen weder die wirksame Errichtung des Gesamtbetriebsrats noch dessen Zuständigkeit zum Abschluss der BV BEM erkennen lassen. (…)
(2) Dies bedarf jedoch keiner Entscheidung. Eine etwaige Unwirksamkeit der BV BEM stünde der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nicht entgegen. Da die Integrationsteams tatsächlich gebildet, ihnen Aufgaben im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements übertragen wurden und der Kläger als Betriebsratsmitglied in das in seinem Beschäftigungsbetrieb gebildete Integrationsteam entsandt wurde, kann auch die tatsächliche Tätigkeit in dem Integrationsteam die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme begründen, soweit der Kläger die vermittelten Kenntnisse benötigt, um die ihm obliegenden Aufgaben in dem Integrationsteam sach und fachgerecht wahrzunehmen.
bb) Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, der Betriebsrat habe annehmen dürfen, dass der Kläger die in den Modulen I und II vermittelten Kenntnisse benötigt, um seine Aufgaben als Mitglied des Integrationsteams und als das für das betriebliche Eingliederungsmanagement zuständige Betriebsratsmitglied sach und fachgerecht zu erfüllen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
(1) Das Integrationsteam hat entsprechend § 4 BV BEM die Aufgabe, die Beschäftigten über die Durchführung und die Zielsetzungen des betrieblichen Eingliederungsmanagements iSv. § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX zu informieren, im Falle des Einverständnisses des Beschäftigten den Klärungsprozess durchzuführen und anhand der gewonnenen Erkenntnisse zu entscheiden, ob und welche betrieblichen Maßnahmen durchgeführt werden sollen. Die sach und fachgerechte Wahrnehmung dieser Aufgaben setzt Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen des betrieblichen Eingliederungsmanagements voraus. Ferner sind Kenntnisse über den Datenschutz bei Gesundheitsdaten und den Dokumentenschutz erforderlich, um im Rahmen der Information der Beschäftigten über die Durchführung und die Ziele des betrieb
lichen Eingliederungsmanagements entsprechende Fragen der Beschäftigten beantworten und die Einhaltung der Datenschutzvorschriften gewährleisten zu können. Ein Mitglied des Integrationsteams benötigt zudem besondere Kommunikationsfähigkeiten, um Ängste und Vorbehalte der Beschäftigten gegenüber der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsma
nagements, insbesondere der Offenbarung ihrer gesundheitlichen Situation, abbauen und ein Vertrauensverhältnis herstellen zu können. Darüber hinaus muss der Kläger als das mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement be
fasste Mitglied des Betriebsrats über Kenntnisse der gesetzlichen Grundlagen des betrieblichen Eingliederungsmanagements und des Datenschutzes verfügen, um der sich aus § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ergebenden Überwachungsaufgabe nachkommen zu können. Außerdem sind Kenntnisse über die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats bei der Ausgestaltung des in § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX vorgesehenen Klärungsprozesses, in Bezug auf die Nutzung und Verarbeitung von Gesundheitsdaten und hinsichtlich der Ausgestaltung des Gesundheitsschutzes erforderlich, um ggf. ein Initiativrecht ausüben zu können.
(2) Die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme setzt nicht voraus, dass die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements im Zeitpunkt des Entsendebeschlusses des Betriebsrats aktuell bevorstand. Der erforderliche konkrete betriebsbezogene Anlass ist nicht im Sinne eines akuten Ereignisses, sondern im Sinne eines gegenwärtigen Bedürfnisses zu verstehen. Ein solches gegenwärtiges Bedürfnis folgt aus der Mitgliedschaft des Klägers in dem Integrationsteam. (…)
cc) Der Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme stehen Vorkenntnisse des Klägers nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die in den zuvor besuchten Schulungsveranstaltungen behandelten Themen entweder keinen Bezug zum betrieblichen Eingliederungsmanagement aufwiesen oder sich allenfalls auf einen geringfügigen Teilaspekt des Moduls II bezogen. (…)
c) Das Landesarbeitsgericht hat jedoch verkannt, dass die Erforderlichkeit einer Schulungsveranstaltung einheitlich zu bewerten ist und der nur zeitweise Besuch einer Schulungsveranstaltung nicht in Betracht gezogen werden kann, wenn der Veranstalter die Schulung nur als Ganzes zur Buchung anbietet.
aa) Die Erforderlichkeit der Teilnahme an einer Schulungsveranstaltung ist grundsätzlich einheitlich zu bewerten. Die Aufteilung einer Schulung in einen für die Tätigkeit eines Betriebsratsmitglieds erforderlichen und einen nicht erforderlichen Teil kommt nur dann in Betracht, wenn die unterschiedlichen Themen so klar voneinander abgegrenzt sind, dass ein zeitweiser Besuch
Bei Tätigkeit eines Betriebsrats-mitglieds in einem Integrationsteam ist eine Schulung auch
ohne konkreten aktuellen Anlass erforderlich.
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der Schulungsveranstaltung möglich und sinnvoll ist. Ist eine Aufteilung der Schulungsveranstaltung und ein zeitweiser Besuch praktisch nicht möglich, entscheidet über die Erforderlichkeit der Gesamtschulung, ob die erforderlichen Themen mit mehr als 50 % überwiegen.
bb) Wird eine Schulungsveranstaltung nur als Ganzes zur Buchung angeboten, kann die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme nur einheitlich für die gesamte Schulung beurteilt werden. In diesem Fall ist eine zeitweise Teilnahme praktisch nicht möglich, da die Schulungsveranstaltung auch dann, wenn das Betriebsratsmitglied sie lediglich zeitweise besucht, nur insgesamt gebucht werden kann. Dies folgt aus § 37 Abs. 6 BetrVG. Diese Vorschrift räumt dem Betriebsrat das Recht ein, über die Teilnahme von Betriebsratsmitgliedern an Schulungen zu beschließen, die für die Tätigkeit im Betriebsrat erforderlich sind. Wird die Schulung nur als Ganzes angeboten, kann der Betriebsrat nur einheitlich über die Erforderlichkeit der Schulungsteilnahme unter Berücksichtigung der anfallenden Kosten befinden. Dabei ist die Erforderlichkeit in Bezug auf die Entgeltzahlungspflicht nach § 37 Abs. 2, Abs. 6 BetrVG und die Kostentragungspflicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG einheitlich zu bewerten. Der Betriebsrat hat entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht die Möglichkeit, eines seiner Mitglieder unter der Prämisse zu einer Schulung zu entsenden, dass dieses für einen Teil der Schulung Urlaub nimmt und einen Teil der Schulungskosten selbst trägt. Dies ist im Gesetz nicht vorgesehen. Gegen eine Aufteilung einer nur als Ganzes buchbaren Schulungsveranstaltung sprechen zudem Gründe der Praktikabilität. Eine solche Aufteilung erschwerte die Beurteilung der Erforderlichkeit von Schulungsveranstaltungen. Arbeitgeber und Betriebsräte müssten auch bei Schulungsveranstaltungen, die nur als Ganzes angeboten werden, prüfen, ob die unterschiedlichen Themen zeitlich so abgegrenzt sind, dass ein zeitweiser Besuch sinnvoll ist. (…)
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Anmerkung
1. Nach § 37 Abs. 6 BetrVG ist das Betriebsratsmitglied für die Teilnahme an Schulungs und Bildungsveranstaltungen, auf denen Kenntnisse vermittelt werden, die für die Betriebsarbeit erforderlich sind, unter Fortzahlung des Entgelts freizustellen. Es handelt sich um einen Anspruch des Gremiums, das somit über die Entsendung eines oder mehrerer seiner Mitglieder entscheidet. Für jedes Mitglied des Betriebsrats sind Grundkenntnisse im Betriebsverfassungsrecht, im allgemeinen Arbeitsrecht und zum Thema Arbeitssicherheit/Gesundheitsschutz erforderlich. Die Erforderlichkeit, Schulungen zu anderen Inhalten zu besuchen, bedarf der Begründung
eines konkreten, sich aus den gegenwärtigen Betriebsratsaufgaben ergebenden Bedarfs. Dabei reicht es im Rahmen einer sinnvollen Aufteilung innerhalb des Betriebsratsgremiums in der Regel aus, wenn sich zu speziellen Themen nur einzelne Mitglieder schulen lassen, um anschließend das Gesamtgremium zu informieren und in die Lage zu versetzen, Entscheidungen zu treffen.
2. In der vorliegenden Entscheidung ging es um die Teilnahme des Betriebsratsvorsitzenden, der als Vertreter des Gremiums am betrieblich geregelten BEMVerfahren (in einem Integrationsteam) mitwirken sollte. Zur Vorbereitung nahm er an einer modular aufgebauten
Fortbildung teil, die aus vier dreitägigen Veranstaltungen und einer zweitägigen Abschlussveranstaltung bestand. Nachdem der Arbeitgeber die Freistellung verweigerte und die Vergütung für die Zeit der Teilnahme an den ersten beiden Veranstaltungen (Modul I:„Recht“ und Modul 2: „Kommunikation“) einbehielt, klagte der Betroffene auf Auszahlung der Vergütungsdifferenz.
Das Bundesarbeitsgericht hielt die im Rahmen der beiden ersten Module vermittelten Kenntnisse für erforderlich. Dies allein reiche jedoch nicht aus, sondern die Erforderlichkeit der Teilnahme könne für die gesamte Veranstaltung grundsätzlich nur einheitlich bewertet werden. Etwas anderes möchte das Bundesarbeitsgericht nur annehmen, wenn ein teilweiser Besuch praktisch möglich und sinnvoll ist und zudem die Veranstaltung nicht nur als Ganzes buchbar ist.
3. Der erste Aspekt ist ohne weiteres nachvollziehbar. Wenn der teilweise Besuch einer Veranstaltung sinnlos und praktisch nicht möglich ist, dann muss die gesamte Veranstaltung besucht werden und die Erforderlichkeit auch insgesamt beurteilt werden. Dies dürfte die Regel sein, wenn die Schulungsinhalte an demselben Tag oder an aufeinanderfolgenden Tagen von demselben Dozenten vermittelt und im Programm nicht sehr klar zeitlich abgegrenzt werden. Dann hängt der Verlauf der Veranstaltung von unterschiedlichen Faktoren, etwa dem schwer vorhersehbaren Diskussionsbedarf und den Fragen der Teilnehmer ab. Das eine Teilthema geht dann fließend in das nächste Teilthema über. Insoweit ist ein zielgerichtetes Erscheinen nur zu einzelnen Teilen der Veranstaltung nicht möglich und daher eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen. Der Maßstab soll dabei ein zeitlicher und die Erforderlichkeit zu bejahen sein, wenn die erforderlichen Themen mit mehr als 50 % überwiegen. Dort, wo einzelne Teile einer Veranstaltung zu unterschiedlichen Terminen oder mit unterschiedlichen Dozenten durchgeführt werden, ist eine Teilbarkeit in
Die Tätigkeit im Integrationsteam setzt Kenntnisse der gesetzlichen Grund lagen des BEM einschl. der Mitbe-
stimmungsrechte, des Datenschutzes bei Gesundheitsdaten sowie besondere Kommunikationsfähigkeiten voraus.
