SWISS DENTAL JOURNAL VOL 124 12/2014
1315TEXTE FRANÇAIS VOIR PAGE 1324 PRAXIS UND FORTBILDUNG
ZUSAMMENFASSUNG
Eine unverschieblich angelagerte möglichst kera-
tinisierte Mukosa im Bereich der Implantatdurch-
trittsstelle soll vor Knochenverlust schützen. Zug
durch Wangenbänder und bewegliche Schleim-
haut ist zu vermeiden. Dieser Fallbericht doku-
mentiert die Optimierung der periimplantären
Schleimhautverhältnisse um Implantate im Ober-
und Unterkiefer. Zum Zeitpunkt der Wieder-
eröffnung der submukosal eingeheilten Implan-
tate wurde mittels einer Vestibulumplastik
kombiniert mit einem freien Schleimhauttrans-
plantat sowie mittels einer Vestibulumplastik
kombiniert mit einem apikalen Verschiebelappen
eine Verbreiterung der keratinisierten Mukosa und
Verdickung des Weichgewebes erzielt.
Bild oben: Status nach Optimierung der periimplantären
Schleimhautverhältnisse im Ober- und UnterkieferSCHLÜSSELWÖRTERPeriimplantäre Schleimhautverhältnisse, Vestibulumplastik, freies Schleimhauttransplantat, keratinisierte Mukosa
Regula Kaufmann1 Renzo Bassetti1,2 Regina Mericske-Stern1 Norbert Enkling1
1 Klinik für Zahnärztliche Prothetik Zahnmedizinische Kliniken der Universität Bern
2 Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie/Oral-chirurgie, Luzerner Kantons-spital, Luzern
KORRESPONDENZ Dr. med. dent. Renzo Bassetti Klinik für Mund-, Kiefer-, Gesichtschirurgie/Oralchirurgie Luzerner Kantonsspital, Luzern Spitalstrasse CH-6000 Luzern 16 Tel. +41 41 205 45 77 Fax +41 41 205 45 75 E-Mail: [email protected] Verbreiterung der keratinisierten
periimplantären Mukosa zum Zeitpunkt der Implantatwiedereröffnung
Ein Fallbericht
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EinleitungDas Weichgewebe, welches die Zähne umgibt, wird per definitionem in Gingiva (bestehend aus freier Gingiva und angewachsener Gingiva) und bewegliche Alveolarmukosa unterteilt. Die Grenzlinie zwischen Alveolarmukosa und Gingiva wird als mukogingivale Grenze bezeichnet (Abb. 1). Die Breite der Gingiva kann individuell zwischen 1 und 9 mm variieren (Bowers 1963). Die Bezeichnungen der periimplantären Weichgewebe sind in der Literatur uneinheitlich.
Den feinen, histologisch und histomorphometrisch nachgewiesenen Unterschieden zwischen dem Weichgewebe des Zahnes und demjenigen des Dentalimplantates muss Rechnung getragen werden. Die Abbildung 1 zeigt die Unterschiede in vereinfachter, schematischer Darstellung.
Es gibt verschiedene Gründe, die Mukosa um Implantate von der Gingiva um Zähne zu unterscheiden:
– Die parodontalen Fasern inserieren bei den Zähnen ins Zement der Wurzeloberfläche, während die periimplantären Bindegewebefasern parallel zur Implantat/Abutmentoberfläche verlaufen (Berglundh et al. 1991, Listgarten et al. 1991).
– Das periimplantäre Bindegewebe zeigt einen geringeren Anteil an Fibroblasten und einen höheren Anteil an kollagenen Fasern (ähnlicher Aufbau wie Narbengewebe) (Berg-lundh et al. 1991, Moon et al. 1999).
– Die Gingiva um natürliche Zähne weist einen höheren Anteil an Blutgefässen auf als das periimplantäre Weichgewebe (Berglundh et al. 1994).
