Einleitung
Seit Jahrzehnten nimmt vonseiten der Patienten der Wunsch
nach ästhetischen Veränderungen des Lächelns zu. Mit
Änderungen von Form, Farbe, Größe und Positionierung der
Zähne auf der Grundlage fazialer Parameter wird ein harmo-
nischeres und gesünderes Lächeln durch eine multidiszi-
plinäre Behandlung erreicht. Mit der wissenschaftlichen
Weiterentwicklung sowie Fortschritten bei den Materialien
und Anwendungstechniken sind heutzutage weniger inva-
sive Vorgehensweisen, die solche Änderungen erzielen,
realisierbar. Eine dieser Behandlungstechniken sind die
Keramikveneers (Belser et al., 1997; Radz, 2011; Rotoli
et al., 2013).
Die Anfertigung der Veneers beginnt mit einer mini-
malen Präparation des Zahnes, sodass einerseits möglichst
viel gesunde Zahnhartsubstanz erhalten bleibt, anderer-
seits aber Formänderungen des Zahnes und auch kleine
Farbänderungen ermöglicht werden. Dieses neue Konzept
wurde unter dem Begriff „minimalinvasive Zahnheilkunde“
eingeführt (Radz, 2011).
Das am häufigsten verwendete Material zur Herstellung der
Keramikveneers ist Keramik auf der Basis von Lithium-
disilikat, welches aufgrund seiner Widerstandsfähigkeit
gute mechanische Eigenschaften und durch Nachahmung
zahneigener Charakteristika gute optische Eigenschaften
aufweist und biokompatibel zu den Geweben in der
Nachbarschaft des Zahnes ist (CHEN et al., 2018; Palla et
al., 2018; Zhi et al., 2016).
Blöcke auf Composite-Basis werden ebenfalls zur
Herstellung indirekter Restaurationen mithilfe der CAD /
CAM-Technik verwendet. Bei ihrer Herstellung werden sie
zur Polimerisation Wärme und Druck ausgesetzt und erhalten
auf diese Weise überlegene mechanische Eigenschaften,
wenn man sie mit direkt gelegten Compositefüllungen ver-
gleicht (Mainjot et al., 2016). Die CAD / CAM-Blöcke auf
Compositebasis sind, was Elastizitätsmodul und Festigkeit
betrifft, der Zahnsubstanz, also Schmelz und Dentin, ähn-
lich. Diese Eigenschaften können über den Anteil, den die
Harzmatrix an der Zusammensetzung der Blöcke ausmacht,
kontrolliert werden. Darüber hinaus weist dieses Material
im Vergleich zu Keramik eine größere Resistenz gegen
Ermüdung auf (Alamoush et al., 2018; Magne et al., 2010)
und solche Eigenschaften machen dieses Material zu einer
hervorragenden Wahl für haltbare indirekte Restaurationen.
Grandio blocs (VOCO GmbH, Cuxhaven, Germany) ist ein
Beispiel für einen Hybrid-Keramik-Block für CAD / CAM-
Systeme – er ist ein Nanokeramisches Hybrid-Material, der
80 % anorganische Füllstoffe in einer Polymermatrix enthält.
Die Kunststoffsysteme für CAD / CAM sind indiziert für die
indirekte Herstellung definitiver Einzelzahnrestaurationen
wie Inlays, Onlays, Vollkronen und Veneers.
Neben den mechanischen Vorteilen bringen die
Kunststoffblöcke mit der Möglichkeit des Einfärbens
direkt nach dem Fräsvorgang, ohne dass eine zusätzliche
Kristallisation wie bei den Keramikblöcken notwendig wäre,
auch einen Vorteil für die Herstellungstechnik (Allen et al.).
Ein weiterer interessanter Faktor, der bei der Verwendung
dieser Blöcke Beachtung finden sollte, ist der, dass im
Vergleich zu Keramiken die Ränder der Restauration keine
Mikrorisse aufweisen und sich gleichmäßiger darstellen
(Tsitrou et al., 2007). Die auf Compositebasis hergestellten
Restaurationen können bei Bedarf leichter intraoral repariert
werden, wobei notwendigerweise der Bereich angefrischt,
die Restauration hiernach silanisiert, ein Adhäsivsystem
appliziert und mit Composite direkt repariert wird (Tsitrou
et al., 2010).