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der Regel gegeben. Da das Bundesarbeitsgericht auch die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die in den ersten beiden Modulen vermittelten Kenntnisse seien erforderlich, nicht beanstandete, hätte die Vergütung fortgezahlt werden müssen.
Der zweite vom Bundesarbeitsgericht herangezogene Aspekt, nämlich die getrennte Buchbarkeit der Module, ist dagegen für den Freistellungsanspruch nicht erheb
lich. Dies ergibt sich schon daraus, dass selbst dann, wenn die Veranstaltungsreihe nur als Ganzes buchbar ist, eine weitere Freistellung nicht zwingend in Anspruch genommen werden muss. Der Betroffene kann vielmehr auf eine weitere Teilnahme verzichten oder insoweit Freizeitausgleichsansprüche oder Urlaubstage einsetzen.
Die Frage, ob die Veranstaltung(sreihe) nur als Ganzes buchbar ist, ist dagegen selbstverständlich für die (hier nicht streitgegenständlich gewesene) Kostenübernahmeplicht des Arbeitgebers nach § 40 BetrVG relevant. Diese hängt entscheidend von der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Kosten (in Bezug auf den verfolgten Zweck) ab. Dabei gilt ein Beurteilungsvorrecht des Betriebsrats, der sich nicht auf die preiswerteste oder ortsnächste Schulung verweisen lassen muss, son
dern – unter angemessener Rücksichtnahme auf die wirtschaftlichen Interessen des Betriebes – das aus seiner Sicht geeignetere Angebot auswählen darf. Allerdings liegt es nahe, dass bei der kompletten Buchung einer Schulung(sreihe) so hohe Kosten entstehen, dass sie im Verhältnis zu dem Anteil vermittelter erforderlicher Kenntnisse unverhältnismäßig sind. Zwingend ist dies jedoch nicht. Im Übrigen spricht auch nichts dagegen, in
diesen Fällen die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers (soweit rechnerisch möglich) auf den erforderlichen Teil zu beschränken.
Dr. Thomas Wurm, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Bonn
Konsequenzen für die Praxis
1. Bei der Auswahl der Schulungsveranstaltung hat der Betriebsrat die hierdurch entstehende Kostenbelastung für den Arbeitgeber angemessen zu berücksichtigen. Er muss aber nicht die kostengünstigste Schulung auswählen.2. Werden Schulungsinhalte an einem Tag oder an aufeinanderfolgenden Tagen von demselben Dozenten vermittelt und im Programm nicht eindeutig zeitlich voneinander abgegrenzt, spricht dies für ein Ineinanderfließen der Themen, so dass die Veranstaltung nur einheitlich bewertet werden kann.
Mitbestimmung bei Versetzung/Unzutreffende Unterrichtung des Betriebsrats 1. Die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs im Rahmen einer Versetzung nach § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG liegt vor, wenn sich das gesamte Bild der tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine „andere“ anzusehen ist. 2. Eine unzutreffende Unterrichtung des Betriebsrats im Zustimmungsverfahren nach § 99 BetrVG über die vorgesehene Beschäftigung eines Stellenbewerbers hat nicht zur Folge, dass mit der Einstellung zugleich eine Versetzung einhergeht, weil die zugewiesene Tätigkeit von der mitgeteilten abweicht. Eine fehlerhafte Unterrichtung kann allenfalls dazu führen, dass die erforderliche Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung fehlt.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Beschluss v. 8.11.2016 – 1 ABR 56/14 –
Zum Sachverhalt
Die Beteiligten streiten über die Aufhebung einer Versetzung.
Die beteiligte Arbeitgeberin ist Mitglied im Deutschen Bühnenverein. Sie betreibt ein Theater mit insgesamt etwa 150 Beschäftigten. Dort ist der antragstellende Betriebsrat errichtet. Ihn ersuchte sie mit Schreiben vom 29. Februar 2012 um Zustimmung zur Einstellung und Eingruppierung des Bewerbers C als „Veranstaltungstechniker / Schwerpunkt Beleuchtung“ mit überwiegend künstlerischen Aufgaben. Dieser ist nach der arbeitsvertraglichen Vereinbarung als „Bühnentechniker … überwiegend künstlerisch tätig“. Der Betriebsrat verlangte mit Schreiben vom 7. März 2012 – im Ergebnis ohne Erfolg – weitere Informationen zur auszuübenden Tätigkeit und behielt sich die Zustimmungsverweigerung zur Einstellung vor. Er widersprach der Eingrup
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pierung, weil eine überwiegend künstlerische Tätigkeit nicht vorliege. Daraufhin wurde Herr C zum 26. März 2012 eingestellt.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, bei der Zuweisung der tatsächlichen Tätigkeit an den Arbeitnehmer C handele es sich um eine Versetzung, weil er entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht überwiegend künstlerisch eingesetzt werde.
Der Betriebsrat hat zuletzt beantragt, der Arbeitgeberin aufzugeben, die Versetzung des Arbeitnehmers C aus dem Arbeitsbereich, in dem er nach dem geschlossenen Arbeitsvertrag überwiegend künstlerisch tätig werden sollte, in den Arbeitsbereich, in dem er nicht überwiegend künstlerisch tätig ist, aufzuheben.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Eine Versetzung liege nicht vor. Die Tätigkeit des Arbeitnehmers habe sich zu keinem Zeitpunkt geändert.
Das Arbeitsgericht hat den zunächst gestellten Feststellungsantrag, der Arbeitnehmer sei nicht überwiegend künstlerisch tätig, als unzulässig abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats, mit der er nunmehr die Aufhebung der Versetzung des Arbeitnehmers verlangt, zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat sein Begehren weiter.
Aus den Gründen
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Der Antrag ist unbegründet.
I. Der Antrag ist nach seinem Wortlaut auf die Aufhebung einer Versetzung eines namentlich benannten Arbeitnehmers gerichtet. Der Betriebsrat wendet sich nicht gegen dessen zwischenzeitlich erfolgte Einstellung, sondern gegen dessen „Versetzung“, weil ihm ein anderer Arbeitsbereich als der vertraglich vereinbarte zugewiesen worden sei.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist zulässig. (…)
III. Der Antrag ist unbegründet. Eine Versetzung des Arbeitnehmers C iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 95 Abs. 3 BetrVG liegt nicht vor.
1. Nach § 101 Satz 1 BetrVG kann der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber eine Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ohne dessen vorherige Zustimmung durchführt, deren Aufhebung verlangen.
2. Entgegen der Auffassung des Betriebsrats fehlt es an einer Versetzung des Arbeitnehmers C.
a) Versetzung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1, § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG ist die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs, die die Dauer von voraussichtlich einem Monat überschreitet oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. „Arbeitsbereich“ sind die Aufgabe und Verantwortung des Arbeitnehmers sowie die Art seiner Tätigkeit und ihre Einordnung in den Arbeitsablauf des Betriebes. Der Begriff ist räumlich und funktional zu verstehen. Er umfasst neben der Arbeitsleistung auch die Art der Tätigkeit und den gegebenen Platz in der betrieblichen Organisation. Um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs handelt es sich, wenn sich das gesamte Bild der Tätigkeit des Arbeitnehmers so verändert hat, dass die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters nunmehr als eine „andere“ anzusehen ist.
b) Nach den nicht mit Rügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist der Arbeitnehmer „von Beginn seiner Beschäftigung … an bis zuletzt als Veranstaltungstechniker“ eingesetzt worden, „ohne dass sich an seinem Arbeitsbereich im tatsächlichen etwas geändert hat“. Danach wurde dem Arbeitnehmer C seit Aufnahme der Tätigkeit kein anderer Arbeitsbereich zugewiesen.
c) Der Einwand des Betriebsrats, er habe aufgrund des Unterrichtungsschreibens der Arbeitgeberin im Rahmen des Zustimmungsverfahrens davon auszugehen können, der Arbeitnehmer sei zu Beginn seiner Tätigkeit tatsächlich überwiegend künstlerisch beschäftigt worden, ist unerheblich.
Ungeachtet des Umstands, dass der Betriebsrat in seinem Schreiben vom 7. März 2012 selbst geltend gemacht hat, er könne bei einer Fachkraft für Veranstaltungstechnik eine überwiegend künstlerische Tätigkeit nicht erkennen, würde eine etwaige unzutreffende Unterrichtung über die vorgesehene Beschäftigung nicht – wie die Rechtsbeschwerde meint – zu einer mit der Einstellung „eine juristische Sekunde“ danach einhergehenden Versetzung führen, weil die „Erstzuweisung“ der Tätigkeit von der im Zustimmungsverfahren mitgeteilten abweicht. Für eine Versetzung iSd. § 99 Abs. 1 BetrVG ist die Zuweisung eines anderen als des zuvor tatsächlich bestehenden Arbeitsbereichs und nicht eine fehlerhafte Information des Betriebsrats über die beabsichtigte Beschäftigung des Arbeitnehmers maßgebend. Eine solche könnte allenfalls dazu führen, dass eine vom Betriebsrat beschlossene Zustimmung zur Einstellung nicht vorliegt, weil der Arbeitgeber eine andere als die mitgeteilte personelle Maßnahme durchgeführt hat. Gegen eine solche Einstellung kann sich der Betriebsrat nach Maßgabe des § 101 BetrVG wenden und deren Aufhebung verlangen. Das ist aber nicht Ziel seines Antragsbegehrens.
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Begriff des wissenschaftlichen Personals/Lehrkraft für besondere Aufgaben Zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehören Arbeitnehmer, die wissenschaftliche Dienstleistungen erbringen. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Eine Lehrtätigkeit, die sich nach dem vereinbarten Vertragsinhalt auf eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte beschränkt, ist keine wissenschaftliche Dienstleistung. Es muss von dem Lehrenden nach dem Vertragsinhalt erwartet werden, dass er eigene Reflexionen in seine Lehrtätigkeit einbringt. (Leitsätze der Schriftleitung)BAG, Urteil v. 20.4.2016 – 7 AZR 614/14 –
Aus den Gründen
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Klage nicht abgewiesen werden. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen Tatsachenfeststellungen nicht abschließend beurteilen, ob das Arbeitsverhältnis aufgrund der vereinbarten Befristung am 3. Mai 2012 geendet hat. Die Wirksamkeit der auf § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gestützten Befristung hängt davon ab, ob die Klägerin zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört. Die dazu bislang getroffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts tragen diese Annahme nicht.
