Ass. Jur. Helmut Herdt
17.02.2012
„Wer bezahlt die Energiewende? Chancen und Risiken aus Sicht eines regionalen Anbieters“
April 22, 2023
Inhalt
Ein paar Fakten
Woher kommt der Strom? Jetzt und in Zukunft
Was wird gefördert? Was bringt am meisten?
Wie entwickeln sich die Strompreise?
Kosten der Energiewende
Glaubenskrieg um die Kosten
EEG Förderung nach Energiearten
Entwicklung der durchschnittlichen Stromausgaben der privaten Haushalte
Wo geht die Reise hin? Energiepreisprognose und Erzeugungskapazitäten
Pläne der EU
Rolle der Stadtwerke in der Energiewende und abschließende Thesen
April 22, 2023
Brutto-Stromerzeugung nach Energieträgern 2011
Brutto-Stromerzeugung 2011 in Deutschland: 612 Mrd. Kilowattstunden*
Quelle: BDEW, AG Energiebilanzen, Stand: 14.12.2011
April 22, 2023
Beitrag und Ziele der erneuerbaren Energien
80%
4% 4% 5% 5% 7% 7% 8% 8% 9% 10% 12%14% 15% 16% 17%
20%**
35%
50%
65%
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96
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00
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Ziele im Energiekonzept der Bundesregierung
Anteil des Stroms aus regenerativen Energiequellen*
•bezogen auf den Brutto-Inlandsstromverbrauch Deutschlands ** vorläufig
•Quelle: BDEW
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Entwicklung der Stromkosten für einen Durchschnittshaushalt
Ausgaben für 3500 kWh in EUR
0
100
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600
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800
900
1000
2000 2011
EU
R
Erzeugung/Transport/ Vertrieb
staatliche Abgaben
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Regenerativanlagen: Anteile an Leistung und Erzeugung
Photovoltaik
Geothermie
Wind
Wind offshore
Wasserkraft
Biomasse*
Was bringt am meisten?
Quelle: BDEW * gasförmige, flüssige und feste Biomasse sowie regenerativer Anteil des Mülls
Anteile an der installierten Leistung und an der Stromerzeugung von Regenerativanlagen 2010
April 22, 2023
Förderung der EEG-Stromerzeugung nach Energieträgern
Von den Verbrauchern zu tragende Förderung* pro erzeugter MWhEEG-Strom im Jahr 2012 nach Energiearten
•EEG-Auszahlungen abzgl. Vermarktungserlöse abzgl. vermiedene Netzentgelte
Quelle: BDEW (eigene Berechnungen auf Basis der Prognose zur Berechnung der EEG-Umlage 2012 der Übertragungsnetzbetreiber vom 14.10.2011)
April 22, 2023
Strompreis für Haushalte
Durchschnittlicher Strompreis eines Drei-Personen-Haushaltesmit einem Jahresverbrauch von 3.500 kWh/a in Cent/kWh
12,9111,60
8,62 8,589,71 10,23 10,82 11,22 11,75 12,19 13,00
14,11 13,89 13,57
2,33
2,28
1,92 1,97
2,222,37
2,48 2,572,68
3,303,46
3,71 3,78 3,981,79
1,79
1,79 1,79
1,791,79
1,791,79
1,791,79
1,79
1,79 1,79 1,79
0,690,88
1,021,16
1,31 2,053,53
0,77
1,28 1,53
1,792,05
2,052,05
2,05
2,052,05
2,052,05
2,05
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011
Erzeugung, Transport, Vertrieb MwSt.Konzessionsabgabe StrEG/EEGKWK-G Stromsteuer
Quelle: BDEW, Stand 03/2011
April 22, 2023
Entwicklung der Staatslasten seit 1998
Belastungen der Strompreise in Mrd. € (ohne Mwst.)
* Schätzung, vorläufig** bis 2009 Mehrkosten gegenüber Börsenpreis; ab 2010 Anwendung AusglMech; 2011/12 gemäß EEG-Umlagenprognose*** 2011/12 gemäß AK „Steuerschätzung“ Nov. 2011 Stand: Dezember 2011Quelle: BDEW
April 22, 2023
„Glaubenskrieg“ zu den Kosten der Energiewende
Kostet wenig:
Entwurf zum EEG hieß es noch im April 2011, dass die Extrakosten der beschleunigten Energiewende nur 3,5 Mrd. EUR betragen werden:
„In der EEG Umlage schlägt sich dies nur geringfügig mit einem Anstieg von max. 0,2 Cent pro Kilowattstunden nieder.“
Und die Kostensteigerung für private Haushalte werde von heute 6,50 EUR pro Monat „auf höchstens 9 EUR im Jahr 2015 steigen, um danach bis 2030 deutlich auf etwa 2 Euro pro Monat zurückgehen“ (Quelle: Welt Online, 4.5.2011)
PS: laut Aussagen BUM aus 2007 sollte 2016 die EEG Umlage mit 1,6 Ct ihr Maximum erreicht haben, 5 Jahre später lag sie bereits bei 3,5 Ct/kWh.
