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Inhalt
Nr. 9 / September 2003Seite 129 - 144
Unberechtigte Kündigung
So setzen Sie Schadenersatzansprüche
des Mieters fehlerfrei durchvon RiAG a.D. Dr. Herbert Franke, Marl
Vermieter von Wohnraum dürfen – von wenigen Ausnahmen
abgesehen – nach § 573 BGB nur kündigen, wenn ihnen
„berechtigte Interessen“ zur Seite stehen (Franke, MK 02, 138
und 168). Ist die Kündigung ungerechtfertigt, kann der Mieter
Schadenersatz verlangen, wenn der Vermieter mindestens
fahrlässig handelt. Der folgende Beitrag erläutert, wie Sie
diesen Anspruch sicher durchsetzen können.
1. AnspruchsgrundlagenSeit dem In-Kraft-Treten des Schuldrechtsmodernisierungs-
Gesetzes ist für Schadenersatzansprüche des Mieters gegen
den Vermieter bei unberechtigter Kündigung § 280 BGB ein-
schlägig. Diese neue Vorschrift ist die zentrale Haftungsnorm
zur Schadenersatzpflicht des Schuldners (Goebel, MK 03, 46).
Sie umfasst insbesondere die frühere pVV.
Praxishinweis: Stellt die Schadenzufügung eine Vertragsver-
letzung dar, löst diese nach § 280 BGB ohne weitere Voraus-
setzungen, vor allem ohne Fristsetzung wie bei § 281 BGB,
eine Ersatzpflicht des Vermieters aus.
2. FallgruppenDie Rechtsprechung hat für fünf Fallgruppen eine Schadener-
satzpflicht des Vermieters bei unberechtigter Kündigung bejaht:
Eigenbedarfsfälle, in denen der Kündigungsgrund nach-
träglich weggefallen ist (OLG Karlsruhe, RE, NJW 82, 54;
BayObLG, RE, NJW 82, 2003; s.u., 4.);
vorgeschobener Eigenbedarf bei Wohnraummiete (LG Ber-
lin GE 93, 805; ZMR 88, 387); das LG Bonn (NJW-RR 88,
1361) gewährt dem Mieter darüber hinaus einen Anspruch
auf Wiedereinräumung des Besitzes an der noch nicht wei-
tervermieteten Wohnung;
unberechtigte Kündigung bei Gewerberaum, wobei einfa-
che Fahrlässigkeit genügt (BGH NJW 84, 1028); der Haf-
tungsgrund ist oft eine Art fahrlässige Täuschung, nicht stets
eine Vertragsverletzung (Klinkhammer, NJW 97, 222; LG Frei-
burg WuM 79, 215; AG Memmingen NJW-RR 95, 1227);
UnberechtigteKündigungSchadenersatzansprüche
des Mieters durchsetzen
(mit Musterformulierung)
Seite 129
BetriebskostenWirtschaftlichkeitsgebot
bei der Heizkostenumlage
Seite 134
Aktuelle RechtsprechungBGH: Vollständige
Zahlung der Miete
trotz bestehendem
Mangel (mit Checkliste)
Seite 136
BGH: Gewerbliche
Weitervermietung
Seite 138
Begründungszwang
bei fristloser Kündigung
Seite 139
Unbegrenzte Bürgschaft
zur Abwendung der
Zwangsräumung
Seite 140
WEGWelche Vollmacht gilt?
Seite 141
Beschlussanfechtung
Seite 141
MietvertragVereinbarungen über die
Verjährung im Mietrecht
Seite 142
www.iww.de
Online-Service(www.iww.de)
Kennwort im September:
Mieter
Besuchen Sie uns vom
8. bis 13.10.2003
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4.2, Stand F445
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behaupteter Eigenbedarf, obwohl der Entschluss des Vermieters zum Einzug in die
Wohnung noch nicht sicher feststeht (LG Mannheim WuM 91, 693);
vor der Selbstnutzung sind bauliche Maßnahmen nötig, die der Vermieter jedoch
nicht verwirklicht; hier kann die Ernsthaftigkeit des Nutzungswunsches zu verneinen
sein (BVerfG WuM 02, 21).
3. Kein Schadenersatz, wenn Vermieter die Kündigungslage nur falsch beurteiltEine unzutreffende rechtliche Beurteilung macht nicht ersatzpflichtig (LG Kiel WuM 95,
169; a.A. Sternel, Mietrecht, 3. Aufl., Rn. II 632). Bringt ein redlicher Vermieter unzurei-
chende, aber wahrheitsgemäße Kündigungsgründe vor, haftet er ebenfalls nicht auf
Schadenersatz. Er ist nicht als rechtskundiger anzusehen als der Mieter (a.A. LG Kiel
NJW 75, 1973: bereits eine nicht ausreichende Kündigungsbegründung – § 573 Abs. 3
BGB – soll zu Schadenersatz verpflichten).
Vermieter V. kündigt Mieter M. berechtigt wegen Eigenbedarfs. Er benötigt die Wohnung für
seinen Sohn S., der nach einem Auslandsstudium in der Nähe der Wohnung eine Arbeitsstel-
le antritt. S. ist ebenso alleinstehend wie M. Auch im Übrigen ist die Kündigung materiell-
rechtlich gerechtfertigt. Seine schriftliche Begründung gegenüber M. erschöpft sich allerdings
in dem Kündigungsausspruch selbst, sowie dem Hinweis, der V. benötige die Wohnung für
eines seiner drei Kinder. Hier entspricht die Kündigung des V. zwar nicht den gesetzlichen
Anforderungen. Da sie aber berechtigt ist, macht sich V. nicht schadenersatzpflichtig.
Der Vermieter darf nicht fahrlässig falsche Behauptungen aufstellen (OLG Hamm, RE,
NJW 84, 1044; LG Freiburg WuM 89, 251; LG Koblenz WuM 90, 512).
Praxishinweis: Im Übrigen gilt der Grundsatz, dass eine „unschlüssige“ Kündigung für
den Mieter keinen Zustand der Rechtsunsicherheit schafft (LG Kassel WuM 89, 392).
Auch ein lückenhafter Vortrag im Kündigungsprozess, der wegen Unvollständigkeit vom
Gericht zurückgewiesen wird, entspricht nur einer – rechtlich – fehlerhaften Subsumie-
rung (LG Kassel MDR 70, 683; LG Kiel WuM 95, 169: nicht ausreichende Darlegung des
„Nachteils“ bei der Verwertungskündigung; ähnlich LG Berlin ZMR 94, 330). Unvollstän-
dige Kündigungsgründe versetzen den Mieter in einen Informationsstand, bei dem er
sachkundigen Rat, sei es durch Anwalt oder Mieterverein, einholen kann.
Praxishinweis: Vermieter können ohne vorherigen Rechtsrat im Hinblick auf die kompli-
zierten Erfordernisse der Kündigung diese kaum noch selber aussprechen. Hierauf soll-
te in entsprechenden Beratungen stets hingewiesen werden.
4. Hinweispflicht des Vermieters bei Wegfall des KündigungsgrundsDer Vermieter macht sich schadenersatzpflichtig, wenn der Kündigungsgrund, z.B. Eigen-
bedarf, nachträglich entfällt und er den Mieter darüber nicht informiert. Diese Unterrich-
tungspflicht stellt eine Nebenpflicht aus dem Mietverhältnis dar, da der Wohnraummiete
besondere soziale Bedeutung zukommt. Die Kündigung ist insoweit „zukunftsbezogen“.
Der Kündigungsgrund muss zumindest bis zum Ende des Vertrags weiterbestehen. § 573
Abs. 3 BGB ist so zu lesen, dass die Pflicht zur Begründung einer Kündigung bei Wegfall
des Kündigungsgrunds in eine Hinweispflicht mündet.
Die Verletzung der Informationspflicht stellt eine schuldhafte Pflichtverletzung dar, § 280
BGB. Der Vermieter kann in vollem Umfang in Anspruch genommen werden. Er ist zur
Fortsetzung des Vertrags verpflichtet, wenn der Mieter noch nicht ausgezogen ist.
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Praxishinweis: Kündigungsgründe, die auf einem Verhalten des Mieters beruhen, z.B.
