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EditorialSchmerztherapie – ein Luxusgut? _______ 2
LymphologieLymphödeme bei schmerzkrankenPatienten in der Palliativmedizin __________ 4
CMEDie invasiv-interventionelleSchmerztherapie ______________________ 6
PalliativmedizinSchmerztherapie und Palliativversorgung bei Morbus Parkinson ________________12
Aktuell/KommentarMedizinische Leitlinien im Kreuzfeuer ___14
Manuelle MedizinDifferenzialdiagnose der Schulter-Nacken-Schmerzen ___________17
Schmerz im KrankenhausOrganisation des Akutschmerzdienstes im Krankenhaus _________________________19
Leserecho/Pro & Kontra Infusionsregler oder teure PCA-Pumpen? _____________21
Medizin und RechtAktuelle Urteile:Wann haftet der Arzt? ________________23
Impressum __________________________24
KasuistikLangzeittherapie bei Rückenschmerzen _25
DGS Termine/Nachrichten ____________26
Bücherecke ________________________27
ISSN 1613-9968
Schmerztherapie – ein Luxus für wenige Auserwählte?
27. Jahrgang 2011 Ehemals StK
www.dgschmerztherapie.de
SCHMERZTHERAPIE
2 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Dramatischer WandelIn den letzten 30 Jahren hat sich ein dramatischer Wandel in der Wahrnehmung der Schmerztherapie vollzogen. Vor 30 Jahren war die Schmerztherapie noch eine „Erfindung ar-beitsloser Anästhesisten“ mit Diagnose- und Therapiemetho-den, die angeblich völlig überflüssig waren, weil die Patienten, bei denen sie angewendet werden sollten, bestenfalls Simu-lanten waren, mithin eigentlich gar nicht existierten und deren Therapie kraft seines Arzt-Seins auch jeder Arzt automatisch beherrschte. Heute hat sich die öffentliche Wahrnehmung dramatisch verändert.
Schmerz und Schmerztherapie spielen in Print- und Funkmedien eine zunehmende Rolle. Kein Tag, keine Woche vergehen, ohne dass umfangreiche Dokumentationen und Publikationen zur Problematik der Schmerzpatienten und Schmerztherapie erscheinen.
Öffentliche Wahrnehmung = bessere Versorgung?Ohne Frage wäre zu erwarten, dass mit der größeren öf-fentlichen Beachtung auch eine deutlich verbesserte Ver-sorgungslage von Patienten mit chronifizierenden und chro-
Schmerztherapie – ein Luxusgut? Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Luxusgüter zeichnen sich in aller Regel dadurch aus, dass sie kostbar sind, rar und oft auch Bedürfnisse befriedigen, deren Erfüllung nicht unbedingt zum täglich Notwendigen gehört. Ist die Schmerztherapie oder wird die Schmerzthe-rapie zu solch einem Luxusgut?
nischen Schmerzen verfügbar geworden ist. Entgegen allen Erwartungen ist aber eher das Gegenteil der Fall: Mit zuneh-mender Kenntnis der Mechanismen, die der Schmerzchro-nifizierung zugrunde liegen, wäre zu erwarten, dass diese neuen Kenntnisse auch in die Ausbildung junger Ärzte als Pflichtbestandteil einfließen, um so die Chronifizierung der Schmerzen von vielen Tausend Patienten zu verhindern. Bis heute ist dies nicht gelungen. Die Approbationsordnung ist praktisch schmerzfrei.
In den 1990er Jahren hatten die „Schmerztherapie-Ver-einbarungen“ der Deutschen Gesellschaft für Schmerzthe-rapie (damals SCHMERZtherapeutisches Kolloquium) dafür gesorgt, dass bundesweit eine qualifizierte Schmerztherapie mit entsprechender Mengenbegrenzung in Festbeträgen ho-noriert und damit die Versorgung ermöglicht wurde. Aber di-ese Entwicklung ht sich nicht fortgesetzt. Mit der Übernahme von Qualitätskriterien in das allgemeine Leistungsverzeichnis EBM wurde der willkürlichen Honorierung nach regionalen Gegebenheiten Tür und Tor geöffnet. Deutschland ist zu einem Flickenteppich schmerztherapeutischer Vergütungs-regelungen geworden. Die für diese hoch aufwändige und problematische Patientengruppe zu erzielenden Fallwerte va-riieren je nach Kassenärztlicher Vereinigung zwischen 60,00 und 240,00 Euro pro Quartal.
Damit ist in vielen Bereichen Deutschlands Schmerzthera-pie praktisch für die Patienten nicht mehr verfügbar, da qualifi-zierte Ärzte sich mehr und mehr wieder ihrem ursprünglichen Fachgebiet zuwenden und die Schmerztherapie verlassen, um so eine Lebensgrundlage zu finden.
Versorgungsbedarf Allgemeine SchmerztherapieSchlimmer allerdings ist noch, dass die über viele Jahre gehegten Erwartungen, dass die Diagnostik von Chronifi-zierungsprozessen und die Prävention und Therapie in der Basisversorgung verbessert werden könnten, indem Ärzte, die sich in diesem Bereich Qualifikationen aneignen, auch eine zusätzliche Vergütung für diese besonderen Kenntnisse und Tätigkeiten erzielen, bis heute nicht erfüllt worden sind.
Werden in der Allgemeinmedizin zahlreiche Zusatzbudgets für Zusatzqualifikationen im Rahmen der Regelleistungsvolu-mina gewährt, fällt die wichtige Qualifikation in Schmerzdia-
25 JAHRE
SCHMERZTHERAPIE / StK
Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Göppingen
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Editorial
Gemeinsam: Der Vorstand der DGS mit Priv.-Doz. Dr. med. Jörn Ludwig, Vizepräsident der Interdisziplinären Gesell-schaft für orthopädische und unfallchirurgische Schmerz-therapie (IGOST) e.V. (2. von li.), Dr. med. Fritjof Bock, Schatzmeister IGOST e.V. (4. von li.), Dr. med. Cordelia Schott, Präsidentin der IGOST e.V. und Dr. med. Martin Strohmeier, Ehrensenator der IGOST e.V. und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Rückenschmerztherapie e.V.
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g nostik und -therapie völlig unter den Tisch. Bei epidemiolo-gisch gut gesicherten etwa 12 bis 15 Millionen Menschen mit chronischen Schmerzen in Deutschland kommt aber gerade der Primärversorgung beim Allgemeinarzt/Hausarzt als ers-tem Ansprechpartner eine besondere Bedeutung zu.
Eine Verbesserung der Situation ist nur zu erwarten, wenn die hierfür erhöhten Anforderungen für Zeitaufwand in Dia-g nostik und Therapie auch in der Basisversorgung adäquat honoriert werden.
Die Zahl und das Leid der Patienten mit nicht tumorbe-dingten Schmerzen übersteigen die Zahl und das Leid der Palliativpatienten bei weitem. Trotzdem wurde zwar die Palliativmedizin als Pflichtbestandteil ärztlicher Ausbildung eingeführt, die Schmerztherapie generell ist aber weiterhin unberücksichtigt. Schmerzdiagnostik und Schmerztherapie mit dem notwendigen Zeitaufwand bleibt somit in einem der „besten Gesundheitssysteme der Welt“ weiterhin für viele Pa-tienten unerreichbar und ist damit ein Luxusgut.
GemeinsamVersorgungsstrukturen (und auch Fachgebiete) müssen sich an der Versorgungsnotwendigkeit von Patienten orientieren. Deshalb haben die großen schmerztherapeutischen Fachge-sellschaften Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. und Deutsche Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. vereinbart, gemeinsam Grundlagen für Struktur und Ver-sorgungs- und Qualitätskriterien auf der Basis einer solchen Analyse zu schaffen. Nur gemeinsam wird es für alle Beteilig ten möglich sein, die Versorgungslandschaft zu prägen, die Versor-gungsnotwendigkeit zu erfassen und die hierfür notwendigen Strukturen und Standards zu definieren und auch zu etablieren.
Zu einem ersten Treffen für diese gemeinsame große Auf-gabe hat die DGS am 27. Oktober 2011 in Berlin ein erstes gemeinsames Treffen organisiert, zu dem neben der Deut-schen Gesellschaft zum Studium des Schmerzes e.V. auch der Berufsverband der Schmerztherapeuten in Deutschland e.V., die Deutsche Schmerzliga e.V. sowie die Interdiszipli-
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näre Gesellschaft für orthopädische und unfallchirurgische Schmerztherapie e.V. (IGOST) und der Verband Deutscher Ärzte für Algesiologie e.V. eingeladen waren.
In einem ganztägigen intensiven Arbeitsprozess wurden hier erste Analysen für eine wohnortnahe und kontinuierliche Versorgung von Patienten mit chronifizierenden bzw. chro-nischen Schmerzen entwickelt, die in einer weiteren vertie-fenden Arbeit, an den Erfordernissen der Patienten orientiert, Versorgungsstrukturen und darauf basierend Qualitätskrite-rien und Standards definieren sollen.
Das Ziel dieser Arbeit muss es sein, keine elitären Ver-sorgungsinseln quasi als „Luxusgüterindustrie“ zu etablieren, sondern schmerztherapeutische Diagnostik und Versorgung von der allgemeinärztlichen Versorgung abgestuft über fach-ärztliche und hochspezialisierte Versorgung zu etablieren, um die Katastrophe der permanenten weiter bestehenden Chronifizierung von Schmerzen und zahlreicher teurer und ineffektiver Therapieversuche zu beenden.
Ich selbst und die beteiligten Fachgesellschaften möchten Sie herzlich einladen, sich an diesem Prozess zu beteiligen mit Ihren Vorstellungen und Ihrer Kreativität. Gemeinsam sollten wir nicht zulassen, dass Schmerzdiagnostik und -therapie Luxusgüter sind und bleiben, sondern dass unsere Patien ten ihr im Grundgesetz verbrieftes Recht auf Unver-sehrtheit des Lebens nicht nur postulieren, sondern im wirk-lichen Leben auch einfordern und erhalten können.
Ich wünsche Ihnen erholsame Feiertage und die Muße und Ruhe, Kraft zu schöpfen für die vielen wichtigen Aufgaben, die vor uns gemeinsam liegen.
Herzlichst
Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe Präsident Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie e.V.
Editorial
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Die Nachricht vom Tod von Prof. Dr. Jörg-Dietrich Hoppe hat in uns große Betroffenheit und Trauer ausgelöst. Gerade in Zeiten, in denen der aufrechte Gang oft um geringer scheinbarer Vorteile willen anderen Geisteshaltungen weicht, war Jörg-Dietrich Hoppe ein leuchtendes Vorbild und hat über viele Jahre als Präsident der Bundesärztekammer unbeirrt mit höchsten ethischen Ansprüchen die Integrität des Arztes als unabhängigem Wahrer der Interessen von Patienten gefordert und vorgelebt. Nie war er bereit, seine Überzeugungen dem Zeitgeist zu opfern, vielmehr hat er ohne Aufgeregtheit weitsichtig und vorausschauend Mängel aufgezeigt und zukunftsfähige Strukturen eingefordert. So wurde unter seiner Ägide im Jahr 1996 auf der Grundlage der curricularen Weiterbil-dung der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. (damals STK) die Zusatzbezeichnung „Spezielle Schmerztherapie” von der Bundesärztekammer eingeführt.
Unvergessen bleibt seine Rede anlässlich des 20-jährigen Jubiläums der DGS im Jahr 2004, in der Hoppe unter anderem ausführte:
„Es ist ein Verdienst dieser Fachge-sellschaft (DGS), das Versorgungs-problem der chronisch Schmerzkran-ken aus dem Schattendasein geholt zu haben. Der interdisziplinäre Ansatz hat maßgeblich zum Erfolg beigetra-gen. Die Breitenversorgung wurde Dank der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie besser, und die Schmerztherapie hat dadurch einen höheren Stellenwert in der Aus- und Weiterbildung erreicht.“
Wir trauern um einen großen Arzt, einen großartigen Menschen und einen wunderbaren Wegbegleiter und Berater.
Dr. med. Gerhard H. H. Müller-SchwefePräsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V.
Die Deutsche Gesellschaft für Schmerztherapie trauert um Prof. Jörg-Dietrich Hoppe
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Lymphologie
Lymphödeme bei schmerzkranken Patienten in der PalliativmedizinStörungen in den Lymphbahnen werden nicht nur von Allgemeinmedizinern und Internisten, sondern auch von Schmerztherapeuten und Palliativmedizinern mangel-haft wahrgenommen, obwohl viele Patienten unter lymphstauungsbedingten Be-schwerden und Schmerzen erhebliche Einschränkungen ihrer Lebensqualität erleben. Symptomatik, Diagnostik, Pathogenese und Therapie des Lymphödems schildert Dr. med. Johannes Horlemann, DGS Vizepräsident, Kevelaer.
Mehr als 50% aller Eiweiße des Plasmas zirkulieren binnen 24 Stunden über den
Halbkreislauf des Lymphsystems in das In-terstitium. Etwa zwei Liter Lymphe gelangen pro Tag in das Kreislaufsystem (Ductus thora-cicus).
Die lymphatische Stauung stellt ein eigen-ständiges Schmerzbild dar, das sich anfangs nozizeptiv-entzündlich, im weiteren Verlauf auch mit neuropathischen Anteilen präsen-tiert. Insbesondere bei Tumorerkrankungen kann ein lymphatischer Stau zur Erstdiagnos-tik führen, im Verlauf auch zum Maßstab eines Tumorprogresses werden oder selbstständig maligne entarten (Angiosarkom). Zahlreiche entzündlich ausgelöste, z.T. hereditär ver-mittelte Erkrankungen gehen früh mit lym-phatischen Stauungssymptomen einher, z.B. als Morgensteifigkeit. Die totale lymphatische
Blockade auch nur einer Extremität gilt als mit dem Leben nicht vereinbar. Es lohnt sich folg-lich, einen schmerzmedizinischen Blick auf die komplexe Symptomatik zu werfen.
Pathogenese Der lymphatische Druck beträgt 8 mmHg in den Lymphkapillaren in Ruhe. Er steigt auf ca. 15 mmHg im Falle eines Lymphödems. Zu den möglichen Folgen gehören: Lymph arthros in Gelenken, eine Eiweiß verlierende Enteropa-thie, lymphokutane Fisteln und Chyluszysten in der Haut, Chylurie sowie Chyloperitoneum und Chy loperikard. Alle Komplikationen sind auf den interstitiellen Eiweißstau mit erhöhtem kol-loidosmotischem Druck zurückzuführen.
Der Schmerz in einer betroffenen Extremi-tät entsteht durch eine abakterielle interstitielle Entzündung in Begleitung mit der (später auch
kompartimentellen) Drucksteigerung, die er-heblich sein kann (> 200 mmHg).
Fällt die lymphatische Transportkapazität (Lymphzeitvolumen) ab, was bei bösartigen oder entzündlichen Erkrankungen oder nach Verletzungen oder Operationen oder bei Ent-zündungen der Fall sein kann, so kommt es zu einer Ansammlung von Eiweißmolekülen im Interstitium. Diese kann reversibel (Erysipel) oder irreversibel sein.
In der Regel entsteht das Lymphödem mechanisch z.B. durch entzündlichen Verlust des Klappensystems oder Beeinträchtigung der Lymphpumpe (z. B. Beeinträchtigung der passiven Muskelkompression oder der aktiven Lymphangion-Pulsation).
Primär auftretende Lymphödeme sind grundsätzlich malignitätsverdächtig. Folgende Zeichen sprechen für ein bösartiges Lymph-ödem: ■ rasche Progredienz, ■ starker Schmerz, ■ neurologische Begleiterscheinungen, ■ zentrale Betonung des Ödems, ■ tastbare Lymphknoten, Kollateralvene und ■ Auftreten nach dem 35. Lebensjahr.
Differenzialdiagnostisch ist an Thrombosen, M. Paget-von-Schroetter und Lipödeme zu denken. Ein Lymphstau führt zu einer deut-lichen Verteilungsstörung von Hormonen (Angiotensin, Schilddrüsenhormone, Pankre-asenzyme) und zu einer Zirkulationsstörung immunologisch kompetenter Zellen.
SymtomatikEntsprechend klagen die Patienten über drü-ckende, ziehende, z.T. brennende Schmerzen. Die Extremität wird als deutlich beschwert be-schrieben. Sie ist umfangvermehrt. Die Ge-lenkmobilität ist eingeschränkt.
Klinisch-diagnostische ZeichenÜblicherweise wird auf das Stemmerzeichen verwiesen – eine Schnürfurche dorsal über
Johannes Horlemann, Kevelaer
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75 Jahre alter Patient mit Prostatakarzinom, nicht operiert, Becken ausgemauert, Becken und Hüfte massiv infiltriert, schweres Lymphödem.
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Lymphologie
dem 1.–3. Finger- oder Zehengelenk an Hand-bzw. Fussrücken. Das Lymphödem tritt ge-wöhnlich nur dorsal, anfangs nur distal, an den Extremitäten auf. Es ist anfangs weich (vier bis sechs Wochen), später zunehmend fibrotisch und derb, kalt im Gegensatz zu kardialen Öde-men, kaum eindrückbar und meist nicht sym-metrisch angelegt.
Gliedmaßenlymphödeme sind anfangs regelhaft schmerzfrei, außer bei Krebser-krankungen: Hier wird früh von „hellen“, starken Schmerzen berichtet. Lymphödeme nach Bestrahlung lösen z.T. neuropathische Schmerzen, z.B. durch Plexopathie, aus. Ein kompartimenteller Druck äußert sich früh als Spannungsschmerz, der auch mit Ligamento-sen und Tendinosen einhergeht.
Keineswegs lösen Lymphödeme Paresen, Hautverfärbungen oder Ulzera aus. Ulzera-tionen entstehen sekundär auf venöser oder arterieller Basis.
Stadien des LymphödemsKlinisch bedeutsam sind die Stadien eines Lymphödems:Latenz: pathologisches Lymphszintigramm.Stadium I: reversibles, weiches Ödem, das sich durch Hochlagerung vermindert (Morgen-entlastung), Ödem distal betont, Umfangdiffe-renz der Extremität < 4 cm.Stadium II: spontan irreversibles Ödem, das zunehmend fibrotisch verhärtet ist und sich nicht durch Hochlagerung mindert, aber durch eine komplexe physikalische Entstauungsthe-rapie (KPE) zu verbessern ist; betroffen ist die gesamte Extremität; Umfangdifferenz 4–6 cm; nachweisbar ist eine Fibrosklerose, evtl. auch eine Lipodermatosklerose. Stadium III: Elephantiasis mit massiver Schwellung, oft als Lymph-Lipödem auftretend, maligne Entartung möglich; es ist eine kom-plette Extremität inkl. Rumpfquadrant erfasst; Umfangdifferenz > 6 cm; rez. Lymphzysten und -fisteln, rez. Erysipel, lymphostatische Hyper-keratose; bei weiterem Krankheitsprogress sind Einlagerungen in Gelenke, Perikard und Peritoneum und Genitallymphödeme möglich.
Bestimmte Erkrankungen sind für lympha-tische Stauungen prädestiniert. Nach Mastek-tomie, insbesondere mit Lymphknotenentfer-nung, sollen sich 75% der operierten Frauen im Latenzstadium und bis zu 20% im Stadium I befinden. Weniger als 5% der Frauen haben ein normales Lymphszintigramm. Auch nach Quadrantenresektionen insbesondere der Brustwand (Mastektomie: eher Armlymph-ödeme) kommen Lymph ödeme gehäuft vor. Auch Erkrankungen des weiblichen Genitale, Hodenerkrankungen (Tumore) und Blasener-krankungen sowie eine venöse Stauungs-
symptomatik geht regelhaft mit lymphatischer Stauung einher.
BehandlungLymphödeme ab Stadium I müssen zwingend nicht nur wegen des sonst drohenden Krank-heitsprogresses behandelt werden. Daher ist eine intensive Therapie, insbesondere nach operativen Maßnahmen, bereits in den ersten Tagen und Wochen geboten. Vorrangig sollte der Übergang in das Stadium II vermieden werden. Abgewendet werden sollen auch die Entwicklung eines Erysipels oder ein akut le-bensbedrohlicher Zustand. Es ist „erstaunlich“ zu sehen, dass häufig Patienten mit fortge-schrittenen Lymph ödemen die notwendige Therapie verweigert wird. Dies geschieht meist aus Kostengründen, ist also ärztlich unethisch.
Komplexe physikalische Entstauungstherapie Therapeutisch vorrangig ist die KPE. Sie be-steht stets aus folgender Tetrade, wobei keine Maßnahme isoliert durchgeführt werden sollte: 1. manuelle Lymphdrainage, 2. Kompressionstherapie (meist Klasse 3), 3. Krankengymnastik und4. (fettende) Hautpflege.
Die Schmerzen werden nach WHO-Stu-fenschema behandelt. Besondere Bedeutung hat der frühe Einsatz von Kortikoiden, der regelmäßig indiziert erscheint bei Schmerzen durch maligne Lymphödeme. Diuretika sind
stets absolut kontraindiziert. Eine adjuvante Therapie mit den Vitaminen C und B6 ist be-legt, wogegen Selen heute in dieser Indikation abgelehnt wird.
