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Integration braucht faire Bildungschancen

Wie lässt sich das Thema Integration sinnvoll in den Schulalltag einbauen?

Eine Sammlung ausgewählter Projekt-Beispiele

| Bertelsmann Stiftung

Vorwort von Mario Gomez, Botschafter für Alle Kids sind VIPs ................................. 3

Alle Kids sind VIPs – der bundesweite Wettbewerb für kulturelle Vielfalt .............. 4

„Alle Kids sind VIPs“-Botschafter ...................................................................................... 5

Migration und Integration im Unterricht – Handlungsbedarf und ............................. 7

didaktische Leitlinien, Prof. Dr. Dirk Lange

Sammlung ausgewählter Projekte :

Geschichte ...................................................................... 9

Deutsch ......................................................................... 10

Sport .............................................................................. 12

Musik ............................................................................. 12

Religion/Ethik .............................................................. 14

Erdkunde/Geographie/Sachkunde ........................... 15

Politik/Sozialwissenschaften .................................... 15

Theaterpädagogik ........................................................ 16

AG, Seminar, Projektwoche ....................................... 18

Fragen und Antworten ................................................ 21

Literatur/Bildnachweis/Impressum .........................23

Inhalt

Oben: Das Siegerplakat der Geschwister-Scholl- Mittelschule aus Röthen-bach an der Pegnitz. Mit ihrem Botschafter Daniel Aminati freute sich die Klasse in Berlin über ihren Sieg.

GZSZ-Star Tayfun Baydar mit der Gewinnerklasse des Margaretha- Rothe-Gymnasiums in Hamburg

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Vorwort

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schuldirektoren*, Lehrer, Trainer und Betreuer,

ich wende mich mit einem besonderen Anliegen an Sie, denn das Thema Integration ist mir persön-

lich sehr wichtig. Unsere Gesellschaft wird bunter, und besonders Schulen müssen auf diese Situation

reagieren, denn jeder dritte Schüler hat mittlerweile einen Migrationshintergrund. Sie als Schule

haben die Möglichkeit, Integration und Deutschlands Zukunft durch Ihre Arbeit zu fördern.

Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig gelungene Integration für unsere Gesellschaft ist und wie

gut sie insbesondere im Fußball funktionieren kann. Es kommt immer darauf an, dass jeder sein indi-

viduelles Können einbringt, für den anderen kämpft und man sich gegenseitig hilft. Im Fußball steht

die Leistung im Mittelpunkt – nicht die Herkunft. In der Schule muss das auch gelten, denn jedes Kind

ist wirklich wichtig, nämlich ein VIP! Egal aus welchem Land die Eltern kommen, alle Schüler brau-

chen die gleichen Chancen.

Mit dem bundesweiten Schulwettbewerb Alle Kids sind VIPs suchen wir auch dieses Jahr wieder nach

den besten Projekten, die das Miteinander der Kulturen fördern. Auf der Website können sich einzelne

Schüler, Klassen oder Projektgruppen von September 2011 bis Januar 2012 bewerben. Viele Schulen

aus ganz Deutschland nehmen jährlich am Integrationswettbewerb von Alle Kids sind VIPs teil.

Ausgezeichnet werden Projekte, die Integration in Ihrem Schulalltag umsetzen und damit die Bildungs-

situation und das Verständnis für Vielfalt an deutschen Schulen verbessern!

Integration beginnt im Kopf – so hieß ein Gewinnerprojekt aus dem Jahr 2008. Zeigen

Sie uns mit Ihrer Teilnahme und Ihrem Projekt, dass Integration an Schulen so gut

funktionieren kann, wie in einem Fußballteam. Initiieren Sie an Ihrer Schule ein

neues Projekt zum Thema Integration, oder reichen Sie ein schon bestehendes

Projekt ein. Ob im Unterricht, in Projektwochen, einer AG oder bei der Ganztags-

betreuung – ob als Lehrer, Sozialarbeiter, AG-Leiter oder Betreuer – ob in der

Förder-, Haupt-, Real- oder Gesamtschule, in Sekundarstufe I, gymnasialer Ober-

stufe oder im Berufskolleg: Ihr Engagement wird bei uns belohnt! Die besten

Beiträge gewinnen eine Fahrt nach Berlin inklusive Unterkunft mit Ihrer

Gewinnergruppe. Dort zeichnet Liz Mohn im Beisein von prominenten

Botschaftern die besten Integrationsprojekte aus. Zudem gewinnen Sie

die Chance auf einen Tag mit einem der prominenten Botschafter

von „Alle Kids sind VIPs“ an Ihrer Schule.

Wie beim Sport brauchen wir auch bei „Alle Kids sind VIPs!“

Ihre aktive Unterstützung!

Ihr Mario Gomez

Botschafter von „Alle Kids sind VIPs“

Mario Gomez

* Zur besseren Lesbarkeit verwendet diese Publikation vorwiegend die männliche Sprachform. Bei allen Funktionsbezeichnungen sind stets auch Frauen gemeint.

„Alle Kids sind Vips“- Botschafter Mario Gomez

mit Schülern der Hohenberg-schule, Albstadt.

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4 FanatixX

Darum lohnt es sich!

Alle Kids sind VIPs – der bundesweite Wettbewerb für kulturelle Vielfalt

Engagieren Sie sich für Integration − denn auf Sie kommt es an!

Jugendliche für ein Miteinander der Kulturen zu sensibilisieren und somit unsere Zukunft aktiv zu

gestalten, kann viele Gesichter haben – zeigen Sie uns eines davon.

Als Lehrer, aber auch als Sozialpädagoge, AG-Leiter oder Betreuer haben Sie viele Möglichkeiten,

Ihre Schüler mit einem Projekt zu diesem Thema zu motivieren und zu fördern. Durch die Teil-

nahme am Wettbewerb zeigen Sie Ihre Wertschätzung für die Schüler und ihren Einsatz. In dieser

Broschüre finden Sie zahlreiche Beispiele für gelungene Integrationsprojekte im Schulalltag. Die

ausgewählten Projekte ehemaliger Teilnehmer unseres Wettbewerbs zeigen auf, wie das Thema

Integration für nahezu jedes Fach, aber auch in Arbeitsgemeinschaften, Projektwochen oder

Seminaren sinnvoll in der Schule umgesetzt werden kann.

Lassen Sie sich von den Wettbewerbsbeiträgen inspirieren, denn es gibt viele Möglichkeiten, Ju-

gendlichen zu vermitteln: Unabhängig von der Herkunft – jeder ist wichtig im Klassenverband und

kann einen Beitrag für die Gemeinschaft leisten! Bringen auch Sie Ihren Schülern auf spielerische

Art und Weise bei, miteinander zu lernen, füreinander einzustehen und gemeinsam zu gestalten!

Mit einem neuen oder bereits bestehenden Projekt können Sie an unserem Wettbewerb teilnehmen

und einen wichtigen Beitrag für Integration an Ihrer Schule leisten.

Die Teilnahme am Wettbewerb Alle Kids sind VIPs hat neben dem Erlebnis, einen unserer Botschaf-

ter kennenzulernen, auch einen konkreten nachhaltigen Wert für Schüler und Schulalltag.

Lehrer berichten:

„Wir glauben, dass die Schüler viel mehr über solche Projekte lernen als im klassischen Deutsch-

und Matheunterricht, der auch sein muss. Aber über solche Projekte wachsen unsere Schüler.“

Britta Hein, Schulleiterin, Pestalozzi-Schule in Hagen

„Unser Zusammenhalt hat gefruchtet. Und die Schüler haben gemerkt, wie kreativ sie auch sind.

Das ist was ganz Tolles. Ich denke, das werden sie nicht nur in diesem Jahr behalten, sondern das

werden sie in ihrem Leben nicht mehr vergessen. Da bin ich mir ganz sicher.“

Heidi Mund, Lehrerin, Wilhelm-Merton-Berufsschule, Frankfurt/Main, mit Bülent Ceylan

„Verändern wird sich sicherlich das Selbstbewusstsein der Schüler. Das fängt ja schon an, dass die

Schüler in dem Projekt eigenständig Selbstbewusstsein entwickeln.“

Benno Lübbe, Schulleiter, Berufliche

Schule H20, Hamburg

Integration braucht faire Bildungschancen

5Célia Okoyino da Mbabi Andreas BouraniRebecca Mir

Alle Kids sind VIPs – Zeigen Sie, was für Talente in Ihren Schülern stecken!