Zahlungsverzug, Verletzung der Hausordnung, Beleidigungen etc., können allerdings
nicht wegfallen. Spätere Veränderungen sind daher zu Lasten des Mieters nicht relevant.
Teilweise wird angenommen, die Hinweispflicht des Vermieters besteht über das Ver-
tragsende hinaus bis zur Räumung (OLG Karlsruhe ZMR 83, 95; BayObLG ZMR 87,
222). Hiernach wäre ein zwischenzeitlich ergangenes Räumungsurteil nicht relevant,
der Mieter könnte nach dieser Auffassung erfolgreich Vollstreckungsgegenklage nach
§ 767 ZPO erheben.
Dem wird zu Recht entgegengehalten, dass der Mieter nach Ablauf der Kündigungsfrist
aus § 546 BGB zur Rückgabe der Mietsache verpflichtet ist. Ein wirksam gekündigter
Mietvertrag kann nicht fortbestehen. Das Mietverhältnis erlischt. Es besteht keine nach-
vertragliche Pflicht, in eine Vertragsfortsetzung einzuwilligen (von Stebut, NJW 85, 289).
Es liegt keine unzulässige Rechtsausübung vor (LG Köln WuM 84, 248; WuM 94, 212).
Praxishinweis: Daher darf ein rechtskräftiger Räumungstitel bei Wegfall des Kündigungs-
grunds vollstreckt werden. Anderenfalls würde der in Verzug befindliche Räumungs-
schuldner privilegiert (Staudinger/Sonnenschein, BGB, 13. Bearb., § 564b a.F., Rn. 191).
5. Mitverschulden des MietersDen Mieter kann bei einem begründeten Schadenersatzanspruch wegen vorgetäuschten
Eigenbedarfs ein Mitverschulden (§ 254 BGB) treffen, wenn er die angegebenen Kündi-
gungsgründe nicht grob auf ihre Stichhaltigkeit prüft. Der Anspruch kann entfallen, wenn
ihn ein überwiegendes Mitverschulden an der falschen Einschätzung des Kündigungs-
grunds trifft, z.B. wenn die Kündigung erkennbar unwirksam ist (LG Berlin ZMR 94, 330).
Wird der Eigenbedarf nur schwammig angegeben, werden Formfehler begangen oder
bestehen erhebliche Zweifel am Einzugswillen der genannten Person, muss der Mieter
Rechtsrat einholen (AG Aschaffenburg WuM 84, 249).
Praxishinweis: Für das gewerbliche Mietrecht hat der BGH (NJW 84, 1028) Mitverschul-
den nur bei ganz offensichtlich unbegründeten Kündigungen bejaht, wenn dem Mieter
eine gerichtliche Auseinandersetzung zuzumuten ist.
Die tatsächlichen Angaben des Vermieters in der Kündigungserklärung muss der Mieter
allerdings nicht überprüfen, er darf ihnen vertrauen (OLG Karlsruhe, RE, NJW 82, 54; LG
Dortmund WuM 85, 227; LG Berlin GE 93, 805). Im Abschluss eines Mietaufhebungsver-
trags liegt sogar eine schuldhafte Pflichtverletzung, wenn der Vermieter dabei den Mieter
nicht über die geänderte Sachlage (Wegfall des Kündigungsgrunds) aufklärt (OLG Karls-
ruhe, a.a.O.). Mieter müssen bei Eigenbedarf keine Nachforschungen betreiben.
6. Darlegungs- und BeweislastDie Darlegungs- und Beweislast verteilt sich im Schadenersatzprozess wie folgt:
Die Beweislast für die Voraussetzungen einer schuldhaften Pflichtverletzung trägt der
Mieter (BGH NJW 78, 2197; LG Aachen WuM 76, 201; LG Itzehoe WuM 84, 225; a.A. LG
Hamburg, ZMR 93, 281). Die Gegenmeinung ist abzulehnen. Sie lässt sich mit den all-
gemeinen Grundsätzen der Beweislastverteilung nicht in Einklang bringen.
Beweisanzeichen sprechen für den Mieter, wenn unmittelbar nach seinem Auszug
die für Eigenbedarf freigemachte Wohnung an Fremde vermietet wird (LG Konstanz
WuM 86, 256; AG Gießen WuM 91, 271). Dies gilt besonders, wenn der Vermieter mit
vager Begründung seinen unterbliebenen Einzug rechtfertigt (LG Karlsruhe WuM 91,
272; LG Aachen WuM 95, 164; LG Gießen ZMR 96, 327).
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Zieht eine in der Eigenbedarfskündigung genannte Person erst ein Jahr nach der Räu-
mung ein, läuft ferner ein Strafverfahren wegen Falschaussage und eine Restitutions-
klage, muss das Gericht im Schadenersatzprozess des Mieters gegen den früheren
Vermieter prüfen, ob der Eigenbedarf ernsthaft war (BerlVerfGH ZMR 01, 87).
Wird die Wohnung anders verwendet, als bei der Kündigung beschrieben, trifft den Vermie-
ter entsprechend § 280 Abs. 1 S. 2 BGB die Beweislast, dass der Eigenbedarf erst nach Aus-
zug des Mieters weggefallen ist (LG Saarbrücken WuM 89, 251; LG Bonn NJW 88, 1361).
Die Voraussetzung des Eigenbedarfs selbst kann im Schadenersatzprozess (wie im Räu-
mungsrechtsstreit) nur der Vermieter darlegen und beweisen, weil sie ausschließlich
aus seiner Sphäre stammt (LG Hannover ZMR 87, 57; LG Freiburg WuM 79, 215).
Den Wegfall des Kündigungsgrunds nach dem Ausspruch der Kündigung muss nur
der Vermieter vortragen (Fischer-Dieskau/Franke, Wohnungsbaurecht, § 564b BGB a.F.,
Anm. 57.3 Nr. 3; ähnlich BVerfG NJW 97, 2377; kritisch v. Stebut, NJW 85, 291).
Wird ein Selbstnutzungswunsch bei vermieteter Eigentumswohnung nach Räumung
nicht realisiert, sondern vier Wochen später die Wohnung zum Verkauf angeboten, muss
der Vermieter die Umstände darlegen, die den Sinneswandel bewirkt haben. Dafür dürfen
die Gerichte wegen Art. 14 GG strenge Maßstäbe anlegen (BVerfG NJW 97, 2377).
7. SchadenshöheDer Mieter kann als Schadenersatz bei unberechtigter Kündigung vom Vermieter verschie-
dene Positionen verlangen: Ihm steht zunächst die Mietdifferenz zwischen geräumter und
neuer Wohnung zu, soweit die Nutzungsart beider Wohnungen vergleichbar ist (LG Ham-
burg ZMR 93, 281; LG Berlin ZMR 88, 387; Berechnungsbeispiel bei LG Darmstadt, ZMR 94,
165). Weichen Wohnwert und -lage zwischen den beiden Wohnungen sowie deren Ausstat-
tung stark voneinander ab, müssen Zu- oder Abschläge gemacht werden.
Praxishinweis: Die Mietdifferenz ist nur so lange zu zahlen, bis das Mietverhältnis frühestens
enden würde. Da bei der Wohnraummiete regelmäßig Kündigungsschutz besteht, müsste
auf Vermieterseite dann ein Kündigungsgrund vorliegen. Die Festsetzung eines genauen
Zeitraums gestaltet sich daher sehr schwierig. Anhaltspunkte liefern Rechtsprechung und
Literatur: Es werden geschätzte Zeiträume von drei (LG Köln WuM 92, 15) oder von vier Jah-
ren angenommen (LG Darmstadt ZMR 94, 165 ). Das LG Wuppertal (WuM 97, 681) lehnt eine
starre Begrenzung ab. Zum Teil wird auch verlangt, den Schaden alle zwei Jahre neu festzu-
stellen. Nach Eisenhardt (MDR 99, 1482) ist es gerade die Aufgabe des Vermieters, zur zeit-
lichen Begrenzung des Anspruchs konkret vorzutragen, der Mieter habe ab einem bestimm-
ten Zeitpunkt ausziehen müssen, etwa bei Familiengründung und Bedarf für eine größere
Wohnung. Dem folgt auch Horst (MDR 00, 876).
