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Page 1: Umgang Mit Risiken

Diagnostische TestsÜber den Umgang mit Risiken

Ulrich Schraderhttp://info.ulrich-schrader.de

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Vortrag basiert auf ...

Gerd Gigerenzer, Das Einmaleins der SkepsisBvt Berliner Taschenbuch Verlag 2004ISBN: 978-3833300417

Unterhaltsam zu lesen ...

... und man lernt dabei!

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• Düsseldorf. 20.10.2005 - Mit Eröffnung der ersten Mammographie-Screening-Einheit am 24. Oktober in Münster startet in Nordrhein-Westfalen ein flächendeckendes Programm zur Früherkennung von Brustkrebs durch ein qualitätsgesichertes Mammographie-Screening. Damit haben mehr als zwei Millionen Frauen des Landes im Alter zwischen 50 und 69 Jahren die Möglichkeit, an einem Früherkennungs-Programm teilzunehmen, das zu einer deutlichen Senkung der Brustkrebssterblichkeit beitragen wird.

• Hintergrund: Brustkrebs ist in Deutschland mit ca. 47.500 Fällen jährlich die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Jede zehnte Frau erkrankt im Laufe ihres Lebens daran und knapp 18.000 Frauen sterben jedes Jahr an dieser Krankheit. Dabei werden zwei Drittel aller Brusttumoren erst entdeckt, wenn sie größer als zwei Zentimeter sind. Die Folge: radikale Operationen, belastende Therapien und geringere Heilungschancen.

Gemeinsame Presseerklärung der gesetzlichen Krankenkassen in NRW,der Kassenärztlichen Vereinigungen Nordrhein und Westfalen-Lippeund des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW

http://www.kvwl.de/presse_politik/presse/pressemappen/2005_10_20_mammographie.pdf

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• 31.03.2000 - bera/ots) Die Spitzenverbände der gesetzlichen Krankenkassen, die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) setzen sich gemeinsam für ein qualitätsgesichertes Mammographie-Screening ein.

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• Internationale wissenschaftliche Studien belegen, dass sich die Zahl der Brustkrebs-Todesfälle bei Frauen zwischen 50 und 69 Jahren durch ein Mammographie-Screening um 20 bis 30 Prozent verringern lässt, wenn die Früherkennung unter gesicherten Qualitätsbedingungen stattfindet. http://www.verbrauchernews.de/gesundheit/forschung/0000005162.html

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Irrtümer• Verringert Screening die Häufigkeit von Brustkarzinomen?

Nein, es dient der Früherkennung - Es ist keine Vorsorge!

• Sind Brustkrebskarzinome fortschreitend?Nein. Es wird auch das "duktale Karzinom in situ" entdeckt. Die meisten Karzinome bei jüngeren Frauen gehören zu diesem Typ. Etwa die Hälfte dieser Karzinome sind nicht fortschreitend.

• Ist Früherkennung immer ein Vorteil?Nein. Ist das Karzinom nicht fortschreitend, so wirkt es sich während des ganzen Lebens nicht aus. Früherkennung, die diesen Typ nicht von anderen unterscheiden kann, führt dann oft zu invasiven Therapien: Entfernung des Gewebes, ergänzt durch Strahlen- und/oder Chemotherapie. Die Lebensqualität wird beieinträchtigt.

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Studien

• 10 große randomisierte Studien– ingesamt 500.000 Frauen– Kanada, Schottland, Schweden, USA– 10 Jahre Mammographie-Screening

• Ergebnisse in allen Altergruppen (< 30 Jahre)– Sterblichkeit: Relative Risikoreduktion: 25 %

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Tatsächlicher Nutzen

Behandlung Todesfälle (je 1000

Frauen)

kein Mammographie-Screening 4Mammographie-Screening 3

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Präsentation des Nutzens

• Relative Risikoreduktion:Das Mammographie-Screening verringert das Risiko, an Brustkrebs zu sterben um 25%.