1. Die Befristung zum 3. Mai 2012 gilt nicht nach § 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. …
2. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Befristung dem Zitiergebot des § 2 Abs. 4 Satz 1 WissZeitVG genügt. Der betriebliche Geltungs
bereich für die Anwendung des WissZeitVG ist eröffnet. Die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG zulässige Befristungshöchstdauer ist gewahrt. (…)
3. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Klägerin unterfalle dem persönlichen Geltungsbereich des WissZeitVG, ist nicht frei von Rechtsfehlern. Das Landesarbeitsgericht hat ohne hinreichende tatsächliche Feststellungen angenommen, die der Klägerin vertraglich übertragenen Tätigkeiten seien wissenschaftlich geprägt und sie zähle deshalb zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG.
a) Der Begriff des „wissenschaftlichen und künstlerischen Personals“ ist durch § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG eigenständig und abschließend bestimmt. Er ist inhaltlichaufgabenbezogen zu verstehen. Anknüpfungspunkt ist die Art der zu erbringenden Dienstleistung. Zum „wissenschaftlichen Personal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Es kommt nicht auf dessen formelle Bezeichnung an, sondern auf den wissenschaftlichen Zuschnitt der von ihm auszuführenden Tätigkeit. Das Adjektiv „wissenschaftlich“ bedeutet, „die Wissenschaft betreffend“. Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter, planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern.
b) Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören. Die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist dabei von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen. Bei Mischtätigkeiten ist es erforderlich, dass die wissenschaftlichen Dienstleistungen zeitlich überwiegen oder zumindest das Arbeitsverhältnis prägen. Überwiegend mit der bloßen Vermittlung von Sprachkenntnissen betraute Fremdsprachenlektoren gehören deshalb in der Regel nicht zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG. Die Wissenschaftlichkeit der Lehre setzt voraus, dass dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt. Das bedeutet allerdings nicht, dass wissenschaftliche Lehre iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1
WissZeitVG das Hervorbringen eigener Forschungsergebnisse und deren Vermittlung an die Studierenden verlangt. Für eine wissenschaftliche Lehre ist es nicht erforderlich, dass sich der Lehrende um eigene, neue wissenschaftliche Erkenntnisse bemüht. Es kann vielmehr ausrei
chen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse Dritter vermittelt werden. Unter Berücksichtigung des Zwecks der durch § 2 Abs. 1 WissZeitVG eröffneten besonderen Befristungsmöglichkeiten im Hochschulbereich ist jedoch nicht jede Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse als wissenschaftliche Dienstleistung anzusehen. Die Befristungsmöglichkeit in § 2 Abs. 1 WissZeitVG dient der Wahrung der durch Art. 5 Abs. 3 GG garantierten Wissenschaftsfreiheit im Interesse der Nachwuchs und Qualifikationsförderung und zur Sicherung der Innovation in Forschung und Lehre (BTDrs. 15/4132 S. 17). Dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 3 GG unterfällt auch eine
Es ist zu differenzieren zwischen wissenschaftlicher Lehrtätigkeit und un terrichtender
Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug.
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Lehre, die nicht auf eigenen, neuen Forschungserkenntnissen basiert, sondern allein die ständige Reflexion fremder wissenschaftlicher Ergebnisse verlangt. Entscheidend ist, dass der Lehrende Forschungs und Erkenntnisentwicklungen auf seinem jeweiligen Wissenschaftsgebiet permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss, um diese für seine Lehre didaktisch und methodisch zu verarbeiten. Würde man wissenschaftliche Lehre nur dann annehmen, wenn sie sich als Resultat eigener Forschung darstellt, wäre auch ein Großteil der Lehre an Universitäten nicht als wissenschaftlich zu qualifizieren, was dem Grundrechtsschutz für die Freiheit der Lehre nicht gerecht würde. Unter Berücksichtigung dessen ist eine Lehrtätigkeit, die sich nach dem vereinbarten Vertragsinhalt auf eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte beschränkt, nicht als wissenschaftliche Lehre anzusehen, während eine Lehrtätigkeit auch dann eine wissenschaftliche Dienstleistung ist, wenn zwar keine eigenen Forschungsergebnisse gelehrt, sondern Erkenntnisse Dritter vermittelt werden, von dem Lehrenden aber nach dem Vertragsinhalt erwartet wird, dass er diese Erkenntnisse kritisch hinterfragt, sich damit auseinandersetzt und dass er diese eigenen Reflexionen in seine Lehrtätigkeit einbringt. Dies kann von dem Lehrenden allerdings nur erwartet werden, wenn ihm während seiner Arbeitszeit die Gelegenheit und insbesondere die erforderliche Zeit zu eigener Reflexion verbleibt. Die Möglichkeit der Nutzung wissenschaftlicher Einrichtungen außerhalb der Dienstzeit genügt nicht.
c) Für die Beurteilung, ob die Tätigkeit eines Mitarbeiters insgesamt wissenschaftliches Gepräge hat, kommt es auf die Umstände bei Vertragsschluss an. … Die Parteien haben es nicht selbst in der Hand, durch eine Modifizierung der vertraglichen Aufgaben die Wissenschaftlichkeit nachträglich herbeizuführen oder zu beseitigen. (…)
d) Das Landesarbeitsgericht ist danach zwar zutreffend davon ausgegangen, dass sich die Tätigkeit der Klägerin nach der „Beschreibung der Arbeitsvorgänge“ richtet. Jedoch beruht die Annahme, die von der Klägerin zu erbringenden Aufgaben für den Fremdsprachenunterricht Serbisch/Kroatisch seien wissenschaftlich geprägt gewesen, nicht auf hinreichenden Tatsachenfeststellungen. Die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil lassen nicht ausreichend erkennen, inwieweit die nach der „Beschreibung der Arbeitsvorgänge“ übertragene Lehrtätigkeit der Klägerin eigenständige Forschungen oder Reflexionen zur Sicherung oder Erweiterung ihres Kenntnisstandes verlangte.
Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ergibt sich dies nicht daraus, dass der Klägerin die Erteilung von „Unterricht in kroatischer/serbischer (Fach)Sprache sowie Literatur und Landeskunde mit Vor und
Nachbereitung“ übertragen wurde. Dies könnte vielmehr eher dafür sprechen, dass der zu erteilende Sprachunterricht durch eine rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte geprägt war und damit nicht als wissenschaftlich anzusehen ist.
Ein wissenschaftlicher Zuschnitt der geschuldeten Tätigkeit ergibt sich auch nicht ohne Weiteres aus den zur Akte gereichten Modulbeschreibungen, auf die das Landesarbeitsgericht lediglich pauschal Bezug genommen hat. Danach stehen die sprachwissenschaftlichen und sprachunterrichtenden Aufgaben wie „Sprachwissenschaft und kroatisch/serbische Sprache“, „Literaturwissenschaft und kroatisch/serbische Sprache“ sowie „Kulturwissenschaft und kroatisch/serbische Sprache“
nebeneinander, ohne dass vom Landesarbeitsgericht festgestellt wäre, ob und inwieweit die Klägerin sprachwissenschaftliche Entwicklungen zu verfolgen und bei ihrer Unterrichtsgestaltung zu berücksichtigen hatte. (…)
Soweit das Landesarbeitsgericht bei seiner Würdigung „ergänzend herangezogen“ hat, dass die von der Klägerin ebenfalls angebotenen Lehrveranstaltungen Phonetik, Phonetik II, Lektüre, Lektüre II, Fachsprache Kroatisch und Serbisch II, Fachsprache Kroatisch und Serbisch IV, Kroatische und Serbische Landeskunde, Kommunikation, Kommunikation II, Einführung in die Fachsprache, Übersetzung Deutsch/Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Südslavische Landeskunde, Übersetzung II „allein nach ihrer Bezeichnung“ zum Teil Inhalte der Modulbeschreibungen Slavistik für die BachelorStudiengänge mitabdeckten, ergibt sich daraus nicht, weshalb dies wissenschaftliche Dienstleistungen sein sollen. Auch die Annahme, die Aufgabe der Klägerin im Rahmen ihrer Lehrveranstaltungen habe in der Anleitung der Studierenden zur wissenschaftlichen Tätigkeit bestanden, ist durch keine konkrete Feststellung belegt. Allein der vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegte Erfahrungssatz, dass die Anleitung von Studierenden zur wissenschaftlichen Tätigkeit ohne eigene wissenschaftliche Tätigkeit der Klägerin schlechterdings nicht denkbar ist, macht die gebotenen Feststellungen nicht entbehrlich. Auf welchen Feststellungen die Annahme des Landesarbeitsgerichts beruht, es sei allein Sache der Klägerin gewesen, ihre Lehrmaterialien kontinuierlich zu aktualisieren und diese nach kritischer Überprüfung entsprechend der wissenschaftlichen Zielsetzung einzusetzen, erschließt sich aus der Begründung der Entscheidung ebenfalls nicht. Dies ergibt sich nicht ohne Weiteres daraus, dass die Klägerin nach § 3 Abs. 1 Nr. 8 LVVO während der
Ob die Tätigkeit eines Mitarbeiters insgesamt wissenschaftliches Gepräge hat, beurteilt sich ausschließlich
nach den Umständen bei Vertragsschluss.
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Vorlesungszeit 14 Lehrveranstaltungsstunden wöchentlich zu leisten hatte, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 3 LVVO jeweils mindestens 45 Minuten umfassten, und sie die Inhalte der von ihr modular vorgegebenen Lehrveranstaltungen frei bestimmen konnte. Daraus lässt sich nicht entnehmen, worin die prägende wissenschaftliche Zielsetzung des von der Klägerin zu erteilenden Sprachunterrichts bestehen soll.
3. (…) 5. (…) Die Klägerin gehörte nicht deshalb zum wissenschaftlichen Personal iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeitVG, weil sie nach der „Beschreibung der Arbeitsvorgänge“ mit 25 vH ihrer Arbeitszeit neben ihren Lehrverpflichtungen Gelegenheit zur persönlichen Weiterqualifizierung durch eine eigene wissenschaftliche Tätigkeit hatte. Bereits aufgrund des zeitlichen Umfangs wird das Arbeitsverhältnis dadurch nicht insgesamt geprägt. (…)
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Anmerkung
1. Bedeutung befristeter Arbeitsverhältnisse in Deutschland
Mit dem vorliegenden Urteil liefert das Bundesarbeitsgericht ein weiteres anschauliches Urteil, welche Grenzen die Befristungspraxis an Universitäten nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) hat. Der Gesetzgeber hat im Jahr 2007 für die besonderen Anforderungen in der Wissenschaft für Hochschulen die Möglichkeit geschaffen, wissenschaftliches und künstlerisches Personal, neben dem Teilzeit und Befristungsgesetz, auch nach dem Wissenschaftszeitvertragsgesetz befristet zu beschäftigen. Befristungen werden in der Phase der Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses als sinnvoll und notwendig erachtet, da nur so die Chancen des wissenschaftlichen Nachwuchses jeder Generation gewahrt werden (so genanntes Rotationsprinzip).
