Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.
Konjunktur und Märkte 2018
Versicherungswirtschaft stabil, konjunkturelle Risiken gestiegen
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Redaktionsschluss dieser Ausgabe13.04.2018
DruckRuksaldruck, Berlin
ISSN-Nr. 2191-4931
Konjunktur und Märkte 2018 1
Versicherungswirtschaft stabil, konjunkturelle Risiken gestiegen
Die Weltwirtschaft befindet sich zum ersten Mal seit der globalen Wirt-
schafts- und Finanzkrise in einem synchronen Aufschwung. Der Konjunk-
turverlauf im Euroraum und in Deutschland hat sich infolge dieser Entwick-
lung im vergangenen Jahr ebenfalls beschleunigt. Für Deutschland mehren
sich mit einem jährlichen BIP-Wachstum von 2,5 % (kalenderbereinigt) dabei
die Zeichen, dass sich die Wirtschaft in einer Phase der Hochkonjunktur be-
findet. Die Preisentwicklung im Euroraum ist im Vergleich zu früheren Auf-
schwungsphasen mit etwa 1,5 % allerdings moderat. Deflationsgefahren sind
aber ausgeräumt. Daher ist aus unserer Sicht eine konsequentere geldpoliti-
sche Normalisierung der EZB vertretbar. Eine Anhebung der EZB-Leitzinsen
erwarten wir erst für 2019. Aufgrund des robusten Wachstums haben sich
die Aussichten auf eine nachhaltige Zinswende dennoch verbessert. Der glo-
bale Aufschwung dürfte im laufenden Jahr anhalten – wenn auch mit etwas
vermindertem Tempo. Für Deutschland rechnen wir mit einem Zuwachs des
BIP von rund 2 %. Dabei bleibt der für die Versicherungsnachfrage wichtige
private Verbrauch eine wichtige Stütze des Aufschwungs.
Die sehr gute konjunkturelle Entwicklung hat sich im Jahr 2017 positiv auf die
Geschäftsentwicklung in der Versicherungswirtschaft ausgewirkt. Insgesamt
stiegen die Beitragseinnahmen (einschließlich Pensionskassen und Pensions-
fonds) im vergangenen Jahr den teils noch vorläufigen Zahlen zufolge um
1,8 %. Unter Berücksichtigung der Inflation entwickelte sich das Geschäft in der
Versicherungswirtschaft somit 2017 stabil, nachdem in 2016 noch ein leichter
realer Rückgang zu verzeichnen war. In allen drei Sparten konnte im vergan-
genen Jahr eine vergleichsweise positive Geschäftsentwicklung beobachtet
werden: In der Lebensversicherung kam es zu einer nahezu stabilen Beitrags-
entwicklung. Zudem konnte die Schaden- und Unfallversicherung, wie bereits
in den vergangenen Jahren, mit einem Plus von 3 % einen erheblichen Teil zum
Wachstum beitragen. Bedingt durch Beitragsanpassungen verzeichnete die
Private Krankenversicherung mit einem Plus von 4,3 % das höchste Beitrags-
wachstum. Für das laufende Jahr wird derzeit mit einem Beitragswachstum
von rund 1,4 % gerechnet. Der Konsolidierungskurs in der Lebensversicherung
sollte auch 2018 anhalten. Im laufenden Jahr wird nun wieder ein leichtes Bei-
tragsplus in der Lebensversicherung erwartet. In der Schaden- und Unfallver-
sicherung geht man von einer ähnlichen Entwicklung aus wie im vergangenen
Jahr. Auch in der Privaten Krankenversicherung wird weiterhin mit einer Stei-
gerung der Beitragseinnahmen gerechnet. Das anhaltende Niedrigzinsumfeld,
sowie die politische Unsicherheit stellen die Versicherungsunternehmen im
laufenden Jahr weiterhin vor große Herausforderungen. Von den neuen Pro-
dukten in der Lebensversicherung und den Geschäftsfeldern, die sich durch die
Digitalisierung eröffnen, dürften weiterhin positive Impulse ausgehen.
Editorial: Aufschwung intakt, Abwärtsrisiken aber gestiegen 2
Global synchronisierter Aufschwung 4
Weltwirtschaftliche Entwicklung 4
Konjunkturentwicklung im Euroraum und der EU 6
Deutschland: Fortsetzung des Aufschwungs – mit Abstrichen 7
Konjunkturentwicklung 7
Lage der Unternehmen 8
Preisentwicklung 9
Arbeitsmarkt 9
Wirtschaftliche Lage der privaten Haushalte 9
Geldvermögensbildung der privaten Haushalte 11
Geschäftsklima in der Versicherungswirtschaft 12
Versicherungswirtschaft insgesamt 12
Lebensversicherung 12
Private Krankenversicherung 13
Schaden- und Unfallversicherung 13
Entwicklung der Versicherungsmärkte 14
Lebensversicherung i. e. S. 14
Pensionskassen und Pensionsfonds 16
Lebensversicherung insgesamt 17
Private Krankenversicherung 17
Schaden- und Unfallversicherung 18
Versicherungswirtschaft insgesamt 20
Konjunktur und Märkte 20182
Editorial: Aufschwung intakt, Abwärtsrisiken aber gestiegen.Die Entwicklung von Konjunktur und
Finanzmärkten war im abgelaufenen
ersten Quartal deutlicher volatiler als in
den Monaten zuvor. Einem ausgespro-
chenen Konjunkturoptimismus noch zu
Jahresbeginn sind Sorgen um einen es-
kalierenden Protektionismus (Stichwort:
US-Importzölle) und steigenden geopoli-
tischen Spannungen (Stichwort: Syrien-
konflikt) gewichen. Ein Handelskrieg,
der angesichts der Vergeltungsmaßnah-
men Chinas nicht unwahrscheinlicher
geworden ist, hätte gravierende Folgen
für die Weltwirtschaft. Direkte Einbußen
wären auf Grund der Störung der globa-
len Wertschöpfungsketten zu erwarten.
Aber auch indirekt würde die gestiegene
Unsicherheit über die Zukunft des Welt-
handelssystems negativ zu Buche schla-
gen, etwa über eine zu erwartende Inves-
titionszurückhaltung der Unternehmen.
Die wirtschaftlichen Folgen eines Han-
delskrieges wären für die USA am größ-
ten, denn der Protektionismus würde
den US-Handel mit vielen Ländern tref-
fen. Derzeit steht China im Fokus, aber
auch Deutschland würde angesichts
des extrem hohen Leistungsbilanzüber-
schusses von 8 % gemessen am BIP
auf Dauer wohl nicht ungeschoren da-
vonkommen. Und auch Produkte aus
Mexiko und Kanada würden voraus-
sichtlich mit Importzöllen belegt, vor
allem dann, wenn Nachverhandlungen
über das NAFTA-Abkommen nicht die
von der US-Administration gewünsch-
ten Ergebnisse bringen. Umgekehrt
dürften die wirtschaftlichen Folgen von
Handelshemmnissen für den „Rest der
Welt“ solange überschaubar bleiben,
wie es gelingt, die Grenzen für den inter-
nationalen Warenaustausch außerhalb
der USA offen zu halten.
Da diese Wirkzusammenhänge auch
der US-Regierung bekannt sein dürften,
ist eine Verschärfung des Handelskon-
flikts oder gar ein Auseinanderbrechen
des Welthandelssystems keine ausge-
machte Sache. Vieles von dem, was Prä-
sident Trump macht, dürfte mit Blick
auf seine Wählerschaft erfolgen. Eine
weitere Eskalation würde auf Grund der
zielgenauen Vergeltungsmaßnahmen,
wie sie China bereits verhängt hat und
von der EU in Aussicht gestellt wurden,
vor allem seine Anhänger treffen. Inso-
fern liegt eine weitere Verschärfung des
Handelsstreits sicher nicht im Interesse
der US-Regierung, und die bislang ver-
hängten bzw. angedrohten Zölle reichen
nicht aus, den global synchronisierten
Aufschwung abzuwürgen. Die seit Jah-
resbeginn z. T. enttäuschenden Konjunk-
turindikatoren sind von sehr hohen Ni-
veaus aus gefallen und deuten bislang
mehr auf eine Normalisierung hin als
auf eine Konjunkturwende.
Für eine Fortsetzung des Aufschwungs
– wenn auch auf leicht verringertem
Niveau – spricht auch, dass die Real-
zinsen in den westlichen Industrielän-
dern nach wie vor extrem niedrig sind.
Hieraus resultieren unvermindert star-
ke Wachstumsimpulse, so etwa bei der
Baunachfrage, den Unternehmensin-
vestitionen oder dem Staatsverbrauch.
Zudem werden die massiven Steu-
ersenkungen in den USA das Wachs-
tum in diesem und im nächsten Jahr
erheblich stimulieren. Und schließlich
zeigen sich die Arbeitsmärkte in nahe-
zu allen Ländern deutlich verbessert.
Hieraus resultieren Spielräume für eine
fortgesetzte Ausweitung der privaten
Konsum ausgaben.
Inflationsdruck noch geringTrotz des mittlerweile sehr lang gestreck-
ten Aufschwungs (in den USA immerhin
der zweitlängste der Nachkriegszeit), ist
der Teuerungsdruck sehr moderat geblie-
ben. Wesentliche Gründe hierfür dürften
die Globalisierung und die Digitalisie-
rung sein. Die Globalisierung hat den
Lohndruck niedrig gehalten, ein Effekt,
der angesichts der hohen Arbeitslosen-
quoten im Euroraum noch verstärkt
wurde. Zudem wirkt die Digitalisierung
strukturell preisdämpfend. So begrenzen
etwa die stetigen Qualitätsverbesserun-
gen bei Elektronikgütern auf Grund der
hedonischen Preismessung den Teue-
rungsdruck spürbar. Aber auch der zu-
nehmende Online-Handel erhöht die
Preistransparenz – und damit den Druck
auf Anbieter, die Preise niedrig zu halten.
Da beide Effekte den Konsumenten zu
Gute kommen, handelt es sich um „posi-
tive“ Deflation, die sich in der geldpoliti-
schen Relevanz deutlich von einer echten
Deflation auf Grund eines Nachfrage-
einbruchs unterscheidet.
Zuletzt ist der Preisdruck allerdings ge-
stiegen. In den USA lag die Inflationsrate
zuletzt bei 2,4 % im Vorjahresvergleich.
Bei der Kernrate der Inflation lag der An-
stieg in den ersten drei Monaten des Jah-
res annualisiert sogar bei 2,9 %. Selbst
im Euroraum hat sich der Preisauftrieb
deutlich von der Nulllinie entfernt; von
Deflationsgefahren kann also keine Rede
mehr sein.
In den kommenden Monaten könnte
sich der Preisdruck weiter erhöhen, denn
die Kapazitätsauslastungen sind im
Zuge des langgestreckten Aufschwungs
auf beiden Seiten des Atlantiks deutlich
gestiegen. Selbst im Euroraum haben
Konjunktur und Märkte 2018 3
sie mittlerweile das Vorkrisenniveau
erreicht. Preiserhöhend dürfte auch zu
Buche schlagen, dass der Lohndruck
auf Grund der sich bessernden Arbeits-
marktsituation steigt. Wegen des ge-
ringen Produktivitätsanstiegs sollten
damit auch die Lohnstückkosten wieder
stärker steigen. In den letzten Jahren lag
der Zuwachs im Euroraum bei deutlich
unter 1 %. Und schließlich sollte auch
der Protektionismus den Preisauftrieb
tendenziell erhöhen. Alles in allem wird
die Inflationsrate in den USA auf Sicht
der nächsten 12 bis 24 Monate bei deut-
lich über 2 % liegen, und im Euroraum
sich dem Inflationsziel von „unter, aber
nahe 2 %“ nähern.
