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SCHWERPUNKT:
Agile Skalierung
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Agile Skalierung ist in aller Munde – und wird
kontrovers diskutiert.
Die einen meinen, dass man das Freestyle machen sollte, und andere schwö-
ren auf Frameworks. Es ist daher an der Zeit, dass wir uns mit dem Thema
«Agile Skalierung» im wibas magazin beschäftigen.
Warum Skalierung? Weil die meisten Unternehmen größer als sieben Perso-
nen sind. Sie sind größer als ein Team, für das Scrum und die meisten agilen
Methoden konzipiert sind. Wir müssen also irgendwie mehreren Teams unter
einem Hut die Möglichkeit geben, sich zu koordinieren. Was auch immer die-
ser Hut ist: eine gemeinsame Strategie oder ein gemeinsames Produkt.
Warum Agil und Lean? Weil Organisationen schelle Reaktionsfähigkeit in einer
komplexen Welt brauchen. Weil wir eine postheroische Führung brauchen.
Weil wir wissen, dass Lean und Agil signifikante Verbesserungen bringen. Dass
es auf beides keine Patentrezepte gibt ist klar. Aber es gibt viele gute Erfahrungen, Ideen und Techniken zu
Agiler Skalierung und Lean Product Development, die wir in diesem Heft vorstellen.
So gut das Lernen aus Fehlern ist, man muss ja nicht alle Fehler selber machen. Mir zumindest ist das zu
teuer. Ich finde abgucken gut und o.k. und habe schon ganz viel in meinem Leben so gelernt. Wir haben
uns in diesem Heft erlaubt, neben der Darstellung fachlicher Inhalte auch ironisch, kritisch und ketzerisch
zu sein. Wir hoffen, Ihnen gefällt das. Und ganz zum Schluss möchte ich noch meinen wichtigsten Ge-
danken mit auf den Weg geben: bevor Sie ihre Methode groß skalieren, skalieren Sie unnötige Komplexität
herunter. Braucht es zum Beispiel wirklich zehn Teams für ein Programm, obwohl es doch nicht in sechs
Monaten fertig wird? Komplexität, die Sie beseitigen, müssen Sie nicht managen.
Viel Spaß beim Lesen.
Ihr Malte Foegen
Darmstadt, Dezember 2014
VORWORT
Malte FoegenGeschäftsführer von wibas
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KURZ UND KNAPP
Ausgewählte Konferenzen 2015 » 4
Neu: SAFe 3.0 ist online » 5
Bereit für Veränderung? » 5
Das Basislager » 5
SCHWERPUNKT
The Big Picture » 6
Agile Führung in großem Stil » 8
Weniger Kontrolle – mehr Führung » 9
So oder so » 10
Teamtypen und die Skalierung » 11
Agile Skalierung – » 12 Puls der Zukunft
Wie werden agile Teams auf ein Ziel hin
koordiniert? Was ist die Rolle der Führung? Wie
hilft Scaled Agile dabei, die Organisation
schneller und reaktionsfähiger zu machen?
INTERVIEW
Stefan Waschk spricht über agile » 16 Transformation bei Volkswagen
STOLPERSTEINE
Respekt für die Führung » 18
Gesunder Change trotz Höhen » 19 und Tiefen – geht das?
Der Hänger zum Thema » 20
Konflikt: Ja, bitte! » 21
AUS DER PRAXIS
DevOps: Die Brücke zwischen » 22 Entwicklung und Betrieb
Go Agile, Wincor Nixdorf » 24
Auf Spur: Ausbildungspfade » 28
Skalierung konkret: » 28 Direkt anfangen
DAS LETZTE
Theater: Agil! » 30
Wissen angelesen » 31
INHALT
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KURZ UND KNAPP
EINIGE AUSGEWÄHLTE KONFERENZEN 2015
Herausgeber: wibas GmbH, Otto-Hesse-Str. 19 B 64293 Darmstadt Telefon: 06151 503349-0 E-Mail: [email protected] » www.wibas.com
V. i. S. d. P.: Malte Foegen
Redaktion: Frank Eberhard (Chefredakteur), Patrick Atamaniuk, Jörg Batten- feld, Sybille Besecke, David Croome, Yvonne Fischer, Malte Foegen, Caroline Haußmann, Christa Hesse, Christian Kaczma-rek, Lutz Koch, Claudio Porcelli, Simon Porro, Claudia Raak, Karsten Rohrbach
Art Direction & Gestaltung: Dienstagmorgen Manuel Dorn » www.dienstagmorgen.de
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Copyright: © 2014 wibas GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Insbesondere das Recht auf Verbreitung, Nachdruck von Text & Bild, Übersetzung in Fremdsprachen sowie Vervielfälti-gung jeder Art durch Fotokopien, Mikrofilm, Funk- und Fernsehsen-dung für alle Beiträge einschließ-lich der Abbildungen. Änderungen und Irrtümer vorbehalten.
IMPRESSUM
OOP
26. – 30. Januar 2015, München
Auf der OOP Konferenz 2015
sprechen über 150 Sprecher aus
insgesamt 14 Ländern. Zukunfts-
weisende Keynotes erwarten Sie
auch in 2015 wieder auf der OOP.
» www.oop-konferenz.de
Global Scrum Gathering®
4. – 6. Mai 2015, Phoenix, USA
Die Scrum Gatherings bieten
Scrummern weltweit die Mög-
lichkeit, sich zu treffen und ihre
Begeisterung, Erfahrungen und
Kenntnisse von Scrum und Agile
miteinander zu teilen. Das Pro-
gramm und alle Sessions finden
Sie bereits jetzt auf der Website
der Scrum Alliance.
» www.scrumalliance.org
SEACON
7. – 8. Mai 2015, Hamburg
«Effizienzsteigerung und Kosten-
senkung – Die IT als Motor», ist
dieses Mal das Motto. Die jährlich
stattfindende SEACON beinhaltet
klassische Fachvorträge namhafter
und gestandener Experten. For-
mate wie Open Space, Fishbowl
oder Expertenbefragungen schaf-
fen die Möglichkeit, persönlich
mit Experten und Teilnehmern ins
Fachgespräch zu kommen.
» www.sea-con.de
Lean Best Practice Day
8. – 10. Juni 2015, Darmstadt
Es erwartet Sie ein hochkarätiger
Mix aus internationalen Keynotes,
Lean Vorreitern und medial be-
kannten Lean-Gurus im Kongress-
plenum sowie Intensivworkshops
zu aktuellen Brennpunktthemen
rund um Shopfloor Management,
Führungsexzellenz, neue Produk-
tionsmethoden und Innovations-
management
» www.best-practice-day.com
Scrum Day
16. – 17. Juni 2015, Stuttgart
Die Highlights auf dem Scrum-
Day 2014 waren die vier Keynotes:
Neben dem Scrum-Erfinder Jeff
Sutherland waren außerdem der
COO der Scrum.org David Starr
sowie die bekannte Buchautorin
Lyssa Adkins und Craig Larman,
der Experte für Large-Scale Scrum
vertreten. Das Programm des
Scrum Day 2015, mitveranstaltet
von Bosch, finden Sie online.
» www.scrum-day.de
Lean Production Systems
19. – 20. Juni 2015, Stuttgart
Die Production Systems führt Sie
durch alle Facetten der Lean-
Welt. Dabei werden aktuelle
Lean-Entwicklungen in verschie-
denen Industrien, der Serien- und
Kleinserienfertigung und auch
der Produktion angrenzenden
Bereichen diskutiert, wie das
umfassende Thema Führung im
Lean-Prozess zum Beispiel mit
Hilfe der Toyota Kata.
» www.productionsystems.de
Global Scrum Gathering®
16. – 18. November 2015, Prag
Die Scrum Gatherings bieten
Scrummern weltweit die Mög-
lichkeit, sich zu treffen und ihre
Begeisterung, Erfahrungen und
Kenntnisse von Scrum und
Agile miteinander zu teilen. Das
Programm wird zur Zeit noch
ausgearbeitet und demnächst
veröffentlicht.
» www.scrumalliance.org
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KURZ UND KNAPP
NEU: SAFe 3.0IST ONLINE
BEREIT FÜR VERÄNDERUNG?
Beim «DarmstadtSPIN Basislager» treffen sich auch
im Jahr 2015 wieder regelmäßig Führungskräfte
und Unternehmer in exklusiver Runde, um sich über
aktuelle Themen und gute Praktiken auszutauschen.
In dieser Runde besprechen sie ihre Strategien,
um Projekte erfolgreich umzusetzen. Sie tauschen
Erfahrungen in der Führung engagierter Teams aus,
plaudern locker und ernsthaft über Erfolge und
Lernerfolge. 2014 ging es zum Beispiel um Themen
wie «Fokus, Mut und Vereinfachung», «Personal-
entwicklung im agilen Umfeld» oder «Ende des
Mittelmaßes». Mehr Infos finden Interessierte auf der
wibas Website unter «Veranstaltungen». Teilnahme
auf Einladung. Bei Interesse schreiben Sie bitte eine
Mail an [email protected]
Dean Leffingwell hat die Version
3.0 vom Scaled Agile Framework
(SAFe) veröffentlicht. Auf der Seite
www.scaledagileframework.com
finden sich jetzt das neue Über-
sichtsbild und die neuen Texte.
