Sehen im AlterDR. ANDREAS BERKE
HÖHERE FACHSCHULE FÜR AUGENOPTIK KÖLN
Sehen im Alter
1. Altern
40 – 60-Jährige
Primäres „Altersproblem“ ist die Alterssichtigkeit (Presbyopie).
Häufigste Ursache von Sehbehinderungen in dieser Altersgruppe ist die Zuckerkrankheit.
Generation 50+
Fernere Lebenserwartung◦ 50 Jahre:◦ Männer: 29,0 Jahre◦ Frauen: 33,6 Jahre◦ 70 Jahre◦ Männer: 13,4 Jahre◦ Frauen: 16,2 Jahre◦ 90 Jahre◦ Männer: 3,7 Jahre◦ Frauen: 4,2 Jahre
Fernere Lebenserwartung
0
10
20
30
40
50
60
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0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100
Lebensalter (Jahre)
fern
ere
Lebe
nser
war
tung
(Jah
re)
männlich weiblich
Alter und SehbehinderungenAlter Erblindungen
[%] Schwere
Sehbehinderungen [%]
0 – 9 2,5 1,6 10 – 19 0,6 0,5 20 – 29 2,4 2,1 30 – 39 2,1 2,0 40 – 49 3,4 2,7 50 – 59 3,7 4,6 60 – 69 9,4 8,2 70 – 79 23,3 30,1 80 – 89 39,2 40,2 90 und älter 12,5 8,0
AlterungsvorgängeGenetische Faktoren◦ Genetische Disposition trägt zu ca. 25% zur
Langlebigkeit bei.
AlterungsvorgängeGenetische Faktoren◦ Genetische Disposition trägt zu ca. 25% zur
Langlebigkeit bei.
Individuelle Lebensführung
Umweltfaktoren
Ursachen des AlternsIntrinsische Ursachen: schädigende oder fehlerhaften Prozesse im Innern von Zellen
Extrinsische Ursachen: Einwirken äußerer Faktoren oder bestimmter Lebensgewohnheiten, die den Alternsprozess vorantreiben. (z.B. UV-Belastung)
Erkrankungen, die bevorzugt im Alter auftreten und ihrerseits wieder den Alternsprozess beschleunigen. (z.B. Diabetes, Alterungsprozesse im Herzkreislaufsystem)
Altern
oUniversalität: oJeder ist betroffen
oProgressivität: oAltern schreitet voran
oSchädlichkeit: oAnfälligkeit für Erkrankungen
Alter und Morbidität
Schädlichkeit des Alters
Alterungsprozesse und Auge/SehenPhysiologische Prozesse◦ Trübung der Linse◦ Senile Miosis◦ Verflüssigung des Glaskörpers◦ Verlangsamung der Kognition
Pathologische Prozesse◦ Katarakt◦ Altersbedingte
Makuladegeneration◦ Schlaganfall
2. Altersveränderungen des Auges
Altersveränderungen der LiderSeniles Entropium
Sehr häufigUrsache: Knochenabbau der Orbita
Senile PtosisRückbildung der Aponeurose des Lidhebers
TränensäckeErschlaffung des Septum orbitaleVorfallen des Orbitafetts
Altersveränderungen der LiderVeränderungen der Lidhaut
Zunahme von AltersfleckenErschlaffen der Lidhaut(Dermatochalasis)
TumorenBasaliomePlattenepithelkarzinome
Veränderungen des TränenapparatsInvolution der Tränendrüse ab dem 40. Lebensjahr
Verringerte SekretionsrateTeilweise Kompensation durch Verengung der ableitenden Tränenwege
Veränderte Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit
Erhöhte VerdunstungsrateVeränderte Zusammensetzung des LipidfilmsVermehrt Bakterien an der Lidkante: Spaltung der Lipide
Weniger Becherzellen
Proteinkonzentration [mg/ml]
Protein < 40 Jahre > 60 Jahre sIgA 0,91 0,22 0,59 0,08 Laktoferrin 0,98 0,24 0,62 0,08 Lysozym 2,48 0,64 1,30 0,16 Lipocalin 1,37 0,27 0,86 0,16