Geldpolitische Normalisierung schreitet voranVor diesem Hintergrund dürfte es zu-
nehmend zu einer geldpolitischen Nor-
malisierung kommen. In den USA ist
mit weiteren Zinsschritten ebenso zu
rechnen wie mit einem weiteren Bilanz-
abbau der Fed. Zum Jahresende dürfte
der US-Leitzins, der aktuell bei 1,5 % bis
1,75 % liegt, 2,25 % bis 2,5 % erreichen.
Ein erster Zinsschritt wird im Euroraum
nicht vor Mitte des Jahres 2019 erfol-
gen, aber zumindest das Anleihekauf-
programm sollte in diesem Jahr beendet
werden. Wir sind der Auffassung, dass
eine Beendigung schon im September
angezeigt wäre, können auf Grund der
sehr vorsichtigen Haltung der EZB aber
auch nicht ausschließen, dass sich die
EZB für eine Verlängerung bis zum Jah-
resende entscheidet. In jedem Fall sind
wir der Auffassung, dass der europäische
Patient schon länger nicht mehr auf die
Intensivstation der Geldpolitik gehört.
Belastungen für die FinanzmärkteDie konjunkturellen Abwärtsrisiken der
letzten Wochen spiegeln sich auch auf
den Finanzmärkten. Insbesondere Akti-
en, die im Jahr 2017 hohe zweistellige
Zuwächse verzeichnen konnten, hatten
einen schwierigen Start in das Jahr. Zeit-
weilig lagen alle wesentlichen Märkte
deutlich im Minus. Neben den geopoliti-
schen Spannungen macht sich hier aber
auch der geldpolitische Kurswechsel
bemerkbar. Die langen Jahre der geld-
politischen Unterstützung mit Über-
schussliquidität nähern sich allmählich
dem Ende, so dass Schwächephasen bei
Dividendentiteln 2018 sehr viel häufiger
auftreten werden als in den Jahren zuvor.
Unter Bewertungsgesichtspunkten sind
Aktien schon lange nicht mehr billig. Sie
dürften aber so lange in einem – nun-
mehr volatileren – Aufwärtstrend blei-
ben, wie der konjunkturelle Aufschwung
trägt. Das solide wirtschaftliche Wachs-
tum und der damit verbundene Anstieg
der Unternehmensgewinne sprechen
im Übrigen auch dafür, dass die zuletzt
zu beobachtende Ausweitung der Zins-
aufschläge bei den Unternehmensanlei-
hen begrenzt bleiben sollte.
Auf der Zinsseite haben die Entwick-
lungen der letzten Wochen den Auf-
wärtstrend bei den Kapitalmarktzinsen
gestoppt. Nach einem zwischenzeit-
lichen Hoch von 0,75 % ist die Rendite
der 10-jährigen Bundesanleihe zuletzt
wieder leicht gefallen (siehe Grafik). Die
Kombination aus höherer Inflation und
geldpolitischem Kurswechsel spricht
aber gleichwohl dafür, dass die Langfrist-
zinsen weiter in Richtung 1 % steigen
werden. Bemerkenswert ist in der Grafik,
dass sich Renditeveränderungen bislang
nur in den längeren Laufzeiten ergeben
haben. Die Renditen im kurzen Segment
liegen dagegen wie festge nagelt im ne-
gativen Bereich, u. E. ein weiteres Indiz
für die Mächtigkeit, mit der die Geldpo-
litik das Zinsniveau derzeit beeinflusst.
Ein abrupter Zinsanstieg, derzeit das
größte Stabilitätsrisiko auf den Finanz-
märkten, erscheint aus aktueller Sicht
wenig plausibel, dürfte aber dann zu ei-
nem echten Risiko werden, wenn die No-
tenbanken den geldpolitischen Normali-
sierungsprozess zu lange hinauszögern
(„too little, too late“).
Dr. Klaus Wiener Mitglied der Geschäftsführung, Chefvolkswirt
Kapitalmarktzinsen DeutschlandZinsstrukturkurve Bundesanleihen, Rendite in % p.a.
0,5
0
-0,5
19.02.201805.07.2016aktuell
0,49
-0,18
0,75
7Y 8Y 9Y1Y 10Y2Y 3Y 4Y 5Y 6Y
Quelle: Macrobond
Konjunktur und Märkte 20184
Global synchronisierter Aufschwung
Weltwirtschaftliche Entwicklung
Die globale Konjunktur befindet sich in
einem synchronen Aufschwung. Sowohl
in den Industrieländern als auch in den
Schwellenländern fiel das Wachstum im
Jahr 2017 deutlich kräftiger aus als im
Vorjahr. Mit einem Produktionszuwachs
von 3,7 % konnte 2017 das höchste
Wachstum der Weltwirtschaft seit 2011
erzielt werden. Diese Entwicklung ging
im Jahresverlauf 2017 auch einher mit
einer Belebung des Welthandels sowie
einem Anstieg des Ölpreises.
Zu Jahresbeginn 2018 deuten Frühin-
dikatoren auf eine Fortsetzung des
Aufschwungs hin. Wachstumsimpulse
kommen dabei von den weiterhin sehr
niedrigen Realzinsen sowie Nachhol-
effekten bei den Investitionen. Zudem
gehen von der zum Jahresende 2017
verabschiedeten Steuerreform in den
USA – zumindest kurzfristig – neue Im-
pulse für die Konjunkturentwicklung,
insbesondere in Nordamerika, aus. Die
hohe konjunkturelle Dynamik dürfte zu-
dem ein Anziehen der Inflation nach sich
ziehen.
Gleichzeitig sind aber auch die Risiken
für die Weltwirtschaft im Vergleich zum
EZB: Normalisierung nicht aufschieben und Handlungsmöglichkeiten zurückgewinnen!
Die EZB hat infolge der wieder anzie-henden Verbraucherpreisinflation und der Beschleunigung des Aufschwungs im vergangenen Jahr erste behutsa-me Schritte zu einem Ausstieg aus der expansiven Geldpolitik eingeleitet. Zu nennen ist hier vor allem die Reduzie-rung des laufenden Anleiheankaufpro-gramms von monatlich 60 auf 30 Mrd. € zum Jahresanfang 2018. Die zuletzt ge-messene Verbraucherpreisinflation von etwa 1,5 % wertet die EZB noch nicht als „nachhaltige Korrektur der Inflationsent-wicklung“, da die Inflation aktuell wei-terhin unterhalb des Preisstabilitätsziels von „unter, aber nahe 2 %“ liegt.
Grundsätzlich muss die Geldpolitik ihre Normalisierungsstrategie im Spannungs-feld eines „too little too late“ und „too much too early“ wählen. Mit dem anzie-henden Aufschwung haben sich die Out-putlücken in vielen Euro-Mitgliedstaaten wieder geschlossen oder sind sogar posi-tiv. Offensichtlich ist inzwischen aber die wirtschaftliche Aktivität im Inland we-niger stark mit der Inflation verbunden. Zwei grundlegend neuere Entwicklungen spielen für einen anhaltenden Preisdruck dabei eine wichtige Rolle.
So gibt es Hinweise für einen stärkeren Einfluss der Globalisierung auf die hei-mische Preisentwicklung. Mit der wirt-schaftlichen Integration vieler Länder in die globalen Wertschöpfungsketten hat sowohl die Erwerbsbevölkerung als auch die Intensität des Wettbewerbs deutlich zugenommen. In der Folge bleibt auch in wirtschaftlichen Erholungsphasen das Lohnwachstum moderater. Die zweite Entwicklung ist die Digitalisierung. Mit dem Internet ist die Transparenz über das Produktangebot und damit verbun-den die Möglichkeit, Preisvergleiche zu ziehen, so hoch wie nie zuvor. Bestimm-te Produkte bzw. Dienstleistungen etwa im Bereich der mobilen Kommunikation sind zudem heute umsonst erhältlich. Dies spricht dafür, dass im Unterschied zu früheren wirtschaftlichen Erholungs-phasen ein kräftiger Anstieg der Infla-tion jetzt weniger wahrscheinlich ist.
Für die Zentralbanken bedeutet dies umgekehrt, dass ihre Möglichkeiten zur Steuerung der Preisentwicklung ab-genommen haben. Gleichzeitig ist der niedrigere Preisdruck infolge von Globa-lisierung und Digitalisierung kein Anlass zur Sorge, da er für Verbraucher positiv
ist. Daher sollte die EZB bei der Wahl der geldpolitischen Strategie neben der Infla-tionsentwicklung auch diese strukturel-len Faktoren der Preisbestimmung stär-ker berücksichtigen. Insgesamt erscheint die enge Verfolgung des Preisstabilitäts-ziels inzwischen wenig angemessen. An-gesichts der zahlreichen Risiken, die mit der ultra-lockeren Geldpolitik u. a. für die Altersvorsorge verbunden sind, spricht stattdessen viel dafür, auch eine längere Abweichung vom Inflationsziel zu tole-rieren bzw. grundsätzlich das aktuelle In-flationsziel auf den Prüfstand zu stellen.
Eine behutsame Normalisierung der Geldpolitik im Euroraum – nach dem Vorbild der Fed – wäre auch insofern ratsam, damit die EZB für den nächsten konjunkturellen Abschwung gerüstet ist. Zwar dürfte die konjunkturelle Auf-wärtsbewegung vorerst intakt bleiben. Aber auch der jetzige bereits lang an-haltende Aufschwung wird nicht ewig dauern, so dass die EZB ihre zukünfti-ge Handlungsfähigkeit stärker in den Blick nehmen sollte. Die zuletzt wieder gestiegenen Risiken sind hier nur eine Warnung.
Konjunktur und Märkte 2018 5
Vorjahr angestiegen. Hierzu hat zuletzt
vor allem der protektionistische Kurs der
amerikanischen Regierung beigetragen.
Bisher beschränkte sich die US-Adminis-
tration mit Blick auf das US-Handelsdefi-
zit auf „verbale Angriffe“. Die Einführung
konkreter Schutzzölle zunächst für Stahl
und Aluminium und die Androhung
weiterer Zölle ggü. China (sowie die ent-
sprechende Gegenreaktion der Chine-
sen) stellen jetzt eine neue Stufe dar. Es
bleibt zu hoffen, dass der Handelskon-
flikt beigelegt werden kann, damit grö-
ßere konjunkturelle Effekte ausbleiben.
Problematisch ist die Entwicklung aber
allemal, da sie letztlich die Vorteile der
internationalen Arbeitsteilung infrage
stellt und damit Produktivitätseinbußen
und Preiserhöhungen in Kauf nimmt,
die letztlich Wohlfahrtsverluste zulasten
der Konsumenten darstellen. Mit der
gestiegenen Unsicherheit wird eine wei-
tere Beschleunigung der globalen Kon-
junktur wie sie zu Jahresanfang vielfach
erwartet wurde unwahrscheinlicher.
Unsicherheit besteht zudem über den
geldpolitischen Normalisierungsprozess
der Notenbanken vor allem in den USA.