Die „Alle Kids sind VIPs“-Botschafter: besonderer Anreiz für Ihre Schüler!

Diese Stars kennt sicher (nicht nur) jeder Schüler:

die Band Culcha Candela,

den Nationalkicker Mario Gomez,

den Comedian Bülent Ceylan,

den GZSZ-Schauspieler Tayfun Baydar,

die Fußball-Nationalspielerin Célia Okoyino da Mbabi,

den TV-Moderator Daniel Aminati,

den Sänger Andreas Bourani,

das Top-Model Rebecca Mir,

die mehrfachen Breakdance-Weltmeister Flying Steps.

Sie alle sind Botschafter von Alle Kids sind VIPs und engagieren sich tatkräftig im Projekt. Jeder

von ihnen hat seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem Thema Integration in Deutschland gemacht,

über die er ganz persönlich berichten kann. Und noch etwas eint sie: Aufgrund ihres gesellschaft-

lichen Erfolges können sie Vorbilder für Ihre Schüler sein.

Tayfun Baydar

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Bülent Ceylan Flying Steps6

Culcha Candela

Daniel Aminati

Die „Alle Kids sind VIPs“-Botschafter:

Culcha Candela:

„Wir sind keine Vorzeige-Ausländer, sondern Vorzeige-Deutsche. Wir sind das neue Gesicht von Deutschland.“

Der Band-Name steht für Internationalität und die unterschiedlichen Kulturen, die

die Gruppe mischt. Die kulturellen Wurzeln der sieben Band-Mitglieder reichen von

Kolumbien über Korea, Uganda und Polen bis nach Deutschland. Culcha Candela ist

eine englisch-spanische Kombination und heißt übersetzt „heiße Kultur“. Der Name steht für

Miteinander: gegen Rassismus, für Bildung, gegen Armut, für mehr Gerechtigkeit.

Bülent Ceylan:

„Ich glaube schon, dass man Bildung auch zum ‚professionellen Deppen’ braucht.“

Der „Mannheimer Bub“ und deutsch-türkische Comedian (u. a. Quatsch Comedy Club, TV Total)

bringt nicht nur Kids zum Lachen, wenn er seine Landsleute auf den Arm nimmt. Bülent wird aber

auch mal ernst, zum Beispiel, wenn es um faire Bildungschancen für alle geht.

Mario Gomez:

„Hier beim FC Bayern München treffen sehr viele Nationalitäten aufeinander, und dabei haben wir einen wirklich guten Teamgeist. Ich glaube, Fußball kann beim Thema Integration auch ein kleines bisschen Vorreiter sein.“

Der Fußball-Nationalspieler mit spanischen Wurzeln trifft nicht nur auf dem Spielfeld „ins Schwarze“:

Teamgeist und Fair Play sind für ihn auch im Alltag das A und O.

Integration braucht faire Bildungschancen

Migration und Integration im Unterricht –

Handlungsbedarf und didaktische Leitlinien

Deutschland ist ein Einwanderungsland. Dieser mittlerweile unstrittige Befund hat Konsequenzen

für fast alle gesellschaftlichen Bereiche – natürlich auch an der Schule. So ist Migration selbstver-

ständlich auch in jedem einzelnen Klassenzimmer sichtbar. Kinder und Jugendliche mit und ohne

Migrationshintergrund sind im Schulalltag gemeinsame Adressaten schulischer Bildungsangebote.

Allerdings zeigt sich, dass hier keinesfalls von gemeinsamen Bedingungen und Erfolgsaussichten

ausgegangen werden kann. Der Migrationshintergrund wirkt sich im deutschen Schulsystem viel-

mehr in zahlreichen Fällen als zentrale Variable aus, die den individuellen Bildungserfolg tenden-

ziell negativ beeinflusst (vgl. BLK 2003, 2 ff.; Nauck u. a. 2008, 145). Hieraus ergeben sich nicht

nur Auswirkungen auf individueller Ebene. Auch bei den gesellschaftlichen und politischen

Regelungsprozessen zeigt sich, dass Jugendliche mit Migrationshintergrund hier insgesamt unter-

repräsentiert sind (vgl. Gaiser/de Rijke 2010 54 f.). Dies lässt darauf schließen, dass in Bezug auf

die gesellschaftliche Integration der benachteiligten jungen Menschen mit Migrationshintergrund

deutlicher Handlungsbedarf besteht.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie Integration durch die Eröffnung fairer Bildungs-

chancen für alle gefördert werden kann. Ein vielversprechender Ansatzpunkt besteht dabei darin,

die Auseinandersetzung mit Fragen zu Integration und Zusammenleben der Kulturen in Deutsch-

land in die Unterrichtspraxis zu integrieren. Entsprechende Bildungsarrangements sollten dabei

grundsätzlich darauf ausgerichtet sein, die migrations- und integrationsbezogenen Vorstellungen

im Bürgerbewusstsein der Schüler (verstanden als subjektive kognitive Konzepte, die das Denken

und Handeln in der Migrationsgesellschaft strukturieren) aufzugreifen und weiterzuentwickeln

(vgl. Lange 2009, 170). Hierbei sollten aus didaktischer Sicht v. a. die folgenden Leitlinien Berück-

sichtigung finden (vgl. Heinrich-Böll-Stiftung 2004; Lange 2009; Wagner 2007):

Die innerhalb einer Lerngruppe vorfindbare ethnisch-kulturelle Heterogenität sollte von allen Betei-

ligten grundsätzlich akzeptiert und als Anlass für eine offene Auseinandersetzung über Fragen zu

Migration und Integration gesehen werden. Wichtig ist hierbei allerdings, ethnisch-kulturelle Un-

terschiede frei von Stereotypen und Vorurteilen wahrzunehmen und den Blick für die jeweilige tat-

sächliche Ausgestaltung der ethnisch-kulturellen Vielfalt innerhalb der Lebensrealität der Schüler

zu schärfen. Als Grundlage sollte hierbei ein differenziertes Verständnis von Migrationserfahrungen

dienen, das etwa auch Zuwanderung integriert, die innerhalb der Großeltern- bzw. Elterngeneration

stattgefunden hat.

Die jeweils vorfindbare ethnisch-kulturelle Vielfalt sollte als zentraler Ansatzpunkt für die Ausein-

andersetzung mit migrations- und integrationsbezogenen Vorstellungen der Schüler begriffen wer-

den. Übergeordnete Zielsetzung ist hierbei eine gleichberechtigte Kooperation der Schüler in pro-

blem- und handlungsorientierten Lernkontexten, in deren Rahmen unterschiedliche individuelle

Erfahrungen und Sichtweisen eingebracht, reflektiert und ggf. weiterentwickelt werden können.

In der öffentlichen Diskussion und in der Vorstellungswelt vieler Schüler dominieren Integrations-

konzepte, die Integration als einseitigen Prozess der Anpassung an bestehende gesellschaftlich-

Vielfalt respektieren:

Integrationskonzepte

reflektieren:

Unterschiede

produktiv nutzen:

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Prof. Dr. Dirk Lange

Culcha Candela

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kulturelle Strukturen auffassen. Um Bildungsprozesse im o. g. Sinne ermöglichen zu können, sollte

Integration jedoch vielmehr als vielschichtiger und fortlaufender Prozess der Entstehung von etwas

Neuem verstanden werden, dessen Gelingen durch die Mitwirkung aller Beteiligten (mit und ohne

Migrationshintergrund) gesichert wird. Unterschiede sollen hierbei nicht nur als problembehaftet

wahrgenommen werden. Vielmehr ist das Augenmerk auch auf die Potenzial interkultureller Hand-

lungskompetenzen zu richten, unabhängig von der jeweiligen Herkunft.

Integration kann nur gelingen, wenn etablierte Aus- und Abgrenzungsmechanismen der beteiligten

Akteure wirksam überwunden werden. Die gezielte Reflexion und Auflösung entsprechender

Mechanismen ist dementsprechend eine zentrale Aufgabe migrations- und integrationsbezogener

Bildung. Unterschiedlichen Formen der Kooperation junger Menschen mit verschiedenen ethnisch-

kulturellen Hintergründen im pädagogischen Kontext kommt dabei eine herausgehobene Bedeu-

tung zu.