Kosten für neue Gardinen, Zubehör, Anschaffung neuer Lampen oder Einbauschränke
(LG Saarbrücken WuM 95, 173) sowie die Kosten einer Spüle (LG Karlsruhe DWW 92, 22;
LG Hamburg WuM 95, 175) sind ebenfalls erstattungsfähig.
Schließlich kann der Mieter Investitionskosten, die er in Erwartung einer langfristigen
Mietzeit aufgebracht hat (OLG Karlsruhe WuM 76, 100) und aufgewandte Arbeitszeit
während des Umzugs und Löhne von Helfern (AG Nürnberg, WuM 95, 180) ersetzt ver-
langen. Gleiches gilt für Prozesskosten des Räumungsrechtsstreits (LG Berlin ZMR 88,
387) und Aufwendungen für die Wohnungssuche (LG Karlsruhe DWW 95, 144).
Nicht erstattungsfähig sind die Finanzierungskosten für den Eigenheimerwerb (LG Karls-
ruhe, a.a.O.). Der Mieter kann auch keine Kosten auf Grund seiner Kündigung wegen
„unberechtigter Eigenbedarfskündigung“ verlangen (LG Karlsruhe WuM 95, 144).
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Klagedes ..., wohnhaft ..., – Klägers –
gegen
den ..., wohnhaft ..., – Beklagten –
wegen Schadenersatz nach unberechtigter Kündigung aus Eigenbedarf.
Es wird beantragt, den Beklagten zur Zahlung von ... EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Pro-
zentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu verurteilen.
Begründung: Der Beklagte hat mit Schreiben vom ... das Mietverhältnis über die Wohnung ...
in ... wegen Eigenbedarfs gekündigt. Er benötigte angeblich die Wohnung für seine Tochter ...
Diese hatte danach die Absicht, eine Lehrstelle bei der Fa. ... in ... anzutreten.
Beweis: Ablichtung des Kündigungsschreibens vom ..., Anlage 1; Vorlage im Original im Termin
Der Kläger hat dies geglaubt, ohne dass es zum Rechtsstreit kam. Er ist kurz vor Ablauf der
Kündigungsfrist ausgezogen. Die Kündigung war jedoch entweder von vornherein unberech-
tigt oder ist bis zum Auszug des Klägers rechtswidrig aufrechterhalten worden: Die Tochter
des Beklagten ist nämlich nicht in die Wohnung eingezogen. Der zuständige Personalsachbe-
arbeiter ... der Fa. ... hat dem Kläger bestätigt, dass die Tochter des Beklagten nur nach einer
Lehrstelle nachgefragt hat. Eine Anstellungsmöglichkeit bestand zu keinem Zeitpunkt.
Beweis: Zeugnis des Personalsachbearbeiters ... der Fa. ..., wohnhaft ...
Tatsächlich hat sich die Tochter an der Universität in ... für ein Auslandsstudium eingeschrie-
ben. Der Eigenbedarf war nur vorgeschoben oder ist vor Auszug des Klägers weggefallen.
Beweis (unter Protest gegen die Beweislast): Zeugnis der Tochter ... , Frau ..., wohnhaft ...
Der Beklagte ist somit nach § 280 BGB dem Kläger zum Ersatz folgender Schäden verpflichtet:
1. Umzugskosten, lt. Rechnung des Spediteurs ... vom ..., Anlage 2 ... EUR
2. Maklercourtage, lt. Rechnung des Maklers ... vom ..., Anlage 3 ... EUR
Der Makler hat die Wohnung vermittelt, die der Kläger jetzt bewohnt.
3. Mietdifferenz (Anlagen 4-7): Die alte Wohnung war zu einer Nettomiete von 600 EUR
angemietet worden. Nachdem der Kläger zahlreiche Annoncen aufgegeben hatte, die kei-
nen Erfolg hatten, ist es über den Makler nach langen Bemühungen gelungen, eine in etwa
der früheren Wohnung nahegelegene neue Wohnung anzumieten, die nur 9 qm größer ist
als die aufgekündigte. Die Miete beträgt jetzt ... EUR kalt. Der Ausgleich der beiden Mieten
ist daher ... EUR für die Zeit von ... bis ..., also für ... Monate insgesamt ... EUR
4. Weiterhin sind Kosten für neue Gardinen, Lampen und Einbauschränke nebst einer Spüle
entstanden (Anlagen 8-10); die alten Gegenstände waren in der neuen Wohnung nicht pas-
send bzw. nicht an- oder einbringbar. Begründung: ... (wird näher ausgeführt) ... EUR
5. Der Kläger hat sich von Rechtsanwalt ... in ... beraten lassen, aber auf Grund der Kündigung
räumen müssen. Er wurde eingehend über die Voraussetzungen des § 573 Abs. 2 Nr. 2
BGB beraten und zu Rückfragen beim Vermieter und dessen Sohn angehalten. Es ergaben
sich keine Gründe, die der Kündigung entgegengestellt werden konnten. Dem Kläger wur-
de seinerzeit zum Nachgeben geraten.
Beweis: Zeugnis des Rechtsanwalts ...
Die Rechnung über die Beratung hat der Kläger beglichen, Anlagen 11-12 . ... EUR
Der Gesamtbetrag von ... EUR wurde am ... beim Beklagten – vergeblich – angemahnt.
Rechtsanwalt
Musterformulierung: Schadenersatzklage wg. unberechtigter Kündigung* l
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Betriebskosten
Das Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Heizkostenumlagevon RA Frank-Georg Pfeifer, Düsseldorf
Die Heizkostenverordnung (HKV) regelt die umlegbaren Positionen sowie die Erfassung
und Verteilung der Heizkosten. Umlegbar sind danach nur einwandfrei zu Stande gekom-
mene Heizungsbetriebskosten. Voraussetzung hierfür ist, dass die Abrechnung dem Wirt-
schaftlichkeitsgebot genügt. Der folgende Beitrag gibt hierzu einen Überblick.
Gesetzesgrundlage des WirtschaftlichkeitsgebotsDie Grundlage des Wirtschaftlichkeitsgebots ergibt sich aus zwei Vorschriften:
§ 556 Abs. 3 S. 1 BGB: „Über die Vorauszahlungen für Betriebskosten ist jährlich
abzurechnen; dabei ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit zu beachten.“
Praxishinweis: § 556 Abs. 3 S. 1 HS. 2 BGB ist so zu verstehen, dass bei den Betriebs-
kosten bereits deren Ansatz, also ihre Verursachung, und nicht nur der eigentliche
Abrechnungsvorgang dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz entsprechen muss (vgl. § 27
II. BV, § 24 Abs. 2 II. BV, der für alle Betriebskosten gilt).
Präziser als diese Formulierung bestimmt § 24 Abs. 2 II. BV: „Der Ansatz der Bewirt-
schaftungskosten hat den Grundsätzen einer ordentlichen Bewirtschaftung zu entspre-
chen. Bewirtschaftungskosten dürfen nur angesetzt werden, wenn sie ihrer Höhe nach
feststehen oder wenn mit ihrem Entstehen sicher gerechnet werden kann und soweit
sie bei gewissenhafter Abwägung aller Umstände und bei ordentlicher Geschäftsfüh-
rung gerechtfertigt sind. Erfahrungswerte vergleichbarer Bauten sind heranzuziehen.“
Bedeutung des WirtschaftlichkeitsgebotsDas Wirtschaftlichkeitsgebot hat eine immense Bedeutung: Zunächst sind die Grund-
sätze einer ordentlichen Bewirtschaftung zu beachten. Das Wort „Grundsätze“ lässt
zwar Ausnahmen zu, doch nur im Rahmen bestimmter Maßstäbe (s.u.). Die weiterge-
hende Einschränkung in § 24 Abs. 2 S. 2 II. BV („nur“), bedeutet allerdings wieder eine
Einengung der möglichen Ausnahmen. Es ist eine Abwägung erforderlich, bei der Für
und Wider gegeneinanderzustellen sind. Abzuwägen sind nicht nur einzelne oder die
wesentlichen Umstände, sondern alle greifbaren Umstände.