In der Version 3.0 wurden die Beschreibungen vie-
ler Elemente überarbeitet und einige Begriffe mehr
an die verbreiteten Scrum und Agile Bezeichnun-
gen angepasst. Außerdem geht SAFe 3.0 jetzt mehr
auf die Rolle der Führung ein. Auf der Unterneh-
mens-Ebene wurde die Portfolio-Kanban-Planung
verbessert, diese mit der Strategie verbunden sowie
die Budgetierung überarbeitet.
Einführung von Scrum und Scaled
Agile bedeuten eine Veränderung.
Um einschätzen zu können, wie
groß die kulturelle Änderung ist
und wie bereit eine Organisation
dafür ist, hilft eine Analyse der Veränderungsbereit-
schaft der Organisation. Das Project Management
Institute (PMI) hat ein Weißbuch zur Veränderungsbe-
reitschaft (engl. Readiness) veröffentlicht. Der Artikel
heißt «Change Readiness: Focusing Change Manage-
ment Where It Counts». Das Weißbuch beschreibt,
warum Veränderungsbereitschaft wichtig ist und wie
man sie beurteilen kann. Außerdem wird dargestellt,
welche Auswirkungen mögliche Lücken haben und
wie man damit umgehen kann.
DAS BASISLAGER
TERMINE 2015:
26. Januar
9 März
4. Mai
29. Juni
7. September
9. November
immer von 19 bis 21 Uhr
«DIE MEHRHEIT DER ANWENDER AGILER METHODEN
NUTZT SIE SELEKTIV ODER IN MISCHFORM.»
» Status-Quo Agile Studie
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Die Artikel im Magazin folgen Seite auf Seite.
Die Inhalte stellen dagegen ein Netz aus
zusammenhängenden Informationen dar.
Leider lässt sich ein Heft nicht als Netz drucken, wohl aber so interpretieren.
Eine – zugegebenermaßen subjektive – Sicht bieten wir Ihnen hier. Die
Zellen zeigen Aussagen aus den folgenden Artikeln. Die Linien zeigen
Verbindungen. Und vielleicht ist es ganz passend, dass das Bild Synapsen
von Nervenzellen ähnelt. Dort werden bekanntlich Impulse weitergege-
ben und die nächste Zelle wird angeregt. Sie dürfen also auch Hin- und
Herblättern. Frohes Entdecken!
SCHWERPUNKT
THE BIG PICTURE – DIE ZUSAMMENHÄNGE
3 Gewalten machen
den Erfolg der Skalierung.
2 Tage dauert die
Grundlagenschulung SAFe.
3.0 heißt der neue Management-
werkzeugkoffer.
50 50:geht die Kontroverse zur Nutzung
von Frameworks aus.
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SCHWERPUNKT
THE BIG PICTURE – DIE ZUSAMMENHÄNGE
300 Mitarbeiter in der
Entwicklung von Wincor arbeiten jetzt agil.
67% agiler Projekte sind
erfolgreich.
2009startete Stefan Waschks agile
Lernkurve.
58%sagen: «Alte Denk-
weisen hindern Wandel.»
< 50%der «Scrummer» nutzen Impediment-Backlogs.
Hubert Hänger steht darauf.
2Sichtweisen. Basis für
Konflikt. Basis für Verständnis.
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Auf den ersten Blick scheint es
bei Skalierung um neue Rollen
und größere Rituale zu gehen.
Die wesentliche Veränderung
gegenüber einer herkömmlichen
Organisation findet dagegen
in der Führung statt. In erfolg-
reichen agilen Organisationen
wird aus einer postheroischen,
«leanen» Haltung heraus geführt.
Und während die Aufgaben der
Führungskräfte immer noch
unter Organisieren, Entscheiden,
Menschen entwickeln, … sub-
summiert werden können, so
sind die Techniken dazu im agi-
len Umfeld andere: Management
3.0 liefert dazu einen nützlichen
Werkzeugkoffer.
Wir mögen uns das nicht so
gerne eingestehen, aber die
Führungskonzepte des Scientific
Management aus dem letzten
Jahrhundert stecken in uns. Sie
durchdringen das Handeln vieler
Führungskräfte tiefer, als dass
sie sich geschmeidig auf agile
Führung umstellen könnten. In
konkreten Konfliktsituationen
zeigen sich die alten Paradigmen
im Verhalten.
Wirksame Agilität basiert aber auf
einem menschenzentrierten Bild
der Organisation. Es erkennt an,
dass Menschen unterschiedlich
sind und dass Individualität und
Vielfalt hohen Nutzen stiften.
«Build projects around motiva-
ted individuals. Give them the
environment and support they
need, and trust them to get the
job done.» steht dazu in den
Prinzipien des agilen Manifests
(» www.agilemanifesto.org). Das
gilt für die einzelnen Entwick-
lungsteams. Und für die Orga-
nisation? Ein guter Vorschlag ist:
«Build the organisation around
motivated leaders. Give them the
environment and support they
need, and trust them to get the
job done.» Auch das Top Manage-
ment ist in der Pflicht.
Falls jemand die Frage auf den
Lippen hatte, ob die Führung in
der agilen Organisation weniger
wichtig sei: Keinesfalls! Sie wird
sogar anspruchsvoller. Es gilt,
Menschen zu ihrer individuellen
Höchstleistung zu entwickeln. Es
gilt, die Transparenz zu nutzen
und auszuhalten. Es gilt, Hinder-
nisse aus dem Weg zu räumen.
Es gilt, die neuen Rituale wie ein
Release Planning mit 100 oder
200 Mitarbeitern durchzusetzen
und durchzuführen.
All das verlangt Abstimmung,
Kreativität, Bereitschaft zum
Lernen und Feedbackfähigkeit.
Reife Führungskräfte also.
Agile Transformation heißt auch,
die Führung neu zu denken.
«Führung wird anspruchsvoller.»
SCHWERPUNKT
AGILE FÜHRUNGIN GROSSEM STIL
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Auch wenn agile Führung auf den ersten Blick nach
weniger Kontrolle ausieht: in Wirklichkeit bietet sie
viel mehr Steuerung, viel mehr Richtung, und eine
viel effektivere Führung für eine Organisation.
Durch die Rollenaufteilung (z. B. Verantwortung als
Chief Product Owner für eine Produktlinie oder als
Area Product Owner für nur ein Produkt) bekommen
die einzelnen Führungskräfte einen viel klareren
Fokus. Das reduziert die Verzettelung und auch das
Aufreiben.
Durch die Gewaltenteilung bei der agilen Führung
(Produktverantwortung, Prozessverantwortung
und Ergebnisverantwortung) entstehen balancierte
Entscheidungen, die dem Unternehmen nützen. Der
Druck, persönlich optimierte Entscheidungen zu tref-
fen, die der Karriere in Krabbenkörben dienen, wird
merklich reduziert.
Die Verlagerung der Kontrolle so weit nach unten wie
möglich führt zu frühereren und schnelleren Reaktio-
nen direkt an der «Quelle» – dort wo die Reaktionen
nötig sind. Dies steigert die Reaktionsfähigkeit von
Organisationen. So werden 67% der Projekte erfolg-
reich statt nur 42% bei klassischem Vorgehen (Status
Quo Agile, Hochschule Koblenz).
Die gesteigerte Transparenz führt bei allen Beteiligten
und auf allen Hierarchieebenen zu einer besseren
Steuerungsmöglichkeit. Dies vermeidet eine Schein-
steuerung – häufig auf Basis von Berichtskennzahlen.
Die definierten Ereignisse und der konkrete Plan-Do-
Check-Act-Zyklus auf allen Ebenen schafft einen kla-
ren und bewährten Rahmen, in dem die Führung und
Arbeit stattfindet. Bei einer agilen Führung steigt die
Motivation auf Mitarbeiter- wie auf Führungsebene.
Mehr Sinnstiftung durch klarere Ziele, mehr Autono-
mie durch Verlagerung von Kontrolle nach unten,
und mehr Können durch regelmäßiges Lernen und
Verbessern steigern die Motivation.
In der Summe bedeutet die effektivere Steuerung
einen größeren und nachhaltigeren Erfolg der Orga-
nisation, die agile Führung lebt.
Lesen Sie mehr dazu online:
«Bei agiler Führung steigt die Motivation auf jeder Ebene.»
SCHWERPUNKT
WENIGER KONTROLLE – MEHR FÜHRUNG
«ALLES AUF EINMAL TUN WOLLEN, ZERSTÖRT ALLES AUF EINMAL.»» Georg Christoph Lichtenberg
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SCHWERPUNKT
SO SOODER
Kontroverse Gedanken von Malte Foegen und Simon
Porro zum Thema Skalierung. Offene Gestaltung
oder Nutzung eines Frameworks? Es geht so oder so.
