Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen (IVD) Universität Stuttgart Pfaffenwaldring 23 70550 Stuttgart 12 211 N /
_________________________ ________________________
Name der Forschungsstelle(n) AiF-Vorhaben-Nr./GAG
01.10.1999 bis 30.09.2001
Bewilligungszeitraum
Schlussbericht für den Zeitraum: 01.10.1999 bis 30.09.2001
zu dem aus Haushaltsmitteln des BMWi über die
geförderten Forschungsvorhaben
Forschungsthema:
Mitverbrennung von Klärschlämmen in Kohlestaubfeuerungen unter Berücksichtigung des gasförmigen Quecksilberanteils bei
unterschiedlichen Rauchgasreinigungssystemen
Stuttgart, den 28.03.2002 ______
Ort, Datum Unterschrift der/des Projektleiter(s)
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211
Zusammenfassung Gegenstand dieses Forschungsvorhabens ist die Untersuchung des Verhaltens von
Quecksilber bei der Mitverbrennung von Klärschlämmen in Kohlestaubfeuerungen unter
Berücksichtigung des gasförmigen Quecksilberanteils bei unterschiedlichen Rauchgas-
reinigungssystemen. Ziel der Untersuchungen ist die Ermittlung von Parametern, die das
Abscheideverhalten einzelner Rauchgasreinigungsstufen für das Element Quecksilber
bestimmen. Hierzu werden experimentellen Untersuchungen an einer Rauchgasreinigung im
Labormaßstab, die an einen Verbrennungsreaktor angeschlossen werden kann,
durchgeführt. Durch die systematische Variation von relevanten Parametern sollen
grundlegende Mechanismen erkannt und gegebenenfalls quantifiziert werden.
Die im Rahmen der Untersuchungen verwendeten Rauchgasreinigungskomponenten
Katalysator, Elektroabscheider und Füllkörperkolonne (Nasswäscher) können entweder mit
Rauchgasen aus dem Verbrennungsreaktor oder mit definierten Gasgemischen beaufschlagt
werden. Die Messtechnik erlaubt sowohl die kontinuierliche Erfassung des
Gesamtquecksilbergehaltes als auch die Ermittlung der Speziesverteilung
(partikelgebundenes Hg, gasförmiges HgCl2 und Hg0). Es werden Messungen im Rohgas
des Verbrennungsreaktors durchgeführt, um die Speziesverteilung vor Einleitung in die
Rauchgasreinigungsanlage bei Temperaturen von etwa 350°C zu ermitteln. Eine
Bilanzierung der Input und Outputströme entlang der Rauchgasreinigungsstufen bei
unterschiedlichen Brennstoffqualitäten wurde durchgeführt, um den Einfluss der einzelnen
Reinigungsstufen auf die Verteilung der Quecksilberspezies zu ermitteln. Durch detaillierte
Messungen mit definierten Gasgemischen an einzelnen Reinigungsstufen (Katalysator) und
Laborversuche (Sorptionsverhalten von Flugstaub) werden entdeckte Phänomene bestätigt
und quantifiziert.
Der vorliegende Abschlussbericht stellt eine erhebliche Erweiterung des Verständnisses des
Quecksilberverhaltens in einzelnen Rauchgasreinigungsstufen dar. Die Ermittlung des
Sorptions- und Oxidationsverhaltens für unterschiedliche SCR-DeNOx-Katalysatoren ist eine
wichtige Basis zur weiteren Erforschung des Oxidationsmechanismus von Quecksilber an
katalytischen Oberflächen. Die nachgewiesenen Phänomene am Katalysator tragen
außerdem zum Verständnis des Zeitverhaltens von Quecksilber in Rauchgasreinigungs-
anlagen bei. Für CaO als wichtige Flugstaubkomponente konnte sowohl der Einfluss auf die
Sorption als auch die Speziation von Quecksilber bei unterschiedlichen Temperaturen
erstmals belegt und quantifiziert werden. Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht.
Inhaltsverzeichnis 1.
2.
3.
4.
5.
5.1. 5.2. 5.2.1. 5.2.2. 5.3. 5.4. 5.5 5.5.1 5.5.2 5.5.3
6. 6.1. 6.2. 6.3. 6.4.
7.
7.1. 7.2. 7.2.1 7.2.2 7.2.3 7.3.
8.
8.1. 8.2. 8.3 8.3.1. 8.3.2. 8.3.3 8.4 8.5
9.
10.
Motivation.............................................................................................................
Aufgabenstellung.................................................................................................
Stand der Mitverbrennung bei Projektbeginn...................................................
Planung und Ablauf des Vorhabens...................................................................
Wissenschaftlicher Stand bei Projektbeginn....................................................
Messtechnik zur kontinuierlichen Bestimmung von Hg im Rauchgas Quecksilber im Brennstoff Quecksilber in Kohle Quecksilber in Klärschlamm Rauchgastemperatur und -zusammensetzung Abkühlgeschwindigkeit Verhalten von Quecksilber in der Rauchgasreinigung Katalysator Staubabscheidung Nasse und trockene Entschwefelung
Verwendete Messgeräte und Methoden zur Bestimmung von Quecksilber und seinen Verbindungen................................................................................... Hg-CEM (Continuous Emission Monitor) Kalibriergasgenerator Probenahmesystem Labormessgerät
Versuchsaufbau...................................................................................................
Verbrennungsreaktor Rauchgasreinigung Katalysator Elektrofilter Nasswäscher Laboraufbau zur Ermittlung des Einflusses pulverförmiger Substanzen
Experimentelle Untersuchungen.........................................................................
Messungen im Rohgas vor Laborrauchgasreinigung Messungen entlang des Rauchgasreinigungsweges Verhalten von Hg an SCR-DeNOx-Katalysatoren Versuchsaufbau Untersuchungen zum Sorptionsverhalten Untersuchungen zum Oxidationsverhalten Verhalten bei der Staubabscheidung Verhalten am Nasswäscher
Zusammenfassung...............................................................................................
Nutzen und Verwertbarkeit der Ergebnisse und Erfahrungen..........................
1
3
4
5
9
9 11 11 13 14 20 21 22 25 30
37 37 39 41 43
44
44 45 46 47 48 49
50
51 59 63 63 65 73 78 83
84
87
11.
12.
Veröffentlichung der Ergebnisse .......................................................................
Literaturverzeichnis............................................................................................
90
Anhang A 1 Anhang A 2
Eigenschaften von Quecksilberverbindungen Einflussfaktoren auf das Verhalten von Quecksilber in der Rauchgas- reinigung einer Kohlefeuerung
Abbildungsverzeichnis Abb. 1.1: Entwicklung der prozentualen Anteile der Entsorgungswege für kommunale
Klärschlämme in Deutschland für den Zeitraum von 1991 bis 1997. 1
Abb. 5.1: Hg-Gehalte deutscher Steinkohlen und Importkohlen. 12
Abb. 5.2: S-, Cl- und Erdalkaligehalte einiger deutscher Steinkohlen und Importkohlen. 13
Abb. 5.3: Klassifizierung der Elemente bezüglich ihres Anreicherungsverhaltens bei der Verbrennung.
14
Abb. 5.4: Produkte im thermodynamischen Gleichgewicht des Systems
Hg / Cl / S / H2O / C; berechnet mit FACT.
16
Abb. 5.5: Thermodynamische Gleichgewichtsberechnung mit ASPEN PLUS des Konzentrationsverlaufs der Quecksilberverbindungen im Rauchgas einer Kohlefeuerung (deutsche Steinkohle, Vollast).
18
Abb. 5.6: Konzentrationsverlauf der Quecksilber-verbindungen im Rauchgas (Quecksilber-konzentration des Brennstoffes mit 100 multipliziert).
18
Abb. 5.7+5.8: Anteil von gasförmigem Hg0(g) bzw. partikelgebundenem Hg(p) Quecksilber in Abhängigkeit des Cl-Gehaltes der Einsatzkohle.
19
Abb. 5.9: Temperaturabhängigkeit des DEACON-Gleichgewichts. 21
Abb. 5.10: Schaltungen des SCR-Verfahrens in der Rauchgasreinigung einer Rostfeuerung. 23
Abb. 5.11: Quecksilberspezies vor und hinter High-Dust Katalysator, Trockenfeuerung mit Feinkohle.
24
Abb. 5.12: Oxidation von Hg am High-Dust Katalysator, Schmelzfeuerung mit Ballastkohle. 25
Abb. 5.13: Abhängigkeit der Hg-Abscheideleistung vom Rest-C/Hg-Verhältnis. 28
Abb. 5.14: Prinzip REA-Aufbau; einstufiger (links) und zweistufiger (rechts) Absorber. 30
Abb. 5.15: Quecksilberverhalten bei oxidierenden und reduzierenden Bedingungen im Absorber.
32
Abb. 5.16: Potentiale elektrochemischer Reaktionen, induzierte Oxidation. 33
Abb. 5.17: Übersicht über die Zudosierungsmöglichkeiten von Additiven in einer Verbrennungsanlage.
35
Abb. 6.1: Schematischer Aufbau des Hg-CEM 37
Abb. 6.2: Prinzip der Zeeman-Aufspaltung 38
Abb. 6.3: Prinzipdarstellung Kalibriergas-generator HOVACAL 39
Abb. 6.4: Überprüfung der Kalibrierung des Hg-CEM (SEMTECH Hg 2000) mit dem Kalibriergasgenerator HOVACAL.
40
Abb. 6.5: Probenahmeaufbau zur Erfassung der Quecksilberspezies HgCl2(g) und Hg0(g). 41
Abb. 6.6: Bestimmung der Hg-Speziesverteilung und Validierung der Probenahme. 42
Abb. 6.7: Probenahme-Vorrichtung am Schmelzzyklon. 42
Abb. 6.8: Hg-CEM mit Datenerfassung 42
Abb. 7.1: Schema des Verbrennungsreaktors mit nachgeschalteter Rauchgasreinigung. 44
Abb. 7.2: Anlagenschema der Laborrauchgasreinigung sowie erfasste Messwerte. 45
Abb. 7.3: Schematischer Aufbau des Katalysators der Laborrauchgasreinigung. 47
Abb. 7.4: Elektrofiltergehäuse 47
Abb. 7.5: Schematischer Aufbau der Abscheideeinrichtung 47
Abb. 7.6: Schema der Füllkörperkolonne 48
Abb. 7.7: Schematischer Aufbau der Laborapparatur. 49
Abb. 8.1: Quecksilberspezies bei verschiedenen Klärschlammanteilen, Probenahme T = 270 bis 300°C.
53
Abb. 8.2: Einfluss HCl und CaO-Dotierung auf Verteilung der Quecksilberspezies bei KS-Anteil 10 Gew.-%.
54
Abb. 8.3: Hg-Spezies bei verschiedenen CaO-Dotierungen (auf 100 % umgerechnet). 54
Abb. 8.4: Hg-Sorptionsrate SR in Abhängigkeit der Temperatur 55
Abb. 8.5: Konversionsrate KR in Abhängigkeit der Temperatur 55
Abb. 8.6: Einfluss von Temperatur und CaO auf die Speziation von Hg in einem synthetischen Gasgemisch.
57
Abb. 8.7: Einfluss von CaO und SO2 auf die Verteilung der Hg-Spezies in Synthesegas, Reaktortemperatur 750°C.
58
Abb. 8.8: Beispiel für Ergebnisse der Hg-Bilanzierung vor Katalysator und am Elektrofilter. 60
Abb. 8.9: Bilanzierung des partikelgebundenen Hg-Anteils entlang der Rauchgasreinigung. 61
Abb. 8.10: Hg-Speziation in Abhängigkeit des Temperaturprofils, ohne Kat. (Typ NT-LD 1). 62
Abb. 8.11: Hg-Speziation in Abhängigkeit des Temperaturprofils, mit Kat. (Typ NT- LD 1). 62
Abb. 8.12: Schema des Versuchsaufbaus für die Untersuchungen am KAT. 63
Abb. 8.13: Adsorptions- und Desorptionsverhalten von Quecksilber am Katalysatortyp NT- LD 1 in Abhängigkeit unterschiedlicher HCl-Konzentrationen (T = 320 bis 340°C).
66
Abb. 8.14: Zeitverhalten am Katalysatortyp NT-LD 1 (Versuch 2), T = 320 bis 340°C. 67
Abb. 8.15: Beschreibung des prinzipiellen Verlaufs der Sorption von Hg an die Katalysatoroberfläche für unterschiedliche Werte von k nach der Chapman-Richards-Funktion.
68
Abb. 8.16: Zeitverhalten der Sorptionsvorgänge am KAT (NT-LD 1) in Abhängigkeit der Temperatur und der HCl-Konzentration.
69
Abb. 8.17: Mathematische Beschreibung der Sorptionsvorgänge am Katalysator für eine gegebene Temperatur und drei verschieden Werte von k2
70
Abb. 8.18: Vergleich der Hg-Sorptionsrate (ohne/mit SO2) unterschiedlicher Katalysator-typen in Abhängigkeit der HCl-Konzentration bei einer Temperatur von 330°C.
71
Abb. 8.19: Speziesverteilung für Quecksilber ohne Katalysatorelemente
(T = 300°C; cH2O = 4 Vol-%; cO2 = 1,8 Vol-%) 74
Abb. 8.20: Vergleich der Hg-Oxidationsgrade (ohne/mit SO2) unterschiedlicher Katalysatortypen in Abhängigkeit der HCl-Konzentration bei einer Temperatur von 330°C.
75
Abb. 8.21: Einfluss einzelner Katalysatorkomponenten auf die Speziation von Quecksilber. 76
Abb. 8.22: Hg-Konzentration in den Outputströmen einer Wirbelschicht. 80
Abb. 8.23: Hg-Gehalt der ZWS-Aschen in Abhängigkeit von CaO-, und S- und Rest-C-Gehalt.
80
Abb. 8.24: Hg-Sorptionsfähigkeit unterschiedlicher Flugaschen. 81
Abb. 8.25: Temperaturabhängigkeit der Sorptionsfähigkeit von Flugasche. 82
Abb. 8.26: Wiederfreisetzung von bereits gelöstem Hg durch Zufuhr von H2O-dest. 83
Tabellenverzeichnis Tab. 5.1: Eignungsgeprüfte kontinuierlich arbeitende Emissionsmesseinrichtungen für
Quecksilber 11
Tab. 5.2: Typische Werte für Asche-, S-, Cl- und Hg-Gehalte in Regelbrennstoffen 12
Tab. 5.3: Typische Zusammensetzung von Klärschlämmen 14
Tab. 5.4: Eigenschaften von Aktivkohlen bzw. -koksen 26
Tab. 8.1: Brennstoffdaten der verwendeten Brennstoffe (Steinkohle und Klärschlamm). 50
Tab. 8.2: Emissionswerte für Kohle und Kohle/Klärschlamm-Mischungen (Rohgas) 52
Tab. 8.3: Versuchsparameter bei Versuchen mit CaO und HCl/SO2-Gasgemischen 57
Tab. 8.4: Bilanzierung von Hg0(g), HgCl2(g) und Hg(s) zwischen Katalysator und Wäscher 59
Tab. 8.5: Charakteristik der untersuchten SCR-DeNOx-Katalysatoren 64
Tab. 8.6: Gaskonzentrationen der Versuche vor Katalysator (Rest Stickstoff) 65
Tab. 8.7: Einwaage und Qualität der untersuchten Katalysatorkomponenten. 76
Tab. 8.8: Vergleich verschiedener Flugascheproben anhand der Temperatur der Probenahme und der chemischen Zusammensetzung
79
Tab. 8.9: Zusammensetzung der (Flug-)ascheproben der Sorptionsversuche. 81
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 1
1. Motivation Für Kommunen und Industrie sind Klärschlämme aus biologischen
Abwasserreinigungsanlagen ein immer größer werdendes Entsorgungsproblem. Neben den
weiterhin leicht steigenden Klärschlammmengen führen vor allem die sich ändernden
gesetzlichen Randbedingungen zu einer starken Verlagerung der bisherigen
Entsorgungswege. Die klassischen Entsorgungsverfahren für kommunalen Klärschlamm in
der BRD sind die landwirtschaftliche Ausbringung und die Deponierung in mechanisch
entwässerter Form. Neben diesen Verfahren sind in den letzten Jahren vor allem die
stoffliche Verwertung durch Kompostierung und die thermische Verwertung durch
Verbrennung als wichtige Entsorgungswege hinzu gekommen. (Abbildung 1)
Abb.1.1: Entwicklung der prozentualen Anteile der Entsorgungswege für kommunale Klärschlämme in Deutschland für den Zeitraum von 1991 bis 1997. [UBA 2001]
Einen erheblichen Anteil an der Klärschlammentsorgung hat momentan die stoffliche
Verwertung direkt in der Landwirtschaft (45 %) und für landbauliche Maßnahmen (12 %)
oder auch zur Kompostierung (10 %). Der Anteil an nicht stofflich verwertetem Klärschlamm,
der auf Deponien gelangt, liegt mit stark sinkender Tendenz bei etwa 11%. Der Rest wird
thermisch verwertet, etwa 19 %, oder anderweitig behandelt (etwa 3 %).
Der Grund für den sinkenden Deponieanteil liegt darin, dass die Entsorgung von
Klärschlamm im Rahmen der rechtlichen Vorgaben des Kreislaufwirtschafts- und
Abfallgesetzes (Krw-/AbfG), der Klärschlamm-Verordnung (AbfKlärV) und der TA-Abfall bzw.
TA Siedlungsabfall zu erfolgen hat. Neben einer Novellierung der TA-Siedlungsabfall wurde
im Januar 2001 vom Bundeskabinett eine Abfallablagerungsverordnung (AbfAblV)
beschlossen, die eine Ablagerung von Abfällen und damit auch von Klärschlämmen regelt.
Die in der TA-Siedlungsabfall vorgegebene Begrenzung des TOC (Total Organic Carbon) auf
= 3 Masse-% für die Deponieklasse II und auf = 1 Masse-% für die Deponieklasse I ist von
der Abfallablagerungsverordnung übernommen worden. Infolge dieser Anforderungen der
TA-Siedlungsabfall bzw. der neuen Abfallablagerungsverordnung ist eine Ablagerung von
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 2
Klärschlämmen auf Deponien ab dem Jahr 2005 nur noch nach einer weitergehenden
thermischen oder mechanisch-biologischen Behandlung möglich.
Die landwirtschaftliche Verwertung wird durch gesetzliche Einschränkungen und
Akzeptanzprobleme höchstens den heutigen Anteil an der Entsorgung beibehalten. Die zur
Zeit zu verzeichnende Entschärfung der Entsorgungsengpässe, durch den Einsatz großer
Mengen von Klärschlamm in der Rekultivierung von Braunkohlentagebaustätten und
anderen landbaulichen Maßnahmen, wird sich als langfristig nicht belastbar herausstellen.
Der Bedarf an thermischen Behandlungskapazitäten für Klärschlämme wird in den nächsten
Jahren deshalb stark zunehmen.
Ziel einer thermischen Behandlung ist eine Volumenreduzierung und gleichzeitige
Inertisierung der Rückstände, die gefahrlos nach den gesetzlichen Bedingungen abgelagert
oder weiterverwendet werden können. Demnach müssen die thermischen
Behandlungsanlagen auf die sichere Zerstörung, Umwandlung oder stabile Einbindung der
Schadstoffe in den Verbrennungsrückständen ausgelegt werden. Dies muss nicht zwingend
mit der Maßgabe der Müllverbrennung geschehen, die im Prinzip auf alle Inhaltsstoffe, zum
Teil in hochkonzentrierter Form, und in sehr unterschiedlichen Anlieferungsformen
vorbereitet sein muss. Die homogene Erscheinungsform des Klärschlamms, mit
voraussehbarer Schadstoffbelastung, hat in der Vergangenheit zum durchgehenden Einsatz
der Wirbelschichtverbrennungstechnik für Monoverbrennungsanlagen geführt. Die
Mitverbrennung in anderen, bereits vorhandenen Anlagen wird immer stärker forciert.
Gründe hierfür sind einerseits Akzeptanzprobleme in der Bevölkerung bei der
landwirtschaftlichen Verwertung und beim Bau neuer Monoverbrennungsanlagen.
Andererseits wird versucht durch eine Verbesserung der Klärschlammqualität hinsichtlich der
Schadstoffbelastung eine eventuelle negative Auswirkung auf anfallende Reststoffe und
Emissionen zu minimieren. Wegen der zahlreichen technischen Varianten der
Verbrennungsanlagen, wie z.B. Monoverbrennungen, Abfallverbrennungen und
Mitverbrennungsanlagen, und hier insbesondere der eingesetzten Rauchgasreinigungs-
techniken und der anfallenden Reststoffe ist es schwierig eine allgemeingültige ökologische
Bewertung der thermischen Verfahren zu machen. Je nach technischer Ausführung ergeben
sich im Einzelnen anlagenspezifische Vor- und Nachteile der Verbrennung gegenüber den
anderen Entsorgungsalternativen.
Für eine Mitverbrennung von Klärschlamm in Kohlekraftwerken ergeben sich als primäre
Vorteile gegenüber einer Monoverbrennung zunächst der Wegfall der Standortsuche und die
Vereinfachung des Genehmigungsverfahrens. Weitere klare Vorteile ergeben sich aus der
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 3
höheren energetischen Effizienz und dem Beitrag einer Mitverbrennung zur Senkung des
Treibhauseffektes durch die Substitution der fossilen Energieträger Braun- und Steinkohle.
Die Mitverbrennung hat sich deshalb im Rahmen aller Möglichkeiten in den vergangenen
Jahren als diejenige herausgestellt, die am besten einen relevanten Anteil zu dem
zukünftigen Entsorgungsszenario beitragen kann. Ein entscheidender Nachteil der Mit-
verbrennung kann sich hinsichtlich der Freisetzung von toxischen Luftschadstoffen und hier
insbesondere von Quecksilber ergeben. Wie deutlich dieser Nachteil ausfällt hängt von der
Abscheideleistung der Rauchgasreinigungstechnik des Kraftwerks bezüglich Quecksilber ab.
2. Aufgabenstellung In der industriellen Praxis wird die Mitverbrennung von Klärschlamm in Kohlekraftwerken im
allgemeinen bei geringen Anteilen von etwa < 10 Gew.-% des Zusatzbrennstoffes
durchgeführt. Der wechselnde Einsatz von verschiedenen Importkohlen bei der
Mitverbrennung verschiedener Klärschlämme und die nicht immer stationäre Fahrweise der
Verbrennungsanlagen führt dazu, dass die Hg-Konzentration im Abgas sich meist nur im
Schwankungsbereich der Emission bei reinem Kohlebetrieb ändert und die Emission nur
schwer dem Einsatzbrennstoff zuzuordnen ist. Damit wird die Charakterisierung von
Auswirkungen der Mitverbrennung und damit auch die Möglichkeit der positiven
Einflussnahme stark erschwert.
Während einzelne Mechanismen der Quecksilberabscheidung im Kraftwerksbetrieb in
vereinzelten Messkampagnen erkannt werden konnten, sind Aussagen zum
Rückhaltevermögen einzelner Rauchgasreinigungsstufen oder zum Verlauf der
Abgaskonzentration bei steigenden oder stark schwankenden Konzentrationen (progressiv,
degressiv oder konstant) aufgrund der geringen Elementkonzentrationen nicht möglich.
Während im Bereich der reinen Regelbrennstoffverbrennung momentan kein Anlass besteht,
die Konzentrationen im Abgas noch weiter zu senken, stellt sich für die Mitverbrennung von
Klärschlamm die Frage, ob der zusätzliche Eintrag an Quecksilber in die Feuerung weitere
Maßnahmen zu dessen Abscheidung erfordert. Offen bleibt auch die Frage, ob und wie weit
sich die Anforderungen für eine Weiterverwendung der Reststoffe aus der Verbrennung und
den Reinigungsanlagen sowie die Einhaltung der bestehenden Grenzwerte für gasförmige
Quecksilberemissionen mit den üblichen Reinigungskomponenten erfüllen lässt.