Es scheint, dass die Anwesenheit nicht elastischer Kollagenfasern im darunterliegenden Bindegewebe für das Vorhandensein keratinisierter Gewebe (Gingiva bzw. Mukosa) verantwortlich ist. Der Hauptanteil der Fasern im Parodontalspalt ist unelastisch, weshalb um natürliche Zähne – auch bei vollständiger chirurgischer Entfernung – immer ein im Minimum schmales Band an Gingiva vorhanden ist (Karring et al. 1971). Im Gegensatz dazu, können Implantate sowohl von keratinisierter Mukosa (KM) als auch von beweglicher Alveolarmukosa umgeben sein (Zuhr & Hürzeler 2011). Eine Untersuchung an Affen hat gezeigt, dass die Spezifität des Epithels (keratinisiertes oder nicht keratinisiertes Epithel) von der Art des darunterliegenden Bindegewebes abhängig ist: Gingivales Bindegewebe ist imstande, die Bildung von keratinisiertem Epithel zu induzieren (Karring et al. 1975). Bei Implantaten kann es vorkommen, dass trotz Keratinisierung der periimplantären Mukosa diese nicht am darunterliegenden periimplantären Knochen befestigt ist. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn bei einer eher höheren periimplantären Weichgewebemanschette der Übergang zwischen keratinisierter und auskleidender Mukosa koronal des Knochens zu liegen kommt (Zuhr & Hürzeler 2011).
In der Literatur wird die Notwendigkeit einer adäquaten Manschette an keratinisierter/angewachsener Mukosa zirkulär ums Implantat herum für dessen Langzeitprognose kontrovers diskutiert (Wennstrom et al. 1994, Warrer et al. 1995, Chung et al. 2006, Roos-Jansaker et al. 2006, Strub et al. 1991). Neuere Untersuchungen deuten jedoch an, dass das Vorhandensein einer adäquaten Breite an KM den Langzeiterfolg einer Implantattherapie positiv beeinflusst (Chung et al. 2006, Zigdon & Machtei 2008, Hassani et al. 2010, Roos-Jansaker et al. 2006). Eine kürzlich veröffentlichte Reviewarbeit kam zum Schluss, dass das Fehlen einer adäquaten Breite an KM ums Implantat
herum mit mehr Plaqueakkumulation, Entzündung, Weichgewebsrezession und Attachmentverlust assoziiert ist (Lin et al. 2013).
Als Folge des Knochenabbaus nach Zahnextraktion verschiebt sich die mukogingivale Grenze sowohl im Ober als auch im Unterkiefer nach koronal und reduziert die Breite der KM (Dello Russo 1982, Landsberg 1997). Da bei der Insertion von Implantaten nicht selten einzeitige oder sogar zweizeitige Knochenaugmentationen notwendig sind und deshalb ein Primärverschluss unumgänglich ist, kommt es zu einer zusätzlichen koronalen Verschiebung der mukogingivalen Grenze (Belser et al. 1998, Stimmelmayr et al. 2010).
Um eine Weichgewebsoptimierung, d. h. adäquate periimplantäre Breite, an unverschieblicher KM zu erreichen, kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten interveniert werden: 1. als vorbereitende präimplantologische Intervention vor Implantatinsertion, 2. im Zuge der Distanzoperation (Reentry), 3. wenn das Implantat bereits freigelegt ist und eventuell schon prothetisch versorgt wurde. Aus der Literatur sind viele Operationstechniken bekannt. Je nach vorliegender Weichgewebesituation, Zeitpunkt und Region im Kiefer sind gewisse Operations techniken am periimplantären Weichgewebe vorteilhafter und anderen Techniken vorzuziehen. Anhand des folgenden Fallbeispiels wird eine mögliche Therapievariante und das klinische Vorgehen zur Erzeugung bzw. Verbreiterung einer unbeweglichen periimplantären KM um eingeheilte Implantate zum Zeitpunkt der Implantatfreilegung dargestellt. Systematisch soll ausserdem das Berner Konzept (Klinik für Zahnärztliche Prothetik) zur periimplantären Weichgewebsoptimierung vorgestellt werden.