Dieser klinische Fall soll also die Möglichkeit der Anwendung
der CAD / CAM-Technik mit Compositeblöcken zur indirek-
ten Versorgung von Frontzähnen aufzeigen.
Ästhetische Frontzahnversorgung mit Grandio blocsProf. Dr. João Mauricio Ferraz da Silva und Danilo de Souza Andrade, Universität São Paulo, São José dos Campos, Brasilien
ANWENDERBERICHT
Fallbericht
Ein 50-jähriger Patient erschien in der Klinik des univer-
sitären Projektes „Construindo Sorrisos Confiantes“ (in etwa
„Selbstbewusstes Lächeln ermöglichen“) der Abteilung
für Zahnmedizinische Materialien und Prothetik des
Instituts für Wissenschaft und Technologie der Universität
des Bundeslandes São Paulo in São José dos Campos,
Brasilien. Er war mit seinem Lächeln unzufrieden, denn
ihm gefielen weder die lückige Stellung noch die Farbe
seiner Zähne. In der ersten Sitzung wurde die Anamnese
erhoben, eine klinische Untersuchung vorgenommen und
Fotos für die Diagnose und spätere Planung aufgenommen
(Abb. 1, Abb. 2).
Durch die Untersuchungen wurde festgestellt,
dass der Patient einen guten allgemeinen und guten
Mundgesundheitszustand aufwies ohne systemische
Erkrankungen, die die zahnmedizinischen Maßnahmen
beeinflussen und/oder beeinträchtigen könnten.
Zu Behandlungsbeginn wurden die extraoralen Fotos –
bestehend aus frontaler Gesichtsaufnahme mit Lippenhalter
und forciertem Lächeln, 45º von der Seite, Foto in 12-Uhr-
Position – und die intraoralen Fotos – Nahaufnahme des
Lächelns, maximale Interkuspidation mit Lippenhaltern
und der Oberkieferzähne mit schwarzem Hintergrund – auf-
genommen (Abb. 3). Danach erfolgte unter Zugrundelegung
des Hauptproblems und im Hinblick auf seine Lösung
die digitale Planung des Lächelns 2D (DPL) mithilfe der
Diagnosefotos. Der Aufbau des idealen Lächelns wurde
auf der Basis der fazialen Aspekte des Patienten und
der Funktion des stomatognathen Systems kreiert. Die
für die Planung des Lächelns verwendeten Parameter
waren die Lachkurve und die Position der Lippen, der
Gingivazenit, Zahnproportionen, das Gesichtsformat und
die Größenzunahme gemäß den Prinzipien der RED-
Korrelationen (Stanley et al., 2018). Nach Festlegung des
endgültigen Aufbaus des Lächelns in einer 2D-Planung
wurden die Daten zusammen mit den Modellen des
Patienten an das Prothetiklabor geschickt, um ein dia-
gnostisches Wax-up für den Patienten anfertigen zu lassen.
Unter Verwendung des Modells mit dem diagnostischen
Wax-up wurde ein Silikonschlüssel angefertigt, der diese
vorgeschlagene neue Zahnanatomie wiedergibt und die
Herstellung eines Mock-ups auf den Zähnen des Patienten
ermöglicht, ohne dass irgendeine Zahnpräparation
vorgenommen werden müsste, lediglich mit dem Ziel, die
dem Patienten vorgeschlagene ästhetische Versorgung
zu simulieren. Mithilfe dieser Simulation analysiert der
Behandler für den entsprechenden Fall die Ästhetik und
Funktion und befürwortet die Planung oder lehnt sie ab.