Die manuelle Lymphdrainage kann keines-falls gleichwertig durch eine intermittierende apparative Kompressionstherapie ersetzt werden. Alle Patienten mit Lymphödemen an der oberen Extremität sollten die Entstauungs-übung nach Földi erlernen und dreimal pro Tag 10–15 Minuten anwenden. ■
Johannes Horlemann, Kevelaer
Lesetipp auch für Angehörige und Betroffene
Das hilft bei Lymphödemenû Dieser Ratgeber wurde in erster Linie für Betroffene und ihre Angehöri-gen verfasst. Verständlich erklären führende Experten, wie und wa rum ein Lymphödem entsteht, und welche Faktoren die Krankheit fördern oder ver-hindern. Inhalte sind Verhaltensregeln zur Vermeidung eines Lymph ödems, die Behandlung des Lymph- und des Lipödems und ein komplettes physio-therapeutisches Übungsprogramm für die Behandlung von Arm- und Bein-lymphödemen. In diesem Buch findet sich eine Fülle von praktischen Ratschlägen:• Was kann ich im Alter gegen geschwollene Beine tun?• Wie kann ich Kompressionsmaßnahmen selbst durchführen?
• Welche Lymphödemrisikofaktoren bestehen nach einer Krebsbehandlung?Das Buch enthält auch hilfreiche Ratschläge für Eltern von Kindern mit Lymphödemen. Das Buch gehört in jede Arztpraxis. Darüber hinaus sollte es jeder kennen, der mit diesem Krankheitsbild konfrontiert wird. StK
Michael und Ethel Földi: Das Lymphödem und verwandte Krankheiten. 2009, 9. Auflage. +web, 24,95 EUR, 144 Seiten, ISBN: 9783437455827. Elsevier Urban & Fischer, München
Entstauungsübung nach Földi:■ Langsames Schulterkreisen nur nach dorsal;
Schulter breit machen, dabei den Kopf zur Decke strecken
■ Wechselweise eine Schulter heben und sen-ken
■ Hände ineinander falten und einen Kreis be-schreiben bei gestreckten Armen
■ Hauptübung, d.h. Pumpübung: Faust ma-chen, Handgelenk beugen, Faust (mit Kraft) zur Schulter bringen, Rückweg in umgekehr-ter Reihenfolge
■ Wechselweise diese Übung mit beiden Ar-men, evtl. Trainingsgeräte einbeziehen
Vielleicht führen Sie die Übung erst einmal an sich selber durch, Sie werden bemerken, dass das „Schweregefühl“ der Hände und Arme deutlich reduziert wird.
Zertifizierte Fortbildung
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Die invasiv-interventionelle Schmerztherapie Die Neuromodulation mit epiduraler Rückenmarkstimulation (spinal cord stimu-lation, SCS) und intrathekaler Schmerztherapie sowie diagnostische und thera-peutische Interventionen an der Wirbelsäule sind heute wertvolle Bestandteile innerhalb multimodaler Therapiekonzepte. Diese sollten nicht erst als Ultima Ratio eingesetzt werden. Eine optimale interdisziplinäre Schmerztherapie besteht aus einem Basismodul, das situativ, individuell und je nach Pathomechanismus und Schmerztyp zur rechten Zeit um die invasiv-interventionelle Schmerztherapie (IIST) erweitert wird. Über den Stellenwert der IIST informieren Dr. med. Thomas Cegla, Wuppertal, und Dr. med Bruno Kniesel, Hamburg.
A ls invasiv werden die schmerztherapeu-tischen Maßnahmen bezeichnet, die mit
einer Operation, also der Eröffnung des Kör-pers durch Hautschnitt zum Vordringen in die Tiefe, einhergehen (Beispiel: Implantation einer Medikamentenpumpe). Hingegen erfol-gen interventionelle schmerztherapeutische Maßnahmen ausschließlich perkutan, ohne Hautschnitt (Beispiel: epidurale oder periradi-kuläre Injektionen).
Epidurale Rückenmarkstimulation WirkweiseDie epidurale Rückenmarkstimulation bewirkt durch eine elektrische Stimulation aufsteigender Hinterstrangbahnen und/oder durch die Aktivie-rung absteigender somatosensorischer und sympathischer Bahnen im dorsolateralen Funi-kulus eine Neutralisierung der Schmerzimpulse auf Rückenmarkebene. Der genaue Mechanis-mus ist jedoch noch nicht erforscht. Die Patien-ten verspüren dabei im Bereich der Schmerzen
angenehme Parästhesien, welche die Schmer-zen überdecken. Dabei kommt es zu Beginn der Testphase darauf an, dass die Elektrode so plat-ziert wird, dass diese Parästhesien möglichst vollständig, jedoch mindestens zu 80% das Schmerzareal überdecken, um ein gutes Lang-zeitergebnis zu erzielen (Abb. 1).
In der kürzlich erschienenen S3-Leitlinie [1] wurden für die verschiedenen Schmerzdiagno-sen, bei denen SCS angewendet und publiziert wurde, nach Klassifizierung gemäß der Krite-rien des „Oxford Centre of Evidence Based Medicine“ eine Bewertung dieser Literatur in Form folgender Empfehlungsgrade definiert:A Starke Empfehlung: erheblicher Nutzen in
der Regel mit erstklassiger Evidenz belegtB Empfehlung: erheblicher Nutzen mit nicht
erstklassiger oder nur eingeschränkt über-tragbarer oder gut belegter Evidenz
O Empfehlung offen: Netto-Nutzen ohne Evi-denz bzw. mit unzureichend belegter Evi-denz
Bruno Kniesel,Hamburg
SCHMERZTHERAPIE
Thomas Cegla,Wuppertal
Psychologische, psychiatrisch-psycho-somatische Evaluation (Empfehlung A)Bei allen invasiv-interventionellen Behand-lungen spielt die Patientenselektion eine domi-nierende Rolle. Hierzu gehören die Erhebung der biopsychosozialen Anamnese, die Sich-tung der Vorbefunde sowie die Interdisziplina-rität – auch in der Schmerzkonferenz. Hierbei fällt der psychologischen, psychiatrisch-psy-chosomatischen Evaluation ein wichtiger Part zu.
Neben aktuellen psychischen Erkran-kungen wie Depression und Angststörungen muss u.a. auch ein sekundärer Krankheits-gewinn beim Rentenbegehren erkannt und bewertet sein, weil diese Faktoren den Be-handlungsverlauf der Rückenmarkstimulation negativ beeinflussen können [1]. Dieses be-deutet aber nicht, dass bei diesen Patienten die Rückenmarkstimulation generell kontra-indiziert ist.
SCS bei PAVK und Angina pectoris (Empfehlung A) In der aktuell publizierten Zusammenfassung der S3-Leitlinie „Epidurale Rückenmarkstimu-lation zur Therapie chronischer Schmerzen“ wurden die Indikationsfelder der SCS be-nannt und bewertet [1]. Demnach wurden ischämischen Schmerzsyndromen der Extre-mitäten bei PAVK 2b–3 und des Herzens bei therapieresistenter Angina pectoris die Emp-fehlung A zugesprochen. Für die Praxis heißt das, dass bei Therapieresistenz dieser Krank-heitsbilder nach Ausschöpfung aller pharma-kotherapeutischer Alternativen sowie rekons-truktiver Maßnahmen eine SCS-Testphase und gegebenfalls eine Implantation einge-leitet werden soll. Bei anderen vasokonstrik-torischen Erkrankungen wie M. Raynaud und Thrombangitis obliterans kann SCS erwogen werden (Empfehlung 0) Abb. 1: Platzierung der Elektrode zur Auslösung der gewünschten Parästhesien.
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7SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Zu den Vorteilen der intrathekalen Therapie mit Morphin gehören:■ Es bestehen langfristige Erfahrungen mit
dieser Therapieform.■ Es handelt sich um eine zugelassene The-
rapieform.■ Die Test-und Therapiephase wird durch eine
gute Dosis-Wirkungs-Beziehung erleichtert.■ Die Kosten der Therapie sind relativ niedrig.
IndikationBei chronischen Schmerzzuständen, bei de-nen der Einsatz multimodaler Maßnahmen unzureichend oder mit erheblichen Nebenwir-kungen verknüpft ist, ist der Einsatz intrathe-kaler Verfahren zu überprüfen. Eine patholo-gisch psychiatrische Komorbidität ist keine zwingende Kontraindikation. Eine individuelle psychiatrisch/psychologische Beurteilung ist vor einer Testphase aber notwendig.
TestverfahrenDiese Austestung sollte nur bei Patienten mit guter Compliance durchgeführt werden, bei denen eine orale medikamentöse Therapie im Rahmen eines multimodalen Behandlungskon-zeptes über einen längeren Zeitraum erfolglos war. Eine deutliche Schmerzreduktion und bes-sere Belastbarkeit sollten in der Testphase nachgewiesen sein. Die Indikationsstellung zur Implantation sollte in einem interdisziplinä- ren Team erfolgen. Implantationen ersetzen keine multimodalen Therapiekonzepte, son-dern müssen in diese eingebettet sein.
DurchführungEin Intrathekalkatheter wird mit einer externen Medikamentenpumpe verbunden. Aufgrund der Infektionsgefahr ist die Einsatzzeit limitiert. Die Verwendung von Portsystemen und externen Pumpen verlängert die mögliche Einsatzdauer.
Für die Langzeittherapie wird dann eine implantierbare Pumpe verwendet. Die Pumpen können gasdruckbetrieben mit vorgegebener Flussmenge oder elektrisch betrieben sein. Der Vorteil der elektrisch programmierbaren Pumpen ist eine Anpassung der intrathekalen Medikamentendosis an eine im Tagesverlauf unterschiedliche Schmerzempfindung. Dosis-anpassungen sind bei allen Pumpen notwen-dig. Dosissteigerungen sollten nicht über 10% der Ausgangsdosis durchgeführt werden. Zur Auffüllung müssen sterile Bedingungen einge-halten werden. Spezielle Nadeln zur Punktion und Auffüllung der Medikamentenkammer sol-len Stanzeffekte im Kunststoff verhindern.
Verwendete SubstanzenFür die Wirkung einer Substanz ist deren Lipid-löslichkeit von Bedeutung, da eine Penetration
SCS bei den Indikationen FBSS und CRPS I (Empfehlung B)Bei dem neuropathisch dominierten Schmerz-krankheitsbild des Postnukleotomiesyndroms (Failed Back Surgery Syndrome, FBSS) mit radikulären, postoperativen, schwerpunkt-mäßig in die Extremitäten ausstrahlenden Schmerz zuständen sollten bei Erfolglosigkeit konservativer Verfahren und unter Ausschluss psychologischer Kontraindikationen die SCS eingesetzt werden. Auch beim CRPS I (chro-nisches regio nales Schmerzsyndrom, M. Su-deck), einem komplexen Schmerzzustand einer Extremität, der sich nach kleineren und größeren Verletzungen oder postoperativ ent-wickeln kann, sollte nach Scheitern der multi-modalen, konservativen Therapie unter der Beibehaltung der physikalisch-ergotherapeu-tischen Behandlung der Einsatz der SCS erwo-gen werden. Die Komplexität des Krankheits-bildes besteht in sensorisch-motorischen, tro-phischen und vaskulär-sympathischen Kompo-nenten.
Bei CRPS II (früher auch Kausalgie ge-nannt) und FBSS mit überwiegendem Kreuz-schmerz kann bei Wirkungslosigkeit der kon-servativen Maßnahmen ein Therapieversuch erfolgen (Empfehlung 0). Allerdings liegen für diese Schmerzkrankheitsbilder bisher keine kontrollierten Studien vor, sodass hierfür noch keine Empfehlung ausgesprochen werden konnte. Diese Behandlungsversuche werden derzeit durch eine Reihe von prospektiven Ko-hortenstudien und durch klinische Erfahrungen von Experten unterstützt. Sie sollten aber spe-zialisierten Zentren vorbehalten sein.
Aktuelle Entwicklungen der SCS und PNSIn den letzten Jahren wurden auf dem Gebiet der Rückenmarkstimulation, aber auch der pe-
ripheren Nerven- und subkutanen Feldstimula-tion (PNS) neue Indikationsfelder eröffnet, die teilweise beeindruckende Ergebnisse vorwei-sen. Hierzu zählt die Stimulation des N. occipi-talis bei Clusterkopfschmerzen und bei der chronischen therapieresistenten Migräne [2]. Hinzu kommt eine positive Beobachtungsstu-die zur subkutanen Stimulation bei chro-nischen, unspezifischen Rückenschmerzen [3]. Bereits vor vier Jahren wurde eine Verlaufs-beobachtungsstudie bei Patienten mit visze-ralen Schmerzen bei Z. n. multiplen, abdomi-nellen Eingriffen präsentiert [4] (Abb. 2). Für all diese Indikationen gilt, dass die therapeutische Intervention kontrolliert und selektiert sowie gut dokumentiert ausschließlich in den ent-sprechenden Zentren für Neuromodulation stattfinden sollte.
Nebenwirkungen und KomplikationenDie häufigsten Nebenwirkungen der SCS ba-sieren auf der Tatsache, dass wir mit Technik behandeln: Funktionsstörungen, Dissloka-tionen oder Brüche der Elektroden kommen im jahrelangen Verlauf vor. Sie sind sozusagen systemimmanent, können aber meist kor- rigiert werden. Ebenfalls systemimmanent ist der Generatorersatz nach Erschöpfung. Kopfschmerzen nach Durapunktion sowie Kopfschmerzen ohne Punktion liegen im nied-rig einstelligen Prozentbereich. Ebenfalls sel-ten sind Infektionen in der Testphase und im späteren Verlauf, noch seltener Abstoßreaktio-nen der Implantate. Hierüber müssen die Patien ten dennoch aufgeklärt werden. Ebenso über die Tatsache, dass nach der System-implantation keine MRT-Bilder erlaubt sind und alle starken elektromagnetischen Felder zu meiden sind.
Die intrathekale Schmerztherapie Chronische Schmerzen entstehen durch Verän-derungen im Nervensystem: Eine Therapie die-ser Störung über eine reversible Veränderung der neuronalen Transmission afferenter und ef-ferenter Nervenfasern mit dem Ziel, die neuro-nale Aktivität und postsynaptische Erregbarkeit zu vermindern, ist daher ein logischer Ansatz.
Durch die rückenmarknahe Opioidgabe über einen intrathekalen, mit einer implantierten Pumpe verbundenen Katheter wird eine hohe Arzneimittelkonzentration im Bereich der auf-steigenden Schmerzbahn am Hinterhorn des Rückenmarks erreicht. Ein intrathekal verab-reichtes Medikament wirkt stärker im Vergleich zur systemischen Gabe. Opioide hemmen die Freisetzung von Substanz P, Glutamat und wei-terer Transmitter im Sinne einer Substrat-Re-zeptor-Interaktion. Die spinale Verabreichung bewirkt eine lokale segmentale Analgesie.
Abb. 2: Patient mit erfolgreicher SCS-Stimu-lation nach 23 Bauchoperationen.
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vom Liquor sowohl ins Rückenmark als auch ins Gehirn möglich ist. Morphin ist hydrophiler als Fentanyl oder Buprenorphin. Seine Wirkung setzt später ein und hält länger an. Es ist die gebräuchlichste Substanz.
Zu den Nebenwirkungen spinaler Opioi-de gehören Sedierung, Übelkeit, Erbrechen, Atemdepression, Harnverhalt und Pruritus. Bei Langzeitbehandlung können Ödeme und Libidoverlust beobachtet werden.
Weitere Medikamente zur intrathekalen Anwendung sind der Alpha-2-Adrenorezeptor-Agonist Clonidin sowie der selektive Kalzium-antagonist Ziconotid (Tab. 1).
KomplikationenZu den Komplikationen der intrathekalen Schmerztherapie gehören technische Ursachen wie Katheterdislokation und Bruch des Kathe-ters sowie infektionsbedingte Ursachen (Peridu-ralabszesse, Meningitiden oder Enzephalitiden).
Ziconotid Ziconotid (ω-conotoxin MVIIA) wurde als eines der neuroaktiven Peptide aus dem Gift der Kegel-schnecke C. magus isoliert und allein für die intra-thekale Anwendung entwickelt. 2004 erfolgte die Zulassung als Monotherapie in den USA und 2005 die Zulassung als Monotherapie in Europa. Seine Wirksamkeit ist belegt bei tumorassoziier-ten Schmerzen, neuropathischen Schmerzpatien-ten und therapierefraktären Schmerzpatienten.
In einer von Rauck et al. 2006 publizierten Studie haben wir berichtet, dass 5,4% der Patienten der Ziconotidgruppe und 4,6% der Patienten in der Placebogruppe die Therapie aufgrund von Nebenwirkungen abgebrochen haben. Schwere Nebenwirkungen wurden mit einer Häufigkeit von 11,6% in der Ziconotid-gruppe vs. 9,3% in der Placebogruppe gese-hen.
Zu den beobachteten Nebenwirkungen gehören neurologische allgemeine Nebenwir-kungen, akustische oder haptische Halluzina-tionen, eine Erhöhung der Plasma-CK, Myo-pathie oder Rhabdomyolyse, Psychosen und Suizidgefahr. Im Gegensatz zur Verwendung von Morphin besteht keine Evidenz für eine Granulombildung.
Die meisten Patienten, die bis zum Ende der Studienzeit in der Studie geblieben wa-ren, führten die Therapie in einer „Open-Label Extension Study“ weiter fort. In den Langzeit-studien zu Ziconotid zeigte sich, dass Zico-notid über einen Zeitraum von zwölf Monaten effektiv ist und keine Toleranzentwicklung stattfindet. Eine Dosiserhöhung führt zu einer Schmerzreduktion.
Interventionelle Diagnostik und Therapie an der WirbelsäuleDie konservative, multimodale und interdiszipli-näre Behandlung chronischer Wirbelsäulen-schmerzen ist inzwischen Standard [5]. Hierbei wird zwischen spezifischen und unspezifischen Rücken- oder Halswirbelsäulenschmerzen un-terschieden. Allerdings gibt es erhebliche Dis-krepanzen in der internationalen Literatur, wie hoch der Anteil der spezifischen Schmerzquel-len zu beziffern ist.
Die Facettgelenke, Iliosakralgelenke (ISG) und die diskoligamentären Strukturen sind an-erkannte Nozigeneratoren der Wirbelsäule, wer-den jedoch in ihrer Bedeutung extrem divergent eingeschätzt. Diese Divergenz ist dadurch zu erklären, dass hier konservative, manualthera-peutische und allgemeine klinische Parameter umfassende Techniken mit interventionellen diagnostischen Techniken ver glichen werden. Für letztgenannte gibt es hochwertige, kontrol-lierte Studien mit Evidenzgrad I–II, welche für die konservativ gestellten diagnostischen Me-
thoden nicht vorliegen. Im Gegenteil: Vielmehr gibt es den gesicherten Hinweis, dass keine spezifischen klinischen Tests zur Diagnostik der Facettgelenk- und ISG- sowie diskogener Schmerzen existieren [6].
Wenn sich unter der multimodalen Thera-pie kein befriedigender Verlauf einstellt, so muss an die Möglichkeit der interventionellen Schmerztherapie gedacht werden, bevor man den Patienten zum zweiten oder dritten The-rapiezentrum überweist, was die Gefahr birgt, dass er einen seichten Alternativtherapie-An-bieter aufsucht und unnötig Geld für erfolglose IGEL-Leistungen ausgibt.
Die Facettgelenke stellen die numerisch größte Anzahl der spezifischen Nozigenera-toren der Wirbelsäule dar mit einer Mindest-prävalenz von 15% im lumbalen und von 25% im zervikalen Bereich [7]. Es stehen zwei Möglichkeiten der Diagnostik zur Verfügung: die intraartikuläre Injektion und die Blockade des R. medialis. Die Diagnostik am Nerven ist der intraartikulären Diagnostik vorzuziehen, weil zum einen ein möglicherweise asympto-matisches Gelenk traumatisiert wird und zum anderen der R. medialis auch später als Er-folgsorgan der Denervation dient.
Diese Möglichkeit ist aber bei den ISG nicht gegeben, da hier eine komplexe neuronale Versorgung der Rami dorsales von L5 bis S3 besteht. Daher ist lediglich eine intraartikuläre Diagnostik möglich. Wegen der beträchtlichen Prävalenz falsch positiver Facettblockaden der LWS (38%) und der HWS (25%) nach nur einer diagnostischen Intervention muss diese wiederholt werden, um Placeboeffekte zu mi-nimieren und das Ergebnis der Denervation zu optimieren.