Patientin AnamneseDie 71jährige, gesunde Patientin erschien mit dem Wunsch nach einer fest sitzenden prothetischen Rekonstruktion an der Klinik für Zahnärztliche Prothetik. Nach dem Verlust zweier konventioneller Brückenrekonstruktionen im Seitenzahn
Abb. 1 Schematische Darstellung der Weichgewebestruktur um Zahn und Implantat
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bereich des ersten und vierten Quadranten fühlte sich die Patientin funktionell und ästhetisch massiv eingeschränkt.
BefundDa der Kieferkamm in der Schaltlücke 14–16 und die Freiendsituation im 4. Quadranten bereits seit Jahren zahnlos waren, hatte die Atrophie zu einem ausgeprägten (v. a. horizontalen) Knochenabbau des Alveolarkammes in diesen Bereichen geführt. Entsprechend war die mukogingivale Grenze nach koronal verschoben, und es bestand speziell im Unterkiefer nur noch ein dünnes Band keratinisierter Schleimhaut (Abb. 2, Abb. 3). Der Biotyp der Gingiva wird im vorliegenden Fall als eher dünn und girlandenförmig eingestuft (Sanavi et al. 1998).
Diagnose – Schaltlücken im Oberkiefer infolge lokalisierter Parodontitis (Seitenzahnbereich 1. Quadrant + Frontzahnbereich) (Abb. 2)
– Freiendsituationen UK rechts + links (Abb. 3) – Parodontal stabile Verhältnisse (keine ST > 4 mm) – Kongruente intermaxilläre Relation, Bisshöhe durch stabile Okklusionskontakte auf der linken Seite erhalten
BehandlungsablaufHygienephaseZu Beginn erfolgte eine gründliche Depuration mittels Ultraschall (EMS SA, Nyon, Schweiz) und Handinstrumenten sowie
eine anschliessende Politur mit Paste (DMG Flairesse Prophylaxepaste mint medium, Hamburg, Deutschland) (Lang et al. 2012). Es wurde die modifizierte BassMethode (Poyato-Ferrera et al. 2003) sowie eine Interdentalreinigung mittels Interdentalbürsten instruiert. Zwei Wochen vor dem operativen Eingriff (Implantation) erfolgte nochmals eine Zahnreinigung und die Patientin wurde angehalten, bis zur Operation 2 × täglich mit einer Chlorhexidinlösung (Meridol perio 0,2%, Fa. Gaba, Therwil, Schweiz) zu spülen.
Implantation im Ober- und UnterkieferZur Planung der Implantate dienten die einartikulierten Mo delle mit einem Setup, welches sich in eine Operationsleitschiene umwandeln liess. Für die röntgenologische Analyse standen OPT und DVT zur Verfügung. Im April 2012 erfolgte die Insertion von zwei Implantaten Regio 14 und 16 im Oberkiefer (NobelReplace Tapered Select Ø 4,3 × 10 mm Regio 14, 16). Wegen des koronal knappen Knochenangebotes wurde gleichzeitig mit der Implantatinsertion Eigenknochen aus dem Operationsgebiet mittels eines Bonescrapers gewonnen. Die Knochenspäne wurden mit BioOss (Fa. Geistlich Pharma, Wolhusen, Schweiz) gemischt und als horizontales Augmentat verwendet. Eine BioGideMembran (Fa. Geistlich Pharma, Wolhusen, Schweiz), wurde mittels Titanpins (Friadent Dentsply, Deutsch land) zur Bedeckung und Stabilisierung des Augmentates befestigt. Der primäre Wundverschluss führte zu einer Abflachung des Vestibulums und zu einer koronalen Verlagerung der mukogingivalen Grenze sowie des Wangenbandes in Regio 14/15.