Darüber hinaus ist die Einprobe des Mock-ups hervorra-
ANWENDERBERICHT
Abb. 1: Gesichtsfoto zu Beginn und nach Behandlungsabschluss
Abb. 2: Foto des Lächelns zu Beginn und nach Behandlungsabschluss
Abb. 3: Digitale Planung des Lächelns
gend dazu geeignet, dass der Patient sich selbst ein Bild
von der vorgeschlagenen ästhetischen Versorgung macht
und so mehr Vertrauen in die bevorstehende Behandlung
gewinnt. Zur Herstellung des Mock-ups wird Bis-Acryl-
Kunststoff verwendet, zu dessen Materialeigenschaften
gehört, dass er bei seiner Polimerisationsreaktion Wärme in
nur geringer Menge abgibt, er außerdem gut die Zahnform
abbildet, die mit dem Silikonschlüssel kopiert wurde, und
eine zahnähnliche Farbe hat. Zur Anwendung kam der
Bis-Acryl-Kunststoff Structur 2 (VOCO GmbH). Er wurde
in den Silikonschlüssel eingebracht, wobei sich die Spitze
der Mischkanüle immer in der Tiefe des Schlüssels befand,
um Lufteinschlüsse zu vermeiden. Nach dem Befüllen
wurde der Schlüssel in den Mund eingesetzt, wobei
die Überschüsse in der Anfangsphase der Polimerisation
entfernt wurden und danach das vollständige Aushärten
abgewartet wurde. Nach erfolgter Polimerisation wurde
der Silikonschlüssel aus dem Mund genommen und die
Oberfläche des fertigen Mock-ups mit einer alkohol-
getränkten Gaze abgewischt, um verbliebenes Monomer zu
entfernen (Abb. 4).
Nachdem die abgeschlossene Planung Zustimmung
bei Patient und Behandler gefunden hatte, wurde dem
Patienten ein Behandlungsplan zum Erreichen des in dieser
ersten Phase beschriebenen Behandlungsziels vorgelegt.
Als Behandlung wurden dem Patienten vorgeschlagen:
die Durchführung einer Zahnaufhellung zum Erreichen
einer gleichmäßigen Zahnfarbe, und zur Neugestaltung der
Zahnform die Anfertigung von Veneers aus Hybridblöcken
(Grandio blocs – VOCO GmbH) für sechs Zähne, von 13
bis 23.
Für die Präparation der Zähne wurde als Referenz die
Technik nach Kern e Ahlers, 2015 angewandt, bei der
das Mock-up als Orientierung für den Substanzabtrag
dient. Unter Verwendung eines Schleifkörpers 4141 (KG
Sorensen, Cotia, Brasilien), dessen Besonderheit in dia-
mantierten Ringen besteht, wurden Orientierungsrillen
auf der Vestibularfläche des jeweiligen Zahnes unter
Beachtung der unterschiedlichen Neigung des Zahnes
in jedem Drittel angelegt und dieser Substanzabtrag
von rund 0,5 mm Stärke wurde von mesial bis distal
vorgenommen. Anschließend wurde mit dem extrafeinen
Diamantschleifkörper 3145FF durch einen zweiten
Substanzabtrag die jeweilige Vestibularfläche bis zum
Verschwinden der im ersten Schritt angelegten Rillen
eingeebnet. Die Präparation wurde mit einem extrafei-
nen Diamantschleifkörper 3203FF abgeschlossen, wobei
der zervikale und approximale Präparationsrand angelegt
wurde, um einen besseren Randschluss des jeweiligen
Veneers zu erzielen und die genaue Größe des Veneers
festzulegen (Abb. 5).
Die Abformung wurde nach der Präparation in der selben
Sitzung genommen und dazu wurde zur vorausgehenden
Gingivaretraktion ein einziger Faden der Stärke #000
(Ultrapack – Ultradent Products Inc., South Jordan,
USA) gelegt. Der leicht mit einer hämostatischen Lösung
getränkte Faden wurde in den Gingivasulkus eingelegt.
Die Abformung wurde zweizeitig mit einem additionsver-
netzenden Silikon (Virtual – Ivoclar Vivadent AG, Schaan,
Liechtenstein) durchgeführt. Die DSD-Planung und das
Modell wurden zur Orientierung und zur Herstellung der
Restaurationen an das Labor geschickt.
ANWENDERBERICHT
Abb. 4: Mock-up
Abb. 5: Präparation auf dem Mock-up
Zur Eingliederung der Restaurationen wurde vorab eine
trockene Einprobe im Mund vorgenommen, um den
Randschluss und den endgültigen Sitz der Veneers zu
beurteilen und notwendigenfalls approximale Korrekturen
vorzunehmen (Abb. 6). Die Innenflächen der Veneers
wurden nach Herstellerangaben folgendermaßen vorberei-
tet: Abstrahlen mit Aluminiumoxid (25 bis 50 μm),
anschließend wurden die Arbeiten 5 Minuten lang im
Ultraschallbad gereinigt. Danach wurde die Oberfläche mit
dem Haftvermittler Ceramic Bond (VOCO GmbH) behandelt
(Abb. 7): Mithilfe eines Applikationspinsels wurde dieser
auf die Innenflächen der Veneers aufgetragen, die nach
60 Sekunden Einwirkzeit mit einem kurzem Luftstrahl ge-
trocknet wurden. Die Vorbehandlung der Zähne erfolgte mit
37%-iger Phosphorsäure für 30 Sekunden, da die Zähne
ausschließlich im Schmelz präpariert wurden, dann aus-
giebiges Spülen mit Luft- / Wasserspray und Trocknen mit
Luftspray. Das Adhäsiv Futurabond U (VOCO GmbH) wurde
auf die Zahnoberfläche aufgetragen und 20 Sekunden ein-
massiert, gefolgt von einer Entfernung des Überschusses
mit einem feinen Sauger und leichtem Luftstrom (Abb. 8).