• Absolute Risikoreduktion:Das Mammographie-Screening verringert die Anzahl der Frauen, die an Brustkrebs sterben, von 4 auf 3 pro 1000 Frauen. Damit beträgt die absolute Risikoreduktion 1 pro 1000, also 0,1 %.

• Anzahl der notwendigen Behandlungen:Die Anzahl der Frauen, die zehn Jahre lang am Screening teilnehmen müssen, damit ein Todesfall vermieden wird, beträgt 1000.

• Erhöhung der Lebenserwartung:Die mittlere Lebenserwartung ist bei Teilnahme am Mammagraphie-Screening (im Alter von 50-69 Jahren) um zwölf Tage höher.

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Weitere Ergebnisse der Studien

• keine der 10 Studien ließ erkennen, dass Mammographie-Screening bei Frauen zwischen 40 und 49 in den ersten 9 Jahren des Screenings die Sterblichkeit reduziert.

• Relative Risikoreduktion bei Frauen über 50 Jahren 27%

• Wenn Frauen ab einem Alter von 50 Jahren zwanzig Jahre lang jedes zweite Jahr am Mammographie-Screening teilnehmen, dann wird von jeweils 270 eine vor dem Brustkrebstod bewahrt.

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Nachteile des Screenings

• Falsch-positive Befunde– Unsicherheit– weitere Mammographie– Ultraschall– Biopsie– Tumorektomie oder Mastektomie

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Häufigkeit falsch-positiver Befunde

• Erste MammographieStudie mit 26.000 Frauen zeigt: – Von 10 positiven Mammogrammen konnte nur

bei einer Frau in den folgenden 13 Monaten Brustkrebs nachgewiesen werden.

– 9 von 10 positiven Mammogramme waren falsch

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Häufigkeit falsch-positiver Befunde(erste Mammographie)

1000 Frauen(40-50 Jahre)

8 Brustkrebs 992 kein Brustkrebs

7 positiv 1 negativ 70 positiv 922 negativ

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Häufigkeit falsch-positiver Befunde(regelmäßige Mammographie)

• Nach 10 aufeinanderfolgenden Mammographien muss jede 2. Frau mit einem positiven Befund rechnen.

• Aufklärung über Häufigkeit falsch-positiver Befunde mangelhaft!

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Nachteile des Screenings

• Nicht fortschreitende Karzinome– Karzinom in situ

(Vermutlich entwickeln sich nur zwischen 10-50% innerhalb von zwanzig bis 30 Jahren zu einem invasiven Karzinom)

• Mehrzahl der Karzinome bei Frauen in den Dreizigern• ca. 40% der Karzinome bei Frauen über 40

– Folge der Entdeckung: Therapie

• Langsam wachsende Karzinome– Man stirbt, bevor das Karzinom lebensbedrohlich wird– Folge der Entdeckung: Therapie

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Nachteile des Screenings

• Strahlungs-induziertes Karzinom– erstmals Hinweise in 1910– Neuere Schätzung: 2 bis 4 von 10000 Frauen,

die ab einem Alter von 40 Jahren am regelmäßigen Mammographie-Screening teilnehmen, entwickeln ein strahlungs-induziertes Brustkarzinom; eine stirbt daran.(Achtung: nur Schätzungen!)

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Alter Anzahl lebender Frauen zu Beginn des Zeitraums

Fälle von Brustkrebs

Todesfälle durch Brustkrebs

Todesfälle durch kardio-vaskuläre Erkrankungen

Todesfälle durch andere Ursachen

0-9 1000 7

10-19 993 2

20-29 991 3

30-34 988 1 2

35-39 986 3 3

40-44 983 5 1 1 4

45-49 977 8 2 1 6

50-54 968 11 3 2 11

55-59 952 12 3 5 15

60-64 929 12 3 9 25

65-69 892 14 4 16 36

70-74 836 13 5 28 51

75-79 752 11 6 52 70

80-84 624 9 6 89 95

≥ 85 434 5 7 224 203

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• Ich hoffe sehr, dass auf die Frauen kein Druck ausgeübt wird, [am Brustkrebs-Screening] teilzunehmen. Die Entscheidung müssen sie selber treffen, und die Fakten müssen der Öffentlichkeit und den einzelnen Patienten wahrheitsgemäß bekannt gegeben werden. Es wird nicht das sein, was sie gerne hören werden.M. Maureen Roberts, ärztliche Leiterin des Brustkrebs-Screening-Projekts in Edinburgh