So: Agile Skalierung entlang
der Agile & Lean Prinzipien
Ich finde, dass jede Organisation
einmalig ist. Deshalb braucht
auch jede Organisation eine ein-
malige Skalierung. Vorgefertigte
Rezepte reichen nicht aus, und
deshalb brauchen wir für die Skalierung keine neu-
en Methoden und Frameworks. Die Prinzipien von
Agile und Lean sind eine gute Grundlage, um eine
eigene Lösung für die Skalierung zu entwickeln:
Schritt für Schritt mit einem regelmäßigen Inspizie-
ren und Anpassen.
Die Prinzipien sind eine Richtschnur, um bei der
Gestaltung einer skalierten agilen Lösung Tech-
niken auszuwählen und Scrum weiter zu denken.
Prinzipien lassen eine Offenheit bei der Gestaltung
der eigenen Lösung. So kommen wir zu kreativen
und innovativen Ansätzen, die einen echten Fort-
schritt darstellen.
So: Agile Skalierung
mit Hilfe von Frameworks
Ich finde, agile Frameworks liefern
gute Ideen für eigene Skalierungs-
lösungen. Viele Menschen brau-
chen konkrete Bilder, um sich eine
Agile & Lean Organisation vorzu-
stellen. Hier helfen Beispiele. Das können Erfahrungs-
berichte, das kann das Scaled Agile Framework (SAFe)
oder es kann Large Scaled Scrum (LeSS) sein. Reines
Aufzählen von Prinzipien hilft vielen Menschen nicht
weiter, um Zugang zur agilen Skalierung zu finden.
Alle Modelle sind falsch, einige Modelle sind nützlich:
Keiner der Skalierungsansätze kann einfach für die
eigene Organisation übernommen werden. Aber die
Ansätze enthalten gute Praktiken und bieten einen
guten Startpunkt für die Entwicklung der eigenen
Skalierungslösung. Natürlich ist jede Lösung individu-
ell. Aber warum sollten wir auf die Erfahrungen von
anderen verzichten? Deshalb finde ich Frameworks
und Erfahrungen nützlich.
Malte Foegenwibas Deutschland
Simon Porrowibas NL
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SCHWERPUNKT
DIE «1-KOPF»-TRUPPE
Diese Teams haben ein «führendes» Mitglied, welches die anderen Team-
mitglieder als eine Art Projektleiter lenkt.
Stärken: Alle laufen in die gleiche Richtung (in die des «Projektleiters»),
im schlimmsten Fall vielleicht aber auch gegen die nächste Wand.
Risiken: Fällt diese Führerrolle des Teams weg, reagiert das Team meist
unkoordiniert. Selbstorganisation ist ja etwas Neues!
Hilfreich: Für Vertrauen sorgen, damit die Stillen sich äußern. Damit den Wandel
von der «1-Kopf»-Truppe hin zum selbst organisierten Team einleiten.
DAS «SIEBEN TEAMS IN EINEM TEAM»-TEAM
Jedes Teammitglied arbeitet als Fachexperte isoliert in seinem Thema und hat kein
Wissen über die Themen der Kollegen.
Stärken: Jedes Teammitglied verfügt über großes Wissen in seinem Fachbereich.
Risiken: Schlägt der «Truck Factor» zu, kann das Team nicht liefern.
Hilfreich: Agile Arbeitsweisen unterstützen die Verteilung des Wissens auf
die anderen Teammitglieder.
DAS «NICHT-AGILE-PERFORMER»-TEAM
Die Teams arbeiten zwar nicht agil, aber dafür hochperformant.
Stärken: Die Teams sind bereits in einem sehr eff ektiven Arbeitsmodus.
Risiken: Sehen keine Notwendigkeit sich auf neue Arbeitsweisen einzulassen.
Hilfreich: Teams in die Gestaltung skalierter agiler Arbeitsweisen einbeziehen und
von ihren Erfahrungen profi tieren!
DAS «WIR-SIND-SCHON-AGIL»-TEAM
Diese Teams haben bereits erste Erfahrungen mit agilen Arbeitsweisen.
Stärken: Erfahrungen können mit den Kollegen geteilt werden.
Risiken: «Scrum-But»-Arbeitsweisen führen ggf. zu schlechten Erfahrungen
und zu «verbrannter Erde» … Ein Teufelskreis!.
Hilfreich: Mit konsequenter Agilität den Teufelskreis durchbrechen und wieder
gute Erfahrungen ermöglichen!
DAS DYSFUNKTIONALE «HIER GEHT NIX MEHR»-TEAM
Fehlendes Vertrauen, fehlende Motivation, Angst vor Konfl ikten, keine Übernahme
von Verantwortung, kein Fokus auf Ergebnisse.
Stärken: Die Ursachen sind oft bekannt – gute Ausgangslage für Veränderung!
Risiken: Werden die Ursachen nicht angegangen, wird das Team an einen Punkt
kommen, an dem es nicht mehr liefern kann.
Hilfreich: Regelmäßige Retrospektiven und konsequent verfolgte Maßnahmen.
KLEINE TYPENLEHRE:
TEAMTYPEN & VERÄNDERUNG
Viele Organisationen kennen den Nut-
zen von agiler Vorgehensweise einzelner
Teams. Aber wie werden mehrere agile
Teams auf ein Ziel hin koordiniert? Was
ist die Rolle der Führung? Und wie helfen
Scaled Agile Ansätze dabei, die Organisation
schneller und reaktionsfähiger zu machen?
Organisationen müssen in immer
kürzerer Zeit immer komplexere
Produkte liefern. Agile Skalierung
akzeptiert die mit steigender Kom-
plexität verbundene Unsicherheit und
konzentriert sich immer nur auf den
zur Zeit wichtigsten nächsten Schritt.
So kann eine Organisation zusätzlich
flexibel auf geänderte Marktgegeben-
heiten reagieren. Agile Skalierung hilft
dabei, Strategien in selbstorganisier-
ten Teams zu operationalisieren.
Große Vorhaben werden dabei durch
Parallelisierung von Arbeiten schnel-
ler erfolgreich am Markt platziert.
Entscheidungen werden durch
cross-funktionale Teams und Auflö-
sung von Silostrukturen beschleunigt.
Bei der Umsetzung von Scaled Agile
hat es sich bewährt, Schritt für Schritt
eine eigene Lösung zu entwickeln, die
auf einem bestehenden Framework
aufsetzt.
AGILE SKALIERUNG – PULS DER ZUKUNFT 12
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AGILE SKALIERUNG – PULS DER ZUKUNFT
«WHEN WE GO INTO THAT NEW PROJECT, WE BELIEVE IN IT ALL THE WAY. WE HAVE CONFIDENCE IN OUR ABILITY TO DO IT RIGHT.»» Walt Disney
AGILE SKALIERUNG – PULS DER ZUKUNFT
»
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AGILE SKALIERUNG – PULS DER ZUKUNFT
Wie Scrum selbst werden die An-
sätze als «Frameworks» bezeich-
net und nicht als «Blueprints».
Diese Etikettierung soll verdeutli-
chen, dass es sich um «Rah-
men» handelt, die ähnlich
wie das Fachwerk eines
Holzhauses Strukturvor-
gaben enthalten, und
dann noch individuell
auszugestalten sind. Die
scheinbare Unvollstän-
digkeit der Modelle ist
gleichzeitig ihre große
Stärke.
Die Frameworks sind
nützlich, um unter-
nehmensspezifische
Lösungen zu entwickeln.
Die Grundregeln bleiben
gültig für alle Implementie-
rungen. Gleichzeitig findet jede
Organisation ihre eigene Art, mit
mehreren agilen Teams zusam-
men an einem gemeinsamen Ziel
zu arbeiten und einen durchgän-
gigen Fluss von strategischen
Zielen bis hin zu der operativen
Arbeit in den Teams sicher-
zustellen. Inspect & Adapt ist
damit der zentrale Wert, der am
Anfang einer agilen Skalierung
steht. Denn es geht darum, mit
einem ersten Schritt anzu-
fangen und die Lösung aus
den gemachten Erfahrungen
stetig weiterzuentwickeln.
Unsere Erfahrung aus Projekten
zur agilen Skalierung zeigt, dass
dieses Lernen und Verbessern
sich auf vier Handlungsfelder
konzentriert.
Das erste Feld ist die Koordinati-
on der verschiedenen Teams in
Richtung auf ein gemeinsames
Ziel. Die Modelle bieten Ideen für
die vertikale Koordination, also
die Umsetzung strategischer
Ziele in operatives Handeln, und
die horizontale Koordination,
also der Abgleich von Teams, die
Bestandteile eines gemeinsamen
Produktes oder Services liefern.
Das zweite Feld ist die konkrete
Ausgestaltung der aus Scrum
bekannten Rollen, Artefakte und
Rituale für die große Organisa-
tion. Im Grunde gilt alles fraktal
im Kleinen wie im Großen: Takt
bzw. Zeitscheiben, PDCA-Zyk-
lus, Trennung von Prozess- und
Ergebnisverantwortung.