Die Bewirtschaftungskosten müssen – über § 24 Abs. 2 S. 1 II. BV hinausgehend – nicht
nur ordentlicher Bewirtschaftung, sondern auch ordentlicher Geschäftsführung entspre-
chen. Mit beiden Begriffen sind unterschiedliche Dinge gemeint: Die Bewirtschaftung
hat das Gebäude im Blick. Die Geschäftsführung meint die Führung des Unternehmens.
Dies folgt daraus, dass die II. BV im Hinblick auf die frühere gemeinnützige bzw. unter-
nehmerische Wohnungswirtschaft konzipiert ist. Gleichwohl sind die Wertungsgesichts-
punkte der §§ 24, 27 II. BV auf den privaten, nichtkommerziellen Vermieter übertragbar.
Schließlich müssen die Bewirtschaftungskosten gerechtfertigt sein. Hier kommen also
noch Wertungsgesichtspunkte ins Spiel.
Vermieter V. verwendet eine Vertragsklausel, nach der die Heizkostenumlage nach dem Verhält-
nis der Wohnfläche des Mieters M. „zur Summe der Wohnfläche aller Wohnungen und Büros“
erfolgt. Durch die Einbeziehung von Gewerberaum verstößt die Klausel gegen den Grundsatz
der Umlagenberechtigung (LG Hamburg ZMR 01, 970, für Betriebskosten; einschränkend für
unzumutbare Mehrbelastungen: LG Berlin GE 02, 1492). Betriebskosten für Gewerberaum
lässt sich vorweg erfassen und gesondert abrechnen (AG Stollwerk ZMR 02, 360).
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Folgen der Verletzung des WirtschaftlichkeitsgebotsDas Gesetz sagt nicht, welche Folgen nach neuem Mietrecht eine Verletzung des Wirt-
schaftlichkeitsgebots nach sich zieht. Die Literatur gestattet dem Vermieter, innerhalb
eines Ermessensspielraums nur wirtschaftlich entstandene Kosten abzurechnen (Herr-
lein/Kandelhard, Praxiskommentar Mietrecht, § 556 BGB Rn. 74). Neue Rechtsprechung
speziell zum Wirtschaftlichkeitsgebot bei Heizkosten liegt noch nicht vor. Die Gerichte
haben aber schon nach altem Recht streng geurteilt, wie die folgende Übersicht zum
Wirtschaftlichkeitsgebot bei Betriebskosten insgesamt zeigt:
Betragen die Kosten für das Erstellen der Heizkostenabrechnung 50 Prozent der Energiekos-
ten, ist die Abrechnung fehlerhaft und nicht fällig (AG Münster WuM 01, 499). Das AG Lüding-
hausen hält dagegen selbst einen Satz von 60 Prozent noch für angemessen (WuM 01, 499).
Bei einem sprunghaften Anstieg der Wartungs- und Reinigungskosten für die Zentralhei-
zung ist die Umlage von 1.550,80 DM auf eine Wohnung unbegründet (AG Köln WuM 99,
221). Es gibt Anlass zu besonderer Aufmerksamkeit, wenn die Ansätze die üblichen Kosten
nicht unerheblich – das heißt in Anlehnung an die Wesentlichkeitsgrenze des § 5 WiStG um
mehr als 20 Prozent – übersteigen. Konkret waren angefallen:
1992/93: Kosten von 399,90 DM
1993/94: Kosten von 743,97 DM
1994/95: Kosten von 1.550,80 DM
1995/96: Kosten von 1.152,10 DM
1996/97: Kosten von 663,92 DM
Wenn sich der Heizölverbrauch im Vergleich zum Vorjahr sprunghaft um mehr als 74 Pro-
zent erhöht (hier: von 11.177 auf 19.453 Liter) und in der nachfolgenden Heizperiode wieder
auf den Wert der Vorjahre (hier: 11. 144 Liter) abfällt, muss der Vermieter dies begründen.
Tut er das nicht, kann er vom Mieter keine Heizkostennachzahlungen verlangen (AG Düs-
seldorf DWW 95, 286).
Bei Verstoß gegen das Wirtschaftlichkeitsgebot können Kosten für einen großen Restmüll-
container oder eine zu häufige Leerung nicht dem Mieter auferlegt werden (AG Münster
WuM 01, 46).
Wenn für drei Wohnungen je ein Wasserverbrauch von 2,79 und 62 Kubikmeter erfasst
wird, kann die Grundgebühr von 90 DM je Wohnung (= 270 DM für das Haus) nicht in die-
sem Verhältnis gestaffelt werden. Vielmehr müssen auf jede Wohnung 90 DM Grundge-
bühr entfallen (AG Medebach DWW 03, 190).
Praxishinweis: Auf Heizkosten übertragen bedeutet dies, dass der verbrauchsunabhängige
Anteil nach § 7 Abs. 1 HKV nicht im Verhältnis der Verbräuche gestaffelt werden darf.
Wird danach das Wirtschaftlichkeitsgebot nicht beachtet, braucht der Mieter die unwirt-
schaftlich zu Stande gekommenen Positionen nicht zu bezahlen. Diese werden also
gekappt (AG Frankfurt WuM 01, 615, für Hausmeisterkosten).
Beanstandungen des MietersDas Recht des Wohnraummieters zur Beanstandung richtet sich nach § 556 Abs. 3 S. 5
BGB. Er muss sie innerhalb von 12 Monaten substanziiert dem Vermieter mitteilen. Die
Frist beginnt mit Zugang der Abrechnung. Die bloße Behauptung „Die Abrechnung ist
falsch“ genügt nicht. Wartet der Vermieter so lange mit seiner Klage auf Nachzahlung,
bis die 12-Monats-Frist verstrichen ist, kann der Mieter keine Einwendungen erheben. Er
kann im Prozess um die Nachforderung aber argumentieren, er habe nun – nach Jahr
und Tag – die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten. Der Vermieter setzt sich
dann zudem dem Einwand des widersprüchlichen Verhaltens aus.
Rechtsprechungsübersicht: Verletzung des Wirtschaftlichkeitsgebotsl
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Aktuelle Rechtsprechung
BGH: Vollständige Zahlung der Miete trotz Mangelvon RA Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen
Zahlt der Mieter trotz nachträglich auftretender und bekannter Mängel die Miete voll-
ständig weiter, gilt für bis zum 31.8.01 fällig gewordene Mieten Folgendes: Zahlt der
Mieter sechs Monate lang vorbehaltlos weiter, leben die nach alter Rechtslage analog
§ 539 BGB a.F. erloschenen Minderungsrechte nicht wieder auf. Für die ab dem 1.9.01
fällig gewordenen Mieten gilt: Der Mieter ist an der Minderung gehindert, solange er
dem Vermieter den Mangel nicht anzeigt (BGH 16.7.03, VIII ZR 274/02, n.v.).
(Abruf-Nr. 031736*)
EntscheidungsgründeIm dem zu Grunde liegenden Fall hatte der Mieter die Miete trotz bestehender Mängel
vorbehaltlos und ungekürzt weiterzahlt. Der BGH differenziert wie folgt:
Für die bis zum 31.8.01 fälligen Mieten bleibt es bei der bisherigen Rechtslage: Analog
§ 539 BGB a.F. war das Minderungsrecht ausgeschlossen, wenn der Mieter die Miete
trotz eines nachträglich aufgetretenen oder sonst bekannt gewordenen Mangels der
Mietsache sechs Monate lang vorbehaltlos und vollständig weiterzahlte (BGH ZMR 68,
255; WuM 92, 313; OLG Hamm ZMR 00, 93; OLG Naumburg ZMR 01, 617; Bub/Treier/
Kraemer, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl., Rn. 1362 und 1413).
Die alte Rechtslage gilt auch nach der Mietrechtsreform weiter (bestätigend bereits:
BGH NZM 03, 355; LG Berlin ZMR 02, 425).
Für die ab dem 1.9.01 fällig werdenden Mieten gilt dagegen neues Mietrecht. Die
Frage, ob der Mieter trotz vorheriger vorbehaltloser Zahlung der vollen Miete bei
nachträglich entstandenen und bekannt gewordenen Mängeln sein Minderungsrecht
verliert oder behält, ist nun über § 536c BGB zu lösen.