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O.J. Simpson

• Verteidigung:Von 100.000 misshandelten Frauen werden nur 40 von ihrem Partner umgebracht.Daher Misshandlung kein Indiz für Mord

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O.J. Simpson FallHier irrt die Verteidigung

100.000 Frauenmisshandelt

45 ermordet 99.955 nicht ermordet

40 Partner 5 andere

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• Ein positives Testergebnis bedeutet, dass in Ihrem Blut Antikörper gegen HIV gefunden wurden. In diesem Fall sind Sie auf Dauer HIV-infiziert und können das Virus auf andere Menschen übertragen.Gesundheitsbehörde des US-Bundesstaates Illinois

• Wenn mein AIDS-Test positiv ausfällt, bringe ich mich umEin Patient

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Testen auf HIV

Kennzahlen des diagnostischen Tests

• Sensitivität: Wahrscheinlichkeit eines positiven Testergebnisses, wenn die Erkrankung vorliegt.

• Spezifität: Wahrscheinlichkeit eines negativen Testergebnisses, wenn keine Erkrankung vorliegt.

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Screening auf HIV in den USA

266,6 Millionen

1,6 Millionen infiziertPrävalenz = 0,006

265 Millionen nicht infiziert

1.598.400Positiver Testkorrekt

1600Negativer Testfalsch-negativ

262,35 MillionenNegativer Testkorrekt

2.650.000Positiver Testfalsch-positiv

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Folge des HIV-Screenings

• Positiver Test bedeutet nur in 37% der Fälle auch HIV+

• D.h. von 100 Getesteten sind nur 37 HIV infiziert und 63 nicht infiziert.

37,01.598.400 2.650.000

1.598.400

positiv alle

positivkorrekt

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1998 1999 2000 2005 2006 2007

V01-Y98 Äußere Ursachen v. Morbidität u. Mortalität u. Folgezustände äußerer Ursachen

1422 1560 1457 950 917 893

V01-Y84 Äuß. Ursachen v. Morbidität u. Mortalität 1421 1558 1455 947 915 892

V01-X59 Unfälle 1040 1150 1108 658 638 616

V01-V99 Transportmittelunfälle 953 1054 998 571 566 544

W00-X59 Sonst. äuß.Urs. von Unfallverletzungen 87 96 110 87 72 72

X60-X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung 294 286 272 214 202 196

X85-Y09 Tätlicher Angriff 28 40 23 21 16 21

Y10-Y34 Ereignis, nähere Umstände unbestimmt 56 79 49 51 56 55

Y35-Y36 Gesetzl. Maßn. und Kriegshandlungen 1 1

Sterbefälle nach äußeren Ursachen und ihren Folgen(Alter :15 bis unter 20)

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

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1998 1999 2000 2005 2006 2007

V01-Y98 Äußere Ursachen v. Morbidität u. Mortalität u. Folgezustände äußerer Ursachen

291 260 223 153 139 119

V01-Y84 Äuß. Ursachen v. Morbidität u. Mortalität 288 258 223 152 137 119

V01-X59 Unfälle 199 198 168 119 97 84

V01-V99 Transportmittelunfälle 146 145 129 82 62 62

W00-X59 Sonst. äuß.Urs. von Unfallverletzungen 53 53 39 37 35 22

X60-X84 Vorsätzliche Selbstbeschädigung 50 35 33 25 27 23

X85-Y09 Tätlicher Angriff 20 8 11 1 5 7

Y10-Y34 Ereignis, nähere Umstände unbestimmt 15 16 9 4 7 3

Y35-Y36 Gesetzl. Maßn. und Kriegshandlungen

Sterbefälle nach äußeren Ursachen und ihren Folgen(Alter :10 bis unter 15)

Gesundheitsberichterstattung des Bundes


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