Altersveränderungen der Bindehaut
Verlust elastischer Fasern in der Submukosa der Bindehaut
Faltenbildung der Bindehaut/LipcofsErhöhtes Infektionsrisiko
Degeneration der BindehautPinguekulaUVA als Hauptursache
Ablagerungen auf der Bindehaut
Altersveränderungen der Bindehaut
HyposphagmaGeplatztes Blutgefäß aufgrund eines starken Anstiegs des Blutdrucks v.a. in den Venolen
TumorenPlattenepithelkarzinome
Altersveränderungen der HornhautEpithel
Seneszenz der Basalzellen und limbalen StammzellenVerlangsamte Regeneration
StromaWeniger KeratozytenAnreicherung gealterter Kollagene aufgrund verzögerten TurnoversCrosslinking der KollageneCornea farinata: Ablagerungen von Lipofuscinen in den Keratozyten
EndothelVerdickung der Descemetschen Membran durch Auflagerung von Kollagenen aus dem EndothelAbnahme der Zellen im Endothel um 0,5% bis 1,0%pro Jahr
Altersabhängige Degenerationen der Hornhaut
Greisenbogen (Arcus senilis) Cornea guttata
Altersveränderungen der SkleraGelbfärbung der Sklera aufgrund von LipideinlagerungenVerhärtung der Sklera
Kein Beitrag zur Regulation des Augeninnendrucks
Ablagerungen von Kollagenen im Bereich der Papille
Mechanischer Stress im Bereich der PapilleSchädigung von Astrozyten
Altersveränderungen der IrisVerdichtung des IrisstromasVeränderung der Irisfarbe durch schwächere Pigmentierung
Häufig graue AugenDegeneration des M. dilatator (Pupillenöffner)
Beitag zur senilen MiosisRückbildungsprozesse im Pigmentepithel
Senile Miosis
3,03,54,04,55,05,56,06,5
20 30 40 50 60 70
Alter [Jahre]
Pu
pill
end
urc
hm
esse
r [m
m]
0,17 cd/m² 3,40 cd/m² 107 cd/m²
KammerwinkelAblagerung von extrazellulärem Material (GAGs) im Trabekelwerk und Schlemmschen KanalVerdickung der Hüllen der elastischen Fasern und Ablagerungen als PlaquesVerlust von Endothelzellen mit Phagozytose-Eigenschaften
Altern und Glaukome
Augenlinse: AlterssichtigkeitKleinste Ursache mit größter Auswirkung:
Erster Hinweis auf das Altern lange vor dem AlterWeitreichende (gefühlte) Auswirkungen auf die Lebensqualität
Kompletter Verlust einer Körperfunktion!
Vergleichbar weitreichende Ausfälle anderer Organe wären wahrscheinlich mit dem Leben nicht vereinbar.
Altersveränderungen der LinseZunahme der Mittendicke
Verdickung der vorderen und hinteren Linsenrinde
Versteilung der RadienAbnahme der Brechzahl der LinseVerhärtung des Linsenkerns
Zonulafasern
Übertragung von Kräften vom Ziliarkörper auf die Linsenkapsel bei der FernakkommodationPositionierung der Linse im AugeAnsatzstellen wandern auf die Vorderfläche
Weniger KraftübertragungKeine Entspannung bei Nahakkommodation
Verhärtung der Augenlinse
0
1
2
3
4
5
6
0 20 40 60 80 100
Alter (Jahre)
rela
tiver
Wid
erst
and
Linsenkapsel
Dickenzunahme von 10 μm im Alter von 20 Jahren auf 20 bis 30 μm im Alter von 60 Jahren.Abnahme des Elastizitätsmoduls um den Faktor 3.Halbierung der elastischen Kräfte, die von der Linsenkapsel ausgeübt werden können, um den Faktor 2 zwischen 20 und 60 Jahren.
