TTIP
Transatlantisches
Freihandelsabkommen
zwischen den USA und der EU
Ernst-Christoph Stolper, Staatssekretär a.D.
Sprecher BUND AK Internationale Umweltpolitik
Verbändepapier „Für eine Handelspolitik im Interesse
der Menschen und der Umwelt vom 30. Januar 2015
Fünf Zentrale Kritikpunkte in TTIP/CETA
1. Gefahr der Absenkung von Umwelt-, Gesundheits-,
Arbeits- und Verbraucherschutzstandards
2. Einschränkung demokratischer Verfahren durch Re-
gulatorische Kooperation / Regulatorische Kohärenz
3. Einschränkung staatlicher Handlungsfähigkeit durch
Investitionsschutzbestimmungen, insbesondere
Investor-Staats-Klagen
4. Gefährdung von Daseinsvorsorge und Kultur durch
Dienstleistungsliberalisierung/Negativlistenverfahren
5. Gefahren für Klimaschutz und Energiewende,
Förderung umweltschädlichen Frackings
Wirtschaftliche Auswirkungen
Studie CEPR im Auftrag der EU Kommission: 0,5 %
Zuwachs BIP über 10 Jahre, 120 Mrd. absolut
IG-Metall-Chef Wetzel: „Da spielt das Wetter eine
größere Rolle für die Beschäftigungswirkung als das
Freihandelsabkommen“
Handelsliberalisierung ist Rationalisierungsstrategie:
Erst- und zweitklassige Unternehmen werden
überleben, drittklassige nicht
Schaffung von neuen Arbeitsplätzen setzt
Investitionsbereitschaft voraus
Transatlantischer Handel hat bereits hohes Niveau
Zuwachseffekte des EU-Binnenmarktes sind nicht
wiederholbar (12 → 1 vs. 2 → 1)
TTIP vor allem für KMUs?
Agenda ist vor allem von BusinessEurope und
AmCham sowie großen Konzernen bestimmt
Nur 2,8% der europäischen KMU sind im Extra-EU-
Handel aktiv, 0,7% im Handel mit den USA, aber
fast alle sind von verschärfter Konkurrenz betroffen
Durchschnittliches ISDS-Verfahren kostet 8 Mio. €,
unabhängig vom Erfolg
Von EU vorgeschlagenes KMU-Kapitel enthält nur
Maßnahmen, die auch ohne TTIP möglich sind
(Website, Best Practice etc.)
Bundesverband der mittelständischen
Wirtschaft (BVMW)
Zu den geplanten Investor-Staat-Streit-
beilegungsmechanismen (ISDS) in TTIP:
überflüssig und strikt ab-
zulehnen
benachteiligen die mittel-
ständische Wirtschaft
hebeln die Rechts-
staatlichkeit aus
Die Angst vor der „Gelben Gefahr“
In den USA schon seit längerem zentrales Argument:
TTIP und TPP sind Instrumente zur Eindämmung von
China und den BRICS-Staaten insgesamt
Obama 08.05.15 at Nike Headquarters in Oregon:
We have to make sure, America writes the rules of
the global economy. And we should do it today, while
our economy is in the position of global strength.
Because if we don´t write the rules for trade around
the world, guess what? China will! And they’ll write
those rules in a way that gives Chinese workers and
Chinese businesses the upper hand.”
Anteile an der Weltwirtschaft
Quelle: U.S. Census Bureau; Exporter Database; World Trade
Organization (WTO); International Monetary Fund (WEO). Stand:
11.02.2014, aus: U.S. Department of Commerce, International
Trade Administration: Benefits of Trade Agreements
Trade in Services Agreement (TISA) currently being negotiated.
Partners: Australia, Canada, Chile, Chinese Taipei (Taiwan),
Colombia, Costa Rica, European Union, Hong Kong, Iceland,
Israel, Japan, Liechtenstein, Mexico, New Zealand, Norway,
Pakistan, Panama, Paraguay, Peru, Republic of Korea,
Switzerland, Turkey, and the United States.