Kostet viel:
„Energiekonzerne wie z.B. RWE taxieren den Investitionsbedarf für die komplette Umgestaltung in einer internen Studie bis zu sagenhaften 3 Billionen“ , Ausgaben für Netze und Speicher sind darin noch nicht enthalten.
Der Strompreis wird in den kommenden 25 Jahren rapide steigen, im Extremszenario (bei kompletter autarker und dezentraler Versorgung) „…bis zu 23,5 Cent pro Kilowattstunde in der Erzeugung. Zur Zeit liegt der Durchschnittspreis bei 6,5 Cent.“ (Quelle: Spiegel vom 20.9.2010 – Der teure Traum von der sauberen Energie)
17. Februar 2012
Preisentwicklung Base 2012 im direkten Einfluss der Atom-Ausstiegsbeschlüsse
14.03.2011 Beginn Atommoratorium (17
AKWs zur Sicherheitsüber-prüfung; 7 älteste AKWs werden 3
Monate still gelegt (rund -7.000 MW)
11.03.2011 Erdbeben/
Tsunami Japan -> Reaktorunfälle in
Fukushima
Preisentwicklung in 2011:
Jahrestief: 50,84 EUR/MWh
Jahreshoch: 60,68 EUR/MWh
-> Vola (absolut): 9,84 EUR/MWh
Quelle: EEX-Preise via E-Risk
Wiederaufkeimen der Finanz- und Kreditkrise sowie Verstärkung der
Konjunktursorgen durch Ratingabwertungen von Banken und EU-Ländern
30.06.2011 Bundestag beschließt
Atomnovelle
30.05.2011 Bundesregierung
beschließt endgültige Stilllegung der 8 KKWs
April 22, 2023
Mittelfristige Marktpreisprognose für Strom
Haupteinflussgrößen: -Kosten für Brennstoffe und Emissionsrechte
(Kohle und CO2-Zertifikate)
-Verfügbare Kraftwerkskapazitäten im europäischen Markt
- gefühlte Wirtschaftslage
Die mittel- und langfristigen Prognosen gehen von moderat steigenden Preisen für Kohle aus (ca. 2% p.a. über der Inflationsrate), die Emissionsrechte werden derzeit mit stagnierenden Preisen prognostiziert.
Stärkste Einflussgröße: Angebot an gesicherten Erzeugungskapazitäten
Verfügbare Erzeugungskapazitäten in Deutschland
Erdgas
Braunkohle
Kernenergie*
Sonstige Erneuerbare
Steinkohle
* in der gesicherten Leistung sind die Stillstände der KKW Brunsbüttel und Krümmel berücksichtigt** der Wert zum Zeitpunkt der Jahreshöchstlast liegt in der Regel 2-3 GW höher als der saisonale Vorschau-Wert Januar 19:00h*** das von entso-e vorgeschlagene Sicherheitsniveau erfordert einen Sicherheitspuffer von 7 GW (Adequacy Reference Margin)Quellen: entso-e; BDEW (BDEW Berechnungen auf Basis der dena-Daten zur gesicherten Leistung einzelner Energieträger)
WasserkraftSonstige gesicherte Leistung
93,1 GW
Nicht einsetzbare Leistung
RevisionenAusfälleReserve für System-DL
Last**
verbleibendeLeistung***
Leistungsbilanz-Vorschau Januar 2011, 19:00h auf Basis AtG 2010 gemäß System Adequacy Forecast 2011-2025 (entso-e)
verfügbare Leistung 160,2 GW
April 22, 2023
April 22, 2023
Aktuell: Überangebot an gesicherter Erzeugungskapazität
Trotz Außerbetriebnahme von 8.000 MW AKW-Leistung herrscht ein Überangebot im Markt. Ein Teil des Überangebotes ist vom Markt und hat zu einer Preiserhöhung von 6 EUR/MWh geführt. Kurzzeitige und lokale Engpässe treten auf - sind aber nicht preissetzend. Aufgrund des Überangebotes werden gerade die Grenzkosten der Erzeugung als Preis erzielt.
Eine Neuinvestition ist aufgrund des Überangebotes nicht wirtschaftlich darstellbar.