Diagnostik der diskogenen SchmerzenDie diskogenen Schmerzen stellen nach weitge-hender Übereinkunft in der Literatur die größte spezifische Schmerzquelle der LWS dar. Die Mindestprävalenz beträgt 25% (median 39%). Wie häufig sie an der BWS und HWS sind, ist noch nicht bekannt. Unter diskogenen Schmer-zen verstehen wir schmerzhafte Bandscheiben, die leichte degenerative Veränderungen aufwei-sen, eine intakte Zirkumferenz des äußeren Faserrings aufweisen, im Inneren aber radiale, zentrifugale Fissuren zeigen [8]. Der Pathome-chanismus ist noch nicht vollständig geklärt, doch scheinen neben degenerativen Prozessen Mik rofrakturen der Deck- und Endplatten unter bestimmten Belastungen und der damit verbun-dene Blutkontakt das interne pH-Milieu des Bandscheibenkerns so zu verändern, dass schmerzübertragende Substanzen freigesetzt werden und in den Rissen bei Belastung Nozi-zeptoren erregen.
Tab. 1: Empfehlungen der Polyanalgesic Consensus Conference (PAC) zur intrathekalen Analgesie
1. Wahl Morphin Hydromorphon Ziconotid
2. Wahl Fentanyl Morphin/ Hydromorphon+ Ziconotid
Morphin/Hydromorphon+Bupivacain/Clonidin
3. Wahl Clonidin Morphin/Hydromorphon/Fentanyl+Bupivacain/Clonidin+Ziconotid
4. Wahl Sufentanil Sufentanil+Bupivacain/Clonidin+Ziconotid
Zertifizierte Fortbildung
9SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Die interventionelle Diagnostik in Form ei-ner Diskusstimulation (Diskografie; Evidenz-grad II) macht sich zu eigen, durch eine sanfte kontinuierliche Druckerhöhung mit der Injekti-on eines Kontrastmittel-Antibiotika-Gemischs diese Nozizeptoren zu erregen und somit die Schmerzen auszulösen. Es wird derzeit dis-kutiert, ob weiterhin eine Kontrolldiskografie einer benachbarten „sauberen“ Bandscheibe erfolgen soll, weil es – allerdings vage – Hin-weise gibt, dass diese Bandscheiben früher degenerieren [9].
Therapie der FacettgelenkschmerzenDer Goldstandard der Facettgelenkdenerva-tion an der LWS und HWS ist weiterhin die Thermokoagulations-Neurotomie des R. me-dialis und des R. dorsalis L5 (Abb. 3). Die Pio-nierarbeit von Lord et al. [10], die in einer Dop-pelblindstudie bei Schleudertraumapatienten mit HWS-Schmerzen nach einer strikt kontrol-lierten interventionellen Diagnostik nach der Denervation den Patienten für 263 Tage Schmerzfreiheit bescherte, wies eine NNT von 1 auf. Eine Verlaufsbeobachtung ergab eine Schmerzlinderung von mindestens 50% über 422 Tage [11].
In mehreren Reviews wurden die Studien über die Facett-Thermokoagulation der LWS mit schwacher oder gar keiner Evidenz belegt. Frühzeitig wurde darauf hingewiesen, dass für den Erfolg dieser Behandlung zwei Kriterien er-füllt sein müssen, nämlich eine kontrollierte (d.h. zweimalige) diagnostische Blockade sowie eine akribische Technik der Kanülenpositionierung mit einer möglichst parallelen Lage der aktiven, nicht isolierten Spitze (Abb. 3) [12, 23]. Studien, die die-se Prämissen missachtet haben, wurden mit ent-sprechend schlechtem Outcome in die Reviews aufgenommen mit dem Effekt der schlechten Evidenzbewertung. Dem wurde aber inzwischen ein Review entgegengestellt, der zum Vorschein brachte, dass alle darin bewerteten Publikationen der Evidenzgrade II–IV, die die oben genannten Kriterien vollständig oder mindestens und zum großen Teil erfüllten, auch ein positives Outcome vorweisen [13] (Tab. 2).
Die Facettdenervation entsprechend der Technik der International Spinal Injection So-ciety (ISIS) kann unter CT-Technik nicht sauber durchgeführt werden, weil im Fall der Thermo-koagulation die aktive Nadelspitze nicht aus-reichend parallel an die Gelenknerven heran-geführt werden kann. Eine Studie hierzu wurde kürzlich vorgestellt [23].
Inzwischen wurde aber auch festgestellt, dass bei einer bestimmten Patientenpopula-tion die Facettgelenkschmerzen nach diagnos-tischen R.-medialis-Blockaden für mehrere Wochen und Monate verschwinden oder deut-
lich reduziert sein können. So konnten durch drei bis vier dieser Blockaden eine deutliche Schmerzbesserung bei den Patienten erreicht werden und sie somit von einer Facettdenerva-tion bis zu 50 Wochen verschont bleiben [14]. Durch Hinzufügen von Kortison wurde dieser Effekt nicht verstärkt. Die außergewöhnlich hohe Rate dieser verlängerten Lokalanäs-thesiewirkung (79–85% der Patienten) wurde bisher von anderen Autoren und dem Verfasser dieses Berichtes nicht bestätigt.
Therapie der ISG-Schmerzen Die komplexe Innervation der ISG erschwert zum einen die Diagnostik [14], zum anderen auch die Radiofrequenzdenervation (RF) [15, 16]. Derzeit stellt die Kortisoninjektion in das Gelenk nach wie vor die einzige, kurzzeitige, interventionelle Maßnahme dar.
Therapie der diskogenen SchmerzenAuch die interventionelle Behandlung diskoge-ner Schmerzen, der größten Gruppe der spe-zifischen LWS-Schmerzen, bleibt weiterhin schwierig. Die Hoffnung der zuverlässigen Wirksamkeit der intradiskalen Verfahren der Anuloplastie und intradiskalen RF haben sich zerschlagen. Auch bei der intradiskalen elek-trothermischen Therapie (intradiscal electro-thermal therapy, IDET) sind Langzeiteffekte selten. Die initial verbreiteten positiven Stu-dien, worunter sich auch eine placebokontrol-lierte Doppelblindstudie befand [17], konnten später in der Klinik die in sie gesetzten Hoff-nungen nicht erfüllen.
Ob die „cold RF“ in Form der Biacuplastie bessere Ergebnisse zeitigen kann als die vor-genannten Verfahren, ist bisher nicht erwiesen. Kürzlich erregte eine placebokontrollierte Dop-pelblindstudie großes Aufsehen, in der gezeigt wurde, dass die Patienten, die 1 ml Methylen-blau 10% zusammen mit 1 ml Lokalanästhe-
tikum intradiskal erhalten haben, nach zwei Jahren bei positiver Entwicklung des Oswestry Index weiterhin zu ca. 80% schmerzgelindert waren [18]. Methylenblau ist eine in der Me-dizin bereits vielfältig eingesetzte Substanz, welche Nozizeptoren deaktiviert und keine schädigende Wirkung auf Nervenscheiden und das Perineurium entfalten soll. Weitere Stu dien in unserem Kulturkreis sind erforder-lich und bereits begonnen worden, um weitere Erkenntnisse zu erlangen.
Nebenwirkungen der diagnostischen und therapeutischen InterventionenNebenwirkungen und Komplikationen sind ex-trem gering, wenn die allgemeinen Standards gewahrt werden. Es muss auf Sterilität und tech-nisch präzises Vorgehen unter Verwendung von Kontrastmittel geachtet werden. Dies ist vor allem bei der Diskografie erforderlich.
Bei der Facettdenervation existieren ledig-lich vereinzelte Berichte über Nervenschäden und Rückenmarkverletzungen, die allerdings fahrlässig provoziert wurden, da der Eingriff unter Vollnarkose stattfand. Auch ist es rat-sam, dass noch nicht erfahrene Behandelnde bei Denervationen die elektrischen Stimula-tionsmöglichkeiten des RF-Gerätes mit der Erfassung der Nähe eines motorischen Nervsausschöpfen.
Infektionen und Hämatome sind bei den perkutanen Maßnahmen selten. Es ist darauf zu achten, dass, sollte durch zu große Men-gen Lokalanästhetikum der R. ventralis eines Spinalnerven anästhesiert sein, der Eingriff abgebrochen werden muss, da hierdurch im weiteren Verlauf motorische Fasern durch die Koagulation unbemerkt geschädigt werden könnten.
Im Bereich der HWS können als Zeichen der segmentalen kutanen Mitinnervation Brennschmerzen und Taubheit über Tage und
Abb. 3: Thermokoagulation eines R. medialis. Links: intraoperative Durchleuchtung. Rechts:nach der anatomischen Dissektion. Rm = R. medialis, RL = R. lateralis.
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Foramen
Zertifizierte Fortbildung
10 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Wochen bestehen. Diese sistieren aber im weiteren Verlauf. Über all dies muss ausführ-lich und schriftlich aufgeklärt werden.
Optische FührungshilfenDie oben aufgeführten diagnostischen und the-rapeutischen Verfahren bedürfen ausnahmslos einer optischen Führungshilfe, da sonst die Prä-zision der selektiven diagnostischen und tech-nisch einwandfreien und sicheren therapeu-tischen Maßnahmen nicht gewährleistet ist. Zu der etablierten Technik mit Bildwandler (derzeit Goldstandard) oder CT-gestützter Arbeitsweise hat sich in den letzten Jahren die ultraschallge-stützte Führungshilfe etabliert und im Bereich der Regionalanästhesie sowie zum Teil auch an der Wirbelsäule einen sicheren Platz erworben. Diese Technik hat gegenüber den etablierten Verfahren den herausragenden Vorteil der feh-lenden Strahlenbelastung.
Inzwischen erstrecken sich die Anwen-dungsmöglichkeiten des Ultraschalls auch auf die Diagnostik des N. occipitalis major [19], des 3. Okzipitalnerven sowie der zervikalen [20] und lumbalen Facettgelenknerven, obgleich die Gelenknerven selbst nicht dargestellt wer-den können. Wie auch unter Durchleuchtung ist man auf die Erkennung der knöchernen Strukturen angewiesen. Allerdings ist das Ge-lenk L5/S1, die häufigste Schmerzquelle der Wirbelsäule, aufgrund der anatomischen Ge-
gebenheiten am schwersten zugänglich, was den Einsatz limitiert. Insgesamt kann derzeit die Ultraschalltechnik die durchleuchtungsge-stützte noch nicht ersetzen. Außerdem weist dieses Verfahren eine deutlich flachere Lern-kurve auf als die etablierten Techniken.
Die Fluoroskopie hat, wie oben dargestellt, gegenüber der Computertomografie (CT) den Vorteil der Online-Beobachtung in zwei Ebe-nen, wodurch mögliche, nicht gewünschte Kon-trastmittelabflüsse (intravasal, intrathekal) mit potenziell extrem gefährlichen Komplikationen durch Kortison und/oder Lokalanästhetikum wahrgenommen werden können. Speziell der intravasale Abfluss kann im CT nicht sicher erkannt werden, weil lediglich ein Schnittbild vorliegt. Daher kann ein – in seltenen Fällen
vorkommendes – „Herausfließen“ über ein Ge-fäß aus der Schnittebene nicht erkannt werden. Der Nachteil beider Techniken liegt aber in der Strahlenbelastung, wobei es hierzu gegensätz-liche Meinungen gibt [21, 22].
FazitInsgesamt ist die durchleuchtungsgestützte Wir-belsäulenintervention derzeit international als Goldstandard anerkannt. Sie ist flexibel und in-formativ in der Bildgebung, wirtschaftlich güns-tig und sicher. ■
Thomas Cegla, WuppertalBruno Kniesel, Hamburg
(Literatur bei den Autoren)
Tab. 2: Evidenz der lumbalen RF-Neurotomie – Validität und Outcome der validen Studien
Sham Erfolgsrate Reduktion von:
Schmerz Einschränkungen Analgetika
Van Kleef 1999 Ja 47% Ja Ja Ja
Tekin 2007 Ja 65% Ja Ja Ja
Nath 2008 Ja Ja Ja Ja
Dreyfuss 2000 80% Ja Ja Ja
Gofeld 2007 56% Ja Ja Ja
Burnham 2009 43% Ja Ja Ja
Fragen zum Thema:Die invasiv-interventionelle Schmerztherapie
Hier können Sie CME-Punkte sammeln für die Pflichtfortbildung aller Vertragsärzte und für freiwillige Fortbildungszertifikate, die viele Landesärzte kammern anbieten. Die Multiple-Choice-Fragen beziehen sich auf den vorangegangenen Fortbildungsbeitrag (S. 6–10). Die Antworten ergeben sich aus dem Text. Wenn Sie mindestens 70% der Fragen richtig beantworten, erhalten Sie zwei Punkte, bei 100% drei CME-Punkte. Es wird jeweils nur eine richtige Antwort gesucht. Teilnehmen können Sie nur via Internet über www.cme-punkt.de (Einzelheiten siehe unten).
Einsendeschluss ist der 19.06.2012.
SCHMERZTHERAPIE
1. Welche Aussage ist falsch?
Die Wirkung der Rückenmarkstimulation beruht aufA der Stimulierung der aufsteigenden Hinter-
strangbahnen.B einem noch nicht vollständig erforschten
Mechanismus.C der Aktivierung absteigender somatosen-
sorischer und sympathischer Nervenbahnen.
D der exakten (mindestens zu 80%) Abdeckung des Schmerzareals durch die durch den Strom erzeugten Parästhesien.
E der Tatsache, dass SCS gleichermaßen auf radikulär-neuropathische wie auf nicht radi-kulär-nozizeptive Schmerzen wirkt.
Zertifizierte Fortbildung
11SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
So kommen Sie zu Ihren Punkten:
Die Teilnahme ist nur möglich via Internet unter www.cme-punkt.de. Dort melden Sie sich als Arzt an und finden unter dem Kopf der Zeitschrift SCHMERZTHERAPIE die derzeit aktive zertifizierte Fortbildung. Damit der Fragebogen für die Zertifizierung ausgewertet werden kann, benötigen wir von Ihnen die Einheitliche Fort bildungsnummer EFN. Sie erhalten via Internet unmittelbar Rückmeldung darüber, ob Sie die Fragen richtig beantwortet haben oder nicht, und können die Bescheinigung sofort ausdrucken. Wir empfehlen, die Bescheinigungen gesammelt bei Ihrer Lan-desärztekammer einzureichen. Wir führen auf dieser Seite auch ein elektronisches Punktekonto für Sie. Bei erfolg-reicher Teilnahme werden Ihre Daten an den Einheitlichen Informationsverteiler (EIV) der Ärztekammern weitergegeben. Nähere Hinweise hierzu unter: www.cme-punkt.de/faq.html. Teilnahmeschluss ist der 19.06.2012. Viel Glück beim Punkte Sammeln!
C Diskogene Schmerzen zählen zu der größten Gruppe der spezifischen lumbalen Schmerz-quellen.
D Die Diskografie ist das Diagnostikum der Wahl zum Ausschluss eines diskogenen Schmerzes.
E Die Placeborate einer einmaligen positiven Facettdiagnostik beträgt fast 40%
6. Welche Antwort bzgl. der Diagnostik und der Therapie diskogener Schmerzen ist richtig?
A Diskogene Schmerzen kann man in der MRT gut erkennen.
B Für die Therapie diskogener Schmerzen gibt es verschiedene, evaluierte und effektive intradis-kale Behandlungen.
C Die Diskografie ist ein absolut steriler und sensibler Eingriff.
D Der Pathomechanismus der diskogenen Schmerzen ist gut erforscht.
E Ein diskogener Schmerz ist eine Ausschluss-diagnose.
7. Welche Antwort ist falsch?
A Die RF-Thermokoagulation ist bei Facettgelenk-schmerzen die Behandlung der Wahl.
B Die Thermokoagulationsnadel soll senkrecht an den R. medialis herangeführt werden.
C Im Bereich der HWS kann es nach der Thermo-koagulation zu vorübergehenden Brennschmer-zen im entsprechenden Dermatom kommen.
D Die wissenschaftliche Evidenz der Thermo-koagulation ist bei den Studien mit korrekter Diagnostik und technischer Durchführung po-sitiv.
E Die diagnostische Blockade der Facettgelenk-nerven kann auch eine therapeutische Wirkung über viele Wochen auslösen.
8. Welche Antwort ist falsch?
A Eine Facettendenervation darf nicht unter Allge-meinanästhesie durchgeführt werden.
B Die sonografisch gestützten Wirbelsäuleninter-ventionen haben den Vorteil der fehlenden Strahlenbelastung, sind aber mit Schwierig-keiten bei der Darstellung im wichtigen Seg-ment L5/S1 verbunden.
C Die durchleuchtungsgestützte Wirbelsäulen-intervention hat die Vorteile der Real-time-Ver-folgung der Intervention unter Verwendung von Kontrastmittel und der Betrachtung in zwei Ebenen. Sie ist somit Goldstandard.
D Die Thermokoagulationstechnik unter CT ist derzeit noch nicht ausgereift.
E Die Strahlenbelastung unter CT und Durchleuchtung ist zu vernachlässigen.
9. Welche Aussage ist falsch?
A Über die rückenmarknahe Opioidgabe über in-trathekale mit einer implantierten Pumpe ver-bundene Katheter wird eine hohe Arzneimittel-konzentration im Bereich der aufsteigenden Schmerzbahn am Hinterhorn des Rücken-marks bewirkt.
B Die Vorteile der intrathekalen Therapie mit Mor-phin liegen darin, dass die längsten Erfahrun-gen bestehen, die Therapie zugelassen ist, eine gute Dosis-Wirkungs-Beziehung beim opioidsensiblen Patienten die Test- und Thera-piephase erleichtert und die Therapie kostengünstig ist.
C Morphin ist hydrophiler als Fentanyl oder Bu-prenorphin.
D Ziconotid ω-conotoxin MVIIA wurde als eines der neuro-aktiven Peptide aus dem Gift von C. magus isoliert und allein für die intrathekale Anwendung entwickelt.
E Eine Depression ist eine absolute Kontraindika-tion für den Einsatz intrathekaler Verfahren.
10. Welche Aussage ist falsch?
In der medikamentösen intrathekalen Therapie kommen folgende Substanzen bzw. Substanzgrup-pen zum Einsatz:A MorphinB ZiconotidC ClonidinD Lokalanästhetika E Statine
CME-Herausgeber- und Review-Board:
Dr. Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Göppingen; Priv.-Doz. Dr. Michael A. Überall, Nürnberg; Dr. Johannes Horlemann, Kevelaer; Dr. Oliver Emrich, Ludwigshafen
In Zusammenarbeit mit der Bayerischen Landesärztekammer und der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie e.V. – DGS
2. Welcher der aufgeführten Punkte ist für die Patientenselektion zur invasiv-interventionellen Schmerztherapie nicht erforderlich?
A Die Erhebung einer exakten biopsychosozialen Anamnese.
B Eine körperliche neuro-orthopädische Unter-suchung.
C Die Anwesenheit eines in der IIST-kundigen Kollegen in der Schmerzkonferenz.
D Die sofortige Anordnung einer aktuellen LWS-Aufnahme, wenn die letzte LWS-Aufnahme mehr als sechs Monate zurückliegt.
E Die Bewertung einer vorliegenden depressiven Störung.
3. Welche Aussage ist falsch?
A Die vaskulär-ischämischen Schmerzsyndrome bei der PAVK IIb-III und bei der therapieresistent-en Angina pectoris wurden in den S3-Leitlinien mit Grad A (starke Empfehlung) aufgeführt.
B Elektrodendislokationen und -brüche zählen zu den häufigsten Nebenwirkungen und Komplika-tionen der SCS.
C SCS wird am häufigsten bei radikulär-neuro-pathischen Schmerzen eingesetzt.
D CRPS I und CRPS II sollten nach Versagen der konservativen Schmerztherapie mit SCS be-handelt werden.
E SCS ist oft Teil einer multimodalen Schmerz-therapie.
4. Welche Aussage ist richtig?
A Spondylodiscitis und Spondylolisthesis zählen zu den wichtigsten spezifischen Schmerzgener-atoren der LWS.
B Zur exakten Diagnose von Facettgelenk- und ISG-Schmerzen gibt es keine spezifischen klinischen Testverfahren.
C Zur Erfassung von schmerzhaften Spondyl-arthrosen ist eine MRT-Aufnahme erforderlich.
D ISG-Schmerzen strahlen nicht in die Leisten und in den seitlichen Oberschenkel aus.
E ISG und Facettgelenke werden jeweils von zwei Rami posteriores der Spinalnerven versorgt.
5. Welche Antwort ist falsch?
A Die Diagnose des Facettgelenkschmerzes kann nur über die Anästhesie der R. mediales erfolgen.
B Zur Erhöhung der Spezifität der Facettdiagnos-tik ist eine kontrollierte (zweifache) Nerven-blockade erforderlich.
12 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Palliativmedizin
Schmerztherapie und Palliativversorgung bei Morbus ParkinsonDank großer medizinischer Fortschritte gelingt es beim Morbus Parkinson immer besser, die Spätphase hinauszuschieben. Das Erreichen der finalen Krankheits-phase ist dennoch unvermeidbar. Es ist daher wichtig, lindernde Therapien für diese schwierige Endphase anzubieten. Die Palliativmedizin hat gute Konzepte zur Schmerztherapie, zur Kontrolle störender Symptome und zur ganzheitlichen Therapie einschließlich der Betreuung der Angehörigen entwickelt. In dieser Arbeit zeigt Dr. med. Christoph Gerhard, Neurologe und Palliativmediziner, Oberhausen, wie diese Konzepte auch für Parkinsonerkrankte genutzt werden können.