Aus- und Abgrenzungs-

mechanismen überwinden:

Bei seinem Besuch ging der GZSZ-Schauspieler

Tayfun Baydar mit den Schülern des Margaretha-

Rothe-Gymnasiums in Hamburg „auf Tuchfühlung“.

Die Schüler freuten sich

besonders über das Auto-gramm von ihrem Star

Tayfun Baydar.

Bei seinem Besuch an der Wilhelm-Merton- Berufsschule in Frankfurt/Main sorgte der

Comedian Bülent Ceylan für gute Stimmung.

Integration braucht faire Bildungschancen

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Alle Kids sind VIPs – Sammlung ausgewählter Projekte

Welches Fach Sie auch unterrichten – die ausgewählten Beispiele der Wettbewerbsbeiträge aus den

vergangen Jahren liefern Ihnen Ideen, wie Sie das Thema Integration in Ihren Lehrplan eingliedern

können. Wir stellen Ihnen hier eine Reihe von gelungenen Projektbeispielen für den Unterricht, die

Arbeit in der AG oder Projektwoche vor – aber selbstverständlich ist diese Liste nicht vollständig.

Es gibt noch so viele Ideen, die darauf warten, umgesetzt zu werden. Vielleicht auch von Ihnen?

GeschichteIm Geschichtsunterricht werden zurückliegende gesellschaftliche, politische, ökonomische

und kulturelle Ereignisse und Phänomene hinsichtlich ihrer Entstehung, Entwicklung

und Auswirkungen untersucht und beurteilt. Schließlich wird ein möglicher Gegenwarts-

und Zukunftsbezug für die Schüler hergestellt. Nicht zuletzt spielen gerade Fremdverste-

hen und die damit verbundene interkulturelle Kompetenzerweiterung eine wichtige Rolle.

Fragen zu Migration und Integration können dabei an unterschiedlicher Stelle aufgegrif-

fen werden. In besonderer Weise geeignet hierbei sind Verknüpfungen mit der jüngeren

Geschichte der BRD. In diesem Zusammenhang bieten sich vielfältige Gelegenheiten einer

methodisch strukturierten Erforschung der eigenen Familiengeschichte und der unmittel-

baren Umgebung sowie der Arbeit mit Zeitzeugen.

Unsere Geschichte. Migration in Deutschland – Eine historisch-interkulturelle

Spurensuche. Friedensburg-Oberschule, Berlin – Gewinner 2010

„Wir wollten Bewusstsein dafür schaffen, dass Migration etwas ganz Normales und Gutes ist.

Die Schüler hatten außerdem durch das Projekt viel Spaß im Geschichtsunterricht, denn sie konnten

die Migrationsgeschichte Deutschlands hautnah erleben und nicht nur darüber lesen.“

Seyran Yildiz, Projektleiterin und Referendarin an der Friedensburg-Oberschule

Idee: Schüler einer 9. Klasse interviewen in Berlin lebende Migranten und erstellen eine Broschüre,

in der sie Hintergrundinformationen, Interviews und daraus resultierende Ergebnisse und Schluss-

folgerungen darstellen.

Ziel: Den Schülern wird das Bewusstsein dafür geschaffen, wie vielfältig die Gründe sein können,

die einen Menschen zur Migration veranlassen: von politischer Verfolgung bis zur gezielten An-

werbung von Arbeitskräften, vom Bürgerkrieg bis zur ethnischen Verfolgung. Aus diesem Wissen

heraus lernen die Schüler, dass hinter jeder Migrationsbiographie ein Mensch mit einer einzig-

artigen Lebensgeschichte steht.

Umsetzung: Interviewtechniken und eine Anleitung zur Transkription werden in den Unterrichts-

stoff aufgenommen. Die Schüler haben Interviewpartner finden müssen und die Durchführung der

Interviews organisiert. So erzählen u. a. ein libanesischer Kriegsflüchtling, ein politisch Verfolgter

aus dem Iran und eine Türkin, die in Deutschland Arbeit fand, ihre ganz persönlichen Geschichten.

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Um die erhaltenen Informationen adäquat einordnen zu können, recherchieren die Schüler zu den

jeweiligen Herkunftsländern. Zudem wird gemeinsam eine Broschüre mit den Ergebnissen am

Computer erstellt.

Erfolg: Zahlreiche Lernerfolge sind zu verzeichnen. So lernen die Schüler eine strukturierte

Gesprächsführung oder auch Recherche-Möglichkeiten kennen und setzen diese um.

Die Geschichte Deutschlands und seiner Migranten wird neu geschrieben. Durch die Erfahrungs-

berichte erhalten die Jugendlichen einen ganz neuen und persönlichen Zugang zum Thema. Sie

entwickeln Verständnis für die sehr unterschiedlichen Situationen von Migranten.

Unsere Geschichte. Migration in Deutschland hat 2010 gewonnen!

Die Schüler der Friedensburg-Oberschule aus Berlin erlebten einen Tag mit dem

Comedian Bülent Ceylan. Der Deutsch-Türke spielte mit den Schülern einen Comedy-

Workshop durch und sprach mit ihnen über seine eigenen Erfahrungen mit Migra-

tion und Integration.

DeutschDer Deutschunterricht richtet sich auf die analytische und produktive Auseinandersetzung

mit Literatur und Sprache aus. Migration und Integration als bedeutsame und kontrovers

beurteilte gesellschaftliche Phänomene fanden und finden selbstverständlich auch Ein-

gang in – literarisch und sprachlich vermittelte – gesellschaftliche Auseinandersetzungen.

Es bieten sich demnach im Deutschunterricht vielfältige Möglichkeiten, zu einzelnen As-

pekten der Themen Migration und Integration anhand literarischer Texte und sprachlicher

Phänomene zu arbeiten. Auch die produktive Erarbeitung eigener Texte oder die Untersu-

chung eigener sprachlicher Muster bieten sich in diesem Zusammenhang an.

„Best of languages“ – Schillergymnasium Münster 2008

Idee: Die Zweisprachigkeit von jungen Migranten nutzen! Das Thema des Projektes ist das Erstel-

len von Videosprachkursen, die die Schüler auf ihrer Website www.solarnet.tv veröffentlichen, um

dadurch anderen Menschen zu helfen, eine Fremdsprache zu erlernen und Einblicke in fremde Kul-

turen zu bekommen.

Ziel: Das ganze Projekt wird erst ermöglicht durch die Mehrsprachigkeit der Schüler mit Migra-

tionshintergrund. Oftmals bedeutet dies eine Neu-Entdeckung, denn nicht selten wird diese Fähig-

keit im Unterricht nicht eingebracht, oder sie wird sogar versteckt. Nicht zuletzt wird die Zweit-

sprache eher als Hindernis für den Schulerfolg wahrgenommen. Mit diesem Projekt aber wird jetzt

das Sprachpotenzial der Schüler bemerkt und anerkannt.

Umsetzung: Die „Best Of Languages“-Sprachkurse wurden von der Konzeption bis zur digitalen

Bearbeitung von den Schülern erstellt. Sie enthalten mit doppeltem Untertitel belegte Kurzdialoge,

Der Comedian Bülent Ceylan mit Schülern der Friedensburg-Oberschule bei seinem

Besuch an der Schule in Berlin

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die dem Lernenden einen weiteren Einblick in die Sprache geben und dabei helfen, sich in Alltags-

situationen zu verständigen.

Erfolg: Fremde Sprachen zu erlernen und andere Kulturen zu verstehen, ist unerlässlich in der

globalisierten Welt. Damit verbunden ist die Medienkompetenz, die bei diesem Projekt aus dem

Erstellen von Videos und der zielgerichteten Arbeit mit dem Internet besteht. Die Schüler mit Migra-

tionshintergrund lernen, ihre Stärken zu erkennen und gewinnbringend für die Gemeinschaft ein-

zusetzen. Das große Potenzial kultureller Vielfalt kann hier für alle Beteiligten und auch für Außen-

stehende deutlich gemacht werden. Davon profitieren letztendlich alle: sowohl die Schüler mit als

auch die ohne Migrationshintergrund.