Länge vorderer Augenabschnitt
Vorderkammertiefe
Linsendicke
Altersveränderungen der Linse
Augenlinse: Transparenz
0
20
40
60
80
100
300 350 400 450 500 550 600 650 700 750
Wellenläng [nm]
Tran
smis
sion
[%]
1 Jahr 25 Jahre >80 Jahre
Glaskörper
Altesbedingte Veränderungen der Netzhaut
Verdickung der BruchschenMembran um das 2,5-Fache
Erschwerte Diffusion von Nährstoffen aus der Aderhaut in die Netzhaut
Einlagerung von Lipfuszinen in die Zellen des retinalen Pigmentepithels
Verstärkung von Lichtschäden
LichtrezeptorenZapfen in der Fovea nahezu konstantVerlust von Stäbchen um ca 20%
Altersbedingte Veränderungen der Netzhaut
Durchblutung der Netzhautgefäßte
Arteriosklerotische Veränderungen20% geringere Fließgeschwindigkeit des Blutes
Altersveränderungen der OrbitaAbbau der Knochensubstanz
Vergrößerung der OrbitaVerlust von OrbitafettEinsinken der Augen in die Orbita
Einschränkung des GesichtsfeldesSeniles Entropium
Altersveränderung der Augenmuskeln
Involution von Muskelgewebev.a. Musculus rectus medialisTendenz zu Exostellungen im Alter
Verlagerung der Pulleys nach unten
Eingeschränkte vertikale Augenbewegungen
3. Physiologische Veränderungen des Sehens
Sehprobleme im Alter Alter Zeitunglesen
[%] Erkennen von Gesichtern [%]
40 – 54 13 4 55 – 64 19 5 65 – 74 19 8 75 – 84 30 17
Netzhauthelligkeit und Sehen
Netzhauthelligkeit eines 60-Jährigen macht nur etwa ein Drittel der Netzhauthelligkeit eines 20-Jährigen aus.Auswirkungen auf ◦ Sehschärfe◦ Kontrastempfindlichkeit◦ Farbensehen◦ Zeitliche Aspekte des Sehens◦ Dunkeladaptation◦ Latenzzeit◦ Reaktionszeit
Sehschärfe und Netzhauthelligkeit
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
-3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6
Logarithmus der retinalen Beleuchtungsstärke (Troland)
Sehs
chär
fe
Zeitliche Aspekte des SehensDie Verarbeitung der Netzhautbilder nimmt bei 60-bis 70-Jährigen etwa 50% mehr Zeit in Anspruch alsbei 20- bis 30-Jährigen.
Verlängerte Latenzzeit auf Grund geringererNetzhauthelligkeit.Verlangsamung der Hirnfunktionen führt zu verlängertenReaktionszeiten.Orientierungsschwierigkeiten in komplexen Sehsituationen.
Flimmerfusionsfrequenz20 Jahre: 67 Hz60 Jahre: 40 Hz
Sehschärfe und Alter
0
5
10
15
20
25
43 - 54 55 - 64 65 - 74 >75
Alter [Jahre]
Häu
ifgke
it Vi
sus
< 0,
5 [%
]
Kontrastempfindlichkeit
Kontrastwahrnehmung fürErkennen von Objektdetails incl. GesichterVisuelle Stabilisierung des Körpers
Einbußen der KE durchgeringere Netzhauthelligkeitmehr Streulicht durch Linsentrübungenstärkeres „Rauschen“ in der Sehbahn
Kontrastempfindlichkeit
0
20
40
60
80
100
120
140
160
180
0 10 20 30 40 50 60 70 80
Alter [Jahre]
max
imal
e K
ontr
aste
mpf
indl
ichk
eit
KontrasterhöhungEin 60-Jähriger benötigt einen etwa dreimal höheren Objektkontrast, um die gleiche Sehleistung zu erreichen, die ein 20-Jähriger hat.Eine Verminderung des Kontrastes um 30 bis 40 % macht eine Erhöhung der Objektleuchtdichte um 25 % erforderlich, um die Seheinbußen zu kompensieren.