Im Mai 2012 erfolgte die Implantation von drei Implantaten im Unterkiefer (NobelReplace Tapered Select Ø 4,3 × 10 mm Regio 36, 46 und Ø 3,5 × 8 mm Regio 44). Da das Knochenangebot Regio 44 schmal war, wurde das Implantatbett teilweise mittels der BonespreadingTechnik auf die gewünschte Dimension erweitert (Bone Condensation Set, Straumann, Basel, Schweiz). Eine zusätzliche horizontale Augmentation wurde in Regio 44 mittels BioOss und BioGideMembran durchgeführt. Die Einheilung der Implantate 44 und 46 erfolgte submukosal, diejenige des Implantates 36 transmukosal, da so bereits eine optimale keratinisierte Weichgewebemanschette zirkulär um das Implantat herum erzielt wurde. Gemäss Klinikprotokoll wurde der Patientin 1 h präoperativ 2 g Augmentin und postoperativ 3 × 625 mg/Tag für fünf Tage verabreicht. Im Anschluss an die chi rur gi schen Eingriffe erhielt die Patientin die Anweisung, dreimal täglich mit einer Chlorhexidinlösung (Meridol perio 0,2%) zu spülen. Die Nähte wurden nach zehn Tagen entfernt. Zur Schmerzkontrolle erhielt die Patientin Mephadolor 500 mg (Mepha Pharma AG, Basel, Schweiz) dreimal täglich während zweier Tage. Der Wundheilungsverlauf gestaltete sich komplikationslos.
Implantatfreilegung mit gleichzeitiger Verbreiterung der keratinisierten Mukosa bei den Implan taten 16, 14, 44, 46Sechs Monate nach Implantation erfolgte die Implantatfreilegung. Ziel war es, gleichzeitig zur Distanzoperation im vestibulären Bereich der Implantate keratinisierte und angewach sene Mukosa zu generieren. Dies sollte im Oberkiefer Regio 14–16 mittels eines apikalen Verschiebelappens (apikale SpaltLap pen Reposition) und im Unterkiefer Regio 44–46 mittels Kombination einer Vestibulumplastik mit einem freien Schleimhauttransplantat (FST), entnommen aus dem Palatum, erreicht werden.
Abb. 2 Status nach Implantation und Einheilungsphase im Oberkiefer. Er-kennbar sind die Abflachung des Vestibulums und die koronale Verlagerung der mukogingivalen Grenze sowie des Wangenbandes in Regio 14/15.
Abb. 3 Sehr dünnes Band an keratinisierter Schleimhaut im Unterkiefer Seitenzahnbereich bereits vor der Implantation.
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Eingriff Regio 14–16:Circa 5 mm palatinal der Kammkrete und der Implantate in Position 16 und 14 wurde eine horizontale Inzision angelegt (Abb. 4). Diese führte mesial am Zahn 17 zuerst sulkulär und anschliessend vertikal ins Vestibulum. Ebenso wurde die Inzision 1 mm distal des Zahnes 13 unter Schonung der Papille bukkal ins Vestibulum verlängert. Es folgte die vorsichtige Präparation eines 1 mm dicken Mukosallappens (Spaltlappen) bis hin zu den Implantaten. Vestibulär der Implantate wurde die Spaltlappenpräparation über dem Periost ins Vestibulum weitergeführt (Abb. 5). Die Implantate 14 und 16 wurden vom
Periost befreit und mit 3 mm hohen Gingivaformern (Healing Abutment Select, Fa. Nobel Biocare) versehen. Der Mukosallappen wurde nach bukkal verschoben und mittels Einzelknopfnähten am Rand (Seralon 5–0, Serag Wiessner, Naila, Deutschland) und mittels Haltenähten (Ethilon 4–0, Ethicon, Neuss, Deutschland) am darunterliegenden Periost fixiert (Abb. 6).
Eingriff Regio 44–46:In Gegensatz zum Oberkiefer kann die keratinisierte Schleimhaut nicht von lingual nach bukkal verlagert werden. Zur Verbreiterung der keratinisierten Schleimhaut im Unterkiefer war
Abb. 4 Horizontale Inzision 5 mm palatinal der Implantate 16 und 14
Abb. 5 Spaltlappenpräparation und Implantatfreilegung
Abb. 6 Bukkale Verschiebung und Befestigung des Spaltlappens auf dem Periost.
Abb. 7 Vestiblulumplastik und Implantatfreilegung Regio 44 und 46
Abb. 8 Festlegung der Transplantatgrösse am seitlichen Gaumen
Abb. 9 Seitlicher Gaumen nach Entnahme des freien Schleimhauttrans-plantates
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im Anschluss an die Vestibulumplastik die Transplantation eines FST notwendig (Hassani et al. 2010).