Die Quecksilberfrachten, die nicht über das Abgas emittiert und nicht mit dem Abwasser
abgeleitet werden, finden sich in den festen Verbrennungsrückständen, wie Flugstaub und
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 4
den Rückständen aus der Abwasseraufbereitung der Rauchgasentwschwefelungsanlage,
wieder. Zur einerseits gewünschten Schadstoffsenke muss aber andererseits auch
sichergestellt werden, dass neben der Erfüllung der Anforderungen der Luftreinhaltung und
des Gewässerschutzes auch die Wiederverwertung oder zumindest die kostengünstige
Ablagerung der festen Rückstände gewährleistet ist. In diesem Kontext besteht ein
wesentlicher Kalkulationsfaktor in der Qualität der Verbrennungsrückstände, die über das
Ausmaß einer Mitverbrennung entscheidet.
Zur Bestimmung von Parametern, die das Abscheideverhalten einzelner
Rauchgasreinigungsstufen bestimmen, ist es notwendig grundlegende Versuche an einer
Anlage durchzuführen bei der, im Gegensatz zu Versuchen an Großanlagen, durch eine
systematische Variation der Einfluss relevanter Parameter auf das Verhalten von Hg und
eventuell auftretende charakteristische Zeitverhalten unter definierten Bedingungen
untersucht werden kann. So wird eine breite Parametervariation flexibel bei vertretbaren
Kosten und ohne ökologisches Risikopotential ermöglicht.
Die Aufgabenstellung dieses Forschungsvorhabens besteht darin die wichtigsten
Einflussfaktoren auf das Verhalten von Quecksilber entlang der Rauchgasreinigung zu
erkennen, zu verstehen und gegebenenfalls zu quantifizieren. Das Verständnis der
Vorgänge ist die Grundvoraussetzung, um Möglichkeiten zu erarbeiten die das
Abscheideverhalten einzelner Reinigungsstufen für Quecksilber verbessern.
3. Stand der Mitverbrennung bei Projektbeginn Nach den Daten des Bundesumweltamtes [UBA-1] wurde die Mitverbrennung von
Klärschlamm 1996 in zehn Anlagen durchgeführt, von denen sich acht im Probebetrieb
befanden. Nach einer Umfrage der VGB zur Mitverbrennung von Abfallstoffen in
Kraftwerksanlagen wurde im Jahr 1997 in 13 Anlagen und im Jahr 1998 in 9 Anlagen
Klärschlamm mitverbrannt [VGB 2000]. Im Jahr 1998 wurde in insgesamt 29 Anlagen neben
Klärschlamm auch andere Abfallstoffe, wie Holz (2 Anlagen), Herdofenkoks (1 Anlage),
BRAM bzw. RDF (1 Anlage), gasförmige Abfälle (1 Anlage), sonstige Abfälle und Schlämme
(15 Anlagen) mitverbrannt. Insgesamt wurden laut dieser Umfrage im Jahr 1998 in
deutschen Kraftwerken insgesamt 601365 Mg feste Abfälle, 35000 Mg flüssige Abfälle sowie
31000 MWh1 gasförmige Abfälle mitverbrannt.
1 1 MWh = 0,122 Mg Kohle
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 5
4. Planung und Ablauf des Vorhabens Der Antrag zur Durchführung des Forschungsvorhabens erging im Juli 1998 über die
Mitgliedsvereinigung „Deutsche Vereinigung für Verbrennungsforschung (DVV)“ an die
Arbeitsgemeinschaft Industrielle Gemeinschaftsforschung (AiF). Nach der Zustimmung des
AiF-Bewilligungsausschusses im Februar 1999 startete das Forschungsvorhaben im Oktober
1999 mit einer Projektlaufzeit von 2 Jahren.
Im Rahmen des Forschungsvorhabens wird an einer bestehenden Versuchsanlage des
Instituts für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universität Stuttgart das
Emissionsverhalten von Quecksilber insbesondere bei der Mitverbrennung von Klärschlamm
in Kohlestaubfeuerungen mit nachgeschalteten Rauchgasreinigungskomponenten erforscht.
Dazu soll durch Messungen mit einem kontinuierlich arbeitenden Quecksilbermessgerät und
durch eine Bilanzierung der Input- und Outputströme die Verteilung der Quecksilberspezies
in den gasförmigen und festen Rückständen der Verbrennung entlang der Rauchgas-
reinigungsstufen untersucht werden.
Ziel des Projektes ist die Ermittlung relevanter Parameter auf die Emission von gasförmigem
Quecksilber und die Verteilung der Quecksilberspezies auf die Austragsströme der einzelnen
Rauchgasreinigungsstufen. Aufbauend auf den Erfahrungen aus Versuchen des Projektes
PEF 3 98 002 im Rahmen des Baden-Württemberg-Projektträgerschaft „Lebensgrundlage
Umwelt und ihre Sicherung“ (BW-PLUS) [IVD 2001], in denen bei einer für Baden-
Württemberg üblichen Verschaltung der Rauchgasreinigungsstufen der Einfluss
unterschiedlicher Hg-Inputströme auf das Abscheideverhalten von Quecksilber untersucht
wird, erfolgt in diesem Forschungsvorhaben eine breite Variation relevanter Parameter.
Geplante Parameter sind neben den Eintragsmassenströmen an Cl, S und der Alkalien die
Schaltungsvarianten der anschließenden Reinigungsstufen mit einem dafür typischen
Temperaturverlauf entlang des Rauchgasweges.
Die experimentellen Untersuchungen zur Mitverbrennung von Klärschlamm werden an dem
elektrisch beheizten Flugstromreaktor (VR) der BTS (Bennstoff-Trenn-Stufung) -
Versuchsanlage durchgeführt (siehe Kapitel 7.1). Durch die elektrische Beheizung der
Versuchanlage mit fünf getrennt regelbaren Temperaturzonen werden maximale
Wandtemperaturen des Reaktors von 1450 °C ermöglicht. Dadurch können
Verbrennungsbedingungen geschaffen werden, die denen einer Schmelzkammerfeuerung
entsprechen. Während der Versuche erfolgt routinemäßig die Erfassung der Rauchgase CO,
CO2, NOx, SO2 und O2 am Ende der beheizten Reaktorzone. Die Partikel- und
Feststoffproben werden mit den im VGB standardisierten Verfahren der
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 6
Spurenelementanalyse aufbereitet und analysiert. Während der Verbrennungsversuche
werden an mehreren Messstellen entlang des Rauchgasweges Gas- und Feststoffproben
genommen. Messstellen sind kurz nach der Flamme, am Reaktorausgang, vor Eintritt in die
Reinigungsstufen, zwischen jeder Reinigungsstufe und im Abgas. Die Probennahme der
gasförmigen Quecksilberspezies erfolgt mit einer beheizten Sonde und die nachfolgende
Analyse mit einem Hg-CEM. Mit diesem Online-Messgerät in Kombination mit einem
speziellen Probenahmesystem sollen Aussagen zur Erscheinungsform des Quecksilbers
(ionisch oder metallisch) und auch Aussagen zum Einfluss eventuell auftretende,
dynamische Vorgänge getroffen werden.
Die ursprüngliche Planung des Versuchsprogramms umfasste Versuche bei
brennstoffgestuftem Betrieb des Verbrennungsreaktors. Dazu war geplant einen ebenfalls
elektrisch beheizten Flugstromreaktor (ER) einzusetzen. Im Flugstromreaktor kann der
Klärschlamm bei unterschiedlicher Temperatur pyrolisiert und damit ein Reduktionsgas
unterschiedlicher Zusammensetzung und hohem Reduktionspotential für Stickoxide
hergestellt werden. Grundgedanke war durch eine Kombination von definierter Entgasung
und brennstoffgestufter Verbrennung den gleichzeitigen Eintrag schwer- und mittelflüchtiger
Schwermetalle aus der Klärschlammentgasung in den Verbrennungsprozess durch eine,
dem Entgasungsprozess nachgeschaltete Ascheabtrennung, zu senken. Innerhalb des AiF-
Forschungsvorhabens Nr. 10640 stellte sich jedoch heraus, dass mit den Produkten aus der
Pyrolyse, die bei hohen Temperaturen als Reduktionsmittel für Stickoxide wirken, alle
leichtflüchtigen Schwermetallkomponenten nahezu vollständig dem Verbrennungsprozess
zugeführt werden [IVD 1998]. Insbesondere das sehr leichtflüchtige Element Quecksilber
waren nicht in den festen Pyrolysereststoffen bei Pyrolysetemperaturen zwischen 500°C und
1300°C nachzuweisen, sodass eine Abscheidung mit einer Heissgasreinigung bei diesen
Temperaturen nicht möglich erscheint. In den theoretischen Voruntersuchungen zu diesem
Forschungsprojekt mit dem Gleichgewichtsberechnungsprogramm FACT konnte außerdem
übereinstimmend nachgewiesen werden, dass sowohl die Entgasungsatmosphäre und -
temperatur sowie die Pyrolyseedukte (z.B.: Cl, S und Alkalien) unter den Bedingungen des
Kombinationsbetriebs von Entgasungs- und Verbrennungsreaktor keinen Einfluss auf die
Bindungsform des Quecksilbers haben (vgl. Kapitel 5.3). Nach Einleitung der Pyrolysegase
in den Verbrennungsreaktor liegt Quecksilber bei hohen Temperaturen (T > 1000°C)
ausschließlich als elementarer Quecksilberdampf vor.
Da aus den im Projekt vorgesehenen Versuchen bei Kombinationsbetrieb von Entgasungs-
und Verbrennungsreaktor keine neuen Erkenntnisse zum Emissionsverhalten von
Quecksilber zu erwarten waren, ist nach erfolgter Absprache mit dem Projektbegleitenden
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 7
Ausschuss am 28.11.2000 auf eine Durchführung dieser Versuche verzichtet worden.
Weiterhin wurde in Absprache mit dem projektbegleitenden Ausschuss am 28.11.2000
beschlossen, den Einfluss von DeNOx-Katalysatoren auf das Verhalten von Quecksilber im
weiteren Verlauf des Projekts eingehend zu untersuchen, da sich aus den bis dahin
durchgeführten Untersuchungen zeigte, dass das Vorhandensein eines SCR-DeNOx-
Katalysators einen entscheidenden Einfluss sowohl auf das Oxidationsverhalten als auch auf
das Zeitverhalten von Quecksilber in Rauchgasreinigungsanlagen hat. Die erwarteten
Ergebnisse sollten auch Aufschluss über Vorgänge an Katalysatoren in
Müllverbrennungsanlagen liefern. Somit gliedert sich das durchgeführte experimentelle
Arbeitsprogramm in folgende Schwerpunkte:
1.) Verbrennungsversuche mit Kohle und Klärschlamm
Zur Ermittlung des Einflusses der Brennstoffzusammensetzung auf die Speziesverteilung
von Quecksilber im Rauchgas werden Messungen im Rohgas bei Temperaturen von etwa
300°C bei der Mitverbrennung von Kohle und Klärschlamm im Verbrennungsreaktor
durchgeführt. Folgende Parameter werden variiert:
• Klärschlammanteil: 0, 10, 20 und 40 Gew.-%
• Hg-Konzentration im Rohgas durch zusätzliches Eindüsen von gasförmigem Hg
• HCl-Konzentration durch zusätzliches Eindüsen von gasförmigem HCl
• CaO-Konzentration durch Eindüsung von Ca(OH)2 bei unterschiedlichen Temperaturen
Während der Versuche wird die Staubfeuerung zur Mitverbrennung von Klärschlamm mit
nachgeschalteter Rauchgasreinigung betrieben. Sowohl Messungen im Rohgas am Ausgang
des Verbrennungsreaktors als auch Messungen der gasförmigen Quecksilberspezies
zwischen den Reinigungsstufen werden durchgeführt. Während der Versuche werden an
verschiedenen Stellen der Versuchseinrichtung Reststoffproben gezogen und analysiert. Der
Temperaturverlauf entlang der Rauchgasreinigung wird erfasst und die Verweilzeit in den
einzelnen Stufen berechnet.
2.) Versuche mit definierten Gasgemischen
Zur gezielten Untersuchung des Einflusses einzelner Gaskomponenten auf das Verhalten
von Quecksilber während der Abkühlungsphase entlang der Rauchgasreinigungsstrecke
werden Versuche mit definierten Gasgemischen aus O2, N2, H2O, HCl, SO2 und Hg sowie
Eindüsung von Ca-haltigen Sorbentien durchgeführt. Weiterhin wurden zur Klärung der
Oxidations- bzw. Adsorptions-/Desorptionsphänomene umfangreiche Versuche mit
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 8
definierten Gasgemischen am Katalysator durchgeführt. Die Speziesverteilung von
Quecksilber bei unterschiedlichen HCl-Gehalten mit und ohne high-dust DeNOx-Katalysator
wird bestimmt. Parameter sind:
• Konzentrationen der einzelnen Gaskomponenten
• Verhältnis von Ca/(Cl+S) bei unterschiedlichen Eindüsungstemperaturen
• Katalysatortyp und Temperatur
3.) Laborversuche mit pulverförmigen Substanzen
In Laborversuchen wird unter definierten Bedingungen (Temperatur und Gaskonzentration)
der grundsätzliche Einfluss von verschiedenen Flugstäuben auf das Verhalten von
Quecksilber untersucht. Diese Versuche sollen unter anderem Aussagen zum Einfluss der
Zusammensetzung der Flugasche und des Katalysators auf das Verhalten von Quecksilber
erbringen. Die Ergebnisse aus diesen Versuchen lassen unter anderem Aussagen zur
Bewertung des Abscheideverhaltens von Quecksilber an filternden Staubabscheidern zu. Die
Untersuchung des Einflusses von CaO bei unterschiedlichen Temperaturen und HCl-
Konzentrationen liefert Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Trockenadditiv- und
Sorptionsverfahren hinsichtlich der Abscheidung von Quecksilber.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 9
5. Wissenschaftlicher Stand bei Projektbeginn Am Institut für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universität Stuttgart wurde vor
Antragstellung in eigenen Versuchen zur Mitverbrennung von Klärschlamm mit bis zu 25 %
Leistungsanteil in einer Staubfeuerung (500 kW) festgestellt, dass die Rückhalterate der
Rauchgasreinigung ohne nasse Abgasreinigung (nur Staubabscheidung) für Quecksilber
konstant bei 50 % bleibt. Daraus wurde gefolgert, dass bei einem höheren Input an Hg in die
Feuerung, etwa durch einen höher belasteten Klärschlamm, demnach auch mit einer
erhöhten gasförmigen Emission zu rechnen ist.
Untersuchungen in unterschiedlichen Feuerungssystemen bei deutschen Kohlekraftwerken
mit unterschiedlichen Rauchgasreinigungssystemen bzw. Anordnungen der Abgas-
reinigungsstufen von [GUTBERLET 1992], [FAHLKE 1995], [LINDERT 1995],
[NECKARWERKE 1996], [MAIER 1990] und [WIRLING 2000] ergaben wesentliche
Unterschiede bei der Abscheiderate für Quecksilber. Teilweise erfolgte bei diesen
Untersuchungen die Erfassung einzelner gasförmiger Quecksilberspezies Hg0(g) und
HgCl2(g) sowie des partikelgebundenen Anteils Hg(p). Meist wurde jedoch nur die gesamte
gasförmige Quecksilberkonzentration und die Konzentration in den festen Rückständen
erfasst. Aus diesen Untersuchungen konnte jedoch gefolgert werden, dass der Anteil der
gasförmigen Quecksilberspezies HgCl2(g) über das Abscheideverhalten insbesondere des
Nasswäschers entscheidet. Für höhere HgCl2(g) Anteile konnten teilweise auch höhere
Abscheideraten der Staubabscheider nachgewiesen werden. Weiterhin wurde erkannt, dass
insbesondere SCR-DeNOx-Katalysatoren die Speziation von gasförmigem Quecksilber
beeinflussen können. Im folgenden wird versucht den Stand des Wissens bei Beantragung
des Projektes sowie die während der Dauer des Forschungsvorhabens veröffentlichten
Erkenntnisse anderer Stellen im Überblick darzustellen.
5.1 Messtechnik zur kontinuierlichen Bestimmung von Hg im Rauchgas Mit der Weiterentwicklung der Mess- und Analysetechnik konnte die Bestimmung der
Quecksilbermission und die Bilanzierung der Reststoffströme von Verbrennungsanlagen
immer detaillierter erfolgen. Im Jahr 1973 wurde in den USA durch die Analyse von Kohle,
Bodenasche und E-Filterstaub einer Anlage mit Trockenfeuerung und nachfolgender
Entstaubungsanlage erstmals eine Bilanzierung durchgeführt und festgestellt, dass etwa
90 % des Quecksilberinputs gasförmig emittiert wird [BILLINGS 1973]. In den
darauffolgenden Jahren folgten vor allem in den USA und Deutschland weitere
Untersuchungen an Trocken- und Schmelzkammerfeuerungen [BOLTON 1975],
[SCHWITZGEBEL 1975], [WANGEN 1976], [ANDERSON 1977], [HEINRICHS 1977]. Der
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 10
gasförmige Hg-Anteil wurde in diesen Untersuchungen nicht berücksichtigt, entsprechend
niedrig lagen die für Quecksilber erzielten Wiederfindungsraten (zwischen 3 und 32 %). Mit
der Grenzwertfestlegung von 0,2 mg Hg/m3 nach TA Luft 1986 begann die Entwicklung
spezifischer Messverfahren, die dann 1990 mit der Verschärfung des Grenzwertes nach 17.
BImSchV auf 0,05 mg/m3 für Abfallverbrennungsanlagen verfeinert wurden. Die
messtechnische Erfassung des gasförmigen Quecksilberanteils erfolgte in
[GUTBERLET 1984], [MEIJ 1990], [MAIER 1990] entweder durch nasschemische
Absorption2 oder durch trockene Adsorption an imprägnierter Aktivkohle. Rückschlüsse auf
die chemische Bindungsform von Quecksilber waren mit diesen Methoden nicht möglich.
Eine erste Interpretation des Verhaltens von Quecksilberverbindungen in der
Rauchgasreinigungsanlage wurde durch die Entwicklung von Probenahmetechniken
ermöglicht, die eine getrennte Erfassung von Hg0(g) und HgCl2(g) erlauben. Eine
diskontinuierliche Technik zur getrennten Erfassung von Hg0(g) und HgCl2(g) im Rohgas von
Müllverbrennungsanlagen durch die Kombination der Feststoffadsorber Dowex 1x8 und
Jodkohle wird in [BRAUN 1988] beschrieben. Andere Methoden verwenden zur getrennten
Erfassung der Hg-Spezies verschiedene Absorptionslösungen, in denen zuerst HgCl2(g) in
einem ersten Schritt3 erfasst wird und danach die anderen Spezies gemeinsam in einem
zweiten Schritt. Diese diskontinuierlichen Methoden ermöglichen allerdings nur beschränkte
Aussagen zum Zeitverhalten der Quecksilberemission, da sie Mittelwerte der Konzentration
über eine bestimmte Zeitspanne liefern, die je nach verwendeter Methode, Konzentration
und Analysentechnik zwischen einigen Minuten und Stunden liegen kann.
Einen weiteren Fortschritt in der Erforschung des Verhaltens von Quecksilber brachte der
Einsatz von Online-Messgeräten zur Erfassung des Gesamtquecksilberanteils im Rauchgas.
Die ersten eignungsgeprüften, kontinuierlich arbeitenden Emissionsmesseinrichtungen für
Gesamtquecksilber (Hg-CEM)4 sind seit 1995 auf den Markt. Diese Geräte arbeiteten mit
einer nasschemischen Reduktionseinheit während seit 1999 vermehrt Geräte auf den Markt
kommen, die mit einer trockenen, katalytischen Gasaufbereitung arbeiten. Die
Funktionsweise eines Hg-CEMs ist in Kapitel 6.1 näher beschrieben. Tabelle 5.1 gibt einen
Überblick der aktuellen, eignungsgeprüften Hg-CEMs.
2 Absorption von Gesamtquecksilber durch: H2SO4-KMnO4-Lösung (VDI 3868 Bl. 2; EPA Method
101A) oder HNO3-K2Cr2O7-Lösung (CEN) oder Iod-imprägniertem Trägermaterial (DIN 51865-1) 3 Absorption von HgCl2(g) durch: HNO3-H2O2 (EPA Method 29); KCl-Lösung (Ontario Hydro (OH)-
Method); tris(hydroxymethyl) aminomethane buffer solution (Tris-buffer-method) 4 Hg-Continuous Emission Monitor
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 11
Tabelle 5.1: Eignungsgeprüfte kontinuierlich arbeitende Emissionsmesseinrichtungen für Quecksilber [UBA-2] Typ Hersteller GMBI
Jahr, Nr., Seite
OPSIS AR 602 Z A OPSIS AB 1994, 289, 869
Hg MAT II NR Seefelder Messtechnik 1996, 42, 882
Hg MAT 2.1 NR Seefelder Messtechnik 1995, 7, 101
HM 1400 NR VEREWA 1998, 20, 418
HG 2000 NR SEMTECH AB 1996, 28, 592
MERCEM NR Bodenseewerk PERKIN-ELMER 1996, 28, 592
SM3 Quecksilbermonitor TR Mercury Instrument und IMT Innovative Messtechnik 1999, 33, 720
Hg 2010 NR SEMTECH AB 2000, 60, 1193
HG-CEM TR Seefelder Messtechnik 2000, 60, 1193
MERCEM TR SICK UPA 2001, 19, 386
HM 1400 TR TR VEREWA Umwelt- u. Prozesstechnik 2001, 19, 386
A = elementares Hg (in-situ); NR = nasschemische Reduktionseinheit; TR = Trocken-katalytische Reduktion
5.2 Quecksilber im Brennstoff Mit dem Brennstoff gelangen die Elemente Kohlenstoff, Sauerstoff und Wasserstoff sowie
auch Stickstoff und Schwefel in die Verbrennung. Neben diesen Hauptbestandteilen der
Kohle gelangen auch Elemente in Spurenkonzentrationen, wie Quecksilber, im Bereich von
ppmw (parts per million weight = mg/kg) in die Feuerung und damit auch in die
Verbrennungsprodukte. Da der Brennstoff in Verbindung mit der Verbrennungstechnik über
seine Zusammensetzung neben der Verbrennungstemperatur auch die Zusammensetzung
der gasförmigen und festen Verbrennungsprodukte bestimmt ist es wichtig die Gehalte
einzelner relevanter Elemente im Brennstoff zu ermitteln.
5.2.1. Quecksilber in Kohle
Das Vorkommen von Quecksilber in Kohlen ist eng mit der Entstehungsgeschichte der Kohle
verknüpft. Die Einlagerung von Quecksilber während des Wachstums des pflanzlichen
Materials vor der eigentlichen Kohlebildung sowie Anreicherungsvorgänge mit
Komplexbildung während der Kohlebildung bzw. der Zersetzung des pflanzlichen Materials
beeinflussen die Quecksilberkonzentration in der Kohle. Quecksilber kommt sowohl in der
organischen als auch in der anorganischen Brennstoffsubstanz vor. Der Hauptteil in der
organischen Brennstoffsubstanz dürfte physikalisch, an die dort fein verteilten Mineralien mit
einem Durchmesser von 0,01 µm gebunden, vorliegen. Aus der Rohkohleaufbereitung zur
Reduzierung von Aschebildnern und Pyrit mit physikalischen Setzverfahren, bei denen die
Dichteunterschiede zwischen den mineralischen (z.B. Dichte von Pyrit: ca. 5 g/cm3) und den
organischen Kohlebestandteilen (Dichte: 1,1 bis 1,5 g/cm3) ausgenutzt wird, ist bekannt,
dass ein großer Teil des Quecksilbers an Sulfide (Pyrit, Markasit) und an Karbonate (Kalzit,
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 12
Siderit, Dolomit) gebunden vorliegt [KAUTZ 1984], [O’NEIL 1999]. KAUTZ gibt
Konzentrationen für Quecksilber in Sulfiden mit etwa 6 mg/kg und für Karbonate mit bis zu
6 mg/kg an. Reduzierungspotentiale der Waschverfahren bei der Rohkohleaufbereitung
liegen nach O’NEIL für Quecksilber bei US-amerikanischen Kohlen zwischen 0 % und 78 %.