Unter den Notenbanken ist die ameri-
kanische Zentralbank mit dem Ausstieg
aus der „unkonventionellen“ Geldpoli-
tik am weitesten fortgeschritten. Ende
März hat die Fed das Leitzinsband er-
neut angehoben. Zwischenzeitlich hatte
die Erwartung einer schnelleren geld-
politischen Straffung jedoch deutliche
Kursrückgänge an den Finanzmärkten
zur Folge. Auslöser waren höher als er-
wartete Lohnsteigerungen in den USA.
Für das laufende Jahr erwarten wir, dass
die Fed am eingeschlagenen Kurs gradu-
eller Zinserhöhungen festhalten wird,
sehen aber das Risiko einer noch schnel-
leren Gangart.
Wirtschaftswachstum* in ausgewählten Regionen
2014 2015 2016 20171 20181 20191
Welt +3,6 +3,4 +3,2 +3,7 +3,9 +3,9
Industrieländer +2,1 +2,2 +1,7 +2,3 +2,3 +2,2
USA +2,6 +2,9 +1,5 +2,3 +2,7 +2,5
Euroraum +1,3 +2,0 +1,8 +2,4 +2,2 +2,0
Vereinigtes König-reich
+3,1 +2,2 +1,9 +1,7 +1,5 +1,5
Japan +0,3 +1,1 +0,9 +1,8 +1,2 +0,9
Schwellen- und Ent-wicklungsländer
+4,7 +4,3 +4,4 +4,7 +4,9 +5,0
China +7,3 +6,9 +6,7 +6,8 +6,6 +6,4
Lateinamerika +1,2 +0,1 -0,7 +1,3 +1,9 +2,6
* Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorjahr in %1 Prognosen, Stand: 11.01.2018
Quelle: Internationaler Währungsfonds (IWF)
Entwicklung wichtiger weltwirtschaftlicher Bezugsgrößen
2016 2017Q IV 2017
Q I 2018
12/17 01/18 02/18 03/18
Welthandel1 +1,5 +4,5 +1,2 - +0,3 +0,9 - -
Euro/US-Dollar2 1,05 1,20 1,20 1,23 1,20 1,25 1,22 1,23
Ölpreis (Brent) in US-Dollar pro Barrel2
54,96 66,73 66,73 69,02 66,73 67,78 66,08 69,02
HWWI- Rohstoffindex3 99,7 108,8 104,1 105,5 104,5 106,0 106,1 104,5
Dow Jones In- dustrial Average2 19.763 24.719 24.719 24.103 24.719 26.149 25.029 24.103
1 reale Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vorjahresquartal oder Vormonat in %2 Stand am Jahres-, Quartals- oder Monatsende3 Index der Weltmarktpreise für Rohstoffe ohne Energierohstoffe (Kohle und Rohöl) in Euro;
Monats-, Quartals- oder Jahresdurchschnitte; 2015=100
Quelle: Netherlands Bureau for Economic Policy Analysis, Europäische Zentralbank, US Energy Information Administration, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut, Dow Jones
Konjunktur und Märkte 20186
Konjunkturentwicklung im Euroraum und der EU
Die Konjunktur im Euroraum hat im
vergangenen Jahr erneut an Dynamik
gewonnen und das höchste BIP-Wachs-
tum seit 2007 erzielt. Maßgeblich hier-
für war vor allem das verbesserte glo-
bale Konjunkturumfeld. Aber auch die
binnenwirtschaftliche Nachfrage bleibt
nach wie vor eine wichtige Stütze des
Aufschwungs. Der private Konsum profi-
tiert dabei insbesondere von der Aufhel-
lung der Lage auf den Arbeitsmärkten
im Währungsraum. Im Februar 2018 be-
lief sich die Arbeitslosenquote auf 8,5 %
im Vergleich zu 9,5 % im Vorjahresmo-
nat. Im Zuge der außenwirtschaftlichen
Belebung erholte sich zudem auch die
Investitionstätigkeit im Euroraum.
Der Aufschwung wird inzwischen von
allen Mitgliedsstaaten des Euroraums
getragen. Deutlich schwungvoller als
in den vergangenen Jahren entwickelte
sich die Konjunktur in Frankreich. Insge-
samt verhalten blieb dagegen der Kon-
junkturverlauf in Italien. Die spanische
Wirtschaft setzte ihre kräftige Aufwärts-
bewegung zuletzt mit etwas vermin-
dertem Tempo fort. Selbst Griechenland
konnte 2017 wieder eine positive Expan-
sionsrate vorweisen.
Auch in den übrigen EU-Mitgliedstaaten
vor allem in Mittel- und Osteuropa blieb
der konjunkturelle Aufschwung zumeist
kräftig. In Großbritannien machen sich
allerdings die Auswirkungen des Brexits
u. a. aufgrund der gestiegenen Unsi-
cherheit bereits in einer Verlangsamung
des Wirtschaftswachstums bemerkbar.
Sowohl die privaten Konsumausgaben
als auch die Investitionen haben an
Schwung verloren.
Für das laufende Jahr erwarten wir
eine Fortsetzung des Aufschwungs, al-
lerdings dürfte das Wachstumstempo
etwas nachlassen. Hierfür spricht nicht
zuletzt der deutliche Rückgang der Stim-
mungsindikatoren im Februar und März.
Zwar drückt sich hier auch die Unsicher-
heit über einen möglichen Handelskrieg
mit den USA aus. Aufgrund des mittler-
weile hohen Auslastungsgrads ist der
Rückgang aber möglicherweise auch
Ausdruck für zunehmende Kapazitäts-
engpässe in Teilen des Euroraums.
Der Anstieg der Verbraucherpreise im
Euroraum verlangsamte sich nach dem
starken Anstieg zu Jahresbeginn 2017
etwas. Insgesamt liegt die Inflation aber
mittlerweile wieder deutlich oberhalb
der „Nulllinie“ (März 2018: 1,4 %), so
dass Warnungen vor Deflationsrisiken
verstummt sind. Der Aufwärtstrend der
Kerninflation (gemessen ohne Energie-
und Nahrungsmittelpreise) setzte sich
zuletzt nicht weiter fort. Im weiteren
Jahresverlauf dürfte sich die Inflation
wieder beschleunigen.
Die EZB hält trotz der anziehenden Kon-
junktur sowie der im Vergleich zu 2016
wieder deutlich höheren Inflationsraten
weiterhin an ihrer sehr expansiven geld-
politischen Ausrichtung fest. Begründet
wird dies von der EZB mit dem zu gerin-
gen Preisdruck. Im Unterschied zur Fed
hat die EZB eine geldpolitische Norma-
lisierung mit der Reduzierung des Wert-
papierankaufprogramms und ersten An-
passungen in der Kommunikation daher
erst in Ansätzen eingeleitet. Vor dem
Hintergrund des deutlich besseren ge-
samtwirtschaftlichen Umfelds im Euro-
raum stellt sich dennoch die Frage, ob
dieser hohe Expansionsgrad noch ange-
messen ist. Wir erwarten, dass die EZB
ihren graduellen Kurswechsel fortsetzt.
Damit dürfte das Wertpapierankauf-
programm im 4. Quartal 2018 beendet
werden. Mit einem ersten Zinsanstieg
rechnen wir frühestens Mitte 2019.
01/17
Quelle: Bloomberg
01/15 07/15 01/1801/16 07/16 07/17
PMI GesamtPMI IndustriePMI Dienstleistung
Einkaufsmanagerindizes Euroraum PMI
57
58
59
60
56
55
54
53
52
51
50
Konjunktur und Märkte 2018 7
Deutschland: Fortsetzung des Aufschwungs – mit Abstrichen
Konjunkturentwicklung
Der langgestreckte konjunkturelle Auf-
schwung in Deutschland hat im ver-
gangenen Jahr nochmals deutlich an
Dynamik gewonnen. In kalenderberei-
nigter Betrachtung legte das Bruttoin-
landsprodukt im Jahr 2017 um 2,5 %
zu. Damit befindet sich die deutsche
Wirtschaft Ende 2017 seit nunmehr 14
Quartalen im Aufschwung. Insgesamt
übertrifft die BIP-Wachstumsrate deut-
lich das durchschnittliche Wachstum
der vergangenen zehn Jahre in Höhe
von 1,2 %. Mit der damit verbundenen
Überauslastung mehren sich die Zei-
chen, dass sich die deutsche Wirtschaft
aktuell in einer Hochkonjunkturphase
befindet. Dabei profitiert die deutsche
Wirtschaft aktuell weiterhin von güns-
tigen Rahmenbedingungen, zu denen
neben dem positiven globalen Umfeld
auch niedrige Realzinsen zählen.
Der Aufschwung ist weiterhin breit
angelegt. Im 2. Halbjahr 2017 kamen
die Wachstumsimpulse im Zuge der
Belebung des Welthandels aber über-
wiegend von der Auslandsnachfrage.
Dagegen verlangsamten sich die pri-
vaten Konsumausgaben in der zweiten
Jahreshälfte. Auch als Reaktion auf die
hohe Kapazitätsauslastung, die etwa
nach dem ifo-Konjunkturtest inzwi-
schen deutlich über ihrem langfristi-
gen Durchschnitt liegt, haben sich die
Unternehmensinvestitionen in 2017
lebhafter entwickelt. Die Bauinves-
titionen konnten dagegen trotz der
hohen Nachfrage insbesondere nach
Wohnraum und anhaltend günstigen
Finanzierungskonditionen zuletzt nicht
weiter zulegen. Offensichtlich war die
Bauwirtschaft damit nicht mehr in der
Lage, die Kapazitätsengpässe zu schlie-
ßen.
Für das Jahr 2018 gehen wir angesichts
der anhaltend positiven Rahmenbe-
dingungen von einer Fortsetzung des
Aufschwungs aus. Aufgrund der be-
reits heute in einigen Branchen sicht-
baren Überauslastung der deutschen
Wirtschaft dürften zunehmend Kapa-
zitätsengpässe sowie Knappheiten am
Arbeitsmarkt das Wachstum bremsen.
Eine weitere Beschleunigung des Auf-
schwungs – wie von einigen Konjunk-
turforschern teilweise für möglich ge-
halten – erwarten wir auch aufgrund
des teilweise verhaltenen Jahresauf-
takts nicht. Nach unserer Auffassung
dürfte das Expansionstempo der deut-
schen Volkswirtschaft 2018 mit rund
2 % unterhalb des Niveaus des Vorjah-
res liegen.
Die Risiken für den Konjunkturverlauf
haben zuletzt mit der Ankündigung
der Einführung von Zöllen von amerika-
nischer Seite erheblich zugenommen.
Neben dem Handelsstreit mit den USA
birgt u. a. auch der Brexit Gefahren. Aus-
wirkungen für die deutsche Wirtschaft
ergeben sich dabei insbesondere im
Falle eines „harten Brexit“. Umgekehrt
könnte die deutsche Volkswirtschaft
aber auch schneller wachsen, wenn es
etwa durch eine höhere Erwerbsbeteili-
gung oder gezielte Fachkräftemigration
gelänge, bestehende Kapazitätseng-
pässe beim Arbeitsangebot zu über-
winden. Perspektivisch gehen zudem
von den fiskalpolitischen Maßnahmen
der neuen Regierung konjunkturelle Im-
pulse aus. Diese dürften überwiegend
in den Folgejahren wirksam werden. Bei
der Verbesserung der wirtschaftlichen
Rahmenbedingungen kann der Koaliti-
onsvertrag aber nur wenig bieten.