TTIP – die richtige globale Strategie?
Ein Raum mit 800 Mio. Menschen definiert die Regeln für
die anderen 6,5 Mrd. Menschen – noch realistisch?
Alle wirtschaftlichen Prognosen setzen voraus, dass die
anderen Länder, insbesondere die BRICS-Länder keine
Gegenmaßnahmen ergreifen.
Merkwürdige Logik: Die Zukunftsmärkte liegen in Asien –
deshalb steht die Vertiefung der transatlantischen
Beziehungen im Vordergrund unserer Handelspolitik?
Eine wirtschaftliche und politische Konfrontation mit den
BRICS-Staaten würden die EU und Deutschland im
Gegensatz zu den USA nicht aushalten.
TTIP hat auch Auswirkungen auf Europa
Ist die EU zu schwach, um sich international ohne die
USA zu behaupten?
Ersetzen des EU-Formates durch das NATO-Format –
alte Differenz zwischen „Europäern“ und „Transatlan-
tikern“ in der deutschen Außenpolitik
Konservative Politik in Europa: Erst wird die europäi-
sche Integration zerstört, dann wird nach dem großen
Bruder jenseits des Atlantik gerufen.
CDU-Bundesparteitag 8.-10.12.2014:
„Das Freihandelsabkommen muss neben der NATO die
zweite Säule der transatlantischen Partnerschaft
werden und zügig und zielorientiert weiter verhandelt
werden.“
Welten treffen aufeinander
Im Zentrum stehen nicht Zölle, sondern „nicht-
tarifäre Handelshemmnisse“ (Durchschnittlicher
Zollsatz EU: 5,2 %, USA: 3,5 %)
Was dem einen sein „nicht-tarifäres Handelshemm-
nis“, ist dem anderen sein ökologischer, sozialer
oder Verbraucherschutz-Standard
Beispiele:
Tierschutzbestimmungen / Handelshemmnis für
Fleischexporte
Chemikalienzulassungen und –verbote /
Handelshemmnis für Stoffe und Produkte
Verfahren der Beseitigung
„nicht-tarifärer Handelshemmnisse“
Angleichung der Standards und Verfahren
Nach oben, unten oder in der Mitte?
Wer entscheidet über neue Standards?
Gegenseitige Anerkennung
Tatsächliche Gleichwertigkeit der Standards?
Gefahr des „Race to the bottom“
Erfahrung bei der Schaffung des Europäischen
Binnenmarktes: Angleichung statt Anerkennung
Demokratieproblem wurde durch Stärkung des EP
und Schaffung der Politischen Union angegangen
Dieser Weg ist zwischen EU und USA nicht möglich
Nahrungsmittelsicherheit und
Landwirtschaft (SPS)
Konfliktthemen und -bereiche
Gentechnik
Einsatz von Hormonen in der Tiermast
Chlorhühnchen
Pestizideinsatz in der Landwirtschaft
Kennzeichnungspflichten
Risiken für Produzenten und Verbraucher
Gesundheitsgefahren für Verbraucher
Verunreinigungsverfahren für Bio-Produzenten
Ausrichtung der Agrarpolitik (industriell vs.
bäuerlich)
Technischer Umweltschutz (TBT)
Betroffene Branchen z.B.: Chemische Industrie,
Kraftfahrzeugindustrie, IKT, Pharmazeutische
Industrie, Medizingeräte
Hätte es das europäische Chemikalienrecht
REACH gegeben, wenn es damals schon TTIP
gegeben hätte?
Verharmlosende Beispiele: Einklappbare
Rückspiegel und Farbe der Blinker
Unterschiedliche natürliche Anforderungen
erfordern auch unterschiedliche Regulierungen.
Beispiel: Autounfälle in Deutschland und den USA
Übernahme des metrischen Systems?