Der Kammschnitt erfolgte von Regio 47 bis 1 mm distal des Sulkus des Zahnes 43, exakt an der Grenzlinie zwischen bestehender keratinisierter und nicht keratinisierter Mukosa. Paramarginal zum Zahn 43 wurde eine kurze vertikale Entlastungsinzision angelegt. Wiederum wurde ein Spaltlappen nach kaudal präpariert, welcher apikal mittels resorbierbarer Naht (Vicryl 4–0, Ethicon, Neuss, Deutschland) am darunterliegenden Periost vernäht wurde (Abb. 7). Die Implantate wurden vom Periost befreit und mit 5 mm (44) bzw. 3 mm (46) hohen Gingivaformern (Healing Abutment Select, Fa. Nobel Biocare) versehen. Entsprechend der Grösse der freipräparierten, von Periost bedeckten Fläche wurde im seitlichen Gaumen ein FST mit einer Dicke von ca. 1 mm entnommen (Abb. 8–10). Das FST wurde mittels Einzelknopfnähten (Seralon 5–0) direkt an die auf dem Alveolarkamm verbliebene keratinisierte Schleimhaut von Regio 47–44 genäht. Das kaudale Ende des FST wurde nicht direkt vernäht, sondern mithilfe von Matratzennähten (Ethilon 4–0) ausgehend vom unmittelbar apikal der kaudalen Begrenzung des FST gelegenen Periostes zur lingualen Schleimhaut ans darunterliegende Periost gepresst (Abb. 11). Auf einen Wundverband zur Bedeckung der Entnahmestelle des FST wurde verzichtet. Es wurde die gleiche Medikation wie beim ersten Eingriff verordnet.
Wundheilungsverlauf und definitive prothetische VersorgungDie Wundheilung verlief ohne Komplikationen. Vier Tage nach dem Reentry waren die Donorstelle im Gaumen und das FST im Unterkiefer mit Fibrin bedeckt (Abb. 12, 13), die Wunde im Oberkiefer war reizlos (Abb. 14).
Abb. 10 Freies Schleimhauttransplantat nach Entnahme am seitlichen Gaumen
Abb. 11 Adaptation des Transplantates auf das freipräparierte Periost Regio 47 bis 44
Abb. 12 Fibrinbelegte Donorstelle im Unterkiefer, vier Tage post operationem
Abb. 13 Entnahmestelle am seitlichen Gaumen, vier Tage post operationem
Abb. 14 Reizlose Wundheilung im Oberkiefer rechts, vier Tage nach Reentry
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Zehn Tage nach dem Eingriff erfolgte die Entfernung der Nähte. Die Wundheilung war bereits weit fortgeschritten (Abb. 15, 16, 17).
Vier Wochen nach Wiedereröffnung der Implantate, war die Schleimhaut soweit abgeheilt (Abb. 18, 19), dass mit den definitiven Abformungen im Ober und Unterkiefer die prothetische Phase begonnen wurde. Die Abbildungen 20 und 21 zeigen die definitiven prothetischen Rekonstruktionen (direkt auf Implantatniveau verschraubte, Implantatgetragene Zirkondioxidbrücken).
Abb. 20 Situation nach definitiver Insertion der Zirkondioxidbrücke im vier-ten Quadranten
Abb. 19 Stabile periimplantäre Verhältnisse, vier Wochen post operationem
Abb. 15 Nach Nahtentfernung, zehn Tage post operationem, zeigte sich eine bereits weit fortgeschrittene Wundheilung im Unterkiefer.
Abb. 16 Entnahmestelle am seitlichen Gaumen, zehn Tage post operationem
Abb. 17 Weit fortgeschrittene Epithelialisierung im Oberkiefer rechts, zehn Tage nach chirurgischem Eingriff
Abb. 18 Vier Wochen nach dem Reentry konnte die Zweitabformung der Im-plantate durchgeführt werden. Die keratinisierte Schleimhaut ist deutlich verbreitert.