Damit hat der BGH die in Rechtsprechung und Literatur entstandene Kontroverse, ob
die Ausgangsfrage über § 536b BGB analog als inhaltsgleiche Nachfolgevorschrift zu
§ 539 BGB a.F. oder nach einem entsprechenden gesetzgeberischen Hinweis im Zuge
der Mietrechtsreform über § 536c BGB zu lösen ist, entschieden. Die Instanzrechtspre-
chung, die für die Lösung der Ausgangsfrage weiterhin auf die alte Rechtslage abstel-
len und § 536b BGB analog heranziehen wollte, ist obsolet (so noch OLG Naumburg
NJW 02, 1132; OLG Dresden NZM 02, 662; LG Frankfurt/Main NZM 02, 1025; AG Rudol-
stadt NZM 02, 163; AG Königstein NZM 02, 784).
Der BGH trägt damit einem gesetzgeberischen Hinweis innerhalb der Mietrechtsreform
Rechnung. Danach soll es darauf ankommen, ob der Mieter den Mangel angezeigt oder
dies unterlassen und vorbehaltlos die Miete weiter vollständig entrichtet hat. Hat er den
Mangel angezeigt, soll er trotz vorbehaltloser Mietzahlung die Miete mindern können.
Ein Verlust von Gewährleistungsansprüchen durch Verwirkung soll für den Mieter nur
noch in Ausnahmefällen in Betracht kommen, etwa wenn er jahrelang in Kenntnis der
Mängel die Miete weiter zahlt (Grundmann, NJW 01, 2497). Sein Minderungsrecht soll
nach § 536c Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB ausgeschlossen sein, wenn der Vermieter in Folge der
unterlassenen Anzeige den Mangel nicht beseitigen konnte (BR-Drucksache 439/00, 103).
Für eine Lösung der Ausgangsfrage über eine analoge Rechtsanwendung entspre-
chend der alten Rechtslage sah der BGH keinen Raum mehr. Denn die Analogie setzt
* Alle in „Mietrecht kompakt“ besprochenen und mit einer Abruf-Nr. versehenen Urteile können Sie
jederzeit kostenlos im Internet (http://www.iww.de) abrufen.
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rechtsmethodisch eine planwidrige Regelungslücke voraus. Diese Annahme ist auf
Grund des gesetzgeberischen Hinweises ausgeschlossen. Vielmehr ist davon auszuge-
hen, dass sich der Gesetzgeber nicht nur die – unverändert belassenen – Vorschriften
des Regierungsentwurfs, sondern auch die dazu gegebenen Begründungen zu Eigen
gemacht hat. Er hat sogar in Kenntnis der entgegenstehenden bisherigen höchstrich-
terlichen Rechtsprechung eine Regelungslücke verneint und die neuen Vorschriften
– gegebenenfalls korrigiert durch die Generalklausel von Treu und Glauben (§ 242 BGB)
und das Bereicherungsrecht (§ 814 BGB) – ausdrücklich als ausreichend bezeichnet.
Seinem Hinweis ist daher zu folgen.
PraxishinweisNach der Anzeige des Mangels kann der Mieter also die ab dem 1.9.01 fällig gewordene
Miete mindern, wenn er längere Zeit trotz bekanntem oder fahrlässig unbekannt geblie-
benem nachträglich entstandenem Mangel die Miete vorbehaltlos weiter gezahlt hat.
Aber Achtung: Wie der BGH betont, kann die Tatsache, dass ein Mangel der Mietsache
erst längere Zeit nach seinem Entstehen oder nachträglichem bekannt Werden gerügt
wird, dazu führen, dass der Mieter sein Minderungsrecht durch (stillschweigenden)
Verzicht oder durch Verwirkung verliert.
Für den Vermieter kommt es – bezogen auf den Zeitraum bis zum 31.8.01 – besonders
darauf an, dem Mieter nachzuweisen, dass dieser den Mangel der Mietsache bereits
kannte, als er noch vorbehaltlos und in voller Höhe die Miete zahlte.
Daraus folgt für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast:
Der Vermieter muss beweisen, dass:
die gerügten Mängel nicht aus seinem Gefahrenkreis herrühren, also z.B. keine Bauschä-
den sind, für die er instandsetzungspflichtig wäre;
es sich nur um unerhebliche Mängel mit entsprechend geringer Beeinträchtigung der
Mietsache handelt, wenn er sich darauf beruft;
dem Mieter die Mängel von Anfang an bekannt waren;
Tatsachen eingetreten sind, die einen Verzicht des Mieters auf sein Minderungsrecht zur
Folge haben oder auf eine Verwirkung des Minderungsrechts schließen lassen.
Der Mieter muss beweisen, dass:
überhaupt Wohnungsmängel vorliegen;
er diese Mängel nicht selbst verschuldet hat, insbesondere, wenn der Vermieter vorher
nachgewiesen hat, dass er nicht verantwortlich für den Mangel gemacht werden kann;
er den behaupteten Mangel rechtzeitig angezeigt hat (näher zur Darlegungs- und
Beweislast: Horst, Mietminderung, 2003, S. 21 ff.).
Leserservice: Diese Checkliste können Sie unter www.iww.de mit der Abruf-Nr. 031817
herunterladen.
Checkliste: Beweislastverteilung bei Mietminderung
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Aktuelle Rechtsprechung
BGH: Voraussetzungen der gewerblichen Weitervermietungvon RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
Eine unmittelbare Anwendung des § 549a Abs. 1 S. 1 BGB a.F. (§ 565 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.)
scheidet aus, wenn es sich bei dem Zwischenmieter um einen gemeinnützigen Verein han-
delt, dessen ideeller Zweck die Förderung von künstlerischen, gestaltenden Berufen ist
(BGH 30.4.03, VIII ZR 234/02, n.v.). (Abruf-Nr. 031818)
SachverhaltDie Rechtsvorgängerin der Klägerin überließ einem gemeinnützigen Verein auf Grund
eines Wohn- und Gewerberaummietvertrags ein Gebäude zur Nutzung zu Wohnzwecken,
als Design-Werkstätten und zu Ausstellungszwecken. Da die Räumlichkeiten zu Wohn-
zwecken nicht sofort geeignet waren, verpflichtete sich der Verein, die organisatorische
Bauleitung zur Instandsetzung der Wohnräume zu übernehmen. Ihm wurde die Erlaub-
nis zur Untervermietung erteilt. Der Verein wurde später rechtskräftig zur Räumung ver-
urteilt. Die Klägerin hat den Beklagten, einen Künstler und Mitglied des Vereins, als
Untermieter erfolglos auf Räumung und Herausgabe einer von diesem gemieteten Woh-
nung in Anspruch genommen.
PraxishinweisBei der so genannten gewerblichen Weitervermietung von Wohnraum ist zwischen dem
Haupt- und dem Untermietverhältnis zu unterscheiden.
Vertragszweck des Hauptmietverhältnisses ist nicht die Überlassung von Wohnraum,
sondern die Weiter- oder Untervermietung. Nach allgemeiner Meinung handelt es
sich hierbei um ein gewerbliches Mietverhältnis, das nicht den Kündigungsschutz-
bestimmungen des sozialen Mietrechts unterliegt.
Demgegenüber kommt im Untermietverhältnis regelmäßig Wohnraummietrecht zur
Anwendung.
Zum Schutz des Untermieters vor dem Verlust seiner Wohnung bei Beendigung des
gewerblichen Zwischenmietverhältnisses bestimmt § 549a Abs. 1 S. 1 BGB a.F.
(§ 565 Abs. 1 S. 1 BGB n.F.), dass der Vermieter in diesem Fall in die Rechte und
Pflichten aus dem Mietverhältnis zwischen dem Zwischenmieter und dem Dritten
eintritt. Die Anwendbarkeit der Vorschrift setzt voraus, dass der Zwischenmieter den
Wohnraum gewerblich weitervermietet. Es muss sich um eine geschäftsmäßige, auf
Dauer gerichtete, mit der Absicht der Gewinnerzielung oder im eigenen wirtschaftli-
chen Interesse ausgeübte Vermietungstätigkeit des Zwischenvermieters handeln.