Das dritte Feld ist die Umsetzung
der Gewaltenteilung. Die Ver-
antwortung für das WAS und das
WIE liegt in der Regel bei ver-
schiedenen Personen. Es gibt die
Personen, die Ziele formulieren
Agiles Umsetzen strategischer Ziele
14
AGILE SKALIERUNG – PULS DER ZUKUNFT
Webtipp: Zur Gestaltung von agilen Organisationen gibt es zwei bekannte Frameworks:
SAFe: Scaled Agile Framework von Dean Leffi ngwell
LeSS: Large Scaled Scrum von Craig Larman
und priorisieren. Sie sind für einen
wirtschaftlichen Service oder Pro-
dukt verantwortlich. Dann gibt es
Teams, die für ihre Ergebnisse ver-
antwortlich sind. Sie sind selbstor-
ganisiert und entscheiden wie und
wieviele Ziele umgesetzt werden.
Und schließlich gibt es Personen,
die Teams und Produkt- oder Ser-
viceverantwortliche coachen. Sie
beseitige Störungen und sorgen
für eine kontinuierliche Verbesse-
rung der Arbeitsabläufe.
Das vierte Feld umfasst die Gren-
zen der Freiheit für die einzelnen
Teams. Die Selbstorganisation der
Teams ist sicher einer der Erfolgs-
faktoren von Scrum, denn sie
sorgt für Eff ektivität und Trans-
parenz im Team. Gemeinsame
Architekturen, Designstandards
und Bibliotheken enthalten aber
Potenzial für Effi zienz in der Or-
ganisation. Lernschleifen helfen,
den Ausgleich dieser beiden Kräfte
konform zur Unternehmenskultur
hinzubekommen.
»15
AGILE SKALIERUNG – PULS DER ZUKUNFT
Wann hast du mit Agile im
Unternehmen angefangen?
2009 war ich verantwortlicher
Manager für ein Großprojekt mit
vielen Stakeholdern und komple-
xen Anforderungen. Wir führten
agile Mechanismen ein, weil uns
klar wurde, dass die Konzepter-
stellung ein Flaschenhals im Projekt
war und dass trotz erfolgter Ab-
nahmen die aus diesen Konzepten
umgesetzten Lösungen unsere
Kunden nicht zufrieden stellten.
Mein Fokus lag damals zunächst
auf der besseren Steuerbarkeit,
die agile Projekmanagementme-
thoden versprachen. Selbstorga-
nisation der Teams stand für mich
gar nicht so sehr im Vordergrund.
Wie wichtig ein Team mit starkem
Commitment ist, erkannte ich
erst beim Rollout. Heute ist dieser
Aspekt für mich der wichtigste für
erfolgreiches agiles Vorgehen.
Was waren damals die ersten
Rückmeldungen?
Das erste Release sorgte für eine
hohe Zufriedenheit. Die Kunden
haben bemerkt, dass sie stärker in
die Verantwortung gehen müssen,
was letztlich zu einer immensen
Steigerung der Qualität führt. Un-
ser gesamtes Umfeld lobt die hohe
Verlässlichkeit nach neun Releases,
was eine hohe Akzeptanz und
Ausbreitung von Agilität im Unter-
nehmen zur Folge hat.
Welche Stolpersteine siehst du für
Agile Skalierung und wie hast du
sie überwunden?
Die Bereitschaft von Fachberei-
chen und IT in eine kontinuierliche
Zusammenarbeit zu investieren,
damit Lernen auf dem Weg zu ei-
ner innovativen Lösung möglich ist
und sich von der Pseudosicherheit
einer «perfekten 100% Planung»
zu verabschieden. Das erzeugte
Unsicherheit beim Kunden und
erforderte ein hohes Maß an
Umdenken. Letztlich überzeugten
wir aber alle durch die hohe Ver-
lässlichkeit und das Erreichen der
vereinbarten Ziele.
Wie hast du Mitstreiter
gewinnen können?
Da unser Projekt lief, meldeten
sich schnell weitere Agilisten. Mit
Interessierten entstand schnell ein
großes Netz. Viele probierten das
nach und nach aus. Um das zu
«legalisieren» schlossen wir uns
zusammen – quasi als «Selbst-
hilfegruppe». (lacht) Überzeugt
hat letztlich immer der sichtbare
Nutzen.
Ist Agilität ein Hype?
Nein, das ist kein Hype, sondern
der nächste logische Schritt in
16
INTERVIEW
Im Interview spricht Stefan Waschk, Leiter des Agile
Center of Excellence in der Konzern IT der Volks-
wagen AG, über agile Transformation in der Praxis.
«Agile Skalierung ist der nächste logische Schritt.»
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einer verlässlichen Lieferkette zwischen
Kunde und IT in der das Thema «Part-
nerschaft» groß geschrieben wird.
Was hat dich überzeugt, Agilität ins
gesamte Unternehmen hineintragen
zu wollen?
Zum Einen das Thema «Effizienz der
Tätigkeiten». Ich möchte die Pseu-
doverlässlichkeit klassischer Planung
überwinden und dazu passt ein agiles
Projektmanagement sehr gut. Würde
man die hohe Komplexität der Projekte
bei Volkswagen und das starke An-
wachsen der Anforderungen während
der Projektlaufzeit planen wollen, wäre
man sehr lange mit dem perfekten Plan
beschäftigt. Und der wäre dann ver-
mutlich recht schnell durch die Realität
überholt. Zum Anderen bin ich über-
zeugt von den agilen Prinzipien, da der
Fokus auf dem Gestalten individueller
Lösungen für den Kunden liegt.
Was mich begeistert ist das Konzent-
rieren aufs Wesentliche – bei agilem
Vorgehen findet Entwicklung immer
entlang aktueller Markt- und Kunden-
anforderungen statt. Volkswagen hat
eine enorme Größe und wächst stän-
dig. Dadurch nimmt natürlich auch die
Komplexität zu. Um schnell auf Verän-
derungen reagieren zu können, be-
weglich und innovativ zu bleiben und
mit der steigenden Komplexität um-
zugehen, braucht es im ganzen Unter-
nehmen flexible und kreative Mög-
lichkeiten, die wir selbst gestalten. Hier
hilft die agile Transformation – jeder
Einzelne im Team übernimmt Verant-
wortung, statt nur ein «Rädchen im
System» zu sein.
Ist die agile «Fachsprache» nötig oder
eher hinderlich?
Jede Fachsprache ist erstmal hinder-
lich, wenn man neue Teams oder
Kunden gewinnen möchte. Aber sie ist
auch eine Normierung, mit der man
sich schnell mit anderen «Geschulten»
austauschen kann. Altes Denken be-
hindert oftmals leane Effekte – eine
neue Fachsprache sorgt für bewusstes
neues Denken.
Wie sieht dein Idealbild einer agilen
Zukunft aus?
Wir sind viel stärker in der Gestalter-
rolle, jeder Einzelne ist involviert, alle
Teams sind «empowered», der Kunde
ist fest im Projektteam und das ge-
samte Management ist Teil des agilen
Wertstroms und sorgt für optimale
Rahmenbedingungen. Das Motto «Fail
Fast» sorgt überall für eine unterstüt-
zende Fehlerkultur, die für Innovatio-
nen unabdinglich ist.
Was würdest du heute deinem jünge-
ren Ich, das damals mit Agile angefan-
gen hat, raten?
Trau dich, zu fragen und um Hilfe zu
bitten. Hol gleich zu Anfang Experten
dazu. Man kann sich das alles erarbei-
ten, aber es geht wesentlich schneller
und besser, wenn man Unterstützung
hat. Das Regelwerk ist zwar erstmal ein-
fach, aber die Umsetzung und das Zwi-
schenmenschliche, das muss erstmal
erarbeitet und moderiert werden.
INTERVIEW
17
Stefan Waschk, Volkswagen AG
Stefan Waschk ist langjähriger Projektleiter in diversen Konzernprojekten, Sprecher der agilen Community der Volkswagen AG und als Leiter einer Software Factory verantwortlich für das Agile Center of Excellence im Volkswagen Konzern.
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STOLPERSTEINE
Wirksame agile Organisationen basieren auf Werten, die ein neues Miteinander in Unternehmen ermöglichen.
Hierin sind insbesondere Werte enthalten, die in Unternehmen mit «Wissensarbeitern» wichtig sind. Einer der
agilen Werte ist «Respekt».
Im Agile Atlas heißt es: «Wenn wir zusammenarbeiten und Erfolge und Misserfolge teilen, kommen wir dazu,
uns gegenseitig zu respektieren und helfen einander, sich dieses Respekts würdig zu erweisen.» Für funktio-
nierende Teams ist ein zentraler Faktor die Motivation. Dan Pink hat in seinem Buch «Drive … Was Sie wirklich
motiviert» drei Faktoren herausgearbeitet. Da ist zum Einem die Autonomie, etwas selbst entscheiden zu kön-
nen. Da ist der Sinn, den die Arbeit haben sollte. Und zum Anderen die Möglichkeit, in etwas wirklich gut sein zu
können («Meister» sein). Von diesen Erfolgsfaktoren höre ich immer wieder auf agilen Konferenzen – und von
vielen Change Agents, die in ihren Unternehmen Agilität voranbringen. Gut. Gleichzeitig höre ich den Satz «Das
Management muss das endlich mal verstehen.» Genau hier braucht es ein Umdenken. Aus drei Gründen:
Erstens: Ein Respekt vor den Führungskräften und ihrer Arbeit bedeutet, das Fingerzeigen durch eine konst-
ruktive Haltung zu ersetzen und auch mal die Perspektive zu wechseln.