V iele Menschen mit Morbus Parkinson leiden über Jahrzehnte an Einschränkun
gen der Beweglichkeit und/oder kognitiven, kommunikativen und sprachlichen Veränderungen. Ein Bedarf an palliativer bzw. schmerztherapeutischer Versorgung besteht mitunter über lange Zeit, dabei manchmal eher punktuell, weshalb Strukturen der palliativen und schmerztherapeutischen Beratung bzw. Mitbehandlung besonders nützlich sind. In wichtigen Bereichen wie der Schmerz und Symptomerfassung, der Ausübung der Autonomie, der Vorsorgeplanung und der Entscheidungsfindung stellen sich spezielle Anforderungen.
Epidemiologie und BasistherapieDie Parkinsonsche Erkrankung ist mit 100–200 Erkrankungsfällen pro 100.000 Einwohner eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen in Deutschland. Seit Ende der 1960er Jahre gelang es durch die Einführung der LDopaTherapie, die Krankheitssymp tome zu mildern. Durch etablierte Therapiekonzepte, neurochirurgische Verfahren wie die tiefe Hirnstimulation und neuere Therapien der Parkinson demenz gelingt es immer besser, die schwe rer behandelbare Spätphase der Erkrankung hinauszuschieben.
In den frühen und mittleren Krankheitsphasen kann vor allem die Bewegungseinschränkung immer besser therapiert werden. Hinsichtlich der Therapie von Schmerzen, Luft not, Schlafstörungen, Obstipation, Sprech und Schluckstörungen, übermäßiger Speichelsekretion und kognitiver Beeinträchtigungen in den fortgeschrittenen Krankheitsstadien besteht Verbesserungsbedarf.
Palliative SymptomeDie palliativen Bedürfnisse von Parkinsonpatien ten sind bisher noch wenig beschrieben. Clough und Blockley (2004) nennen folgende
Symptome in der palliativen Versorgung: (schwere) Bewegungsstörung, Depression und Angst, Inkontinenz, Schmerzen, orthostatische Hypotonie, Speichelfluss, Schluckbeschwerden, Tagesmüdigkeit und Demenz. Tabelle 1 und 2 zeigen die initiale Symptomatik sowie den progredienten weiteren Verlauf.
Cave ÜberdosierungBesonders charakteristisch ist die ausgeprägte Abhängigkeit der Betroffenen von Medikamenten, um ihre Beweglichkeit zu erhalten. Die Betroffenen akzeptieren dabei häu
fig lieber Überdosierungserscheinungen mit Über bewegungen als das Risiko, plötzlich in eine Bewegunsgsstarre zu verfallen. Der Verlust an Mobilität ist mit einem derartigen Autonomieverlust verbunden, dass er für Betroffene kaum auszuhalten ist. Entsprechend dramatisch ist für die Patienten das Erreichen des Spätstadiums mit mangelndem und unzuverlässigem Ansprechen auf die Medikation.
Wegen der Schluckschwierigkeiten entsteht oft ein Dilemma. Teils gelingt es z.B. durch Amantadininfusionen die (Schluck)Beweglichkeit wieder so herzustellen, dass eine Medika
Christoph Gerhard, Oberhausen
Kardinalsymptome ■ Akinesieplus■ Rigor oder■ Ruhetremor oder■ posturale Instabilität
Begleitsymptome
Sensorium:■ Schmerzen ■ Missempfindungen (Dysästhesien)
Vegetativum:■ Störung der Blutdruckregulation ■ gestörte Temperaturregulation ■ Blasenstörung■ sexuelle Funktionsstörung
Psychische Symptome■ Depression■ Angst
Kognitive Symptome■ Demenz
Tab. 1: Symptome der Parkinsonschen Erkrankung
Mod
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l et a
l. 20
08
■ Die medikamentöse Therapie wirkt nicht mehr befriedigend.
■ Die Therapie muss zunehmend komplizierter ge-staltet werden mit kurzen Einnahmeinterval len, vielen verschiedenen Medikamenten etc.
■ Betroffene erleiden zunehmend sogenannte „Off“-Perioden, in denen die Beweglichkeit wie ausgeschaltet ist.
■ Gleichzeitig bestehen sogenannte Dyskinesien.■ Die Mobilität ist zunehmend eingeschränkt.
Es kommt zu Stürzen.■ Es bestehen Schluckschwierigkeiten, die
dazu führen können, dass Betroffene ihre Medikamente nicht mehr zuverlässig einnehmen können.
■ Es bestehen Depressionen, Angstzustände oder Halluzinationen.
■ Zusätzlich entwickelt sich eine Demenz (sogenannte Parkinsondemenz).
■ Die Krankheitssituation wird immer schwerer beherrschbar und vorhersagbar mit fortschreitender Pflegebedürftigkeit und Abhängigkeit der Patienten.
Tab. 2: Probleme in den Spätstadien der Parkinsonschen Erkrankung
Mod
. n. B
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et a
l. 20
09
13SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Palliativmedizin
menteneinnahme möglich ist. Manchmal kann eine sichere Medikamenteneinnahme nur durch eine Magensonde (nasogastrale bzw. PEG Sonde) sichergestellt werden (Lorenzl 2010).
Verwirrtheitszustände ernst nehmenVerwirrtheitszustände sind meist Komplikationen der Pharmakotherapie, aber oft auch erste Anzeichen einer beginnenden Parkinsondemenz. Ca. 30–40% der Parkinsonpatienten erleiden im Krankheitsverlauf eine Demenz. Die Therapie besteht nach Oertel et al. (2008) einerseits in der Gabe des dafür zugelassenen Cholinesterasehemmers Riva s tigmin (Exelon®) und andererseits in der antipsychotischen Therapie mit Clozapin (Lepo nex®). Unter Clozapin sind wegen des Risikos des Abfalls der weißen Blutkörperchen verpflichtend regelmäßige Blutbildkontrollen vorgeschrieben. Alternativ kann Quetiapin (Seroquel®) verordnet werden. Diese beiden Antipsychotika haben im Gegensatz zu anderen Antipsychotika den Vorteil, dass sie die Parkinsonsymptomatik nicht verschlechtern. Clozapin hilft sogar gut beim Parkinsontremor. Konzepte der Demenzbetreuung können auch auf Parkinsonbetroffene übertragen werden.
Im Fokus: die Kommunikation Für Menschen mit fortgeschrittener Parkinsonerkrankung ist die Kommunikation mit ihrer Umgebung schwierig, da sie aufgrund der verminderten Mimik und Gestik oft gefühlsarm und stumpf wirken. Schmerzfremdeinschätzungen können dadurch verfälscht werden. Da die nonverbale Kommunikation eine überragende Rolle in der Kommunikation spielt (Watzlawick et al. 1969) und von uns meist nicht bewusst wahrgenommen wird, stellt es für die Umgebung eine anspruchsvolle Aufgabe dar, von ihren unmittelbaren, teilweise unbewussten Wahrnehmungen in der nonverbalen Kommunikation zu abstrahieren und stattdessen das Gesagte und die verbal (mit monotoner Stimme) ausgedrückten Emotionen als das „Eigentliche“ wahrzunehmen. Patienten mit fortgeschrittenem M. Parkinson sind diesbezüglich ähnlich wie vollständig gelähmte Menschen in ihrem Körper eingeschlossen. Letztere können sich zum Teil nur noch mithilfe eines Sprachcomputers etc. mitteilen.
Schmerzen werden meist unterschätztParkinsonpatienten leiden unter Schmerzen aufgrund von Muskelsteifigkeit und die dadurch bedingte vermehrte Belastung des Bewegungsapparates. In der Frühphase können die Schmerzen teilweise durch eine Verbesserung der Parkinsontherapie gelindert werden. In späteren Krankheitsstadien wird dies zu
nehmend schwieriger. Dann wird eine Schmerztherapie nach dem Stufenschema der Weltgesundheitsorganisation erforderlich.
Anspruchsvoll ist die Therapie des „incident pain“ bei Patienten, die nahezu keine Dauerschmerzen aber heftige bewegungsabhängige Schmerzen haben. Es kann manchmal gelingen, durch eine Intensivierung der Basistherapie auch die Schmerzspitzen abzufangen.
Teilweise sind Betroffene gerade beim Einsatz von Opioiden in den schmerzfreien Phasen von Nebenwirkungen geplagt. Es sollte daher ein Schwerpunkt auf Nichtopioide gelegt werden (z.B. Metamizol, falls keine Kontraindikationen vorliegen auch NSAR oder Flupirtin).
Sollten Opioide notwendig werden, so kann es, um diese Nebenwirkungen gering zu halten, vorteilhaft sein, eine so niedrig wie möglich dosierte Basismedikation durch schnellwirksame Fentanylpräparate vor entsprechenden geplanten schmerzauslösenden Situationen wie z.B. Mobilisation, Krankengymnastik, Spaziergang etc. zu ergänzen, auch wenn dies beim Nichttumorpatienten einen „OfflabelUse“ darstellt.
Koanalgetika wie z.B. Antikonvulsiva oder Antidepressiva sind in der Regel nicht wirksam, da kein neuropathischer, sondern ein somatisch nozizeptiver Schmerz vorliegt. Die Schmerztherapie kann sinnvollerweise durch Myotonolytika ergänzt werden.
Gegen Übelkeit besser Domperidon Besonders anspruchsvoll ist die Therapie der (opioidbedingten) Übelkeit (Tab. 3). Üblicherweise verordnete Medikamente wie Haloperidol oder Metoclopramid verschlechtern die Parkinsonsymptomatik und können daher nicht gegeben werden. Bewährt hat sich in diesen Situa tionen das Antiemetikum Domperidon (Moti lium®), da es zu keiner Verschlechterung der Parkinsonsymptomatik führt. Dimenhydrinat (z.B. Vomex®) kann auch ohne größere Nachteile verabreicht werden. Setrone können, wenn die anderen Prinzipien versagen, nach Erfahrungen des Autors versucht werden, obwohl auch Setrone in sel
tenen Fällen zu extrapyramidalen Nebenwirkungen führen können.
Luftnot kann gerade in weit fortgeschrittenen Krankheitsstadien eine Rolle spielen. Sie kann durch Opioide oder Anxiolytika (wie z.B. Lorazepam, Tavor®) behandelt werden.
Mit Botulinumtoxin gegen SpeichelflussDer übermäßige Speichelfluss stört Parkinsonpatienten in verschiedenen Krankheitsstadien. Während anfänglich durch medikamentöse Therapie der Parkinsonerkrankung eine gute Linderung erreicht werden kann, muss in fortgeschrittenen Stadien auf Medikamente zur Hemmung der Speichelsekretion oder gar die Bestrahlung der Speicheldrüsen bzw. das Einspritzen von Botulinimtoxin in die Speicheldrüsen ausgewichen werden (Clough und Blockley 2004). In sehr fortgeschrittenen Krankheitsphasen kann eine starke Rasselatmung (death rattle) vorliegen, da das Sekret in der Luftröhre nicht mehr abgehustet werden kann. Durch (Butyl)Scopolamin (Buscopan®) kann die Sekretbildung reduziert werden.
Depressionen können in frühen Krankheitsstadien als Reaktion auf die Mitteilung der Diagnose auftreten. In späteren Krankheitsstadien sind Depressionen möglicherweise durch den Verlust von Neurotransmittern mitbedingt (Clough und Blockley 2004). Etwa 50% der Parkinsonpatienten sind von Depressionen betroffen. Oft tritt die Depression in der Endphase der Erkrankung auf. Es sollte ein Therapieversuch mit modernen Antidepressiva (sogenannten ReuptakeHemmern), die weniger (anticholinerge) Nebenwirkungen haben, gemacht werden.
Palliative Konsiliardienste gefragtParkinsonpatienten versterben häufig unerwartet an Infekten oder den Folgen von Stürzen (Golla et al. 2008) und fast nie in Hospizen und auch seltener zu Hause als andere fortgeschritten Erkrankte (Snell et al. 2009). Sie versterben eher im Pflegeheim oder im Krankenhaus und dort in den meisten Fällen nicht auf einer Palliativstation (Snell et al. 2009). Auch diesen Herausforderungen muss sich die Palliative Care durch Vorhalten anderer Versorgungsstrukturen wie Hospizkonzepte im Pflegeheim (Kostrzewa und Gerhard 2010), palliative Konsiliardienste im Krankenhaus und Strukturen der ambulanten Palliativversorgung nach dem Motto „Palliativversorgung für alle, die es brauchen“ stellen. Die dortigen Gesundheitsberufe sollten in der Palliativversorgung neurologischer Erkrankungen geschult sein. ■
Christoph Gerhard, Oberhausen
Stufe 1: Domperidon (z.B. Motilium®)Stufe 2: Dimenhydrinat (z.B. Vomex®)Stufe 3: Therapieversuch mit Setronen
(z.B. Zofran®)
Tab. 3: Stufenschema zur Behandlung von (opioidbedingter) Übelkeit bei Morbus Parkinson
(Nicht evidenzbasierz, sondern auf der klinischen Erfahrung des Autors beruhend)
Aktuell/Kommentar
14 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Medizinische Leitlinien im Kreuzfeuer
Medizinische Leitlinien stellen das Gebot der Wirtschaftlichkeit oft in den Vorder-grund und verletzen damit den im Grundgesetz verankerten Anspruch auf adäquate Schmerzlinderung. Wer die evidenzbasierte Medizin unkritisch einsetzt, verliert die individuellen Bedürfnisse seiner Patienten schnell aus dem Blick. Der Frage „Wo sind die Probleme der medizinischen Leitlinien?“ stellt sich Priv.-Doz. Dr. med. Michael A. Überall, DGS-Vizepräsident, Nürnberg*.
S ich des bestmöglichen Gesundheitszustandes erfreuen zu dürfen ist eines
der Grundrechte jedes Menschen. Diese Grundrechte wurden 1946 mit der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation in New York verabschiedet. Ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Überzeugung oder der wirtschaftlichen und sozialen Stellung ist damit auch Schmerzfreiheit nicht nur ein wesentliches Element der Gesundheit, sondern auch Grundlage des allgemeinen Menschenrechts, durch ärztliche Behandlung von Schmerzen befreit zu werden oder – wenn dies nicht möglich ist – zumindest eine adäquate Schmerzlinderung erfahren zu dürfen.
In Deutschland gehört der Anspruch auf eine dem etablierten hohen medizinischen Standard entsprechende Schmerztherapie zu dem grundgesetzlich garantierten Existenz
minimum. Dadurch erklärt sich auch, dass das deutsche Grundgesetz jeden auch nur möglicherweise erfolgreichen Versuch, Schmerzen vorzubeugen, sie zu beseitigen oder zu lindern, fördert und umgekehrt bestrebt ist, alles zu unterbinden, was dieses Grundrecht alleine aus wirtschaftlichen Erwägungen heraus unverhältnismäßig behindern würde.
Riskanter Trend Seit geraumer Zeit vollzieht sich jedoch international – zumindest in den Gesundheitssystemen der Industrienationen der westlichen Welt und vor dem Hintergrund finanzieller Restriktionen der öffentlichen Gesundheitssysteme – ein konzeptioneller Wechsel: fort von einer allein an individueller Wirksamkeit und Verträglichkeit orientierten Medizin hin zu vermehrt auf Nutzen und Zweckmäßigkeit ausgerichteten Versorgungskonzepten.
Dementsprechend wird in Deutschland mittlerweile von den §§ 2, 12, 70, 135 und 137 SGB V eine bedarfsgerechte und gleichmäßige, ausreichende, zweckmäßige bzw. nützliche und das Maß des Notwendigen nicht übersteigende humane Krankenversorgung der in gesetzlichen Krankenversicherungen Versicherten gefordert, die nicht nur in der ge
botenen fachlichen Qualität, sondern vor allem wirtschaftlich erbracht werden muss.
Sanktionen drohen bei NichtbeachtungDie Kriterien für eine derartige Zweckmäßig/Wirtschaftlichkeit sollen aus Sicht des Gesetzgebers evidenzbasierten Leitlinien entnommen werden, denen damit – ganz entgegen dem vielfach perpetuierten formalen Verweis, dass „es sich bei diesen Leitlinien explizit eben gerade nicht um Richtlinien im Sinne einer Regelung des Handelns oder Unterlassens“ handelt – im praktischen Alltag de facto eben doch sehr wohl zunehmend der Status konkreter Richtlinien zukommt, „deren Nichtbeachtung definierte wirtschaftliche Sanktionen nach sich zieht“ bzw. ziehen kann.
In diesem Zusammenhang wird medizinischen Leitlinien somit nicht nur aus gesetzgeberischer Sicht eine zentrale Bedeutung bzgl. Qualitätsentwicklung und Steuerung im Gesundheitssystem zugesprochen. Den Methoden und Strategien der evidenzbasierten Medizin (EbM) kommt auch aus wissenschaftlicher Sicht eine besondere Rolle zu. Es wird nämlich formal unterstellt, dass mit ihrer Hilfe medizinisches Wissen bezüglich Zuverlässigkeit, Praktikabilität und zweckmäßiger Anwendbarkeit nicht nur auf der Metaebene der in Studien evaluierten Patientenkollektive, sondern auch hinsichtlich ihrer ökonomischen Sinnhaftigkeit für den individuellen Einzelfall überprüft und aus ihnen ggf. auch eine entsprechende praktische Handlungsanweisung abgeleitet werden kann.
Hohe Anforderungen an LeitlinienUm diesem Anspruch gerecht zu werden, müssen Leitlinien außerordentlich hohen wissenschaftlichen Anforderungen entsprechen. Sie müssen nicht nur transparent, neutral, methodisch einwandfrei und hinsichtlich ihrer Aufarbeitung der zugrunde liegenden wissenschaftlichen Studien absolut fehlerlos erstellt werden, sondern sich hinsichtlich ihrer Aussagen
Michael Überall,Nürnberg
** Der Autor erklärt, dass bzgl. des Inhaltes dieses Beitrages keine Interessenkonflikte bestehen und weder Firmen, noch Gesellschaften, Krankenkassen oder sonstige Einrichtungen und Personen in irgendeiner Form Einfluss auf den Inhalt genommen haben.
Impulsreferat gehalten am 07.10.2011 im Rahmen des Deutschen Schmerzkongress 2011 in Mannheim
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Aktuell/Kommentar
15SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
auch an den eben genannten Primärinteressen – d.h. der Verbesserung der schmerztherapeutischen Versorgung – messen lassen. Und genau hier liegt – gleichsam in den Leitlinien selbst – „der Hund begraben“. Die konkrete Umsetzung entspricht nämlich trotz der kontinuierlich als hoch und methodisch einwandfrei postulierten formalen Qualität eben gerade nicht diesen Ansprüchen – wie sich beispielhaft an den Empfehlungen zum Einsatz von Muskelrelaxanzien in der Nationalen VersorgungsLeitlinie (NVL) Kreuzschmerz belegen lässt.
Beispiel VersorgungsLeitlinie Kreuzschmerz Dort finden sich auf den Seiten 33–34 die Empfehlungen 615 bis 617 sowie auf den Seiten 99–100 (im Kapitel H 6.3) die zugehörigen ergänzenden Erklärungen. Die Kernaussage vor allem der ausführlicheren Erläuterungen auf den Seiten 99–100 der Empfehlung bzgl. des Einsatzes von Muskelrelaxanzien betrifft die namentlich genannten Wirkstoffe Methocarbamol, Orphenadrin, Tetrazepam und Tizanidin und lautet: „Günstige Wirkungen von Myotonolytika wie z.B. Schmerzlinderung beim Kreuzschmerz sind belegt.“ Konsekutiv resultiert in der NVL Kreuzschmerz eine sog. „offene“ Empfehlung (<=>) und der Hinweis, dass „Muskelrelaxanzien bei akutem und chronischem nicht spezifischem Kreuzschmerz angewendet werden können, wenn nichtmedikamentöse Maßnahmen oder die alleinige Gabe von nichtopioiden Analgetika keine Besserung bewirken.“
Fehlerhafte QuellenAls Beleg hierfür wird auf sechs Referenzen im entsprechenden Literaturverzeichnis verwiesen, hinter denen sich folgende Quellen „verstecken“:– als Referenz 13 die in der 3. Auflage 2007
von der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft herausgegebenen Empfehlungen zur Therapie von Kreuzschmerzen,
– als Referenz 15 die von van Tulder et al. 2005 veröffentlichten „European guidelines for the management of acute nonspecific low back pain in primary care“,
– als Referenz 52 die von Airaksinen et al. 2004 veröffentlichten „European guidelines for the management of chronic nonspecific low back pain“,
– als Referenz 260 die 1994 von der USamerikanischen Agency for Health Care Policy and Research veröffentlichte „Clinical Practice Guideline Number 14 on Acute Low Back Problems in Adults“,
– als Referenz 261 der von van Tulder et al.