Vorsorgeprinzip vs. Sound Science
– Grundsätze –
Vorsorgeprinzip ist im europäischen Primärrecht
verankert (Art. 191, Abs. 2 AEUV)
Staat kann bei Hinweisen auf die Schädlichkeit
bereits vor dem eindeutigen Nachweis handeln
Nachweispflicht liegt beim Hersteller/Importeur
U.S.-Recht: „Sound Science“ (~ solide Wissen-
schaft)
Verfahren gilt so lange als ungefährlich bis
Schädlichkeit erwiesen ist
Nachweispflicht liegt beim Staat
Aber: Sammelklagen auf Schadensersatz
Vorsorgeprinzip vs. Sound Science
– Praktische Beispiele –
Verbot von DDT
Zwischen ersten Hinweisen und weltweitem
Verbot lagen über 50 Jahre
Verbot von Asbest
Zwischen erstem Hinweis und kausalem
Nachweis vergingen 70 Jahre
Weitere 2 Jahrzehnte Diskussion um
angemessene Grenzwerte
Am Ende in der EU vollständiges Verbot, in den
USA bis heute nicht
Zukünftiges Beispiel: Chemikalie Bisphenol A?
Alles nur Panikmache?
Europäische Kommission versichert seit einiger
Zeit, Standards würden nicht abgesenkt, aber:
Verhandlung ist Geben und Nehmen
Kampf gegen Einschränkung des Verhandlungs-
mandats im Juni 2013
Berechnete Wachstumseffekte werden nur bei
vollem Abbau der Handelshemmnisse erreicht
Gentechnik, REACH, Tierschutz auf der
„Konzern-Wunschliste“
Beurteilung nur anhand der Entwurfstexte für den
Vertrag möglich (aber: nicht erst nach Abschluss
der Verhandlungen)
Regulatorische Kooperation
– Ziele und Konsequenzen –
Ziel: „lebendes Abkommen“, bei dem „stufenweise
nach vorab festgelegten Zielen und einem festen
Zeitplan auf mehr Regelungskonvergenz hingear-
beitet wird“ (EU-Kommission MEMO/13/564 v. 14.06.2013)
Reduzierung Volumen / Komplexität von TTIP
(CETA-Entwurf: 500 Seiten, mit Anlagen 1.500
Seiten)
Verringerung des Widerstands gegen TTIP und
CETA
Folge: TTIP forever – eine unendliche Geschichte
Ziel: Prüfung bestehender und zukünftiger Gesetz-
gebung, gesteuert von „Regulatory Cooperation
Body“ und „Sectoral Working Groups“
Umfangreiche Anzeige-, Informations- und Konsul-
tationspflichten für Rechtsakte (Richtlinien, Verord-
nungen, Gesetze, Implementierungsmaßnahmen)
Betroffen: Rechtsakte auf Ebene der EU und der
Mitgliedstaaten
Besonderheit EU: Alleiniges Initiativrecht der Kom-
mission. Folge: Konsultation bereits vor Entschei-
dung der Kommission. EP und Rat erhalten nur Vor-
schläge, die bereits mit der US-Seite abgestimmt
sind.
Regulatorische Kooperation
Vorschlag EU-Kommission 2015
Regulatorische Kooperation
– Bewertung –
Kein Veto-Recht des Vertragspartners
Aber: Abweichende Regulierung steht unter
Begründungszwang: Rechtsetzungsverfahren
bekommt Schlagseite
Kritik im Einzelnen:
Unzulässige Kompetenzübertragung ohne
ausreichende demokratische Legitimierung
Verhandlungsdemokratie statt parlamentarischer
Demokratie. Zurück zu intergouvernementalen
Verfahren und Hinterzimmer-Verhandlungen
Verzögerungsmöglichkeit bei dringend notwen-
digen Regulierungen
Regulatorische Kooperation
– Verzögerung von Regulierung –
Nadelöhr-Funktion der Regulatorischen Dialoge und
des Regulierungsrates
Aktuell anstehende notwendige Regulierungen: z.B.