2. Inhalt des UrteilsDas Bundesarbeitsgericht bestätigt seine Rechtsprechung zum persönlichen Geltungsbereich des WissZeitVG bei Lehrkräften für besondere Aufgaben. Im Unterschied zu anderen universitären Beschäftigungsformen üben Lehrkräfte für besondere Aufgaben weit überwiegend lehrende Tätigkeiten aus. Das Bundesarbeitsgericht hält die Einschätzung der Vorinstanz, ob es sich bei der vorliegenden Tätigkeit um eine wissenschaftliche Tätigkeit nach WissZeitVG handelt, für nicht ausreichend festgestellt. Grundsätzlich gehört derjenige Arbeitnehmer zum wissenschaftlichen Personal nach § 1 Abs. 1 Satz 1 WissZeit
VG, der wissenschaftliche Dienstleistungen erbringt. Eine wissenschaftliche Tätigkeit ist dabei alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter und planmäßiger Versuch zur Wahrheitsermittlung betrachtet werden kann. Erkenntnisgewinn und die Sicherung des Erkenntnisstandes in der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin sind die handlungsleitenden Motive. Auch kann die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten eine wissenschaftliche Dienstleistung sein. Die Wissenschaftlichkeit der Lehre setzt voraus, dass der Lehrende wenigstens die Möglichkeit der eigenständigen Forschung und Reflexion hat. Unter Berücksichtigung des Schutzbereichs der Wissenschaft aus Art. 5 Abs. 3 GG ist entscheidend, dass der Lehrende aktuelle Forschungsentwicklungen auf seinem Wissenschaftsgebiet „permanent verfolgen, reflektieren und kritisch hinterfragen muss“, um diese für die Lehrtätigkeit didaktisch aufzuarbeiten. Nicht ausreichend für die Annahme einer wissenschaftlichen Tätigkeit ist die bloße Vor und Nachbereitung der Lehrinhalte. Dies spricht nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts eher für „rein repetierende Wiedergabe vorgegebener Inhalte“. Auch eine wissenschaftlich prägende Zielsetzung bei der Unterrichtsausübung muss explizit dargelegt worden sein, da sich diese nicht alleine aus der universitären Lehrtätigkeit als solcher ergeben kann. Selbst die Tatsache, dass 25 Prozent der Arbeitszeit zur persönlichen Weiterqualifizierung dienen und damit eine Mischtätigkeit
vorliegt, kann das Arbeitsverhältnis aufgrund des vergleichsweise geringen zeitlichen Umfangs nicht prägen.
3. StellungnahmeDurch die stetig steigende Anzahl Studierender und der BolognaReform ist der Lehrbedarf an Universitäten gestiegen. Über die befristete Einstellung von Lehrkräften für besondere Aufgaben können Universitäten zum einen den gestiegenen Lehrbedarf bedienen, zum anderen die Personalkosten vergleichsweise geringhalten. Das Bundesarbeitsgericht hat die Schutzbedürftigkeit der Lehrkräfte für besondere Aufgaben erkannt. Gerade wenn ein hoher Lehraufwand von 14 Semesterwochenstunden und mehr arbeitsvertraglich vorgesehen ist – wie im vorliegenden Fall – dürfen diese Lehrkräfte nicht von Universitäten als preiswerte Arbeitskräfte unter dem Deckmantel einer wissenschaftlichen Tätigkeit nach WissZeitVG eingestellt werden. Die verlängerte
Konsequenzen für die Praxis
1. Eine Befristung nach WissZeitVG ist nur für wissenschaftlich geprägte Tätigkeiten zulässig. 2. Wissenschaftlich geprägt ist die Tätigkeit, wenn die Lehrtätigkeit während der Dienstzeit nicht deutlich überwiegt und ausreichend Zeit für die wissenschaftliche Auseinandersetzung in Form einer Reflexion und kritischen Würdigung der aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen zur Verfügung steht.
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Befristungsdauer von sechs Jahren im WissZeitVG ist auf einen engen persönlichen und sachlichen Anwendungsbereich begrenzt.
Um eine rechtssichere Begründung einer Befristung nach WissZeitVG zu vereinbaren, bedarf es einer wissenschaftlichen Prägung der Tätigkeit. Dies ist kostenintensiv, da dann die Lehrtätigkeit während der Dienstzeit nicht deutlich überwiegen darf und daher die Universitäten im Ergebnis mehr Lehrpersonal benötigen werden. Die arbeitsvertragliche Heraushebung der wissenschaftlichen Tätigkeit bei der Ausübung der Lehre
ist damit unausweichlich. Es sollte im Arbeitsvertrag so konkret wie möglich ausformuliert werden, inwieweit die auszuübende Tätigkeit eine Reflexion und kritische Würdigung der aktuellen wissenschaftlichen Entwicklungen für die Ausübung der Lehrtätigkeit erforderlich macht und damit eine Befristung nach WissZeitVG begründen kann. Dies bedeutet jedoch auch, dass ausreichend Dienstzeit für die wissenschaftliche Auseinandersetzung arbeitsvertraglich vorgesehen sein muss.
Soo Maximilian HahnTarifreferent, dbb beamtenbund
und tarifunion
Ermittlung der regelmäßigen Arbeitszeit bei fehlender Angabe im Arbeitsvertrag Schließen Parteien konkludent einen Arbeitsvertrag ohne inhaltliche Bestimmungen, kann mangels anderer Anknüpfungspunkte zur Ermittlung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis mittels der Referenzmethode abgestellt werden. Dies ist Ausdruck des wirklichen Parteiwillens, auch wenn dem tatsächlichen Verhalten kein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Beschäftigungsverhältnisses zu entnehmen ist.(Leitsätze der Schriftleitung)BAG, Urteil v. 2.11.2016 – 10 AZR 419/15 –
Zum Sachverhalt
Die Parteien streiten nach rechtskräftiger Feststellung, dass zwischen ihnen seit dem 1. September 2001 ein Arbeitsverhältnis besteht, noch über den zeitlichen Umfang, in welchem die Beklagte den Kläger zu beschäftigen hat.
Der 1965 geborene Kläger arbeitet seit dem 1. September 2001 für die Beklagte bzw. deren Rechtsvorgängerin als Cutter. Die Parteien haben keinen schriftlichen Vertrag abgeschlossen. Die Beklagte stufte den Kläger in der Vergangenheit als freien Dienstvertragsnehmer ein. Die Zahl der tatsächlichen jährlichen Einsatztage des Klägers schwankte zwischen 106 Tagen im Jahr 2004 und 130 Tagen im Jahr 2013. Ein Einsatztag des Klägers entsprach einem Arbeitstag eines Vollzeitarbeitnehmers.
Der Kläger hat gemeint, seine Teilzeitbeschäftigungsquote sei nach der Zahl der Einsatztage in den letzten drei vollen Kalenderjahren vor Klageerhebung zu bestimmen. Dies spiegele den aktuellen Stand des Arbeitsverhältnisses der Parteien wider und sei ein geeigneter Referenzzeitraum. Hieraus würden sich im Schnitt 121 Einsatztage pro Jahr ergeben. Zu dieser Zahl seien noch
zehn Tage zu addieren, die ein Arbeitnehmer in Deutschland nach Angaben des Statistischen Bundesamts im Durchschnitt eines Jahres krank sei. Ferner müsse anteilig der Urlaub berücksichtigt werden, den die Beklagte ihren Arbeitnehmern gewähre. Insgesamt ergebe sich so ein Beschäftigungsumfang von 59,28 % einer Vollzeitkraft.
Der Kläger hat zuletzt – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihn mit einer Teilzeitquote von 59,28 % als Cutter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat zuletzt – soweit für das Revisionsverfahren von Interesse – beantragt, die Klage abzuweisen, soweit der Kläger begehrt, mit einer Teilzeitquote von mehr als 51,1 % von ihr als Cutter beschäftigt zu werden.
Die Beklagte hat geltend gemacht, die Teilzeitbeschäftigungsquote des Klägers sei nach der durchschnittlichen Zahl der Einsatztage seit Beginn des Arbeitsverhältnisses zu bestimmen. Je länger der Referenzzeitraum gewählt werde, desto besser werde die Vertrags praxis der Parteien abgebildet und würden Zu fälligkeiten bei der Berechnung vermieden. Dann ergäben sich durchschnittlich nur 115 Einsatztage des Klägers pro Jahr. Rein statistische Krankheitstage von Arbeitnehmern seien bei der Berechnung der Teilzeitquote des Klägers nicht zu beachten. Insgesamt ergebe sich so – unter weiterer rechnerischer Berücksichtigung von Urlaub – ein Anspruch des Klägers auf Beschäftigung im Umfang von 51,1 % einer Vollzeitkraft.
Das Arbeitsgericht hat die Klage des Klägers, die sich auch auf die Fragen des Arbeitnehmerstatus und der Eingruppierung bezog, insgesamt abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der vom
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Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte das Ziel, den Kläger hinsichtlich der Teilzeitquote nur in geringerem Umfang beschäftigen zu müssen als vom Landesarbeitsgericht zugesprochen.
Aus den Gründen
Die zulässige Revision der Beklagten ist nur teilweise begründet. Dem Kläger steht entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts ein Anspruch auf Beschäftigung als Cutter im Umfang von nur 54,75 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft zu. Soweit die Beklagte von einem noch geringeren Beschäftigungsanspruch ausgeht, ist ihre Revision unbegründet.
I. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts, der Kläger sei im Umfang von 59,28 % der Arbeitszeit einer Vollzeitkraft zu beschäftigen, ist nicht frei von Rechtsfehlern.
1. Die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, zur Berechnung des Umfangs der tatsächlichen Beschäftigung des Klägers in der Vergangenheit und Bestimmung des Vertragsinhalts der Parteien sei als Referenzzeitraum der Zeitraum der letzten drei vollen Kalenderjahre vor Klageerhebung zugrunde zu legen, ist allerdings aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
a) Haben die Parteien – wie im Streitfall – einen Arbeitsvertrag ohne ausdrückliche Willenserklärungen zu seinem näheren Inhalt geschlossen, kann in Ermangelung anderer Anknüpfungspunkte für die Bestimmung der regelmäßigen vertraglichen Arbeitszeit auf das gelebte Rechtsverhältnis als Ausdruck des wirklichen Parteiwillens abgestellt werden, auch wenn dem tatsächlichen Verhalten nicht notwendig ein bestimmter rechtsgeschäftlicher Erklärungswert in Bezug auf den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zukommt. Dabei entspricht die vom Landesarbeitsgericht angewandte Referenzmethode am ehesten dem durch tatsächliche Arbeitsleistung geäußerten Parteiwillen, wenn der Beurteilung eine mehrjährig übereinstimmend und ohne entgegenstehende Bekundungen geübte Vertragspraxis zugrunde liegt. Sie vermeidet die Überbetonung von auf Zufälligkeiten beruhenden Ausschlägen nach oben und unten.
b) Der Referenzzeitraum ist so zu bemessen, dass zufällige Ergebnisse ausgeschlossen sind und der aktuelle Stand des Vertragsverhältnisses der Parteien wiedergegeben wird.