Reales Bruttoinlandsprodukt und seine Komponenten*
* Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vorquartal (saison- und kalenderbereinigt) in %
Quelle: Statistisches Bundesamt
2015 2016 2017Q I
2017Q II
2017Q III
2017Q IV 2017
Bruttoinlandsprodukt +1,7 +1,9 +2,2 +0,9 +0,6 +0,7 +0,6
Private Konsumausgaben +1,7 +2,1 +1,9 +0,8 +0,9 -0,2 +0,0
Konsumausgaben Staat +2,9 +3,7 +1,6 +0,3 +0,3 +0,5 +0,5
Ausrüstungsinvestitionen +3,9 +2,2 +4,0 +2,6 +3,3 +1,3 +0,7
Bauinvestitionen -1,4 +2,7 +2,7 +2,9 +0,5 -0,3 -0,4
Exporte +5,2 +2,6 +4,7 +1,7 +1,0 +1,8 +2,7
Importe +5,6 +3,9 +5,1 +0,4 +2,4 +1,1 +2,0
Konjunktur und Märkte 20188
Lage der Unternehmen
Die Industrie hat vor allem durch die
lebhafte Auslandsnachfrage den Auf-
schwung in Deutschland maßgeblich
gestützt. Zu Jahresanfang 2018 deutet
sich allerdings eine Abschwächung der
Industriekonjunktur an. Daten sowohl
zu den Auftragseingängen als auch zur
Industrieproduktion sind in den ersten
beiden Monaten des Jahres deutlich zu-
rückgegangen.
Die realwirtschaftlichen Frühindikato-
ren vervollständigen damit das etwas
verhaltene Bild der Stimmungsindika-
toren. Der ifo-Geschäftsklimaindex ging
bereits im Februar und erneut im März
zurück. Insgesamt befindet sich der
ifo-Geschäftsklimaindex aber weiterhin
auf einem hohen Niveau. Der jüngste
Rückgang bedeutet damit kein Ende des
Aufschwungs, zumal die Industrie aus
dem vergangenen Jahr noch über reich-
lich Aufträge verfügen sollte. Zudem
dürfte der Rückgang auch im Zusam-
menhang mit der hohen Unsicherheit
über den Handelsstreit mit den USA
stehen. Vorsicht ist aber dennoch ange-
bracht, da drei Rückgänge des Indexes in
Indikatoren zur Konjunkturentwicklung im Unternehmensbereich
2016 201710/
201711/
201712/
201701/
201802/
201803/
2018
ifo Geschäftsklima (2005=100)1 108,3 114,6 116,9 117,6 117,3 117,6 115,4 114,7
ZEW Konjunktur- erwartungen1 +6,7 +16,4 +17,6 +18,7 +17,4 +20,4 +17,8 +5,1
Auftragseingang Industrie2 +1,4 +5,5 +0,8 +0,4 +2,6 -3,5 +0,3 -
Industrie- produktion3 +1,3 +3,7 -1,3 +3,5 -0,6 -0,1 -2,0 -
Bauproduktion4 +2,3 +4,4 -0,3 +0,9 -1,1 +2,7 -2,2 -
Ausfuhren5 +0,7 +7,1 -0,3 +4,1 +0,0 -0,4 -3,2 -
1 Jahreswerte: Durchschnitte der Monatswerte2 Verarbeitendes Gewerbe; Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vormonat in %3 Produzierendes Gewerbe ohne Energie- und Baugewerbe; Veränderung gegenüber Vorjahr bzw.
Vormonat in %4 Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vormonat in %5 nicht preisbereinigt; Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vormonat in %
Veränderungsraten gegenüber Vormonat sind saison- und kalenderbereinigt
Quelle: ifo Institut, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Statistisches Bundesamt
Prognosen des realen Wirtschaftswachstums in Deutschland für 2018 und 2019*
Institution Bbk1 BR2 IWF3 EU4 DIW5 SVR6 OECD7 ifo8 ifW9
Prognosemonat 12/17 01/18 01/18 02/18 03/18 03/18 03/18 03/18 03/18
2018 +2,5 +2,4 +2,3 +2,3 +2,4 +2,3 +2,4 +2,6 +2,5
2019 +1,7 - +2,0 +2,1 +1,9 +1,8 +2,2 +2,1 +2,3
* Veränderung des realen Bruttoinlandsprodukts gegenüber Vorjahr in %1 Bundesbank; 2 Bundesregierung; 3 Internationaler Währungsfonds; 4 Europäische Kommission; 5 Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung; 6 Sachverständigenrat; 7 Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung; 8 ifo Institut für Wirtschaftsforschung; 9 Institut für Welt-wirtschaft Kiel
Konjunktur und Märkte 2018 9
Folge häufig ein Abschwungsignal sind.
Insgesamt dürfte die deutsche Wirt-
schaft im 1. Quartal nicht an das hohe
Wachstumstempo des letzten Jahres
anknüpfen können und mit knapp 0,5%
etwas schwächer expandieren.
Der konjunkturelle Aufschwung in
Deutschland hat im vergangenen Jahr
zum achten Mal infolge zu einem Rück-
gang der Unternehmensinsolvenzen ge-
führt (-6,6 %). Einen großen Anteil hier-
an hat auch die Niedrigzinspolitik der
EZB, die aufgrund der günstigen Finan-
zierungskonditionen finanzielle Spiel-
räume von unprofitablen Unternehmen
erhöht und damit Insolvenzen verhin-
dern kann. Auch die Neugründung grö-
ßerer Betriebe war im Jahr 2017 leicht
rückläufig.
Preisentwicklung
Zu Jahresanfang 2018 blieb der Anstieg
der Verbraucherpreise etwas hinter den
Zuwachsraten des 2. Halbjahres 2017 zu-
rück. Hierbei sind allerdings Basiseffekte
infolge der starken Zunahme der Ener-
giepreise zu Jahresbeginn 2017 zu be-
rücksichtigen. Insgesamt hat der Preis-
auftrieb im Jahr 2017 vor allem durch
den Anstieg der Energiepreise deutlich
zugenommen. Zuletzt schwächte sich
der Einfluss der höheren Ölpreise auf-
grund der Aufwertung des Euros ab. Im
Einklang mit der anziehenden Konjunk-
tur erhöhte sich im Jahresverlauf 2017
die Kerninflation (Teuerung ohne Nah-
rungsmittel und Energiepreise). Dieser
Aufwärtstrend setzte sich auch zu Be-
ginn des 1. Quartals 2018 fort. Für das
Gesamtjahr 2018 gehen wir von einem
erneuten Anstieg der Inflation in Höhe
von 1,8 % aus. Infolge der Hochkonjunk-
tur dürfte dieser stärker als bisher von
einer anziehenden Kerninflation getra-
gen werden. Hierauf deutet u. a. der An-
stieg der ifo-Preiserwartungen hin. Die
Preise für Energie dürften sich entspre-
chend der Notierungen an den Termin-
märkten nur wenig ändern.
Arbeitsmarkt
Die Entwicklung am deutschen Arbeits-
markt blieb im Jahr 2017 aufwärts-
gerichtet. Mit einem Zuwachs von ca.
650.000 Erwerbstätigen beschleunigte
sich der Beschäftigungsaufbau zum Jah-
resende 2017 auf gut 44,5 Mil. Erwerbs-
tätige und erreichte damit einen neuen
Höchststand. Noch dynamischer verlief
die Entwicklung bei den sozialversiche-
rungspflichtig Beschäftigten, die um
etwa 740.000 zulegten. Erste Fortschrit-
te sind auch bei der Integration von
Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zu ver-
zeichnen. Etwa 10% des Zuwachses der
sozialversicherungspflichtig Beschäftig-
ten entfallen auf diesen Personenkreis.
Die Zahl der Arbeitslosen war im vergan-
genen Jahr ebenfalls rückläufig.
Vor dem Hintergrund der anhaltend
hohen Konjunkturdynamik bleiben die
Aussichten für den deutschen Arbeits-
markt günstig. Die Arbeitsnachfrage der
Unternehmen liegt laut ifo-Beschäfti-
gungsbarometer weiterhin auf einem
sehr hohen Niveau. Trotz der arbeits-
marktorientierten Zuwanderung dürf-
ten sich hier zunehmend wachsende
Knappheiten am Arbeitsmarkt bemerk-
bar machen, so dass sich der Beschäftig-
tenaufbau verlangsamen wird. Die Zahl
der Arbeitslosen war im vergangenen
Jahr ebenfalls rückläufig.
Wirtschaftliche Lage der privaten Haushalte
Die wirtschaftliche Lage der privaten
Haushalte bleibt auch weiterhin äußert
positiv. Der Zuwachs der verfügbaren
Einkommen lag 2017 mit 3,9 % deut-
lich über dem Niveau des Vorjahres.
Hierzu haben neben dem anhaltenden
Beschäftigungsaufbau ein kräftiger
Anstieg der Nettolöhne und der mo-
netären Sozialleistungen beigetragen.
Günstig entwickelten sich zudem die
Vermögenseinkommen. In realer Be-
trachtung fielen die verfügbaren Ein-
kommen aufgrund der wieder höheren
Inflation aber mit 2,1 % (2016: 2,4 %)
etwas geringer aus. Dennoch blieb die
zuletzt verhaltene Entwicklung des
privaten Konsums etwas hinter den
Erwartungen zurück. Ein dämpfender
Effekt ging dabei u. a. von dem leichten
Anstieg der Sparquote aus.
Entwicklung der Verbraucherpreise*
Institution 2014 2015 2016 201710/
201711/
201712/
201701/
201802/
201803/
2018
Verbraucher- preisindex
+0,9 +0,3 +0,5 +1,8 +1,6 +1,8 +1,7 +1,6 +1,4 +1,6
Kerninflation1 +1,4 +1,2 +1,2 +1,4 +1,2 +1,5 +1,5 +1,5 +1,6 +1,6
* Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vorjahresmonat in %1 Verbraucherpreisindex ohne Nahrungsmittel und Energie
Quelle: Statistisches Bundesamt
Konjunktur und Märkte 201810
Trotz der vorübergehenden Konsum-
schwäche gehen wir aufgrund der wei-
terhin günstigen Rahmenbedingungen
davon aus, dass der private Verbrauch
auch 2018 eine wichtige Stütze des
Wachstums bleibt. Hierauf deuten
etwa das weiterhin hohe Niveau des
GfK-Konsumklimaindex zu Jahresan-
fang hin. Auch die verfügbaren Einkom-
men werden weiter spürbar ansteigen.
Deutlich nachgegeben hat in den letz-
ten Monaten aber der ifo-Geschäfts-
klimaindex für den Einzelhandel. Auch
die Umsätze im Einzelhandel gingen zu
Jahresanfang zurück. Daher erwarten
wir eine insgesamt geringere Wachs-
tumsdynamik des Konsums im laufen-
den Jahr.
Geldvermögensbildung der privaten Haushalte
Die Sparquote der privaten Haushal-
te ist im vergangenen Jahr leicht auf
9,9 % angestiegen. Ein Grund hierfür
ist nach unserer Einschätzung der kräf-
tige Zuwachs der Unternehmens- und
Vermögenseinkommen im Jahr 2017.