2003 veröffentlichte systematische Review der Cochrane Collaboration über die Bedeutung von „Muscle relaxants for non specific low back pain“ und
– als Referenz 262 schließlich der ebenfalls von van Tulder et al. 2005 publizierte und 2008 nochmals aktualisierte Cochrane Review über „Muscle relaxants for nonspecific low back pain“.Die diesbezüglich qualitativ hochwertigste
Quelle ist sicherlich die letztgenannte Referenz, der aktuelle Review der renommierten Cochrane Collaboration, welche seitens der NVL Kreuzschmerz auch gezielt als Beleg für die „günstigen Wirkungen von Myotonolytika wie z.B. Schmerzlinderung beim Kreuzschmerz“ angeführt wird. Interessant, um nicht zu sagen bemerkenswert, ist jedoch der Umstand, dass diese zitierte Referenz zu Methocarbamol gar keine entsprechenden Aussagen trifft. So finden sich im gesamten Cochrane Review zu diesem Wirkstoff nur drei namentliche Nennungen:– Auf den Seiten 2–3 unter dem Abschnitt
„Background“: „The mechanism of action of methocarbamol in humans has not been established, but may be due to central nervous system depression. It has no direct action on the contractile mechanism of striated muscle, the motor end plate or the nerve fiber.”
– Auf den Seiten 3–4 im Abschnitt „Types of interventions“: „The muscle relaxants that are included in this review are: benzo diazepines (diazepam and tetrazepam), nonbenzodiazepines antispasmodics (cyclo benzaprine, carisoprodol, chlorzoxazone, mepobramate, methocarbamol,
metaxalone, orphenadrine, tizanidine and flupirtine), and antispasticity drugs (baclofen and dantrolene sodium).”
– Auf Seite 15, unter der Rubrik „References to studies excluded from this review“: Valtonen EJ. A doubleblind trial of methocarbamol versus placebo in painful muscle spasm. Curr. Med. Res. Opin 1975;3:382–385”.Fakt ist somit, dass die explizite und nament
liche Therapieempfehlung für den Wirkstoff Methocarbamol in der NVL Kreuzschmerz nur auf den ersten Blick durch eine ausreichend hohe externe Evidenz gedeckt wird, während das Quellenstudium offenbart, dass die für den Wirksamkeitsbeleg herangezogene wichtigste Referenz diesen Wirkstoff aufgrund der unzureichenden Zahl behandelter Patienten mit Kreuzschmerzen von einer Bewertung explizit ausgeschlossen hat.
Darüber hinaus finden sich zu diesem Wirkstoff auch in keiner der anderen genannten Referenzen Quellen oder Informationen, die als wissenschaftlicher Beweis für die diesbezüglich getroffene Therapieempfehlung verwendet werden können. Damit stellt sich letztlich nicht nur die Frage, wie es zu dieser Empfehlung gekommen ist, sondern insbesondere auch die, warum dieser Fehler trotz der postulierten hohen methodischen Standards bei der Leitlinienentwicklung keinem der beteiligten Experten aufgefallen ist.
Formal wurden die Empfehlungen bzgl. medikamentöser Therapien in der NVL Kreuzschmerz inhaltlich von vier Wissenschaftlern entwickelt, von der Leitliniengruppe mit entsprechenden Empfehlungsgraden versehen, sowie anschließend im Rahmen eines strukturierten und moderierten Konsensusverfahrens am 23.11.2009 und am 15.03.2010 durch die Vertreter von 17 bzw. 7 abstimmungsberechtigten Fachgesellschaften und Organisationen verabschiedet.
Sollte diesem Kreis das oben beschriebene Problem bekannt gewesen, es jedoch „im Konsens“ – beispielsweise weil andere in der NVL getroffene Aussagen wichtiger waren – als nachrangig bzw. unbedeutend bewertet worden sein, so muss den Verantwortlichen zumindest abgesprochen werden, sich der Ernsthaftigkeit ihrer Verantwortung bei der Erstellung dieser Leitlinie ausreichend bewusst gewesen zu sein.
Wenn ihnen jedoch dieses Problem weder bewusst war, noch im Rahmen der Auseinandersetzung mit den wissenschaftlichen Daten bewusst geworden ist, dann wiederum muss eigentlich ihre diesbezüglich fachliche Qualifikation kritisch hinterfragt werden – was letztlich wiederum die faktische Umsetzung der formal ©
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Aktuell/Kommentar
16 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
postulierten hohen methodischen Qualität der NVL in Frage stellt.
NVL Kreuzschmerz eine Farce?In jedem Fall stellt die durch keine der zitierten Quellen auch nur ansatzweise belegte bzw. belegbare Rechtfertigung der ausgesprochenen Empfehlung für den beispielhaft genannten Wirkstoff grundsätzlich das gesamte methodische Konzept der NVL Kreuzschmerz in Frage und damit auch alle in dieser Leitlinie getroffenen Aussagen, da de facto derzeit nicht mit ausreichender Sicherheit belegt werden kann, dass entsprechende oder unter Umständen noch viel schwerwiegendere Fehler und Unzulänglichkeiten nicht oder gerade auch in anderen Abschnitten oder Empfehlungen bzgl. anderer Wirkstoffe, Verfahren und Prozeduren vorliegen. Damit hat sich die NVL Kreuzschmerz rein formal aufgrund ihrer methodischen Unzulänglichkeiten in ihrer Gesamtheit bis auf Weiteres außer Kraft gesetzt – womit sich zunächst einmal auch eine inhaltliche Diskussion erübrigt.
Die grundsätzliche Frage ist letztlich die nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel, nach dem Verhältnis von Gut und Gütern, nach dem eigentlich erstrebenswerten Ziel – im aktuellen Fall der Verbesserung der medizinischen Versorgung von Patienten mit Kreuzschmerzen – und der Hilfestellung, die uns diesbezüglich Leitlinien geben können. Das ist der Maßstab, der immer bleibt und der bei Allem – auch und gerade bei den medizinischen Entscheidungen, die wir tagtäglich in der praktischen Versorgung Betroffener zu fällen haben – bedacht werden muss. Es ist ja eben gerade nicht so, dass in der täglichen Praxis leichtfertig nützliche Güter wie medizinische Leitlinien verworfen werden, solange sie ihren Dienstcharakter bewahren und sich dem Primärinteresse unterordnen.
Kritischer Einsatz der LeitlinienDas Bedürfnis nach einem evidenzbasierten Leitfaden ist unter Ärzten grundsätzlich hoch. Die kritische Frage ist jedoch, wie lange eine Sache – wie z.B. eine medizinische Leitlinie – wirklich dem großen Ganzen dient. Es darf nicht sein, dass sich ihr die in der Verantwortung stehenden praktisch tätigen Ärzte in ihrer Arbeit mit kranken Schmerzpatienten unterwerfen müssen, so dass letztlich die Güter das Gut beherrschen und ihm nicht mehr dienen.
Wir brauchen bzgl. unseres Umgangs mit medizinischen Leitlinien eindeutige und für jeden transparent nachvollziehbare Kriterien der Verifizierbarkeit und der Falsifizierbarkeit. Andernfalls erwächst aus den medizinischen Leitlinien eine neue Form der Arroganz des Intellekts und der Intoleranz. Was diesbezüg
lich droht, ist eine Diktatur der Leitlinien, die vorgibt, allgemein gültig zu sein, weil sie die Vernunft an sich ist, die alles weiß und deshalb auch den Raum definiert, der nun für alles und jeden maßgeblich sein soll.
Individualisierte SchmerztherapieDie Gefahr, die sich hieraus ergibt, ist die, dass diese rationale medizinische Vernunft, diese evidenzbasierte Leitlinienkultur, ausschließlich für sich beansprucht, nun das wirklich Richtige erkannt zu haben, und damit einen Totalitätsanspruch entwickelt, der die individuellen Bedürfnisse Betroffener nicht nur negiert, sondern sie sogar als relevanten Faktor aus dem Entscheidungsprozess eliminiert. Was droht, ist eine Entindividualisierung der Medizin, eine Reduktion des Einzelnen, seiner Beschwerden, seiner Probleme, seiner Ziele und seiner individuellen Besonderheiten, auf ein stochastisch korrekt quantifizierbares Mittelmaß.
Mehr vermag dieses System den in unserer Fürsorge befindlichen Schmerzpatienten nicht zu geben, mehr dürfen diese nicht fordern und mehr dürfen ihnen Ärzte nach SGB V auch nicht geben – womit wir wieder beim Ausgangspunkt dieser Ausführungen angelangt wären.
Ob dieser Weg wirklich zielführend ist, kann getrost bezweifelt werden. Wenn wir heute den wissenschaftlichen Beweis dafür fordern, dass die Zärtlichkeit einer Mutter für ihr Kind nützlich und wertvoll ist, dann zeigt dies beispielhaft eine grundsätzlich auch für medizinische Leitlinien geltende Verrücktheit, bzw. ein populistisches und infantiles Fehlverständnis von Wissenschaft.
Multimodale SchmerztherapieEntsprechend der von dem deutschen Physiker Werner Heisenberg 1927 formulierten Unschärferelation verlieren wir mit dem gegenwärtig gelebten Konzept der medizinischen Leitlinien im Allgemeinen und ihrem Anspruch auf vollumfänglich zu akzeptierende Korrektheit im Besonderen, das Große und Ganze, nämlich die Bedürfnisse unserer Patienten, aus dem Blick. Der wohlige und zugegebenermaßen auch einfache weil rechtssichere und trendkonforme Zustand der wissenschaftlichen Berauschtheit bzgl. konkreter Einzelerkenntnisse suggeriert uns: Mehr geht nicht mehr, damit wissen wir nun alles. Doch in der leider ebenso konkreten realen Welt, in dem Augenblick, in dem man als praktizierender Arzt und Schmerztherapeut mit der bisweilen unglaublichen Komplexität eines chronischen Schmerzsyndroms und seiner biopsychosozialen Dimensionen konfrontiert wird, muss der Blick weiter reichen. Es stellt sich nicht die Frage nach wirtschaftlich
zweckmäßigen Ein zelempfehlungen, sondern nach individuell ausgerichteten, ganzheitlichen Behandlungskonzepten – entsprechend dem Gelöbnis der Generalversammlung des Weltärztebundes, das es verbietet „die ärztliche Kunst in Widerspruch zu den Geboten der Menschlichkeit anzuwenden“. Ethisch und moralisch schulden Ärzte ihren Patienten eben doch mehr als nur eine ausreichende medizinische Versorgung. Sie schulden ihnen, so wie es im Eid des Hippokrates niedergeschrieben steht, zumindest die Aussicht, den Behandlungserfolg nach „bestem Vermögen und Urteil“ und frei von persönlichen wirtschaftlichen Interessen anzustreben.
Es ist schon schlimm genug, wenn angesichts der Finanzierungsprobleme im gesetzlichen und privaten Gesundheitssystem KostenNutzenÜberlegungen zum Maßstab gesundheitspolitischer Entscheidungen geworden und Ärzte tagtäglich gezwungen sind, primär danach zu trachten, für weniger mehr oder zumindest gleich viel zu bekommen, anstatt nach dem für den Patienten Richtigen zu suchen.
Positivbeispiel IVRDass es auch anders geht, dass es gelingt Ökonomie und medizinischen Erfolg im Interesse und zum Wohle der Betroffenen in Einklang zu bringen, zeigt der sowohl individuell als auch volkswirtschaftlich erfolgreiche bundesweit von der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie (DGS) e.V. in Zusammenarbeit mit der Integrative Managed Care (IMC) GmbH und der Techniker Kasse (TK) initiier te Integrierte Versorgungsvertrag Rückenschmerz (IVR). Dieser widersetzt sich mit Blick auf das Ziel des Therapieerfolgs allen rein der Zweckmäßigkeit geschuldeten fiskalisch orientierten Strömungen und ist dennoch, oder vielleicht eher deswegen, so unglaublich erfolgreich: Er glänzt mit auch wirtschaftlich konkret fassbaren Erfolgen, von denen die prozedurengetriebene Routineversorgung Lichtjahre entfernt ist. Geiz ist diesbezüglich dann eben doch alles andere als geil!
Leitlinien, die ihrem selbstgesetzten Ansprüchen wirklich gerecht werden, könnten bei dieser Suche zum Wohle unserer Patienten in der Tat helfen, doch noch sind solche in weiter Ferne. Die gegenwärtig verfügbaren Optionen stellen aufgrund ihrer methodischen Probleme und faktischen Unzulänglichkeiten nicht nur ihren Anspruch hinsichtlich einer Verbesserung der Versorgungsqualität im Allgemeinen in Frage, sondern im Besonderen auch ihre immer wieder gebetsmühlenartig postulierte Wertigkeit für die von ihnen jeweils adressierten Versorgungsbereiche! ■
Michael Überall, Nürnberg
Manuelle Medizin/Orthopädie
17SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Differenzialdiagnose der Schulter-Nacken-Schmerzen
Schulter-Nacken-Schmerzen nehmen in den Zivilisationsländern ständig zu und erfordern eine gründliche Abklärung. Schmerzen im Schulterbereich sind nur selten durch Erkrankungen oder Funktionsstörungen des Schultergelenkes selbst verur-sacht. Deshalb ist eine Differenzialdiagnostik so wichtig, erläutert MR Dr. med. Wolfgang Bartel, Schmerzpreisträger 2001, Halberstadt.
Es gibt keine Schmerztherapie nach der DAWOS-Methode (da wo es weh tut). Die
Schulter ist oft Projektionsgebiet eines Über-tragungsschmerzes aus entfernten Organen und Geweben (innere Organe, Wirbelsäule und Muskulatur). Es gibt kein anderes Gelenk, bei dem der Schmerz durch den Patienten so irre-führend lokalisiert wird wie beim Schulterge-lenk.
Aufgrund der komplexen anatomischen Ver-hältnisse des Schultergürtels stellen Schulter-schmerzen in der Praxis ein großes differen-zialdiagnostisches Problem dar (Tab. 1 u. 2). Wegen der Möglichkeit einer lebensbedroh-lichen schulterfernen Erkrankung, z.B. eines Herzinfarkts, ist es dringend erforderlich, jeden Patienten mit Schulterschmerzen umfassend
Wolfgang Bartel, Halberstadt
Tab. 1: Differenzialdiagnostik von Schultererkrankungen – ein Problem
1. Anatomische Besonderheiten
2. Schulter als Reflexorgan (innere Erkrankungen und Wirbelsäule)
3. Pathomorphologische Erkrankungen
4. Depressionen
Tab. 2: Fragen der Differenzialdiagnose
Die Schulterregion ist oft nur das Projektions-gebiet eines Übertragungsschmerzes aus entfernteren erkrankten Organen (z.B. Herz), Geweben und knöchernen Strukturen (z.B. Rippen)
■ Schulterschmerz als Hinweis auf innere Erkrankungen
■ Schulterschmerz als Begleitung neurolo-gischer Erkrankungen
■ Schulterschmerz bei Funktionsstörungen des Bewegungssystems
■ Schulterschmerz bei lokalen Störungen des Gelenks
Tab. 3: Eine Vielzahl von Muskeln können hartnäckige vordere und hintere Schulter schmerzen verursachen.
Vordere SchulterschmerzenMm. scaleniM. infraspinatusM. biceps brachiiM. brachialisM. triceps brachiiM. supraspinatusM. deltoideusM. sternalisM. scalenus minimus
Hintere SchulterschmerzenM. deltoideusM. levator scapulaeMm. scaleniM. supraspinatusM. teres majorM. teres minorM. subscapularisM. serratus posterior superiorM. latissimus dorsiM. triceps brachiiM. trapeziusM. iliocostalis thoracis
Abb. 1: Der Schultergürtel besteht aus Glenohumoralgelenk, Sternoclaviculargelenk, Acromio-claviculargelenk, dem scapulothorakalen und subacromialen Gleitraum und dem Subacromial-gelenk.
Sterno- Clavicular- gelenk
Acromio- Clavicular- gelenk
Sub- acromialer Gleitraum
Gleno- humeral- gelenk
Scapulo- thorakaler Gleitraum
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zu untersuchen. Neben der gezielten Untersu-chung des Schultergürtels (Abb. 1) und der Na-ckenregion sowie der Halswirbelsäule (HWS) und der Muskulatur (Tab. 3) ist meist eine wei-terführende Umgebungsdiagnostik notwendig. Folgende Beispiele zeigen, wie man von den
typischen klinischen Befunden zur Diagnose kommen kann: ■ Eine isolierte Außenrotationsstörung der
Schulter kann durch eine Blockade der ers-ten Rippe bedingt sein. Therapie der Wahl: manuelle Mobilisierung.
Manuelle Medizin/Orthopädie
18 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
■ die Beseitigung der Funktionsstörung,■ die Beseitigung oder zumindest die Linde-
rung der Schmer zen sowie■ die Begrenzung der psychischen und so-
zialen Folgen. Die Diagnose sollte möglichst zügig gestellt
werden. Denn besondere Probleme der The-rapie der Schul terschmerzen entstehen meist durch die verzögerte Diagnosefindung und die dadurch verspätet einsetzende Therapie der bereits chronifizierten Schmerzen.
Manuell untersuchenAbschließend sei nochmals auf die große Be-deutung der klinischen Untersuchung und ins-besondere der Palpation hingewiesen. Die ma-nuelle Untersuchungstechnik kann bei Be-schwerden im Bewegungssystem oft schneller und effektiver zur Diagnose führen als dies durch den ungezielten Einsatz bildgebender Diagnoseverfahren möglich wäre, die zeitauf-wendig und zudem teuer sind. ■
Wolfgang Bartel, Halberstadt
Tab. 5: Vom Symptom zur Diagnose
Symptom Diagnose
Schmerzhafter Bogen 60–120° + Supraspinatustendopathie Schmerzhafte Abduktion gegen Widerstand
Schmerzhafter Bogen 60–120° + Infraspinatustendopathie Schmerzhafte Außenrotation gegen Widerstand
Pseudoparalyse Rotatorenmanschettenruptur (drop-arm-sign)
Schmerzhafter Bogen 150–180° Arthrose des Acromioclaviculargelenks
Schmerzhafte Bewegungseinschränkung der Omarthrose Abduktion, Außen- und Innenrotation
Tab. 4: Diagnostik von Schulter-erkrankungen
Anamnese
Inspektion
Zeigetest (Patient zeigt, wo der Schmerz ist.)
Palpation
Aktive Bewegungen (painful arc)
Passive Bewegungen (joint play)
Isometrische Anspannung (Muskulatur)
Umgebungsdiagnostik
Halswirbelsäule
Zervikothorakaler Übergang
Brustwirbelsäule
Rippen
Acromioclaviculargelenk (immer beteiligt)
Sternoclaviculargelenk
Ellenbogen
Handgelenk
Daumengelenk
Karpalknöchelchen
Muskulatur
Tab. 7: Auswertung der Befunde und Einordnung in eine der folgenden Gruppen
■ Passive Bewegungseinschränkungen mit Kapselmuster*■ Passive Bewegungseinschränkungen ohne Kapselmuster■ Passive volle Beweglichkeit mit isometrischem Muskelkontraktionsschmerz■ Passive volle Beweglichkeit mit Muskelschwäche■ Bei nicht möglicher Zuordnung weitere Differenzialdiagnostik
* Kapselmuster des Schultergelenks: Abduktion-Außenrotation-Innenrotation (Reihenfolge der Störung – es müssen immer alle drei Richtungen betroffen sein, dann ist primär das Schultergelenk betroffen).
■ Eine isolierte Innenrotationsstörung weist dagegen auf die Blockade der zweiten bis vierten Rippen hin. Therapie der Wahl: ma-nuelle Mobilisierung
■ Schmerzausstrahlung in Schulter/Arm –weist auf eine Störung der HWS hin.Anamnese und klinische Untersuchung sind
für die Diagnosefindung von entscheidender Bedeutung, da sie in ca. 80% der Fälle zur Diagnose führen (Tab. 4). Tabelle 5 zeigt ty-pische Symptome, die bereits eine Diagnose ermöglichen. 90% der Störungen im Schul-tergelenk sind funktionell bedingt. Das unter-streicht noch einmal die Bedeutung der funk-tionellen Untersuchung des Schultergürtels. Tabelle 6 listet die wichtigsten Muskeln auf, die für die aktive Bewegung der Schulter eine Rol-le spielen. Die manualmedizinische Diagnostik geht immer über die orientierende Diagnostik (aktiv/passiv) zur gezielten Diagnostik. Nach der Befunderhebung folgt die Auswertung der Befunde (Tab. 7). Danach richtet sich die befundadäquate Therapie. Ihre vorrangigen Ziele sind:
Tab. 6: Die wichtigsten Muskeln des Schultergelenks
■ M. supraspinatusPrimäre Funktion: Abduktion
■ M. infraspinatus Primäre Funktion: Außenrotation
■ M. subscapularis Primäre Funktion: Innenrotation
■ M. teres minor Primäre Funktion: Außenrotation und Retroflexion
Sekundäre Bedeutung haben:
■ M. deltoideus Abduktion, Retroversion, Anteversion, Innenrotation, Außenrotation
■ M. pectoralis major und minor Adduktion, Anteversion Innenrotation
■ M. latissimus dorsi Adduktion, Retroversion Innenrotation
■ M. teres major Retroversion Innenrotation
Schmerz im Krankenhaus
19SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Organisation des Akutschmerzdienstes im Krankenhaus
Die Bedeutung suffizienter Akutschmerztherapie nach operativen Eingriffen oder akuten Traumata ist hinsichtlich der Notwendigkeit und des Nutzens für die Patienten und den Arzt durch vielfältige wis-senschaftliche Untersuchungen zweifelsfrei bewiesen. Neben besserem Patientenkomfort, kürzerer Ver-weildauer im Krankenhaus und möglicher Bedeutung als antichronifizierender Faktor für die Ausbildung chronischer Schmerzen wird die Sterblichkeit bei großen und komplexen Engriffen durch eine suffiziente Schmerztherapie reduziert. Diese Tatsachen sind seit Jahren bekannt und haben in Deutschland zu einer S3-Leitlinie geführt (www.awmf.org/leitlinien), die Dr. med. Eberhard Albert Lux, Klinik für Schmerz-und Palliativmedizin des Klinikums St.-Marien-Hospital, vorstellt.
