Ute Meybohmajb gmbh
Woche der seelischen Gesundheit 2012
Fachveranstaltung
Brauchen wir eine berlinweite Kriseneinrichtung für psychisch kranke Eltern und ihre Kinder ?
Warum Kriseneinrichtungen?• Verstärkte Anfragen in den Einrichtungen nach §19 nach kurzfristiger Aufnahme am Wochenende. Kinder können nur bis zum 6 Lebensjahr aufgenommen werden• Die Erfahrung der Krisenplätze der Dyade (Prenzlkomm) zeigen, dass kurze Kriseninterventionen die beste Krisenprävention ist, insbesondere bei Eltern mit höherem sozialen Status, die sich nicht ans Jugendamt wenden• Unbürokratische Beratung und Unterbringung von Mutter und Kindzum Clearing von bis zu einem Monat• Beratung und Entlastung bei postnataler Depression• Wohnungen bleiben erhalten• Individuelles Netzwerk wird einbezogen
Zielgruppe
• Psychisch kranke oder davon bedrohte Eltern und ihre Kinder in der Krise unabhängig vom Alter der Kinder
• Nicht bei einer eindeutigen akuten Erkrankung, wo die Heilbehandlung des Elternteils die Fürsorge für das Kind ausschließt
• Nicht zur Abwendung von Wohnungslosigkeit
Was ist eine Krise?
I. Krise (griech. krisis „Entscheidung“,) schwierige, gefährliche Situation, Wendepunkt einer Entwicklung, Ausweglosigkeit.Sie ist ein Zustand psychischen Ungleichgewichts, der von heftigen Gefühlen begleitet ist und oft als unlösbare und ausweglose Notlage erlebt wird.
II. in der Medizin ist Krise der Höhepunkt einer Krankheit, eine dramatische Wendung (meist zur Besserung)
III. die chinesische Kultur hat für den Begriff der Krise zwei Schriftzeichen: eines bedeutet Gefahr und das andere bedeutet Chance
Charakteristik von Krisen
Versagen der üblichen zur Verfügung stehenden Hilfs- und Bewältigungsmechanismen
Persönliche Kompetenz reicht nicht aus, um Situation zu meistern Die Ressourcen des persönlichen Netzwerkes reichen nicht aus Identität u. die Erziehungsfähigkeit der Mutter /Eltern wird durch äußere
Situation bedroht Damit entsteht eine Kindeswohlgefährdung Betroffene/r wird eng, kreist um sich, „kein Licht am Ende des Tunnels“ Das/Die Kind(er) sind je nach Alter physisch oder psychisch bedroht Die Angst /Erschöpfung in der Krise erfassen den psychisch kranken
Elternteil und das Familiensystem, insbesondere die Kinder total
UN Kinderrechtscharta
Kinder und Jugendliche haben das Recht auf eine individuelle, personale und soziale Entwicklung; das heißt, sie haben das Recht zu wachsen, zulernen und zu gedeihen, ihre Persönlichkeit zu entfalten und sich damit zuemotional stabilen, eigenständigen, einfühlsamen und sozial verantwortlichen Persönlichkeiten zu entwickeln (vgl. Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG und die UN-Kinderrechtskonvention)
Ressourcenansatz
in den 80er-Jahren entwickelte der israelische GesundheitssoziologeAntonovski 3 das Konzept der „Salutogenese“. Er kritisierte die auf Krankheitsursachen fixierte Sichtweise in den Gesundheits- und Sozialwissenschaften und plädierte dafür, sich stattdessen auf diejenigen Merkmale zu konzentrieren, die Menschen trotz widriger Lebensumstände gesund und belastungsfähig erhalten können.
Definition von Ressourcen Reservoire an Energie und positiven Potenzialen, das Menschen zu einer
angemessenen Lebensbewältigung, zur Befriedigung ihrer Grundbedürfnisse, zur Erreichung persönlich für bedeutsam erachteter Lebensziele, aber auch zur Bewältigung von Krisen und Belastungen aufbauen, entwickeln und abrufen können. Ressourcen dieser Art können persönliche Kompetenzen, Ideen, Eigenschaften, gesellschaftlich-kulturelle Werte, Interaktionsmuster wie auch Geld, Beziehungen oder Wohnraum etc. sein.