Typische Konzentrationen von Quecksilber in Kohlen, die in Deutschland verfeuert werden,
liegen für Steinkohlen bei etwa 0,05 bis 0,2 mg/kg 5 [MARTEL 2000]. Für Braunkohlen mit
0,05 bis 0,11 mg/kg 5 [BIERBAUM 1996] liegt die Konzentration etwa bei der mittleren
Konzentration in der Erdrinde 0,08 mg/kg 5 [SMITH 1980]. Angaben über Quecksilbergehalte
und Parameter, wie der Asche-, Schwefel- und Chlorgehalt, die über die eingesetzte Rauch-
gasreinigungstechnik das Emissionsverhalten von Hg indirekt oder durch chemische oder
physikalische Vorgänge direkt beeinflussen können, sind in Tabelle 5.2 zusammengefasst.
Tabelle 5.2: Typische Werte für Asche-, S-, Cl- und Hg-Gehalte in Regelbrennstoffen Brennstoff Braunkohle Steinkohle Holz
Art Einheit deutsche Import- und deutsche
(unbehandelt)
Asche Gew.-%, wf 1-5 5-20 2
Schwefel Gew.-%, waf 0,2-3,2 0,3-1,5 0,1
Chlor Gew.-%, waf 0,01-0,1 0,01-0,2 0,01
Quecksilber mg/kg, waf 0,05-0,11 0,05-0,21 <0,05
MARTEL gibt in ihrer Arbeit Stoffwerte aus unterschiedlichen Chargen von Steinkohlen an,
die im gleichen Kessel verfeuert wurden. Aus unterschiedlichen Lieferungen kann der
Schwankungsbereich der Hg-Gehalte angegeben werden (Abbildung 5.1).
Göt
telb
orn
War
ndt
Aug
uste
Vic
toria
El C
erre
jon
Lily
vale
Arth
ur T
aylo
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Dou
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Tw
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aii
Tse
lent
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Goe
de H
oop
Mou
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n C
.
0,0
0,1
0,2
0,3
Hg-
Geh
alt,
wf [
mg/
kg]
Abb. 5.1: Hg-Gehalte deutscher Steinkohlen und Importkohlen, Daten aus [MARTEL 2000].
5 mg/kg auf Trockensubstanz bezogen
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 13
Ebenfalls sind Werte für S-, und Cl-Konzentrationen sowie der CaO- und MgO-Gehalt in den
Aschen der gleichen Kohlen angegeben, so dass sehr gut sichtbar wird, in welchen weiten
Grenzen die Brennstoffzusammensetzung dieser Komponenten schwanken kann
(Abbildung 5.2).
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
1,2
Göt
telb
orn
War
ndt
Aug
uste
Vic
toria
El
Cer
rejo
n
Lily
vale
Art
hur
Tay
lor
Dou
glas
Tw
istr
aii
Tse
lent
is
Goe
deH
oop
Mou
ntai
nC
.
0
5
10
15
20S-Gehalt, wfCl-Gehalt, wfMgO-Gehalt der AscheCaO-Gehalt der Asche
CaO
un
d M
gO
-Geh
alt
in d
er A
sch
e
S-
un
d C
l-G
ehal
t, w
f [%
]
CaO+MgO
CaO+MgO
Abb. 5.2: S-, Cl- und Erdalkaligehalte einiger deutscher Steinkohlen und Importkohlen, Daten aus [MARTEL 2000].
5.2.2. Quecksilber in Klärschlamm
Quecksilber kann über quecksilberhaltige Produkte oder Zwischenprodukte auf dem
Abwasserweg in den Klärschlamm gelangen. Quecksilber und Quecksilberverbindungen
finden in der Landwirtschaft als Schädlingsbekämpfungsmittel und als Verunreinigung in
Kunstdüngern [LURGI], in der Medizin als Zwischenprodukt für Arzneimittel und als
Antiseptikum, in der Produktionstechnik als technischer Hilfsstoff, Reagenz und Katalysator,
in der Fotografie als Verstärker, in Farben und Lacken, in der Elektrotechnik in Gleichrichtern
und als Depolisator in Trockenbatterien sowie als Zwischenprodukt in der Mess- und
Regeltechnik vielfältig Anwendung. Die brennstofftechnischen Eigenschaften (chemische,
mechanische, kalorische und reaktionskinetische Eigenschaften) von Klärschlamm aber
auch von anderen Sekundärbrennstoffen, wie BRAM (Brennstoff aus Müll),
Shredderleichtfraktion, Papierreststoffen und Altholz sind aufgrund der verschiedenen
stofflichen und chemischen Zusammensetzung sehr unterschiedlich. In Bezug auf
Quecksilber und seine Eigenschaften bei der Verbrennung ist die chemische
Zusammensetzung des Sekundärbrennstoffes und hier vor allem der Halogen-, Schwefel-
und Aschegehalt von Bedeutung (Tabelle 5.3). Gleichfalls wirkt sich die Homogenität des
Ersatzbrennstoffes auf das zeitliche Verhalten einzelner Schadstoffe in den
Rauchgasreinigungsanlagen aus.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 14
Tabelle 5.3: Typische Zusammensetzung von Klärschlämmen [SÄNGER 1999] Brennstoff Klärschlamm
Art Einheit Rohschlamm kommunal
Rohschlamm Industriell
Faulschlamm kommunal
Asche Gew.-%, wf 30-40 30-60 40-50
Schwefel Gew.-%, waf 0,4-5 1,6-8 1,7-3,2
Chlor Gew.-%, waf 0,05-0,75 1-3 0,3-1,2
Quecksilber mg/kg, waf 0,6-2 4-10 2-7
[wf=wasserfrei, waf=wasser- und aschefrei]
5.3 Rauchgastemperatur und -zusammensetzung Das Verhalten von Quecksilber und anderen Schwermetallen bei der Verbrennung kann in
zwei Abschnitte unterteilt werden, der Verflüchtigung bzw. Reduktion während des
Aufheizvorgangs und der Kondensation bzw. Oxidation während des Abkühlvorgangs.
Zunächst werden durch den Verbrennungsvorgang alle leicht flüchtigen Schwermetalle aus
der organischen und anorganischen Brennstoffsubstanz durch Verdampfung, Sublimations-
und/oder Desorptionsvorgängen freigesetzt. Von besonderer Bedeutung für die
Verflüchtigung eines Schwermetalls ist die Prozesstemperatur im Zusammenhang mit dem
zugehörigen Dampfdruck des Elementes. Quecksilber gilt nach einer aus mehreren
Untersuchungen erstellten Klassifizierung der Schwermetalle im Hinblick auf ihr Verhalten
bei der Kohlenstaubfeuerung als sehr leichtflüchtiges Schwermetall (Abbildung 5.3).
Abb. 5.3: Klassifizierung der Elemente bezüglich ihres Anreicherungsverhaltens bei der Verbrennung (in Anlehnung an [CLARKE & SLOSS 1992]).
Bei der Verflüchtigung der Schwermetalle bilden sich mit den anderen
Rauchgaskomponenten überwiegend leichtflüchtige Schwermetallverbindungen. Schwefel
beeinflusst die Verflüchtigung von Quecksilber nur unwesentlich, während die Halogene
(Chlor, Brom, Iod), und hier vor allem der Chlorgehalt eines Brennstoffs, durch die Bildung
Hg Rn
Br Cl F
B Se I
As Cd Ga Ge Pb Sb Sn Te Tl Zn
Ba Be Bi Co Cr Cs Cu Mo Ni Sr Ta U V W
Eu Hf La Mn Rb Sc Sm Th Zr
leichtflüchtige Elemente
mittelflüchtige Elemente
schwerflüchtige Elemente
Flüchtigkeit
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 15
von leicht flüchtigem Quecksilberchlorid zu einem erhöhten Verflüchtigungsverhalten von
Quecksilber führen. In oxidierender Atmosphäre (Verbrennung mit Luftzahl λ ≥ 1) bilden sich
vorzugsweise die Oxide der Elemente, in geringerem Maße auch Sulfide, Sulfate, Carbonate
und Silikate. Im Vergleich dazu entstehen in reduzierender Atmosphäre (Vergasung oder
Verbrennung mit unterstöchiometrischer Luftmenge, λ < 1) vorwiegend Sulfide, Chloride,
Carbonyle und Hydride [KRIZIKALLA 1993]. Die Siedepunkte einzelner Schwermetall-
verbindungen können sich erheblich von dem des elementaren Schwermetalls
unterscheiden. Für Quecksilber liegen die Siedepunkte der relevanten Verbindungen
vergleichsweise nah beieinander (Hg: 357°C; HgCl2: 302°C; HgO: 400°C; Hg2Cl2: 383°C)
(vgl. Anhang A1). Bei den üblichen Verbrennungstemperaturen einer Kohlefeuerung und
dem hohen Dampfdruck für Quecksilber kann aufgrund der Ergebnisse aus Berechnungen
des thermodynamischen Gleichgewichts davon ausgegangen werden, dass Quecksilber bei
den hohen Temperaturen einer Kohlenstaubfeuerung von mindestens 1000°C nahezu
vollständig gasförmig freigesetzt, zu elementarem Quecksilberdampf Hg0(g) reduziert und als
metallischer Dampf im Rauchgas vorliegt. Dies gilt sowohl in oxidierender [MARTEL 2000]
als auch in reduzierender Atmosphäre [ZINTL 1993]. Aus thermodynamischer Sicht laufen
bei diesen Temperaturen keine Oxidationsreaktionen ab. Veränderungen in der NOx-
Konzentration, durch Veränderungen in der Verbrennungsführung oder des
Feuerungskonzeptes, wie z.B. Luft- und Brennstoffstufung, haben deshalb eine
untergeordnete Bedeutung für das Emissionsverhalten von Quecksilber.
Über den Verbleib der Schwermetalle in der Gasphase oder über die Kondensation auf den
Aschepartikeln entscheiden die mit den anderen Rauchgaskomponenten während der
Abkühlung der Rauchgase gebildeten Verbindungen und deren Siedepunkte bzw. die
spezifischen Temperaturen der Reststoffausschleusung (Schlacke, Flugstaub und Reingas).
(vgl. Kapitel 5.5.2).
In reduzierender Atmosphäre belegen eigene Untersuchungen zur theoretischen
Beschreibung des thermodynamischen Gleichgewichts, dass bei Pyrolyse oder Entgasung
von Klärschlamm Quecksilber im Temperaturbereich >330°C nahezu ausschließlich als
gasförmiges Hg0(g) vorliegt.
Eine theoretische Beschreibung des thermodynamischen Gleichgewichts durch die
Minimierung der Gibbsschen Enthalpie mit dem Programm FACT des Stoffsystems
Hg / Cl / S / H2O / C liefert als Ergebnis die Menge und Zusammensetzung von allen
Produkten. Die Reaktionspartner Schwefel, Chlor, Kohlenstoff und Wasser sind jeweils im
Überschuss vorhanden. Die Ergebnisse der qualitativen theoretischen Gleichgewichts-
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 16
betrachtungen machen außerdem deutlich, dass eine Bildung von HgS(s) für Systeme ohne
O2(g) im thermodynamischen Gleichgewicht erst ab Temperaturen < 330°C erfolgt
(Abbildung 5.4).
Folgende Gleichgewichtsreaktion scheint als Erklärung plausibel (Gleichung 5.1):
)()()()( 22 gHsHgSgSHgHgT
T++ →
←
↓
↑ (T < 330°C) Gleichung 5.1
Mit überstöchiometrischen Mengen an O2(g) wird kein HgS(s) sondern HgCl2(g) oder
Hg2Cl2(s) gebildet. Experimentelle Untersuchungen in [ZINTL 1993] belegen
übereinstimmend eine Sorption von Quecksilber an Flugaschen, Aktivkohle und
Herdofenkoks erst ab Temperaturen < 300°C. Bei höheren Temperaturen ist nicht mit einem
signifikanten partikelgebundenen Anteil, der durch eine Heißgasfiltration abgeschieden
werden könnte, zu rechnen. Trotz der bekannten Einschränkungen bei der Übertragung der
Ergebnisse der theoretischen Gleichgewichtsbetrachtungen auf die realen Bedingungen der
Rauchgase lassen sich zusammen mit den bisherigen Erkenntnissen aus den
experimentellen Untersuchungen begründete Aussagen zum Verhalten von Quecksilber bei
Entgasung oder Pyrolyse treffen.
Abb. 5.4: Produkte im thermodynamischen Gleichgewicht des Systems Hg / Cl / S / H2O / C; berechnet mit FACT.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 17
In oxidierender Atmosphäre bilden sich bei der Abkühlung der Rauchgase entlang des
Rauchgasweges geringe Anteile HgO(g) (Gleichung 5.2) und ab etwa 700°C mit den
Halogenwasserstoffen der Rauchgase in nennenswertem Umfang HgCl2(g) und HgBr2(g)
(Gleichung 5.3 und 5.4). Unterhalb von etwa 550°C ist HgCl2(g) die vorherrschende
Verbindung. Die Umwandlung anderer Quecksilberhalogene erfolgt gemäß Gleichung 5.5.
)(21
)( 2 gHgOOgHgT
T
→ ←
↓
↑+ (T > 550°C) Gleichung 5.2
OHHgXHXgHgOT
T222)( ++ →
←
↓
↑ mit X = Cl, Br Gleichung 5.3
),()( 22 gsHgClClgHgT
T
→ ←
↓
↑+ (T < 700°C) Gleichung 5.4
HBrgsHgClHClHgBrT
T++ →
←
↓
↑),(2 22 (T < 550°C) Gleichung 5.5
Die Reaktionen von Quecksilber mit Cl2 oder HCl im Rauchgas werden im allgemeinen als
die dominierenden Reaktionen angesehen. Nach [SEIGNEUR 1994] liegt die Reaktionsrate
für die Reaktion von elementarem Hg0(g) mit Cl2 verglichen mit der Reaktion mit HCl um drei
Größenordnungen höher (≤ 4,1 x 10-16 bzw. ≤ 1,0 x 10-19), das heißt Quecksilber reagiert mit
freiem Chlor wesentlich schneller zu HgCl2(g) als mit HCl. Die Reaktionsraten wurden jedoch
bei Umgebungstemperatur ermittelt, sind also nicht direkt übertragbar auf die Bedingungen
in einer heißen Rauchgasatmosphäre. In [SCHAGER 1990], [HALL 1991], [HALL 1995] wird
über die Kinetik der Reaktionen mit Hg0(g) berichtet. Sie fanden, dass die Reaktion von
Hg0(g) mit NO2(g) im Vergleich zu der Reaktionen mit HCl(g) und Cl2(g) langsam abläuft und
deshalb in Rauchgasen eine untergeordnete Rolle bei der Oxidation von Hg0(g) spielt.
In [MARTEL 2000] wird mit dem Fließschema-Simulationsprogramm ASPEN PLUS®
versucht für eine reine Kohlefeuerung das Verhalten von Quecksilber und die auftretenden
Quecksilberverbindungen in Abhängigkeit der Temperatur möglichst realitätsnah zu
beschreiben. Grundlage für die Berechnung ist dabei die simultane Berechnung der Phasen-
und Reaktionsgleichgewichte durch Minimierung der Gibbsschen Enthalpie. Diese
Untersuchungen zeigen für unterschiedliche Kohlen übereinstimmend, dass Quecksilber
während der Abkühlung oberhalb etwa 700°C vorwiegend elementar und vollständig
gasförmig im Rauchgas vorliegt (Abbildung 5.5).
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 18
Die in [FRANDSEN 1994] und [VERHULST 1996]
angegebene Verdrängung von HgCl2(g) durch das
Quecksilbersulfat HgSO4(s) erfolgt nach
Untersuchungen von MARTEL erst bei erhöhter
Quecksilberkonzentration im Brennstoff und einer
Temperatur von ca. 100°C (Abbildung 5.6). In
[FAHLKE 1994] bildet sich bei einer Temperatur
um 100°C flüssiges HgCl2(f) anstatt HgSO4(s).
Abb. 5.6: Konzentrationsverlauf der Quecksilber-verbindungen im Rauchgas (Quecksilber-konzentration des Brennstoffes mit 100 multipliziert). [MARTEL 2000]
Eine theoretische Ermittlung der Speziation von Quecksilber, z.B. mit einem
Simulationsprogramm, kann jedoch aufgrund der Vielzahl der ablaufenden, zum Teil
unbekannten, chemisch-physikalischen Vorgänge im Feuerraum und bei der Abkühlung der
Rauchgase sowie der sehr kurzen Verweilzeiten der Rauchgase im Kessel allenfalls einen
Anhaltspunkt für die Verteilung der einzelnen Spezies entlang der Rauchgasreinigung liefern
sowie einen Einblick in das Elementverhalten geben.
Abb. 5.5: Thermodynamische Gleichgewichtsberechnung mit ASPEN PLUS des Konzentrationsverlaufs der Quecksilberverbindungen im Rauchgas einer Kohlefeuerung (deutsche Steinkohle, Vollast) [MARTEL 2000].
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 19
Messwerte aus Veröffentlichungen zur Quecksilberbilanzierung können die Ergebnisse aus
den theoretischen Berechnungen der Speziesverteilung entlang des Abkühlweges
tendenziell bestätigen [FAHLKE 1994], [LINAK 1997], [VERHULST 1996]. Zum Beispiel
konnte aus Ergebnissen von experimentellen Untersuchungen an einer Staubfeuerung bei
der Verfeuerung von Steinkohlen ein linearer Zusammenhang zwischen dem Chlorgehalt der
Kohle und dem HgCl2(g)-Massenanteil vor Elektrofilter hergestellt werden [MARTEL 2000].
Der Massenanteil der HgCl2-Spezies variiert bei diesen Messungen zwischen ca. 4 und 90
Gew-%.
In den USA zeigen Ergebnisse aus umfangreichen Untersuchungen der Environmental
Protection Agency (EPA) zur Speziation von Quecksilber im Rauchgas bei der Verfeuerung
nordamerikanische Steinkohlen in 62 Kohlekraftwerken, dass der elementare
Quecksilberanteil vor der Flugstaubabscheidung im wesentlichen vom Chlorgehalt der
Einsatzkohle abhängt. Der elementare Hg-Anteil am Einlass des Elektrofilter (PCD,
particulate control device6) variiert in weiten Grenzen zwischen über 90 und wenigen Prozent
(Abbildung 5.7). Einhergehend mit der Abnahme des Hg0(g)-Anteils ist eine Zunahme des
partikelgebunden Anteils (Hg(p)) mit steigendem Chlorgehalt zu erkennen (Abbildung 5.8).
Abb. 5.7 und 5.8: Anteil von gasförmigem Hg0(g) bzw. partikelgebundenem Hg(p) Quecksilber in Abhängigkeit des Cl-Gehaltes der Einsatzkohle [SENIOR 2000-1].
6 ESP=Elektrofilter; FF=Gewebefilter; HESP=Hochtemperaturgewebefilter
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 20
5.4 Abkühlgeschwindigkeit Die Abkühlgeschwindigkeit des Rauchgases gehört zu den bisher wenig beachteten
Einflussfaktoren auf die Speziation von Quecksilber entlang des Rauchgasweges.
Thermodynamische Gleichgewichtsberechnungen gehen von der Einstellung der
Reaktionsgleichgewichte und unendlichen Reaktionszeiten aus. Die kurze Verweilzeit der
Rauchgase im Kessel und Rauchgasweg sowie eine Konzentration von Quecksilber im ppb
Bereich führen nicht zu einer vollständigen Einstellung der thermodynamischen
Gleichgewichtsreaktionen zwischen Chlor bzw. Chlorverbindungen und Quecksilber nach
den Gleichungen 5.1 bis 5.5. Dies gilt insbesondere für den Temperaturbereich unterhalb
von etwa 500°C. Während die Abkühlgeschwindigkeiten der Rauchgase in Müll- und
Sondermüllverbrennungsanlagen wegen der häufig fehlenden Wärmeauskopplung und der
verwendeten Quenche im Bereich einiger tausend K/s liegen, werden in Kohlekraftwerken
nur Abkühlgeschwindigkeiten von einigen hundert K/s erreicht. Der Grund für die höheren
Abkühlgeschwindigkeiten bei hochchlorhaltigen Rauchgasen einer Müllverbrennung ist der
Wunsch der Unterdrückung einer Cl2-Nachbildung gemäß der DEACON-Reaktion nach
Gleichung 5.7.
)()()(21
)(2 222 gOHgClgOgHClT
T++ →
←
↓
↑ (nach DEACON) Gleichung 5.7
Die mathematische Beschreibung des DEACON-Gleichgewichts erfolgt nach Gleichung 5.8.
(vgl. Abbildung 5.9):
( ) ( )( )( ) ( ) ( ) KCCmNpmitTCCRTp
cc
ccK
ClOH
OHClC 7241,929,8,/10/exp/ 21
250210
21
2
22
2 ===−== Gleichung 5.8
Molekulares Chlor (Cl2), als Oxidationsprodukt von HCl, kann homogen oder heterogen
gebildet werden. Der Bildungsprozess nach Gleichung 5.7 setzt unterhalb etwa 500°C eine
katalysierte Reaktion voraus, da der homogene Mechanismus in diesem Temperaturbereich
kinetisch gehemmt ist. Als katalytische Phase kommen feste und flüssige Grenzflächen (z.B.
Metalloxide) und insbesondere Dämpfe bestimmter Metallsalze in Frage. Die Lage des
DEACON-Gleichgewichts beeinflusst somit über das Vorhandensein der Reaktionsedukte
Cl2 und HCl den Reaktionsmechanismus und damit auch das Ausmaß der Oxidation von
Quecksilber im Rauchgas.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 21
Abb. 5.9: Temperaturabhängigkeit des DEACON-Gleichgewichts.
An technischen Anlagen zur Verbrennung von chlorierten Kohlenwasserstoffen (z.B. PVC)
sind nach der Abkühlung Cl2-Konzentrationen von etwa 500 ppm gemessen worden
[STAPF 1999], für Steinkohlefeuerungen geht man von möglichen Konzentrationen im
Bereich einiger ppm aus [SENIOR 2000-2], [WEI 2001]. Aufgrund seiner hohen Reaktivität
ist Cl2(g) im Rauchgas einer Kohleverbrennung nicht direkt nachzuweisen, tritt jedoch als
Zwischenprodukt zum Beispiel bei der Chlorkorrosion auf.
5.5 Verhalten von Quecksilber in der Rauchgasreinigung
In der Verbrennungszone einer Kohlefeuerung wird Quecksilber verdampft und liegt bei den
hohen Temperaturen von über 1100°C vollständig als elementarer Quecksilberdampf im
Konzentrationsbereich einiger µg/m3 vor. Während der Abkühlung der Rauchgase
entscheiden die mit den anderen Rauchgaskomponenten gebildeten Verbindungen über den
Verbleib von Quecksilber in der Gasphase oder über die Kondensation oder Sorption auf den
Aschepartikeln. Die Verteilung des Quecksilberinputs auf die Reststoffe einer Feuerung
(Schlacke, Flugstaub und Reingas) wird maßgeblich vom Siedepunkt der
Quecksilberverbindungen und damit von der Temperatur der Ausschleusung der Reststoffe
beeinflusst. Elementares Quecksilber wird während des Abkühlvorganges von anderen
Rauchgaskomponenten oxidiert. Zahlreiche thermodynamische Untersuchungen zeigen,
dass Quecksilber(II)-chlorid (HgCl2) die bestimmende oxidierte Quecksilberverbindung im
Rauchgas ist. Eine thermodynamische Berechnung der Gleichgewichte kann dabei einen
Einblick in das Elementverhalten und die bestimmenden Reaktionswege vermitteln. Aus
0,1
1
10
100
1000
500 600 700 800 900 1000 1100 1200 1300 1400 1500 1600
Temperatur [°C]
KC
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 22
kinetischer Sicht ist die Reaktion mit molekularem Chlor (Cl2) die vorherrschende
Bildungsreaktion für HgCl2. Aber auch eine Reaktion mit HCl ist denkbar, wenngleich die
Reaktion direkt oder über mehrere Zwischenschritte wesentlich langsamer abläuft.
Obwohl allgemein angenommen wird, dass die Oxidation von Hg0 vorwiegend über
homogene Gasphasenreaktionen abläuft, belegen experimentelle Untersuchungen den
katalytischen Einfluss von Feststoffen auf die Oxidation von Quecksilber, zum Beispiel in
High-Dust-DeNOx Katalysatoren oder in Anwesenheit bestimmter Flugaschen.
Im Laufe des Forschungsvorhabens hat sich gezeigt, dass das Vorhandensein eines
Katalysators das Verhalten von Quecksilber in Rauchgasreinigungsanlagen stark beeinflusst.