Diese Einkünfte fallen in überdurch-
schnittlichem Maße einkommensstar-
ken Haushalten zu, die typischerweise
eine besonders hohe Sparquote auf-
weisen. Insgesamt sind infolge des
Niedrigzinsumfelds jedoch weiterhin
keine größeren Veränderungen bei der
Ersparnisbildung der privaten Haus-
halte festzustellen. Trotz des weiterhin
niedrigen Sparklimas rechnen wir auch
für das laufende Jahr mit einer Sparquo-
te von etwa 10 %. Perspektivisch neue
Impulse könnte die Ersparnisbildung
durch die sich langsam abzeichnenden
Zinswende bekommen. Dem stehen
allerdings die dämpfenden Effekte der
Alterung der Gesellschaft entgegen.
Die höhere Sparquote spielgelt sich
auch in der Geldvermögensrechnung
wider. So fiel die Geldvermögensbil-
dung im Jahr 2017 mit 210 Mrd. € ge-
genüber dem Vorjahreszeitraum um
5 % höher aus. Das Geldvermögen der
privaten Haushalte betrug zum Ende
des Vorjahres 5.857 Mrd. €. Im Vergleich
zum Vorjahreszeitpunkt ist das Geldver-
mögen damit um 280 Mrd. € angestie-
gen. Die privaten Haushalte profitierten
dabei zusätzlich von Bewertungsgewin-
nen, vor allem bei Aktien und Invest-
mentfonds.
In der Struktur der Geldvermögensbil-
dung haben im Jahr 2017 Ansprüche
gegenüber Lebensversicherungen wie-
der an Bedeutung gewonnen, nachdem
diese aufgrund der hohen Auszahlun-
gen 2016 etwas geringer ausgefallen ist.
Im Jahresvergleich übertrafen die Mit-
telzuflüsse die Vermögensbildung im
Vorjahreszeitraum um knapp 6 Mrd. €.
Konsumverhalten und Konsum-/Sparklima
2014 2015 2016 201711/
201712/
201701/
201802/
201803/
2018
Einzelhandels- umsatz1 +1,5 +3,8 +2,9 +4,2 +1,9 -0,7 -0,5 -0,5 -
Pkw-Neuzulas- sungen (Anzahl)2 +2,9 +5,6 +4,5 +2,7 +9,4 -1,0 +11,6 +7,4 -3,4
Gfk-Konsum- klima3 8,7 9,3 9,7 10,7 10,7 10,7 10,8 11,0 10,8
GfK-Sparklima4 98,8 98,7 98,8 99,0 99,1 99,0 99,2 99,4 99,1
1 ohne Kfz-Handel, nominale Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vormonat (saison- und kalen-derbereinigt) in %
2 Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vormonat in %3 Stand am Jahres- bzw. Monatsende; je deutlicher die Zahl im positiven Bereich ist, desto optimisti-
scher sind die Verbraucher4 Stand am Jahres- bzw. Monatsendekursiv: vorläufiger Wert
Quelle: Statistisches Bundesamt, Kraftfahrt-Bundesamt, GfK
Verfügbares Einkommen und Sparquote
2015 2016 2017Q IV 2016
Q I 2017
Q II 2017
Q III 2017
Q IV 2017
Verfügbares Einkommen1 +2,6 +2,9 +3,9 +3,0 +4,5 +3,7 +4,2 +3,2
Sparquote2 9,7 9,7 9,9 9,9 9,7 9,7 9,9 10,2
1 nominale Veränderung gegenüber Vorjahr bzw. Vorjahresquartal in %2 Ersparnis in % des verfügbaren Einkommens; Quartalswerte saison- und kalenderbereinigt
Quelle: Statistisches Bundesamt
Konjunktur und Märkte 2018 11
0,5
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
-0,5
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
0
2.000
4.000
6.000
8.000
10.000
12.000
14.000
01/12 01/13 01/14 01/15 01/16 01/17 01/18
DAX Kapitalmarktzinsen Einlagenzins Tagesgeldzins
Der Anteil der Lebensversicherung an
der Geldvermögensbildung liegt dabei
bei etwa 15 %. Insgesamt bleibt für das
Anlageverhalten aber weiterhin das
Niedrigzinsumfeld prägend. Neben
Versicherungen begünstigt dies seit
längerem auch die hohe Präferenz der
privaten Haushalte für liquide Bank-
einlagen sowie Bargeld. Auch das seit
einiger Zeit zu beobachtende stärkere
Kapitalmarktengagement der privaten
Haushalte hielt an. Im Jahr 2017 pro-
fitierten hiervon insbesondere Invest-
mentfonds. Erneut angestiegen ist zu-
dem die Kreditaufnahme (vornehmlich
für Wohnungsbaukredite) der privaten
Haushalte. Mit 17 Mrd. Euro erreichte
diese im 3. Quartal einen Höchststand.
Die Geldvermögensbildung der priva-
ten Haushalte dürfte auch im laufen-
den Jahr auf hohem Niveau verbleiben.
Größere strukturelle Veränderungen
als Reaktion auf die inzwischen vielfach
real negative Ver zinsung der liquiden
Bankeinlagen sind bisher ausgeblie-
ben und auch 2018 nicht zu erwarten.
Die Kurseinbrüche an den Aktienmärk-
ten zu Beginn des Jahres und die damit
verbundenen höhere Volatilität dürf-
ten zwar keine Trendwende für das
Kapitalmarktengagement markieren.
Zumindest zeitweise könnte dies aber
geringere Mittelzuflüsse der privaten
Haushalte in Kapitalmarktprodukte
nach sich ziehen. Denkbar ist zudem,
dass perspektivisch durch den allmäh-
lichen Anstieg der langfristigen Zinsen
kapitalbildende Versicherungsproduk-
te an Zuspruch gewinnen. Angesichts
der (noch) günstigen Finanzierungs-
konditionen dürfte auch die Nachfra-
ge nach Immobilien weiterhin hoch
bleiben.
1 DAX-30 (Monatsschlusswerte)2 Umlaufrendite von Anleihen der öffentlichen Hand mit Restlaufzeit über 9 bis einschließlich
10 Jahre3 Effektivzinssatz für Einlagen privater Haushalte mit vereinbarter Laufzeit bis 1 Jahr (Neugeschäft)4 Effektivzinssatz für Einlagen privater Haushalte, täglich fällig (Neugeschäft)
Quelle: Deutsche Bundesbank, Deutsche Börse AG
Kapitalmarktzins, Einlagenzins und Aktienkurse
14.000
12.000
10.000
8.000
6.000
4.000
2.000
0
01/12 01/13 01/14 01/15 01/16 01/1801/17
4,0
3,5
2,5
2,0
1,0
1,5
0,0
0,5
-0,5
3,0
Quelle: Deutsche Bundesbank
Geldvermögensbildung der privaten Haushalte in ausgewählten Anlageformen
50
40
30
20
10
0
-10
Mrd. €
Banken Investment- fonds
Versicherungen Aktien
Q IV 2016
Q I 2017
Q III 2017
Q IV 2017
Q II 2017
Tagesgeldzins4 (rechts)
Kapitalmarktzinsen2 (rechts)Einlagenzins3 (rechts)
Dax1 (links)
Rentenwerte
Konjunktur und Märkte 201812
Geschäftsklima in der Versicherungswirtschaft
Versicherungswirtschaft insgesamt
Das Geschäftsklima in der deutschen
Versicherungswirtschaft hat sich ge-
messen am Ifo-Index im Winter 2017
deutlich verbessert (+19,5 nach +12,0 im
Herbst). Es nähert sich nach einer leich-
ten Eintrübung im Vorquartal nun wie-
der dem hohen Wert des Geschäftskli-
mas in der gewerblichen Wirtschaft an.
Die aktuelle Geschäftslage wird deut-
lich besser eingeschätzt als im Herbst
2017 (+19,7 nach +10,1). Auch die Er-
wartungshaltung hat sich weiter ver-
bessert (+19,2 nach +14,0). Der seit
einigen Quartalen zu beobachtende
positive Trend bei den Geschäftserwar-
tungen wurde damit fortgeschrieben.
Hinter dieser Entwicklung steht eine
vergleichsweise optimistische Bewer-
tungen in den Sparten: In der Lebens-
versicherung hat sich die Stimmung im
Vergleich zum Herbst deutlich verbes-
sert. In der Privaten Krankenversiche-
rung und in der Schaden- und Unfall-
versicherung wurde die Geschäftslage
zudem weiterhin positiv eingeschätzt.
Die Erwartungen in der Schaden- und
Unfallversicherung haben sich jedoch
auf sehr hohem Niveau leicht abge-
schwächt. Insgesamt liegen die drei
Sparten im Hinblick auf den Geschäfts-
klimawert im vierten Quartal 2017 in
etwa gleich auf.
Im Allgemeinen wird das Stimmungs-
bild, welches die Umfrageergebnisse
des ifo Instituts zeichnen, durch zum
Teil gegenläufige Einflüsse geprägt:
Während das kaum veränderte Niedrig-
zinsumfeld und die hohe Regulierungs-
intensität die Geschäftstätigkeit der
Versicherer weiter belasten, bieten sich
durch den kräftigem wirtschaftlichen
Aufschwung, die fortschreitende Digi-
talisierung und die Erschließung neuer
Geschäftsfelder Chancen für das Versi-
cherungsgeschäft.
Lebensversicherung
Wie im Gesamtindex hat sich auch in
der Lebensversicherung eine spürba-
re Verbesserung des Geschäftsklimas
gezeigt (+19,5 nach +5,4). Die aktuel-
le Geschäftslage wird zunehmend in
einem positiven Licht gesehen (+10,9
nach -1,0), wenngleich weiterhin die
Hälfe der Unternehmen (51 % nach
68 %) die Geschäftslage lediglich als zu-
friedenstellend und 14 % (18 %) als eher
eingetrübt beurteilt. Aber auch die Ge-
schäftserwartungen fallen deutlich op-
timistischer aus (+24,8 nach +10,1). Nun
gehen 42 % der Unternehmen (zuvor
31 %) von einer Verbesserung der Lage
aus, 40 % (22 %) sehen eine gleichblei-
bende Entwicklung und nur noch 18 %
(47 %) antizipieren einen Rückgang.
Bei Betrachtung der Produktsegmente
war das Geschäftsklima in der fonds-
gebundenen Lebensversicherung am
freundlichsten (+44,7). Dagegen blieb
die Stimmung in den klassischen Ren-
ten- und Kapitallebensversicherungen
unverändert deutlich negativ (-26,0
bzw. -48,2). Generell verdeutlicht die
verhaltene Erwartung für das klassische
Lebensversicherungsgeschäft, wie hoch
die Herausforderungen der Lebensver-
sicherer in diesem Geschäftsbereich im
gegenwärtigen Niedrigzinsumfeld sind.
Entwicklung des Geschäftsklimas in der Versicherungs-wirtschaft und in der gewerblichen Wirtschaft1
-10
-5
0
5
10
15
20
25
1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4
25
20
15
10
5
0
-5
1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4 1 2 3 4
2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017
1 Verarbeitendes Gewerbe, Bauhauptgewerbe, Groß- und Einzelhandel
Quelle: ifo Institut, eigene Berechnungen
GeschäftslageGeschäftsklima Gewerbliche Wirtschaft
GeschäftsklimaGeschäftserwartungen
Konjunktur und Märkte 2018 13
Private Kranken-versicherung (PKV)
In der Privaten Krankenversicherung
blieb das Geschäftsklima weiter auf ho-
hem Niveau (+19,4 nach +16,5). Die Ein-
schätzung der aktuellen Geschäftslage
hat weiter zugenommen (+21,6 nach
+12,6). Ausschlaggebend dafür ist die
bessere Lage im Vollversicherungsge-
schäft (+4,1 nach -23,7). Die Geschäfts-
erwartungen für das Jahr bleiben stabil
auf hohem Niveau (+71,5 nach +73,0).