Zweitens: Die Motivationsfaktoren Autonomie, Sinn und «Meister sein» gelten genauso für Führungskräfte.
Wenn Transformationen auf diese Faktoren eine Antwort für die Führungskräfte haben, dann zieht die Füh-
rung ebenso mit wie die Teams.
Drittens: Ein Wandel der Führungskultur ist eine zweiseitige Sache. Die eine Seite ist der Wandel in der Art, wie
Führungskräfte mit Mitarbeitern umgehen. Die andere Seite ist, wie Mitarbeiter Verantwortung übernehmen.
Eine neue Führungskultur erfordert diesbezüglich einen Wandel und ein Lernen auf beiden Seiten.
«Ein agiles Unternehmen bedeutet eine andere
Führung. Das Management muss das endlich verste-
hen und umsetzen.» Falsch! Zeit zum Umdenken.
RESPEKT FÜR DIE FÜHRUNG
58% der Befragten in der IBM Studie «Making Change Work» sagten, dass das Verändern von Denkweisen und Einstellungen die größte Herausfor-derung im Wandel sei. Auch deshalb ist agiles Skalieren kein Spaziergang. Wenn wir aber «oben» und «unten» umdenken, dann ist Agile für alle im Unternehmen nützlich – auch für die Führungskräfte. Und das ist ein notwen-diger Baustein dafür, dass Agile gelingt.
«WER NICHTS VERÄNDERN WILL, WIRD AUCH DAS VERLIEREN, WAS ER BEWAHREN MÖCHTE.»» Gustav Heinemann
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GESUNDER CHANGE TROTZ HÖHEN UND TIEFEN – GEHT DAS?
Das Netzwerk achtsames Wirtschaften geht der Frage nach, wie
die aus der buddhistischen Tradition stammende Achtsamkeit in
wirtschaftlichen Organisationen gelebt werden kann. Die gesund-
heitsfördernde Wirkung von Entspannungs- und Meditations-
übungen für den Einzelnen sind kaum umstritten.
Wie aber fügt man Kostendruck und Effizienzstreben einerseits und
die Forderung des im-Augenblick-Innehaltens andererseits zu
einer «Organisationalen Achtsamkeit» zusammen? Ein Gestaltungs-
konzept gibt es – auf die Erkenntnisse darf man gespannt sein.
Der Mensch rückt mehr in den Fokus – das ist die gute Nachricht in
der derzeitigen Entwicklung in der Wirtschaft. Denn nur der Mensch
beherrscht die Komplexität. Nur über die menschliche Dienst-
leistung gelingt Differenzierung. Und nur der gesunde Mensch kann
nachhaltig arbeiten.
In unseren Unternehmen ist Veränderung an der
Tagesordnung. Verkleidet in unterschiedlichste Titel
werden Umstrukturierungen, andere Arbeitsweisen
sowie neue Werkzeuge an die Mitarbeiter herange-
tragen und in vorgesehener Frist «umgesetzt». Der
Strom angeordneter Veränderungen reißt gar nicht
mehr ab, und immer mehr Menschen fühlen sich
davon überfordert.
Die Zunahme psychischer und psychosomatischer
Krankheiten kann dafür als Indiz gelten. Verschiedene
Studien gehen der Frage nach, wie ein an der Ge-
sundheit der Mitarbeiter orientierter Veränderungs-
prozess aussehen kann. So kommt die Studie «InVest»
des Instituts für angewandte Innovationsforschung
e.V. in Bochum zu dem Schluss, dass das Vertrauen
die wesentliche Ressource nachhaltigen Wandels ist.
Mitarbeiter, die den Sinn einer Veränderung sehen
und Vertrauen in die direkten Vorgesetzten und ins
Top Management haben, bleiben eher gesund. Vitale
Erschöpfung folgt vor allem auf Vertrauensverlust.
Die Studienergebnisse des Dortmunder Forschungs-
büros für Arbeit, Prävention und Politik deuten darauf
hin, dass die Gesundheitskompetenz der Führungs-
kräfte wesentlich ist. Worin besteht diese Kompetenz?
Sie beginnt mit der Fähigkeit, gut zu führen. Durch die
Beteiligung der Betroffenen im Wandel und mit früher
Erkennung von Belastungen kann Gesundheit im
Change verankert werden. Scrum wird als eine Vor-
gehensweise aufgeführt, die durch ihre Menschenfo-
kussierung und die Förderung der Selbstorganisation
einen guten Rahmen für gesundes Arbeiten bietet.
STOLPERSTEINE
DER HÄNGER ZUM THEMA
Agil skalieren? Na prost Mahlzeit.
Ist denn nicht genug damit, dass da schon ein paar Teams «agil»
arbeiten – wie man so schön sagt? Was «agil» auch immer heißt. Vor ein paar Monaten ist der Chef-Entwickler
aus meiner Abteilung zu mir gekommen. Er meinte, ein paar von den anderen Abteilungen probieren
diese «agile» Arbeitsweise aus und ob sie das nicht auch mal machen sollten. Da hat er mich in einer schwachen
Stunde erwischt. Ich habe OK gesagt. Und jetzt hab ich den Salat.
«Agil» bedeutet wohl nur, dass sie tun können was sie wollen. Da haste als Chef keine Chance mehr denen zu
sagen, was sie tun sollen. Das habe ich mal versucht. Da bin ich wie immer zum Paolo gegangen, das ist mein
Chef-Entwickler, und habe ihm gesagt, dass ich eine Aufstellung der Kapazitätsausnutzung der Produktdaten-
bank brauche und ob er mir nicht einen Knopf in den Admin-Bildschirm dafür machen könnte. Da guckt er mich
groß an und fragt, ob das schon im Backlog steht. Wenn das nicht im Backlog stünde, könnte er es nicht
machen. «Wie?» sage ich, «in welchem Backlog?» Da sagt er doch zu mir, ich solle mit dem Charlie aus dem
Produktmanagement sprechen, der wäre «Product Owner» und würde entscheiden, was ins Backlog kommt.
Da frage ich Sie, wie soll ich denn so meinen Job machen? Seit dem, jedes Mal, wenn ich was von dem Team
will, kommt der Dieter zu mir und sagt mir, dass ich ein «Impediment» bin. Wusste erst gar nicht was das ist, habe
ich aber nicht gesagt. Habe ich dann nachgeschlagen. Heißt Hindernis. Na toll, denke ich, ich will doch nur mit
dem Produkt vorwärts kommen und jetzt werde ich zum Hindernis gemacht. Nur weil die «agil» arbeiten und
jetzt «selbstorganisiert» sind. Wenn ich das vorher gewusst hätte … Und jetzt sagt mein Chef zu mir, dass wir jetzt
«agil skalieren». Wissen Sie was das heißt? Jetzt sollen ich und die anderen Abteilungsleiter auch in so einem
Team arbeiten. Wie soll das denn funktionieren? Da kommen wir ja gar nicht mehr vorwärts, wenn wir uns in der
Führungsebene auch noch im Kreis drehen. Und mit so esotherischem Kram wie Kanban-Boards befassen. Nee,
da mache ich nicht mit. Nicht mit Hubi. Wird Zeit, dass wieder klare Verhältnisse und Kontrolle herrschen bei uns.
Genau. Morgen rufe ich den Vorstand an und sag ihm das.
Hubert Hänger (52) ist seit 12 Jahren
Abteilungsleiter im Bereich Software-
entwicklung eines Produkthauses.
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STOLPERSTEINE
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STOLPERSTEINE
Neulich im Projekt …
Wie ein zorniger Bär poltert Max ins Besprechungs-
zimmer und legt los: «Petra, du hast schon wieder
deinen Job nicht gemacht! Jetzt fällt mir mein Teil auf
die Füße und ich werde mit meiner Arbeit nicht fertig.
Und wer hat jetzt mal wieder den schwarzen Peter?!
Ich natürlich! Wie immer! Weil du dich einfach nie an
Absprachen hältst!»
Max hat Dampf abgelassen und jedem demonstriert,
welche Meinung er von Petra hat. Petra reagiert
prompt mit trotziger Rechtfertigung. Folge: Die Arbeit
ist nicht fertig, Petra redet nicht mehr mit Max, eine
unproduktive Stimmung wird ins Team getragen.
Wie kann mein Beitrag als Scrum Master aussehen?
Zurück zum Anfang: «Du hast schon wieder deinen
Job nicht gemacht …», heißt: Wir haben unfertige
Arbeit. Was aber will Max damit sagen, was fehlt
ihm wirklich? Ich bitte Max, mir nur die Fakten zu
nennen und Vorwürfe oder Schuldzuweisungen zu
vermeiden, um die Ursachen des Problems zu sehen.
Max: «Die Liste ist nicht fertig und ich komme nicht
weiter.» Ich verstehe: «Max, dir ist also wichtig, eine
fertige Liste zu haben, damit du deine Arbeit beenden
kannst.»
Ich sehe, dass Max immer noch tierisch sauer ist und
frage nach, was er tatsächlich braucht: «Ihr habt das
Problem ja öfter miteinander. Suchst du vielleicht
generell Zuverlässigkeit?» Ich fordere ihn auf: «Kannst
du dir vorstellen, Petra offen auf das Thema ‚Zuverläs-
sigkeit‘ anzusprechen?