aa) (…) Es gibt keine feste Regel, welcher Zeitraum hierbei in den Blick zu nehmen ist. (…)
bb) Bei einem seit mehr als einem Jahr bestehenden Arbeitsverhältnis wird ein Referenzzeitraum von weniger als einem Jahr häufig ungeeignet sein, da hier auf Zufälligkeiten beruhenden Ausschlägen eine überproportionale Bedeutung zukommen kann. Andererseits
können auch bei der Betrachtung des Gesamtzeitraums eines langjährigen Arbeitsverhältnisses Sondereffekte zu Verzerrungen führen. Ferner wird möglicherweise in einem solchen Fall der aktuelle Stand des Arbeitsverhältnisses nicht in genügendem Maße abgebildet. (…)
c) (…) Im Rechtsstreit ist zunächst von dem vom Kläger gewählten Referenzzeitraum auszugehen und zu prüfen, ob sein diesbezüglicher Vortrag schlüssig und der gewählte Referenzzeitraum iSd. oben genannten Voraussetzungen geeignet ist. (…)
d) (…) Die Auslegung nichttypischer, individueller Willenserklärungen durch die Tatsachengerichte ist in der Revisionsinstanz nur daraufhin überprüfbar, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln verletzt, gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat.
e) Nach diesem Maßstab ist der vom Landesarbeitsgericht zugrunde gelegte Referenzzeitraum der Jahre 2011 bis 2013 hinsichtlich Repräsentativität und Aktualität nicht rechtsfehlerhaft bestimmt. Damit ist von durchschnittlich 121 tatsächlichen jährlichen Einsatztagen des Klägers auszugehen.
aa) (…) Der Referenzzeitraum ist stets konkret aus dem gelebten Arbeitsverhältnis unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu ermitteln.
bb) (…) (1) Das Landesarbeitsgericht durfte zur Bestimmung des Vergleichszeitraums zunächst von dem schlüssigen Vortrag des Klägers ausgehen, der bei der Berechnung der von ihm zuletzt begehrten Teilzeitquote als Referenzzeitraum die Jahre 2011 bis 2013 zugrunde gelegt hat. Nach seinem Vortrag war dieser Zeitraum repräsentativ und der Umfang der aktuellen Vereinbarung durch diesen Zeitraum entsprechend geprägt.
(2) Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, weder dem Vortrag der Beklagten sei hinreichend deutlich zu entnehmen, dass der vom Kläger gewählte Referenzzeitraum nicht repräsentativ sei, noch sei dies ansonsten ersichtlich. Drei volle Kalenderjahre sind ein Zeitraum, der nicht nur rein saisonale Schwankungen im Beschäftigungsumfang ausblendet, sondern auch zufällige Gestaltungen, die sich in einem einzelnen Jahr ergeben können, angemessen ausgleicht. Eine Verpflichtung, den Gesamtzeitraum des Arbeitsverhältnisses von zwölf vollen Kalenderjahren heranzuziehen – wie es die Beklagte verlangt , besteht nicht. Zwar werden Einflüsse einzelner Jahre dadurch stärker zurückgedrängt. Andererseits leidet diese Betrachtungsweise unter dem Nachteil, dass sie in geringerem Maß den aktuellen Stand des Vertragsverhältnisses der Parteien widerspiegelt und von lange zurückliegenden Umständen zu Beginn des Arbeitsverhältnisses beeinflusst wird. Soweit die Beklagte meint, die Betrachtung der letzten drei vollen Kalenderjahre bevorzuge allein die
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Position des Klägers, da es sich um überdurchschnittliche Jahre handele, übersieht sie, dass zwar die Jahre 2012 (124 Einsatztage) und 2013 (130 Einsatztage) überdurchschnittlich waren, das Jahr 2011 (109 Einsatztage) aber nach Berechnung beider Parteien unterdurchschnittlich. Schon ein Vergleich der Berechnungen des Klägers (durchschnittlich 121 Einsatztage) und der Beklagten (durchschnittlich 115 Einsatztage), die nur etwa 5 % voneinander abweichen, zeigt, dass der vom Kläger gewählte kürzere, aber aktuellere Referenzzeitraum nicht zu einer Überbetonung von Zufälligkeiten führt. (…)
2. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, den tatsächlichen Einsatztagen des Klägers seien durchschnittliche statistische Krankheitstage von Arbeitnehmern hinzuzurechnen, beruht auf einem unzutreffenden rechtlichen Gesichtspunkt. Insoweit erweist sich das Urteil des Landesarbeitsgerichts als rechtsfehlerhaft und die Revision der Beklagten als begründet.
a) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zur Bestimmung des Beschäftigungsumfangs, den der Kläger von der Beklagten beanspruchen kann, seien zu den tatsächlichen Einsatztagen im Referenzzeitraum die durchschnittlichen statistischen Krankheitstage eines Arbeitnehmers in Deutschland zu addieren.
b) Diese nicht näher begründete Ansicht des Landesarbeitsgerichts ist rechtsfehlerhaft. Insoweit ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 563 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung bedarf es nicht, da der Senat in der Sache selbst entscheiden kann (§ 563 Abs. 3 ZPO).
aa) Das Landesarbeitsgericht berücksichtigt nicht, dass mit der Referenzmethode aus dem gelebten Rechtsverhältnis der individuelle Parteiwille zur Bestimmung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit zu ermitteln ist. Hieraus folgt, dass ausschließlich das konkrete Verhalten der Parteien Rückschlüsse auf den Parteiwillen geben kann. Dem widerspricht die Heranziehung eines statistischen Durchschnitts von Krankheitstagen. Diese Betrachtung sagt weder etwas über das gelebte Arbeits
verhältnis der Parteien noch über deren Willen aus und widerspricht der im Übrigen gewählten Referenzmethode.
bb) Allerdings können konkrete Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Vergangenheit für die Bestimmung der dem Parteiwillen entsprechenden Einsatztage durchaus Bedeutung haben. Soweit Einsatztage des Klägers deshalb entfallen sind, weil er an diesen Tagen arbeitsunfähig krank war, lässt dies einen Rückschluss auf den von den Parteien tatsächlichen gewollten Beschäftigungsumfang zu.
cc) Aus dem Vortrag des Klägers ergibt sich jedoch nicht, dass im Referenzzeitraum der Jahre 2011 bis 2013 Einsatztage ausgefallen sind, weil er arbeitsunfähig krank gewesen ist. (…)
3. Die Teilzeitquote des Klägers beträgt 54,75 %.
a) Bei der Berechnung der Teilzeitquote des Klägers ist zu berücksichtigen, dass diese nur dann zutreffend bestimmt werden kann, wenn seine tatsächlichen Einsatztage mit den tatsächlichen Arbeitstagen eines Vollzeitarbeitnehmers bei der Beklagten verglichen werden. Die oben ermittelten durchschnittlichen Einsatztage des Klägers pro Jahr geben seine tatsächliche Beschäftigung an, ohne dass darin gewährter Urlaub enthalten ist. Zur Berechnung der Teilzeitquote müssen dieser Zahl daher die tatsächlichen Einsatztage einer Vollzeitkraft – ohne Berücksichtigung von Wochenenden, Feiertagen und Urlaubstagen – gegenübergestellt werden.
b) Im Referenzzeitraum der Jahre 2011 bis 2013 entfielen auf Vollzeitarbeitnehmer in Brandenburg …durchschnittlich 252 Arbeitstage. Bei 31 Urlaubstagen, die die Beklagte Vollzeitkräften mit vollendetem 40. Lebensjahr gewährt, verbleiben im Referenzzeitraum jährlich 221 tatsächliche Arbeitstage. Diese sind ins Verhältnis zu den durchschnittlich 121 tatsächlichen jährlichen Einsatztagen des Klägers zu setzen.
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Altersdiskriminierung bei tariflicher Urlaubsstaffelung Eine tarifvertragliche Urlaubsstaffelung, die unmittelbar an das Lebensalter anknüpft und pauschal für Arbeitnehmer ab Erreichen des 50. Lebensjahres einen höheren Lebensurlaub vorsieht, enthält eine Diskriminierung der jüngeren Arbeitnehmer wegen ihres Alters i.S.d. § 3 Abs.1 AGG und ist deswegen gem. § 7 Abs.2 AGG unwirksam.(Leitsatz der Schriftleitung)BAG, Urteil v. 15.11.2016 – 9 AZR 534/15 –
Zum Sachverhalt
Die Parteien streiten über den Umfang des jährlichen Urlaubsanspruchs der Klägerin.
Die am 21. September 1983 geborene Klägerin ist seit dem 1. August 2005 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerin als Gesundheits und Krankenpflegerin in Vollzeit beschäftigt. Die Parteien sind hinsichtlich des
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zwischen der Damp Holding AG und ver.di geschlossenen Manteltarifvertrags Damp vom 2. März 2010 (MTV Damp) tarifgebunden. § 22 MTV Damp enthält ua. folgende Regelungen:
„§ 22 Erholungsurlaub
(…) 2. Die Dauer des Erholungsurlaubs beträgt 28 Arbeitstage, nach Vollendung des 50. Lebensjahres 30 Arbeitstage. Die Lage des Urlaubs wird individuell zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Rahmen der Urlaubsplanung vereinbart. (…)
In den Jahren 2012 und 2013 gewährte die Beklagte ihren Arbeitnehmern jeweils 30 Urlaubstage. Hierzu erklärte sie mit Schreiben vom 29. Juli 2013, dass dies ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolge und hieraus für künftige Jahre keinerlei Rechte hergeleitet werden könnten. Seit dem Jahr 2014 gewährt die Beklagte ihren Arbeitnehmern Urlaub nur noch nach Maßgabe des MTV Damp. Der Klägerin wurden deshalb im Jahr 2014 28 Tage Urlaub gewährt.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2014 machte die Gewerkschaft ver.di für die Klägerin für das Jahr 2014 insgesamt 30 Urlaubstage geltend. Die H Damp GmbH lehnte die Gewährung von insgesamt 30 Urlaubstagen für ihre Mitarbeiter und für die Mitarbeiter der Beklagten mit Schreiben vom 11. November 2014 ab.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die tarifliche altersbezogene Urlaubsstaffelung stelle eine unzulässige Diskriminierung wegen des Alters gemäß §§ 1, 7 AGG dar.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt festzustellen, (…) dass ihr über 28 Urlaubstage hinaus jährlich zwei weitere Urlaubstage zustehen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klägerin stünden nur 28 Urlaubstage jährlich zu. Die Begünstigung älterer Beschäftigter im MTV Damp sei gerechtfertigt. Diese seien schutzbedürftiger als jüngere Beschäftigte. Das Erholungsbedürfnis werde mit zunehmendem Alter stärker. Ältere Beschäftigte seien nachweislich häufiger arbeitsunfähig krank und es komme zu längeren Fehlzeiten. Die durchschnittlichen Krankheitstage insgesamt, aber auch im Hinblick auf die einzelnen Bereiche Pflege, Therapie und Verwaltung, seien nach Vollendung des 50. Lebensjahres höher. (…) Im Übrigen zeige auch die Regelung in § 13 Ziff. 1 Buchst. c MTV Damp hinsichtlich einer Teilzeitbeschäftigung für „vollbeschäftigte“ Arbeitnehmer nach Vollendung des 50. Lebensjahres die Intention der Tarifvertragsparteien, Arbeitnehmer ab Vollendung des 50. Lebensjahres zu entlasten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurück
gewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klageziel weiter. Die Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.