Abb. 21 Situation nach definitiver Insertion der Zirkondioxidbrücke im ersten Quadranten
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DiskussionIn einer früheren Untersuchung zeigte sich, dass es bezüglich klinischer gingivaler Entzündungszeichen bei Zähnen keinen Unterschied macht, ob Gingiva von < 1 mm oder ≥ 2 mm Breite vorhanden ist (Miyasato et al. 1977). Bei Zähnen scheint es in Bezug auf die Gesunderhaltung der umgebenden Weichgewebe entsprechend keine Rolle zu spielen, wie breit die Gingivamanschette ist (Wennstrom 1983, Kennedy et al. 1985).
Hingegen deuten neuere Untersuchungen stark darauf hin, dass das Vorhandensein keratinisierter und unbeweglicher Mukosa die Langzeitprognose von Dentalimplantaten verbessern könnte (Zigdon & Machtei 2008, Chung et al. 2006, Roos- Jansaker et al. 2006, Warrer et al. 1995, Brägger et al. 1997). Es scheint, dass im Gegensatz zum Zahn die periimplantäre Mukosa mit einer tendenziell geringeren Immunantwort auf äussere Reize (Plaqueakkumulation) reagieren kann (Zitzmann et al. 2001). Dies deutet ebenfalls auf die mögliche Notwendigkeit einer zirkulären periimplantären keratinisierten Mukosamanschette hin.
Die Idee, Schleimhauttransplantate zur Verbreiterung der keratinisierten Schleimhaut zu verwenden, stammt ursprünglich aus der Parodontologie (Dello Russo 1982, Nabers 1966, Sullivan & Atkins 1968). Eine Untersuchung wies nach, dass an Zähnen mithilfe dieses Verfahrens ein Jahr nach dem Eingriff ein Zuwachs an Gingiva von durchschnittlich 4,2 mm erreicht werden konnte. Die Dimension verringerte sich in den folgenden 10 bis 25 Jahren um nur 0,7–0,8 mm (Agudio et al. 2008). In einer Untersuchung mit Implantaten, in der die Verbreiterung der KM mittels Vestibulumplastik und FST beim Reentry durchgeführt wurde, konnte nach einem Jahr ein Zuwachs von durchschnittlich 3,7 mm erreicht werden. Innerhalb des ersten Jahres war eine durchschnittliche Resorption von 0,9 mm festzustellen (Stimmelmayr et al. 2011). Gemäss den Resultaten von Agudio et al. sollte nach Abschluss des ersten Jahres nach Transplantation keine wesentliche Verschmälerung der KM mehr stattfinden (Agudio et al. 2008).
Im Oberkiefer wurde ein nach apikal verschobener Mukosallappen ohne Transplantation eines FST durchgeführt. Da die Art des unter dem Epithel gelegenen Bindegewebes dafür entscheidend ist, ob sich keratinisiertes Gewebe bildet oder nicht (Karring et al. 1975), wurde hier das palatinal bzw. um die Im
plantate herumliegende keratinisierte Weichgewebe (Mukosallappen) gesplittet und nach bukkal verschoben. Auf diese Art bildete sich sowohl im palatinalen und periimplantären Bereich als auch im bukkalen Bereich der Implantate keratinisierte Schleimhaut. Das in den Unterkiefer verpflanzte freie Schleimhauttransplantat (FST) hatte sich morphologisch und farblich optimal in die umgebende Schleimhaut integriert, was nicht immer zu erwarten ist, da sich die Farbe und Textur der Schleimhaut der palatinalen Entnahmestelle oft deutlich von der Akzeptorregion am bukkalen Alveolarkamm unterscheidet (Thoma et al. 2009). Aus diesen Gründen ist die Anwendung der FSTTechnik im OberkieferFrontzahnbereich vor allem beim Vorhandensein einer hohen Lachlinie eher zu vermeiden.