Sprachanalyse: Alles Kartoffel, oder was? − Kuhlo-Realschule in Bielefeld –

Gewinner 2009

Idee: Die 9. Klasse analysiert die Sprachkompetenz der einzelnen Schüler innerhalb der eigenen

Klasse. Anschließend versuchen sie, die Ursachen für die großen Schwankungen in der Ergebnis-

spanne herauszufinden.

Ziel: Aufgrund der Erkenntnisse über die möglichen Ursachen von Sprachdefiziten versuchen die

Schüler, diese zu beheben. Zitat Schüler: „Kartoffel“ heißt bei vielen von uns „deutsch“ oder „Deut-

scher“. Das ist nicht blöd gemeint, weil Kartoffeln auch gut schmecken und nicht nur ein Döner

schöner macht!!! Ein weiteres Ziel ist es, ein Einblick in wissenschaftliches Arbeiten zu erhalten.

Umsetzung: Am Beispiel von selbst verfassten Sachtexten erheben die Realschüler wissenschaft-

liche Daten bezüglich der sprachlichen Kompetenz, die aufgrund von Kriterien wie Rechtschreibung,

Wortschatz oder Satzbau in einem Ranking ermittelt wurden. Nach der statistischen Auswertung be-

fassen sich die Schüler mit den möglichen Ursachen für die sehr unterschiedlichen Ergebnisse, füh-

ren Befragungen zu den sprachlichen Hintergründen der Verfasser durch und überlegen sich, wie

sich die sprachliche Kompetenz zukünftig fördern lässt.

Erfolg: Es werden die Deutschkenntnisse der Schüler spielerisch verbessert. Das Bewusstsein für

grammatikalische Unterschiede verschiedener Sprachen wird geschaffen und das Verständnis für Mit-

schüler durch das vertiefte Wissen über deren Muttersprache erhöht. Das Vorurteil, dass Jugendliche

aus Zuwanderer-Familien die deutsche Sprache nicht beherrschen, wird durch die Fakten widerlegt:

Teilweise schneiden die Schüler mit Migrationshintergrund besser ab als ihre deutschen Mitschüler.

Ein Einblick in wissenschaftliches Arbeiten rundet dieses Projekt ab.

Die Botschafterin und KIKA-Moderatorin Shary Reeves brachte die Thematik bei ihrem Schulbesuch,

auf den Punkt: „Wenn Du die Sprache beherrschst, dann kannst Du einfach auch immer dabei sein

und mitreden.“

Die KIKA-Moderatorin Shary Reeves mit der Gewinner-

klasse der Kuhlo-Realschule in Bielefeld.

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SportIm Mittelpunkt des Sportunterrichts steht die körperliche Betätigung der Schüler. Sport-

liche Betätigung und sportliche Wettkämpfe als kulturübergreifend relevante Phänomene

bieten sich hierbei in besonderer Weise dazu an, Fragen zur kulturellen Vielfalt besonders

handlungsorientiert und motivierend in den Unterricht einzubringen. So kann beispiels-

weise erprobt werden, wie kulturelle Unterschiede in bestimmten Sportarten gewinnbrin-

gend miteinander verknüpft werden können. Mannschaftssportarten und sportliche Wett-

kämpfe eignen sich zudem in besonderer Weise dazu, das faire Miteinander von Menschen

in all der Vielfalt ihrer individuellen Eigenschaften zu erleben und zu reflektieren.

Integrative Schüler Fußball-WM „Ebersbach kickt“ – Gewinner 2010

Idee: Junge Ballkünstler aus 17 Nationen dokumentieren eindrucksvoll die kulturelle Vielfalt der

Stadt Ebersbach. Die Organisatoren schicken wie bei der FIFA-WM 32 Teams in vier Altersstufen auf

den Rasen. Die Teams sind kulturell bunt gemischt, vertreten aber eine vorab ausgeloste Nationali-

tät, um den WM-Charakter zu untermauern. Eine ganze Stadt organisiert gemeinsam die integrative

Schüler-Fußball-WM.

Ziel: Das positive Image des Fußballspielens wird genutzt, um die Integration bei Jugendlichen zu

fördern.

Umsetzung: Organisiert wird das Event von rund 40 Jugendlichen aller weiterführenden Schulen

Ebersbachs zusammen mit dem Kinder- und Jugendzentrum E3, dem SV Ebersbach und dem türki-

schen Sportverein. Die Schüler bilden verschiedene Teams, die sich arbeitsteilig um die vielfältigen

Aufgaben kümmern, die die Organisation einer derart großen Veranstaltung mit sich bringt. So mode-

rieren Jugendliche des E3-Jugend-Teams zwei Workshops. Eine Schülergruppe entwirft eine neue

Homepage, ein weiteres Team ist auf Sponsorensuche, damit das Turnier finanziert werden kann.

Wieder andere kümmern sich um das Rahmenprogramm oder das Catering. Schon vor dem Event

steht also der Teamgedanke im Mittelpunkt: Jeder muss seinen Teil zum Gelingen beitragen.

Beim Turnier wird jedem Team per Los eine Nation zugeteilt. Die Mannschaften treten zunächst in

der Gruppen-Phase und dann in der „K.o.-Runde“ gegeneinander an.

Erfolg: Zusammen kämpfen und Erfolge feiern, aber auch mit Misserfolgen klarkommen – dies

funktioniert nur als Team. Gleiches gilt für die gesamte Organisation des Turniers: Jeder übernimmt

Verantwortung bei der Planung und Durchführung der Veranstaltung. Dabei muss man sich aufein-

ander verlassen können. Alle – unabhängig von Schulart, Nationalität, Geschlecht und sozialer Her-

kunft – haben Talente, ob bei der Organisation, in der Teamarbeit oder auf dem Fußballplatz.

MusikMusik als zentrale kulturelle Ausdrucksform dient gleichsam als „Spiegel kultureller

Vielfalt“. Dementsprechend bietet der Musikunterricht als Forum der kognitiven und pro-

duktiven Auseinandersetzung mit Musik vielfältige Möglichkeiten, um das Themenfeld

Gemeinsam mit zwei Schülervertretern nahmen der Bürgermeister von Ebersbach, Sepp Vogler (2. v. l.), und der Beauftragte für Bürgerschaftliches Engagement der Stadt Ebersbach, Dietmar Vogl, die Sieger-Urkunde von der stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden Liz Mohn entgegen.

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Migration/Integration aufzugreifen. Wenn Schüler die Musik eines Landes hören und an-

fangen, ihre Klänge zu verstehen, dann erleichtert dies maßgeblich das Verständnis der

dahinterstehenden Kultur. Gerade Jugendliche sind empfänglich für Musik. Daher ist der

Musikunterricht dafür prädestiniert, das Thema Integration aufzugreifen, und auch umge-

kehrt lohnt es sich für den Musikunterricht, das Thema Diversität als Anreiz zu nutzen.

HSI-Project-Integrationsband, Hauptschule Innenstadt Tübingen – Gewinner 2009

Idee: Das „HSI-Project“ ist ein musikalisches Schüler-Projekt der Hauptschule Innenstadt in Tübin-

gen mit politischem Anspruch. Die Band spielt nur eigene Titel, in denen sich die Gruppe zu The-

men äußert, die ihr wichtig sind, und geht damit an die Öffentlichkeit. Die thematische Bandbreite

reicht dabei von Liedern, die sich mit Gewalt, Rassismus und neonazistischen Tendenzen oder Um-

weltproblemen beschäftigen, bis zur Auseinandersetzung mit Zukunftsängsten, Vorurteilen, kultu-

rellen Einschränkungen durch Herkunft und Religion, Kriegen und deren Auswirkungen sowie der

Bedeutung von Respekt als Grundlage menschlichen Zusammenlebens.

Ziel: Das Projekt sucht bewusst die Verbindung von moderner, an den Vorlieben der Jugendlichen

orientierter Popmusik und politischen, für die Schüler relevanten Inhalten. „HSI-Project“ wirbt für

Gewaltfreiheit, Respekt und Toleranz und vertritt diese Werte sowohl innerhalb der Schule als auch

außerhalb.