Verbot von Bisphenol A (Inhaltsstoff von Kunststoffen)
Mögliche Verzögerungsmaßnahmen: Anforderung von
Unterlagen, Beauftragung zusätzlicher Gutachten
(Wirkungsanalysen), Regulatorische Dialoge,
Stakeholder-Befragungen etc.
Zeitliche Verzögerung von Regulierungen von der
Energieeffizienz bis zur Bergbausicherheit ist einer der
Hauptkritikpunkte von NGOs während der
Obama-Ära
US-Bundesbehörden im Gesetzgebungsprozess
Grafik: Center for Effective Government
aus: Coalition for Sensible Safeguards, Down the Regulatory Rabbit Hole, How Corporate Influence, Judicial Review and a Lack
of Transparency Delay Crucial Rules and Harm the Public, June 2013
Regulatorische Kooperation
– Beispiele für Verzögerung durch OIRA –
Rückfahrkameras für PKWs, um Unfälle mit Kindern
zu verhindern
Schutz vor Silikonstaub beim Bau und im Gewerbe
Mindestlohn und Überstundenregelungen in der
häuslichen Pflege
Sicherheitsvorschriften für Kohleasche-Deponien
Bessere Energieeffizienz-Standards
Berufsstandards von Finanzberatern gegen Vorteils-
nahme
Kontrolle von Wall Street-Händerln hinsichtlich
spekaulativer Beeinflussung von Energiepreisen
Was sind Schiedsgerichte?
Zusammensetzung: In der Regel drei private Juristen
Ein Vertreter des Klägers
Ein Vertreter der Beklagten
Ein „neutraler“ Vertreter, von beiden gemeinsam
ausgewählt
In der internationalen Unternehmenskooperation
gängiges und unproblematisches Instrument
Völlig anders im Rahmen von Investitionsschutz-
verträgen, die Klagen von Unternehmen gegen
Staaten wegen ihrer Regulierung
Grundsätzliche Kritik ISDS
Materiell rechtlich: Große Spannbreite von faktischer
Enteignung bis zur Entschädigung (vermeintlich)
entgangener Gewinne
Unbestimmte Rechtsbegriffe: „fair and equitable treat-
ment“ („gerechte und billige Behandlung“); „legitimate
expectations“ („legitime Erwartungen“)
Aushöhlung der normalen Gerichtsbarkeit (In Deutsch-
land auch Konflikt mit Verfassungsrecht: „Dulde und
Liquidiere“)
Inländerdiskriminierung: Nur ausländische Unternehmen
oder internationale Konzerne können klagen
Nur Unternehmen können gegen Staaten klagen nicht
z.B. Staaten oder NGOs, Gewerkschaften gegen
Unternehmen
Detailkritik ISDS
Interessenskonflikte der beteiligten Schiedsrichter
(verschiedene Hüte in verschiedenen Verfahren)
Wirtschaftliches Interesse der „Richter“ am Erfolg
der Schiedsgerichtsverfahren
Fehlende Öffentlichkeit und Drittbeteiligungsrechte
Fehlende Berufungsmöglichkeit
Hohe Prozesskosten, auch für „gewinnende Seite“
Die Detailprobleme werden durch die aktuellen
Reformvorschläge der Kommission angegangen.
Nichts Neues durch TTIP und CETA?
In den letzten Jahren hat sich eine Klage-
industrie entwickelt
1990: 1 Dutzend; Ende 2013: 568 Fälle
TTIP und CETA sind die Vorreiter einer neuen
Generation von Freihandels- und Investitions-
schutzverträgen der EU
Professor Gus Van Harten:
Bisherige Verträge decken 15-20 % der
weltweiten Investitionen ab
TTIP allein würde 50-60 % abdecken
Beispiele für ISDS-Verfahren I
Pacific Rim Mining Corporation (Canada) gegen
El Salvador wg. Verweigerung einer Genehmi-
gung zum Goldabbau aus Gründen des Trink-
wasserschutzes. Forderung: 300 Mio $
Rohstoffkonzern Renco (USA) gegen Peru wg.