Der Schwerpunkt des Forschungsvorhabens ist deshalb auf die Untersuchung der Vorgänge
an SCR-DeNOx Katalysatoren gelegt worden. Im folgenden soll deshalb versucht werden,
den Stand des Wissens zu den für dieses Forschungsvorhaben relevanten Vorgängen zu
dokumentieren.
5.5.1. Katalysator
Der Einsatz von Katalysatoren ist eine gängige Methode um Spurenstoffe aus Abluft- oder
Rauchgasströmen zu entfernen. In Steinkohlekraftwerken werden Katalysatoren seit Anfang
der 80er Jahren eingesetzt, um das im Rauchgas vorhandene NOx zu reduzieren. Beim
sogenannten SCR-Verfahren (selektive katalytische Reduktion) erfolgt mit zusätzlich
eingedüstem NH3 (Ammoniakgas oder Ammoniakwasser) und Rauchgas-O2 bei
Temperaturen von etwa 280 bis 420°C eine Umsetzung von NOx zu N2 und H2O. Die
chemischen Reaktionen lassen sich vereinfachend durch die beiden folgenden Gleichungen
beschreiben.
4 4 4 62 3 2 2NO O NH N H O+ + ↔ + Gleichung 5.9
2 4 3 62 2 3 2 2NO O NH N H O+ + ↔ + Gleichung 5.10
Der Katalysator bewirkt im angegebenen Temperaturbereich eine Beschleunigung der
Reaktionen. Hierzu wird als aktive Komponente hauptsächlich Vanadiumpentoxid V2O5 in
eine Wabenstruktur, meist aus Titandioxid TiO2 bestehend, eingebracht. Als dritte
Komponente ist entweder Wolframtrioxid WO3 oder Molybdäntrioxid MoO3 zugesetzt.
In Müllverbrennungsanlagen kann der Katalysator zusätzlich die Aufgabe eines
Oxidationskatalysators zur Minderung der Dioxin- und Furan-Emissionen übernehmen. In
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 23
Laboruntersuchungen von [HAGENMAIER 1989] hatte sich gezeigt, dass Katalysatoren auf
Basis von TiO2 oder Fe2O3 besonders wirksame Oxidationskatalysatoren für chlorierte
Kohlenwasserstoffe darstellen.
Eine SCR-Anlage kann an verschiedenen Stellen in der Rauchgasreinigung installiert
werden. Abbildung 5.10 zeigt schematisch die gängigen Varianten. Die bei Kraftwerken weit
verbreitete High-Dust-Schaltung bei Temperaturen zwischen etwa 320 und 420°C, hat
aufgrund der anderen Rauchgaszusammensetzung bei der Abfallverbrennung mehrere
Nachteile. Im Rauchgas und Flugstaub vorhandene Schwermetalle und Spurenstoffe können
eine Minderung der Katalysatoraktivität verursachen. Flugstäube können zu Ablagerungen
bis hin zu Verstopfungen der Waben führen [GLINKA 1995].
Kessel Katalysator Staubabscheider Kamin
Kessel KatalysatorStaubabscheider Kamin
Kessel KatalysatorStaubabscheiderEntschwefelung
+weitere Verfahren
Kamin
Entschwefelung+
weitere Verfahren
Entschwefelung+
weitere Verfahren
High-DustSchaltung
Low-DustSchaltung
Tail-endSchaltung
Abb. 5.10: Schaltungen des SCR-Verfahrens in der Rauchgasreinigung einer Rostfeuerung.
An Abfallverbrennungsanlagen hat sich deshalb die Tail-End-Schaltung etabliert. Der
Katalysator befindet sich also hinter der Abscheidung der Flugstäube und der sauren
Schadstoffe am Ende der Rauchgasreinigungsstrecke. Die Betriebstemperatur der
Katalysatoren bei der Abfallverbrennung von etwa 300°C macht bei einer Installation der
SCR-Anlage nach den Wäschern einen gas- oder ölbefeuerten Brenner zur
Wiederaufheizung der Rauchgase erforderlich. Die Entwicklung neuer Katalysatoren für
Abfallverbrennungsanlagen zielt deshalb auf Betriebstemperaturen auf niedrigerem Niveau.
Andere Entwicklungen gehen in Richtung der Anordnung der Katalysatoren in High-Dust-
Schaltung oder nach Grobstaubabscheidung in Low-Dust-Schaltung direkt hinter dem
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 24
Konvektionsteil des Kessels. Ausgeführte Anlagen stehen in Malmö (Schweden) und in der
MVA Würzburg (Neubau dritte Verbrennungslinie).
Den Einfluss von Katalysatoren auf das Verhalten von Quecksilber hat GUTBERLET Anfang
der 90er Jahre in Deutschland erstmals an Steinkohle-Kraftwerksanlagen untersucht. Bei
Untersuchungen an drei Trockenfeuerungen und einer Schmelzfeuerung konnte
übereinstimmend festgestellt werden, dass metallisches Quecksilber an High-Dust-DeNOx-
Anlagen oxidiert wird. Vor den Anlagen lag ein Anteil von 40 bis 60 % metallisches
Quecksilber Hg0(g) vor, hinter Katalysator ist der metallische Anteil auf 2 bis 12 % abgefallen
(Abbildung 5.11). An einer Tail-End-DeNOx-Anlage zeigte sich keine eindeutige, allenfalls
eine geringfügige Tendenz zur Oxidation, zumindest jedoch bei weitem nicht in dem Ausmaß
wie bei High-Dust-Schaltungen [GUTBERLET 1992]. GUTBERLET führte dies auf das
weitgehende Fehlen von Chlorwasserstoff im Reingas hinter
Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) zurück. Die Oxidation von elementarem
Quecksilber an High-Dust-Katalysatoren wurde bei Kraftwerksmessungen von
[FAHLKE 1995] bestätigt.
Abb. 5.11: Quecksilberspezies vor und hinter High-Dust Katalysator, Trockenfeuerung mit Feinkohle [GUTBERLET 1992].
Es wurde auch beobachtet, dass die Oxidation von Quecksilber am Katalysatoren schnell
und innerhalb nur einer Katalysatorlage nahezu vollständig abläuft. Wird NH3 zur
Stickoxidreduktion eingedüst, führt vermutlich die Belegung der Oberfläche der ersten Lage
mit NH3 zu einer Inhibierung der Quecksilberoxidation. Die Reaktion läuft dann in der
darauffolgenden Lage des DeNOx-Katalysators ab (Abbildung 5.12).
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 25
Abb. 5.12: Oxidation von Hg am High-Dust Katalysator, Schmelzfeuerung mit Ballastkohle [GUTBERLET 1992].
Welcher Vorgang für eine derart schnelle Oxidation von Quecksilber verantwortlich ist,
konnte in diesen Untersuchungen nicht vollständig geklärt werden. Die inhibierende Wirkung
von NH3 auf das Oxidationsverhalten ist auch bei der Oxidation von chlorierten
Kohlenwasserstoffen beobachtet worden [HAGENMAIER 1990].
5.5.2. Staubabscheidung
Während der Abkühlung der Rauchgase kommt es in Abhängigkeit der anderen
Rauchgaskomponenten zur Bildung von ionischen Quecksilberverbindungen (HgCl2, HgO,
HgSO4), deren Siedepunkte (Anhang A 1) im weiteren Verlauf der Abkühlung unterschritten
werden und es so zur Kondensation einiger im Rauchgas gebildeter
Quecksilberverbindungen kommt. Als Kondensationsflächen kommen hauptsächlich die im
Gasstrom mitgeführten Flugaschepartikel in Betracht, da diese einen intensiven Kontakt mit
dem Rauchgas haben und eine vergleichsweise große Oberfläche bilden. Weitere
Kondensationsflächen können „kalte“ Oberflächen sein, wie z.B. Wandungen des
Luftvorwärmers und Elektrofilters, unisolierte Rauchgasleitungen und andere Bauteile.
Zusätzlich zu den Kondensationsvorgängen kann Quecksilber auch durch Desublimation
oder Sorptionsvorgänge von Flugaschepartikeln aufgenommen werden [TAUBER 1988]. So
führen Sorptionsvorgänge, insbesondere an porösen Kokspartikeln, zur Anwesenheit von
Quecksilber in der Flugasche, obwohl es aufgrund der vorhandenen Rauchgastemperaturen
und des hohen Dampfdrucks von Quecksilber vollständig gasförmig vorliegen sollte
[LINDAU 1983]. In Laborversuchen in [VIDIC 1996] wurde gezeigt, dass elementares
Quecksilber an reiner Aktivkohle rein physikalisch an die Oberfläche adsorbiert wird.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 26
Allgemein spricht man von Adsorption, wenn Fremdmoleküle durch freie Valenzen an die
Oberfläche eines Feststoffes angelagert werden. Im Gegensatz zur Absorption erfolgt keine
volumenmäßige Aufnahme durch Diffusion in den Festkörper, sondern es handelt sich um
einen reinen Oberflächeneffekt. Sind die Bindungskräfte der Adsorption physikalischer Natur
(van der Waals´sche Kräfte), so spricht man von physikalischer Adsorption (Physisorption),
deren Bindungszustand meist reversibel ist. Von einer chemischen Adsorption
(Chemisorption) spricht man, wenn die chemische Struktur des Adsorbens7 durch
Wechselwirkungsenergien zwischen den Valenzelektronen der aktiven Zentren und
denjenigen des Adsorptives8 verändert wird. Diese Bindungen sind wesentlich stärker und
häufig irreversibel bzw. erfordern eine bestimmte Aktivierungsenergie.
Quecksilber als gasförmiges, leichtflüchtiges Schwermetall (Atomradius 1,74 Å) wird im Sub-
und Mikroporenbereich9 adsorbiert, Dioxine/Furane werden im Mikroporenbereich adsorbiert
während noch größere Moleküle, wie SO2/HCl, große Porenvolumina im Meso- und
Makrobereich als Speicher benötigen. Hochporöse, kohlenstoffhaltige Sorbentien werden
aufgrund dieser Eigenschaften zur Reinigung von Rauchgasen aus der Abfallverbrennung
mit sogenannten Flugstrom- oder Filterbettadsorbern genutzt. Verwendung finden neben
Aktivkohle auch Herdofenkoks (HOK) als Granulat oder Pulver. Tabelle 5.4 gibt einen
Überblick über Eigenschaften häufig verwendeter Aktivkohlen und -koksen.
Tabelle 5.4: Eigenschaften von Aktivkohlen bzw. -koksen [RHEINBRAUN 1995].
Kenngröße Herdofen-feinkoks
Herdofen-koksstaub
Aktivkohle Norit GL 50
Körnung Granulat Pulver
Korngröße 1 - 5 mm 0 - 0,4 mm 0 - 0,2 mm
Mikroporen bis 10 Å [cm3/g] Übergangsp. 10 - 500 Å [cm3/g]
0,16 0,33
0,16 0,33
0,25 0,23
Gesamtporenvolumen [cm3/g] 0,62 0,62 0,75
BET-Oberfläche [m2/g] 300 300 700 (bis 1500)
Schüttgewicht [g/cm3] 0,45 0,55 0,49
Wassergehalt [%] 0,5 0,5 2
Aschegehalt [%] 9 9 6
pH-Wert [Suspension in Wasser] 12,8 12,8 9 – 11
Etwa 70 % der 58 derzeit in Deutschland betriebenen thermischen
Abfallbehandlungsanlagen verfügen über einen Kohleadsorber nach dem Flugstrom- oder
7 Stoff, der einen anderen Stoff adsorbiert 8 Stoff, der von einem anderen Stoff adsorbiert wird 9 Die Poren werden klassifiziert nach ihrem Durchmesser: Mikroporen mit Radien < 1 nm
(= 10 Angström Å), Mesoporen mit Radien von 1-25 nm, Makroporen mit Radien > 25 nm.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 27
Filterbettverfahren10. Bei der Mitverbrennung von Klärschlamm in Kohlekraftwerken kommen
kohlenstoffhaltige Sorbentien im Steinkohlekraftwerk Lausward11 und im Braunkohlekraftwerk
Ville-Berrenrath12 zum Einsatz. Beim Flugstromverfahren wird eine feinkörnige Mischung aus
Aktivkohle oder Koks meist in Kombination mit einer Kalziumverbindung in das Rauchgas
eingedüst und in einem nachfolgenden Gewebefilter wieder aus dem Rauchgas entfernt.
Zum Einsatz kommen häufig Gemische aus Kohlenstoff (Braunkohlenkoksstaub,
Aktivkohlenstaub) und Kalk bzw. Kalkhydraten. Auf dem Weg vom Zugabeort zum
Gewebefilter und im Filterkuchen reagieren die Restbestandteile der sauren Schadstoffe,
überwiegend SO2 und HCl, mit dem Adsorbens. Außerdem werden Quecksilber und
organische Schadstoffe (Dioxine/Furane) an die kohlenstoffhaltigen Partikel gebunden. Beim
Filterbettverfahren durchströmt das schadstoffbeladene Rauchgas eine Kohle- oder
Koksschicht, die sich mit Schadstoffen belädt, unten aus dem Adsorber abgezogen und
durch Zugabe von frischem Sorbens je nach Verfahren ersetzt oder rezirkuliert wird.
Beim Einsatz von kohlenstoffhaltigen Sorbentien zur selektiven Quecksilberentfernung muss
beachtet werden, dass die Physisorption von elementarem Quecksilber an reiner Aktivkohle
und -koks stark temperaturabhängig ist und oberhalb einer Temperatur von etwa 140°C auf
nahezu Null zurückgeht. Quecksilber(II)-chlorid wird von frischem und damit unbeladenem
Herdofenkoks, der üblicherweise als Adsorbens in Aktivkoksfiltern eingesetzt wird, bei dieser
Temperatur ebenfalls nicht adsorbiert [NEUMANN 1992].
Zur besseren Quecksilberabscheidung sollte eine Dotierung des Kokses erfolgen. Eine
vorherige Ansäuerung bzw. Imprägnierung der Aktivkohlen erhöht die Beladungskapazität
der Aktivkohlen erheblich. Die Imprägnierung von Aktivkohlen mit Schwefel erfolgt durch
Aufsprühen einer Art „Schwefelmilch“ aus kolloidalem, elementarem Schwefel und einer
anschließenden Trocknung bei höherer Temperatur. Die chemische Verbindung bei 600°C
von Schwefel mit dem Adsorbens bewirkt eine gleichmäßigere Verteilung des Schwefels
innerhalb der Porenstruktur der Aktivkohle. Es werden Schwefelbeladungen von ca. 8 bis
10 Gew.-% erreicht. Die Ansäuerung kann auch im Rauchgaskanal durch Rauchgas-SO2
oder -HCl erfolgen, indem sich in den Poren mit der Feuchtigkeit des Rauchgases
Schwefelsäure bzw. Salzsäure bildet. Elementares Quecksilber wird dann durch die
Schwefelsäure als Quecksilbersulfat an das Adsorbens gebunden. Quecksilber(II)-chlorid
reagiert nicht mit der gebildeten Schwefelsäure, sondern wird in der Schwefelsäure gelöst.
Durch den Einsatz einer säureimprägnierten Aktivkohle können Abscheidegrade für
Gesamtquecksilber von mehr als 98 % erzielt werden.
10 Die Adsorption ist ein thermisches Trennverfahren und zählt zur trockenen Rauchgasreinigung. 11 Schmelzfeuerung, 170 MW th, Koksfilter 12 Staubfeuerung, 235 MWth, Flugstromadsorber
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 28
Die Abscheideleistung von für Quecksilber hängt hier auch wiederum entscheidend von der
Oberfläche (Körnung, Porenvolumen, Porenradienverteilung) und Menge bzw. dem Anteil
des verwendeten kohlenstoffhaltigen Adsorbens ab. Literaturwerte zu den dosierten Mengen
(angegeben als Massen-Verhältnis von kohlenstoffhaltiger Adsorbens/adsorbiertem Hg; kurz:
C/Hg-Verhältnis) bei der Abfallverbrennung liegen bei C/Hg-Verhältnissen von 500 bis
8500 13. Für Kohlekraftwerke liegen die Werte bei Anwendung des Flugstromverfahrens bei
etwa 5000 14 mit einer Hg-Abscheidung von 70 bis 85 %.
In der Literatur wird von einer Korrelation des partikelgebundenen Hg-Gehalts und dem
Restkohlenstoff-Gehalt (Rest-C) der Flugasche einer Kohlensorte berichtet
[HASSETT 1999], [GIBB 2000]. Ein deutlicher Zusammenhang zwischen Rest-C-Gehalt und
der Hg-Konzentration in Flugasche besteht erst ab Rest-C-Gehalten von größer 2 % und
HgCl2(g)-Anteilen von etwa 80 % [GIBB 2000]. Hohe partikelgebundene Hg-Anteile von über
80 % werden erst bei Kohlenstoff/Quecksilber (Rest-C/Hg) -Massenverhältnissen von 50.000
erreicht (Abbildung 5.13).
Abb. 5.13: Abhängigkeit der Hg-Abscheideleistung vom Rest-C/Hg-Verhältnis [GIBB 2000].
Verglichen mit der häufig zur Quecksilbersorption eingesetzten Aktivkohle liegt das
Verhältnis von Sorbens und Quecksilber somit um eine Größenordnung höher. Erklärt
werden kann dies durch eine wesentlich kleinere innere Oberfläche des unverbrannten
Kohlenstoffs im Flugstaub im Vergleich zu der von Aktivkohle.
13 Annahmen: adsorbierte Hg-Konzentration 100 µg /Nm3 ; 4500 Nm3/tAbfall 14 adsorbierte Hg-Konzentration 30 µg/m3; Rauchgasvolumenstrom 350.000 Nm3/h [WIRLING 2000]
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 29
Allerdings ist für die Effizienz der Flugstromadsorption von Quecksilber an ein Sorbens
(Flugstaub; Koks; Aktivkohle) jedoch nicht die Beladekapazität des Sorbens entscheidend.
Die begrenzte Verweilzeit des Sorbens oder der Flugasche bei den relevanten Temperaturen
bis zur Abscheidung stellt den wesentlichen limitierenden Faktor dar. Die Kinetik der
Adsorption im Flugstromverfahren ist bestimmt durch „äußere Diffusionsprozesse“, die
wiederum durch die angebotene äußere Oberfläche (Mahlfeinheit) und die homogene
Verteilung des Sorbens im Rauchgaskanal beeinflusst ist. Während in Festbettadsorbern für
typische Gaskonzentrationen einer Kohlefeuerung theoretische Beladungskapazitäten von
10 Gew.-% nachgewiesen werden können [MODOLO 1994], werden im Flugstromverfahren
aufgrund der begrenzten Verweilzeit nur 0,001 % bis 0,01 % hiervon genutzt, d.h. umgekehrt
99,99 % bis 99,999 % des Sorbens bleiben ungenutzt [ESSER-SCHMITTMANN 2001].
Danach ist im Flugstromverfahren eine „Überdosierung“ an Sorbens erforderlich, um einen
hohen Abscheidegrad zu erreichen.
[HASSETT 1999] geht davon aus, dass die anorganische Fraktion verglichen mit der
kohlenstoffhaltigen Fraktion der Flugasche eine geringe Sorptionskapazität für Quecksilber
besitzt. MARTEL stellt übereinstimmend bei Messungen an einer Staubfeuerung einen
linearen Zusammenhang zwischen den Erdalkaligehalten (CaO + MgO) unterschiedlicher
Importkohlen und dem partikelgebunden Quecksilberanteil fest. Sie folgert, dass
insbesondere der hohe CaO-Gehalt der Kohlen für die Sorption des Quecksilbers an der
Flugasche eine entscheidende Rolle spielt [MARTEL 2000]. Eine signifikante
partikelgrößenabhängige Anreicherung für das partikelgebundene Quecksilber findet dabei
nicht statt. Es wurden mittlere Anreicherungsfaktoren AF15 von 0,2 bis 2,6 für Quecksilber
ermittelt [HOCQUEL 1997].
Entscheidend für die Höhe des kondensierten Quecksilberanteils und damit des Anteils, der
in einem Staubabscheider abgeschieden werden kann, ist die Temperatur der
Staubabscheidung. Heißgasseitige Entstauber, wie sie zum Beispiel in den U.S.A. betrieben
werden, arbeiten mit Eintrittstemperaturen von 250 bis 400°C. Bei diesen Temperaturen ist
aus thermodynamischer Sicht zu erwarten, dass nur ein sehr geringer Anteil des
gasförmigen Quecksilbers kondensiert ist. Für Anlagen diesen Typs konnten während einer
aufwändigen Messkampagne an Großanlagen (Mercury Information Collection Request –
ICR) Quecksilber-Abscheideraten von durchschnittlich 20 % gemessen werden
[AFONSO 2001]. Bei kaltgasseitigen Entstaubern liegt die Rauchgastemperatur
üblicherweise zwischen 130 und 170 °C, so dass eine Kondensation der
15 Der Anreicherungsfaktor AF in der Flugasche beschreibt die An- bzw. Abreicherung in den
einzelnen Staubfraktionen gegenüber der Konzentration in der Kohleasche (bezogen auf die Kohleasche).
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 30
Quecksilberverbindungen ablaufen kann. Bei solchen Anlagen wird von AFONSO eine
durchschnittliche Abscheiderate für Hg von 42 % angegeben. Unterschiede in der
Abscheidung für Quecksilber ergeben sich vor allem bei den kaltseitigen Entstaubern auch
aus der Kohleart. So weisen höher inkohlte (bituminous) gegenüber niedriger inkohlten (sub-
bituminous) Steinkohlen einen höheren partikelgebundenen Quecksilberanteil auf.
5.5.3. Nasse und trockene Entschwefelung
Die Rauchgasentschwefelungsanlage (REA) nach dem Kalksteinwaschverfahren reduziert
vorwiegend den Schwefeldioxidgehalt im Rauchgas. In Abhängigkeit der Verfahrenstechnik
und Prozesstemperatur werden auch andere saure Schadgase (HCl und HF) aus dem
Rauchgas entfernt.
Bei der nassen REA wird das Rauchgas bei Eintrittstemperaturen von etwa 85 bis 160°C in
einem ein- oder zweistufigen Prozess mit einer Suspension aus Kalkstein und Wasser im
Gegenstrom in Kontakt gebracht. Schwefeldioxid (SO2) verbindet sich mit wässrigem Kalk
(CaCO3 und H2O) zu Gips (CaSO4 • 2 H2O), der in der Baustoffindustrie und der
Zementindustrie Verwendung findet. Ein einstufiger Absorptionsprozess besteht aus einem
Absorberkreislauf mit den Komponenten Absorbersumpf, suspensionsverteilende
Absorberpumpen sowie einer Kontaktzone zwischen Rauchgas und Waschflüssigkeit
(Abbildung 5.14).
Oxidationsluft
Wäs
cher
-su
mpf
Kon
takt
zone
Rei
ngas
-zo
ne
pH=6-7
CaCO3
in Lösung
pH=9-10
pH=5-6
Fällung
H2O
Reingas
Rohgas
OxidationsluftWäs
cher
-su
mpf
Abs
orbe
rR
eing
as-
zone
pH=3-5
CaCO3
in LösungpH=9-10
pH=5-6
Fällung
H2O
Reingas
Rohgas
Que
nche
r
pH=4-5
Abb. 5.14: Prinzip REA-Aufbau; einstufiger (links) und zweistufiger (rechts) Absorber.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 31
Die Kontaktzone ist zur Verlängerung der Verweilzeit und zur Oberflächenvergrößerung mit
Rieseleinbauten bestückt. In den Absorbersumpf wird in manchen Anlagen zur Oxidation von
Sulfit zu Sulfat Oxidationsluft eingeblasen. Zweistufige Absorber besitzen zusätzlich einen
sogenannten Quencherkreislauf. Das in die REA eintretende Rauchgas enthält als
wesentliche hier zu betrachtende Reaktionspartner SO2, einen Restsauerstoffgehalt von 5
bis 6 %, Feinstaub mit kondensierten Spurenelementen, Halogene und
Halogenverbindungen und je nach Schaltungsart der Entstickungsanlage mehr oder weniger
Stickoxide.