Eine deutliche Mehrheit von 75 % (zu-
vor 68 %) der Unternehmen antizipiert
einen Zuwachs im Geschäft, der sowohl
für das Voll- als auch das Zusatzversi-
cherungsgeschäft gilt, während 25 %
(32 %) Stabilität bzw. Stagnation erwar-
ten.
Im Hinblick auf das Bruttoneugeschäft
zeigen die befragten Unternehmen im
Vergleich zum Vorquartal eine zuneh-
mend differenziertere Einschätzung:
Für das Bruttoneugeschäft in der Voll-
versicherung gehen nun 40 % (32 %)
von einem Wachstum im Jahr 2018
aus. Eine stabile Entwicklung erwarten
41 % (59 %), während 19 % (9 %) einen
Rückgang für möglich halten. In der
Zusatzversicherung zeigen sich 49 %
(49 %) optimistisch. Stabilität bzw. eine
Abnahme gegenüber 2017 halten hier
42 % (50 %) bzw. 9 % (1 %) der Unterneh-
men für wahrscheinlicher.
Schaden- und Unfall-versicherung
In der Schaden- und Unfallversicherung
ist das Geschäftsklima zwar sehr leicht
zurückgegangen, es verbleibt jedoch
wie in den vergangenen Quartalen auf
einem sehr hohen Niveau (+18,4 nach
+20,1). Die Einschätzung der aktuellen
Geschäftslage hat sich sogar noch wei-
ter verbessert (+28,9 nach +25,2).
Bei den Beitragseinnahmen geht,
ähnlich wie im Vorquartal, eine brei-
te Mehrheit des Marktes (70 %, zuvor
68 %) von einer günstigen Entwicklung
für das Jahr 2018 aus. Nur 26 % (29 %)
gehen von einem gleichbleibenden Er-
gebnis und 4 % (3 %) von einer Abnah-
me aus. Generell ist die Erwartungshal-
tung in allen Zweigen der Schaden- und
Unfallversicherung mehrheitlich auf
Wachstum gerichtet.
Die meisten Unternehmen in der Pri-
vaten Sachversicherung erwarten
steigende Beitragseinnahmen im Jahr
2018 (68%, zuvor 68%), dicht gefolgt
von der Kraftfahrtversicherung (64%,
zuvor 62%). In der Unfallversicherung
(58%, zuvor 57%) wie auch in der Haft-
pflichtversicherung (62 %, zuvor 54 %)
geht eine Mehrheit von einem Plus
aus. Gleiches gilt für die Nicht-Private
Sachversicherung (61 %, zuvor 53 %). In
der Rechtsschutzversicherung erwartet
eine knappe Hälfte (48 %, zuvor 53 %)
ein Wachstum.
Ein erwartetes Wachstum im Neuge-
schäft (Klimawert: +38,9 nach +21,0)
wirkt sich zusätzlich positiv auf die
Stimmung in der Schaden- und Unfall-
versicherung aus. Insbesondere für das
Neugeschäft in der Kfz-Versicherung
(+46,6 nach +26,7) und der Nicht-Priva-
ten Sachversicherung (+40,7 nach +12,6)
hält die Mehrheit der befragten Unter-
nehmen ein entsprechendes Wachstum
für wahrscheinlich. Zudem erwartet die
Mehrheit der befragten Unternehmen
für die Kfz-Versicherung im Neuge-
schäft und im Bestand in den nächsten
12 Monaten Tarifanpassungen.
Methodische Hinweise zum ifo Konjunkturtest Versicherungswirtschaft
Das ifo Institut für Wirtschaftsfor-
schung München ermittelt im Auftrag
des GDV quartalsweise Geschäftslage,
Geschäftserwartungen und Geschäfts-
klima in der deutschen Versicherungs-
wirtschaft. So werden die Unterneh-
men gefragt, ob sie ihre gegenwärtige
Geschäftslage als „günstig“, „befrie-
digend“ oder „ungünstig“ beurtei-
len. Gleichzeitig sollen die Unterneh-
men ihre Geschäftsaussichten für
die nächsten sechs Monate als „eher
günstig“, „etwa gleichbleibend“ oder
„eher ungünstiger“ kennzeichnen. Das
Geschäftsklima ist ein geometrischer
Mittelwert aus der Beurteilung der
aktuellen Geschäftslage und den Ge-
schäftserwartungen für die nächsten
sechs Monate. Ausgewiesen wird der
saisonbereinigte Saldo aus den Antei-
len der positiven und negativen Mel-
dungen (so auch in der hier verwen-
deten Abbildung). Die Meldungen der
befragten Unternehmen werden dabei
mit dem Prozentsatz gewichtet, der
dem jeweiligen Marktanteil entspricht.
An den Umfragen des ifo Instituts be-
teiligen sich rund 85 % des Marktes, so-
dass die Ergebnisse in hohem Maße als
repräsentativ gelten können.
Konjunktur und Märkte 201814
Entwicklung der Versicherungsmärkte
Lebensversicherung i. e. S.
Für die Geschäftsentwicklung der Le-
bensversicherung i. e. S. ist weiterhin
eine Vielzahl verschiedener Fakto-
ren prägend. Zum einen beeinflusst
die anhaltende Niedrigzinsphase die
Wettbewerbssituation und die Dyna-
mik der Beitragsaufkommen. Nicht
zuletzt sind tiefgreifende Struktur-
veränderungen, auch aufgrund des
demografischen Wandels, zu beob-
achten. Andererseits besteht weiter-
hin von privater und institutioneller
Seite hoher Anlagebedarf, sodass
die vorhandene Liquidität die Nach-
frage nach Lebensversicherungspro-
dukten stützt. Zudem ergeben sich
positive Impulse durch das Geschäft
der neuen fondsgebundenen Lebens-
versicherungsprodukte. So lässt sich
insgesamt eine leichte Aufhellung be-
obachten: Nachdem die Beitragsein-
nahmen in den Jahren 2015 und 2016
noch deutlich abgenommen hatten,
konnte in 2017 eine vergleichsweise
stabile Beitragsentwicklung verzeich-
net werden. Die Sparneigung der pri-
vaten Haushalte, die gemessen an den
gestiegenen finanziellen Spielräumen
sich immer noch auf einem relativ
niedrigen Niveau befindet, könnte im
laufenden Jahr leicht steigen und da-
mit die Geschäftsentwicklung in der
Lebensversicherung stützen.
Nachdem das Einmalbeitragsgeschäft
in den Jahren 2015 und 2016 einen
deutlichen Rückgang verzeichnet hat-
te (-8,8 % in 2015 und -4,5 % in 2016),
verlief die Entwicklung im Jahr 2017
relativ stabil. Insofern scheint der Kon-
solidierungsprozess nach den sprung-
Geschäftsentwicklung in der Lebensversicherung i. e. S.
2015 2016 2017
Mrd. Euro
Veränd. in %
Mrd. Euro
Veränd. in %
Mrd. Euro
Veränd. in %
Gebuchte Brutto-Beiträge 88,0 -2,5 86,7 -1,5 86,5 -0,2
Neuzugang / laufender Beitrag1 5,2 -3,0 5,4 +2,8 5,2 -4,0
Einmalbeitrag 26,2 -8,8 25,0 -4,4 25,0 -0,3
Abgang / laufender Beitrag1 5,4 -5,3 5,9 +8,1 5,4 -8,8
ausgezahlte Leistungen 82,0 -2,9 87,7 +6,9 76,8 -12,3
1 Beiträge für ein Jahr
Riester-Produkte in der Lebensversicherung i. e. S.
2015 2016 2017
Veränd. in %
Veränd. in %
Veränd. in %
Neuzugang / Anzahl Verträge in Mio.
0,37 -19,6 0,35 -7,2 0,28 -17,9
Neuzugang / Beiträge in Mrd. Euro1 1,88 +1,3 1,91 +2,0 1,83 -4,5
Bestand / Anzahl Verträge in Mio.
10,80 -0,4 10,73 -0,7 10,66 -0,6
1 laufender Beitrag für ein Jahr und Einmalbeiträge
Basisrenten in der Lebensversicherung i. e. S.
2015 2016 2017
Veränd. in %
Veränd. in %
Veränd. in %
Neuzugang / Anzahl Verträge in Mio.
0,10 -12,0 0,10 -2,7 0,08 -15,0
Neuzugang / Beiträge in Mrd. Euro1 0,98 +6,7 0,99 +0,6 0,99 -0,1
Bestand / Anzahl Verträge in Mio.
1,97 +4,9 2,06 +4,2 2,12 +2,9
1 laufender Beitrag für ein Jahr und Einmalbeiträge
Konjunktur und Märkte 2018 15
haften Zuwächsen der Jahre 2013 und
2014 abgeschlossen. Die Einmalbeiträ-
ge gaben im vergangenen Jahr nur um
0,3 % nach und beliefen sich somit auf
rund 25,0 Mrd. Euro. Bedingt durch die
Absenkung des Höchstrechnungszin-
ses (von 1,25 % auf 0,9 %) zu Beginn des
Jahres 2017 kam es hingegen zu einer
Dämpfung des Neugeschäfts zu lau-
fenden Beiträgen. Dieses nahm im Jahr
2017 um 4,0 % ab, nachdem es 2016
noch um 2,8 % zugelegt hatte.
Außerdem machten sich die Verände-
rungen im Produktportfolio der Lebens-
versicherung i. e. S. weiterhin im Neuge-
schäft bemerkbar. Im lang gestreckten
Niedrigzinsumfeld haben Mischfor-
men mit Garantien und fondsgebunde-
ne Lösungen stetig an Attraktivität ge-
wonnen. Ihr Anteil lag 2017 gemessen
an der Vertragszahl bei 30,6 % und bei
39,6 % gemessen an den Einmalbeiträ-
gen. Entsprechend ist eine rückläufi-
ge Nachfrage nach klassischen Kapi-
tallebens- und Rentenversicherungen
(sowohl bei Einmalbeiträgen als auch
laufenden Beiträgen) zu verzeichnen.
Trotzdem bleibt das Gewicht groß, das
klassischen Produkten im Neugeschäft
zukommt. Gemessen an der Anzahl der
Verträge hatten diese 2017 einen An-
teil von 20,1 %. Gemessen an den lau-
fenden Beiträgen betrug der Anteil der
klassischen Produkte am Neugeschäft
2017 35,7 %. Allgemein zeigt sich ein
Trend hin zur Absicherung biometri-
scher Risiken.
Für das laufende Jahr dürfte es hinsicht-
lich des Neugeschäfts in der Lebensver-
sicherung i. e. S. zu einer erneut rück-
läufigen, gleichwohl aber moderateren
Entwicklung als im Jahr 2017 kommen.
Die Wettbewerbssituation wird an-
gesichts der im historischen Vergleich
weiterhin sehr niedrigen Zinsen an-
gespannt bleiben. Politische Impulse
für die Beitragsentwicklung könnten
weiterhin aus Initiativen zur Förderung
der Altersvorsorge in Deutschland kom-
men. Die Umfrageergebnisse des Ifo
Konjunkturtests deuten zudem darauf
hin, dass der positive Trend bei den
fondsgebundenen Lebensversicherun-
gen auch im kommenden Jahr weiter
anhält.