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
20 30 40 50 60
Alter [Jahre]
rela
tive
Kon
tras
terh
öhun
g
Blendungsempfindlichkeit
Blendungsempfindlichkeit
05
1015
2025
3035
4045
5055
60
10 - 19 20 - 29 30 - 39 40 - 49 50 - 59 60 - 69 70 - 79
Alter [Jahre]
Häu
figke
it [%
]
Kont rast Blendung
Gesichtsfeld
Gesichtsfeld und Katarakt
Alter und Dunkeladaptation
I: 40 – 59 Jahre
II: 60 – 69 Jahre
III: 70+
Getönte Gläser
Bei niedrigen Leuchtdichten kann durch ein getöntes Brillenglas die Netzhauthelligkeit soweit herabgesetzt werden, dass sich dies nachteilig auf das Sehen auswirkt.
Sinnvoll bei greller Beleuchtung, da so der Streulichtanteil im Auge vermindert werden kann.
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
-3 -2 -1 0 1 2 3 4 5 6
Logarithmus der retinalen Beleuchtungsstärke (Troland)
Sehs
chär
fe
Farbensehen und Alter
Gelbfärbung der Augenlinse durchverstärkte Absorption blauenLichtes.
Erworbene Blau-Gelb-StörungWeiß wird gelblich wahrgenommen.
Binokularsehen
Altersveränderungen des Binokularsehens durch◦ Veränderungen der Augenmuskeln◦ Veränderungen der Orbita◦ verzögerte
Verarbeitungsgeschwindigkeit imGehirn
Altersbedingte Bewegungsstörungen der Augen
Eingeschränkte Blickwendung nach obenKonvergenzschwächeSakkadierte langsame FolgebewegungenAbnehmende SakkadengeschwindigkeitSquare Wave Jerks
Vertikale Amplitude der Augenbewegungen
0
5
10
15
20
25
30
35
40
45
< 14 15 - 24 25 - 34 35 - 44 45 - 54 55 - 64 65 - 74 75 - 84 85 - 94
Alter [Jahre]
verti
kale
Am
plitu
de [°
]
Physiologische Konvergenzstörungen
Frühzeitige Umwandlung von Muskelgewebe des M. rectus lateralis in Bindegewebeweniger Zugkraft beiAdduktionenTrend zu Exo-Stellungen der Augen mit zunehmendemAlter
Square Wave Jerks
Klinische ZeichenSakkaden, die die Augen vom Fixationsobjekt wegbewegenGefolgt von einem intersakkadischenIntervall (200 ms)Anschließende Korrektionssakkade
UrsachenLäsionen von Großhirn und KleinhirnSchädigungen der BasalganglienMangel an KatecholaminenStrabismus Normales Altern
Funktionelles Sehen
4. Pathologische Veränderungen des Auges
Alterserkrankungen des AugesGrauer Star (Katarakt)Grüner Star (Glaukom)Altersbedingte Netzhauterkrankungen Gefäßerkrankungen in der Netzhaut
Ursachen von Sehbehinderungen (Hessen 2001)
Ursache Absolute Häufigkeit (n)
Relative Häufigkeit (%)
Bulbusveränderungen 45 5,5 Netzhautveränderungen 583 71,7 Sehnervenschäden 90 11,1 Katarakt 9 1,1 Hornhautschäden 15 1,8 Sonstige 71 8,7
Katarakte (Linsentrübungen)Nahezu jeder ältere Mensch weist eine Trübung seiner Augenlinsen auf.
Grenze zwischen physiologischen und pathologischen Trübungen ist fließend.
Kataraktoperation ist die häufigste Operation.