Generell sind bei der Betrachtung der chemischen Vorgänge der SO2-Absorption
Kontaktzone und Absorbersumpf zu unterscheiden. In der Kontaktzone kommt SO2 mit der
Waschflüssigkeit in Kontakt und reagiert mit Wasser zu schwefliger Säure und ihren
Dissoziationsprodukten Hydrogensulfit und Sulfit. Der im Rauchgas enthaltene
Restsauerstoff löst sich physikalisch im Wasser und steht als Oxidationsmittel zur Verfügung.
Dieser Sauerstoff reicht bei schwefelarmen Brennstoffen bereits aus, um das gesamte
absorbierte SO2 zu Sulfat zu oxidieren. Bei schwefelreichen Brennstoffen, die zu SO2-
Konzentrationen im Rauchgas von > 2000 mg/m3 führen, reicht diese „natürliche Oxidation“
meist nicht aus, um den Umsatz von Sulfit zu Sulfat sicher zu gewährleisten. In diesen Fällen
wird durch Lufteindüsung in den Absorbersumpf die Oxidation sichergestellt. Man spricht
auch von „Zwangsoxidation“.
Die Oxidation von Sulfit zum Sulfat kann durch Schwermetallionen, wie z.B. Kobalt, Nickel,
Eisen und Mangan, katalysiert werden [GUTBERLET 2000]. Diese Metalle- bzw.
Schwermetalle können über den Brennstoff mit dem Feinstaub oder über den
Kalkstein/Branntkalk ins Waschwasser gelangen. Ihre katalytische Wirkung beruht dabei auf
der Beteiligung der Metallionen an einer Radikalkettenreaktion durch die Bildung von
Sulfitradikalen, die über die Bildung von Peroxosulfatradikalen den Oxidationsprozeß stark
beschleunigen. Eine solche katalysierte Absorberchemie ist u. a. durch hohe
Redoxpotentiale (etwa 700 bis 850 mV), und sehr niedrige Sulfit-Konzentrationen im
Waschwasser gekennzeichnet. Man spricht auch von einer „induzierten“ Oxidation.
Die dargelegten vereinfachenden Ausführungen zur Absorberchemie haben einen direkten
Einfluss auf die Abscheidung von Quecksilber aus dem Rauchgas und die Vermeidung einer
Wiederfreisetzung von bereits gelöstem Quecksilber.
Versuche von GUTBERLET zeigen die Auswirkungen oxidierender und reduzierender
Verhältnisse im Absorber auf die Löslichkeit von Quecksilber (Abbildung 5.15).
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 32
0
200
400
0,00 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 5,50
0,4
0,8
Red
Oxp
ote
nti
al [
mV
]
SO
32- [
g/l]
0
5
10
0,00 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5 5,50
0,5
1
Hg
Rei
ng
as [
µg/m
3]
Hg
Lö
sun
g [
mg
/l]HgCl2-Zugabe
Oxidationsluftreduzierung
Uhrzeit Uhrzeit8:00 18:00 18:008:00
RedOxpot.
SO32-
Hg im Reingas
Hg in Lösung
Abb. 5.15: Quecksilberverhalten bei oxidierenden und reduzierenden Bedingungen im Absorber [GUTBERLET 1992].
Bei Versuchsbeginn liegt die Sulfitkonzentration unterhalb der Nachweisgrenze. Das
gemessene Redoxpotential liegt mit 560 mV auf einem hohen Niveau. Das Quecksilber in
der Absorbersuspension liegt mit 0,25 mg/l zu 90 % gelöst vor. Durch Zugabe von
Quecksilber(II)-chlorid zur Absorbersuspension wird die gelöste HgCl2-Konzentration
verdoppelt. Schließlich wird die Oxidationsluftmenge auf 40 % der Ausgangsluftmenge
reduziert. Wegen Luftmangel steigt die Sulfit-Konzentration stetig an und das Redoxpotential
fällt auf rund 180 mV ab. Im unteren Teil des Bildes 5.15 ist ersichtlich, dass hierdurch das
gelöste Quecksilber langsam aber stetig ausfällt.
Auffällig ist, dass die gelöste Konzentration nicht schlagartig abfällt, sondern allmählich, über
mehrere Stunden abnimmt. Interessant ist auch der zeitparallele Anstieg der
Reingaskonzentration nach der Oxidationsluftreduzierung. Unter oxidierenden Bedingungen
hat die Verdoppelung der gelösten Quecksilberkonzentration keinen Einfluss auf die
Reingaskonzentration hinter Absorber, die sich bei 6 bis 8 µg/m3 (i.N.) stabilisiert. Der
Wechsel zur reduzierenden Fahrweise führt zunächst zu einem Anstieg der Reingaswerte.
Parallel zum Abbau der gelösten Konzentration fallen jedoch auch anschließend die
Reingaswerte ab. [GUTBERLET 1992]
Gleichzeitig kann die Umsetzungsreaktion von Sulfit zum Sulfat durch Inhibitoren gehemmt
werden. Bekannt geworden ist die Wirkung von Iodid als Inhibitor, das als rauchgasflüchtiges
Element über den Brennstoff in das Rauchgas gelangt. Schwefel-Stickstoff-Verbindungen,
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 33
die über eine Disproportionierungsreaktion des reaktiven und wasserlöslichen NO2 zu Nitrit
mit Sulfit bzw. Hydrogensulfit gebildet werden, verstärken die Inhibierung, da sie ebenfalls
Reduktionsmittel sind. Eine inhibierte Absorberchemie ist gekennzeichnet durch
vergleichsweise niedrige RedOx-Potentiale (< etwa 400 mV), signifikante Mengen an Iodid
und Rest-Sulfit im Waschwasser.
Findet aufgrund des verbrannten Brennstoffs und der Fahrweise des Wäschers eine
Inhibierung der Oxidationsreaktion statt, kann ein Betriebszustand bei hoher RedOx-
Spannung nicht gewährleistet werden, die Produktion von chemischen Spezies in hohen
Oxidationsstufen aus der verzweigten Kettenreaktion der Sulfitoxidation (sogenannte
induzierte Oxidation) wird verhindert und damit die Löslichkeit von HgCl2 im Waschwasser
vermindert.
Abb. 5.16: Potentiale elektrochemischer Reaktionen, induzierte Oxidation
[GUTBERLET 2000].
Gleichzeitig muss gewährleistet sein, dass das gelöste Quecksilber nicht wieder spontan
freigesetzt wird. Dies kann bei einer Inhibierung der Oxidationsreaktion durch das niedrige
elektrochemische Potential des dann im Waschwasser vorhandenen Reduktionsmittels Sulfit
(etwa -0,35 V bei pH 5) verursacht werden, das alle RedOx-Paare mit höherem Potential in
ihre jeweils niedrigere Oxidationsstufe überführen kann (Abbildung 5.16). Dies gilt für die
RedOx-Paare Mn3+/Mn2+ , Br2/Br- , l2/l- und insbesondere für Cl2/Cl-. Unter diesen
reduzierenden Bedingungen im Wäscher bei Sulfitüberschuß kann gelöstes, ionisches
Quecksilber zu metallischem Quecksilber reduziert und aus dem Waschwasser verflüchtigt
werden. Wie schon ausgeführt hat GUTBERLET dies schon 1992 in einer REA anschaulich
demonstriert, indem er durch eine Reduzierung der Oxidationsluftzufuhr einen Anstieg der
Hg-Reingaswerte herbeiführte (Abbildung 5.15). Er stellte fest, dass in
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 34
Absorbersuspensionen mit freiem, gelösten Sulfit normalerweise unter stationären
Bedingungen kein gelöstes Quecksilber nachgewiesen wird [GUTBERLET 1992].
Neueste Untersuchungen am E.ON Steinkohle-Kraftwerk Rostock zeigten, dass spontane
Potentialsprünge von mehrere 100 mV innerhalb einiger Minuten möglich sein können.
Derartige Potentialsprünge führen im Wäscher zu instationären Zuständen, in denen sich die
Abscheideeffizienz des Wäschers für Quecksilber signifikant ändern kann. Bei der
induzierten Oxidation, gestartet durch katalytisch wirksame Metallionen, verursachen die in
der Kettenreaktion gebildeten Peroxide (Peroxodisulfat bzw. Peroxomonosulfat) auch die
Oxidation anderer Spezies in der Absorberflüssigkeit, was durch molekularen Sauerstoff
unter sauren Bedingungen nicht möglich wäre. Hg0(g) wird durch die induzierte Oxidation in
die lösliche zweiwertige Form überführt [GUTBERLET 2000]. Neben diesem positiven Effekt
der Quecksilberoxidation führen hohe RedOx-Potentiale zu einer Verminderung der
Löslichkeit für Halogene und sind daher in Kalksteinwäschern zu vermeiden. Das mit dem
Waschwasser der Rauchgasentschwefelung abgeschiedene Quecksilber gelangt teilweise in
den REA-Gips und als Nebenprodukt der Gipsproduktion mit dem Schlamm und dem
Abwasser in die REA-Abwasseraufbereitung (RAA).
Für die Entfernung der sauren Schadgase (z.B.: HCl, SO2) sind neben den aufwändigen
Nassverfahren auch die technisch einfacheren Trocken- und Quasitrockenverfahren zu
nennen. Mit „trockener“ Entschwefelung werden alle Verfahren bezeichnet, bei denen mit
Hilfe trocken zugeführter Additive SO2 abgeschieden und die abreagierten Sorbentien in
trockenem Zustand abgezogen werden. „Quasitrockene“ Verfahren sind Verfahren, bei
denen das Additiv als Lösung oder in einer Flüssigkeit suspendiert zugeführt wird.
Chemische Reaktionen können so teilweise auch in der flüssigen Phase ablaufen. Die
abreagierten Sorbentien werden ebenfalls trocken abgezogen.
Zur Neutralisation der sauren Schadgase kommen hauptsächlich alkalische Additive auf
Kalzium- oder Magnesiumbasis, wie Kalk (CaO), Kalziumhydroxid (Ca(OH)2),
Kalziumcarbonat (CaCO3) oder Dolomit (Doppelsalz aus CaCO3 und MgCO3), unter den
Herstellernamen SORBALIT®, WÜLFRAdsorp® zum Einsatz. Aber auch Additive auf
Natriumbasis16 sind möglich. Als Reaktionsprodukte entstehen die entsprechenden Chlorid-
und Sulfatsalze. Die Zugabe der Additive kann an verschiedenen Stellen der Feuerung bzw.
des Abgasweges erfolgen (Abbildung 5.17).
16 Natriumhydrogencarbonat (NaHCO3), Neutrec-Verfahren, Fa. Solvay. Oberhalb 140°C
Umwandlung in Natriumcarbonat mit sehr großer Oberfläche. [SOLVAY]
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 35
Erfolgt die Zudosierung von Additiven über die Brennstoffzufuhr nach Verfahren (1) oder
über eine Zumischung zur Verbrennungsluft nach (2) spricht man von einer
Direktentschwefelung, bei der im Temperaturbereich bis etwa 1200°C das SO2 direkt bei der
Entstehung an das Additiv gebunden wird. Im Hochtemperaturverfahren nach (3) erfolgt die
Zudosierung des Additives direkt oberhalb des Brennraums in einen Temperaturbereich
unterhalb 1200°C, um eine Versinterung der Additivoberfläche zu vermeiden.
Mühle
Brennraum Kessel Staub-Filter
Kamin
Bre
nnst
off
Luft
Asc
he
Abg
as
(1) (2) (3) (4) (5)
Sorb. Zugabe
Verfahren Sorbentien
(1) Direktentschwefelung durch Zumischung zum Brennstoff Ca(OH)2, (CaCO3)
(2) Direktentschwefelung durch Zumischung zur Verbrennungsluft Ca(OH)2, (CaCO3)
(3) Hochtemperaturverfahren Ca(OH)2, CaCO3
(4) Niedertemperaturverfahren ohne Vorabscheidung von Staub Ca(OH)2, HOK, Aktivkohle
(5) Niedertemperaturverfahren mit Vorabscheidung von Staub Ca(OH)2, HOK, Aktivkohle
Abb. 5.17: Übersicht über die Zudosierungsmöglichkeiten von Additiven in einer Verbrennungsanlage.
Vor allem bei der Abfallverbrennung haben Verfahren eine weite Verbreitung gefunden, bei
denen das Additiv zwischen Kessel und Filter zudosiert wird (Verfahren (4) und (5)). In
Deutschland besitzen etwa die Hälfte aller Abfallverbrennungsanlagen eine Reinigungsstufe
zur Entfernung der sauren Schadstoffe nach dem Trocken- oder Quasitrockenverfahren.
Etwa zwei Drittel der Anlagen nutzen das Trockenverfahren neben der Abscheidung von SO2
und HCl auch zur selektiven Dioxin- und Quecksilberabscheidung durch die Verwendung
eines kalzium- und kohlenstoffhaltigen Additives. Die Zudosierung des Additives kann ohne,
Verfahren (4), oder mit, Verfahren (5), vorheriger Staubabscheidung erfolgen. Bei Verfahren
(5) ist ein zusätzlicher Filter zur Abtrennung des Additives notwendig. Vorteil der Anordnung
mit vorheriger Staubabscheidung ist die Trennung des Flugstaubs vom Additiv. Es kommen
sowohl das Trocken- als auch das Quasitrockenverfahren zum Einsatz. Der
Temperaturbereich für beide Anordnungen, (4) und (5), liegt zwischen 120 und 230°C.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 36
Beim trockenkonditionierten Verfahren wird das trockene Adsorbens, in der Regel Kalkhydrat
(Ca(OH)2), als fein gemahlener Feststoff meist nach einem Verdampfungskühler direkt in das
Rauchgas eingeblasen. Ein Verdampfungskühler (oder Quench) übernimmt dabei die
Aufgabe einer Konditionierung des Rauchgases hinsichtlich Temperatur und Wassergehalt,
um einen möglichst guten Umsatz des Additives mit den sauren Rauchgaskomponenten zu
erreichen.
Das Quasitrockenverfahren ist der verfahrenstechnischen Anordnung der Apparate dem
trockenkonditionierten Verfahren sehr ähnlich. Der Unterschied besteht darin, dass das
Additiv in Form einer Lösung oder Suspension entweder durch Sprühdüsen oder mit Hilfe
einer Zerstäuberscheibe versprüht wird, um durch die feine Zerstäubung eine große
Kontaktfläche mit der Gasphase zu erzeugen. Beim Kontakt des Sprühnebels mit dem
Rauchgas verdampft einerseits das Wasser des Absorbens, andererseits reagiert das SO2
mit dem Absorptionsmittel.
Entscheidend für einen guten Umsatz und damit einen niedrigen Additivverbrauch, sowohl
beim Trocken- als auch beim Quasitrockenverfahren, ist die spezifische Oberfläche, die in
der Regel für Kalkhydrate zwischen 3 bis 20 m2/g liegt. Spezialprodukte weisen sogar
spezifische Oberflächen (BET) von etwa 40 m2/g auf. Weitere wichtige Einflussgrößen auf
die Abscheideleistung für SO2 sind die Temperatur und der Wassergehalt des Rauchgases
sowie die Eigenschaften des verwendeten Additives, wie mittlere Korngröße, Porenvolumen,
Porenradienverteilung und die chemische Zusammensetzung [MORUN 1999]. Gängige
stöchiometrische Faktoren [Ca(OH)2/(SO2+HCl)], die den Additivüberschuß beschreiben,
liegen zwischen 2,2 und 3.
Die Quecksilberabscheidung mit Mischungen aus Kalkhydratprodukten und koks- bzw.
aktivkokshaltigen Adsorbentien wird in Kapitel 3.5.8 behandelt. Angaben zur Quecksilber-
Abscheideleistung von Trocken- und Quasitrockenverfahren bei reinem Kalkhydratbetrieb
ohne Koks- oder Aktivkohleadditiv sind in der Literatur äußerst schwer zu finden. Ein
Vergleich von Messwerten an einzelnen Anlagen scheitert häufig am unterschiedlichen
Aufbau der vorgeschalteten Reinigungsstufen. Angaben der Anlagenhersteller zur Hg-
Abscheideeffizienz von Sprühabsorbern in Kombination mit Schlauch- (Gewebefilter) bei
Temperaturen von 130 bis 150°C liegen für Hg0(g) zwischen 30 und 50 % und für HgCl2(g)
zwischen 50 und 60 % [LURGI 1993].
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 37
6. Verwendete Messgeräte und Methoden zur Bestimmung von Quecksilber und seinen Verbindungen
6.1 Hg-CEM (Continuous Emission Monitor) Der für die Online-Messungen eingesetzte Hg-CEM17 besteht hauptsächlich aus einer
Reduktionseinheit und einer Analyseeinheit (Abbildung 6.1). Zur Erfassung des
Gesamtquecksilbergehaltes ist der UV-photometrischen Bestimmung eine nasschemische
Reduktionseinheit vorgeschaltet, die sämtliches im Abgas befindliches Quecksilber zu Hg0(g)
reduziert. Die Analyseeinheit arbeitet nach dem Prinzip der UV-Absorption von elementarem
Hg im Bereich von 253,7 nm. Das Gerät ist TÜV-geprüft und in Übereinstimmung mit der TA-
Luft sowie der 17. BImSchV für Messungen von Gesamtquecksilber im Bereich zwischen 0
und 150 µg/m³ zugelassen [TÜV-Rheinland 1996].
Abb. 6.1: Schematischer Aufbau des Hg-CEM [TÜV-Rheinland 1996].
Die Besonderheit dieses Gerätes ist das Photometer, das nach dem Prinzip der
differentiellen Absorption unter Ausnutzung des Zeeman-Effekts arbeitet, man spricht bei
solchen Geräten auch von einem Zeeman-korrigiertem Atomabsorptionsspektrometer
(ZAAS). Dieser magneto-optische Effekt beruht auf dem physikalischen Prinzip, dass
Spektrallinien in mehrere Einzellinien aufgespalten werden, wenn sich die emittierende
Lichtquelle in einem starken Magnetfeld befindet. Die Abbildung 6.2 zeigt beispielhaft, wie
die Energieniveaus ( l = 1; 2 ) eines Elektrons durch Anlegen eines starken Magnetfeldes in
17 Boliden Contech, SEMTECH Hg 2000
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 38
3 bzw. 5 Niveaus (mi) und entsprechend die Linien des Übergangs in 9 Linien aufgespalten
werden.
Die Bestimmung des Probengases
erfolgt so bei drei unterschiedlichen
Wellenlängen und zwar bei der
üblichen Wellenlänge (253,7 nm), bei
der sowohl Hg als auch eventuell
vorhandene Störkomponenten (z.B.:
SO2 und NOx) absorbieren, sowie bei
einer geringfügig erhöhten bzw. einer
erniedrigten Wellenlänge, an denen
nur die Störkomponenten Licht
absorbieren, wodurch eine
Unempfindlichkeit der Messung
gegenüber Störeinflüssen durch
Abgasbegleitkomponenten, wie SO2
und NOx, erreicht wird. Durch
Differenzbildung lässt sich dann die
Hg-Konzentration bestimmen
[JOCKEL & RÖLLIG 1996].
Laut TÜV-Bericht ist das Messgerät nahezu unempfindlich gegenüber Störeinflüssen durch
Abgasbegleitkomponenten18. Die Integrationszeiten betragen wahlweise 1, 10, 60 oder 600
Sekunden. Die Totzeit t1019 beträgt etwa 50 Sekunden, die Einstellzeit t90
20 liegt bei etwa 90
Sekunden. Mit diesen Werten lassen sich auftretende Änderungen zeitlich aufgelöst
darstellen. Laut Prüfprotokoll ergibt sich während des Feldtests eine Nachweisgrenze, die
geringfügig über der Mindestanforderung gemäß VDI-Richtlinie 2449 von 3 µg/m3 liegt.
Ebenfalls liegt die erzielte Reproduzierbarkeit der Messwerte unterhalb der
Mindestanforderungen. Jedoch ist die erzielte Reproduzierbarkeit der Messergebnisse
besser als die des nasschemischen Vergleichsverfahrens gemäß VDI 3868 Blatt 2 E. Die im
Prüfprotokoll erläuterten Einschränkungen hinsichtlich Nachweisgrenze und
Reproduzierbarkeit bestätigten sich während der experimentellen Untersuchungen innerhalb
des Forschungsvorhabens, lassen sich jedoch mit einem erhöhten Wartungs- und 18 Geprüfte Störkomponenten: CO2, CO, SO2, NO, NO2, NH3, N2O, HCl, CH4, H2O, C6H6. 19 nach VDI 2449, Blatt 2, ist die Totzeit der Zeitabstand zwischen der sprunghaften Änderung der
Zustandsgröße und dem Anstieg des Messwertes auf 10 % der zu erwartenden Höhe der Sprungantwort.
20 Summe aus Totzeit und Anstiegzeit. Anstiegzeit ist der Zeitabstand zwischen dem Anstieg des zu erwartenden Messwertes über 10 % nach einer sprunghaften Änderung der Zustandsgröße um den 90 %-Wert der erwarteten Höhe der Sprungantwort.
Abb. 6.2: Prinzip der Zeeman-Aufspaltung
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 39
Justieraufwand auf ein Minimum reduzieren. Eigene Erfahrungen zeigen, dass insbesondere
Adsorptionserscheinungen in der Zuleitung zum Analysator hervorgerufen durch eine
ungenügende Benetzung mit Reduktionsmittel bei Lageänderungen des Entnahmeschlauchs
zu kurzzeitigen Quecksilberfreisetzungen führen können, die jedoch nach etwa 30 Sekunden
vollständig abgeklungen sind. Ein weiterer störender Einfluss auf die Stabilität des
Messsignals ergibt sich insbesondere durch Temperaturänderungen innerhalb der
automatischen halbstündigen Nullwert-Abgleichungen, der durch eine Klimatisierung des
Messgerätegehäuses minimiert werden kann.
6.2 Kalibriergasgenerator Die Überprüfung der Funktion und Kalibrierung des Hg-CEM sowie die Erzeugung von
quecksilberhaltigen Synthesegasen erforderte eine geeignete Methode zur Generierung
eines Gases mit einer möglichst variablen, zeitlich jedoch konstanten
Quecksilberkonzentration. Da bisher keine
geeigneten Prüfgase in Druckflaschen
verfügbar sind und die Erzeugung mittels
thermostatisierter Gaszellen im
Kraftwerkseinsatz die Anforderungen nicht
erfüllen kann, wurde ein Kalibriergas-
generator (HOVACAL21) erworben, der
nach dem Prinzip der dynamischen
Verdampfung von Flüssigkeiten und der
kontinuierlichen Zumischung von Träger-
gasen arbeitet. Der Kalibriergasgenerator
besteht aus einer Versorgungseinheit und
einem Verdampfer (Abbildung 6.3). Diese
beiden Baugruppen sind über
Versorgungsleitungen für elektrische Leistung, Temperatursignal, Trägergas und Flüssigkeit
miteinander verbunden. Über das Mengenverhältnis von Flüssigkeits- und Gasstrom lässt
sich die Konzentration am Ausgang des Verdampfers einstellen. Das Gasdampfgemisch
kann bis zu 200°C heiß sein. Als Trägergase eignen sich entweder Luft oder Stickstoff.