Fritz Sperth, Schulleiter: „Nur wer inhaltlich das auch lebt und vertritt an der Schule, kann Mitglied

dieses Projektes sein. Und damit sind diese Schüler natürlich moralisch mehr herausgefordert als

der Durchschnitt und müssen sich ständig mit Fragen zu Ethik und politischer Entwicklung ausein-

andersetzen.“

Umsetzung: Bei der Erarbeitung der Liedtexte und der passenden Musik bringen die Projekt-

mitglieder ihren individuellen kulturellen Hintergrund und ihren persönlichen Musikgeschmack

ein, sie müssen sich aber auch auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Das ist gar nicht so einfach,

denn wie alle wissen: Über Musikgeschmack lässt sich mindestens trefflich diskutieren.

Erfolg: Die Schüler haben die Möglichkeit, sich mit ihrer Situation, ihren Ängsten, Wünschen und

Bedürfnissen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig bewegen sie sich musikalisch in ihrer Welt – der

Welt der Popmusik. Der eingereichte Song ist den Kindern Afrikas gewidmet, die keine Chance

haben, ihre Träume zu verwirklichen.

„Unsere Sprache ist die Musik. Und die verbindet, und wir haben überhaupt nicht das Problem:

Worüber reden wir jetzt? Worüber können wir uns unterhalten? Sondern wir finden zusammen

über dieses Medium. Und das mit so einer professionellen Band und mit so einer tollen Sängerin –

das ist für uns natürlich eine ganz tolle Erfahrung.“

So Hans Weiblen, Lehrer der Hauptschule Innenstadt, Tübingen FOTO

Das Musikprojekt „HSI-Project“ der Haupt-schule Innenstadt Tübingen gewann 2009 ein Konzert mit der Sängerin Jenniffer Kae.

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Religion/Ethik Die Fächer Religion und Ethik beschäftigen sich u. a. mit Menschlichkeit und Moral. Das

konfliktfreie und respektvolle Miteinander der Kulturen als erstrebenswertes Ziel bietet

sich dabei hervorragend an als ein Ausgangspunkt der unterrichtlichen Auseinandersetzung.

Neben hohem Aktualitätsbezug kann dabei ein ausgeprägter Kontroversitätsgrad für den

Unterricht nutzbar gemacht werden. Vor diesem Hintergrund bieten sich hier vielfältige

Möglichkeiten, eigene Erfahrungen und Sichtweisen der Schüler zu integrieren.

Anhand des Themas Integration lassen sich der Einfluss der Sozialisation, die Phasen der

eigenen Entwicklungsgeschichte und auch die Individualität der Menschen erörtern.

Ethik in der Praxis − 9er in der Grundschule. Schönbuch-Gymnasium, 2008

Idee: Die Klasse 9a des Schönbuch-Gymnasiums unterstützt Grundschüler mit Migrations-

hintergrund bei dem Übergang auf eine weiterführende Schule, um gleiche Bildungschancen

für alle Grundschüler zu ermöglichen.

Ziel: Dank dieses Projektes werden die Schüler für das Thema Integration und Bildung sensibili-

siert. Außerdem wird das ehrenamtliche Engagement gefördert.

Umsetzung: Die 9. Klasse des Schönbuch-Gymnasiums besucht einen Tag lang eine Grundschule.

Sie zeigt den Grundschülern einen selbstgedrehten Film und eine Foto-Geschichte, die Situationen

von fehlender Unterstützung oder Ausgrenzung von Kindern mit Migrationshintergrund darstel-

len. Mit diesen Materialien animiert die 9. Klasse Grundschüler dazu, selbst zu erarbeiten, wo und

warum Schwierigkeiten auftreten, die mit ihrem Migrationshintergrund zu tun haben, und welche

Unterstützung wichtig ist. Außerdem verdeutlichen Rollenspiele die Bedeutung einer guten Schul-

bildung. Nach dieser erfolgreichen Sensibilisierung für das Thema „Integration und Bildung“ bieten

die Gymnasiasten über drei Monate hinweg eine wöchentliche Hausaufgabenbetreuung an. Dabei

haben sie immer auch ein offenes Ohr für die Fragen und Probleme der Grundschüler. Gemeinsame

Spiele zur Vertrauensförderung und individuellen Stärkenerkennung runden die intensive Betreu-

ung ab. Zusätzlich organisieren die Neuntklässler noch einen

Schnuppertag für die Grundschüler an ihrem Gymnasium, um

ihnen die Angst vor einer „fremden“ Schule zu nehmen und

ihnen zu signalisieren, dass sie auch in Zukunft nicht mit ihren

Sorgen allein gelassen werden.

Erfolg: Die Grundschüler erfahren konkrete Unterstützung.

Gleichzeitig wird ihnen bewusst, wie wichtig Bildung für ihre

Entwicklung und zukünftige aktive Teilhabe an der Gesellschaft

ist. Die Gymnasiasten üben soziale Kompetenz und lernen, wie

man im Team etwas erreichen kann. Gesellschaftliche Verant-

wortung zu übernehmen, bedeutet auch immer, Verantwortung

für seine Mitmenschen zu übernehmen – ganz gleich, in wel-

chem Kontext. Davon profitieren schließlich alle Beteiligten!

Mit Foto-Collagen hatten die Schüler der Klasse 9a in der

Grundschule des Schönbuch-Gymnasiums ihre Projektidee

verdeutlicht.

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Erdkunde/Geographie/SachkundeDas Unterrichtsfach Erdkunde befasst sich mit der Struktur und Beschaffenheit unseres

Planeten, der dabei auch als Raum des Handelns der Menschen untersucht wird. Das Fach

ist essenziell, um Grundlagenwissen zu vermitteln, das wiederum benötigt wird, um auch

andere Bereiche des menschlichen Zusammenlebens zu verstehen. Die Auswirkungen des

Wetters, das Wissen um die Verteilung von Wasser- und Ölressourcen sowie Kenntnisse

über die Wirtschafts- und Bevölkerungsstruktur unterschiedlicher Länder beeinflussen

unser Denken und Handeln mittel- und unmittelbar. Hierüber können insbesondere auch

Gründe und Auswirkungen von Migration in den Blick genommen werden.

Meine Freunde, meine Nachbarn − für Toleranz, Freundschaft und Frieden.

Pestalozzischule, Förderschule in Hagen – Gewinner 2010

Idee: Die Pestalozzischule in Hagen und acht weitere Schulen in der Umgebung legen eine Wis-

senssammlung über die Nachbarländer Deutschlands an und bereiten diese Informationen in Colla-

gen und einer Tanzdarbietung auf. Beides präsentieren sie dann der Öffentlichkeit.

Ziel: Durch Wissen können Vorurteile abgebaut werden. Gleichzeitig lässt sich die gegenseitige

Akzeptanz fördern: „Oft entstehen Vorurteile, weil man über den anderen gar nichts weiß.“

Ulla Krawczyk, Projektleiterin an der Pestalozzischule in Hagen

Umsetzung: Unter dem Thema: „Meine Freunde, meine Nachbarn“ bearbeitet während einer Pro-

jektwoche jeder Schüler sein eigenes Land. Die Ergebnisse werden anschließend zunächst in künst-

lerischer Form als Collage sowie – darauf aufbauend – gemeinsam mit der Ballettkompanie des

Stadttheaters choreografisch umgesetzt und mit 350 Kindern aufgeführt. Die Kids konzipierten

zudem Ausstellungen zu den vorgestellten Ländern in den Schaufenstern der Stadt Hagen.

Erfolg: Die Schüler setzen sich spielerisch mit kultureller Vielfalt auseinander. Diese wird als

grundlegende Konstituente unseres heutigen Lebens wahrgenommen und vor allem akzeptiert.

Zu dem großen Erfolg dieses Projektes tragen neben der großen Anzahl der beteiligten Schüler

vor allem die Institutionen bei, die gemeinsam an diesem Projekt arbeiten. Dies zeigt: Integratives

Arbeiten ist ein gesellschaftliches Querschnittsthema.