Sehen mit Katarakt
Katarakte Ursachen
AlterLichtFreie Radikale
Probleme mit MultifokallinsenEinschränkungen der NachtfahrtauglichkeitVerschlechterung des KontrastsehensErhöhte BlendungsempfindlichkeitWahrnehmung von HalosNachbilder, Streubilder, Überblendungen
Multifokale IntraokularlinsenSehen ist v.a. Segmentierung
Die Optik des Auges projiziert ein komplexes Lichtmuster auf die NetzhautElementare Aufgabe des visuellen Systems ist es, diese Lichtmuster in Objekte und Hintergrund zu segmentieren.
Altersbedingte Veränderungen der Kognition erschweren die Segementierung
Diffraktive Intraokularlinsen
Rot: ohne BlendungGrün: mit BlendungAlter: 50 Jahre
Glaukom
0
1
2
3
4
5
6
40 - 49 50 - 59 60 -69 70 - 79 80+
Präv
alen
z [%
]
Alter [Jahre]
Altersbedingte Makuladegeneration
Altersbedingte Makuladegeneration
Diabetes
Idiopathisches Makulaforamen
Netzhautablösungen
Netzhautablösung
Verschluss von NetzhautvenenNach Diabetes zweithäufigste Erkrankung der retinalenBlutgefäßeAuftreten überwiegend im Alter
mittleres Mainfestationsalter 68,5 Jahre
Begünstigt durch altersassoziierte Erkrankungen wie Bluthochdruck, Arteriopsklersose, Diabetes
5. Altern und Gehirn
Altersveränderungen des GehirnsBiologie und Kultur prägen das Gehirn.
Biologische Alterungsvorgänge des Gehirns lassen sich durch Erfahrung, Weisheit und Wissen bis zu einem gewissen Alter kompensieren.
05
10152025303540455055
65 - 69 70 - 74 75 - 79 80 - 90 >90
Alter [Jahre]
Häu
figke
it [%
]
Häufigkeit von Demenzerkrankungen
Altersveränderungen des GehirnsAnatomische und physiologischeVeränderungen◦ Zellverlust (7 – 10%)◦ Abnahme des Hirnvolumens◦ Schlechtere Durchblutung◦ Schlechtere Energieversorgung
Auswirkungen◦ Eingeschränkte Kognition◦ Verlangsamung von Gehirnfunktionen
Kognition
Störfaktoren
KognitionPrimäre Prinzipien der Kognition◦ Auffassungsgabe◦ Arbeitsgedächtnis und Kurzzeitgedächtnis◦ Verarbeitungsgeschwindigkeit
Zusätzlich◦ Antriebskraft◦ Motivation◦ Ausdauervermögen
Leitsymptom altersbedingter Einschränkungen der Kognitionist die reduzierte Verarbeitungsgschwindigkeit im Gehirn
Sehprobleme → Kognitive Einschränkungen
Ältere Menschen verlieren in komplexen Situationen schneller den Überblick als Verkehrsteilnehmer der jüngeren Altersgruppen. So waren bei den Senioren mit 65 oder mehr Jahren „Vorfahrtsfehler“ die häufigste Unfallursache der 44 743 beteiligten Pkw-Fahrer an Personenschadensunfällen. (Statistisches Bundesamt, 2015)
Unfallbeteiligte 2014
Unfallursachen jünger Personen (18 – 24 Jahre)
Unfallursachen älterer Menschen
(Visuelle) AufmerksamkeitZuweisung von begrenzten Verarbeitungskapazitäten für ausgewählte Informationen
Ignorieren aller anderen Informationen
Abhängig von◦ Kontrast◦ Bewegung◦ Größe und Reizintensität ◦ Farbigkeit◦ Position im Gesichtsfeld
AufmerksamkeitAufmerksamkeit ist ein kognitiver Prozess, bei dem die Konzentration auf eine bestimmte Information gerichtet wird, während andere vorhandene Informationen ignoriert werden.Kompetitive Selektion ist ein Prozess, der bestimmt, welche Informationen in das Arbeitsgedächtnis gelangen.