Die Verwendung des Kalibriergasgenerators ermöglicht die Dosierung einer konstanten
Gaszusammensetzung aus Hg, HCl, H2O, O2 und N2. Die Verwendung eines schwefelsäure-
festen Verdampfers ermöglicht zusätzlich die Generierung eines SO2-haltigen
21 Ingenieurbüro für Analysen- und Sensortechnik, Dr. M. Schmäh, Frankfurt
Ver
dam
pfer
Flüssigkeit
Schlauchpumpe Pt100/Heizung
Flüssigkeits-vorlage
Trägergas
Trägergas
MFC
Verdampfereinheit
Versorgungseinheit
Abb. 6.3: Prinzipdarstellung Kalibriergas-generator HOVACAL
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 40
Gas/Dampfgemisches. Der TÜV-Rheinland bescheinigt dem Kalibriergasgenerator für die
Komponente Quecksilber die Einhaltung der Anforderungen für Linearität, Einstellgenauigkeit
und Wiederholbarkeit [TÜV-Rheinland 1998]. Voruntersuchungen haben gezeigt, dass die
mit dem verwendeten Verdampfer generierte Gesamtquecksilberkonzentration je nach HCl-
Konzentration und Verdampfertemperatur zu etwa 40 bis 60 % elementares Quecksilber
enthält. Die Quecksilberkonzentration kann nach Herstellerangaben im Bereich zwischen 1,0
und 100,0 µg/m3 variiert werden. Nach eigenen Erfahrungen sind konstante Hg-Werte bis
etwa 1000 µg/m3 möglich. Zur detaillierten Untersuchung des Einflusses einzelner
Gaskomponenten und Konzentrationen auf das Verhalten von Quecksilber ermöglicht der
Kalibriergasgenerator neben der Generierung eines quecksilberhaltigen Gasgemisches auch
die Herstellung von Gas-/Dampfgemischen mit definierter Zusammensetzung aus den
Komponenten O2, N2, H2O, HCl, SO2. Die Leistungsfähigkeit des HOVACAL bezüglich
Wasserdampf und der Komponenten Chlorwasserstoff (HCl) und Ammoniak (NH3) in
Verbindung mit Wasserdampf werden im Prüfbericht ausführlich dargestellt. Da mit
Kalibriergasgenerator generell die Verdampfung jeder wasserlöslichen Komponente möglich
ist ergibt sich für diese Methode eine sehr hohe Flexibilität bezüglich Gaskomponenten und
Gemischzusammensetzung. Ein einzigartiger Vorteil dieser Methode ist die Herstellung
eines feuchten Gasgemisches. Dies ist mit Druckgasflaschen nicht möglich, stellt aber eine
wichtige Voraussetzung für die Untersuchungen dar.
Die Überprüfung der Kalibrierung des Hg-CEM mit Hilfe des Kalibriergasgenerators ergibt
eine sehr gute Übereinstimmung der Geräteanzeige des Hg-CEM und der eingestellten
Konzentration des Kalibriergases (Abbildung 6.4).
Abb. 6.4: Überprüfung der Kalibrierung des Hg-CEM (SEMTECH Hg 2000) mit dem Kalibriergasgenerator HOVACAL.
0
50
100
150
200
250
0 50 100 150 200 250
Geräteanzeige SEMTECH Hg 2000 [µg/m3]
vorg
egeb
ene
Ko
nze
ntr
atio
n
HO
VA
CA
L [
µg/m
3 ]
Sollwert Hovacal
Linear (Sollwert Hovacal)
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 41
6.3 Probenahmesystem Zur Ermittlung der Verteilung der gasförmigen Quecksilberverbindungen in Rohgasen und
Reingasen wird eine am Forschungszentrum Karlsruhe entwickelte Speziationsmethode
(Methode nach [BRAUN 1988]) verwendet und mit dem Hg-CEM kombiniert. Die Methode
beruht auf der selektiven Adsorption von HgCl2(g) an einen stark basischen
Anionenaustauscher (Dowex 1x8 Cl- -Form)22 direkt im heißen Rauchgas. Um eine
optimale Adsorption zu erreichen wird die Probenahme auf eine Temperatur zwischen 120
und 140°C beheizt. Die Effizienz der selektiven Adsorption von HgCl2(g) liegt in diesem
Temperaturbereich zwischen 97 und nahezu 100 %.
Die anderen im Rauchgas befindlichen Quecksilberspezies, wie Quecksilberoxid (HgO(g)),
Quecksilbersulfid (HgS(g)) oder Quecksilber-(I)-chlorid (Hg2Cl2(g)) und metallisches Hg0(g)
reagieren nach Herstellerangaben nicht mit dem Adsorber und werden zunächst in der
Reduktionseinheit zu elementarem Hg reduziert und anschließend in der Analyseeinheit als
Hggesamt kontinuierlich erfasst. Die Adsorptionstrecke wird direkt vor die Zuleitung der
Reduktionsflüssigkeit positioniert, um Verfälschungen des Messsignals durch Kondensation
oder Adsorption auszuschließen (Abbildung 6.5). Die Verwendung von Materialien wie
Polytetrafluorethylen (PTFE), Perfluor-Alcoxy-Polymere (PFA) und Quarz- bzw. Borsilikatglas
für die Adsorptionsstrecke reduziert eine Sorption von Hg an den Materialwänden auf ein
Minimum.
Abb. 6.5: Probenahmeaufbau zur Erfassung der Quecksilberspezies HgCl2(g) und Hg0(g).
22 Polystyrolharz mit Trimethylammonium als funktionelle Gruppe. Vollständige Überführung in die
Chloridform mit HCl. HgCl2 reagiert mit Chlorid des Harzes unter Komplexierung zu [HgCl3]- bzw.
[HgCl4]2- und Anlagerung als Anion nach folgender Gleichung: R − N+(CH3)3Cl- + HgCl2 → R −
N+(CH3)3HgCl3-.
DOWEX
ReduktionseinheitPartikel-filter
SnCl2
Schlauch-pumpe
gas pumpe
Adsorptions-einheit
Analyseeinheit
Beheizung
Rau
chga
s
analyserSEMTECH Hg 2000Kühler
1 2
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 42
Eine Überprüfung der selektiven Adsorption unter Verwendung des Kalibriergasgenerators
ergibt eine gute Wiederfindungsrate für gasförmiges Quecksilber und einen hohen
Adsorptionsgrad der ersten Adsorptionseinheit (DOWEX 1) (Abbildung 6.6).
Abb. 6.6: Bestimmung der Hg-Speziesverteilung und Validierung der Probenahme.
Durch wechselnde Erfassung der Gesamtquecksilberkonzentration und der Konzentration
ohne HgCl2-Anteil kann der gasförmige HgCl2-Anteil durch Differenzbildung ermittelt werden.
Das beladene Adsorberharz wird im Labor auf die abgeschiedene Quecksilbermenge
untersucht.
Die Probenahme-Vorrichtung, bestehend aus Filtereinheit und Adsorptionsstrecke wird direkt
am Rauchgaskanal befestigt (Abbildung 6.7, 6.8).
Abb. 6.7: Probenahme-Vorrichtung am SZ23 Abb. 6.8: Hg-CEM mit Datenerfassung
23 SZ = Schmelzzyklon
0
20
40
60
80
100
120
15:35:00 15:42:12 15:49:24 15:56:36Zeit
Hg
(g)
[µg
/Nm
3 ]
adsorbiertes HgCl2
elementares Hg
Sollwert
0
20
40
60
80
100
120
Soll Ist
Wie
der
find
un
g [
%]
101,5 µg/Nm3
SEMTECH48,4 µg/Nm3
DOWEX 148,5 µg/Nm3
DOWEX 20,6 µg/Nm3
Wiederfindung 97,5 %
Sollw ert gemessen
Reduktionsmittelzugabe
Adsorptionseinheit
Filtereinheit
RauchgaskanalAnalysator
Reduktionseinheit
Datenerfassung
Probenahmeleitung
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 43
Bei Messungen im partikelbeladenen Rohgas wird der Adsorptionsstrecke ein beheiztes
Staubfilter vorgeschaltet. Die Zuleitung des Reduktionsmittels erfolgt über ein T-Stück direkt
am Ausgang der Probenahme-Vorrichtung nach dem Filter, der auf Temperaturen bis 500°C
beheizt werden kann. Dadurch dass die Reduktion zu Hg0(g) bereits entlang der
Probenahmeleitung zur Reduktionseinheit im Messgeräteschrank erfolgen kann, werden
Verschleppungen von Hg-Spuren entlang der Gasprobenahme minimiert. Das Rauchgas mit
der Reduktionslösung (SnCl2 in verdünnter HCl) wird durch einen temperierten
Probenahmeschlauch (PTFE) der Reduktionseinheit des Online-Meßgerätes zugeführt und
in der Analyseeinheit auf die Hg-Konzentration analysiert.
Die zeitgleiche Erfassung der drei im Rohgas dominierenden Erscheinungsformen des
Quecksilbers, partikelgebundenes Hg(p) sowie gasförmiges elementares oder ionisches
(Hg0(g) bzw. HgCl2(g)), mit dem Hg-CEM ermöglicht eine zeitlich aufgelöste Erfassung
einzelner Quecksilberspezies. Durch die spezielle Funktionsweise des Analysators im Hg-
CEM wird die Beprobung des Rohgases vor Eintritt in die Rauchgasreinigung ermöglicht.
Dadurch kann der Einfluss verschiedener Brennstoffmischungen sowie unterschiedlicher
Verbrennungsführungen auf das Verhalten der Quecksilberspezies untersucht werden.
6.4 Labormessgerät Sowohl feste Proben (Brennstoffe, Flugstäube) als auch der beladene Adsorber werden im
Labor auf ihren Quecksilbergehalt analysiert. Dazu wird ein Kaltdampf-AAS24 genutzt, das
speziell für die Bestimmung von Quecksilberspuren nach dem Prinzip der Fließinjektion
entwickelt wurde. Die Fließinjektionstechnik gewährleistet durch die vorherige Trennung des
zu bestimmenden Elementes von der restlichen Probenmatrix eine hohe Unempfindlichkeit
gegenüber Matrixstörungen und nicht spezifischer Absorption. Die Nachweisgrenze liegt bei
etwa 0,01 µg/l (relativ) und 0,005 ng (absolut). Feste Proben, wie Brennstoffe und
Flugstäube, werden mit einem sauren Mikrowellen-Druckaufschluss bei Temperaturen von
max. 265°C und einem Druck von maximal 80 bar komplett in die flüssige Phase überführt.
Das beladenen Absorberharz wird mit einem kalten Königswasseraufschluss behandelt, das
adsorbierte Hg wird so in Lösung gebracht.
24 Perkin Elmer, Fließinjektions-Kaltdampf-AAS (FIMS 100)
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 44
7. Versuchsaufbau Die experimentellen Untersuchungen zur Mitverbrennung von Kohle und Klärschlamm
werden an dem bestehenden elektrisch beheizten, atmosphärischen Flugstromreaktor
(20 kWel) des Instituts für Verfahrenstechnik und Dampfkesselwesen der Universität Stuttgart
durchgeführt. Zur detaillierten Untersuchung des Emissionsverhaltens von Quecksilber (Hg)
wird an den bestehenden Flugstromreaktor zur Verbrennung staubförmiger Brennstoffe eine
Rauchgasreinigungsanlage angeschlossen (Kaptitel 7.2). Dazu wird mit einer Seitenkanal-
Vakuumpumpe, die als Saugzug fungiert, über einen Flanschanschluss ein
Rauchgasvolumenstrom von 4 bis 5 Nm3/h nahezu isokinetisch aus dem Verbrennungs-
reaktor entnommen und durch die einzelnen Komponenten (DeNOx, E-Filter, DeSOx)
gesaugt. Dies entspricht etwa der Hälfte des Rauchgasvolumenstroms des
Verbrennungsreaktors. Das restliche Rauchgas wird über einen Kerzenfilter ausgeleitet.
7.1 Verbrennungsreaktor
Der Verbrennungsreaktor (Abbildung 7.1) besteht aus einem vertikalen, keramischen
Reaktionsrohr (Aluminiumsilikat), das auf einer Länge von 2,5 m elektrisch beheizt werden
kann. Die maximale Wandtemperatur liegt bei etwa 1450°C. Eine Aufteilung der Beheizung
in 5 Zonen ermöglicht konstante
Wandtemperaturen oder die
Einstellung von Temperaturprofilen
entlang des Reaktionsweges. Der
staubförmige Brennstoff wird eine
gravimetrische Dosiereinheit
zusammen mit einem Traggasstrom
von oben durch den Brenner in die
Reaktionszone aufgegeben. Über
zwei konzentrische Ringspalte am
Brenner wird gleichzeitig
Verbrennungsluft zugeführt.
Bei einer zugeführten thermischen
Leistung von 8,5 kW (etwa 1 kg/h
Steinkohle) ergibt sich bei
ungestuftem Betrieb der Anlage eine
Verweilzeit des partikelbeladenen
Rauchgases in der beheizten Zone
von etwa 3 bis 4 Sekunden. Der
Gasanalyse (O2, CO2, CO, NOx, SO2)
Partikelentnahme
ReaktionsrohrO 200 mm
Brenner 0 m
PrimärluftSekundärluft
optischeMeßebene 2,5 m
T1
T2
T3
T4
T5
Förderluft
Komponenten der Rauchgasreinigung
Isolierung
BeheizungAusbrand-luftsonde
gravimetrische Dosierung
Kamin
Meßstellen
Abb. 7.1: Schema des Verbrennungsreaktors mit nachgeschalteter Rauchgasreinigung.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 45
beheizten Reaktionszone schließt sich ein mit alkalienarmen Feuerleichtbeton
ausgekleideter Endtopf an, der den Rauchgasstrom umlenkt und durch mehrere Öffnungen
an der Unterseite eine Beprobung des Rauchgases zulässt. Der Verbrennungsreaktor
ermöglicht die Einstellung stationärer Versuchsbedingungen in Bezug auf Luftzahl,
Verweilzeit und Verbrennungstemperatur.
7.2 Rauchgasreinigung um möglichst isokinetische Bedingungen bei der Ausleitung des staubbeladenen
Rauchgases zu erreichen ist die Entnahmestrecke als Trichter ausgeführt.
Abb. 7.2: Anlagenschema der Laborrauchgasreinigung sowie erfasste Messwerte.
Über einen separaten Anschluss am Ende der Ausleitungsstrecke wird die gesamte
Rauchgasreinigungstrecke mit einem Heißgaserzeuger vorgewärmt, um die Anlaufzeiten vor
Versuchsbeginn so gering wie möglich zu halten. Eine Verschlussklappe verhindert während
des Vorwärmprozesses der Rauchgasreinigung und der Einlaufphase des
Verbrennungsreaktors ein Verstopfen der Ausleitungsstrecke durch grobe Flugaschepartikel.
Eine Umschaltvorrichtung ermöglicht außerdem einen schnellen Wechsel von Vorwärmung
auf Versuchsbetrieb. Trichter, Verschlussklappe, Krümmer und Umschaltvorrichtung sind
aus V2A- bzw. V4A-Stahl gefertigt. Durch die angeschlossene Wärmetauscherstrecke
(WT 1) wird das Rauchgas auf eine Temperatur von etwa 380°C temperiert und dem
Katalysatorgehäuse zugeführt. Die Reinigungskomponenten Katalysator (DeNOx),
Elektroabscheider (E-Filter) und Rauchgasentschwefelungsanlage (DeSOx) sind in High-
dust-Anordnung an den Verbrennungsreaktor angeschlossen. Abbildung 7.2 verdeutlicht die
Verschaltung der Rauchgasreinigungsstufen und die erfassten Prozessparameter,
DeSOxDeNOx
E-Filter
T
T
T
T
TT
V
V
pHpH
RedOx
RedOx
Temperaturmessung
Abscheidespannung
pH-Wert-Messung
RedOx-Potential
Verbrennungs-reaktor
Ausleitungsstrecke
WT 1
WT 2
WT 3
Hyd
rozy
klo
n
Seitenkanal-Vakuumpumpe
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 46
Temperatur, Abscheidespannung im E-Filter, pH-Wert und RedOx-Potential im
Wäschersumpf.
Bei der Auslegung der Komponenten wurde besonderer Augenmerk auf die Übertragbarkeit
der Ergebnisse auf die Großtechnik gelegt. Temperaturverläufe und Verweilzeiten sollten
möglichst vergleichbar realisiert werden. Bei der Auswahl der Materialien, die mit dem
Rauchgasstrom in Berührung kommen, ist vor allem bei tieferen Temperaturen deren
Wechselwirkung mit Hg zu beachten. Bekannt sind vor allem Wechselwirkungen von Fe2O3,
das bei erhöhten Temperaturen reduzierend wirkt. Bei tiefen Temperaturen neigt sowohl
Hg0(g) als auch HgCl2(g) zur Belegung von nicht inerten Oberflächen, was sich in einer
Zeitverzögerung des Messsignals oder auch in Minderbefunden ausdrückt. Glas gilt
gegenüber solchen Einflüssen als nahezu optimal. Das Katalysatorgehäuse, der als
Füllkörperkolonne ausgeführte Nasswäscher sowie die Wärmetauscher und sämtliche
Leitungen und Verbindungen wurden daher aus Borsilikat- oder Quarzglas bzw. Teflon
gefertigt. Lediglich der Reaktorausgang bzw. die Verbindung zwischen Elektroabscheider
und Nasswäscher besteht fertigungsbedingt aus Metall bzw. Teflon. Für die Verbindungen
zwischen Reaktorausgang und DeNOx-Gehäuse sowie zwischen DeNOx-Gehäuse und E-
Filter werden Intensivwärmetauscher aus dem Laborhandel eingesetzt. Diese
Wärmetauscher, bei denen heiße Luft als Kühl- bzw. Heizmedium dient, ermöglichen eine
Temperierung des Rauchgases auf einer sehr kurzen Wegstrecke bei gleichzeitiger
Vermeidung kalter Oberflächen.
7.2.1 Katalysator Das Katalysatorgehäuse ist zur Minimierung des Einflusses von Oberflächeneffekten
vollständig aus Borsilikatglas gefertigt. Der Katalysator kann in drei Lagen mit einem
Katalysatorelementen bestückt werden (Abbildung 7.3). Die Kantenlänge der
Katalysatorelemente beträgt maximal 70 mm, die Länge eines einzelnen Elementes beträgt
250 mm. Der durch eine kreisrunde Sperrplatte freigegebene Anströmquerschnitt beträgt
2827 mm2. Mit einem Rauchgasvolumenstrom von etwa 4 bis 5 m3/h ergibt sich je nach
Katalysatortyp ein SV-Wert25 (space velocity) zwischen 2500 und 3100 h-1 und damit im
Bereich der Werte der Großtechnik (SV = 2000 bis 6000 h-1). Die Gesamtverweilzeit des
Rauchgases am Katalysator beträgt damit zwischen 0,7 und 0,9 Sekunden. Die
Katalysatorsteine stehen in einem beheizten, doppelwandigen Glasreaktor, der die
Wärmeverluste entlang der Reaktorlänge minimiert. Eintritts- und Austrittsflansch sind 25
]//[)( 3.,.
3 mhmrvolumenKatalysatolumenstromRauchgasvo
velocityspaceSV fNi=
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 47
zusätzlich mit elektrischen Begleitheizungen
ausgestattet. Bei Rauchgastemperaturen von
350°C beträgt die Temperaturdifferenz
zwischen Eintritt und Austritt etwa 30 Kelvin.
Gasprobennahmen sind am Eintritt und
Austritt sowie zwischen jeder Katalysatorlage
möglich. Zusätzlich können über einen Zugang
vor Eintritt in den Katalysator entweder
Ammoniak zur Reduktion der Stickoxide oder
auch andere Gase eingedüst werden.
Abb. 7.3: Schematischer Aufbau des Katalysators der Laborrauchgasreinigung.
7.2.2 Elektrofilter Als Staubabscheider wird ein Probenahme-Elektrofilter26 genutzt (Abbildungen 7.4 und 7.5).
Dieses Elektrofilter zeichnet sich durch seinen hohen Abscheidegrad und seine hohe
Sammelkapazität aus. Das Filter besteht aus einer auswechselbaren Röhre, in der sich eine
dünne Abscheidefolie befindet und einer Sprühelektrodenanordnung, die einen schnellen
Röhrenwechsel zulässt. Der Elektroabscheider ermöglicht die Staubabscheidung nach
Kraftwerksvorbild an einer Niederschlagselektrode im Bereich der Wandgrenzschicht der
Gasströmung. Die Sammlung größerer Staubmengen über längere Zeiträume ohne einen
26 Delta-Profimat Typ E (Emission), Firma Künzer (jetzt Firma Hereaus Elektro Nite)
Reingas
1. Lage
2. Lage
3. Lage
Heißluft
Temperatur
Probenahme
Probenahme
Temperatur
NH3
Probenahme
Planfilter auswechselbare Abscheidefolie
Heizung
GaseintrittHochspannung-elektrode
Gasaustritt
Hochspannung
Sprühelektrode
Gasaustritt
Gaseintritt
Regeleinheit
Abb. 7.4: Elektrofiltergehäuse Abb. 7.5: Schematischer Aufbau der Abscheideeinrichtung [KÜNZER 1985]
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 48
Anstieg des Filterdruckes ist möglich. Bei einem Gasdurchsatz von 4 m3/h, einer
Filterspannung von 24 kV und einem Sprühstrom von ca. 0,5 mA erreicht das Filter für ein
breites Teilchengrößenspektrum (0,1 bis 10 µm) Abscheidegrade von über 99 %
[KÜNZER 1985]. Der Gesamtabscheidegrad für unterschiedliche Einsatzbedingungen, wie
Temperatur, Staubkonzentration und Volumenstrom, liegt nach Herstellerangaben in der
Regel bei >99 %). Weder die Staubkonzentration noch die abgeschiedene Staubmenge hat
einen merklichen Einfluss auf den Abscheidegrad. Zusätzlich besteht am Ausgangsteil des
E-Filters die Möglichkeit einen zusätzlichen Filter (Planfilter oder Glaswolle) anzubringen, um
bei höheren Gasdurchsätzen schlecht abscheidbare Teilchen trotzdem im Filtergehäuse
zurückzuhalten, worauf jedoch innerhalb des Projektes verzichtet wurde. Das Elektrofilter
lässt sich in einem Temperaturbereich zwischen 100 und 200°C beheizen. Im
Versuchsbetrieb liegt die Elektrofiltertemperatur, entsprechend der Werte in der Großtechnik,
zwischen 130 und 140°C. Durch die geringe Kontaktfläche zwischen abgeschiedenem Staub
und Gasstrom werden chemische Reaktionen oder sonstige Wechselwirkungen zwischen
Feststoffniederschlag und Abgas weitestgehend vermieden. Bei den sonst üblichen
Quarzwattefiltern besteht im Gegensatz zum eingesetzten Elektrofilter die Gefahr einer
verstärkten Quecksilberadsorption durch die auf dem Filter haftende Filterschicht.
7.2.3 Nasswäscher Für die gezielte Untersuchung einzelner
Phänomene der Löslichkeitseigenschaften
von Hg in der Waschflüssigkeit der
Rauchgasentschwefelung wird eine
Füllkörperkolonne aus Glas konzipiert
(Abbildung 7.6). Die Füllkörperkolonne
besteht aus dem Wäschersumpf, der
Rohgaszuleitung, der Füllkörperschüttung,
der Suspensionszugabe und der Ausleitung
des Reingases. Im Sumpf wird der pH-Wert
und das RedOx-Potential der Waschlösung
bestimmt. Die Temperatur des Rohgases
wird direkt beim Eintritt in den Wäscher mit
einem Thermoelement erfasst. Die Höhe der
Füllkörperschüttung beträgt etwa 400 mm,
bei einem Durchmesser der Schüttung von
60 mm. Als Füllkörper kommen Raschig-
Ringe aus Glas mit der Dimension
Rohgas
Reingas
Kalkstein-suspension100 bis 900 l/h
ca. 4
00 m
m
Kalkmilch +Gipsflocken
Messung von:- Temperatur- pH-Wert- RedOx-Potential
Raschigringe
Abb. 7.6: Schema der Füllkörperkolonne
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 49
6 x 6 x 0,5 mm zum Einsatz. Die dosierte Menge der Kalksteinsuspension kann zwischen
100 und 900 l/h variiert werden, so dass das L/G-Verhältnisse zwischen etwa 0,03 und 0,23
variiert werden kann. Damit liegen die Werte etwas über den Werten großer
Kalksteinwäscher, wo etwa 6 bis 10 Litern Kalksteinmilch pro Nm3 (L/G etwa 0,006 bis 0,01)
Rauchgas als Richtwert gilt. Der Einsatz von Kalksteinmehl verspricht gegenüber Kalk eine
einfachere Handhabung und größere Gipskristalle, die sich einfacher fällen lassen. Um einen
kontinuierlichen Betrieb zu gewährleisten, wird für die Fällung und Wiederanreicherung der
Wasch-suspension mit Kalksteinmehl ein eigens entwickelter Hydrozyklon eingesetzt.
7.3 Laboraufbau zur Ermittlung des Einflusses pulverförmiger Substanzen Zur systematischen Ermittlung des Zusammenhangs zwischen der Konzentration der sauren
Gaskomponenten HCl und SO2 und der Temperatur auf die Hg-Speziation in Anwesenheit
von pulverförmigen Substanzen wird eine Laboranordnung aus Dosiereinheit, temperierter
Filtereinheit und Analyseeinheit verwendet (Abbildung 7.7).