Der BGH stellt klar, dass ein gemeinnütziger Verein, dessen ideeller Zweck die Förderung
von künstlerischen und gestaltenden Berufen ist, diese Anforderungen nicht erfüllt (ähn-
lich bereits NJW 96, 2862: keine unmittelbare Anwendung von § 549a BGB a.F., wenn
Zwischenvermieter ein karitativer Verein ist). Durch die Einfügung des § 549a BGB a.F.
wollte der Gesetzgeber ausschließlich die mietrechtlichen Konsequenzen der zum Bau-
herrenmodell ergangenen Entscheidung des BVerfG (NJW 91, 2272) klarstellen, nach der
auch einem Mieter, der Wohnraum von einem gewerblichen Zwischenmieter gemietet
hat, aus dem Gesichtspunkt des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) der
Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts zusteht.
Der BGH lässt erneut offen, ob eine analoge Anwendung des § 549a BGB a.F., für die
nach seiner Ansicht sachliche Gründe sprechen, in Betracht kommt. Er sieht den Heraus-
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gabeanspruch des Eigentümers aus § 556 Abs. 3 BGB a.F., § 985 BGB bei der gebote-
nen Interessenabwägung durch den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz jedenfalls dahin
eingeschränkt, dass der Beklagte sich wegen seiner den Fällen der gewerblichen Zwi-
schenvermietung vergleichbaren Interessenlage auf die Kündigungsschutzvorschriften
des Wohnraummietrechts berufen kann.
Es sind allerdings Fälle denkbar, in denen es nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, dem
Endmieter den Kündigungsschutz des sozialen Mietrechts zu versagen. Ein solcher Fall
liegt nach der Rechtsprechung des BVerfG z.B. vor, wenn der Vertragszweck des Haupt-
mietvertrags nicht in der gewerblichen Zwischenvermietung zu Wohnzwecken besteht
und der Eigentümer deshalb unter keinen Umständen mit einem Eingreifen der Schutz-
bestimmungen des sozialen Mietrechts rechnen muss (NJW 93, 2601).
Gleiches gilt, wenn die Eigentümerin den herausverlangten Wohnraum nicht dem allge-
meinen Wohnungsmarkt für Wohnzwecke, sondern nur für ein alternatives Wohnmodell
selbstbestimmten Wohnens auf gewaltfreier Basis zur Verfügung gestellt hat und dieser
Zweck allen abgeschlossenen Verträgen als Grundlage zu deren Fortbestand gemeinsam
gewesen ist (BVerfG NJW 94, 848, „Hafenstraße“).
Keiner dieser Ausnahmefälle liegt hier vor. Der Beklagte hat eine vollständige Wohnung
von einem Vermieter gemietet, der sie selbst nicht als Wohnung nutzen will, sondern von
vornherein im Einverständnis mit seinem Vermieter eine Weitervermietung vorgesehen
hat. Die Eigentümerin hatte ein Interesse daran, dass die Räume zu Wohnzwecken durch
Instandsetzung hergerichtet und dem allgemeinen Wohnungsmarkt zugänglich gemacht
wurden. Ein besonderer Personenkreis, an den sie die Räume sonst nicht vermietet hät-
te, war nicht vorgesehen. Sie musste deshalb nicht damit rechnen, sich bei Beendigung
des Hauptmietverhältnisses mit ihr nicht zumutbaren Endmietern auseinandersetzen zu
müssen. Für eine Verkürzung des sozialen Mieterschutzes ist danach kein Raum.
Aktuelle Rechtsprechung
Begründungszwang bei fristloser KündigungIn „Mietrecht kompakt“ 02, 167*, haben wir darüber berichtet, dass nach einem Urteil
des AG Wedding die Angabe des die außerordentliche Kündigung rechtfertigenden
wichtigen Grunds gemäß § 569 Abs. 4 BGB Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung
ist und dass bei einer Kündigung wegen Lärmstörungen diese quantitativ und zeitlich
zu konkretisieren sind.
Das LG Berlin (WuM 03, 208, Abruf-Nr. 031822) hat die hiergegen gerichtete Berufung
der Klägerin zurückgewiesen. Ebenso wie das AG lässt das LG die fristlose Kündigung
daran scheitern, dass die „notwendige Begründungstiefe“ nicht erreicht wird.
Praxishinweis: Für Vermieter ergeben sich aus der Entscheidung folgende Konsequen-
zen: Handelt es sich um eine Kündigung wegen Lärmstörungen, die auf mehrere Vor-
kommnisse gestützt wird, die für sich genommen noch keine schwerwiegende Verlet-
zung der Hausordnung darstellen, die aber erst wegen ihrer Häufigkeit diese Annahme
rechtfertigen (§ 569 Abs. 2 i.V.m. § 543 Abs. 1 BGB), müssen sie diese im Einzelnen im
Kündigungsschreiben benennen. Der Mieter muss erkennen können, was ihm im Ein-
zelnen vorgeworfen wird und ob er sich hiergegen mit Erfolg verteidigen kann. Das
erfordert eine weitergehende Konkretisierung als sie im Streitfall (siehe hierzu den
Sachverhalt in MK 02, 167) vorgelegen hat.
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Aktuelle Rechtsprechung
Unbegrenzte Bürgschaft zur Abwendung der Räumungvon RiOLG Günther Geldmacher, Düsseldorf
Auf eine selbstschuldnerische Bürgschaft, die der Bruder des Mieters auf Anforde-
rung des Vermieters zur Abwendung der Zwangsräumung für die rückständigen und
künftigen Mietzahlungen übernimmt, findet § 550b Abs. 1 S. 1 BGB a.F. (§ 551 Abs. 1
BGB n.F.) keine Anwendung (LG Augsburg 31.7.02, 7 S 1452/02, ZMR 03, 39).
(Abruf-Nr. 031819)
SachverhaltDie Kläger hatten gegen den Mieter ein rechtskräftiges Räumungsurteil erwirkt. Der Bruder
des Mieters unterzeichnete auf Verlangen der Kläger zur Abwendung der Zwangsräumung
eine Vereinbarung, in der er u.a. erklärte, die selbstschuldnerische Bürgschaft für die Miet-
zahlungen in unbeschränkter Höhe zu übernehmen. Später stellte der Mieter erneut die
Zahlungen ein. Die Kläger haben den Beklagten daraufhin mit Erfolg aus der Bürgschaft
auf Zahlung rückständiger Miete und Betriebskosten in Höhe von 5.809,92 DM in Anspruch
genommen.
PraxishinweisNach § 551 Abs. 1 BGB darf die Mietsicherheit bei Wohnraummiete höchstens das Drei-
fache der Monatsmiete (ohne die Betriebskosten) betragen. Die Vorschrift ist auf alle Miet-
sicherheiten anzuwenden. Grund: Der Mieter soll unter Anerkennung des Sicherungsbe-
dürfnisses des Vermieters vor zu großen Belastungen bewahrt werden. Zudem soll Er-
schwerungen für den Abschluss eines Mietvertrags entgegenwirkt werden. Eine Über-
schreitung führt zur Teilnichtigkeit der Kautionsabrede (Palandt/Weidenkaff, BGB, 62. Aufl.,
§ 551 Rn. 9). Sie ist bis zur zulässigen Grenze wirksam, hinsichtlich des überschießenden
Betrags nichtig. Darauf kann sich auch der Bürge berufen, wenn die Bürgschaft für sich
oder zusammen mit einer Barkaution mehr als drei Monatsmieten beträgt.
Der BGH (NJW 90, 2380) hat ausnahmsweise eine Überschreitung des Höchstbetrags zu-
gelassen, wenn sich ein Dritter unaufgefordert unter der Bedingung des Abschlusses eines
Mietvertrags gegenüber dem Vermieter verbürgt und der Mieter dadurch nicht erkennbar
belastet wird. Da dem Bürgen im Innenverhältnis grundsätzlich ein Ersatzanspruch gegen
den Hauptschuldner (Mieter) zusteht, wird Letzteres meist nur erfüllt sein, wenn zwischen
Bürgen und Mieter enge verwandtschaftliche Beziehungen bestehen, die darauf schließen
lassen, dass ein Rückgriff des Bürgen ausgeschlossen sein soll.