6. Psychosoziale Aspekte des Sehens
Sehen und Lebensqualität
Sehen und Gedächtnis
Sehen und Intelligenz
Sehen und Depressionen
Sehen und Stürze
Sozioökonomische Ursachen geringer Sehschärfen
Kosten einer Sehhilfen
Kein Zugang zu medizinischenDienstleistungen
Aufenthalt in einem Alten- oderPflegeheim
Geringe Erwartungen an die eigeneLebensqualität
Geringe Erwartungen an die Lebensqualität älterer Menschen durchAngehörige, Ärzte oder Pflegepersonal.
0
5
10
15
20
25
43 - 54 55 - 64 65 - 74 >75
Alter [Jahre]
Häu
ifgke
it Vi
sus
< 0,
5 [%
]
Augenleiden und sehbezogene LebensqualitätPatienten mit Augenerkrankungen leiden bereits bei leichten und mäßig schweren Sehbeeinträchtigungen unter einer deutlich reduzierten sehbezogenen Lebensqualität.
Verschwommenes Sehen ist das wichtigste Kriterium für eine Minderung der sehbezogenen Lebensqualität.◦ Sehschärfe bestimmt in erster Linie die selbsteingeschätzte
visuelle Leistungsfähigkeit.
Verunsicherung, wenn Mimik und Gestik nicht mehr erkannte werden
Sehbezogene Lebensqualität
SehbezogeneLebensqualität
Physisch Kognitiv SozialPsychisch Verhalten
Beeinträchtigung durch Symptomatik
StimmungDepressivität
usw.
KonzentrationGedächtnisIntelligenz
KontakteVereinsamung
Ausübung vonBeruf,
Hausarbeiten,Hobbies
Sehbezogene Lebensqualität (NEI FVQ-25)
allgemeiner Gesundheit,Qualität des Sehens mit optischer Korrektion,persönliche Sorgen und Ängste um das Sehen,Schmerzen und Unannehmlichkeiten der Augen,Schwierigkeiten beim Lesen,Sehprobleme bei Hobbies, Hausarbeit usw.,spezielle Dinge aus einer Vielzahl anderer Dinge herausfinden,Lesen von Straßennamen und Schildern,Schwierigkeiten beim Treppensteigen in Dunkelheit und Dämmerung,Wahrnehmung von Gegenständen beim Gehen,Wahrnehmung, wie andere Menschen auf das reagieren, was diebefragte Person gesagt hat.Auswahl von passenden Kleidungsstücken,Kontakte mit anderen Menschen, Parties, Restaurants,Besuch von Kino, Theater, Sportveranstaltungen,Autofahren,Autofahren während der Nacht, schlechtem Wetter usw.
NEI FVQ 25
• Schränkt ihr Sehen die Dauer ihrer Arbeit oder anderer Aktivitätenein?
• Wie stark schränken Schmerzen oder Unannehmlichkeiten der Augendie Tätigkeiten, die Sie ausüben wollen, ein?
• Fühlen Sie sich auf Grund ihres Sehens frustriert?
Selbstständigkeit/Autonomie
Verlassen Sie sich auf das, was andere sagen,weil Sie selbst viele Dinge nicht sehen können?Sind Sie auf fremde Hilfe angewiesen?Können Sie viele Dinge nicht mehr machen, daSie befürchten, wegen Ihres schlechten Sehensanderen Menschen zur Last zu fallen?