Der Abgang zu laufenden Beiträgen
hatte sich im Jahr 2017 deutlich verrin-
gert (-8,8 %), nachdem dieser in 2016
noch einen starken Anstieg (+8,1 %)
verzeichnet hatte. Die relativ starke
Schwankung der Abgangszahlen im
Vorjahresvergleich lässt sich vor allem
durch einen Sondereffekt erklären: Die
Abläufe aus dem überdurchschnittlich
hohen Neugeschäft im Jahr 2004 –
Hintergrund war das im Jahr 2005 in
Kraft getretene Alterseinkünftegesetz –
führten zu gesteigerten Abgangszahlen
in 2016. Im Hinblick auf die wirtschaft-
liche Lage der Privathaushalte und dem
Mangel an renditeträchtigen Alterna-
tiven in der Geldanlage ist in 2018 ein
stabiler Abgang wahrscheinlich.
Nachdem die ausgezahlten Leistungen
im Jahr 2016 noch ein Rekordniveau
(87,7 Mrd. Euro) erreicht hatten, sanken
diese in 2017 um 12,3 % auf 76,8 Mrd.
Euro (2016: +6,9 %). Die Schwankungen
sind zum Teil auf den gleichen Sonder-
effekt wie bei den Abgangszahlen zu-
rückzuführen: Abläufe von Verträgen
aus dem Neugeschäft des Jahres 2004
mit überwiegend 12-jähriger Vertrags-
Struktur des Neuzugangs in der kapitalbildenden Lebensversicherung i. e. S.
2015 2016 2017
VerträgeAnzahl in Mio.
Veränd. in %
Anzahl in Mio.
Veränd. in %
Anzahl in Mio.
Veränd. in %
Kapital-Lebensversicherung1,2 0,607 -8,5 0,609 +0,4 0,514 -15,6
Rentenversicherung insgesamt1,2 2,103 -11,1 2,044 -2,8 1,980 -3,2
Rentenversicherung, insbes. Mischformen mit Garantien1 • • • • 1,234 x
1 Einzel- und Kollektivversicherungen2 einschließlich Fondsgebundener Rentenversicherungen
Konjunktur und Märkte 201816
laufzeit machten sich sowohl bei den
Beiträgen als auch bei der Anzahl der
Verträge und den ausgezahlten Leistun-
gen bemerkbar.
Im Ergebnis verlief das Geschäft zu lau-
fenden Beiträgen im Jahr 2017 mit ei-
nem Rückgang im Beitragsaufkommen
von 0,2 % weiterhin stabil (2016: -0,2 %).
Zusammen mit den Einmalbeiträgen
ergibt sich daraus für die Lebensversi-
cherung i. e. S. im Jahr 2017 ein Rück-
gang von 0,2 % (2016: -1,5 %).
Insgesamt kann in der Lebensversiche-
rung i. e. S. für 2018 nach einer dreijähri-
gen Phase von Beitragsrückgängen nun
wieder mit einem leichten Beitragsplus
gerechnet werden. Weiterhin wird die
Geschäftsentwicklung von gegenläufi-
gen Einflussfaktoren geprägt sein: So
könnten die gute wirtschaftliche Lage
der privaten Haushalte und der hohe
Anlagebedarf die Nachfrage nach Le-
bensversicherungen begünstigen. Im
Gegensatz dazu dürften die demografi-
sche Entwicklung und das Niedrigzins-
umfeld die Geschäftsentwicklung in
der Lebensversicherung dämpfen.
Pensionskassen und Pensionsfonds
Eine Gesamtbetrachtung der privaten
Altersvorsorgemärkte im Bereich der
deutschen Versicherungswirtschaft
umfasst auch die der Lebensversiche-
rung zuzurechnenden Pensionskassen
und Pensionsfonds. Aufgrund des hier
oftmals volatilen Geschäftsverlaufs
kann sich die Entwicklung in diesem
Bereich auch auf Hauptspartenebene
niederschlagen.1
Nachdem sich 2015 die Beitragsein-
nahmen der Pensionsfonds mehr als
verdreifachten (+238,5 %) und 2016 um
rund ein Viertel nachgaben (-25,5 %)
haben sich die Beitragseinnahmen im
Jahr 2017 vergleichsweise stabil ent-
wickelt (+10,8 %). Das Beitragsaufkom-
men der Pensionskassen nahm 2017
leicht ab (-3,7 %), bleibt aber langfristig
relativ stabil, sodass auch für das Jahr
2017 im Hinblick auf die Pensionskas-
sen und Pensionsfonds kaum von einer
spürbaren Sonderentwicklungen aus-
gegangen werden kann.
Geschäftsentwicklung bei Pensionskassen*
2015 2016 2017
Mio. Euro
Veränd. in %
Mio. Euro
Veränd. in %
Mio. Euro
Veränd. in %
Gebuchte Brutto-Beiträge 2.819 -0,3 2.724 -3,3 2.623 -3,7
Neuzugang / laufender Beitrag1 94,2 -18,1 87,9 -6,6 71,8 -18,3
Einmalbeiträge 207,0 +24,5 163,3 -21,1 156,1 -4,4
* Angaben für Mitglieder im GDV1 Beiträge für ein Jahr
Geschäftsentwicklung bei Pensionsfonds*
2015 2016 2017
Mio. Euro
Veränd. in %
Mio. Euro
Veränd. in %
Mio. Euro
Veränd. in %
Gebuchte Brutto-Beiträge 1.836 +238,5 1.368 -25,5 1.516 +10,8
Neuzugang / laufender Beitrag1 10,5 +12,3 13,6 +30,1 13,2 -2,9
Einmalbeiträge 1.697 +321,9 1.220 -28,1 1.354 +11,0
* Angaben für Mitglieder im GDV1 Beiträge für ein Jahr
1 Die Geschäftsentwicklung der Pensionsfonds wird sehr stark von einzelnen Transaktionen im Bereich der Auslagerung einer internen betrieblichen Altersver-sorgung geprägt. Je nachdem, ob derartige Transaktionen in einem Geschäftsjahr anfallen oder nicht, können sich relativ hohe Veränderungsraten des Beitrags-aufkommens ergeben. Pensionskassen und Pensionsfonds machten 2017 weniger als 5 % des Beitragsvolumens der Lebensversicherung insgesamt aus.
Konjunktur und Märkte 2018 17
Lebensversiche-rung insgesamt
Die Beitragseinnahmen der Lebensver-
sicherung insgesamt (einschließlich
Pensionskassen und Pensionsfonds)
haben sich 2017 stabil entwickelt und
gaben mit einem Minus von 0,1 % nur
sehr gering auf 90,7 Mrd. Euro nach
(2016: -2,0 %). Bedingt durch die Bei-
tragssteigerung bei den Pensionsfonds
ergab sich ein geringfügig besseres
Geschäftsergebnis als für die Lebens-
versicherung i. e. S. (-0,1 %). Für 2018
wird in der Lebensversicherung insge-
samt eine ähnliche Entwicklung wie in
der Lebensversicherung i. e. S. erwartet.
Allerdings bestehen hier aufgrund der
zunehmenden Volatilität im Einmalbei-
tragsgeschäft erhöhte Prognoseunsi-
cherheiten.
Private Kranken-versicherung
In der Privaten Krankenversicherung
(PKV) spielt die Entwicklung der po-
litischen Rahmenbedingungen eine
stärkere Rolle als in der Lebensversiche-
rung. Das liegt daran, dass bereits eine
Intensivierung der politischen Debat-
te über Reformen an der Schnittstelle
zwischen der PKV und der Gesetzlichen
Krankenversicherung (GKV) zu einer
Verunsicherung der potenziellen Neu-
kunden und damit zu einer Verschlech-
terung der Wettbewerbsbedingungen
führen kann. Ein weiterer Einflussfak-
tor, der auch in der PKV aktuell von
besonderer Bedeutung ist, ist die an-
haltende Niedrigzinsphase. Angesichts
des Zinsrückgangs in den letzten Jah-
ren mussten die Privaten Krankenversi-
cherer zunehmend ihre Rechnungszin-
sen anpassen. Zudem konnten durch
die Kosten- und Leistungssteigerungen
im Gesundheitswesen aufgrund der
steigenden Lebenserwartung und des
medizinischen Fortschritts Beitragsan-
passungen beobachtet werden.
Prägend war im Jahr 2017 erneut die
gute wirtschaftliche Lage der privaten
Haushalte. Diese wirkt sich grundsätz-
lich positiv auf die Versicherungsnach-
frage aus. Von der günstigen Lage auf
dem Arbeitsmarkt ging jedoch auch
eine dämpfende Wirkung auf den Be-
stand in der Vollversicherung aus. Der
Grund hierfür war die sich verändernde
Struktur der Erwerbstätigen (Verschie-
bung von Selbstständigen zu Ange-
stellten), die eine steigende Zahl von
Pflichtversicherten in der Gesetzlichen
Krankenversicherung zur Folge hatte.
Zudem wächst bereits seit mehreren
Jahren die Versicherungspflichtgrenze
überproportional zum Durchschnitt-
seinkommen, so dass der Anteil der An-
gestellten mit Wahlfreiheit zwischen
Privater und Gesetzlicher Krankenversi-
cherung stetig sinkt.
Ein wesentlicher Wachstumstreiber
war dabei der positive Trend in der Zu-
satzversicherung. Hier kam es in 2017
zu einer leichten Steigerung des Be-
stands um 2,4 % auf 25,7 Mio. Verträge
(2016: +1,3 %), währenddessen sich der
Bestand in der Vollversicherung stabil
entwickelte und weiterhin rund 8,8
Mio. Verträge umfasst.
Insgesamt stieg das Beitragsaufkom-
men in der PKV im Jahr 2017 um 4,3 %
auf 38,8 Mrd. Euro an (2016: +1,2 %).
Mit dem zum 1. Januar 2017 in Kraft ge-
Geschäftsentwicklung in der Privaten Kranken- versicherung
2015 2016 20171
Veränd. in %
Veränd. in %
Veränd. in %
Gebuchte Brutto-Beiträge in Mrd. Euro2 36,8 +1,4 37,3 +1,2 38,8 +4,3
Ausgezahlte Versicherungs- leistungen in Mrd. Euro2 25,9 +4,5 26,6 +2,6 27,0 +1,6
Vollversicherte in Mio.3 8,787 -0,5 8,772 -0,2 - -0,2
Nettoneuzugang anVollversicherten in Mio.
-47.100 X -14.600 X - X
Zusatzversicherungen in Mio.3,4 24,770 +1,8 25,084 +1,3 25,68 +2,4
1 vorläufige Ergebnisse2 Krankenversicherung und Pflegeversicherung3 Stand am Jahresende4 Doppelzählungen enthalten
Quelle: PKV-Verband
Konjunktur und Märkte 201818
tretenen Zweiten Pflegestärkungsge-
setz (PSG II) kam es zu grundlegenden
Veränderungen im Pflegesystem, die
sich im gleichen Jahr auf die Leistungen
und die Entwicklung der Beitragssätze
auswirkten. Darüber hinaus haben Bei-
tragsanpassungen in der Krankenvoll-
versicherung zur positiven Entwicklung
des Geschäfts beigetragen.