Krisenintervention
Darunter verstehen wir
Krisenprävention (Psychodynamik) als Methode zur Vorbeugung einer Krise Beratung und konkrete Unterstützungs-/Beziehungsangebote in der Krise Nutzen der bestehenden Hilfssysteme (Jugend u. Gesundheit und Bündelung
der Hilfsangebote Auswertung der Krise als Hilfe zur Selbsthilfe für den Betroffenen und
Effektivierung bei den Helfern
Grundregeln für die Krise bezogen auf die Einschätzung über das Ausmaß der Krise Wahrnehmung der Gegenübertragung Wahrnehmung der Bindungsfähigkeit in der Krise je umfassender die Beziehungsstörung, desto größer ist die Gefährdung Das Gefährdungspotential (Selbst-und Fremdgefährdung) bestimmt die Art
und Dichte der Krisenintervention
Die akute Krise
Wir unterscheiden folgende Krisenarten:
Postnatale Krise Psychiatrische Krise
Rückfall bei Drogen Krise im Familiensystem (ggf. aggressive Bedrohung für die Kinder)
Gefahr der strukturellen Krise
Krisenarten
Aggressive Krise
Einschätzung der Gefahr der
Fremdgefährdung insbesondere fürs Kind
Sofortiges Einbeziehen der Polizei
Trennung der Konfliktparteien
Verlegung
Beurlaubung in Absprache mit dem
Kostenträger
Anzeige
stationäre Aufnahme und medizinische
Begutachtung
Wiederaufnahme in der Einrichtung mit
Auflagen z.B. Medikamenteneinnahme
Suizidale Krise u. Psychotische Krise
Einschätzung des Gefahr
der Selbst-/Fremdgefährdung
Beziehungs-/Paktfähigkeit
Behandlungsbereitschaft erwirken
Verantwortungsübernahme
Verlegung in Schutzräume gemeinsam oder
getrennt
Ist die Beziehungsfähigkeit stark
eingeschränkt, medizinische Begutachtung
stationäre Aufnahme ggf. durch richterlichen
Beschluss
Ist der Versuch vollzogen?
Notarzt, Feuerwehr, Polizei
Grundsätze aus dem Krisenleitfaden
Hinzuziehen eines weiteren Betreuers Einbeziehen der therapeutischen Fachkraft Herbeiholen ärztlicher Hilfe/KJPD/SPD) Krisendienst Herbeiholen polizeilicher Hilfe Begleitung in die Rettungsstelle/Klinik Information der Vermisstenstelle
Handwerkszeug für Mitarbeiter
Für die Bewältigung von Krisen braucht man ein Netzwerk von Helfern Antizipation von Krisen Kenntnisse über Konfliktstrukturen und Krankheitsverläufe Kenntnisse über die Gruppendynamik in der Krise Schaffen von sicheren Räumen für das Kind und die Mutter
(Trennung/Schutz) Krisenplan mit Telefonnummern vom Netzwerk: Jugendamt, Krisendienst,
Klinik, behandelnde Ärzte, Polizei, KJPD, SpD, Netzwerk der Angehörigen, Patenschaften
Notfallhandy von Kollegen, Psychologen, Ärzten Verarbeiten von Krisen mit dem Elternteil, den Kindern und der Familie
Krisennetzwerk
Jugendamt/Kriseneinrichtungen
Berliner Krisendienst/ Notdienste
KJPD/ SPD
Niedergelassener Arzt/Krankenhaus
Angehörige
Polizei (Vermisstenstelle)/Feuerwehr
Verarbeitung von Krisen ist Krisenprävention
Welche Bedeutung hatte diese Krise in meinem Lebenskontext?
Gibt es bestimmte Ereignisse (auch Wiederholungen und Muster), die mich in
die Krise führen?
Was brauche ich, um nicht wieder in eine Krise zu kommen?
Wie und woran kann ich frühzeitig erkennen, wenn eine Krise droht?
Was kann ich selbst für mich tun?
Was brauche ich von den Betreuern?
Was werden meine Krisen zukünftig für Konsequenzen haben?
Fragen an das Kind
Was hat die Krise des anderen in mir ausgelöst an Ängsten, an Wut, an
Wünschen mitzumachen?
Wie kann ich mich vor der Krise des anderen schützen ?
Was habe ich aus der Bewältigung seiner Krise gelernt?
Auswertung mit den Akteuren des Netzwerks
Auswertung der Krisenintervention
Transparenz der Informationen und Bündelung der Hilfen zwischen den
verschiedenen Systemen: Jugendhilfe, Fachdienste, Klinik, Schule/ Eltern,
TWG, Polizei/Feuerwehr
Klare Strukturen und Kompetenzen
Konsequenzen für den weiteren Betreuungsverlauf
Auswertung der Form der Zusammenarbeit
Kinder brauchen für eine stabile Entwicklung primäre Bezugspersonen,die sie durch ihr Kinderleben begleiten, sie fördern und schützen; fürdiese Aufgabe ist niemand in vergleichbarer Weise prädestiniert wie die Eltern. Dort wo die Eltern diese Aufgabe nicht genug wahrnehmen können, übernimmt der Staat eine Wächterfunktion. In diesem Sinne bildet das Wohl des Kindes den Richtpunkt für den Auftragdes Staates gemäß Art. 6 Abs. 2 GG (…) an der Befriedigungseiner/ihrer elementaren Bedürfnisse nach Fürsorge, Schutz und Erziehungbezogen auf…
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit !
Ute Meybohm