Schadensersatz für Umweltauflagen, zu denen
er sich selbst einmal verpflichtet hatte.
Forderung: 800 Mio. $
Chevron (USA) gegen Ecuador wg. einer
Gerichtsentscheidung über Schadensersatz für
Umweltverschmutzungen. Forderung: 9,5 Mrd. $
Beispiele für ISDS-Verfahren II
Philip Morris (USA) gegen Australien und Uruguay wegen Anti-
Raucher-Gesetzen (u.a. Gesundheits-hinweisen auf Zigaretten-
schachteln).
Forderungen: jeweils in Milliardenhöhe (Uruguay: 2 Mrd. $,
Australien: unbekannt).
Verfahren gegen Uruguay über die Schweiz, gegen Australien
über Hongkong wg. fehlendem Abkommen USA-Australien
Das Verfahren gegen Australien ist Ende 2015 gescheitert,
die Gründe sind jedoch unbekannt (Schriftsätze geheim),
Verfahrenskosten für Australische Regierung: 50 Mio. $
Yukos-Aktionäre (Zypern, Isle of Man) gegen Russ. Föd. wg.
indirekter Enteignung. Entschädigung: 50 Mrd. $
Ping An (Versicherungsunternehmen, China) gegen Belgien wg.
Zerschlagung der Fortis-Bank in der Finanzkrise. Forderung: 1,8
Mrd. €
Beispiele für ISDS-Verfahren III
Lone Pine (Kanada) gegen Kanada wg. Schadens-
ersatz für entgangene Fracking-Einnahmen. Forde-
rung 250 Mio. $
Evtl. demnächst Klage von TransCanada (Kanada)
gegen die USA wg. Nichtgenehmigung von
Pipeline Keystone XL?
Vattenfall gegen die Bundesrepublik wg. Genehmi-
gungsauflagen für Kohlekraftwerk Moorburg. For-
derung: 1,7 Mrd. €. Ergebnis: Lockerung der
Umweltauflagen
Vattenfall gegen die Bundesrepublik wg. Atom-
ausstieg. Forderung: 4,7 Mrd. €
ISDS-Verfahren gegen nationales Recht
Eli Lilly gegen Kanada
Grund: höchstrichterliche Entscheidung über die
Gültigkeit von Patenten
Hat in Kanada Interesse an ISDS drastisch reduziert
Micula Brothers gegen Rumänien
Grund: Abbau von (Steuer-)Subventionen wegen
Anpassung an das EU-Recht im Zuge des Beitritts
Schiedsgerichtsurteil: 250 Mio. $ Schadensersatz
EU Kommission hat Beihilfeverfahren gegen die
Zahlung der Summe eröffnet
Entscheidung vor U.S. Bundesgericht?
Klimaschutz ► Klagen gegen Fördersysteme für
Erneuerbare Energien
Finanzkrise ► Abkommen beschränken die
Kompetenzen der Staaten zur Kapitalverkehrs-
kontrolle und zur Stabilisierung des Finanzsystem
Fukushima-Katastrophe ► Klage von Vattenfall
gegen den Atomausstieg
Gesundheitsschutz (Kosten des Rauchens jährlich
500 Mrd. $) ► Klagen von Unternehmen gegen
Anti-Raucher-Gesetze
ISDS und die Herausforderungen des
21. Jahrhunderts
Wachsender Widerstand weltweit
Südafrika: Kündigung aller Abkommen mit Investitions-
schutzklauseln (mehr Direktinvestitionen aus Ländern ohne
Investitionsschutzabkommen)
Indonesien: Kündigung Investitionsschutzabkommen mit den
Niederlanden, ebenso wie in der Folge alle weiteren 67
bilateralen Abkommen
Brasilien: Hat noch nie ein Investor-Streitschlichtungs-
verfahren akzeptiert
Australien: ISDS in Vertrag mit USA 2005 abgelehnt
Italien hat die Europäische Energiecharta im Januar 2015
gekündigt.