Politik/SozialwissenschaftenDer Fachunterricht befasst sich mit dem gesellschaftlichen Zusammenleben der Menschen

und untersucht, wie dieses Zusammenleben geregelt ist und geregelt werden kann. Im Mit-

telpunkt steht dabei die Auseinandersetzung mit wichtigen aktuellen gesellschaftlichen

Kernherausforderungen, deren Bewältigung bzw. Gestaltung Gegenstand kontroverser De-

batten in Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit ist. Das Themenfeld Migration/Integra-

tion kann dementsprechend aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick genommen

werden, so etwa hinsichtlich gesellschaftlicher, politischer oder ökonomischer Auswirkun-

gen und Herausforderungen auf nationaler und/oder internationaler Ebene.

Das Gewinnerprojekt der Pestalozzischule in Hagen schloss mit einem großen Bühnenfinale, bei dem 300 Kinder mitwirkten. Jedes Kind hat die Fahne eines europäischen Landes in der Hand.

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Integration beginnt im Kopf, Vitzthum-Gymnasium, Dresden – Gewinner 2009

Idee: Ein Aufklärungsvideo von Schülern für Schüler zum Thema Integration, den Ursachen von

Vorurteilen gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund und deren mögliche Überwindung

wird konzipiert, gedreht und schließlich vorgeführt.

Ziel: Ziel des Videos ist es, die Ursachen von Integrationsproblemen aufzuzeigen, um Vorurteile ab-

zubauen und Lösungsvorschläge anzubieten. Dieser Film wird weiterhin im Unterricht genutzt, um

Abneigung bzw. Hass gegen Menschen mit Migrationshintergrund vorzubeugen.

Umsetzung: Vorurteile gegenüber Migranten entstehen oft aus fehlendem Wissen und fehlendem

Verständnis. Zu Recherchezwecken besuchen die Schüler den Ausländerrat Dresden und informie-

ren sich aus erster Hand über die Lebenssituation von Migranten. Die Schüler erstellen das Konzept

für den Film, der in einer Szene beispielsweise ein Rollenspiel zur Mobbing-Situation einer Schü-

lerin mit Migrationshintergrund zeigt. Die Klasse arbeitet gemeinsam an dem Projekt, wobei jeder

Schüler seine Stärken nutzt: für das Kamera-Team, beim Schreiben des Drehbuches, bei der Schau-

spielerei oder dem Schnitt.

Erfolg: Die Klasse erstellt erfolgreich und aus eigenem Antrieb ein Video, das auch weiterhin für

den Unterricht an der Schule genutzt werden kann, somit nachhaltig auf die Probleme von Migran-

ten hinweist und Vorurteile abbaut. Die Klasse hat beim Drehen des Videos viel dazugelernt und ist

durch die Arbeit mehr zusammengewachsen.“

„Da kommt so ein Sänger, so ein berühmter Mann an unsere Schule. Für mich ist das eine der größ-

ten Sachen, die unsere Schule je erlebt hat.“ Adrian

„Ich freu mich für Euch, dass Ihr so viel Aufmerksamkeit bekommen habt für das, was Ihr gemacht

habt. Da könnt Ihr auf jeden Fall stolz sein.“ Rea Garvey, früherer Reamonn-Frontmann und Sänger

TheaterpädagogikDas Theater fungiert als wichtige Ausdrucksform von Gefühlen, Bedürfnissen und Konflik-

ten der Menschen. Im pädagogischen Kontext bietet das szenische Spiel den Schülern die

Möglichkeit, sich „spielend“ bestimmten Kernproblemen und -konflikten zu nähern und

diese in ihrer Komplexität wahrnehmen und verstehen zu können. Aspekte des Themen-

feldes Migration/Integration bieten dabei vielfältige „Stoffe“ für Inszenierungen, die – je

nach grundsätzlicher Ausrichtung – Emotionalität, Tragik, Konflikthaftigkeit sowie ggf.

auch Komik enthalten können.

Naßib − Theaterstück, Berufliche Schule H20 Bramfelder See – Gewinner 2010

Idee: Das Theaterstück Naßib (Schicksal) der Beruflichen Schule H20 Bramfelder See in Hamburg

setzt sich mit dem Israel-Palästina-Konflikt auseinander. Zuvor werden der Konflikt und die Zweite

Intifada im Unterricht besprochen, sodass die Schüler mit den Grundzügen dieser Problematik ver-

Bleibende Erinnerung. Bei seinem Schulbesuch trägt

sich der Sänger Rea Garvey ins Gästebuch des Vitzthum- Gymnasiums in Dresden ein.

Integration braucht faire Bildungschancen

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traut sind. Gemeinsam mit den Lehrern entsteht die Idee, sich dem Thema aus einer anderen außer-

gewöhnlichen Perspektive zu nähern: Wie erleben junge und kritische israelische Soldaten ihren

militärischen Alltag in der Armee?

Ziel: Dieses Stück provoziert Diskussionen zum Israel-Palästina-Konflikt und darüber hinaus zum

Thema Krieg und Frieden. Jeder der teilnehmenden Schüler ist gezwungen, für sich selbst einen

Standpunkt zu wählen, und dies geht nur nach einer intensiven thematischen Auseinandersetzung.

Olaf Bublay, Lehrer an der Beruflichen Schule H20, hebt die Nachhaltigkeit des Theaterspielens her-

vor: „Ich finde, das ist eigentlich auch die größte Leistung der Schüler, das auf sich zu beziehen, so-

wohl auf der Bühne eine Haltung einzunehmen als auch im alltäglichen Leben.“

Umsetzung: Seit seiner Erstaufführung entwickelt sich das Theaterstück ständig weiter.

Bewusst arbeiten die Schüler in ihrem Stück mit Doppelungen und chorischen Elementen, die

Schauspieler wechseln häufig die Rollen und sind als israelische Soldaten und auch als palästinen-

sische Jugendliche in Aktion. Es werden beide Seiten des Konfliktes gezeigt. Um deutlich zu

machen, dass es hier nicht um moralisches Theater geht, in dem die „Guten“ am Ende die Oberhand

behalten, wird die Frage nach einer Lebensperspektive für die palästinensischen Jugendlichen auch

nicht gelöst.

Erfolg: Theater verbindet und fördert das Selbstbewusstsein der Schüler. Beim Theater-

spielen gibt es keine Unterschiede: Auch sozial und materiell benachteiligte Schüler kön-

nen in vollem Umfang mitspielen und erfahren dadurch unter Umständen eine besondere

Wertschätzung. Die Premiere am 3. Juni 2010 im Theatersaal vor mehr als 300 jugendli-

chen Schülern und Lehrern wurde überwältigend positiv aufgenommen.

Die Schüler wurden mit Naßib zu zwei Theaterfestivals in Marrakesch und Tunesien ein-

geladen. Durch die Zusammenarbeit erfahren die Schüler, was es heißt, zusammenzu-

wachsen und einem gemeinsamen Ziel entgegenzustreben. Am Ende steht ein Produkt,

auf das alle stolz sein können.

Youthical (Musical) – Geschwister Scholl Mittelschule Röthenbach an der Pregnitz –

Gewinner 2010

Idee: Die Schüler erzählen im deutsch-türkischen Musical „Romeo & Julia“ ihre eigene Geschichte

von Integration und Zusammenhalt. Die Geschichte der Capulets und der Montagues übertragen sie

auf die Konflikte zwischen Deutschen und Türken an ihrer Schule.

Ziel: Mit dem selbstverfassten Youthical wird durch verschiedene Elemente wie Tanz, Gesang, Theater

und den Einsatz von neuen Medien generationsübergreifend begeistert und zur Reflexion angeregt.

Umsetzung: Hochmotiviert entwickeln die Schüler gemeinsam ihr eigenes Stück, texten und cho-

reographieren die Szenen und Dialoge. Träume, Ängste und die gesellschaftlichen Erfahrungen der

Jugendlichen spielen in diesem Beitrag eine zentrale Rolle.

Die Schüler bei der Auf- führung von Naßib.

Bei ihrem Besuch gab die Schau-spielerin Susan Sideropolous der Theatergruppe Schauspieltipps.

| Bertelsmann Stiftung

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Erfolg: Durch die intensive Vorbereitung lernen sich die Schüler untereinander besser kennen und

schaffen so die Basis für einen vorurteilsfreien Umgang miteinander. Viele Schüler, die einander vor-

her aufgrund ihrer Herkunft im besten Falle ignorierten, werden Freunde.