Abb. 7.7: Schematischer Aufbau der Laborapparatur.
In der Dosiereinheit wird ein konstanter Massenstrom einer Flüssigkeit, die eine definierte
Konzentration an Hggesamt, HCl oder SO2 enthält, mit einer Schlauchpumpe einem
Verdampfer zugeführt, der bei einer Temperatur von 200°C die Flüssigkeit verdampft und
einem konstanten Traggasstrom (Stickstoff oder Luft) kontinuierlich beimischt. Es entsteht
ein Gas-Dampfgemisch mit einer definierten Zusammensetzung aus N2, H2O, HCl, SO2 und
Hggesamt, das von der Gaspumpe der Analyseeinheit durch die Filtereinheit gesaugt wird.
DOWEX
Reduktionsstrecke
SnCl2
Kühler
Schlauch-pumpe
AnalysatorGaspumpe
Analysestrecke
Beheizung
Tra
ggas
Flü
ssig
keit
Ver
dam
pfer
Massenflußregler
Byp
ass
(Jod
kohl
eads
orbe
r)
CaO
FiltereinheitDosiereinheit
Adsorptionstrecke
Beheizung
Jodkohle
Analyseeinheit
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 50
8. Experimentelle Untersuchungen Ziel des Projektes ist die Ermittlung relevanter Parameter auf die Emission von gasförmigem
Quecksilber und die Verteilung der Quecksilberspezies auf die Austragsströme der einzelnen
Rauchgasreinigungsstufen. Eine Variation der identifizierten Parameter soll zum Verständnis
des Verhaltens von Quecksilber in verschiedenen Rauchgasreinigungssystemen beitragen.
Um den direkten Einfluss einzelner Brennstoff- und Verbrennungsparameter auf das
Verhalten von Hg zu ermitteln, wurde zunächst die Verteilung der Quecksilberverbindungen
im Rohgas der Verbrennungsanlage bestimmt. Bei diesen Versuchen werden verschiedene
Brennstoffmischungen aus Kohle und Klärschlamm verbrannt. Die Brennstoffdaten der Kohle
(deutsche Steinkohle Göttelborn) und des Klärschlamms (kommunaler Klärschlamm aus
Backnang) sind in Tabelle 8.1 aufgeführt.
Tabelle 8.1: Brennstoffdaten der verwendeten Brennstoffe (Steinkohle und Klärschlamm).
Brennstoff
Hei
zwer
t Hu,
roh
Was
ser,
roh
Asc
he, r
oh
Flü
chtig
e, r
oh
fixed
C, r
oh
Koh
lens
toff,
wf
Was
sers
toff,
wf
Stic
ksto
ff, w
f
Sch
wef
el, w
f
Chl
or, r
oh
Que
cksi
lber
, roh
[kJ/kg] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [mg/kg] [mg/kg]
Steinkohle Göttelborn
27030 8,9 8,9 30,0 52,2 73,8 4,9 1,4 0,8 1813 0,15
Klärschlamm Backnang
9480 5,1 47,4 44,5 3,0 25,8 4,2 3,4 1,0 567 0,78
Asche SiO2 Fe2O3 Al2O3 CaO MgO Na2O K2O TiO2 P2O5
[Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%] [Gew.-%]
Steinkohle Göttelborn
43,2 10,1 22,8 5,0 3,0 0,4 2,9 0,9 0,1
Klärschlamm Backnang
37,3 12,6 13,7 10,0 2,9 0,4 2,3 0,7 9,8
roh = wie verbrannt
Unterschiede der Brennstoffe Klärschlamm und Kohle ergeben sich aus dem im Vergleich
zur Kohle niedrigen Heizwert, dem höheren Stickstoffgehalt, dem niedrigen Chlorgehalt und
dem hohen Aschegehalt des Klärschlamms. Durch den großen Unterschied im Aschegehalt
werden die wesentlichen Unterschiede in der Aschezusammensetzung noch verstärkt. Dies
gilt für den niedrigeren Al2O3- und höheren CaO-Gehalt und insbesondere für den hohen
P2O5-Gehalt der Klärschlammasche. Der Quecksilbergehalt des Klärschlamms liegt mit 0,78
mg/kg etwa Faktor 5 über dem Hg-Gehalt der Kohle.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 51
Für die Messungen werden Mischungen mit Klärschlammanteilen von 10, 20 und 40 Gew.-%
hergestellt. Der Mischbrennstoff wurde durch Vermischen verschiedener Anteile von
staubförmig gemahlener Kohle und Klärschlamm und anschließendes sorgfältiges
Homogenisieren hergestellt. Entmischungen im Vorlagebehälter des Verbrennungsreaktors
wurden während der Versuche nicht festgestellt. Um Schwankung in der Brennstoffqualität
zu berücksichtigen wurde die Konzentration von CaO durch zusätzliches Einmischen von
CaCO3 zum Brennstoff und auch eine Dotierung des Rauchgases mit CaCO3 oder Ca(OH)2
durchgeführt. Zusätzlich wurde das Rauchgas mit unterschiedlichen Konzentrationen an HCl
und SO2 dotiert.
In Bezug auf die vermutlich für das Quecksilberverhalten maßgebenden
Brennstoffkomponenten CaO und Chlor ist festzustellen, dass es durch den höheren CaO-
Gehalt des aschereichen Klärschlamms bei einem Klärschlammanteil von 40 % gegenüber
der reinen Kohle zu einer Erhöhung des CaO-Gehalts der Flugasche des Brennstoffs von
4450 mg/kg auf 21600 mg/kg kommt. Gleichzeitig sinkt der Chlorgehalt des Brennstoffs von
1813 mg/kg auf 1315 mg/kg während der Schwefelgehalt mit 7290 mg/kg bzw. 7860 mg/kg
nahezu konstant bleibt.
8.1 Messungen im Rohgas vor Laborrauchgasreinigung
Der staubförmige Mischbrennstoff wird in dem in Kapitel 7.1 beschriebenen elektrisch
beheizten Verbrennungsreaktor bei einer Reaktorwandtemperatur von 1100°C verbrannt.
Durch Messungen im Rohgas des Verbrennungsreaktors sollte zunächst geklärt werden,
welche Unterschiede sich bei der Verteilung der Quecksilberverbindungen im Rohgas durch
unterschiedliche mitverbrannte Klärschlammanteile ergeben. Dazu wurde die ermittelte
partikelgebundene Quecksilberkonzentration und das Verhältnis von Hg0(g)/HgCl2(g) aus der
Messung bei reiner Kohlefeuerung mit Messungen bei drei unterschiedlichen
Mitverbrennungsanteilen von 10, 20 bzw. 40 Gew-% Klärschlamm (3,8 %, 8,3 % bzw. 19 %
des thermischen Input) miteinander verglichen. Außerdem wurde für reine Kohleverbrennung
sowie 10 und 40 Gew.-% Klärschlammanteil die Emissionswerte für NOx und CO ermittelt
(vgl. Tabelle 8.2).
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 52
Tabelle 8.2: Emissionswerte für Kohle und Kohle/Klärschlamm-Mischungen (Rohgas)
Mitverbrennungsanteil Reine Kohle Brennstoffmischungen
Komponente Einheit 100/0 90/10 (3,8% th.) 60/40 (19,0% th.)
O2 Vol-% 6,0 6,2 5,3
CO Ppm 21 79 28
CO2 Vol-% 12,4 12,3 13,0
Hggas @ 6% O2 i.N. µg/m3 10,4 13,0 29,3
NOx Ppm 610 364 479
NOx @ 6% O2 i.N. mg/m3 1251 756 935
Durch den höheren Stickstoffgehalt des Klärschlamms steigt bei der Mitverbrennung von
Klärschlamm der Brennstoffstickstoffgehalt im Mischbrennstoff. Bei ungestufter Verbrennung
ist eine Senkung der NOx-Konzentration mit einer Brennstoffmischung 90/10 (90 Gew.-%
Kohle / 10 Gew.-% Klärschlamm) zu beobachten. Dies ist vermutlich auf den hohen Anteil
hochflüchtiger Stickstoffkomponenten im Klärschlamm zurückzuführen, der bereits im
unterstöchiometrischen Bereich der Flamme zu einer primären Reduktion der Stickoxide
führt. Bei höheren Klärschlammanteilen kann dieser Effekt jedoch einen Anstieg der NOx-
Konzentration in der Ausbrandzone durch den höheren Brennstoffstickstoffgehalt nicht
kompensieren.
Entsprechend des Mischungsanteiles der eingesetzten Brennstoffe erhöht sich bei der
Mitverbrennung auch der Hg-Gehalt des in den Verbrennungsprozess eingebrachten
Mischbrennstoffes gegenüber der reinen Kohleverbrennung von 0,15 mg/kg um 40 % auf
0,21 mg/kg (3,8 % th. Anteil), um 87 % auf 0,28 mg/kg (8,3 % th. Anteil) bzw. um 167 % auf
0,40 mg/kg (19,0 % th. Anteil).
Die in Abbildung 8.1 angegebenen Wiederfindungsraten sind das Verhältnis aus dem über
die Brennstoffe eingebrachten Quecksilberinput und dem messtechnisch ermittelten
Quecksilberoutput. Wiederfindungsraten zwischen 73 und 87 % sind in Anbetracht der sehr
geringen Konzentrationen noch als zufriedenstellend einzustufen und lassen darauf
schließen, dass keine erheblichen Quecksilberverluste zwischen In- und Output aufgetreten
sind.
Der gemessene partikelgebundene Anteil liegt im untersuchten Temperaturbereich von 270
bis 300°C für die untersuchten Klärschlammanteile zwischen etwa 7 und 21 %. Einen
wesentlichen Einfluss auf die Höhe des gemessenen partikelgebundenen Quecksilberanteils
hat die eingestellte Filtertemperatur der Probenahme. Höhere Filtertemperaturen ergeben
generell niedrigere partikelgebundene Anteile. Die Filtertemperatur hat bei den verwendeten
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 53
Brennstoffen (Steinkohle und kommunaler Klärschlamm) mit höheren Klärschlammanteilen
und zunehmender Filterbeladung auch einen stärkeren Einfluss auf die gemessene
Verteilung der Hg-Spezies. Messungen haben gezeigt, dass sich für Filtertemperaturen, die
bei etwa 300°C liegen, unabhängig vom Klärschlammanteil gasförmige elementare Hg0(g)-
Anteile zwischen etwa 60 und 80 % ergeben, während sich für niedrigere Filtertemperaturen
Hg0(g)-Anteile zwischen etwa 30 und 50 % nachweisen lassen. Während die
Wiederfindungsraten für die Messungen im Rohgas generell zufriedenstellend sind, hängt
die Speziation von Quecksilber neben der Filtertemperatur auch von der Zusammensetzung
der Filterasche ab (vgl. Abbildung 8.4 und 8.5).
Abb. 8.1: Quecksilberspezies bei verschiedenen Klärschlammanteilen, Probenahme T = 270 bis 300°C.
Eine Dotierung des Mischbrennstoffes aus Kohle und Klärschlamm (90/10) mit CaO und HCl
soll Aufschluss über den Einfluss verschiedener Klärschlammqualitäten geben. Die
Dotierung erfolgt zunächst durch Vermischen von fein gemahlenem CaO zum staubförmigen
Brennstoff. Mit einem Kalibriergasgenerator (vgl. Kapitel 6.2) erfolgt die Zumischung einer
definierten HCl-Konzentration zur Primärluft am Brenner. Die Verbrennung erfolgt ungestuft
mit Luftüberschuss (O2-Gehalt bei Probenahmestelle ca. 6 %). Die Beprobung des
staubhaltigen Rohgases am Ende des Reaktors erfolgt bei einer Temperatur von etwa
300°C, wobei die partikelgebundene Quecksilberkonzentration sowie das Verhältnis von
Hg0/HgCl2 in der Gasphase bestimmt wird.
Kohle/Klärschlamm Verhältnis [Gew.-%]
11 % 21 % 10 % 7 %
69 %27 %
52 %47 %
20 %52 %
38 %
46 %
0
100
200
300
400
500
100/0 90/10 80/20 60/40
Hg
-ou
tpu
t [µg
/h]
ionisches HgCl2(g)
elementares Hg(g)
partikelgebundenes Hg(p)
Wiederfindung77 %Wiederfindung
87 %Wiederfindung
84 %
Wiederfindung73 %
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 54
Abb. 8.2: Einfluss HCl und CaO-Dotierung auf Verteilung der Quecksilberspezies bei KS-Anteil 10 Gew.-%.
Die Bilanzierung der Input- und Outputströme für das Element Quecksilber ergibt für die in
Abbildung 8.2 dargestellten Einstellungen zufriedenstellende Wiederfindungsraten zwischen
77,3 und 100,1 %. Die Ermittlung der Speziesverteilung bei einer Rauchgastemperatur von
300°C ergibt für den Mischbrennstoff ohne Dotierung einen partikelgebunden Hg-Anteil von
21 %, der gasförmige ionische Hg-Anteil liegt bei etwa 52 % (vgl. Abbildung 8.1). Die
Dotierung von zunächst 18,5 mg/m3 HCl bewirkt eine Erhöhung des gasförmigen Anteils,
was auf die verflüchtigende Wirkung von Chlor auf adsorbiertes Hg zurückgeführt werden
kann. Der ermittelte ionische gasförmige Anteil bleibt mit 56 % nahezu konstant. Selbst eine
weitere Erhöhung der HCl-Dotierung auf etwa 75 mg/m3 führt bei der hier untersuchten
Temperatur nicht zu einer eindeutigen Erhöhung des ionischen Anteils, die Speziesverteilung
in der Gasphase bleibt nahezu unverändert. Die Zugabe von 60 g CaO/kg Brennstoff zeigt
dagegen einen deutlichen Einfluss auf die gasförmige Hg-Speziation. Der HgCl2(g) Anteil
geht von etwas über 50 % auf 23 % zurück.
Versuche mit 30, 60 und 90 g CaO/kg Brennstoff
zeigen, dass schon etwa 30 g/kg Brennstoff
ausreichend sind, um diesen Effekt zu erzielen
(Abbildung 8.3).
Abb. 8.3: Hg-Spezies bei verschiedenen CaO-Dotierungen (auf 100 % umgerechnet).
Mitverbrennung von Kohle und Klärschlamm, 90/10 Gew.-%
11%10%10%12%21%0
50
100
150
200
250
8,0 9,2 7,1 43,5 39,4
Hg
-ou
tpu
t [µg
/h]
keine HClDotierung
Dotierung von18.5 mg/m3 HCl
Dotierung von60 g/kgfuel CaO
Dotierung von 75 mg/m3 HCl
and60 g/kgfuel CaO
Dotierung von75 mg/m3 HCl
ionisches HgCl2
elementares Hg
partikelgebunden
27%
52% 56%
32%
53%
37%
23%
67%
64%
25%
0%
25%
50%
75%
100%
0 30 60 90zudotierte CaO-Menge [g/kgfuel]
Sp
ezie
san
teil
HgCl2(g)
Hg0(g)
Hg(p)
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 55
Eine Zugabe von CaO bei gleichzeitiger Dotierung der Verbrennungsluft mit HCl relativiert
die Wirkung des CaO und führt gegenüber der Einstellung ohne Dotierung von CaO und HCl
zu einem niedrigeren partikelgebunden Anteil bei gleichzeitig höherem ionischen Anteil.
Offensichtlich wird die Speziation von Quecksilber im Rauchgas durch die Anwesenheit von
freiem CaO und unterschiedlichen HCl-Konzentrationen beeinflusst.
In der internationalen Literatur finden sich kaum Informationen über diese Zusammenhänge.
In [ZYGARLICKE 1997] wird über Wechselwirkungen zwischen Quecksilber, Chlor und
alkalischen Bestandteilen der Flugasche, insbesondere CaO, bei einer U.S. Kohle berichtet.
Es wird festgestellt, dass CaO in der Flugasche bei gleichzeitiger niedriger Konzentration an
chloridischen Bestandteilen (HCl(g), Cl2(g)) für einen hohen partikelgebundenen
Quecksilberanteil von 41 % im Rauchgas (Temperatur der Probenahme zwischen 200 und
250°C) verantwortlich ist. Der Einfluss von SO2 und HCl auf die Abscheideleistung CaO-
haltiger Additive für Quecksilber bei Temperaturen von 65 und 100°C wird in
[GORISHI 1998] untersucht.
Um diesen Zusammenhang zu quantifizieren werden Laborversuche mit der in Kapitel 7.3
beschriebenen Apparatur durchgeführt. Durch die Verwendung von fein gemahlenem CaO
und Synthesegasmischungen aus Hg(g), HCl, H2O und N2 wird sowohl die
Temperaturabhängigkeit der Hg-Sorption an CaO ermittelt (Abbildung 8.4), als auch der
Einfluss von Temperatur und HCl-Konzentration auf die Quecksilberspeziation von Hg an
CaO belegt (Abbildung 8.5). Die Ergebnisse zeigen übereinstimmend, dass während der
Abkühlung der Rauchgase erst ab einer Temperatur von etwa 300°C mit nennenswerten
partikelgebundenen Anteilen zu rechnen ist.
-10
0
10
20
30
40
50
120 160 200 240 280 320 360
300 mg/m3 HCl
93 mg/m3 HCl
9,3 mg/m3 HCl
0,9 mg/m3 HCl
So
rpti
on
srat
e S
R [
%]
Temperatur [°C]
cHgges in - cHgges out
cHgges inx 100 [%]SR =
Abb. 8.4: Hg-Sorptionsrate SR in
Abhängigkeit der Temperatur
10
30
50
70
90
110
120 160 200 240 280 320 360
300 mg/m3 HCl
93 mg/m3 HCl
9,3 mg/m3 HCl
0,9 mg/m3 HCl
cHg0out - cHg0
in
cHgges in - cHg0in
x 100 [%]KR = Ko
nve
rsio
nsr
ate
KR
[%
]
Temperatur [°C]
Abb. 8.5: Konversionsrate KR in
Abhängigkeit der Temperatur
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 56
In Abbildung 8.4 steigt der sorbierte Anteil, ausgedrückt durch die Sorptionsrate SR, mit
abnehmender Temperatur stark an und liegt im Laborversuch bei einer Temperatur von
140°C bei etwa 45 % des gasförmigen Quecksilbers. Die Komponente CaO im Rohgas oder
auf dem Partikelfilter vor dem Hg-CEM bewirkt außerdem bei Temperaturen > 360°C eine
vollständige Konversion von bereits gebildetem HgCl2(g) zu Hg0(g) (vgl. Abbildung 8.5). Mit
abnehmender Rauchgas- oder Filtertemperatur sinkt die Konversionsrate KR und liegt für
160°C bei etwa 50 %. Das heißt, durch die Zugabe von CaO in ein heißes Rauchgas kommt
es zu einer Erhöhung des elementaren Hg0(g)-Anteils.
Als Ergebnis dieser Versuche zum Sorptionsverhalten von Hg an CaO-Partikeln kann
festgehalten werden, dass als ein maßgeblicher Parameter für die Erhöhung des
partikelgebundenen Quecksilberanteils bei Temperaturen kleiner etwa 300°C der höhere
CaO-Gehalt des Klärschlamms identifiziert ist. In den Versuchen mit CaO-Dotierung durch
die Zugabe von CaO-Pulver zum Brennstoff oder durch die Injektion in den beheizten
Verbrennungsreaktor konnte außerdem gezeigt werden, dass CaO einen maßgeblichen
Einfluss auf die Erscheinungsform der gasförmigen Quecksilber-verbindungen hat
(Abbildung 8.2). Ein hoher CaO-Gehalt im Rohgas bzw. eine zusätzliche CaO-Dotierung zum
Rauchgas führt zu einer Erhöhung des metallischen Hg0(g)-Anteils.
Bei gleichzeitiger Anwesenheit von CaO und anderer möglicher Reaktionspartner im heißen
Rauchgas, wie Chlor und Schwefel, wird die für die Reaktion mit Hg verfügbare freie
Oberfläche der CaO Partikel durch die Bildung von Alkalisulfiden (Toptimal = 1100 – 850°C)
bzw. von Alkalichloriden (Toptimal = 650 – 400°C) beeinflusst. Um sowohl den Einfluss von
CaO bei verschiedenen HCl- und SO2-Konzentration zu verdeutlichen und auch den Einfluss
der Temperatur auf die Hg-Speziation gezielt zu untersuchen wird in den
Verbrennungsreaktor ein Gasgemisch aus Hg, O2, N2, H2O, HCl und SO2 bei
Reaktortemperaturen von 400, 750 und 1100°C eingeleitet. Tabelle 8.3 zeigt im Überblick die
Konzentrationen der einzelnen Komponenten und der anderen relevanten Parameter bei den
verschiedenen Einstellungen.
Ein konstanter Massenstrom von 10 bzw. 30 g/h fein gemahlenes Kalziumhydroxid Ca(OH)2
wird über eine Sonde seitlich, etwa 0,9 m nach Brenner, in den Verbrennungsreaktor
eingeleitet. Dies entspricht einem Ca/(Cl+S)-Molverhältnis von 2,5 bzw. 7,5. Bei hohen
Temperaturen von 1100°C wird Ca(OH)2 in CaO und H2O aufgespalten während bei tieferen
Temperaturen Ca(OH)2 im Rauchgas vorliegt. Die Temperatur der Probenahme beträgt
einheitlich 260 bis 280°C.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 57
Tabelle 8.3: Versuchsparameter bei Versuchen mit CaO und HCl/SO2-Gasgemischen Einheit Reaktorwandtemperaturen
[°C] 1100 750 400
O2 [Vol-%] 3,6
H2O [Vol-%] 8,1
HCl [mg/Nm3] 253
SO2 [mg/Nm3] 276
N2 [Vol-%] Rest
Hg [µg/Nm3] 40
Menge Ca(OH)2 (1) [g/h] 0 / 10 / 30 0 / 10 / 30 0 / 10 / 30
Ca/(Cl+S) (1) [-] 0 / 2,5 / 7,5 0 / 2,5 / 7,5 0 / 2,5 / 7,5
Verweilzeit in beheizter Zone des Reaktors (ca.) [s] 9 12 19
Abkühlgeschwindigkeit bis Probenahme (ca.) [K/s] 750 [-] 200
(1) Ohne / mit CaO / mit 3x CaO
Bei den Einstellungen ohne CaO nimmt der HgCl2(g)-Anteil mit abnehmender Temperatur zu
(Abbildung 8.6). Bei 1100°C Wandtemperatur beträgt der Anteil HgCl2(g) etwa 60 bis 70 %
während bei 400°C Wandtemperatur wegen der langen Verweilzeit und der tiefen
Temperatur nahezu ausschließlich HgCl2(g) vorliegt.
Abb. 8.6: Einfluss von Temperatur und CaO auf die Speziation von Hg in einem synthetischen Gasgemisch.
Die Dotierung des Rauchgases mit 10 g/h Ca(OH)2 führt bei 1100°C Wandtemperatur zu
einer deutlichen Abnahme des Anteils HgCl2(g) auf etwa 30 %. Der reduzierende Effekt der
Ca(OH)2-Zugabe auf Hg nimmt mit sinkender Temperatur deutlich ab. Eine höhere Ca(OH)2-
Dotierung von 30 g/h führt bei Wandtemperaturen von 750 und 400°C zu einer weiteren
0%
20%
40%
60%
80%
100%
ohne CaO mit CaO ohne CaO mit CaO mit 3x CaO ohne CaO mit CaO mit 3x CaO
1100°C 750°C 400°C
HgCl2(g)
Hg0(g)
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 58
Abnahme des elementaren Anteils. Für 750°C Wandtemperatur sinkt der Anteil HgCl2(g)
sogar auf nahe Null.
In Abbildung 8.7 sind die Messwerte des Hg-CEM der Messung bei einer Reaktortemperatur
von 750°C und einer Temperatur der Probenahme am Reaktorausgang von etwa 280°C
dargestellt. Die erste Messung (linkes Bild) wurde ohne Dotierung von Ca(OH)2 durchgeführt.
Abb. 8.7: Einfluss von CaO und SO2 auf die Verteilung der Hg-Spezies in Synthesegas, Reaktortemperatur 750°C.