Dieses Fallbeispiel zeigt, dass durch die Kombination der Implantatwiedereröffnung mit der oben beschriebenen Technik zur Verbreiterung der keratinisierten periimplantären Mukosa vorhersagbare Resultate erzielt werden können und diese, gemäss Literatur, nach einem Jahr stabil sein sollten. Die Tabellen Ia, Ib und Ic (Berner Konzept) sollen abhängig von der vorliegenden Weichgewebesituation, dem Zeitpunkt bezüglich Implantation (Klassen I, II und III) und der Region im Kiefer als Entscheindungshilfen für die anzuwendende Operationstechnik dienen.
AbstractKaufmann R, Bassetti R, Mericske-Stern R, Enkling N: Enlarge-ment of keratinized peri-implant mucosa at the time of second stage surgery (re-entry). A case report (in German). SWISS DENTAL JOURNAL SSO 124: 1315–1323 (2014)
A tightly attached keratinized mucosa around endosseous dental implants is believed to be protective against periimplant bone loss. Tension caused by buccal frena and mobile non keratinized mucosa is to avoid. This case report documents the optimization of periimplant mucosal conditions in the upper and lower jaw. At the time of second stage surgery (reentry) at submucosally osseointegrated dental implants an enlargement of keratinized mucosa and a thickening of soft tissue was obtained administrating a vestibuloplasty combined by a free gingival graft or a vestibuloplasty combined by an apically moved flap.
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Berner Klassifikation des periimplantären Weichgewebedefizites
Tab. Ia Klasse I (Implantat gesetzt und eingeheilt, aber noch nicht freigelegt [Implantatdurchtritt nicht vorhanden])
Lokalisation Periimplantäre Weichgewebesituation Chirurgische Technik
OK-Front Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: ≥ 2 mmDurchschimmern oder Perforation des Implantathalses bukkal
Rolllappen
Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: < 2 mmDurchschimmern oder Perforation des Implantathalses bukkal
Apikaler Verschiebelappen oder Rolllappen
OK-Seitenzahnbereich Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: < 2 mm
Apikaler Verschiebelappen + evtl. kleine interimplantäre Onlay-FST (als Knochenresorptions-schutz)
UK Breite der keratinisierten Mukosa: < 4 mm, aber mind. 2 mm
Vestibulumplastik + freies Schleimhauttransplantat (vor handene keratinisierte Mukosa wird lingual des Implantates platziert)
Breite der keratinisierten Mukosa: < 2 mm Vestibulumplastik + freies Schleimhauttransplantat (vor Implantation)
Tab. Ib Klasse II (Implantat freigelegt [Implantatdurchtritt vorhanden], keine Rezession)
Lokalisation Periimplantäre Weichgewebesituation Chirurgische Technik
Ausreichend keratinisierte MukosaOK + UK
Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: ≥ 2 mm + Durchschimmern des Implantathalses bukkal
Subepitheliales BG-Transplantat mit Tunneltechnik
Wenig/keine keratinisierte Mukosa
OK-Front (fest sitzend)
Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: < 2 mm
Vestibulum vor handen
1. Subepitheliales BG-Transplantat2. evtl. Deepithelialisierung (wenn Epithel nicht keratinisiert)
kein Vestibulum Vestibulumplastik (belassen der evtl. noch vorhandenen keratini-sierten Mukosa im bukkalen Bereich des Implantates) + freies Schleimhauttransplantat
OK-Seiten (fest sitzend)OK ( abnehmbar)UK
Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: < 2 mm
Vestibulumplastik (belassen der evtl. noch vorhandenen keratini-sierten Mukosa im bukkalen Bereich des Implantates) + freies Schleimhauttransplantat
Tab. Ic Klasse III (Implantat freigelegt [Implantatdurchtritt vorhanden], Rezession am Implantat)
Lokalisation Periimplantäre Weichgewebesituation Chirurgische Technik
OK + UK Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: ≥ 2 mm
Subepitheliales BG-Transplantat mit coronalem Verschiebelappen oder Tunneltechnik
Breite der keratinisierten Mukosa bukkal des Implantates: < 2 mm
1. Subepitheliales BG-Transplantat mit coronalem Verschiebe-lappen oder Tunneltechnik
2. freies Schleimhauttransplantat
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