Schulleiter Roland Pecher ist begeistert von dem Erfolg des Projektes: „Zu sagen: Ich kann ja was!

Also kann ich mich jetzt auch hier anstrengen. Wenn ich mich anstrenge, dann kann ich auch was, dann

lern ich auch was, dann habe ich Erfolg. Und wenn das gelingt, dann haben wir Bildung erreicht.“

AG, Seminar, Projektwoche:AGs, Seminare und Projektwochen bieten ausreichend Zeit dafür, sich mit einem Thema ver-

tiefend auseinanderzusetzen, was im normalen Unterrichtsalltag häufig nicht möglich ist.

Damit die Schüler entsprechenden Nutzen hieraus ziehen können, bietet es sich an,

Themen zu wählen, die von gesellschaftlicher Bedeutung sind, zu denen die Schüler eigene

Erfahrungen und Sichtweisen einbringen können. Beide Bedingungen erfüllt das Themen-

feld Migration/Integration.

Dostca − Freundschaft, ein Weg voller Hoffnung, Erich Kästner-Schule, Werdohl –

Gewinner 2009

Idee: Dostca ist das türkische Wort für freundlich und in der Erich Kästner-Schule in Werdohl auch

ein Thema im Schulalltag: Umgangsformen und vor allem Werte in unserer Gesellschaft und in ande-

ren Kulturen werden hier zum Inhalt gemacht.

Ziel: Das Ziel der Aktivitäten besteht darin, sich gegenseitig zu respektieren, zu akzeptieren und

voneinander zu lernen. Es sollte möglich sein, dass man trotz unterschiedlicher kultureller Hinter-

gründe verständnisvoll miteinander leben kann, ohne die anderen Lebensweisen zu verurteilen.

„Lasst uns nach Gemeinsamkeiten schauen, denn nur so können wir zusammenrücken.“.

Gülcan Kiraz/Integrationsfachkraft

Umsetzung: An der Ganztagsschule werden den Schülern viele unterschiedliche Angebote dazu

gemacht, wie sie ihre Zeit im Sinne des Zieles nutzen können. In der Mittagspause können die Schü-

ler beispielsweise türkische Folkloretänze lernen, es gibt eine internationale Verpflegung in der Schul-

mensa und Tanzangebote wie Hip-Hop und Salsa. In den Klassen 5 und 6 werden im Unterricht Themen

wie Umgangsformen und Werte in unserer Gesellschaft und in anderen Kulturen zum Inhalt gemacht.

Erfolg: Miteinander reden – das spielerisch erlangte Wissen über den anderen vermeidet Vorurteile.

Der Zusammenhalt der multikulturellen Schüler wird gestärkt. Im Laufe eines Schuljahres lernen

alle Schüler: Auf den jeweiligen Menschen kommt es an und nicht auf seine Herkunft.

Der TV-Moderator und Sänger Daniel Aminati nahm mit den Schülern der

Geschwister-Scholl-Mittelschule Röthenbach an der Pregnitz seinen neuen Song

„Wunderkind“ auf.

Integration braucht faire Bildungschancen

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Interkultureller Kompetenzkurs, Margaretha-Rothe-Gymnasium, Hamburg –

Gewinner 2010

Idee: Der einwöchige interkulturelle Kompetenzkurs bringt die Schüler der Oberstufe dazu, die

eigene Wahrnehmung zu reflektieren und zu hinterfragen, um Lösungsstrategien zur Vermeidung

interkultureller Konflikte zu erarbeiten.

Ziel: Ziel des Projektes ist es, die Schüler auf eine Lebenswelt vorzubereiten, in der das Zusammen-

leben von Menschen unterschiedlicher kultureller Herkunft zwar zum Alltag gehört, aber nicht auto-

matisch ohne Irritationen und Spannungen abläuft.

„Jemand, der interkulturell kompetent ist, ist aber auch in der Lage, sich wirklich in den anderen

hineinzuversetzen und mal aus den Augen einer anders kulturell geprägten Person die Wirklichkeit

zu betrachten. Und dann auch nach der Reflexion vielleicht Unterschiede in Wertvorstellungen aus-

zuhalten.“ Faried Ragab, Lehrer

Umsetzung: Die Schüler behandeln im Unterricht die derzeitige Wirtschaftslage und diskutie-

ren, welche Herausforderungen Themen wie Globalisierung an sie stellen. Ausgehend von der ei-

genen kulturellen Prägung werden während des Kurses die Kulturgebundenheit der eigenen Wahr-

nehmung anhand verschiedener Beispiele und Übungen verdeutlicht und die Konsequenzen für das

eigene Denken und Handeln reflektiert. Darüber hinaus hinterfragen die Schüler eigene und fremde

Wert- und Verhaltensmuster, beispielsweise bewussten oder unbewussten Rassismus oder den sehr

unterschiedlichen Umgang mit Zeit – und erleben in Rollenspielen, wie schnell es in interkulturel-

len Kommunikationssituationen zu Missverständnissen kommen kann. Sie setzen sich mit mög-

lichen Lösungsstrategien zur Vermeidung interkultureller Konflikte auseinander. Ein Blick in die

Wirtschaftswelt, die zunehmend interkulturell kompetente Arbeitskräfte fordert, die es verstehen,

sich auf globalisierten Märkten zu bewegen und mit Geschäftspartnern aus anderen Kulturkreisen

zu interagieren, rundet den Kurs schließlich thematisch ab.

Erfolg: Der Kurs bereitet die Schüler auf eine multikulturelle Lebenswelt vor. Die Erfahrungen aus

dem Kurs lohnen sich für die Schüler auch für die Zeit nach der Schule: Interkulturelle Kompetenz

ist gefragt, ganz gleich, ob an der Hochschule, im Berufsleben

oder im Privaten. „Man fühlt sich in die Kultur ein, gerade die

Gefühlsebene wird deutlicher, als wenn das Wissen theore-

tisch vermittelt wird“, so das Feedback einer Schülerin.

Das Projekt unterstützt das gegenseitige Verständnis der

Schüler untereinander und trägt dazu bei, dass sie sich der

eigenen „kulturellen Brille“ bewusst werden und diese ggf.

auch ablegen können.

Beim Schulbesuch von Tayfun Baydar, bekannt aus „Gute Zeiten Schlechte Zeiten“, lernten die Schüler der Oberstufe in einem Schauspiel-Workshop vom Profi.

| Bertelsmann Stiftung

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Schülerfirma mündet in Kooperation mit Alle Kids sind VIPs:

„Schule muckt auf“ − Schule rockt gegen rechts und Diskriminierung, 2010–2011

Idee: Im März 2010 wurde von rechtsradikalen Extremisten in die IGS Kronsberg eingebrochen, ran-

daliert, Hetzschriften wurden verteilt. Das wollten die Schüler nicht auf sich sitzen lassen: Sie grün-

den eine Schülerfirma und organisieren ein Benefizkonzert, das am 17. September 2011 stattfindet.

Dieses Konzert setzt ein Zeichen für mehr Vielfalt.

Ziel: Schüler zeigen Engagement für kulturelle Vielfalt. Die Jugendlichen mit unterschiedlichen kul-

turellen Hintergründen arbeiten zusammen. Jeder Schüler erkennt seine Stärken und bringt sie in

die Gemeinschaft ein.

Umsetzung: Für die Organisation des Konzertes gründet die Projektgruppe „Schüler mit Courage“

die Schülerfirma „Eventtechnik“. Gleichzeitig stellt diese Schülerfirma eine Hilfe für die Berufsori-

entierung dar. Ob technische oder kaufmännische Berufe – in dieser Schülerfirma können Interesse

geweckt, ein kleiner Einblick gegeben und Eigeninitiative gefördert werden. Die Schüler organisie-

ren ein Open-Air-Konzert auf dem Expo-Plaza-Gelände mit dem Titel „Stars rocken für Vielfalt“.

Sie werden gemeinsam mit Kooperationspartnern, wie z. B. der Bertelsmann

Stiftung, Stars wie dem Beginner Soundsystem, Mehrzad Marashi und Thomas

Godoj am 17. September 2011 auf ihre Bühne bringen.

Erfolg: Alle Kids sind VIPs unterstützt dieses Konzert als Kooperationspart-

ner bei der Planung und Organisation.