Aus den Gründen
Die Revision der Klägerin ist begründet. Der Klägerin stehen im Kalenderjahr 30 und nicht nur 28 Tage Erholungsurlaub zu.
I. Die Klage ist zulässig. …
II. Die Klage ist begründet. Der Klägerin stehen gemäß §§ 1, 3 Abs. 1 iVm. § 7 Abs. 1 und Abs. 2 AGG kalenderjährlich zwei weitere Urlaubstage zu. Die Urlaubsregelung des § 22 Ziff. 2 MTV Damp verstößt gegen §§ 1, 3 Abs. 1 AGG. Die Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer ist sachlich nicht nach §§ 8, 10 AGG gerechtfertigt und deshalb gemäß § 7 Abs. 2 AGG unwirksam. Dies führt zu einer Anpassung des Umfangs des Urlaubsanspruchs der Klägerin „nach oben“. Dieser stehen deshalb bereits vor Vollendung des 50. Lebensjahres im Kalenderjahr insgesamt 30 Urlaubstage zu.
1. Die Urlaubsstaffelung in § 22 Ziff. 2 MTV Damp enthält eine auf dem Merkmal des Alters beruhende unmittelbare Benachteiligung jüngerer Arbeitnehmer wegen des Alters iSv. § 3 Abs. 1 AGG, denn sie knüpft unmittelbar an das Lebensalter an.
2. Diese Ungleichbehandlung ist nicht gerechtfertigt.
a) Es handelt sich nicht um eine nach § 8 AGG zulässige unterschiedliche Behandlung wegen beruflicher Anforderungen. § 22 Ziff. 2 MTV Damp knüpft nicht an die Art der auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen ihrer Ausübung an. Die Tarifvorschrift beansprucht Geltung für alle dem MTV Damp unterfallenden Arbeitnehmer.
b) Die Ungleichbehandlung ist auch nicht nach § 10 AGG sachlich gerechtfertigt.
aa) § 10 Satz 1 AGG lässt eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters ungeachtet der Regelung des § 8 AGG zu, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Zudem müssen die Mittel zur Erreichung dieses Ziels nach § 10 Satz 2 AGG angemessen und erforderlich sein.
bb) § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG konkretisiert u.a. das legitime Ziel der Sicherstellung des Schutzes älterer Beschäftigter, wobei dieser Schutz auch die Festlegung besonderer Beschäftigungs und Arbeitsbedingungen einschließen kann. Das AGG definiert in § 10 Satz 3 Nr. 1 – ebenso wie Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG – nicht, wann ein Beschäftigter „älter“ im Sinne der Norm ist. Nach dem Sinn und Zweck des Benachteiligungsverbots reicht es ohne das Vorliegen anderer Differenzierungsgründe nicht aus, dass das Alter der be
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günstigten Arbeitnehmer höher ist als das Alter der nicht begünstigten. Dementsprechend hat der Senat angenommen, ein Arbeitnehmer sei nach Vollendung seines 31. Lebensjahres offensichtlich noch kein älterer Beschäftigter iSv. § 10 Satz 3 Nr. 1 AGG. Aus dem systematischen Zusammenhang mit § 10 Satz 1 AGG und aus dem Regelungszweck folgt, dass die begünstigten Arbeitnehmer aufgrund ihres Alters der Förderung bei der beruflichen Eingliederung oder des Schutzes bedürfen müssen.
cc) Beruft sich der Arbeitgeber darauf, eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters sei zulässig, (…) genügt er seiner Darlegungslast nicht bereits dann, wenn er allgemein geltend macht, die Regelung diene dem Schutz älterer Arbeitnehmer.
dd) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist nicht dargelegt, dass die sich aus § 22 Ziff. 2 MTV Damp ergebende Ungleichbehandlung wegen des Alters durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist.
(1) Die Tarifvertragsparteien haben das mit § 22 Ziff. 2 MTV Damp verfolgte Ziel nicht ausdrücklich genannt. (…) Derjenige, der eine Ungleichbehandlung vornimmt, muss den nationalen Gerichten in geeigneter Weise die Möglichkeit zur Prüfung einräumen, ob mit der Ungleichbehandlung ein Ziel angestrebt wird, das die Ungleichbehandlung unter Beachtung der Ziele der Richtlinie 2000/78/EG rechtfertigt. Denn das nationale Gericht hat zu prüfen, ob die Regelung oder Maßnahme ein rechtmäßiges Ziel iSd. Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgt. Gleiches gilt für die Frage, ob die Tarifvertragsparteien als Normgeber angesichts des vorhandenen Wertungsspielraums davon ausgehen durften, dass die gewählten Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich waren. Wenn die Sozialpartner Maßnahmen treffen, die in den Geltungsbereich der Richtlinie 2000/78/EG fallen, die für Beschäftigung und Beruf das Verbot der Diskriminierung wegen des Alters konkretisiert, müssen sie unter Beachtung dieser Richtlinie vorgehen.
(2) Wenn eine Tarifregelung die Urlaubsdauer nach dem Lebensalter staffelt, liegt die Annahme nahe, die Tarifvertragsparteien hätten einem mit zunehmendem Alter gesteigerten Erholungsbedürfnis älterer Beschäftigter Rechnung tragen wollen. Diese Annahme darf freilich nicht durch die konkrete Wahl der Altersgrenze(n) widerlegt werden.
(3) Die Beklagte hat pauschal auf die körperliche und psychische Belastung verschiedener Berufsgruppen im Klinikbereich und auf das mit zunehmendem Alter gesteigerte Erholungsbedürfnis verwiesen. Das reicht nicht aus. Sie hat nicht dargetan, (…) dass bei sämtlichen Arbeitnehmern, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, unabhängig von ihrer ausgeübten Tätigkeit ein gegenüber anderen Arbeitnehmern erhöhtes Erholungsbedürfnis vorliegen soll.
(a) Der von der Beklagten behauptete Erfahrungssatz, infolge einer Abnahme der physischen Belastbarkeit sei bei Beschäftigten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, generell von einem erhöhten Urlaubsbedürfnis und einer längeren Regenerationszeit auszugehen, existiert in dieser Allgemeinheit nicht. Die Abnahme körperlicher Fähigkeiten, die auch altersbedingt sein kann, bedeutet nicht, dass diese unabhängig vom Berufsbild zu einem in bestimmtem Umfang erhöhten Erholungsbedürfnis führt, das zudem an bestimmten Altersstufen festgemacht werden könnte. Zwar führt die Beklagte Berufsgruppen auf, deren Tätigkeiten mit besonderen Belastungen verbunden sein sollen. Die Urlaubsregelung in § 22 Ziff. 2 MTV Damp differenziert aber nicht nach Berufsgruppen. Im Klinikbereich sind auch Arbeitnehmer tätig, deren Arbeit nicht mit besonderen Belastungen, die einen solchen Ausgleich rechtfertigen könnten, verbunden ist (zB Verwaltungsmitarbeiter). Auch für diese erhöht sich der jährliche Urlaubsanspruch. Im Übrigen gilt die tarifliche Regelung auch für Arbeitnehmer, die bei Vollendung des 50. Lebensjahres noch nicht längere Zeit im Klinikbereich tätig waren. (…)
(c) Soweit das Landesarbeitsgericht und die Beklagte darauf abstellen, Arbeitnehmer der Beklagten seien in besonderem Maße körperlichen Anforderungen, insbesondere durch Nacht, Feiertags und Schichtarbeit ausgesetzt, spricht dies gerade gegen die Annahme, Arbeitnehmer der Beklagten, die das 50. Lebensjahr vollendet haben, seien hiervon besonders betroffen. Denn § 22 Ziff. 8 MTV Damp gewährt gerade allen Arbeitnehmern, die in bestimmtem Umfang Nacht oder Schichtarbeit leisten, zusätzliche Urlaubstage, und zwar altersunabhängig. (…) § 22 Ziff. 2 MTV Damp stellt ausschließlich auf das Alter ab, und zwar unabhängig von einzelnen Berufsbildern oder besonders belastenden Arbeitsbedingungen. Eine Verknüpfung zwischen besonderen Arbeitsbedingungen und bestimmten Altersgruppen stellt § 22 MTV Damp gerade nicht her. (…)
3. Die Diskriminierung der Klägerin kann nur dadurch beseitigt werden, dass ihr im Kalenderjahr 30 Urlaubstage zustehen. Zwar folgt aus § 7 Abs. 2 AGG nur, dass die diskriminierende Regelung unwirksam ist. Jedoch kann die Beseitigung der Diskriminierung vorliegend nur durch eine Anpassung „nach oben“ erfolgen. (…)
b) Der Urlaubsanspruch für Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, beträgt somit (ebenfalls) jährlich 30 Arbeitstage. Auch unter Berücksichtigung von Art. 9 Abs. 3 GG kommt daher im vorliegenden Fall nur eine Anpassung „nach oben“ in Betracht. Die Benachteiligung der Klägerin kann nicht auf andere Weise ausgeschlossen werden. Der von §§ 1, 7 AGG bzw. Art. 6 der Richtlinie 2000/78/EG verfolgte Zweck, Benachteiligungen zu verhindern oder zu beseitigen, würde ansonsten nicht erreicht. (…)
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Rechtsprechung in LeitsätzenBeteiligungsverfahren
Unzuständigkeit der Einigungsstelle bei Verbrauch der Mitbestimmung durch Betriebsvereinbarung/Zuständigkeit des GesamtbetriebsratsDie Einigungsstelle ist offensichtlich unzuständig, wenn von einem Mitbestimmungsrecht bereits durch den Abschluss einer Betriebsvereinbarung Gebrauch gemacht wurde und diese weder gekündigt noch für unwirksam erklärt ist oder erachtet wird. Das gilt insbesondere dann, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der die Verhandlungen fordernde Betriebsrat für die zu verhandelnden Fragen zuständig ist.
Der Gesamtbetriebsrat ist für die Regelung zuständig, wenn die Angelegenheit das Gesamtunternehmen betrifft und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden kann. Zwar geht es um die Konkretisierung allgemeiner Vorschriften zum Gesundheitsschutz, die Arbeitnehmer auf betrieblicher Ebene betreffen. Es handelt sich allerdings um unternehmensweit einheitliche Übernachtungsmöglichkeiten, die von Arbeitnehmern aller Betriebe genutzt werden. Alle auswärts übernachtenden Arbeitnehmer des gesamten Unternehmens der Arbeitgeberin sind von dem Wohnheim betroffen. Dies verlangt auch eine unternehmensweit einheitliche Festlegung der Hygienestandards für dieses Wohnheim.LAG Köln, Beschluss v. 7.4.2016 – 12 TaBV 86/15 –Volltext unter www.nrwe.de
Beschlussverfahren
Beschlussverfahren/Bestimmtheitserfordernis beim FeststellungsantragsNach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss die Klageschrift ua. einen bestimmten Antrag enthalten. Dieses Bestimmtheitserfordernis gilt auch für eine Antragsschrift im Beschlussverfahren.