Bei den ausgezahlten Versicherungs-
leistungen war ein moderater Anstieg
um 1,6 % auf 27,0 Mrd. Euro zu ver-
zeichnen (2016: +2,7 %). Insgesamt hat
sich die PKV im aktuell extrem schwie-
rigen Umfeld damit weiterhin gut be-
haupten können. Im Jahr 2018 könnte
das Beitragswachstum je nach Höhe
der Beitragsanpassungen und der Ent-
wicklung des Nettoneuzugangs etwas
niedriger ausfallen als im Vorjahr. Da-
neben wurden den Alterungsrückstel-
lungen etwa 13 Mrd. Euro zugeführt,
die sich damit auf ca. 245,9 Mrd. Euro
belaufen.
Schaden- und Unfall-versicherung
Auch im Jahr 2017 konnte die Ge-
schäftsentwicklung von einem sehr
guten konjunkturellen Umfeld profi-
tieren. So hat sich das Mengengerüst
insgesamt (Anzahl der Verträge bzw.
Risiken im Bestand) ähnlich wie in den
vergangenen Jahren entwickelt und
ist um rund 1 % gestiegen. Charakte-
ristisch für viele Bereiche der Scha-
den- und Unfallversicherung ist ein in-
tensiver Preiswettbewerb, der oftmals
mit einem zyk lischen Geschäftsverlauf
einhergeht. Derartige Zyklen sind bei-
spielsweise für den Geschäftsverlauf
der Kraftfahrtversicherung typisch, die
mit einem Anteil von rund 39 % am
gesamten Beitragsaufkommen der
Schaden- und Unfallversicherung den
größten Bereich der Versicherungsspar-
te darstellt. Dies liegt zum einen daran,
dass die Schaden- und Unfallversiche-
rung bereits über eine hohe Marktab-
deckung verfügt. Zum anderen zeigt
sich darin die robuste Nachfragebasis.
Diese spiegelt die hohe funktionale
Bedeutung wider, welche die Schaden-
und Unfallversicherer bei der Absiche-
rung der unterschiedlichsten Risiken
für Gesellschaft und Wirtschaft über-
nehmen.
Den vorläufigen Geschäftszahlen zu-
folge wuchs das Beitragsaufkommen
der Schaden- und Unfallversicherung
2017 um ca. 3 % auf 68,3 Mrd. Euro.
Dieser Anstieg beruht neben der güns-
tigen Konjunktur auch auf einzelnen
Beitragsanpassungen, Deckungserwei-
terungen, und steigenden Versiche-
rungssummen. Für 2018 wird weiter-
hin ein stabiles Wachstum erwartet.
Die Schadenaufwendungen stiegen
2017 etwas schwächer als die Bei-
tragseinnahmen um voraussichtlich
gut 2 % auf 50,4 Mrd. Euro. Die Scha-
den-Kosten-Quote nach Abwicklung
(Combined Ratio) verbesserte sich 2017
somit auf 94 %. Der versicherungstech-
nische Gewinn lag voraussichtlich bei
rund 4,1 Mrd. Euro.
In der Kraftfahrtversicherung stiegen
die Beitragseinnahmen im Jahr 2017
um gut 4 %. Dazu haben sowohl die
Kraftfahrzeug-Haftpflicht- (+4,0 %) als
auch die Vollkaskoversicherung (+5,0 %)
beigetragen. Derweil nahmen die Scha-
denaufwendungen u. a. wegen höhe-
rer Preise für versicherungsrelevante
Ersatzteile und einer im Vergleich zum
Vorjahr vermutlich höheren Elementar-
schadenlast um ebenfalls gut 4 % zu.
Geschäftsentwicklung in der Schaden- und Unfall- versicherung
2015 2016 20171
Veränd. in %
Veränd. in %
Veränd. in %
Gebuchte Brutto-Beiträge in Mrd. Euro
64,4 +2,72 66,3 +2,9 68,3 +3,0
Schadenaufwendungen in Mrd. Euro3 48,1 +5,94 49,3 +2,8 50,4 +2,3
Verträge / Risiken, Anzahl im Bestand in Mio. 5 304,3 +1,0 307,9 +1,2 310,8 +0,9
1 vorläufiges Ergebnis2 bereinigte Veränderungsrate aufgrund der Änderung der Grundgesamtheit3 Aufwand für Geschäftsjahres-Schäden4 bereinigte Veränderungsrate aufgrund der Änderung der Grundgesamtheit5 Kraftfahrtversicherung: versicherte Risiken, sonst: Verträge
Konjunktur und Märkte 2018 19
Die Combined Ratio verbesserte sich
auf 98 %, weil sich das Abwicklungs-
ergebnis in der Kraftfahrt-Haftpflicht-
versicherung um ca. 300 Mio. EUR sig-
nifikant erhöht hat. Im laufenden Jahr
könnte sich die Wachstumsdynamik
bei den Beiträgen im Vergleich zu 2017
ein wenig verringern.
Das Beitragswachstum der Sachversi-
cherung von insgesamt 3,2 % beruhte
2017 im Wesentlichen auf steigenden
Versicherungssummen sowie teilwei-
se auch auf Deckungserweiterungen.
Mit einem Plus von 4,5 % stiegen die
Einnahmen in der Privaten Sachver-
sicherung am stärksten (Verbundene
Wohngebäudeversicherung: +5,5 %;
Verbundene Hausratversicherung:
+2,0 %). In der Nicht-Privaten Sach-
versicherung konnte dagegen nur ein
Beitragswachstum von 1,7 % verzeich-
net werden. Dieser Zweig umfasst die
industrielle, gewerbliche und landwirt-
schaftliche Sach- sowie die Technische
Versicherung (einschließlich Betrieb-
sunterbrechung).
Während die Schadenbelastung im
privaten Segment der Sachversiche-
rung anstieg (+5,0 %), nahm sie im
nicht-privaten Geschäft um 4,4 % ab.
Die Combined Ratio in der Privaten
Sachversicherung belief sich insgesamt
auf 91 %. Nachdem die Nicht-Private
Sachversicherung sich in 2016 noch
im defizitären Bereich befand, betrug
diese in 2017 rund 98 %. Insgesamt
wies in 2017 kein Bereich der Schaden-
und Unfallversicherung einen versi-
cherungstechnischen Verlust auf. Die
höchste Combined Ratio ergab sich in
der Transport- und Luftfahrtversiche-
rung mit rund 100 %. In 2018 wird für
die Sachversicherung mit einer ähnli-
chen Beitragsentwicklung wie 2017 zu
rechnen sein.
Beitragseinnahmen in den Sparten und Zweigen der Schaden- und Unfall versicherung
2015 2016 20171
Gebuchte Brutto-Beiträge Mrd. Euro Veränd. in % Mrd. Euro Veränd. in % Mrd. Euro Veränd. in %
Kraftfahrtversicherung 25,2 +3,5 25,9 +2,7 27,0 +4,1
Private Sachversicherung 9,8 +4,6 10,3 +5,3 10,7 +4,5
Nicht-Private Sachversicherung2 8,2 +3,6 8,4 +2,7 8,6 +1,7
Allgemeine Haftpflichtversicherung 7,5 +1,1 7,7 +2,0 7,8 +1,5
Allgemeine Unfallversicherung 6,4 -1,6 6,4 +1,3 6,5 +0,5
Rechtsschutzversicherung 3,6 +3,9 3,8 +5,7 4,0 +4,0
Transport- und Luftfahrtversicherung 1,8 +1,63 1,8 +1,2 1,8 +0,0
Kredit-, Kautions-, Vertrauens- schadenversicherung
1,6 +1,04 1,7 +0,8 1,7 +2,0
1 vorläufiges Ergebnis2 industrielle, gewerbliche, landwirtschaftliche Sachversicherung sowie Technische Versicherung (inkl. Betriebsunterbrechung)3 bereinigte Veränderungsrate aufgrund der Änderung der Grundgesamtheit
Konjunktur und Märkte 201820
Versicherungswirt-schaft insgesamt
Die Beitragseinnahmen der Versiche-
rungswirtschaft entwickeln sich im
Gesamtjahr 2017 den teils noch vor-
läufigen Geschäftszahlen zufolge posi-
tiv. Sie legten um 1,8 % auf insgesamt
197,8 Mrd. Euro zu (2016: +0,2 %). Die
deutlichere Steigerung der Einnahmen
im Vergleich zum Vorjahr ergab sich aus
dem Wachstum der Schaden- und Un-
fallversicherung sowie der PKV. Zudem
entwickelte sich das Beitragsaufkom-
men in der Lebensversicherung in 2017
stabiler als in den beiden Vorjahren.
Betrachtet man nur das Geschäft zu
laufenden Beiträgen (ohne die Einmal-
beiträge in der Lebensversicherung),
so ergab sich sogar ein Plus von 2,0 %
(2016: +1,3 %). Damit hat sich die deut-
sche Versicherungswirtschaft trotz ei-
nes schwierigen Marktumfelds gut be-
haupten können.
Für das laufende Jahr wird erneut mit
einem Beitragswachstum deutlich
über der Ein-Prozent-Marke gerech-
net. Positive Impulse kommen zum ei-
nem von den neuen Produkten in der
Lebensversicherung. Zudem eröffnet
die fortschreitende Digitalisierung zu-
sätzliche Geschäftsfelder. Hier ist un-
ter anderen die Cyber-Versicherung zu
nennen. Die Erwartungshaltung der
befragten Unternehmen im Rahmen
des ifo Konjunkturtest Versicherungs-
wirtschaft ist dementsprechend hoch.
Jedoch stehen die Versicherer trotz der
bereits erzielten Erfolge weiterhin vor
der Herausforderung, ihre Geschäfts-
modelle an die sich im stetigen Wan-
del befindenden wirtschaftlichen und
gesellschaftlichen Rahmenbedingun-
gen anzupassen. Die Risikolandschaft
wird zunehmend von einer hoher Re-
gulierungsdichte, neuer politischer
Unsicherheit und Anzeichen von wirt-
schaftspolitischem Protektionismus
geprägt. Das gerade in Deutschland
extrem ausgeprägte Niedrigzinsum-
feld bleibt außerdem angesichts der
sehr zaghaften geldpolitischen Norma-
lisierung der EZB vorerst weiter erhal-
ten. Vieles spricht demnach dafür, dass
auch 2018 ein herausforderndes Jahr
für die Versicherungswirtschaft wird.
Beitragsentwicklung in der Versicherungswirtschaft
2015 2016 20171
Mrd. Euro
Veränd. in %
Mrd. Euro
Veränd. in %
Mrd. Euro
Veränd. in %
Lebensversicherung2 92,7 -1,1 90,8 -2,0 90,7 -0,1
- laufender Beitrag 64,6 +0,3 64,4 -0,3 64,2 -0,3
Private Krankenversicherung 36,8 +1,4 37,3 +1,2 38,9 +4,3
Schaden- und Unfall-versicherung
64,4 +2,73 66,3 +2,9 68,3 +3,0
Versicherungswirtschaft insgesamt2 193,9 +0,7 194,3 +0,2 197,8 +1,8
- laufender Beitrag 165,8 +1,5 167,9 +1,3 171,3 +2,0
1 teilweise vorläufige Ergebnisse2 einschließlich Pensionskassen und Pensionsfonds
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.
Wilhelmstraße 43/43 G, 10117 BerlinPostfach 08 02 64, 10002 BerlinTel. 030 2020-5000, Fax 030 [email protected]
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