NutzwertErkrankung Nutzwert
Perfekte Gesundheit 1,00Wechseljahre 0,99Leben nach Nierentransplantation 0,84mittelschwerer Herzinfarkt 0,80Schlaganfall, leichtes neurologisches Defizit 0,75Brustkrebs mit Chemotherapie 0,74Dialyse 0,64schwere Depressionen 0,46schwerer Herzinfarkt 0,30beidseitige vollständige Erblindung 0,26Schlaganfall, schweres neurologisches Defizit 0,12
Bedeutung des Sehens Sehschärfe Nutzwert
(utility) Erkrankung mit vergleichbarem Nutzwert
1,0 1,00 Gesundheit 0,8 0,87 leichte Angina pectoris 0,63 0,84 Zustand nach
Nierentransplantation 0,5 0,80 mittelschwerer Herzinfarkt 0,4 0,77 Brustkrebs mit Chemotherapie 0,3 0,74 leichter Schlaganfall 0,2 0,67 mittelschwere Hüftgelenksarthrose 0,1 0,66 mittelschwere Hüftgelenksarthrose 0,08 0,63 Dialyse nach Nierenversagen 0,05 0,54 insulinpflichtiger Diabetes Fingerzählen 0,52 Rheumatoide Polyarthritis Lichtwahrnehmung 0,30 schwerer Herzinfarkt Keine Lichtwahrnehmung
0,26
Nutzwert der Behandlung einer AMD
Behandlungserfolgvorher: Lichtwahrnehmung: q = 0,30nachher: Fingerzählen: q = 0,52Gewinn an QALYs bei einer 70-jährigen Frau: ca. 3,6 Jahre.
Ein Anstieg der Sehschärfe von Lichtwahrnehmung auf Fingerzählenentspricht ungefähr einem Anstieg der Sehschärfe von 0,4 auf 1,0.
Nutzwert einer Kataraktoperation
Ausgangssituation: Visus 0,2 (q = 0,67)Postoperativ: Visus 0,63 (q = 0,84)Alter des Patienten: 80 Jahre
Fernere Lebenserwartung: 7,6 Jahre (Männer) bzw. 8,9 Jahre (Frauen)
Gewinn an QALY: 1,3 Jahre (Männer) bzw. 1,5 Jahre (Frauen)
Sehen und geistige Leistungsfähigkeit
Zwei Komponenten der Intelligenz◦ Mechanisch: Hardware◦ Pragmatisch: Kultur, Erfahrung, Sprache, Lesen, Schreiben
usw.
Unterschiede der geistigen Leistungsfähigkeitzwischen älteren Menschen sind zur Hälfte durchSeh- und Hörstörungen zu erklären.◦ Gehirn muss Verarbeitungskapazitäten zur Kompensation
sensorischer Defizite aufwenden.
Sehen und Gedächtnis
SehenHören
DepressionenPrävalenz◦ 2-3% aller 65+◦ 10% bei Heimbewohnern
Symptome◦ Interessenverlust, Freud- und Antriebslosigkeit◦ Leichte Ermüdbarkeit, Schlaflosigkeit◦ Gedächtnisschwäche, Konzentrations- und
Aufmerksamkeitsstörungen◦ Mangel an Selbstvertrauen, Schuldgefühle◦ Gefühl der Perspektivlosigkeit
Sehprobleme und Depressionen90% aller Informationenüber die Außenweltgelangen über die Augenins Gehirn.
Sehprobleme behindern diesenInformationsfluss.Vereinsamung durch (visuelle) Isolation des älteren Menschen.
Licht steuert die Bildungvon Hormonen
Lichtgesteuerte Körperfunktionen
Sehen und Stürze
Sehproblem und StürzeoAllgemeine Sehverschlechterung: Stolperfallen
werden nicht erkanntoVerlangsamung des SehensoVerzögerte ReaktionoSuboptimales Zusammenspiel zwischen Sehen und
GleichgewichtsorganoKontrastempfindlichkeit: visuelle Stabilisierung des
Körpers durch Wahrnehmung niedriger Ortsfrequenzen
Visuelle Hilfen im Alltag sehbehinderter älterer MenschenÜbersichtlich gestaltete Umgebung
Ordnung (z.B. Entrümpeln von Schubladen)
Helle, schatten- und blendungsfreie Beleuchtung
Starke Farb- und Helligkeitskontraste (keine Pastelltöne)
Texte in Druckbuchstaben sind besser zu erkennen als handschriftliche Texte (Vergrößerung!)
ZusammenfassungAltersbedingte Sehverschlechterungen werden in Zukunft in den entwickelten Ländern zu den wichtigsten Krankheitslasten zählen, die für den Verlust gesunder Lebensjahre verantwortlich sind. (Mathers und Loncar, 2006)