Das Lösungsmittel wurde mit sanftem Luftstrom verblasen
und das Adhäsiv lichtgehärtet.
Nach der Vorbereitung der Veneers und der Zähne war der
nächste Schritt das definitive Einsetzen mit Kunststoff.
Es wurde das dualhärtende Befestigungssystem auf
Composite-Basis Bifix QM (VOCO GmbH) verwendet, wel-
ches auf die Innenfläche der Veneers aufgetragen wurde,
die Veneers wurden in ihre endgültige Position gebracht
und auf Austreten überschüssigen Materials geachtet.
Nach Entfernen des ausgetretenen Überschusses mithilfe
eines Pinsels wurde fünf Sekunden lang fotopolimerisiert,
um die Veneers zu stabilisieren. Mit den so fixierten
Restaurationen wurde dazu übergegangen, die Überschüsse
approximal mit Zahnseide und zervikal mit einem Skalpell
Nr. 11 zu entfernen (Abb. 9).
Danach erfolgte die abschließende Lichtpolimerisation für
40 Sekunden auf jeder Seite der Veneers. Nach Abschluss
der Polimerisation wurden verbliebene Überschüsse mithilfe
einer Parodontalkürette und einer Approximalsäge entfernt.
Anschließend wurde die Okklusion gemäß den Markierungen
ANWENDERBERICHT
Abb. 6: Trockene Einprobe
Abb. 9: Entfernung des überschüssigen Befestigungsmaterials Bifix
Abb. 7: Auftragen von Ceramic Bond auf die Veneers
Abb. 8: Vorbereitung der Zähne: 37%-ige Phosphorsäure für 30 Sek., Auftragen von Futurabond U und Einmassieren für 20 Sekunden.
durch Okklusionsfolie (Accufilm - Parkell Inc., Edgewood,
USA) auf Folienhalter nach den Kriterien einer optimalen
Okklusion mit beidseitigen und gleichzeitigen Kontakten
sowie klar definierten Führungsflächen eingeschliffen. Nach
dem Einschleifen wurden die Veneers fertig ausgearbei-
tet und poliert unter Verwendung von Diamantpolierern
Diamanto (VOCO GmbH) und erhielten dadurch ihre endgül-
tige glatte und glänzende Oberfläche (Abb. 10).
Der Patient wurde über wichtige Aspekte der Pflege und
Kontrolle der Versorgung aufgeklärt und nach Vergabe eines
ersten Kontrolltermins in 48 Stunden entlassen. Nach
zwei Kontrollsitzungen, in denen der Randschluss, mög-
liche Überschüsse, Okklusionskontakte und Mundhygiene
bewertet wurden und nichts zu beanstanden war, wurde
der Patient über die Bedeutung anhaltender Mundhygiene
und die Notwendigkeit von halbjährlichen Kontrollen der
Versorgung aufgeklärt und endgültig entlassen (Abb. 11).
Fazit
An dem dargestellten Fall wurde deutlich, das die CAD /
CAM-Technik bereits klinische Realität ist und in Kürze die
Herstellung indirekter Restaurationen ausschließlich über
sie erfolgen wird. Außerdem sollten wir die Verwendung
von Alternativen zu den keramischen Materialien, die be-
reits umfassenden Einzug in die Literatur gehalten haben,
in unsere Überlegungen für ästhetische Versorgungen
im Frontzahnbereich einbeziehen. Das beschriebene
Hybridmaterial hat sich hier mit guten ästhetischen
und mechanischen Eigenschaften gezeigt, wobei für die
Beobachtung der Langlebigkeit des Materials weitere kli-
nische Fälle nötig sind.
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