D ie Leitlinie informiert neben dem proze-durenspezifischen Einsatz von Medika-
menten und Verfahren über die Möglichkeiten der Organisation von Akutschmerztherapie. Dem Verursacherprinzip folgend ist primär der Chi rurg für die Schmerztherapie zuständig. Durch die Berufsverbände der deutschen Chi-rurgen und Anästhesisten wurden bereits 1993 mögliche Organisationsformen der postopera-tiven Schmerztherapie erörtert und empfohlen, wobei es im klinischen Alltag vorstellbar ist, dass allein der Chirurg die Organisation und
Durchführung der Schmerztherapie verantwor-tet. In vielen Klinken wird jedoch Akutschmerz-therapie arbeitsteilig auf der Basis konkreter interkollegialer Absprachen zwischen den Fachgebieten organisiert bis zur Möglichkeit, dass für spezifische Verfahren die Verantwor-tung der Durchführung und die Überwachung gänzlich an Anästhesisten delegiert wird.
Präoperative AufklärungPatienten sollen umfassend über zu erwarten-de postoperative Schmerzen und deren Be-
handlung aufgeklärt werden. Dieses erfolgt im Rahmen der präoperativen Aufklärung, wobei für spezifische, mit besonderem Risiko einher-gehende Verfahren wie Katheter zur Epidural-analgesie oder Blockade peripherer Nerven standardisierte Aufklärungsbögen genutzt wer-den sollten. Zum Abbau von Ängsten und für das tiefere Verständnis der Verfahren mit dem Ziel der Complianceverbesserung hat es sich bewährt, Patienten in Form von Flyern oder Schautafeln über Möglichkeiten und Maßnah-men der perioperativen Schmerztherapie zu informieren (Abb. 1 und 2).
Interdisziplinäres TrainingAkutschmerztherapie muss prozedurenspezi-fisch organisiert werden, wobei man neben den Empfehlungen unserer deutschen S3-Leitlinie auch auf internationale Empfehlungen zugreifen kann (z.B. PROSPECT unter www.postoppain.org). Diese Empfehlungen müssen an die individuellen Gegebenheiten jeder Klinik angepasst werden und sollen als schriftliche Standards verbindlich für die Mitarbeiter der jeweiligen Klinik vorliegen. Es ist zu empfehlen, diese Standards interdisziplinär (Operateur, Anästhesist, Pflege) zu erarbeiten und den Mitarbeitern effektiv und regelmäßig zu kom-munizieren. Eine Evaluation und ggf. Neufor-mulierung der beschrieben Standards sind zunächst in kürzeren Abständen (viertel- bis halbjährlich) später im jährlichen Abstand zu empfehlen.
Regelmäßige KontrolleDie Patienten sollen in festgelegten Zeitinter-vallen zu Schmerzen in Ruhe wie auch in Be-wegung (z.B. Husten, Aufsetzen) befragt wer-den. Diese Werte sind in der Tageskurve des Patienten zu dokumentieren. Den Pflegenden müssen die Interventionsgrenzen bekannt
Abb. 1: Flyer zur Akut-schmerztherapie im Klinikum St.-Marien-Hospital, Lünen.
Eberhard A. Lux, Lünen
Abb. 1: Flyer zur Akut-schmerztherapie im Klinikum St.-Marien-Hospital, Lünen.
Warum Schmerzbehandlung?
Liebe Patientinnen und Patienten,
sowohl vor als auch nach der Operation können
Schmerzen auftreten. Schmerz hat eine natürlic
he
Schutzfunktion, kann aber auch den Heilungsprozess
verzögern. Deshalb wird die Behandlung von Schmerzen
heute als ein wesentlicher Bestandteil d
er Therapie nach
Operationen angesehen. Besonders wichtig ist es, dass
Sie weitgehend schmerzfrei durchatmen, abhusten und
die empfohlene Krankengymnastik durchführen können.
Unsere Behandlung führt in der Regel nicht zu einer
völligen Schmerzlosigkeit,
kann aber Ihre Schmer-
zen deutlich reduzieren. Diese können individuell sehr
unterschiedlich ausgeprägt sein, ebenso wie der Bedarf an
Medikamenten, um die Schmerzlinderung zu erreichen.
Die weit verbreitete Angst
vor Schmerzmedika-
menten ist insbesondere bei der Behandlung von
Operationsschmerzen völlig unbegründet. D
ie eingesetz-
ten Medikamente und Behandlungsverfahren sind in der
Regel sehr gut verträglich.
Schmerzmessung
Nur SIE können Ihre Schmerzen beurteilen, Sie müs-
sen uns deshalb bei der Behandlung helfen. Bitte teilen
Sie uns unbedingt mit, w
enn Sie Schmerzen haben. In
regelmäßigen Abständen nach der Operation werden
sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Ihrem Be-
finden erkundigen. Für die richtige Behandlung müssen
wir wissen, w
ie stark Ihre Schmerzen sind. Dafür werden
wir Sie bitte
n, die Schmerzstärke auf einer Skala von 0 bis
10 anzugeben. Dabei bedeutet 0, keine Schmerzen zu
haben, und 10 bedeutet den stärksten Schmerz zu haben,
den Sie sich vorstellen können. Zwischen diesen End-
punkten der Skala sollten Sie dann versuchen, die Stärke
Ihrer Schmerzen einzuschätzen.
1 2
3 4
5 6
7 8
9 10
kein Schmerz
stärkster Schmerz
Häufig werden wir Sie auch fragen, wo und wann Ihre
Schmerzen auftreten, damit wir die Behandlung darauf
gezielt einrichten können. Sollten Sie dennoch starke
Schmerzen oder andere Beschwerden haben, zögern
Sie nicht, uns zu informieren.
Möglichkeiten der Schmerztherapie
MEDIKAMENTE
In der Regel wird in unserer Klinik eine Kombination
aus zwei verschiedenen Medikamenten eingesetzt.
Meist erhalten Sie ein Schmerzmittel re
gelmäßig nach
Zeitplan, z. B. als Infusion, Zäpfchen oder Tablette.
Dadurch werden Ihre Schmerzen bereits deutlich gelin-
dert, manche Patienten benötigen gar keine weiteren
Medikamente.
Bitte nehmen Sie diese Schmerzmedikamente regel-
mäßig, auch wenn im Moment der Medikamenten-
gabe kein Schmerz besteht. Komplikationen können
durch dieses Verfahren nicht entstehen. Sofern Sie über
diese regelmäßige Medikamentengabe hinaus Schmer-
zen haben, steht ein weiteres Schmerzmedikament
zur Verfügung, welches auf Ihre Anforderungen hin
durch die Pflegekräfte ausgegeben wird. Diese Bedarfs-
medikation kann mehrfach angefordert werden und
verbessert die schmerzlindernde Wirkung der Einzel-
substanz. Im Falle einer unzureichenden Wirkung auch
dieser Medikation, w
ird der diensthabende Arzt durch
die Pflegenden informiert.
Warum Schmerzbehandlung?
Liebe Patientinnen und Patienten,
sowohl vor als auch nach der Operation können
Schmerzen auftreten. Schmerz hat eine natürlic
he
Schutzfunktion, kann aber auch den Heilungsprozess
verzögern. Deshalb wird die Behandlung von Schmerzen
heute als ein wesentlicher Bestandteil d
er Therapie nach
Operationen angesehen. Besonders wichtig ist es, dass
Sie weitgehend schmerzfrei durchatmen, abhusten und
die empfohlene Krankengymnastik durchführen können.
Unsere Behandlung führt in der Regel nicht zu einer
völligen Schmerzlosigkeit,
kann aber Ihre Schmer
zen deutlich reduzieren. Diese können individuell sehr
unterschiedlich ausgeprägt sein, ebenso wie der Bedarf an
Medikamenten, um die Schmerzlinderung zu erreichen.
Flyer zur Akut-schmerztherapie im Klinikum St.-Marien-Hospital, Lünen.
Warum Schmerzbehandlung?
Liebe Patientinnen und Patienten,
sowohl vor als auch nach der Operation können
Schmerzen auftreten. Schmerz hat eine natürlic
he
Schutzfunktion, kann aber auch den Heilungsprozess
verzögern. Deshalb wird die Behandlung von Schmerzen
heute als ein wesentlicher Bestandteil d
er Therapie nach
Operationen angesehen. Besonders wichtig ist es, dass
Sie weitgehend schmerzfrei durchatmen, abhusten und
die empfohlene Krankengymnastik durchführen können.
Unsere Behandlung führt in der Regel nicht zu einer
völligen Schmerzlosigkeit,
kann aber Ihre Schmer
zen deutlich reduzieren. Diese können individuell sehr
unterschiedlich ausgeprägt sein, ebenso wie der Bedarf an
Patienteninformation
Angst vor Schmerzen
nach der Operation?
Das ist nicht notwendig!
Mitglied im CLINOTEL
Krankenhausverbund
St.-Marien-Hospital GmbH
44534 Lünen · Altstadtstraße 23
Telefon 0 23 06 / 77-0 · Telefax 0 23 06 / 77-2229
E-Mail [email protected]
Internet www.klinikum-luenen.de
Möglichkeiten der Schmerztherapie
SCHMERZPUMPE
Dieses Verfahren wird bei bestimmten Operationen
anstatt der Medikamentengabe durch das Pflegeper-
sonal eingesetzt. Eine programmierte Pumpe ermög-
licht Ihnen, sich selbst ein Schmerzmittel in den
Venenzugang zu verabreichen, wenn dies erforderlich
ist. Das Gerät wird so eingestellt, dass eine Überdosis
im Prinzip ausgeschlossen ist. Meist erhalten Sie auch
bei diesem Verfahren regelmäßig ein weiteres Schmerz-
medikament, welches die Wirkung der Pumpe gut
ergänzt.
ÖRTLICHE BETÄUBUNG
Bei speziellen Operationen kann durch örtliche Be-
täubungsverfahren (Peridualkatheter, Plexuskatheter
etc.) eine sehr gute Schmerzlinderung auch nach der
Operation erreicht werden. Wenn ein solches Verfah-
ren für Ihre Operation empfehlenswert ist, wird Ihre
Narkoseärztin bzw. Ihr Narkosearzt mit Ihnen darüber
sprechen.
Möglichkeiten der Schmerztherapie
SCHMERZPUMPE
Dieses Verfahren wird bei bestimmten Operationen
anstatt der Medikamentengabe durch das Pflegeper
sonal eingesetzt. Eine programmierte Pumpe ermög
licht Ihnen, sich selbst ein Schmerzmittel in den
Venenzugang zu verabreichen, wenn dies erforderlich
ist. Das Gerät wird so eingestellt, dass eine Überdosis
im Prinzip ausgeschlossen ist. Meist erhalten Sie auch
bei diesem Verfahren regelmäßig ein weiteres Schmerz
medikament, welches die Wirkung der Pumpe gut
ergänzt.
ÖRTLICHE BETÄUBUNG
Bei speziellen Operationen kann durch örtliche Be
täubungsverfahren (Peridualkatheter, Plexuskatheter
etc.) eine sehr gute Schmerzlinderung auch nach der
Operation erreicht werden. Wenn ein solches Verfah
ren für Ihre Operation empfehlenswert ist, wird Ihre
unterschiedlich ausgeprägt sein, ebenso wie der Bedarf an
Medikamenten, um die Schmerzlinderung zu erreichen.
Die weit verbreitete Angst
vor Schmerzmedika
menten ist insbesondere bei der Behandlung von
Operationsschmerzen völlig unbegründet. D
ie eingesetz
unterschiedlich ausgeprägt sein, ebenso wie der Bedarf an
Medikamenten, um die Schmerzlinderung zu erreichen.
Die weit verbreitete Angst
vor Schmerzmedika
menten ist insbesondere bei der Behandlung von
Operationsschmerzen völlig unbegründet. D
ie eingesetz
Möglichkeiten der Schmerztherapie
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anstatt der Medikamentengabe durch das Pflegeper
sonal eingesetzt. Eine programmierte Pumpe ermög
licht Ihnen, sich selbst ein Schmerzmittel in den
Venenzugang zu verabreichen, wenn dies erforderlich
ist. Das Gerät wird so eingestellt, dass eine Überdosis
im Prinzip ausgeschlossen ist. Meist erhalten Sie auch
bei diesem Verfahren regelmäßig ein weiteres Schmerz
medikament, welches die Wirkung der Pumpe gut
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Bei speziellen Operationen kann durch örtliche Be
täubungsverfahren (Peridualkatheter, Plexuskatheter
etc.) eine sehr gute Schmerzlinderung auch nach der
Operation erreicht werden. Wenn ein solches Verfah
ren für Ihre Operation empfehlenswert ist, wird Ihre Patienteninformation
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medikament, welches die Wirkung der Pumpe gut
ergänzt.
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Bei speziellen Operationen kann durch örtliche Be-
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etc.) eine sehr gute Schmerzlinderung auch nach der
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ren für Ihre Operation empfehlenswert ist, wird Ihre
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St.-M
arie
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spita
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Schmerz im Krankenhaus
20 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
sein, wann eine Bedarfsmedika tion, konkreti-siert in Dosis und Häufigkeit, verabreicht wer-den kann. Schmerzstandards müssen für Pfle-gende konkrete Hinweise enthalten, unter welchen Bedingungen ein Arzt zu informieren ist.
Mit dem Ziel der Überprüfung der Ergebnis-qualität sind interne Auswertungen z.B. durch Mitarbeiter des Qualitätsmanagements mög-lich, andererseits ist das überregionale Quali-tätssicherungssystem QUIPS etabliert ( www.quips-projekt.de) und bietet neben der Erfas-sung der Ergebnisqualität und des Benchmar-kings die Möglichkeit eines strukturierendes Dialoges.
Im Rahmen des Zertifizierungsverfahrens „Schmerzfreies Krankenhaus“ werden Struktur und Ergebnisqualität überprüft. Das Verfahren „Schmerzfreie Klinik“ (www.tuv.com) fokussiert auf die Strukturqualität.
AkutschmerzdienstIn einer Reihe von Krankenhäusern sind heute Schwestern wie Ärzte als „Akutschmerzdienst“ fachübergreifend und organisatorisch, in aller Regel als Mitarbeiter der Anästhesieklinik, tä-tig. Nur in sehr großen Kliniken können diese Spezialisten rund um die Uhr in einem Dienst-system verfügbar sein. Wesentliche Aufgabe derartiger „Spezialisten“ ist es, neben der Durchführung und Überwachung (Abb. 3) spe-
zieller schmerztherapeutischer Methoden (PCA-Pumpe, Schmerzkatheter) mit den Ver-tretern der einzelnen operativen Fächer Be-handlungsstandards zur Akutschmerztherapie zu erarbeiten und bei der Evaluation zu unter-stützen. Es wird empfohlen, durch die Klinik-verantwortlichen pro Station ein bis zwei schmerztherapeutisch interessierte Schwes-tern und pro Krankenhausabteilung ein bis zwei am Thema interessierte Ärzte zu benen-nen und diese speziell zu qualifizieren (www.akut schmerzkurs.de). Eine derartige Organisa-tionsstruktur erhöht die Akzeptanz und Com-pliance der Mitarbeiter für die beschriebenen Verfahren und Maßnahmen. Es ist sinnvoll, ein- bis zweimal jährlich für alle Mitarbeiter Fortbil-dungsveranstaltungen zum Thema akuter und chronischer Schmerzen in der Klinik anzubie-ten, wobei hier die Organisation von der klas-sischen Fortbildungsveranstaltung bis zum Qualitätszirkel oder aber einer Arbeitsgemein-schaft reichen kann.
Abrechnung nach DRG-SystemIm System der DRG ist der OPS-Code 8.191 für die komplexe Akutschmerztherapie (www.ops.icd-code.de) etabliert, wirkt jedoch nicht schweregraderhöhend und ist somit nicht er-lösrelevant. Dennoch sollte eine Verschlüsse-lung in der Abrechnung erfolgen. Nur so kann den Entscheidungsgremien die Notwendigkeit
zukünftiger Finanzierung unserer Leistungen nahegebracht werden. Für Privatpatienten sind die Leistungen von ärztlichen „Schmerzvisi-ten“, die PCA-Therapie sowie das kontinuier-liche oder diskontinuierliche Beschicken von Schmerzkathetern abrechenbar.
Für den Betriebswirt im Krankenhaus ist in den letzten Jahren die Einsicht gereift, dass Akutschmerztherapie nicht nur ein kostspie-liges, ethisch-moralisch notwendiges Übel aus dem Rechtsanspruch des Patienten ist oder als Verpflichtung des Qualitätsmanagements im Rahmen der Zentrenbildung zu erbringen ist. Erfolgreiche Schmerztherapie ist vielmehr ein starker Erfolgstreiber zur Verkürzung des Krankenhausaufenthaltes und zur Freilenkung kostenintensiver Klinikstrukturen wie z.B. der Intensivstationen. Daher sollte Schmerztherapie als Instrument zur Beschleunigung der Gene-sung, Generierung von Patientenzufriedenheit und Patiententreue im Leitbild der Klinik veran-kert sein.
Links zum Themawww.awmf.org/leitlinienwww.ops.icd-code.dehttp://schmerz-therapie-deutschland.de/intern/pages/Arbeitskreis_Krankenhausaerzte.htmwww.akutschmerzkurs.de �
Eberhard A. Lux, Lünen
Abb. 2: Patienten-informationstafel zur Akutschmerzthera-pie des Klinikums St.-Marien-Hospital, Lünen.
Abb. 3: Dokumentation
des Akutschmerz-dienstes des
Klinikums St.-Marien-
Hospital, Lünen.
Abb. 2:informationstafel zur Akutschmerzthera-pie des Klinikums St.-Marien-Hospital, Lünen.
Angst vor Schmerzen
nach der Operation?
WARUM ist die Schmerztherapie wichtig?
Komplikationen vermeiden
Heilungsprozess fördern
Lebensqualität steigern
WIE werden Schmerzen gemessen?
2 x täglich mit Hilfe einer numerischen Schmerzskala
WAS tun wir gegen Schmerzen?
Anwendung von moderner systemischer
und lokale Therapieverfahren
Individuelle Medikamentenanwendung
Haben Sie Fragen?
Weitere Informationen fi nden Sie in unserem Flyer!
Das ist nicht notwendig!
Abb. 3:Dokumentation
des Akutschmerz-dienstes des
Klinikums St.-Marien-
Hospital, Lünen.
Klinik f. Schmerz- u. PalliativmedizinPatientenetikett
Akutschmerzdienst:Mo.- Fr. 8:00 – 16:00 Uhr Tel.: 57 68Dienstplan Ärzte auf Station B8 Tel.: 38 71PCA/ region. Katheter Datum Datum Datum Datum Datum Datum Datum Datum
DatumUhrzeitHandzeichenAufklärung + Handzeichen
MSI 60mg+20mg Oxycodon in 50ml NaCl1Hub=0,6mg MSI + 0,2mgOxycodonNovalgin 4x 1,25g als KIDynastat 40mg als KIPerfalgan 4 x 1000 mg KIPCA: Verbrauch in ml/ TagVerbrauch insgesamt___________ KatheterNaropin 0,2 % 0,375%
ml/h ml/h ml/h ml/h ml/h ml/h ml/h
Sufentanil 0,5 µg/ml
MotorikSensibilitätVerbandswechsel
bei starken Schmerzen
NebenwirkungenNRS 0-10RRPulsSedationswertAtemfrequenzOXY in %PatientenzufriedenheitPCA entfernt Katheter entfernt Diagnose: ______________________________________________________________Operation: ______________________________________________________________OP- Datum: _________________Patienten
zufriedenheit:Nebenwirkungen:
PCA nicht mehr nötig: Sedations-
wert: Katheter entfernt1 disloziert MotorikSensibilität
1 sehr zufrieden 0 keine 1 orale Analgesie 1 wach 2 blutig1 erhalten
2 zufrieden 1 Übelkeit 2 kein venös. Zugang 2 erweckbar 3 Verband naß2 abgeschwächt
3 weiß nicht 2 Erbrechen 3 Patient lehnt ab 3 somnolent 4 Okklusion3 aufgehoben
4 unzufrieden 3 Juckreiz 4 planmäßig beendet 4 desorientiert 5 planmäßig beendet6 Pat selbst entfernt
OPS 8-919 abgerechnet ja / nein Datum: __________ HZ: ___________
St.-M
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21SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Leserecho/Pro & Kontra
Infusionsregler oder teure PCA-Pumpen?