Auf diese Rechtslage sollte sich der Bürge nicht verlassen und sein Haftungsrisiko sorgfäl-
tig bedenken (LG Augsburg, a.a.O.; ebenso in erster Instanz AG Dillingen/Donau 28.2.02,
1 C 0775/01): Das Gericht hat dem Bürgen hier die Berufung auf eine Nichtigkeit des Bürg-
schaftsvertrags wegen Überschreitung der Kautionsobergrenze versagt, da die durch
§ 550b BGB a.F. geschützte wirtschaftliche Bewegungsfreiheit des Mieters durch die Bürg-
schaft seines Bruders nicht eingeschränkt worden sei.
Zutreffend ist hieran lediglich, dass vorliegend bei einer erfolgreichen Inanspruchnahme
des Bürgen ein Rückgriffsanspruch zwischen den Brüdern nicht zu befürchten war. Es fehlt
jedoch an dem durch den BGH aufgestellten Erfordernis der Freiwilligkeit der Bürgschafts-
übernahme. Darüber hinaus ist der durch die fristlose Kündigung aufgelöste Mietvertrag
nach rechtskräftiger Verurteilung zur Räumung durch den Verzicht des Vermieters auf die
Zwangsräumung und der durch die Bürgschaft erreichten „Fortsetzung“ des Mietverhält-
nisses nicht wieder aufgelebt. Zwischen Vermieter und Mieter ist vielmehr ein neues Miet-
verhältnis begründet worden (BGH NJW 98, 2664). Dieses unterfällt als Neuabschluss aber
formell dem Anwendungsbereich des § 551 Abs. 1 BGB und damit der gesetzlichen
Höchstbetragsregelung.
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WEG
Vollmachtskollision: Welche Vollmacht gilt?von RA Norbert Slomian, Heilbronn
Eine von einem Wohnungseigentümer einem Miteigentümer für eine konkrete Eigen-
tümerversammlung erteilte Stimmrechtsvollmacht hat Vorrang vor einer allgemeinen
im Erwerbervertrag enthaltenen Vollmachtsklausel, durch die der Verwalter zur Vertre-
tung des Erwerbers in der Eigentümerversammlung umfassend ermächtigt wird (OLG
Düsseldorf 4.7.03, 3 Wx 391/02, n.v.). (Abruf-Nr. 031820)
SachverhaltIn den notariellen Kaufverträgen war jeweils eine Klausel enthalten, die dem Erwerber
ab Besitzübergang das Stimmrecht in der Eigentümerversammlung übertrug. Andererseits
bevollmächtigte sie den Verwalter auch nach Eigentumsübergang, soweit der Erwerber
nicht selbst an der Versammlung teilnimmt. In der Eigentümerversammlung war ein Mit-
eigentümer von mehreren anderen, die nicht persönlich an der Versammlung teilnah-
men, bevollmächtigt worden. Es entstand bei der Verwalterwahl Streit darüber, ob die
nicht anwesenden Eigentümer auf Grund der Einzelvollmacht durch den Miteigentümer
oder auf Grund der Vollmachtsregelung im Kaufvertrag durch den Verwalter vertreten
wurden. Man einigte sich, dass zunächst die persönlich Anwesenden abstimmten, dann
der schriftlich Bevollmächtigte und zuletzt der Verwalter.
PraxishinweisDie Gemeinschaftsordnung sah eine Einzelbevollmächtigung vor. Die generelle Bevoll-
mächtigung des Verwalters in der Kaufurkunde diente allein der Sicherung der Beschluss-
fähigkeit. In diesem Fall geht die Einzelbevollmächtigung der generellen vor.
WEG
Antrag auf Beschlussanfechtung richtig stellenvon RA Norbert Slomian, Heilbronn
Ausführungen zur Fehlerhaftigkeit der Verwalterentlastung ersetzen nicht einen Antrag
auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über die Jahresabrechnung
(BayObLG 13.3.03, 2Z BR 28/03, n.v.). (Abruf-Nr. 031821)
Sachverhalt/EntscheidungsgründeDie Eigentümerversammlung beschloss unter TOP 4 die Abrechnung, unter TOP 5 die
Entlastung des Verwalters und unter TOP 6 den Wirtschaftsplan. Der Antragsteller bean-
tragte die Ungültigerklärung der Beschlüsse zu den TOP 5 und 6. Er begründete dies hin-
sichtlich der Anfechtung der Verwalterentlastung u.a. damit, dass die Müllgebühren in
der Jahresabrechnung zu hoch angesetzt waren. Hier lag kein Antrag auf Ungültigerklä-
rung des Beschlusses zu TOP 4 vor. Ausführungen zur Fehlerhaftigkeit der Verwalterent-
lastung ersetzen nicht den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses über
die Jahresabrechnung. Wichtig: Dem Antragsteller wurden neben den Gerichts- auch die
außergerichtlichen Kosten auferlegt.
PraxishinweisZwar gilt im WEG-Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz. Dieser ersetzt jedoch nicht
den konkreten Antrag. Dem Amtsermittlungsgrundsatz unterliegen nur die Entscheidun-
gen der Eigentümerversammlung, die dem Gericht zur Überprüfung gestellt werden.
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Mietvertrag
Vereinbarungen über die Verjährung im Mietrechtvon Dr. Hans-Herbert Gather, Meerbusch
§ 225 BGB a.F. ließ nur Abreden über eine Erleichterung der Verjährung zu. Das hat sich
mit der Schuldrechtsreform geändert. Mit § 202 BGB n.F. sind nun auch Erschwerungen
möglich (BT-Drucksache 14/6040, 110). Hierdurch sollen sich die unter der Geltung des
alten Rechts unternommenen Versuche, das Verbot der Verjährungserschwerung im
Wege der Stundungs- oder Fälligkeitsabreden zu umgehen, erübrigen (Mansel, NJW 02,
96; Palandt/Heinrichs, BGB, 62. Aufl., § 202 Rn. 1). Der Beitrag erläutert, bei welchen
mietrechtlichen Ansprüchen solche Vereinbarungen Sinn machen und zulässig sind.
Gegenstand der VereinbarungGegenstand einer Vereinbarung über die Verjährung können alle sich aus den §§ 194 ff.
BGB ergebenden Fragen sein. Hierzu zählen vor allem vertragliche Regelungen über den
Verjährungsbeginn, die Verlängerung oder Verkürzung der Verjährungsfrist, die Hemmung,
den Neubeginn oder den Verjährungsverzicht (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 202 Rn. 2). Die
Abrede über die Verjährung bedarf keiner Form (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 202 Rn. 7).
Praxishinweis: Die Mietparteien können sowohl vor der Entstehung des Anspruchs eine
noch nicht laufende als auch nachträglich eine bereits abgelaufene Frist verlängern (BT-
Drucksache 14/6040, 110; Palandt/Heinrichs, a.a.O.). So dürfen Ansprüche auf Zahlung der
Miete und Nebenkosten, die jetzt der Regelfrist von drei Jahren (§ 195 BGB) unterliegen,
vertraglich wieder der alten Frist von vier Jahren unterworfen werden. Ferner können
neue Hemmungsgründe oder weitere Tatbestände des Neubeginns vereinbart werden.
Entsprechendes gilt für die Erweiterung oder Einschränkung von Gründen, die zu einer
Hemmung oder einem Neubeginn führen (Palandt/Heinrichs, a.a.O.).
Vereinbarungen über eine Erleichterung oder Erschwerung der Verjährung eines
Anspruchs erstrecken sich regelmäßig auch auf solche Ansprüche, die mit ihm konkurrie-
ren oder alternativ an dessen Stelle treten (BT-Drucksache, a.a.O., 111). Hierzu zählt der
Anspruch auf Schadenersatz statt Erfüllung der Renovierungspflicht bei Vertragsende.