An die Bestimmtheit eines Feststellungsantrags sind keine geringeren Anforderungen zu stellen als an die eines Leistungsantrags. Auch wenn das Bestehen oder der Umfang eines Rechtsverhältnisses zur gerichtlichen Entscheidung gestellt wird, muss zweifelsfrei erkennbar sein, worüber das Gericht eine Sachentscheidung treffen soll.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Beschluss v. 18.5.2016 – 7 ABR 41/14 –
Arbeits/Arbeitsvertragsrecht
Abgrenzung der Arbeitnehmerüberlassung von der Tätigkeit aufgrund eines DienstvertragsDie in § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG angeordnete Rechtsfolge, das Zustandekommen eines Arbeitsverhältnisses zwi
schen dem Entleiher und dem Leiharbeitnehmer, kompensiert den Verlust, den der Leiharbeitnehmer andernfalls infolge der Regelung in § 9 Nr. 1 AÜG erlitte.
Indem § 10 Abs. 1 Satz 3 AÜG für den Umfang der Arbeitszeit nicht auf die vertraglichen Regelungen im Verhältnis zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer abstellt, sondern die Bestimmungen des Überlassungsvertrags für maßgeblich erklärt, schützt das Gesetz den Entleiher, der nur in dem Umfang, den der Überlassungsvertrag für den Einsatz des Leiharbeitnehmers vorsieht, mit einem Arbeitsverhältnis belastet wird. Nachteile, die dem Leiharbeitnehmer dadurch entstehen, dass die regelmäßige Arbeitszeit in dem neuen Arbeitsverhältnis hinter der in dem alten Arbeitsverhältnis zurückbleibt, kann der Leiharbeitnehmer nur im Wege des Schadensersatzes nach § 10 Abs. 2 Satz 1 AÜG gegenüber dem Verleiher geltend machen.
Der Umfang der im Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher vorgesehenen Überlassung kann sich zum einen aus einer ausdrücklichen Bestimmung selbst, zum anderen aus dem Umfang der tatsächlichen Überlassung des Leiharbeitnehmers ergeben.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 20.9.2016 – 9 AZR 735/15 –
Tarif/Tarifvertragsrecht
Tarifvertragliche Regelungen über sachgrundlose BefristungenEine tarifliche Regelung, die die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren bei fünfmaliger Verlängerungsmöglichkeit zulässt, ist wirksam.
Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 TzBfG ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig. Bis zu dieser Gesamtdauer darf ein befristeter Vertrag nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 TzBfG höchstens dreimal verlängert werden. Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG können durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend von § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG festgelegt werden. Diese Befugnis der Tarifvertragsparteien gilt aus
Hinweis:Fehlt eine nähere Angabe, handelt es sich um die amtlichen Leitsätze des erkennenden Gerichts. „Leitsätze der Schriftleitung“ wurden von der Redaktion oder dem Einsender der Entscheidung formuliert. „Leitsätze aus den Gründen“ sind von der Redaktion ausgewählte wörtliche bzw. nur in geringfügig veränderter Syntax zitierte Auszüge aus den Entscheidungsgründen. „Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG“ sind als solche erkennbar gemacht.
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verfassungs und unionsrechtlichen Gründen nicht schrankenlos.
Der durch § 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG eröffnete Gestaltungsrahmen der Tarifvertragsparteien ermöglicht nur Regelungen, durch die die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Werte für die Höchstdauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags und die Anzahl der möglichen Vertragsverlängerungen nicht um mehr als das Dreifache überschritten werden.BAG, Urteil v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15 –
Kündigungsrecht
Kündigung eines Berufsausbildungsverhältnisses/Probezeitverlängerung nach Unterbrechung der AusbildungNach § 20 Satz 2 BBiG muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen. Ist die Regelung der Probezeit in einem Formularausbildungsvertrag enthalten, unterliegt eine Klausel hinsichtlich der Dauer der Probezeit einer Kontrolle nach den §§ 307 ff. BGB.
Die Parteien können für den Fall einer Unterbrechung der Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel der Probezeit vereinbaren, dass sich die Probezeit um den Zeitraum der Unterbrechung verlän
gert. Eine solche Regelung ist weder gemäß § 25 BBiG nichtig noch handelt es sich um eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB. Die Verlängerung dient der Erfüllung des Zwecks der Probezeit und liegt letztlich im Interesse beider Vertragsparteien.
Grundsätzlich kommt es nicht darauf an, aus welchen Gründen die Ausbildung ausgefallen ist und aus wessen Sphäre sie stammen. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben kann sich der Ausbildende aber nicht auf die vertragliche Verlängerung der Probezeit berufen, wenn er die Unterbrechung der Ausbildung selbst vertragswidrig herbeigeführt hat.(Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG)BAG, Urteil v. 9.6.2016 – 6 AZR 396/15 –
Abbruch des Konsultationsverfahren bei Massenentlassung wegen fehlender Verhandlungsbereitschaft des BetriebsratsEin Arbeitgeber darf das Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 KSchG als beendet ansehen, wenn der Betriebsrat keine weitere Verhandlungsbereitschaft über Maßnahmen zur Vermeidung oder Einschränkung von Massenentlassungen erkennen lässt.BAG, Urteil v. 22.9.2016 – 2 AZR 276/16 –
Gestaltungsbefugnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVGDr. Serge Reitze, Köln*
Im Rahmen der Reform des Betriebsverfassungsrechts ist § 3 BetrVG grundlegend neugestaltet worden. Vor allem den Tarifvertragsparteien sind recht weitgehende Möglichkeiten eröffnet worden, durch Vereinbarung betriebliche Vertretungsstrukturen zu schaffen, die von den gesetzlichen Regelungen abweichen. Dies war schon unmittelbar nach Inkrafttreten Gegenstand der – auch verfassungsrechtlichen – Diskussion.1 Mit Beschluss vom 13. März 20132 hat das Bundesarbeitsgericht die für die Praxis maßgeblichen Voraussetzungen und Grenzen der Gestaltungsbefugnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG vorgegeben.
I. Ausgangslage
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG können durch Tarifvertrag „andere Arbeitnehmervertretungsstrukturen“ be
* Dr. Serge Reitze ist als Rechtsanwalt in Köln tätig. 1 Vgl. nur Hanau, ZIP 2001, 1981 ff.; Thüsing, ZIP 2003, 694 ff.;
Däubler, AuR 2001, 285 ff.; Überblick über die Diskussion u.a. bei Fitting u.a., BetrVG, 28. Aufl. 2016, § 3 Rn. 1 m.w.N.
2 7 ABR 70/11, ZVBR online 6/2014, S. 2.
stimmt werden, „soweit dies insbesondere aufgrund der Betriebs, Unternehmens oder Konzernorganisation oder aufgrund anderer Formen der Zusammenarbeit von Unternehmen einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung der Arbeitnehmer dient“. Demgegenüber ermöglicht Nummer 1 für Unternehmen mit mehreren Betrieben die Bildung eines unternehmenseinheitlichen Betriebsrats oder die Zusammenfassung von Betrieben; Nummer 2 ermöglicht die Bildung von Spartenbetriebsräten, wobei in beiden Fällen Voraussetzung ist, dass die jeweilige Maßnahme einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer dient. Die Nummern 1 und 2 sind gegenüber der Nummer 3 vorrangig zu prüfen, von ihrem Anwendungsbereich dann aber auch deutlich enger. So ermöglicht Nummer 1 etwa die Bildung eines unternehmensübergreifenden Gesamtbetriebsrats nicht. Die verschiedenen Alternativen sind nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts dergestalt abzugrenzen, dass den Tarifvertragsparteien eine Regelungsbefugnis eröffnet werden soll, wenn dies die Bildung von Betriebsräten erleichtert oder einer sachgerechten Wahrnehmung der Interessen der Arbeitnehmer (Nr. 1) bzw. der Aufgaben
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des Betriebsrats (Nr. 2) dient. Im Unterschied hierzu knüpft Nummer 3 an besondere Umstände, vornehmlich betriebs, unternehmens oder konzernbezogene organisatorische oder unternehmenskooperative Rahmenbedingungen an. Der Bereich für eine Regelung nach Nummer 3 ist (nur) dann eröffnet, wenn eine besondere Konstellation vorliegt, in denen sich die im Betriebsverfassungsgesetz vorgesehene Organisation für eine wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer als nicht ausreichend erweist; eine wirksame und zweckmäßige Interessenvertretung der Arbeitnehmer muss eine „Relation“ zu den in der Norm beschriebenen organisatorischen oder kooperativen oder ähnlichen Besonderheiten des Unternehmens aufweisen.
Die Tarifvertragsparteien sollen auf Sonderformen der Organisation reagieren und ein entsprechendes Arbeitnehmervertretungssystem errichten können, ohne auf ein Tätigwerden des Gesetzgebers angewiesen zu sein. Das bedeutet allerdings nicht, dass § 3 BetrVG das herkömmliche Organisationsmodell zur Disposition der Tarifvertragsparteien stellt: Die mit dem Betriebsverfassungsgesetz verfolgten Zwecke müssen innerhalb einer alternativen Repräsentationsstruktur besser erreicht werden können als im Rahmen des gesetzlichen Vertretungsmodells. Ein Bedürfnis nach alternativen Arbeitnehmervertretungsstrukturen ist nur insoweit anerkannt (und anzuerkennen), als aufgrund bestimmter – vornehmlich organisatorischer oder funktionaler – Rahmenbedingungen die Errichtung einer wirksamen und zweckmäßigen Interessenvertretung rechtlich oder tatsächlich generell mit besonderen Schwierigkeiten verbunden ist.3
II. Wann ist der Regelungsspielraum des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG eröffnet?
Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Tarifvertrag nach § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG der gerichtlichen Kontrolle unterliegt. Dabei kommt den Tarifparteien zwar ein Beurteilungs und Gestaltungsspielraum zu. Im Ergebnis muss allerdings in einem ersten Schritt festzustellen sein, dass und welche tatsächlichen besonderen Schwierigkeiten sich ergeben, wenn das gesetzlich festgelegte Vertretungsmodell angewendet würde. In einem zweiten Schritt muss festgestellt werden können, dass das alternative Modell geeignet ist, diese Schwierigkeiten „besser“ zu lösen. Nur insoweit hält ein alternatives Modell der gerichtlichen Überprüfung stand. Das wirft natürlich die Frage auf, in welchen Konstellationen die „grundsätzlichen besonderen Schwierigkeiten bei der Anwendung des durch das Betriebsverfassungsgesetz festgelegten Vertretungsmodells“ auftreten.
3 So schon BTDrucks. 14/5741, S. 34.
In der betriebsverfassungsrechtlichen Literatur (und den Gesetzesmaterialien) werden hier Fallgruppen genannt, die grundsätzlich ein Einschreiten der Tarifvertragsparteien rechtfertigen können, und die den recht abstrakten Gesetzestext etwas konkretisieren:
• Betriebe mit kontinuierlichem Personalwechsel oder ständig wechselnden Betriebsstätten;
• Betriebe, in denen eine große Zahl kurzzeitig oder unständig Beschäftigter einer kleinen Stammbelegschaft gegenübersteht (etwa Qualifizierungsgesellschaften);
• JustintimeProduktionsketten;• ShopinshopKonzepte;• InhouseProduktionen;• Unternehmensnetzwerke und• Industrieparks.