Das Selbstwertgefühl der Schüler steigt, denn die individuellen Stärken

jedes Einzelnen tragen dazu bei, dass alle gemeinsam dieses Event, bei dem

mit 3.500 bis 5.000 Zuschauer gerechnet wird, zustande bringen. Am Ende

weiß jeder: Gemeinsam sind wir stark.

http://vielfalt-rockt.de/

Integration braucht faire Bildungschancen

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Fragen und Antworten

Alle Kids sind VIPs ist eine Initiative der Bertelsmann Stiftung, mit der Kinder und Jugendliche,

aber auch Lehrer und Eltern aktiviert werden, sich für faire Bildungschancen im deutschen Bil-

dungssystem einzusetzen. Beim Integrationswettbewerb geht es darum, Schüler und Lehrer dazu

zu bewegen, sich für mehr Fairness und Integration im Schulalltag zu engagieren. Jeder kann ein

neues oder ein bestehendes Projekt vorschlagen, mit dem sich das Miteinander an der Schule oder

in der Klasse verbessern lässt. Integration beginnt damit, dass alle Schüler unabhängig von ihrer

Herkunft die gleichen Chancen für ihr Leben bekommen.

2009 wurde erstmals die 16-Millionen-Schwelle der Anzahl von Menschen mit Migrationshintergrund

überschritten. Inzwischen hat laut Statistischem Bundesamt in Wiesbaden jeder fünfte Einwohner

Deutschlands eine Zuwandergeschichte. Doch die Bemühungen um eine bessere Bildung von Migran-

ten kommen kaum voran: Nach dem aktuellen Integrationsbericht der Bundesregierung verlassen 13,3

Prozent der Migrantenkinder die Schule ohne Abschluss – deutlich mehr als ihre Altersgenossen ohne

Migrationshintergrund (7 Prozent).

An deutschen Schulen besteht also Handlungsbedarf. Internationale Studien zeigen: Der Bildungs-

erfolg hängt hier wie in kaum einem anderen Land von der Herkunft ab. Kinder und Jugendliche aus

Zuwandererfamilien erzielen bei gleicher Intelligenz und Kompetenz niedrigere Schulabschlüsse als

die anderen Schüler. Ihre Aussichten auf eine qualifizierte Berufsausbildung sind nur halb so groß

wie bei Jugendlichen deutscher Herkunft. Andere Länder bieten Einheimischen und Zuwanderern

durchaus gleiche Bildungschancen. Das geschieht etwa durch individuelle Förderung der Kinder, in-

tensive Zusammenarbeit mit den Eltern und längeres gemeinsames Lernen in heterogenen Grup-

pen. Wir in Deutschland brauchen neue Wege, um allen Kids faire Chancen einzuräumen und den

sozialen Zusammenhalt zu stärken. Gemeinsames Tanzen, Beatboxen, Singen, Theaterspielen oder

das Erklären von kulturellen Bräuchen: Bei Alle Kids sind VIPs geht es darum, Jugendliche dafür zu

sensibilisieren, dass Integration jeden betrifft und dass es sich lohnt, sich für faire Chancen einzu-

setzen.

Über die Website www.allekidssindvips.de können sich Lehrer, Klassen, Projektgruppen oder

auch Einzelne wieder für den Wettbewerb ab dem 5. September 2011 bis zum 31. Januar 2012 an-

melden. In den vergangenen Jahren wurden zahlreiche schöne und kreative Projekte eingereicht.

Im Rahmen eines öffentlichen Votings stimmen die Besucher der Website über die besten Ideen ab.

Das Projekt mit den meisten Stimmen wird zum Publikumsliebling gewählt. Die Stimmen, die ein

Wettbewerbsbeitrag beim Public Voting sammeln konnte, werden bei der Bewertung durch die Jury

miteinbezogen. Die Jury wählt die Gewinner aus und bestimmt somit, wer von den teilnehmenden

Schulen zur Siegerehrung nach Berlin fahren kann. Die Jury ist unabhängig, sie besteht aus den

prominenten Botschaftern von Alle Kids sind VIPS und einem Team der Bertelsmann Stiftung. Der

Hauptgewinn für die Siegerprojekte: Die Botschafter statten den Gewinnerschulen für einen Projekt-

tag einen Besuch ab.

Warum gibt es diese

Kampagne?

Wie funktioniert der

Wettbewerb?

Was ist der Hintergrund

von Alle Kids sind VIPs?

| Bertelsmann Stiftung

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Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, das Thema Integration im Unterricht zu behandeln. Kreati-

vität kennt hier keine Grenzen! Sie können sich einige Anregungen durch folgende Projekte holen,

die in den letzten drei Jahren bei „Alle Kids sind VIPs“ eingereicht wurden. Die Projekte zeigen,

dass das Thema Integration in fast jedem Fach einen sinnvollen Beitrag leisten kann und daher in

Lehrplan und Unterrichtsplanung berücksichtigt werden sollte. Natürlich ist auch interdisziplinäres

Arbeiten mit dem Thema Integration in Projektwochen oder AGs möglich. Oft lassen sich die einge-

reichten Projekte auch mehreren Unterrichtsfächern zuordnen.

Wie kann ich das Thema

Integration und den Wett-

bewerb Alle Kids sind

VIPs in den Unterricht

einbauen?

Jetzt bewerben! Der große Gewinn:

Mit Alle Kids sind VIPs haben Sie die Chance auf:

1. eine Fahrt mit ihrer Gewinnergruppe in die Hauptstadt, inklusive Unterkunft

2. eine unvergessliche Siegerehrung mit den Botschaftern für Sie und Ihre Schüler

Das ist noch nicht alles …

3. Als Hauptgewinn besucht einer unserer Botschafter Ihre Schule, um mit Ihren Schülern

und Ihnen einen Vormittag zu verbringen.

Außerdem: Das Projekt mit den meisten Stimmen gewinnt den Publikumspreis.

Gemeinsam mit dem Vor-standsvorsitzenden der

Bertelsmann Stiftung, Dr. Gunter Thielen, und der

Integrationsbeauftragten der Bundesregierung, Prof.

Dr. Maria Böhmer, empfing Liz Mohn (Mitte) die Schüler

der ausgezeichneten Projekte in Berlin.

Integration braucht faire Bildungschancen

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Literatur

Bund-Länder-Kommission für Bildungsplanung und Forschungsförderung (2003): Heft 107, Förde-

rung von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Bonn.

Bildungskommission der Heinrich-Böll-Stiftung (2004): Schule und Migration. Berlin.

Gaiser, Wolfgang/de Rijke, Johann (2010): Gesellschaftliche und politische Beteiligung Jugendlicher

und junger Erwachsener in Deutschland. In: Betz, Tanja/Gaiser, Wolfgang/Pluto, Liane: Partizipa-

tion von Kindern und Jugendlichen. Forschungsergebnisse, Bewertungen, Handlungsmöglichkeiten.

Bonn. S. 35–56.

Lange, Dirk (2009): Migrationspolitische Bildung. Das Bürgerbewusstsein in der Einwanderungs-

gesellschaft. In: Lange, Dirk/Polat Ayça (Hrsg.): Unsere Wirklichkeit ist anders. Migration und

Alltag. Perspektiven politischer Bildung. Bonn. S. 163–175.

Nauck, Bernhard/Clauß, Susanne/Richter, Elisabeth (2008): Zur Lebenssituation von Kindern

mit Migrationshintergrund in Deutschland. In: Bertram, Hans (Hrsg.): Mittelmaß für Kinder.

Der UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Deutschland. Bonn. S. 127–151.

Wagner, Petra (2007): Vielfalt respektieren, Ausgrenzung widerstehen – Politisches Lernen in der

Einwanderungsgesellschaft. In: Richter, Dagmar (Hrsg.): Politische Bildung von Anfang an. Bonn.

S. 260–274.

Unter Mitwirkung von

Prof. Dr. Dirk Lange, Direktor der Agentur fuer Erwachsenen- und Weiterbildung

Jan Eike Thorweger, Mitarbeiter der AGORA Politische Bildung, Leibniz Universität Hannover

Mostapha Boukllouâ, Lehrer für Deutsch, Geschichte und Französisch am Berufskolleg Vera Beckers

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