Deshalb werden mit jeder Außerbetriebnahme eines weiteren AKW oder konventionellen KW (Ablauf Betriebsgenehmigung) die Kapazitätsreserven knapper bzw. die Engpässe werden häufiger, die Systemstabilität ist nicht mehr gegeben. Ab diesem Zeitpunkt (erwartet wird 2016/2017) wird der handelbare Strompreis deutlich ansteigen, bis zu dem Punkt, bis die Vollkostendeckung für ein Neubauprojekt erreicht ist. Aus heutiger Sicht stellt sich das Gleichgewicht dann bei etwa 74 EUR/MWh (Ybase) ein, das sind 22 EUR/MWh mehr als heute. Zusätzlich preistreibend wirken die fluktuierenden, dann stark ausgebauten regenerativen Anlagen, die den konventionellen Anlagen die Laufzeit nehmen. Das kann den Strom aus gesicherter Leistung schnell auf über 100 EUR/MWh (Ybase) verteuern.
April 22, 2023
SWM Preisprognose Letztverbraucherpreis 2020
Marktpreisanstieg aufgrund Kapazitätsverknappung 22….48 EUR/MWh aufgrund Brennstoffkostenentwicklung 8….12 EUR/MWh
Mehrbelastung EEG aufgrund Umlage 15….45 EUR/MWh aufgrund Netzausbaukosten 10….40 EUR/MWh
Erwartete Gesamtpreiserhöhung ohne USt. 55….145 EUR/MWh (5,5….14,5 ct/kWh)
Zusätzliche Privilegierungen von einzelnen lobbystarken Kundensegmenten verzerren das Bild weiter, da immer der nicht privilegierte Rest die gleichbleibenden Kosten zu tragen hat. (z.B. §19 NEV – Netzentgeltbefreiungen für Kd. > 6000 VBh ???)
April 22, 2023
Und es wird noch teurer - Die EU Effizienzregelung
Entwurf einer Europäischen Energieeffizienzregelung vom 22.6.2011, 2014 verbindliche Entscheidung
Ziel: bis 2020 Einsparung von 20% des Primärenergieverbrauchs ׀
Konsequenzen (auszugsweise):
Für die Bürger:Höhere Anforderungen bei Sanierung und Neubau ׀
Für Energieversorger/ -verteiler: jährliche Einsparungen in Höhe von 1,5% bei den Endkunden inkl. umfassende Dokumentation ׀kompensierend Entwicklung neuer Energiedienstleistungen ׀ Anforderungen an Abrechnungen steigen (Effizienzpotentiale?) ׀
Für Kommunen: Vorreiterfunktion der Kommunen: 3% Sanierungsrate für öffentliche Gebäude ׀
April 22, 2023
Rolle der Stadtwerke und abschließende Thesen
.Die Energiewende wird es nicht zum Nulltarif geben. Energie wird ein teures Gut ׀„Wenn erneuerbare Energien heute 20% des Strombedarfs decken, dann klingt das fabelhaft.“… Doch es bedeutet zu gleich „Der größte Teil des Weges steht noch bevor. Dieser Part wird ungleich schwerer zu bewältigen sein. Und mit jedem Schritt wird er mühsamer und kostspieliger.“ (Spiegel, 20.9.2010)
Die Verteilungskämpfe zur Kostenübernahme nehmen zu. (Jüngstes Beispiel: reduzierte Netzentgelte ׀für stromintensive Betriebe). Es besteht die Gefahr, dass die Gruppe mit der geringsten Lobby einen überdurchschnittlichen Anteil an der Energiewende zu tragen hat. (Energiearmut)
Den Stadtwerken wird eine zentrale Rolle in der Energiewende zugeordnet. Dabei sind Investitionen ׀in alternative Erzeugungsformen nicht immer wirtschaftlich. Die Rolle für die Energiewende kann/wird somit mit der Rolle als eine wesentliche Stütze für den kommunalen Haushalt kollidieren.
Eine Steigerung der Energieeffizienz geht mit Absatzeinbußen der Energieversorger einher. Diese ׀können durch eine Ausweitung des Vertriebsgebietes kompensiert werden. Eine Kompensation durch Geschäftsfelddiversifizierung in Richtung Energieeffizienzdienstleistungen ist politisch zwar gewünscht, unter wirtschaftlichen Kriterien unrealistisch.
Aus Sicht EU (Effizienzrichtlinie) müssen Maßnahmen zur Energieeffizienzsteigerung deutlich stärker ׀gewichtet werden (Nicht nur Erzeugung, Netzausbau, Smart Grid und Elektromobilität). In der Konsequenz kämen auf Bürger und Kommunen neben steigenden Energiekosten Kosten für Energieeinsparmaßnahmen wie z.B. Sanierung und Neuinvestitionen zu. Wenn es keine staatlichen Anreize (z.B. steuerliche Absetzbarkeit) gibt, die wiederum Einfluss auf das öffentliche Budget insgesamt hätten, werden die Bürger diese selbst tragen müssen. „Für viele Menschen kommt eine teure Zwangssanierung einer Enteignung gleich,….“ (Julia Klöckner, CDU, Rheinland Pfalz)