Max versucht es erneut. Diesmal so: «Petra, ich habe
festgestellt, dass die von mir benötigte Liste nicht
fertig ist. Mir ist es wichtig, meine Zusagen verlässlich
einzuhalten. Wärst du bereit mich dabei zu unterstüt-
zen indem du dich an unsere Absprache hältst?»
Zudem biete ich beiden ein moderiertes Gespräch
an, damit sie die Gelegenheit haben, offen und auf
Augenhöhe zu einer Vereinbarung zu kommen.
Fazit:
In einer von Verständnis geprägten Haltung fällt es
den Beteiligten leichter, ein Miteinander im Konflikt zu
entwickeln. Jenseits von «Richtig» und «Falsch» steigt
die Wahrscheinlichkeit, zu gemeinsamen Ergebnissen
zu kommen. Beide Konfliktpartner können ihr Gesicht
wahren und lernen dabei, dass im Konflikt eine große
Qualität liegen kann, wenn man den Bären im Wald
lässt und von Mensch zu Mensch über die eigenen
Bedürfnisse spricht.
KONFLIKT: JA, BITTE! (ABER LASSEN SIE DEN BÄREN WEG.)
AUS DER PRAXIS
Konsequente Agilisierung:
Mit DevOps zur integrierten
Dienstleistung
DEVOPS: DIE BRÜCKE ZWISCHEN ENTWICK-LUNG UND BETRIEB
AGILE TOOL«REDMINE BACKLOGS»
Wir stellen Tools für die Praxis vor:
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23
AUS DER PRAXIS
DevOps. Was es ist und wie es nützt.
«DevOps» boomt: Die Zahl der Konferenzen zu
DevOps steigt. DevOps bevölkert Fachzeitschriften.
Die Buchveröff entlichungen zu DevOps nehmen
zu. Wir glauben, dass mehr dahintersteckt als ein
Hype und dass DevOps zur Agilisierung dazuge-
hört. Hier steht warum.
DevOps ist als Begriff aus den Anfangsbuchstaben
von Development (Entwicklung) und Operations
(Betrieb) zusammengesetzt. Es beschreibt die Idee,
diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für
ein Verkaufsprodukt oder eine vermarktbare Dienst-
leistung arbeiten, in einem Team zusammenzu-
fassen. Dieses Team ist im Ideal von A bis Z für das
Produkt oder die Dienstleistung verantwortlich. Im
DevOps Team sind alle Fähigkeiten und Kenntnisse
zusammengeführt, die es vom Produktmanage-
ment bis zur Aufrechterhaltung der Produkt- oder
Dienstleistungserstellung braucht.
DevOps verwandelt die traditionell funktionelle
Arbeitsteilung (Produktmanagement, Entwicklung,
Betrieb, …) in eine an den verkaufbaren Produk-
ten orientierte Arbeitszusammenfassung. DevOps
schneidet die Organisation horizontal statt vertikal.
Damit ist DevOps die Fortsetzung der häufi g mit
Scrum begonnenen konsequenten Kunden- und
Lösungsorientierung. Agile Teams stoßen häufi g in
angrenzenden Teilen der Organisation auf Arbeits-
weisen, die ihre eigene agile Weiterentwicklung
hemmen. Da ist die Integration des Betriebs in die
agilen Entwicklungsteams eigentlich naheliegend.
Nun heißt naheliegend noch nicht, dass es auch
einfach ist, Entwicklung und Betrieb zusammen-
zupacken. Neben den grundsätzlich unterschiedli-
chen Arbeitsweisen der beiden Funktionen, die nun
zu integrieren sind, ist auch der mentale Graben zu
überwinden, der in jahrelanger Trennung entstan-
den ist. So wird aus einem sehr plausiblen organi-
satorischen Schritt – wir legen Entwicklung und Be-
trieb zusammen – unter Umständen eine richtige
kulturelle Herausforderung, die wohl geplant und
geführt sein will.
Organisationen wachsen je nach Produkt und
Markt unterschiedlich in die Agilität hinein. Ar-
beiten mehrere agile Entwicklungsteams auf ein
gemeinsames Produkt hin, dann sind die vertikalen
Skalierungsansätze zur Koordination der Teams der
nächste Schritt.
Arbeiten die agilen Entwicklungsteams hingegen an
nicht zusammenhängenden Produkten, dann ist die
Integration entlang der Wertschöpfungskette ein
nächster logischer Schritt. Für diese Organisationen
geht an DevOps aus unserer Sicht kein Weg vorbei.
Die innovative Kraft und die Kundenorientierung,
die aus einem selbstorganisierten Team mit Pro-
duktverantwortung entstehen, sind nur mühsam
mit anderen Organisationsformen zu erreichen.
«Redmine Backlogs» bietet einen einfachen Einstieg in das toolgestützte Arbeiten. Es bietet alle Mittel, um
einen agilen Lebenszyklus zu unterstützen: Planung im Product-Backlog, Arbeiten auf dem Taskboard, Fort-
schrittskontrolle mit Burndown Charts, Reviews im Sprint Backlog, Dokumentation von Retrospektiven im
integrierten Wiki. Unabhängige Projekte können in übergeordneten Sichten priorisiert werden. Unterstützung
agiler Skalierung für parallele oder synchrone Teams ist in Entwicklung. Insgesamt ein einfaches und nützli-
ches Tool für unternehmensweite agile Planung.
» www.redminebacklogs.net
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24
AUS DER PRAXIS
GO AGILE, WINCOR NIXDORF
Am Anfang stand ein ehrgeiziges Ziel: Wincor
Nixdorf will innerhalb von wenigen Monaten agile
Arbeitsweisen in allen Teams der über 300 Mit-
arbeiter umfassenden Softwareentwicklungs-
abteilung einführen. Erste Erfahrungen mit Scrum
lagen sowohl bei den Teams als auch in der
Führung vor. Nun sollten die dort erkennbaren
Vorteile agilen Vorgehens für die gesamte
Organisation wie ein Schatz gehoben werden.
»
25
AUS DER PRAXIS
Dr. Christian Schlögel, Leiter der Softwareentwicklung: «Mir war bewusst, dass es ein gut abgestimmtes
Vorgehensmodell und ein sehr schlagkräftiges Umsetzungsteam brauchen würde, um innerhalb der kur-
zen Zeit sichtbare Erfolge zu erzielen.» Wincor entschied sich für eine Transition, die auf drei Ebenen in der
Organisation parallel ansetzt:
Wandel auf drei Ebenen angeschoben
Auf der Ebene der Projekte und Teams werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den agilen Tech-
niken und Methoden weiter professionalisiert, so dass die positiven Wirkungen aus Transparenz, kurzen
Lieferzyklen und iterativem Vorgehen tatsächlich in allen Teams eintreten können. Auf der Programme-
bene geht es um die Koordination von mehreren Teilprojekten und die Releaseplanung. Für Wincor wur-
den die erforderlichen Meetings ausgestaltet und definiert, um die Abstimmung über die Teams hinweg
zu gewährleisten.
Die dritte Ebene ist die Ebene der Transitionsplanung. Sie beschäftigt sich mit der Auswahl, Anpassung und
Pflege eines Gesamtmodells für die neue agile Wincor-Organisation. Ein Team aus internen und externen
Mitarbeitern verantwortet die Orchestrierung des Projektes, steuert also die Maßnahmen auf den beschrie-
benen drei Ebenen.
«DER WEG ZUM ZIEL BEGINNT AN DEM TAG,
AN DEM SIE DIE HUNDERTPROZENTIGE
VERANTWORTUNG FÜR IHR TUN ÜBERNEHMEN.»
» Dante Alighieri
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26
AUS DER PRAXIS»
Projektmarketing zieht und schiebt
Der Sponsor entschied sich früh für intensives Projektmarketing, um für das Projekt zu sensibilisieren und
die Emotionen anzusprechen. Im Kernteam wurde «GO Agile» als Projektname gewählt. Dazu unter-
streicht der mutige und anspruchsvolle Claim die mit den Stakeholdern vereinbarte Projektvision: «We
evolve our software in a rapid beat. You will love it.» Entsprechend aufgeladen fällt auf Rückfrage auch die
Antwort auf das wichtigste Projektziel aus: «Wir wollen zurück zu «fun & passion» in der Softwareentwick-
lung.»
Transition – ganz praktisch
Alle Teams werden bei der Umstellung auf agiles Arbeiten durch Agile Coaches unterstützt. Das bedeu-
tet, das nach initialer Schulung in Scrum Grundlagen mit dem Team das eigene Arbeiten in agiler Manier
vorbereitet und geübt wird. Der Coach unterstützt dabei den Scrum Master, sich in seine Rolle hineinzu-
finden. Im Laufe von ein paar Sprints geht die Verantwortung ganz auf den Scrum Master über und der
Coach zieht sich zurück. Parallel werden auf der Programmebene die Rituale und Meetings zur Koordina-
tion definiert und eingeübt. Das Gesamtmodell wird aus SAFe abgeleitet, beschrieben und geschult.