D a die meisten Veröffentlichungen in der Zeitschrift „Schmerztherapie“ meiner
Empfindung nach wenig auf Kosten oder gar Kostenersparnis eingehen, war ich freudig überrascht über den Kostenvergleich der/des Kollegin/gen Heine und Lux aus Lünen, die in ihrem Beitrag „Patientenkontrollierte Analgesie (PCA) im Rahmen der ambulanten Palliativme-dizin“ einen objektiven Kostenvergleich zwi-schen PCA und peroraler Schmerztherapie über 30 Tage aufzeigen. Hierbei werden die Vorteile der PCA den allerdings sechs- bis sie-benmal höheren Kosten gegenübergestellt (242,00 versus 1.425,00 Euro/Monat).
Wenngleich auf die wenige Literatur über parenterale und invasive Schmerztherapiever-fahren im Rahmen der ambulanten Schmerz-therapie bei Palliativpatienten hingewiesen wird, möchte ich darauf aufmerksam machen, dass diese bereits seit Jahrzehnten, wenn auch in vereinfachter Form, ähnlich effektiv und deutlich kostengünstiger praktiziert werden.
Mechanische Infusionsregler zuverlässigMit Hilfe von mechanischen Infusionsreglern, die in eine Infusion zwischengeschaltet wer-
den, kann innerhalb eines Bezugzeitraumes eine definierte, einstellbare Volumenmenge abgegeben werden, so dass sich wie beim Per-fusor anhand von Volumen und Konzentration die verabreichte Dosis innerhalb eines Zeit-raumes berechnen lässt.
Natürlich weisen diese Infusionsregler nicht die Präzision einer PCA-Pumpe auf, dies ist aber bei entsprechender Vorsicht auch nicht erforderlich. Meiner Erfahrung nach sollte ein-geplant werden, dass die Regler in der Regel etwas schneller sind als angegeben. Eine grobe Kontrolle kann durch ein zusätzliches, vergleichendes Tropfenzählen initial erfolgen.
Als seit über 20 Jahren praktizierender Anästhesist und seit 16 Jahren zusätzlich ambulant tätiger Schmerztherapeut und Pal-liativmediziner möchte ich diese Methode als durchaus zuverlässig und wirksam bezeich-nen. Die Kosten betragen weniger als die Hälf-te einer PCA-Pumpe (Infusionsregler zwischen 2,00 und 3,00 Euro, Medikation wie bei PCA etwa 600,00 Euro).
Bessere HeimatmosphäreDa gerade in der Palliativmedizin die Atmo - s phäre der Intensivmedizin nicht gewünscht
ist, denke ich, dass sich auch von Seiten der Betroffenen für Infusionsregler mehr Akzep-tanz findet. Auch die PCA-Funktion kann durch zeitlich definierte erhöhte Infusionsgeschwin-digkeiten oder einer zusätzlichen, definierten Bolusgabe über einen 3-Wege-Hahn durch die Betroffenen gewährleistet werden.
Geringeres InfektionsrisikoEin weiterer Vorteil ist die geringere Kontami-nationsgefahr, da die verwendeten Lösungen durch das betreuende Palliativ-Care-Team je-den Tag frisch angesetzt werden und sich die Substanzen durch die viel geringeren Konzen-trationen auch weniger gegenseitig beeinflus-sen können. Darüber hinaus ist diese Methode bei ausrei-chender Erfahrung auch zur palliativen Sedie-rung mit Midazolam oder gegebenenfalls auch mit Esketamin praktizierbar.
Alternative für BettlägrigeEin Nachteil ist, dass die parenterale Analge-sie oder Anxiolyse per Infusion wegen der eingeschränkten Mobilität nur bei überwie-gend bettlägerigen Patienten eingesetzt wer-den kann. Gerade in der spezialisierten, am-bulanten Palliativmedizin handelt es sich aber eben sehr oft um solche Patienten.
Aufgrund der deutlich höheren Kosten sollte meines Erachtens der Einsatz einer PCA-Pumpe bei mobilen Palliativpatienten nur bei unbefriedigendem Effekt einer per-oralen oder transdermalen Therapie erfolgen.
WalkMed – PCA-Pumpe
Bernhard Franzen,Düren
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Zum Beitrag von Dr. Lux und Frau Heine, Schmerztherapie 3/2011 S. 10ff, gibt Dr. med. Bernhard Franzen, Arzt für Anästhesie, Spezielle Schmerztherapie,Palliativmedizin, Düren, Tipps, wie sich in der ambulanten Palliativmedizin Kosten einsparen lassen.
Leserecho/Pro und Contra
22 SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
Umso erfreulicher eine wachsende Förde-rung der ambulanten Palliativmedizin ist, de-sto mehr muss darauf geachtet werden, dass durch Zeigen von Kostenbewusstsein auf the-rapeutischer Seite der Widerstand der Kosten-
träger minimiert und die Diskussion entspannt wird.
Infusionsregler vor PCA (Kostenreduktion zweifach) und apothekenhergestelltes Fen-tanyl Nasenspray vor Industriepräparaten
(Kostenreduktion 20fach) sind Möglichkeiten, Sparbereitschaft ohne wesentliche Qualitäts-einbußen zu zeigen. ■
Bernhard Franzen, Düren
Sicherheit vor Kostenersparnis!
„Schuster, bleib bei Deinen Leisten“ oder „So wenig High-Tech wie möglich in der SAPV“
Schlusswort von Dr. Thomas Sitte, Palliativ-stiftung Fulda, Schmerzpreisträger 2011Zur Symptomkontrolle möchte ich ein wenig (nase)weis sagen, jeder sollte das tun, was er gut kann ... Ich komme seit Jahren (!) ohne oder zumindest fast ohne PCA-Pumpen aus und das bei Hunderten von Sterbenden im
Jahr. Früher habe ich sogar Ports und Pumpen gerne und selber implantiert. Ich kenne also alle Seiten. Mit zunehmender Routine unseres Palliative-Care-Teams kamen wir dann mit im-mer weniger invasiver Technik aus. Zur Freude und zum Nutzen unserer Patienten! ■
Thomas Sitte, FuldaThomas Sitte, Fulda
Schlusskommentar Dr. Eberhard A. Lux, LünenWir bedanken uns ausdrücklich für diesen Le-serbrief, in welchem auf die vergleichsweise hohen Kosten für eine ambulant durchgeführte, parenterale Schmerztherapie mittels PCA-Pumpe verwiesen wird. Der Autor fordert ein Kostenbewusstsein auch im Bereich der ambu-lanten Palliativmedizin. Wir können dem nur beipflichten.
Als Alternative zur PCA-Pumpe wird der Einsatz einer täglich durch Pflegekräfte zube-reiteten Infusionslösung mit entsprechenden Analgetika beschrieben, welche aufgrund des Einsatzes von Tropfenzählern wohl dosiert appliziert werden. Die Bolusapplikation wird durch eine „erhöhte Infusionsgeschwindigkeit“ oder über einen 3-Wege-Hahn als Bolus durch die Betroffenen (wahrscheinlich häufig durch die Angehörigen) appliziert beschrieben. Der Autor räumt ein, dass dieses Verfahren nicht die Präzision einer PCA-Pumpe besitzt, auch würden die Infusionen schneller laufen, als am Tropfenzähler eingestellt. Wir möchten von die-sem Verfahren, welches nur bei intravenöser, nicht aber subkutaner Medikamentengabe möglich ist, abraten.
Sicherheit vor Kostenersparnis Knickt beispielsweise eine Zuleitung ab, er-hält der Patient nicht die gewünschte Analge-tikamenge – Schmerzen oder Entzug können sich einstellen. Werden Flussraten durch Pa-
tienten oder Angehörige bedarfsweise verän-dert – wer will diese „Bolusgaben“ abschät-zen? Die Reihe ernsthafter Bedenken mit möglichen juris tischen Folgen für den die Ver-antwortung tragenden Arzt ließe sich fortset-zen. Es hat seinen guten Grund, dass PCA-Pumpen hinsichtlich der Programmierung von Fluss- sowie Bolusraten und -größen codege-sichert sind.
Infusionsständer nicht weniger invasivEine „Atmosphäre der Intensivmedizin“ ent-steht mit einer PCA-Pumpe keineswegs. Ein Infusionsständer mit Flasche(n) und Zähler erinnert da schon eher an ein Krankenhaus-zimmer. Eine Kontaminationsgefahr durch täglich neu zubereitete Lösungen – abgezielt wird hier auf die mögliche Portinfektion – ist nicht geringer. PCA-Reservoirs werden heute unter Reinraumbedingungen hergestellt und hinsichtlich der Qualität überwacht. Gerade das häufige Konnektieren und Dekonnektieren am Portsystem lässt die Infektionsgefahr stei-gen. Nicht alles, was scheinbar praktisch funktio niert, kann zur Nachahmung empfohlen werden.
Keine InteraktionDer Verweis, dass zur parenteralen Schmerz-therapie angewandte Medikamente in Abhän-gigkeit von deren Konzentration in der Lösung (vorausgesetzt eine Löslichkeit und Verträg-lichkeit liegt vor) interagieren, ist nicht korrekt.
Richtig ist allerdings, dass z.B. die Substanz Novaminsulfon in der Verdünnung langsam zu nichttoxischen Produkten (man erkennt das an der zeitlich zunehmenden gelb-grünlichen Ver-färbung) abgebaut wird. Eine klinische Rele-vanz ergibt sich hieraus allerdings nicht.
Kostenbewusstsein gefragtTrotz aller Kritik – wir halten eine Diskussion der Behandlungskosten in Bezug auf die Effi-zienz der Therapie gerade in unserer jetzigen Zeit für dringend geboten. Die Indikation einer kostenintensiven, parenteralen und patienten-kontrollierten Schmerztherapie muss verant-wortungsvoll gestellt werden. In der Hand ge-schulter Anwender sowie realisiert durch ein stabiles Betreuungsteam ermöglichen wir mit diesem Verfahren einen deutlichen Zugewinn an Lebensqualität für unsere Patienten. ■
Eberhard A. Lux, Lünen
Eberhard A. Lux, Lünen
SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.) 23
Medizin und Recht
Aktuelle Urteile: Wann haftet der Arzt?
Wann liegt bei Behandlungsfehlern die Beweislast beim Arzt? Wie umfangreich muss die zwingend erforderliche Grundaufklärung vor invasiven Eingriffen sein? Wann hat der Patient Anspruch auf Schmerzensgeld? Neue im letzten Quartal ver-öffentlichte medizinrechtliche Entscheidungen geben Antworten auf diese brisanten haftungsrechtlichen Fragen, die Dr. Ralf Clement, Clement & Ziegler Rechtsanwälte, Tübingen, kommentiert.
D er BGH hat in einer Entscheidung vom 07.06.2011 – VI ZR 87/10 – zur Frage
der beweisrechtlichen Bewertung eines sogenannten einfachen Befunderhebungsfehlers Stellung genommen. Grundsätzlich obliegt dem Patienten in Arzthaftungsprozessen die Beweislast sowohl für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers, als auch für den Beweis des sogenannten Ursachenzusammenhangs, d.h. für die Tatsache, dass der Behandlungsfehler auch tatsächlich für die geltend gemachten Gesundheitsfolgen, d.h. Schäden des Patienten, ursächlich war.
Beweislastumkehr bei BefunderhebungsfehlernDa letzteres für den geschädigten Patienten in der Regel nur sehr schwer zu beweisen ist, arbeitet der BGH in Fällen, in denen dem Arzt ein grober Behandlungsfehler vorgeworfen werden kann, mit einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Patienten, d.h. dieser muss den Ursachenzusammenhang zwischen dem Be
handlungsfehler und den eingetretenen Gesundheitsschäden nicht mehr darlegen und beweisen. Es reicht aus, wenn der Patient darlegen kann, dass der Fehler generell geeignet ist, den tatsächlich eingetretenen Gesundheitsschaden herbeizuführen.
Eine ebensolche Beweislastumkehr kommt nach der nunmehr ausdrücklich bestätigten Rechtsprechung des BGH auch bei einem einfachen Befunderhebungsfehler in Betracht, nämlich immer dann, wenn sich bei der gebotenen, tatsächlich aber unterlassenen Abklärung der Symptome mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein so deutlicher und gravierender Befund ergeben hätte, dass sich dessen Verkennung als fundamental oder die Nichtreaktion auf ihn als grob fehlerhaft darstellen würde.
Beispiel: Fehldiagnose Depressiver Stupor bei ThalamusinfarktIn dem der Entscheidung des BGH zu Grunde liegenden Fall war eine 33jährige Patientin in tief somnolentem Zustand durch den Notarzt stationär eingewiesen worden. Nach Durchführung einer Computertomografie und einer Liquordiagnostik wurde sie mit der Diagnose eines psychogenen bzw. depressiven Stupors in eine psychiatrische Einrichtung verlegt. Nach mehreren stationären Behandlungen wurde etwa ein halbes Jahr später festge stellt, dass sie einen embolischen Thalamusinfarkt erlitten hatte. Die Einlieferungsdiagnose war von den verantwortlichen Ärzten trotz dagegensprechender Symptome nicht überprüft worden.
Die Patientin leidet seitdem unter manifesten Sprachbeeinträchtigungen und Schluckstörungen, die sie auf die unzureichende ärztliche Behandlung in der psychiatrischen Einrichtung zurückführt. Eine mögliche frühzeitigere Behandlung des Thalamusinfarkts sei wegen der unzureichenden Befunderhebung unterblieben. Nach Auffassung des BGH kann in diesem Fall offen bleiben, ob eine frühere
Therapie zu einem besseren Ergebnis geführt hätte. Insoweit trifft die behandelnden Ärzte der psychiatrischen Einrichtung die Beweislast, dass dies nicht der Fall gewesen wäre.
Umfang der zwingend erforderlichen GrundaufklärungDas Oberlandesgericht Köln hatte mit Urteil vom 12.01.2011 – 5 U 37/10 – über die Aufklärungspflichten bei einer CTgesteuerten periradikulären Lumbalinfiltration zu entscheiden und in diesem Zusammenhang noch einmal zu der Frage Stellung genommen, in wieweit eine Haftung des behandelnden Arztes auch dann anzunehmen ist, wenn sich bei mangelhafter Aufklärung ein Risiko verwirklicht, das selbst nicht aufklärungspflichtig gewesen ist.
Der 1954 geborene Kläger litt seit Jahren an degenerativen Veränderungen der Wirbelsäule mit tiefen Rückenschmerzen, die von der Beklagten, einer Fachärztin für Orthopädie, konservativ behandelt wurden. Nach einem akuten Ereignis, bei dem er erstmalig neben Rückenschmerzen auch Schmerzen im linken Bein angegeben hat, zeigte die radiologische Diagnostik Protrusionen der Bandscheiben L3/4 sowie L5/S1 und einen Bandscheibenvorfall L4/5. Nachdem eine konservative akute Therapie durch die Beklagte ohne durchgreifenden Erfolg blieb, führte die Beklagte mit radiologischer Unterstützung eine CTgesteuerte peri radikuläre Lumbalinfiltration im Segment S1 durch. Unmittelbar nach der Injektion trat ein inkomplettes Querschnittssyndrom mit hochgradiger Caudalähmung, Paraplegie der Beine und Verlust der Blasen und Mastdarmfunktion ein.
Die Beklagte hatte den Kläger nicht über das Risiko einer Querschnittslähmung aufgeklärt. Daher hat das OLG Köln die Haftung der Beklagten wegen fehlender Aufklärung bejaht. Zwar habe die Beklagte zum damaligen Zeitpunkt nicht davon ausgehen müssen, dass es sich bei der Entstehung einer dauerhaften
Ralf Clement,Tübingen
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SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)24
Recht und Medizin
Querschnittssymptomatik infolge einer CTgesteuerten Lumbalinfiltration, deren Ursache ungeklärt geblieben ist, um ein aufklärungspflichtiges spezifisches Risiko der Behandlung handelte, dies führe indes nicht zu einem Wegfall der Haftung der Beklagten. Die Einwilligung des Patienten sei nur dann wirksam, wenn der Patient „im Großen und Ganzen“ weiß, worin er einwilligt. Dies setze voraus, dass der Patient eine Grundaufklärung über Art und Schwere des Eingriffs erhalten habe. Diese sei in aller Regel aber nur dann erfolgt, wenn der Patient auch einen Hinweis auf das schwerste, möglicherweise in Betracht kommende Risiko erhalten habe. An der erforderlichen Grundaufklärung habe es hier gefehlt, denn bei der streitgegenständlichen Behandlung habe jedenfalls das spezifische Risiko einer dauerhaften Lähmung als Folge von Blutergüssen, Entzündungen oder Nervenverletzungen bestanden. Es spiele daher keine Rolle, dass sich nicht das aufklärungspflichtige Risiko infolge der bekannten Ursachen verwirklicht habe, sondern ein unbekanntes Risiko, das aber für den Patien ten ganz ähnliche Folgen hatte.
Anspruch des Patienten auf Schmerzensgeld Das OLG München hat in einer Entscheidung vom 20.05.2010 – 1 U 3057/09 – einem Patienten ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro für eine infolge nicht rechtzeitiger Aufklärung rechtswidrige Operation zugesprochen, obwohl der Patient durch die fehlerfreie Operation keinerlei Gesundheitsbeeinträchtigungen erlitten hat. Die Beschwerden des Klägers seien gerade nicht auf die Operation zurückzuführen, sondern diese seien im Gegenteil durch die Operation eher verlang samt worden. Folgeschäden der Operation seien weder vorhanden noch zu erwarten. Der Kläger hatte demgegenüber geltend gemacht, aufgrund einer medizinisch nicht indizierten und grob fehlerhaft durchgeführten Meniskusoperation am rechten Knie sei es zu einer Aktivierung seiner Arthrose gekommen.
Nur wegen unzureichender Aufklärung.Das Schmerzensgeld wurde dem Kläger daher ausschließlich wegen der mit der Operation verbundenen Schmerzen und der unmittelbar danach bestehenden Beeinträchtigungen zugesprochen. Im vorliegenden Fall hatten zwischen dem Beginn der Aufklärung und der Einleitung der Narkose lediglich 28 Minuten gelegen. Nach der Rechtsprechung des BGH muss der Patient vor dem beabsichtigten Eingriff aber so rechtzeitig über Erfolgsaussichten und Risiken aufgeklärt werden, dass er durch hinreichende Abwägung der für
und gegen den Eingriff sprechenden Gründe seine Entscheidungsfreiheit und damit sein Selbstbestimmungsrecht in angemessener Weise wahren kann. Eine Aufklärung wenige Minuten vor dem angesetzten Operationstermin reiche nicht aus, um dem Patienten eine eigenverantwortliche Willensentscheidung zu ermöglichen. Der Patient hat dann keine Möglichkeit mehr, seine Operationsentscheidung im Hinblick auf die erfolgte Aufklärung nochmals in Ruhe und ohne jeglichen Zeitdruck zu überdenken.
Zum Verbot der Zuweisung gegen EntgeltNach dem OLG Stuttgart (Urteil v. 10.05.2007 – 2 U 176/06 –), hat nunmehr auch das OVG NordrheinWestfalen in einer Entscheidung vom 6.7.2011 – 6t A 1816/09.T – zu den nach seiner Auffassung engen Grenzen des § 31 BO ausdrücklich Stellung bezogen. Danach verstößt eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung eines Arztes an einem Zytostatika herstellenden Unternehmen gegen §§ 31, 34 Abs. 1 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BO), wenn nach dem Geschäftsmodell ein spürbarer Einfluss auf den Gewinn des Unternehmens dadurch erzielt wird, dass die Patienten an Apotheker verwiesen werden, die an dem Unternehmen ebenfalls beteiligt sind und bei diesem die Herstellung der Zytostatika in Auftrag geben.