Verhandlungen der USA mit Indien stocken
Hintergrund: Kombinierte Investitionsschutz- und Libera-
lisierungsabkommen behindern den Aufbau
heimischer Wirtschaftszweige
Daseinsvorsorge und Public Services
Ein Streit um Äpfel und Birnen
Daseinsvorsorge nach deutschem Muster ist weder in
der EU, noch mit den USA oder in der WTO Konsens
Bisher in der EU: Mitgliedstaat entscheidet selbst
Positivliste oder Negativliste
Neues Prinzip in TTIP und CETA gegenüber GATS:
Negativliste statt Positivliste
Abgrenzungsproblem Daseinsvorsorge
Negativlistenprinzip erfordert Definition der
Daseinsvorsorge (bisher vermieden)
Abgrenzungsmöglichkeiten
Besitzverhältnisse (privat, öffentlich, gemischt)
Gegenstand der Dienstleistung (Branche)
Geschäftsmodell (mit oder ohne Gewinn-
erzielungsabsicht)
Marktstruktur (Konkurrenz zu privaten Dienst-
leistern?)
Was wir wirklich brauchen …
Nature-Studie Januar 2015: Anteile technisch und
wirtschaftlich förderbarer fossiler Rohstoffe, die im
Boden bleiben müssen, um das 2-Grad-Ziel zu
erreichen:
80 % der Kohlevorkommen
50 % der Gasvorkommen
30 % der Ölvorkommen
Klimareduktionsziele bis 2050: EU 80%, D 80-95%
Daraus folgen:
Erhebliche Beschränkungen für die Nutzung fossiler
Reserven, nicht die Erschließung neuer Quellen
Umfassende Förderung Erneuerbarer Energien
… und was die EU-Kommission bei
TTIP möchte …
Zentrales Ziel: Generalgenehmigung für Exporte von
Öl und Gas aus den USA nach Europa (Inländerbe-
handlung) – Obama-Öl statt Putin-Gas –
Bisher notwendig (seit Mitte der 1970er Jahre):
Einzelgenehmigung des U.S.-Energieministeriums
Department of Energy (DoE)
Folgen
Höhere Nachfrage führt zu höheren Energiepreisen
in den USA
Anheizen des Fracking-Booms in den USA
Gefährdung der Klimaziele weltweit
… und ihre Bündnispartner
Unterstützer:
U.S. Öl-und Gaskonzerne
Gegner:
Konsumenten
Umweltverbände
Energieintensive Unternehmen in den USA
Offizielle Begründung der Kommission:
EU setzt sich für Abbau von Handelsbeschränkungen
für fossile Rohstoffe und seltene Erden in allen
Freihandelsabkommen ein.
Deal im Kongress Ende 2015: Genehmigung wird
abgeschafft
... und außerdem: Die Förderung
Erneuerbarer Energien behindern
Bereits heute ist die Gestaltung der EE-Förderung
durch Beihilferecht in der EU stark eingeschränkt
Weitergehende Regelung in TTIP-Vorschlag der
Kommission: Grundsätzlicher Ausschluss von
Preisregulierungen, also z.B. den EEG-Einspeise-
tarifen (Ausnahmen nur klar umrissen, zeitlich
begrenzt und „nicht mehr belastend als nötig“)
Zementierung durch völkerrechtlichen Vertrag
erschwert Änderungen erheblich
... aber nicht nur in Europa!