Ein Kochbuch für Agilität
Als zentrales Dokument für die Art und Weise, wie Agilität bei Wincor umgesetzt werden soll, schreiben
alle gemeinsam an einem «Agile Collaboration Framework» – das intern liebevoll-ironisch «Cookbook»
genannt wird. Das Cookbook hält fest, was vereinbart ist und was sich bewährt hat. Es ist so knapp ge-
halten, wie es geht, denn es soll unterstützen und synchronisieren und nicht das eigenständige Denken
ersetzen. Es enthält beispielsweise das «Big Picture», also die Darstellung des Gesamtzusammenhangs
von Rollen, Meetings und Ritualen in der Softwareentwicklung von Wincor. Es zeigt auf, auf welchem
Weg Anforderungen aus strategischen Initiativen abgeleitet werden und in welche Backlogs sie eingefügt
werden. Aber das Cookbook enthält auch Definitionen und Beschreibungen von Meetings. So hat die Ver-
einbarung einer Definition of Ready und der Definition
of Done in den Teams wesentlich dazu beigetragen, den
klassischen Konflikt zwischen Produktmanagement und
Entwicklungsabteilung in konstruktive Bahnen zu lenken.
Fokusgruppen bearbeiten übergreifende Schwerpunkt-
themen
«Ein wesentlicher Meilenstein für die gewünschte
neue Arbeitsweise war erreicht, als wir die Schnittstel-
le zwischen Entwicklung und QA geregelt hatten. In
der Fokusgruppe ist ein kollaborativer Ansatz entstanden, den wir vorher so nicht gesehen haben.» sagt
Andreas Wübbeke. Neben dieser Fokusgruppe haben sich zwei weitere um teamübergreifende Themen
gekümmert. Die Schnittstellenthemen zwischen Product Line und Entwicklung wurden in einer Gruppe
«In der Fokusgruppe ist ein kollaborativer Ansatz entstanden, den wir vorher so nicht gesehen haben.»
27
AUS DER PRAXIS
bearbeitet und Themen, die mehrere Entwicklungsteams betreffen. Die Fokusgruppen sind für die Dauer
der Transition gedacht, bzw. solange, bis sie das zugrundeliegende Problem gelöst haben. Sie werden also
keine dauerhafte Einrichtung sein.
Spezifisches agiles Modell für Wincor
In einem Projekt dieser Größenordnung findet Lernen auf vielen Ebenen statt – wenn man denn will.
Wincor wollte: «Ein Augenöffner für mich war, das Transitionsprojekt selbst als agiles Projekt zu führen», sagt
Schlögel. Erstens zeige es, dass Agilität zu unrecht von Vie-
len auf Softwareentwicklung beschränkt werde. Außerdem
erhöhe es die Glaubwürdigkeit in der Organisation, wenn
diejenigen, die die bestehenden Abläufe ändern, sich den
Neuerungen auch selbst unterwerfen.
«Wir haben uns mit der Agilität vor allem die Lernschleifen
(inspect & adapt) ins Projekt eingebaut», sagt der Entwick-
lungsleiter weiter, «die es uns ermöglicht haben, das als
Referenz verwendete Modell SAFe so anzupassen, wie das für Wincor nötig ist.» So habe Wincor jetzt ein
eigenes und von den eigenen Leuten mitgetragenes agiles Modell.
Nächste Schritte
Bei allem Fortschritt ist noch keine Ende der Agilisierung bei Wincor abzusehen. Auf der Agenda stehen
die Suche und Implementierung eines geeigneten Tools, um von der strategischen Ebene über die Pro-
grammebene bis zu den Projekten die Anforderungen zu entwickeln, bearbeiten und dokumentieren zu
können. Dann sind Verbesserungen im Reporting und in der Verfolgung bestimmter unternehmerischer
Kennzahlen angedacht. Und schließlich gibt es bei Wincor eine Hardwareentwicklung, für die der Nutzen
von Agilität ebenfalls interessant ist. «Uns wird in den nächsten Jahren bestimmt nicht langweilig», so
Schlögel. Wir wünschen weiterhin viel Erfolg auf dem agilen Pfad!
«Ein Augenöffner für mich war, das Transitionsprojekt selbst als agiles Projekt zu führen.»
WINCOR NIXDORF AG
» WELTWEIT FÜHRENDER ANBIETER VON IT-LÖSUNGEN UND SERVICES
FÜR RETAILBANKEN UND HANDELSUNTERNEHMEN
» PRODUKTPORTFOLIO: GELDAUTOMATEN, KIOSKSYSTEME, KASSENSYSTEME …
» LEISTUNGSSPEKTRUM: SOFTWARE, SERVICES, IT-CONSULTING …
» MITARBEITER: 9.003
» UMSATZ ERSTES HALBJAHR DES GESCHÄFTSJAHRES 2013/14: 1.230 MIO. EURO
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28
AUS DER PRAXIS
AUF SPUR: AUSBILDUNGSPFADE
2 – 3 Tage
Certified ScrumMaster
3 Tage
AgileEngineeringSkillsCSM
2 – 3 Tage
Certified Scrum Product Owner
CSPO
CS D
Scrum Basic Education Scrum Extended Education
Parallel: 36 Monate praktische Scrum-Erfahrung in maximal 5 Jahren und 70 gesammelte Scrum Education Units (SEU / Stunden Aus- und Weiterbildung in Scrum) in maximal 3 Jahren.
Bewerbung CSP
Certified ScrumMasterCSM
Certified Scrum Product OwnerCSPO
Certified Scrum DeveloperCS D
Certified Scaled AgilistCSA
Certified Change Project ManagerCCPM
Certified Scrum ProfessionalCSP
Ausbildungspfad zum Certified Scrum Professional
2 Tage
Agiles Produkt-management
2 Tage
Agile Teamsbilden und coachen
Schwerpunkt:Produkt
Schwerpunkt:Teams
Schwerpunkt:Führung
2 Tage
Agile und Lean führen
Schwerpunkt:Change
4 + 2 Tage
Certified Change ProjectManager
CCPMSchwerpunkt:Skalierung
2 Tage
Leading SAFe (Scaled Agile)
CSA
Scrum Basic und Extended Education. Hier können Sie Module wählen, den nächsten Schritt als Scrum Praktiker machen und sich am Ende von der Scrum Alliance als Certified Scrum Professional zertifizieren lassen.
Den Mitarbeitern, die in agilen
Projekten arbeiten, gelingt mit
praxisnahen Schulungen wie der
Certified Scrum Master Aus-
bildung ein leichter Start in die
Agilität. Durch die interaktive Ge-
staltung werden die theoretisch
erworbenen Kenntnisse bereits
in der Schulung in Bezug zu den
konkreten Anforderungen im
Projekt gesetzt. So vernetzt sich
Wissen mit dem Handeln.
Wer Ablauf und Aufbau der Or-
ganisation neu gestaltet, profitiert
von den Schulungen zu den
Modellen der agilen Skalierung,
z. B. SAFe. Darin geht es um die
Rollen und Rituale zur teamüber-
greifenden Koordination und
Priorisierung, wenn immer mehr
Teams agil arbeiten.
Für Führungskräfte ändert sich
in agilen Organisationen auch
einiges. Denn es geht um die
Ausrichtung der Organisation auf
die unternehmerischen Ziele bei
gleichzeitiger Delegation möglichst
vieler Themen ans Team. «Agil
führen» ist der bewährte Einstieg in
diesen Strang der Weiterentwick-
lung. Und für die konkrete Transiti-
on konzipieren wir jeweils passend
die Führungskräfteentwicklung.
Schließlich bringt die Einführung
agilen Arbeitens für viele Mitar-
beiter einer Organisation massive
Veränderungen in die bisherigen
Arbeitsweisen. Dafür wappnen die
Fähigkeiten des Veränderungs-
managements. wibas bietet mit
dem Certified Change Project
Manager eine sehr gründliche und
mit vielen Übungen angereicherte
Ausbildung an, die Menschen auf
die Situationen vorbereitet, die in
der Veränderung zu bewältigen
sind. Zielgruppe sind Fach- und
Führungskräfte sowie Projektleiter,
die aktiv in die Transition einge-
bunden sind. Wirksame Trainings
enthalten hohe interaktive Anteile.
Bekanntlich ist der Lernerfolg am
höchsten, wenn das Neue aktiv
angewandt wird. Deshalb sind alle
wibas Trainings so konzipiert, dass
die Umsetzung des Gehörten in die
eigene Projektsituation integraler
Bestandteil ist.
Gezielte Trainings zu agilen Methoden, zur Führung im agilen Umfeld und zur Transition selbst unterstützen
den Aufbau der agilen Organisation. Zwar macht die Übung erst den Meister, aber eine solide Basiskenntnis ist
Voraussetzung für einen gelungenen Einstieg.
29
AUS DER PRAXIS
2 – 3 Tage
Certified ScrumMaster
3 Tage
AgileEngineeringSkillsCSM
2 – 3 Tage
Certified Scrum Product Owner
CSPO
CS D
Scrum Basic Education Scrum Extended Education
Parallel: 36 Monate praktische Scrum-Erfahrung in maximal 5 Jahren und 70 gesammelte Scrum Education Units (SEU / Stunden Aus- und Weiterbildung in Scrum) in maximal 3 Jahren.