Weiterhin soll – unstreitig – die Möglichkeit geschaffen werden, in einem mittelständischen Konzern mit kleinen Konzernunternehmen statt einer dreistufigen eine zwei oder einstufige Interessenvertretung vorzusehen oder in einem Gleichordnungskonzern einen Konzernbetriebsrat zu errichten.4 Im Ergebnis wird eine Rege
lungsmöglichkeit also bei atypischer Betriebs und/oder Belegschaftsstruktur gesehen, hinzu kommen Fälle unternehmensübergreifender Kooperation sowie aus der Sicht des Gesetzgebers atypischer Konzernstrukturen. Liegt einer der oben genannten Fälle vor, liegt – unter entsprechender Dokumentation – jedenfalls ein starkes Indiz für die Zulässigkeit einer tarifvertraglichen Regelung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 vor. Es liegt dann so, wie normalerweise nach einem extensiven Unternehmensberatungsprozess: Die Betriebspartner wissen, was sie immer wussten (nämlich, dass sie ein Problem haben). Die Tarifvertragsparteien wissen und wussten das auch.5 Was zu tun ist, das ist dann die Frage, oder: Was dürfen die Tarifvertragsparteien denn überhaupt tun ?
III. Mögliche Regelungsinhalte
§ 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG ermächtigt die Tarifvertragsparteien, mit der Errichtung anderer Arbeitnehmer
4 BTDrucks. 14/5741, S. 34. 5 Im vom BAG entschiedenen Fall hatten sich die atypischen
Strukturen (Regionalleitungen und damit korrespondierend ein regionales Vertretungsmodell) schon erledigt, als der entsprechende Tarifvertrag abgeschlossen wurde. Damit gab es kein Bedürfnis für eine tarifliche Regelung mehr. Da das Vertretungssystem des BetrVG nicht zur freien Disposition steht, fehlt es damit an einer wirksamen tariflichen Grundlage.
Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kann die Arbeitnehmervertretungsstruktur sowohl horizontal
als auch vertikal neu geordnet werden.
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vertretungsstrukturen aktuell auf Änderungen einer Unternehmensstruktur zu reagieren, ohne auf den Gesetzgeber warten zu müssen. Einzige Voraussetzung ist, dass die „neue“ Struktur wirksamer und zweckmäßiger sein muss als die „alte“.6 Das ist unproblematisch, wenn statt dreistufiger nur zwei oder einstufige Interessenvertretungen eingerichtet werden können, oder ein unternehmensübergreifender
„Standortbetriebsrat“.7 Schlussendlich vollzieht das die Wertung der §§ 50 und 58 BetrVG nach, wonach Gesamt und Konzernbetriebsrat ohnehin nur dann zuständig sind, wenn eine Regelung auf jeweils niederer Ebene nicht möglich ist.
1. Vereinfachte Strukturen möglichIm Ergebnis ist es also – darüber herrscht Einigkeit – möglich, die Arbeitnehmervertretungsstruktur horizontal und vertikal neu zu ordnen, wenn die vorgefundene Unternehmensstruktur das als sinnvoll erscheinen lässt. Es ergibt sich so ein Betriebsrat mit vom Betriebsverfassungsgesetz abweichenden Zuständigkeiten, der im Kern aber eben immer noch „Betriebsrat“ ist und eine gebündelte Struktur aufweist, die die Kompetenzabgrenzungen nach §§ 50 und 58 überflüssig macht. Das deckt sich mit der vom Betriebsverfassungsgesetz vorgegebenen Strukturentscheidung, dass die unterste Entscheidungsebene im Zweifel eben die sinnvollste Entscheidungsebene ist, bei unternehmensübergreifenden Entscheidungen erst recht. Dann schafft eine Strukturentscheidung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG eine solche Mitbestimmungsebene, was jedenfalls eine vereinfachte Interessenvertretung möglich macht.
2. Kein Abbau von materiellen Mitbestimmungsrechten zulässigEbenfalls Einigkeit besteht darin, dass eine (nachteilige) Abweichung von nach dem Betriebsverfassungsgesetz eingeräumten Beteiligungsrechten nicht möglich ist. Für das – richtige – Ergebnis ist dabei ohne Belang, ob das direkt aus § 3 Abs. 5 Satz 2 BetrVG folgt, oder ob man hier auf den allgemeinen Rechtsgrundsatz zurückgreift, dass betriebsverfassungsrechtliche Rechte (und Pflichten) unverzichtbar sind und deshalb schon gar nicht für die Tarifvertragsparteien disponibel sein können. Ein Abbau von Mitbestimmungsrechten ist eben in keinem Fall die „bessere“ Lösung. So weit, so gut.
6 Statt aller Koch, in: ErfKomm, 17. Aufl., § 3 BetrVG, Rn. 8. 7 Vgl. BAG v. 10.11.2004 – 7 ABR 17/04, AP BetrVG 1972 § 3
Nr. 4 = http://lexetius.com/2013, 1456.
3. Abweichungen bei Mitgliederzahl und wahl?Verzwickter wird die Rechtslage dann schon, wenn es um die – nahe liegende – Frage geht, ob das Gremium von der Zusammensetzung her verändert werden kann. Eine sehr verbreitete Auffassung nimmt an, dass die Zahl der Betriebsratsmitglieder von § 9 BetrVG abweichend bestimmt werden sowie Amtszeit, Wahl und Zusammensetzung der Vertretung abweichend vom Ge
setz geregelt werden können, solange hierbei die tragenden Grundsätze der Betriebsverfassung beachtet werden und die Vertretung so zweckmäßiger und wirksamer ist.8 Das wird man insoweit teilen können, als gegebenenfalls (etwa bei Beteiligung mehrerer Unternehmen) eine
maßvolle Erhöhung der Anzahl der Mitglieder des Betriebsrats sinnvoll sein kann. Umgekehrt hat der Gesetzgeber sich bei der Festlegung der Größe des Betriebsrats durchaus seine Gedanken gemacht, und es ist nicht ersichtlich, wieso hier gegebenenfalls eine „Schrumpfkur“ angezeigt oder auch nur sachdienlich wäre. Dagegen spricht schon, dass bei zunehmender Betriebsgröße eine personelle Verstärkung des Betriebsrats aufgrund des Arbeitsmehraufkommens für das Gremium erfolgen muss und bei vermeintlich überbordender Größe die Möglichkeit besteht, sich gem. §§ 27 ff. BetrVG durch Ausschüsse pp. im Sinne einer Arbeitsteilung effizient zu organisieren. Ein Effizienzschub durch Verkleinerung ist daher eher nicht zu „besorgen“.
Im Ergebnis tut man also gut daran, die Eingriffe in diesem Bereich so gering wie absolut notwendig zu halten, denn eine erhöhte „Zweckmäßigkeit und Wirksamkeit“ wird hier gegenüber einem seit langem tradierten System eher schlecht nachweisbar sein – womit sodann die gesamte tarifliche Regelung in ihrer Wirksamkeit bedroht wäre, würde man diesen Weg gehen wollen. Wird eine unternehmensübergreifende Struktur errichtet, mag allerdings eine maßvolle Erhöhung der Mitgliederzahl denkbar, weil sinnvoll erscheinen. Einen Anlass, von den Wahlgrundsätzen abzuweichen, dürfte man nach alledem nicht anerkennen können.
4. Einbindung der Belegschaft?Ebenfalls nicht vorgesehen ist die Einführung unmittelbarerer Entscheidungselemente zugunsten der Belegschaft über § 3 Abs. 3 und § 4 Abs. 1 S. 2 BetrVG hinaus. Die Frage, ob abweichende Strukturen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG gebildet werden, obliegt (abschließend) den Tarifvertragsparteien. Eine Öffnungsklausel zugunsten eines Belegschaftsentscheids gibt es nicht; sie macht einen entsprechenden Tarifvertrag unwirksam.9 Der Gesetzgeber traut eben nur den Tarifvertragsparteien, und dafür hat er seine (guten) Gründe. Basis
8 Dafür etwa Koch, in: ErfKomm, 17. Aufl., § 3 BetrVG, Rn. 8; eher zweifelnd Fitting u.a., BetrVG, 28. Aufl. 2016, § 3 Rn. 51.
9 BAG v. 10.11.2004 – 7 ABR 17/04, AP BetrVG 1972 § 3 Nr. 4 = http://lexetius.com/2013, 1456.
Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind unverzichtbar und können daher durch die Tarifvertrags-
parteien nicht eingeschränkt werden.
ZBVR online Aktuelles
ZBVR online 3/2017 | Seite 28 von 28
demokratische Entscheidungen über die Wahlentscheidung hinaus sind an dieser Stelle fehl am Platze.
IV. Ergebnis
Im Ergebnis ist also bei jedweder Abweichung vom tradierten Betriebsratsbegriff hinsichtlich Wahl, Größe und Zusammensetzung größtmögliche Zurückhaltung angebracht, da sich eine Verbesserung der Betriebsratsarbeit hier nicht aufdrängt bzw. nicht darstellbar ist.
Reine Strukturentscheidungen sind zulässig, soweit und so lange die Betriebs bzw. Unternehmensstruktur diese nahelegt bzw. vorgibt. Damit schließt sich dann auch der Kreis: Auf eine Änderung der Vorschriften über Betriebsratswahl und zusammensetzung brauchen die Tarifvertragsparteien nicht zu warten, um handlungsfähig zu werden, daher sind sie hier im Ergebnis auch nicht zum Handeln ermächtigt, denn § 3 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG stellt nicht das gesamte System der betrieblichen Interessenvertretung zur Disposition.
AktuellesRechtsprechung zum Recht der schwerbehinderten Menschen und ihrer Vertretungen
Zum siebten Mal legt der dbb die „Rechtsprechung zum Recht der schwerbehinderten Menschen und ihrer Vertretungen“ vor. Die Leitsatzsammlung mit einer Vielzahl von Entscheidungen aus den Jahren 2015 und insbesondere 2016 ermöglicht es, inhaltliche Schwerpunkte und Tendenzen zu erkennen.
Die Zusammenstellung richtet sich dabei keineswegs nur an Schwerbehindertenvertretungen, sondern gleichermaßen an Personalrats und Betriebsratsmitglieder,
die vom Gesetzgeber ebenfalls, wenn auch in anderer Rolle, mit der Wahrnehmung der Belange der schwerbehinderten Beschäftigten beauftragt sind.
Alle Ausgaben der „Rechtsprechung zum Recht der schwerbehinderten Menschen und ihrer Vertretungen“ stehen auf der Website des dbb zum Download zur Verfügung.
Rechtsprechung zum Schwerbehindertenrecht, 7. Ausgabe
Impressum
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