Arzt als Teilhaber in der PharmabrancheDie Anwendbarkeit von § 31 BO könne nicht mit der Erwägung ausgeschlossen werden, anders als bei der Zuweisung an einen konkreten Leistungserbringer bleibe den Patienten vorliegend die Entscheidung überlassen, ob sie entsprechend der Empfehlung der Beschuldigten eine Beauftragung eines bestimmten Apothekers, der die Zytostatika über die GmbH bezieht, wünschen. Mit Blick auf den Schutzzweck, der allein das Patienteninteresse berücksichtigt, umfasse der Begriff der Zuweisung in § 31 BO alle Fälle der Überweisung, Verweisung und Empfehlung von Patienten an bestimmte andere Ärzte, an Apotheken, Geschäfte oder Anbieter von gesundheitlichen Leistungen. Entscheidend sei insoweit allein, dass der Arzt für eine erfolgreiche Patientenzuführung an einen anderen Leistungserbringer einen Vorteil erhält oder sich versprechen lässt. Für die Praxis ist die Entscheidung von erheblicher Bedeutung, da sie sich ohne weiteres z.B. auch auf ähnliche Formen der Zusammenarbeit zwischen Ärzten und Heilmittelerbringern übertragen lässt. ■
Dr. Ralf Clement, Tübingen
Impressum
Organ der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie
HerausgeberGerhard H. H. Müller-Schwefe, Schillerplatz 8/1, D-73033
Göppingen; Tel. 07161/976476, Fax 07161/976477
E-Mail: [email protected]
SchriftleitungThomas Cegla, Wuppertal; Oliver Emrich, Ludwigs hafen; Klaus Johannes Horlemann, Kevelaer; Stephanie Kraus (verantw.), Stephans kirchen, Tel.: 08036/1031; Michael Überall, Nürnberg
Beirat Christoph Baerwald, Leipzig; Wolfgang Bartel, Halberstadt; Heinz-Dieter Basler, Marburg; Günter Baust, Halle/ Saale; Klaus Borchert, Greifswald; Burkhard Bromm, Hamburg; Ingunde Fischer, Halle; Gideon Franck, Fulda; Gerd Geiss linger, Frankfurt; Hartmut Göbel, Kiel; Olaf Günther, Magdeburg; Winfried Hoerster, Gießen; Stein Husebø, Bergen; Uwe Junker, Remscheid; Uwe Kern, Wiesbaden; Edwin Klaus, Würzburg; Eberhard Klaschik, Bonn; Lothar Klim-pel, Speyer; Bruno Kniesel, Hamburg; Marianne Koch, Tutzing; Bernd Koßmann, Wangen; Michael Küster, Bad Godesberg-Bonn; Klaus Längler, Erkelenz; Peter Lotz, Bad Lippspringe; Eberhard A. Lux, Lünen; Christoph Müller-Busch, Berlin; Joachim Nadstawek, Bonn; Thomas Nolte, Wiesbaden; Robert Reining, Passau; Robert F. Schmidt, Würzburg; Günter Schütze, Iserlohn; Harald Schweim, Bonn; Hanne Seemann, Heidelberg; Ralph Spintge, Lüdenscheid; Birgit Steinhauer, Limburg; Roland Wörz, Bad Schönborn; Walter Zieglgänsberger, München; Manfred Zimmer-mann, Heidelberg
In Zusammenarbeit mit: Deutsche Gesellschaft für Algesiologie – Deutsche Gesellschaft für Schmerzforschung und Schmerz-therapie; Deutsche Akademie für Algesiologie – Institut für schmerztherapeutische Fort- und Weiterbildung; Deutsche Gesellschaft für interdisziplinäre Palliativversorgung e. V.; Deut-sche Schmerzliga e.V. (DSL); Gesellschaft für algesiologische Fortbildung mbH (gaf mbH); Gesamtdeutsche Gesellschaft für Manuelle Medizin e.V. (GGMM); Institut für Qualitätssicherung in Schmerztherapie und Palliativmedizin (IQUISP); Berufsverband der Schmerztherapeuten in Deutschland e.V. (BVSD).
Mit der Annahme eines Beitrags zur Veröffent lichung erwirbt der Verlag vom Autor alle Rechte, insbesondere das Recht der weiteren Vervielfältigung zu gewerblichen Zwecken mithilfe fotomechanischer oder anderer Verfahren. Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt.
Hinweis: Die in dieser Zeitschrift angegebenen Dosierungen – vor allem von Neuzulassungen – sollten in jedem Fall mit dem Beipackzettel der verwendeten Medikamente verglichen werden.
Bezugspreis: Einzelheft 12,– Euro; Abonnement für 4 Ausgaben pro Jahr 40,– Euro (zzgl. Versand, inkl. MwSt.). Der Mitglieds-beitrag der DGS schließt den Bezugspreis der Zeitschrift mit ein. Die Zeitschrift erscheint im 27. Jahrgang.
Verlag: Springer Medizin © Urban & Vogel GmbH, München, Dezember 2011Leitung Corporate Publishing: Ulrike Hafner (verantw.)Redaktion: Dr. Melanie Leshel Druck: Stürtz GmbH, Würzburg Titelbild: © FotoliaXIV – Fotolia.com
Inhaber- und BeteiligungsverhältnisseDie Urban & Vogel GmbH ist 100%ige Tochter gesellschaft der Springer Medizin Verlag GmbH, Heidelberg. Die alleinige Gesellschafterin der Springer Medizin Verlag GmbH ist die Springer-Verlag GmbH mit einer Beteiligung von 100%. Die Springer-Verlag GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Springer Science + Business Media Deutschland GmbH. Die alleinige Gesellschafterin der Springer Science + Business Media Deutschland GmbH ist die Springer Science + Business Media Netherlands B.V., die 100% der Anteile hält. Die Sprin-ger Science + Business Media Netherlands B.V. ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der Springer Science + Business Media Finance S.àR.L. Die Springer Science+Business Media Finance S.àR.L. ist eine 100%ige Tochter der Springer Science+Business Media S.A.
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Der Schmerzfall aus der Praxis
Langzeit-Opioidtherapie bei Rückenschmerzen
endoskopisch nach weiteren 14 Tagen Thera-pie einem floriden Ulcus duodeni zugeordnet wurden. Daher wurde der Patient im Schmerz-zentrum Göppingen vorgestellt.
Befund bei ErstaufnahmeSymmetrischer Beckenstand, Wirbelsäule ach-sengerecht mit deutlicher Beugefehlhaltung im BWS-Bereich, vor allem im Abschnitt D9 bis D5. Hier ausgeprägte Hyperalgesie und Allodynie. Ausgeprägte Allodynie auch im Bereich der Segmente D10–D12 rechts. Bei ausgeprägten Unterschenkel- und Oberschenkelödemen war es in den Tagen vor der Vorstellung im Schmerz-zentrum zusätzlich zu prickelnden und bren-nenden Schmerzen an der Außenseite des rechten Oberschenkels gekommen. Hier fand sich ebenfalls eine deutliche Allodynie und Hy-peralgesie im Ausbreitungsgebiet des Nervus cutaneus femoris lateralis als deutliche Hinwei-se auf eine Druckschädigung dieses Nerven bei ausgeprägter Ödembildung mit Schmerzen im Sinn einer Meralgia paraesthetica. Ansonsten unauffälliger neurologischer Status, deutliche Kraftminderung der Rückenstrecker, der Bauch-muskulatur wie auch der gesamten Oberschen-kel- und Unterschenkelmuskulatur bei mangel-haftem Trainingszustand.
Da die neuropathische Schmerzkomponen-te ausgeprägt war, erfolgte jetzt der Versuch einer Neueinstellung mit der Kombination Oxycodon/Naloxon und Duloxetin. Trotz einer raschen Dosissteigerung auf täglich 120 mg konnte keine Besserung der neuropathischen Schmerzen erzielt werden.
Therapie und VerlaufZunächst wurden sowohl Antikonvulsiva als auch Antiphlogistika komplett abgesetzt. Im Sinne einer besseren Abdeckung vor allem auch der neuropathischen Komponente erfolgte die stufenweise Aufdosierung mit Oxycodon/Naloxon auf eine Dosis von 2 x 80 mg/d (80 mg Oxycodon/40 mg Naloxon). Hierunter kam es
nun zu einer deutlichen Reduktion der mas-siven neuropathischen und der gemischten, nozizeptiv neuropathischen Schmerzen im Be-reich der Wirbelsäule.
Der Patient wurde übungs- und trainingsfä-hig, konnte eine gerätegestützte Krankengym-nastik intensiv durchführen und war sechs Wo-chen nach der Umstellung auf Oxycodon/Nalo-xon 2 x 80 mg/d wieder in der Lage, zunächst stundenweise, nach weiteren sechs Wochen vollzeitig in seinem Betrieb zu arbeiten.
ZusammenfassungKomplexe Schmerzsyndrome mit neuropa-thischer und nozizepiver Komponente werden häufig mit einer Kombination aus Opioiden, An-tikonvulsiva und Antidepressiva behandelt. Bei diesem Patienten kam es aber zu gravierenden Nebenwirkungen sowohl durch Antikonvulsiva als auch durch Antiphlogistika. Um die ausge-prägt neuropathische Komponente dieses ge-mischten Rückenschmerzbildes effektiv behan-deln zu können, war deshalb eine Dosissteige-rung des Opioids Oxycodon/Naloxon auf 2 x 80 mg/d die wirksamste mögliche Option, die gleichzeitig ohne Nebenwirkungen, insbesonde-re ohne gastrointestinale Nebenwirkungen ver-tragen wurde und so letztlich wieder zur Arbeits-fähigkeit des Patienten führte. Mittlerweile wird diese Therapie seit vier Jahren in unveränderter Dosierung ohne Toleranzentwicklung durchge-führt. Der Patient kann regelmäßig ein gerätege-stütztes Training absolvieren. Auslassversuche oder Reduktionsversuche haben jeweils zu ei-ner massiven Schmerzzunahme geführt, so dass bei der weiterhin bestehenden Fehlfunk-tion und gleichzeitiger neuropathischer Kompo-nente von der Notwendigkeit einer Langzeit-therapie ausgegangen werden muss. ■
Gerhard H. H. Müller-Schwefe, Göppingen
AnamneseDer 52-jährige Selbstständige erlitt beim Ski-fahren eine Wirbelfraktur in Höhe des 7. Brust-wirbels mit partieller Querschnittssymptomatik. Die operative Primärversorgung führte zu einer Druckentlastung des komprimierten Rücken-marks und wurde zweizeitig durchgeführt.
Die postoperative Mobilisation gelang in-nerhalb von vier Wochen bei gleichzeitiger kontinuierlicher Analgesie, zuletzt mit Targin® 2 x 80 mg (Oxycodon/Naloxon). Unter dieser Schmerztherapie war die ursprüngliche nach Mobilisation aufgetretene Schmerzintensität auf der visuellen Analogskala VAS 100 von 90 auf 30 zurückgegangen bei einem individuellen Behandlungsziel von 20.
Die Rehabilitation erfolgte komplikationslos. Der Versuch, nach einem halben Jahr die noch bestehende Opioidmedikation (Oxycodon/Nalo-xon 2 x täglich 40/20 mg) abzusetzen, scheiterte. Es kam erneut zu starken Schmerzen nicht nur im operierten Segment, sondern auch in den darüber- und darunterliegenden Segmenten. Zudem bestanden massive neuropathische Schmerzen im Oberbauch infolge der intra-operativen Kompression der Interkostalnerven. Daher wurde eine Kombination aus Oxycodon/Naloxon und Pregabalin in einer Enddosierung von 2 x 300 mg eingeleitet. Wegen massiver Mü-digkeit und Flüssigkeitseinlagerung wurde Prega-balin abgesetzt. Der Therapieversuch mit Gaba-pentin in einer Dosierung von täglich 3.600 mg scheiterte an der ausgeprägten Müdigkeit ohne ausreichende Schmerzlinderung (VAS 65). Daher wurde der Patient unter Beibehaltung der Oxy-codon/Naloxon-Therapie mit Diclofenac 2 x 75 mg versorgt. Die neuropathischen Schmerzen bestanden weiterhin, allerdings war die Wir-belsäule deutlich schmerzärmer, so dass ein Auftrainieren der Muskulatur an Geräten jetzt deutlich leichter wurde. Innerhalb von 14 Tagen kam es aber zu einer massiven Flüssigkeits-einlagerung, einem Blutdruckanstieg auf Werte von 190/120 mmHg und Magenschmerzen, die
Rückenschmerzen zählen zu den häufigsten Schmerzproblemen überhaupt und chro-nifizieren oft. Therapeutische Optionen müssen daher auf lange Zeit ausgerichtet sein, da kausal kurative Behandlungen oft nicht zur Verfügung stehen. Opioide, die auf-grund ihrer fehlenden Organtoxizität über Jahre als beste Therapieoption für die Lang-zeittherapie von chronischen Schmerzen gehandelt wurden, sind durch die S3-Leitlinie „Langzeitanwendung von Opioiden bei nicht tumorbedingten Schmerzen“(LONTS) zu Unrecht in Verruf geraten. In diesem Praxisfall schildert Dr. med. Gerhard H. H. Müller-Schwefe die Durchführbarkeit der verschiedenen Therapieoptionen.
SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.)
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DGS Termine/Nachrichten
DGS-VeranstaltungenWeitere Informationen zu den Seminaren erhalten Sie über die Geschäftsstelle des DGS Oberursel, Tel.: 06171/286060 Fax: 06171/286069, E-Mail: [email protected] Die aktuellsten Informationen zu den Veranstaltungen und den Details finden Sie im Internet unter www.dgschmerztherapie.de mit der Möglichkeit der Online-Anmeldung.
Dezember 2011
Injektionstechniken an der Wirbelsäule ohne Bildgebung14.12.2011inRemscheid;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Remscheid
Funktionelle Medizin 515.12.2011inBadSäckingen;RegionalesSchmerzzentrumDGS–BadSäckingen
Manualtherapeutische Diagnostik und Therapie – Das Mindest-Programm16.12.–18.12.2011inBonnBadGodesberg;RegionalesSchmerzzentrumDGS–BonnBadGodesberg
Sommerakademie Palliativmedizin - Fallseminar Modul 3 Aufbaukurs16.12.–20.12.2011inDierhagen(Ostsee);RegionalesSchmerzzentrumDGS–Lünen
Januar 2012Wundmanagement in der Palliativmedizin11.01.2012inChemnitz;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Chemnitz
Endometriose – Update12.01.2012inMiltenberg;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Miltenberg
Neurobiologie der Depression und des Schmerzes17.01.2012inFürth;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Fürth
Therapieoptionen in der Lebensendphase 18.01.2012inStade/Buxtehude;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Stade
Neuropathische Schmerzen 19.01.2012inBadSäckingen;RegionalesSchmerzzentrumDGS–BadSäckingen
Lübecker Schmerztherapie –Praxisseminar 201221.01.2012inLübeck;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Neustadt/Holstein
Neuraltherapie an Hüfte, Knie und Fuß28.01.2012inBadWiesenbad;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Dresden
Reanimation –Notfalltraining in der Praxis25.01.2012inHalle;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Quedlinburg
Februar 2012Schmerzen der Lendenwirbelsäule und der unteren Extremität – Hands-on-Workshop1.02.2012inOsnabrück;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Osnabrück
DGS–Zentrum KasselWir begrüßen Dr. med. Andreas Böger, Kassel, als neuen Regionallei-ter in Kassel. Andreas Böger ist Chefarzt des Rotes-Kreuz-Kranken-haus Kassel, Gemein-nützige GmbH, einer Klinik für Schmerzthe-
rapie in Kassel mit 30 Betten vor allem für multimodale Therapie und einer Schmerz-ambulanz. Böger ist Facharzt für Neurologie und Facharzt für Psychiatrie und Psychothe-rapie, Spezielle Schmerztherapie, Notfallme-dizin und Algesiologe. Dipl. Gesundheitsöko-nom Oec. med. Dr. Böger besitzt die volle Weiterbildungsermächtigung „Spezielle Schmerztherapie“ für Ärzte. Außerdem kön-nen Psychologen bei ihm den Ausbildungs-teil „Psychosomatik“ absolvieren und die Zusatzqualifikation „Schmerzpsychothera-pie“ erwerben. Nachwuchsförderung ist ihm wichtig.Seine Arbeitsschwerpunkte sind Rücken-schmerzen, Kopf- und Nervenschmerzen.
Neuer DGS-Leiter
Andreas Böger, Kassel
Curriculum Biofeedback-Therapeut DGS/ Biofeedback-Trainer DGS04.02.–05.02.2012inFrankfurtamMain;GeschäftsstelleDGS
Schmerztherapie für Mitarbeiter in der Onkologie08.02.2012inHerne;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Herne
Symptomkontrolle in der Palliativmedizin09.02.2012inMiltenberg;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Miltenberg
Opiat-Update16.02.2012inBadSäckingen;RegionalesSchmerzzentrumDGS–BadSäckingen 18.02.–19.02.2012SynopsisTLARegionalesSchmerzzentrumDGS–Würzburg
Stellenwert der F.-X.-Mayr-Medizin in der Schmerz-therapie 22.02.2012inZwickau;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Zwickau
Minimalinvasive Therapieoptionen an der Wirbelsäule 29.02.2012inHalle;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Halle/Saale
Fibromyalgie, Rheuma, Migräne, Spannungskopf-schmerz 29.02.2012inBielefeld;RegionalesSchmerzzentrumDGS–Herford
SCHMERZTHERAPIE 4/2011 (27. Jg.) 27
Bücherecke
Praxis LWS-Erkrankungen
û Ca. 80% der Bevölkerung leiden irgendwann in ihrem Leben einmal an Rückenschmerzen. Die Erkrankungen im Bereich der Lendenwirbelsäule sind dabei am häufigsten. Dieses umfangreiche und aktuelle Handbuch zeigt, wie Sie bei der Unzahl der zugrunde liegenden Störungen die korrekte Diagnose finden können und welche therapeutischen Möglichkeiten beste-hen. Wer immer noch reflexartig zur Schmerzspritze bei Lumbago greift, wird hier Vieles dazulernen. Zu allen Methoden werden auch die Vor- und Nachteile sowie die Nachsorge umfassend dargestellt. Abgerundet wird das Werk mit den anatomischen, physiologischen und patho logischen Grundla-gen und einer Darstellung der kompetenten Begutachtung. Nützlich ist auch
der Serviceteil mit hilfreichen Adressen und Ideen für den Praxisalltag. Trotz des hohen Preises lohnt sich die Anschaffung dieses Buches sicher für jede schmerztherapeutische Praxis. StK
Eckardt, Anke (Hrsg.): Praxis LWS-Erkrankungen. Diagnose und Therapie. 2011, 1st Edition, 400 S., 290 Abb. in Farbe, geb., ISBN 978-3-540-88505-4. 119,95 EUR. Springer Verlag, Heidelberg.
Deutscher PalliativKalender 2012
û Aus 244 kunstvollen Motiven suchte der international renommierte deutsche Künstler Franz Erhard Walther zwölf Kalendermotive aus. Der Deutsche PalliativKalender 2012 ist über die Deutsche PalliativStiftung so-wie im Buchhandel für 29,00 Euro erhältlich. Für Mitglieder des Förderver-eins sowie Hospiz- und Palliativeinrichtungen gibt es ein besonderes Ange-bot: acht Kalender für 60,00 Euro. Da die Auflage limitiert ist sollten Sie schnell bestellen bei:
Deutsche PalliativStiftung, Am Bahnhof 2, 36037 Fulda, Telefon: 0661/48049797, E-Mail: [email protected]
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Neurologie für Schmerztherapeuten
û Menschen mit fortgeschrittenen neurologischen Erkrankungen stellen besondere Anforderungen an ein Palliative-Care-Team. Da die Patienten in der Regel kognitiv, kommunikativ und körperlich beeinträchtigt sind, benötigt das Team neben einer palliativen Haltung, die sich konsequent am Patienten orientiert, gute neurologische Kenntnisse. Das interdisziplinär angelegte Praxishand buch überträgt Palliative Care auf die Versorgung neurologischer Patienten, bettet es in Strukturen und Organisationsformen ein und fordert ein konsequent teamorientiertes, vernetztes und interdisziplinäres Arbeiten. Dr. Christoph Gerhard beschreibt praxisnah, wie Symptome neurologisch
beeinträchtigter Menschen systematisch erfasst und spezifisch behandelt werden können. Der erfahrene Schmerztherapeut und Palliativmediziner aus Oberhausen stellt konkrete Behandlungsmöglichkeiten bei Agitation, Delir, Fatigue, Muskeltonuserhöhung, gastrointestinalen und pulmonalen Symptomen sowie Schmerzen und Schlafstörungen dar. Dieses sehr gelungene und gut illustrierte Handbuch zeigt neuro-palliative Besonderheiten von Erkrankungen der Muskulatur und des peripheren Nervensystems sowie von ALS, Demenz, MS, Muskelerkrankungen, Parkinson, Schlaganfall und (wach-)komatösen Zuständen auf. Es richtet sich nicht nur an Ärzte, sondern kann auch professionell Pflegenden, Physio- und Sprach-therapeuten sowie Sozialarbeitern, Seelsorgern und versierten Laien und Angehörigen wärmstens zur Lektüre empfohlen werden. StK
Christoph Gerhard: Neuro-Palliative Care. Interdisziplinäres Praxishandbuch zur palliativen Versorgung von Menschen mit neurologischen Erkrankungen. 2011, 358 S., 10 Abb., 44 Tab., kt., 39,95 EUR, ISBN: 978-3-456-84849-5. E-Book-ISBN: 978-3-456-94849-2. Verlag Hans Huber, Bern.