Bewerbung CSP
Certified ScrumMasterCSM
Certified Scrum Product OwnerCSPO
Certified Scrum DeveloperCS D
Certified Scaled AgilistCSA
Certified Change Project ManagerCCPM
Certified Scrum ProfessionalCSP
Ausbildungspfad zum Certified Scrum Professional
2 Tage
Agiles Produkt-management
2 Tage
Agile Teamsbilden und coachen
Schwerpunkt:Produkt
Schwerpunkt:Teams
Schwerpunkt:Führung
2 Tage
Agile und Lean führen
Schwerpunkt:Change
4 + 2 Tage
Certified Change ProjectManager
CCPMSchwerpunkt:Skalierung
2 Tage
Leading SAFe (Scaled Agile)
CSA
SKALIERUNG KONKRET: DIREKT ANFANGENMan kann Skalierung so lange diskutieren, bis das
Thema so komplex ist, dass niemand anfangen will.
Man kann auch einfach loslegen. So geht‘s.
Am Anfang steht die Idee, agil zu skalieren.
Der erste Schritt ist eine Potentialanalyse. Hier wird
analysiert, wo die Organisation steht (Status Quo)
und wie weit sie vom Zielbild der agilen skalierten
Organisation entfernt ist. Dies schließt eine Analyse
der Veränderungskultur und der Glaubensgrundsät-
ze der Organisation ein. Dieser Schritt beantwortet
die Frage, welche Potentiale in agiler Skalierung
für eine Organisation liegen und was der erwartete
Nutzen ist.
Der zweite Schritt ist die Systemgestaltung.
Die Leitfrage lautet: «Wie stellen wir uns die agile
Organisation vor?» Das Ergebnis ist ein Zielbildent-
wurf. Um dies zu entwerfen hilft ein Verständnis
der agilen Skalierungsprinzipien. Auch Modelle wie
SAFe oder LeSS können helfen. Die Systemgestal-
tung trägt dazu bei, dass sich die Organisation das
Ziel vorstellen kann. Dieser Entwurf wird sich wäh-
rend der konkreten Ausgestaltung der Skalierung
fortlaufend weiterentwickeln. Aus dem Status Quo
und dem Zielbild wird ein erster Entwurf grober
Schritte in Richtung Ziel gestaltet.
In eine Reihenfolge gebracht ist diese Anforde-
rungsliste ein «Scaled Agile Change Backlog».
Für den nächsten Veränderungssprint liefert es
konkrete Schritte, während weitere Schritte eher
grob definiert sind. So kann die Organisationsent-
wicklung peu à peu beginnen.
Zu jedem Schritt gehört:
1. Fragen, wo sich in der Organisation
Komplexität reduzieren lässt
2. Ein konkretes Ergebnis in Richtung
skalierter agiler Organisation schaffen
3. Aus den Erfahrungen der konkreten
Veränderung den Skalierungsentwurf und wei-
tere Schritte überprüfen und anpassen
4. Aus der Erfahrung mit dem Veränderungs-
prozess diesen selbst überprüfen und anpassen
Es ist gut, wenn diese Schritte eher klein sind und
häufiger gemacht werden, da so die Organisation
schneller lernt und damit schneller «vorwärts»
kommt. Darüber hinaus ist es nützlich, in größeren
Abständen die Erreichung größerer Ziele zu über-
prüfen. So kann man feststellen, ob die Transforma-
tion bezüglich der «großen» Ziele wirksam ist und
welche weiteren Potentiale existieren.
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30
Im Gegensatz zum direktiven Regiestil ermutigte der
Regisseur uns Schauspieler zur Beteiligung und forder-
te unsere Kreativität. Von Anfang an zog er in seinem
«postheroischen» Ansatz Experten für Tanz, Akrobatik
und Stimmimprovisationen hinzu. Das brachte uns
dazu, agile Werte wie Fokus, Mut, Offenheit, Selbstver-
pflichtung und Respekt voreinander zu leben.
Dadurch entstanden Vertrauen, Intimität und Krea-
tivität. Einige agile Prinzipien wandten wir in unserer
Probenarbeit intuitiv an.
Zeitfenster:
Das Stück gliederte sich in mehrere Handlungssträn-
ge, die wie in einem Film in kurzen Szenen verwoben
waren. Wir entschieden uns daher, den Probenverlauf
nicht chronologisch, sondern nach Handlungssträn-
gen zu organisieren. Diese ergaben unsere ersten
Sprints, was zu früh sichtbaren Ergebnissen führte.
Dauernde Überprüfung und Anpassung:
Dies ist die Basis jeder Theaterarbeit und führt effi-
zient zum Ergebnis. Jedoch haben wir bewusst für
einen der Sprints dem kreativen Improvisieren freien
Raum gelassen. In späteren Sprints haben wir dann
dem Effizienz-Gedanken wieder Rechnung getra-
gen, die Ideen konsolidiert und effektiv auf das Ziel
hin geprobt.
Ermächtigung und
Selbstorganisation:
Lebten wir insbesondere in den
Ressorts Bühnenbau, Kostüm und
Werbung. Das Team arbeitete völlig
eigenverantwortlich und hat mit
den unterschiedlichen Talenten
beeindruckende Ergebnisse erzielt.
Retrospektive:
Ich erkenne, dass die agilen Werte
und Prinzipien auch in der Theater-
welt zu einem begeisterten Team
und optimalen Ergebnissen führen.
Ich werde in der nächsten Produk-
tion darauf hinwirken, die Scrum
Techniken und Rollen stringenter
auszuprobieren.
| 01 / 2015
THEATER: AGIL!wibasianerin Yvonne Fischer erlebte bei einer
ungewöhnlichen Inszenierung, wie agile Prinzipien
auch außerhalb des Businesskontextes funktionieren.
«Ich erlebte, wie der Regisseur (als Product Owner) mit seiner Haltung Kultur und Werte eines Theaterprojektes prägt.»
DAS LETZTE
31
DAS LETZTE
«# Workout – Management 3.0» von
Jurgen Appelo beschreibt siebzehn
nützliche und «moderne» Manage-
ment-Techniken. Darunter finden sich
einfache Dinge wie die «Kudo-Box»,
aber auch aufwändigere Techniken wie
die «FedEx Days». Keine der Techniken
ist überraschend oder neu – das Buch
ist aber eine gute Übersicht und Samm-
lung moderner Management-Techni-
ken und lädt ein, sich daraus zu bedie-
nen. Jede der Techniken wird auf 10
bis 20 Seiten beschrieben, so dass man
die Technik schnell selbst anwenden
kann. Das Buch bietet sich auch dafür
an, selbst eingesetzte Techniken zu hin-
terfragen und Neues auszuprobieren.
Dabei hat «Management 3.0 Workout»
eine Konkretheit, die im zuvor veröf-
fentlichten Buch «Management 3.0»
von Jurgen Appelo nicht zu finden war.
Vier Sterne für die gute Übersicht aus-
gewählter Management-Techniken und
deren Beschreibung. Wer nicht bis zur
Publikation des fertigen Buchs warten
möchte kann sich die Vorabversion
herunterladen:
» http://m30.me/FIKW83
WISSEN: ANGELESENWir stellen vor: Das neue Buch von Jurgen Appelo.
| 01 / 2015
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RUBRIKTITEL
Wir alle tragen VERANTWORTUNG für unsere Welt. Jeder von uns. Jeder im Rahmen seiner Möglich-keiten.
Überall auf der Welt müssen Kinder Not leiden. Seit über 60 Jahren haben die SOS-Kinderdörfer darauf eine ANTWORT und helfen, wo es geht. Helfen Sie mit und übernehmen Sie so langfristig gesellschaftliche VERANTWORTUNG: Werden Sie Schirmherr eines von sieben ausgewählten SOS-Kinderdörfern!
Hinterlassen Sie nachhaltig Spuren mit diesem herausragenden Projekt. Werden Sie unser Partner und holen Sie sich den SOS Children’s Village Cup!
Mein Team und ich beraten Sie gerne persönlich!
Sabine Fuchs, Geschäftsführerin SOS-Kinderdörfer Global PartnerTelefon 089 /15 98 67-600, [email protected]
Wir alle tragen VERANTWORTUNG für unsere Welt. Jeder von uns. Jeder im Rahmen seiner Möglich-keiten.
Überall auf der Welt müssen Kinder Not leiden. Seit über 60 Jahren haben die SOS-Kinderdörfer darauf eine ANTWORT und helfen, wo es geht. Helfen Sie mit und übernehmen Sie so langfristig gesellschaftliche VERANTWORTUNG: Werden Sie Schirmherr eines von sieben ausgewählten SOS-Kinderdörfern!
Hinterlassen Sie nachhaltig Spuren mit diesem herausragenden Projekt. Werden Sie unser Partner und holen Sie sich den SOS Children’s Village Cup!
Mein Team und ich beraten Sie gerne persönlich!
Sabine Fuchs, Geschäftsführerin SOS-Kinderdörfer Global PartnerTelefon 089 /15 98 67-600, [email protected]