Ausschluss von Local Content-Regelungen
für Anlagen der Erneuerbaren Energien:
Problematisch für USA
Problematisch aber auch für Schwellen-
und Entwicklungsländer, da in TTIP auch
die Position in internationalen
Verhandlungen abgestimmt werden soll.
Regelmäßiger Konflikt z.B. mit Indien
Morgengabe
EU-Treibstoffqualitäts-Richtlinie
Ziel der EU Treibstoffqualitäts-RL: Minus 6% CO2-
Emissionen im Transportsektor, insbesondere durch
Klassifizierung der Treibstoffe nach ihren Emissionen
2009: Studie Stanford University für EU-Kommission:
CO2-Emissionen von Teersand-Ölen 23% höher als bei
konventionellem Öl
Druck aus den USA (USTR Froman) und Kanada (u.a.
MP Harper) sowie von BP und Shell
EU-KOM 06.10.14: Durchführungsvorschriften ohne
gesonderte Berechnung für Teersand-Öle, Herkunfts-
angaben für Treibstoffe vertraulich
Zustimmung EP 17.12.14: Nur einfache, aber keine
absolute Mehrheit dagegen
Mögliche Alternativen
TTIP light (ohne ISDS, ohne regulatorische Kooperation,
Positiv- statt Negativlistenprinzip, keine Standard-
absenkungen, keine negativen Klimawirkungen)
Internationaler Gerichtshof für Unternehmensrechte und
–pflichten (Investitionsschutz, aber auch Umwelt- und
Sozialstandards)
Multilaterale oder plurilaterale Branchenabkommen, z.B.
Automobilindustrie
Gesundheitsgeräteindustrie
Maschinenbau
Beispiel Environmental Goods Agreement: APEC-
Initiative, Januar 2014 Davos, Juli 2014
Start der Verhandlungen
Scheinlösungen der TTIP-Befürworter
Transparenz ► Info für Parlamentarier, aber
Verbot zur weiteren Verwendung
ISDS ► Reformvorschlag der Kommission, aber
kein Lösen der Grundprobleme
Absenkung ökologischer und sozialer Standards
► Nachhaltigkeitskapitel, aber „ohne Zähne“
Vorteile für Konzerne ► KMU-Kapitel, aber nur
Begleitwerk
Demokratiedefizit ► „Right to Regulate“, aber
Beibehaltung der Regulatorischen Kooperation
Dienstleistungsliberalisierung ► „Herausnahme“
von Kultur und Daseinsvorsorge, aber ohne klare
Definition und weiter Negativlistenprinzip
Zentrale Aktivitäten 2016
Obama-Besuch der Hannover Messe Ende
April – evtl. Start eines Alternativen Trans-
atlantischen Dialogs
Regionale / Dezentrale Demonstrationen im
Rahmen eines europaweiten / internatio-
nalen Aktionstags, vermutlich im Herbst
Großer Kongress zu Alternativer Wirtschafts-
und Handelspolitik Ende 2016 / Anfang 2017
Weitere Aktivitäten 2016
Kampagne TTIP-freie Kommunen (wird jetzt
auch europaweit vernetzt)
Vorbereitung von Volksbegehren und Volks-
abstimmungen, z.B. in Holland, aber ggf. auch
Volksbefragungen anhand von Wahlen
Druck auf Parteien und Parlamente
sEBI: Kampagne „Adopt an MEP“, v.a. im
Hinblick auf CETA-Ratifizierung
ttip-unfairhandelbar: Einfluss auf Kandida-
tInnenaufstellungen zur Bundestagswahl
Nächste Treffen
22.-24. Februar 2016: Europaweit
5th Strategy and Campaigning
Meeting on TTIP and CETA, Brüssel
26.-27. Februar 2016: Deutschland
Strategie- und Aktionskonferenz der
Stop-TTIP-Bewegung, Kassel
www.ttip-aktionskonferenz.de/
Vielen Dank
Ernst-Christoph Stolper, BUND Sprecher AK Internationale Umweltpolitik
+49-172-2903751