Grenzen der VereinbarungDie Zulässigkeit von Abreden bezieht sich nicht auf Ansprüche, die Kraft Gesetzes unver-
jährbar sind (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 202 Rn. 5). Sie spielen jedoch im Mietrecht keine
Rolle. Im Übrigen ist zwischen allgemeinen vertraglichen Grenzen und den Besonderhei-
ten bei Formularklauseln zu unterscheiden:
Allgemeine vertragliche Grenzen: Unabhängig davon, ob es sich um eine Individual-
vereinbarung oder eine Formularklausel handelt, darf die Verjährung bei Haftung we-
gen Vorsatzes nach § 202 Abs. 1 BGB nicht im Voraus durch Rechtsgeschäft erleichtert
werden. Dadurch soll ein Umgehen von § 276 Abs. 3 BGB vermieden werden (BT-
Drucksache, a.a.O., 110). Andernfalls würde die Gefahr bestehen, dass eine derart kur-
ze Frist vereinbart würde, die einem Haftungsausschluss nahe kommt. Das Verbot der
Verjährungserleichterung bei Haftung wegen Vorsatzes gilt für alle Schadenersatzan-
sprüche aus Vertrag und unerlaubter Handlung (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 202 Rn. 3).
Ferner enthält § 202 Abs. 2 BGB eine zeitliche Höchstgrenze für die Abrede über eine
Verjährungserschwerung. Demgemäß darf die Verjährung durch Rechtsgeschäft
nicht über eine Frist von 30 Jahren ab dem gesetzlichen Verjährungsbeginn hinaus
erschwert werden.
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Praxishinweis: Eine gegen § 202 BGB verstoßende Abrede ist gemäß § 134 BGB
nichtig. An ihre Stelle tritt die gesetzliche Regelung. Ansonsten bleibt der Vertrag
wirksam (Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 202 Rn. 6).
Grenzen bei Formularklauseln: Soweit es sich um formularmäßige Klauseln über die
Verjährung handelt, ist die Inhaltskontrolle nach § 307 BGB zu beachten. Demnach
ist eine Abrede unwirksam, nach der dem Vermieter als Verwender der Klausel für
seine Ansprüche gegen den Mieter eine unangemessen längere Verjährungsfrist ein-
geräumt wird als dem Mieter für seine Ansprüche gegen den Vermieter.
Vereinbarungen über die sechsmonatige VerjährungsfristAußer der Regelfrist von drei Jahren spielt im Mietrecht die sechsmonatige Verjäh-
rungsfrist nach § 548 BGB eine entscheidende Rolle. Bedenken bestehen gegen eine
formularvertragliche Klausel, durch die diese Frist wesentlich verlängert wird (Palandt/
Heinrichs, a.a.O., § 202 Rn. 9).
Zweck des § 548 BGB ist es, eine rasche Auseinandersetzung der Mietparteien bei der
Rückgabe der Mietsache hinsichtlich eventuell bestehender Ansprüche wegen des
Zustands des Mietobjekts zu erreichen. Verstreicht längere Zeit nach der Rückgabe,
wird es um so schwerer, den zu diesem Zeitpunkt bestehenden Zustand zu ermitteln
(Herrlein/Kandelhard, Praxiskommentar Mietrecht, § 548 Rn. 3). Insofern ist § 548 BGB
eine Leitbildfunktion i.S. von § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB beizumessen (Lützenkirchen, MK
02, 101).
Praxishinweis: Hierbei ist zu berücksichtigen, dass anders als nach der bisherigen
Rechtslage (BGH NZM 00, 547; KG NJW-RR 97, 392) auch für den Anspruch des Vermie-
ters auf Schadenersatz statt der Leistung die Verjährungsfrist bereits mit der Rückgabe
der Mietsache und nicht erst, wenn der Anspruch sich in einen Schadenersatzanspruch
umgewandelt hat, zu laufen beginnt (BT-Drucksache 14/4553, 45; Langenberg, WuM 02,
71; Goch, WuM 03, 368). Dem Vermieter ist daher dringend zu raten, kurze Zeit nach
Rückgabe der Mietsache den Mieter unter Fristsetzung spezifiziert aufzufordern, die bei
Vertragsende fälligen Schönheitsreparaturen vorzunehmen.
Formularvertraglich dürfte eine Klausel zulässig sein, nach der die Ersatzansprüche des
Vermieters ein Jahr nach der Rückgabe der Mietsache und die Ansprüche des Mieters
auf Ersatz von Aufwendungen oder Gestattung der Wegnahme einer Einrichtung ein
Jahr nach Beendigung des Mietverhältnisses verjähren (Kandelhard, NZM 02, 929).
Bedenken bestehen jedoch bei einer Verlängerung der Frist auf zwei Jahre (Herrlein/
Kandelhard, a.a.O., 932). Dies dürfte der Zielsetzung des § 548 BGB zuwider laufen.
Letzte Klarheit in dieser Frage kann jedoch nur die höchstrichterliche Rechtsprechung
bringen.
Größere vertragliche Gestaltungsfreiheit haben die Mietparteien bei einer Individual-
abrede, die besser den Bedürfnissen des Einzelfalls angepasst werden kann. Das gilt
vor allem bei der Überlassung eines großen Mietobjekts, wenn etwa Gutachten über
den Zustand der Mietsache – z.B. Bodenkontamination – längere Zeit in Anspruch neh-
men.
Praxishinweis: Generelle Aussagen über die zulässige Verlängerung der Verjährungs-
frist lassen sich mit Rücksicht auf die unterschiedlichen Fallgestaltungen nicht
machen.
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Impressum:
„Mietrecht kompakt“ ISSN 1618-4157
Redaktion: RA Günter Leißing, FA Steuerrecht (Chefredakteur), RA Michael Bach (stellv. Chefredakteur, verantwortlich)
RA Gudrun Möller, RA Christian Stake, FA Arbeitsrecht
Verlag: IWW Institut für Wirtschaftspublizistik Verlag . Steuern . Recht . Wirtschaft GmbH & Co. KG, Bergstraße 18,
59394 Nordkirchen, ein Unternehmen der Vogel Medien Gruppe,
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„Mietrecht kompakt“ ist nur zur persönlichen Information des Empfängers und seiner Mitarbeiter bestimmt. Nach-
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Hinweis: Der Inhalt von „Mietrecht kompakt“ ist nach bestem Wissen und Kenntnisstand erstellt worden. Die Kom-
plexität des Themas und der ständige Wandel der Rechtsmaterie erfordern es, Haftung und Gewähr auszuschließen.
Erscheinungsweise: monatlich; Zitierweise: Beispiele: „Müller, MK 01, 10“ oder „MK 01, 12“
Druck: Schützdruck, Recklinghausen
Bitte beachten Sie auch die Beiträge in den September-Ausgaben der anderen Informations-
dienste des IWW-Instituts, u.a.:
„BRAGO professionell“ 9/03:
BRAGO: Gebühren im PKH-Prüfverfahren
Kostenerstattung: Verdienstausfall und Reisekosten
„Prozessrecht aktiv“ 9/03:
Tatbestandsberichtigung: So stellen Sie den Antrag nach § 320 ZPO richtig
BGH: Anforderungen an die Berufungsbegründung
„Vollstreckung effektiv“ 9/03:
Vollstreckungskosten: Bei Ratenzahlungsvereinbarungen AGB-Recht beachten
Vollstreckungspraxis: Der einstweilige Rechtsschutz im Erinnerungsverfahren
„Verkehrsrecht aktuell“ 9/03:
Neuwagenkauf: Auslaufmodell ist nicht mehr „fabrikneu“ (BGH)
Merkantiler Minderwert: Einwände der Versicherer erfolgreich entkräften (Checklisten)
„Verbraucherrecht kompakt“ 3/03:
Schuldrechtsreform: Die Neuregelung des Widerspruchsrechts bei Verbraucherverträgen
Reiserecht: Monatsfrist zur Anspruchsanmeldung kann bei deliktischen Ansprüchen durch
AGB vorgegeben werden
„Arbeitsrecht aktiv“ 6/03:
Kostenreduzierung: Direktionsrecht, Widerruf von Leistungen und Änderungskündigung
Richtiger Klageantrag: Verfahren zur Sicherung der Weiterbeschäftigung
Leserservice: Die o.g. Checklisten zum merkantilen Minderwert aus „Verkehrsrecht
aktuell“ können Sie kostenlos per Telefax (02596/92280 – kein Faxabruf!) anfordern.
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Mietrecht kompaktNotizen