Die voreingestellte Konzentration Hgges(g) beträgt 40 µg/m3, die Konzentration Hg0(g) wird
mit etwa 10 µg/m3 ermittelt. Eine Unterbrechung der SO2-Dotierung, zwischen 20:23 Uhr und
20:31 Uhr bewirkt eine Abnahme der Konzentration Hg0(g) auf etwa 5 µg/m3. Wird zusätzlich
Ca(OH)2 eingedüst (rechtes Bild), liegt der Hg0(g)-Anteil bei etwa 50 % der Hgges(g)-
Konzentration. Eine wiederholte Unterbrechung der SO2-Dotierung zwischen 0:49 Uhr und
1:25 Uhr führt abermals zu einer Abnahme der Hg0(g)-Konzentration um etwa 5 µg/m3.
Sowohl eine hohe SO2-Konzentration als auch die Anwesenheit von CaO bewirken eine
Erhöhung des Hg0(g)-Anteils im Rauchgas. Die Reaktionsmechanismen sind bisher nicht
geklärt.
Reaktortemperatur 750 °C
0
10
20
30
40
50
19:50 20:05 20:20 20:35 20:50
Zeit [hh:mm]
Hg
[µg
/Nm
3 ]
Hg(g) gesamt Hg(g) gesamtHg0(g) elementarhinter Dowex
SO
2-In
jekt
ion
gest
oppt
SO
2-In
jekt
ion
gest
arte
t
Reaktortemperatur 750 °C mit Ca(OH)2 - Injektion
0
10
20
30
40
50
0:42 0:56 1:10 1:25 1:39 1:54 2:08
Zeit [hh:mm]
Hg
[µg
/Nm
3]
Hg(g) gesamt
SO
2-In
jekt
ion
gest
oppt
Hg(g) ges.
Hg0(g) elementarhinter Dowex
Ca(
OH
) 2 -I
njek
tion x
3
Ca(
OH
) 2 -I
njek
tion
x 3
ges
top
pt
neues Dow ex neuer Filter
SO2-Injektion gestartet
Hg0(g) elementarhinter Dowex
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 59
8.2 Messungen entlang des Rauchgasreinigungsweges Die Ergebnisse der Versuche am Verbrennungsreaktor mit nachgeschalteter
Rauchgasreinigungstrecke und eingebauten Katalysatorelementen sind in Tabelle 8.4
aufgeführt. Die Versuche beinhalten Messungen bei der Verbrennung eines Brennstoff-
gemisches aus Steinkohle und einem Klärschlammanteil (KS) von 3,8 % am thermischen
Input sowie Versuche mit zusätzlicher Dotierung von Quecksilber zur Verbrennung.
Tabelle 8.4: Bilanzierung von Hg0(g), HgCl2(g) und Hg(s) zwischen Katalysator und Wäscher
Versuch Ort der Probenahme
Temp. [°C]
Input: Hgges
[µg/m3] /[%] Hg0(g) [µg/m3]/ [% vom Input]
HgCl2(g) [µg/m3] / [% vom Input]
Hg(s) auf Flug-staub [mg/kg] / [% vom Input]
3,8 % th. Anteil KS 14,2 /100
Vor E-Filter 140 0,5 /2,3 5,5 /25,4 2,6 /167,0
Nach E-Filter 140 0,5 /2,3 5 /22,9
3,8 % th. Anteil KS mit Hg-Dotierung
26 bis 29 /100
Nach Katalysator 300 1 bis 2 /4,1 11 bis 12 /31,3
Vor E-Filter 140 2 bis 3 /6,8 10 bis 11 /28,6 3,9 /142,6
Nach E-Filter 140 3 bis 4 /9,5 8 bis 9 /23,1
Die Ergebnisse der Messungen mit eingebauten Katalysatorelementen (Tabelle 8.4) zeigen,
das ein Großteil des Quecksilbers vor Elektrofilter partikelgebunden vorliegt (167,0 bzw.
142,6 %). Der partikelgebundene Anteil wird im Elektrofilter abgeschieden. Bei beiden
Messungen liegt der Quecksilberoutput wegen des ermittelten hohen partikelgebundenen
Quecksilberanteils über dem Quecksilberinput. Dies wurde zunächst auf eine fehlerhafte
Analyse der Hg-Konzentration im Flugstaub oder auf kontaminierte Gefäße zurückgeführt.
Eine Verdopplung der Hg-Konzentration im Rauchgas durch eine zusätzliche Hg-Dosierung
führt nach dem Elektrofilter zu einer Erhöhung der Hgges(g) von etwa 30 % auf etwa 35 %
sowie zu einer leichten Erhöhung der Hg0(g)-Konzentration von 2,3 % auf bis zu 9,5 %.
Die Tatsache, dass sich bei den Versuchen mit Verbrennungsreaktor und nachgeschalteter
Rauchgasreinigungsstrecke und der durchgeführten Erfassung aller Input- und Outputströme
zum Teil erhebliche Differenzen bei der Bilanzierung der Quecksilberkomponenten ergeben
war zunächst unbefriedigend. Eine Erfassung der Quecksilberkonzentration entlang des
Rauchgasweges mit dem Hg-CEM sollte Aufschluss über eine mögliche Quecksilbersenke
bzw. –quelle geben. Die vor dem Katalysator im Temperaturbereich oberhalb etwa 300 bis
350°C ermittelten Werte weisen zufriedenstellende Wiederfindungsraten zwischen etwa 80
und 120 % auf, während bei Beprobungen nach Katalysator im Temperaturbereich unterhalb
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 60
etwa 300°C zum Teil erhebliche Minder- und auch Mehrbefunde festzustellen waren
(Abbildung 8.8).
Abb. 8.8: Beispiel für Ergebnisse der Hg-Bilanzierung vor Katalysator und am Elektrofilter.
Aus thermodynamischen Untersuchungen, u.a. in [MARTEL 2000], ist bekannt, dass der
Anteil an HgCl2(g) mit abnehmender Temperatur zunimmt. Aus Untersuchungen von
GUTBERLET ist außerdem bekannt, dass sich high-dust Katalysatoren positiv auf die
Oxidation von Quecksilber auswirken können. Wegen des geringeren Dampfdruckes im
Vergleich zum Hg0(g) neigt oxidiertes Quecksilber, insbesondere HgCl2(g), ab Temperaturen
unterhalb etwa 300°C zur Kondensation, z.B. auf Aschepartikeln.
Dies kann jedoch keine Erklärung für die großen Differenzen zwischen Input-Konzentration
und gemessenen Outputkonzentrationen sein. Vielmehr kann angenommen werden, dass
sich Quecksilber an bestimmten Stellen der Rauchgasreinigung ansammelt und unter
bestimmten Umständen wieder freigesetzt wird.
Um zunächst einen Einblick in die ablaufenden Vorgänge zu bekommen wurden an
verschiedenen Stellen entlang der Abkühlstrecke Staubproben entnommen und analysiert.
Anschließend wurde der Verbrennungsreaktor mit nachgeschalteter Rauchgasreinigung mit
Synthesegasen und definierten Hg-Konzentrationen beaufschlagt und bei Einstellung eines
konstanten Messsignals für Hg am Ende der Reinigungsstrecke zwischen den einzelnen
Reinigungsstufen die Verteilung der Hg0(g)- und der HgCl2(g)-Anteile ermittelt.
In Abbildung 8.9 ist die Hg-Konzentration der Ascheablagerung (Anhang A, Bild A1) entlang
der Abkühlstrecke zwischen Wärmetauscher 1 bis zum Elektrofilter dargestellt.
0
100
200
300
400
500
600
500 320 140
Temperatur der Probenahme [°C]
Mas
sen
stro
m H
g [µ
g/h
]
Input
Klärschlamm
Kohle
vor Katalysator am Elektrofilter
Brennstoff: Steinkohle Göttelborn mit Klärschlamm Backnang (3,8 % therm. Anteil)
HgCl2(g)
Hg0(g)
Hg(p)
Output
HgCl2(g)
Hg0(g)
Hg(p)
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 61
Abb. 8.9: Bilanzierung des partikelgebundenen Hg-Anteils entlang der Rauchgasreinigung.
Es ist deutlich zu erkennen, dass der partikelgebundene Quecksilbergehalt bis zu einer
Temperatur von etwa 300°C bei unter 10 bis 20 % des Quecksilberinputs liegt. Nach
Katalysator steigt die im Flugstaub ermittelte Hg-Konzentration stark an, so dass sich
rechnerisch partikelgebundene Anteile ergeben, die über dem Quecksilberinput liegen.
Ein synthetisches Gasgemisch aus N2, H2O, O2, HCl und Hg wurde durch den Brenner in die
heiße Zone des Reaktors (1150°C) dosiert und mit einem Saugzug durch die
Rauchgasreinigung (DeNOx-Katalysator, E-Filter, Wäscher), gefördert. Die Abkühlung des
Synthesegases erfolgte mit einer Abkühlgeschwindigkeit von etwa 500 K/s auf eine
Temperatur von unter 500°C. Um den Einfluss des Katalysators zu untersuchen wurde ein
Versuch mit leerem Katalysatorgehäuse (ohne KAT-Steine), dargestellt in Abbildung 8.10,
und ein Versuch mit bestücktem Katalysatorgehäuse, dargestellt in Abbildung 8.11,
durchgeführt. Die messtechnisch ermittelte Verteilung der gasförmigen Spezies entlang der
Rauchgasreinigungsanlage ist in den Abbildungen 8.10 und 8.11 über die rechnerisch
bestimmte Verweilzeit der Rauchgase aufgetragen. Der schraffierte Bereich in Abbildung
8.10 stellt den Streubereich der Messwerte für Hg0(g) und HgCl2(g) bei unterschiedlichen
HCl-Konzentrationen dar.
Anhand der Speziesverteilungen in Abhängigkeit der Temperatur in den Abbildungen 8.10
und 8.111 ist deutlich der Einfluss des Katalysators (Typ NT-LD 1 vgl. Tabelle 8.5) zu
erkennen. Ohne Katalysator liegt der metallische Quecksilberanteil nach Elektrofilter in
Abhängigkeit der Temperatur und der HCl-Konzentration zwischen etwa 20 und 60 %
(Abbildung 8.10). Mit eingebauten Katalysatorelementen liegt der metallische
Quecksilberanteil bereits nach der ersten Katalysatorlage nur noch bei etwa 5 %
(Abbildung 8.11).
0
100
200
300
400
500
500 400 370 340 320 280 140
Temperatur der Probenahme [°C]
Mas
sen
stro
m H
g [
µg/h
]
partikelgebundenes Hg
Wärmetauscher 1 vor Katalysator
nach Katalysator E-Filter
Input
Klärschlamm
Kohle
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 62
Abb. 8.10: Hg-Speziation in Abhängigkeit des Temperaturprofils, ohne Kat. (Typ NT-LD 1).
Abb. 8.11: Hg-Speziation in Abhängigkeit des Temperaturprofils, mit Kat. (Typ NT-LD 1).
Aufgrund der dargelegten Beobachtungen kann davon ausgegangen werden, dass der
verwendete Katalysator einen starken Einfluss auf die Speziation des gasförmigen
Quecksilbers hat. Außerdem liegt die Vermutung nahe, dass der Katalysator Quecksilber
einspeichern kann sowie unter bestimmten Umständen Quecksilber auch wieder freisetzen
kann und dies eine erfolgreiche Bilanzierung von Quecksilber entlang des Reinigungsweges
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 63
erheblich beeinflusst. Dies führte dazu, dass die Vorgänge am Katalysator im Laufe des
Projektes eingehender untersucht werden sollten.
8.3 Verhalten von Hg an SCR-DeNOx-Katalysatoren
Aus den Versuchen in Kapitel 8.2 (Bild 8.10 und 8.11) wird deutlich, dass der eingesetzte
Katalysator der Grund dafür ist, dass nach Katalysator fast ausschließlich HgCl2(g) als
gasförmige Komponente im Rauchgas vorhanden ist. Das nach Katalysator vorhandene
HgCl2(g) besitzt eine hohe Tendenz zur Kondensation, wodurch der hohe partikelgebundene
Quecksilbergehalt in den Versuchen mit nachgeschaltetem Elektrofilter erklärt werden kann.
Zunächst ist nicht klar, welche Vorgänge im Katalysator zu einer Oxidation von Hg0(g) führen
und wodurch es bei den Bilanzierungen von Quecksilber während der Versuche zu starken
Minder- oder Mehrbefunden kommt.
8.3.1 Versuchsaufbau
Zur Beurteilung des Verhaltens von Quecksilber an SCR-DeNOx-Katalysatoren wird das in
Kapitel 7.2 beschriebene Katalysatorgehäuse genutzt. Mit dem in Kapitel 6.2 beschriebenen
Kalibriergasgenerator und einem Heißgas-
erzeuger wird ein Gasgemisch aus O2, N2,
H2O, HCl, SO2 und Hg generiert und über
ein T-Stück dem mit den verschiedenen
Katalysatoren bestückten Katalysator-
gehäuse zugeführt (Abbildung 8.12). Der
Heißgaserzeuger liefert einen konstanten
Stickstoffvolumenstrom von etwa 5 bis
6 Nm3/h, der auf bis zu 650°C erwärmt
werden kann. Die Kontrolle der
Gasvolumenströme erfolgt über eine
Gasuhr (Stickstoffvolumenstrom), einen
thermischen Massendurchflussregler MFC
(Luftvolumenstrom) und über eine
kontinuierliche Erfassung der Sauerstoff-
konzentration nach Katalysator. Probe-
nahmestellen zur Erfassung der Gas-
zusammensetzung befinden sich vor
Katalysator, zwischen jeder Katalysatorlage
und nach Katalysator. Die Auswahl der Materialien sowie die Beheizung der Zuleitungen
Ver
dam
pfer
Trägergas
TrägergasFlüssigkeit
Flüssigkeits-vorlage
Schlauch-pumpe
Pt100/Heizung
MFC
Gas/Dampf-Gemisch
Heißgaserzeuger
1. Lage
2. Lage
3. Lage
T
T cHg cO2
cHg
cHg
cHg
VN2
.
V.
m.
Katalysator Kalibriergas-erzeuger
Abb. 8.12: Schema des Versuchsaufbaus für die Untersuchungen am KAT.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 64
zum Katalysator auf über 300°C schließen eine adsorptive Wirkung dieser Komponenten für
Hg aus. Der Einfluss der Komponenten NO und NH3 werden in den Versuchen nicht
berücksichtigt. Es wird erwartet, dass eine zusätzliche, gleichzeitige Eindüsung von NO und
NH3 zu einer teilweisen Belegung der Katalysatoroberfläche der oberen Lagen führt, und es
so nur zu einer Verlagerung der Mechanismen in die darauffolgende Lagen kommt.
Es werden vier verschiedene Wabenkatalysatoren, 2 high-dust Katalysatoren, 2 low-dust
Katalysatoren sowie ein Dummy untersucht (Tabelle 8.5). Bei den untersuchten
Katalysatortypen handelt es sich um handelsübliche DeNOx-Katalysatoren zur selektiven
katalytischen Reduktion (SCR) der Stickoxide im Rauchgas von Verbrennungsanlagen. Typ
NT-LD 1 wird laut Herstellerangaben für SCR-DeNOx-Anlagen im niedrigen
Temperaturbereich eingesetzt. Typ LD 2 ist ein low-dust/tail-end Katalysator im Neuzustand.
Typ HD 1 und Typ RE-HD 1 sind ursprünglich identische Katalysatoren mit dem Unterschied,
dass Typ HD 1 im Neuzustand untersucht wird und Typ RE-HD 1 nach einer gewissen
Reisezeit und einer anschließenden Regenerierung. Dieser Unterschied spiegelt sich auch in
ihrer chemischen Zusammensetzung wider.
Tabelle 8.5: Charakteristik der untersuchten SCR-DeNOx-Katalysatoren Typ NT-LD 1 LD 2 HD 1 RE-HD 1 Dummy
Zustand Neu Neu neu regeneriert Neu
Herstellerbez. BASF 0-8527 k.A. k.A. k.A. k.A.
Pitch 4,2 mm 4,3 mm 7,4 mm 7,4 mm 4,2 mm
(RFA-Analyse mit Uniquant® -Auswertung) Oxide Anteil
Gew.-% Anteil
Gew.-% Anteil
Gew.-% Anteil
Gew.-% Anteil
Gew.-%
TiO2 WO3 SiO2 V2O5 CaO
78,01 9,02 6,44 3,31 1,87
77,78 8,96 7,19 1,91 0,83
80,27 9,27 6,14 1,18 0,99
80,00 9,32 5,71 1,25 1,14
0,91 -
55,41 0,02
-
Al2O3 Nb2O5 Cr2O3 Fe2O3 MgO
0,716 0,182 0,139 0,126 0,0552
1,07 1,71 0,15 0,12 0,09
0,96 0,50 0,24 0,15 0,12
0,75 0,48 0,27 0,15 0,11
32,04 -
0,01 0,99 10,4
Tl2O3
ZnO Cr2O3
- - -
- -
0,07
- - -
0,21* 0,19
-
- - -
* Signal der Tl (L-Schale) Röntgenlinie kann auch als Pb, Hg und As interpretiert werden.
27 BASF 04-85 Typ 751/60 TT
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 65
Die Analyse mit Röntgenfluoreszenz (RFA) und der Auswertung mit Uniquant® zur
Spurenelementanalyse ergibt eine Verunreinigung des Katalysatortyps RE-HD 1 mit Tl2O3
und ZnO. Da das Vorhandensein von Thallium auf dem Katalysator unwahrscheinlich ist und
die Röntgenlinie von Tl (L -Schale) sehr nahe an den Linien für Pb, As und Hg liegt ist zu
vermuten, dass auch eine Verunreinigung des Katalysators mit diesen Elementen vorliegen
könnte.
8.3.2 Untersuchungen zum Sorptionsverhalten
Bei den Versuchen mit Verbrennungs- und Synthesegasen stellt sich bei der Beprobung
hinter Katalysator häufig ein stationärer Quecksilberwert erst nach längeren Versuchszeiten
ein. Zusätzlich konnte bei der Beaufschlagung des Katalysators am Ende der Versuche mit
Spülgas (HCl und N2) ein ausgeprägter Quecksilber-Peak festgestellt werden. Zur
Beurteilung dieses Verhaltens werden im folgenden exemplarisch die Messungen des
Katalysatortyps NT-LD 1 detailliert vorgestellt.
Das Katalysatorgehäuse wird langsam mit heißer Luft aus dem Heißgaserzeuger aufgeheizt.
Bei Erreichen der Versuchstemperatur wird anstatt Luft Stickstoff durch den
Heißgaserzeuger geleitet. Die Konzentrationen der Komponenten O2, N2, H2O, HCl und Hg
werden durch die verdampfte Flüssigkeitsmenge bzw. den Traggasvolumenstrom eingestellt.
Zur Beurteilung des Sorptionsverhaltens wird das Katalysatorelement für ein definiertes
Zeitintervall von einem quecksilberhaltigen Gasstrom durchströmt. Der Katalysator wird
danach mit Nullgas beaufschlagt (Tabelle 8.6) und anschließend zur Desorption von Hg bis
Versuchsende mit Spülgas durchströmt.
Tabelle 8.6: Gaskonzentrationen der Versuche vor Katalysator (Rest Stickstoff)
HCl [mg/m3 feucht]
H2O [Vol-% feucht]
O2 [Vol-% trocken]
Hggesamt [µg/m3 trocken]
Versuch 1 0,4 3,5 1,6 27,8
Versuch 2 3,7 3,5 1,6 27,8
Versuch 3 37 3,5 1,6 27,8
Versuch 4 122 3,5 1,6 27,8
Nullgas 0 3,5 1,6 0
Spülgas 40 3,5 1,6 0
Während der gesamten Versuchszeit wird die gasförmige Gesamtquecksilberkonzentration
nach Katalysator (Hg-Schlupf) mit dem Hg-CEM kontinuierlich erfasst. Zunächst wurden zur
Klärung des Einflusses unterschiedlicher HCl-Konzentrationen und damit auch
unterschiedlicher Hg0/HgCl2-Verhältnisse Versuche mit unterschiedlichen HCl-
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 66
Konzentrationen durchgeführt. In den Versuchen 1 bis 4 wird die HCl-Konzentration bei
sonst unveränderten Versuchsbedingungen variiert. In Versuch 4 liegt die HCl-Konzentration
im Gas bei etwa 120 mg/m3, was einer Cl-Konzentration von deutscher Steinkohle von ca.
0,1 Gew.-% bei vollständiger Umsetzung zu HCl entspricht. Die Beladungszeit, das heißt die
Zeit, in der quecksilberhaltiges Gas durch den Katalysator strömt, beträgt bei den Versuchen
1 bis 4 zunächst etwa 10 min mit einer anschließenden Nullgasspülung von etwa 3 min. Die
Aufgabe des Spülgases bis zur Erreichung des Nullwertes dauerte zwischen etwa 30 und 90
Minuten. Die Messungen belegen ein ausgeprägtes adsorptives Verhalten des eingesetzten
Katalysatortyps (NT-LD 1) bei Temperaturen von etwa 300°C in bezug auf Quecksilber in
Abhängigkeit von der HCl-Konzentration (Abbildung 8.13).
Abb. 8.13: Adsorptions- und Desorptionsverhalten von Quecksilber am Katalysatortyp NT- LD 1 in Abhängigkeit unterschiedlicher HCl-Konzentrationen (T = 320 bis 340°C).
Bei HCl-Konzentrationen von <1 mg/m3 (Versuch 1, Tabelle 8.6) ist 10 Minuten nach Beginn
der Dosierung kein merklicher Hg-Schlupf festzustellen, was bedeutet, dass fast alles
dosierte Quecksilber vom Katalysator eingespeichert wird. Die vor Katalysator aufgegebene
Hg-Konzentration von 27,8 µg/Nm3 wird erst nach einigen Stunden nach Katalysator
gemessen. Bei einer HCl-Konzentration von etwa 4 mg/m3 (Versuch 2) werden 10 Minuten
nach Beginn der Dosierung ca. 20 bis 30 % des Input-Wertes nach Katalysator gemessen.
Steigert man die HCl-Konzentration weiter (Versuche 3 und 4) werden annähernd 100 % der
Input-Konzentration bereits nach wenigen Minuten nach Katalysator erreicht. Man kann also
folgern, dass bei niedrigen HCl-Konzentrationen ein Großteil des aufgegebenen
Quecksilbers vom Katalysator adsorbiert werden. Wird die HCl-Konzentration vor Katalysator
erhöht sinkt der adsorbierte Anteil merklich.
Der zeitliche Verlauf der Hg-Gesamt-Konzentration nach Katalysator (Hg-Schlupf) offenbarte
ein weiteres Phänomen. Neben einem ausgeprägten Zeitverhalten bei der HCl-abhängigen
Adsorption von Hg lässt sich ein ausgeprägtes spontantes Desorptionsverhalten bei einer
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 67
Erhöhung der HCl-Konzentration beobachten. Abbildung 8.14 zeigt anhand der
Einstellungen für Versuch 2 den typischen Verlauf der Quecksilbersorption und –desorption.
Der in Versuch 2 bei einer HCl-Konzentration von etwa 4 mg/m3 hinter Katalysator
gemessene Hg-Schlupf geht bei Aufgabe des Nullgases zunächst rasch auf nahezu
0 µg/Nm3 zurück, es ist also keine schleichende Wiederfreisetzung des Quecksilbers zu
erkennen.
0
20
40
60
80
100
17:04 17:10 17:17 17:24 17:32 17:38 17:45 17:52 17:59 18:07
Hg
-Ko
nze
ntr
atio
n [
µg/N
m3 ]
Hg-Dosierung Spülgas
Nullgas
aufgegebene Hg-Konzentration Hg-CEM Signal nach Katalysator
Abb. 8.14: Zeitverhalten am Katalysatortyp NT-LD 1 (Versuch 2), T = 320 bis 340°C.
Die Dosierung eines Gasgemisches aus H2O, O2 und etwa 40 mg/m3 HCl führt hingegen zu
einer spontanen Freisetzung des adsorbierten Quecksilbers mit sehr hohen
Quecksilberkonzentrationen am Anfang des Desorptionsvorganges und einer asymptotisch
verlaufenden Abklingkurve. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass auch bei höheren HCl-
Konzentrationen adsorbiertes Hg (Versuch 4) durch eine wesentlich niedrigere HCl-
Spülgaskonzentration nahezu quantitativ desorbiert werden kann.
Die Ermittlung der Hg-Spezies nach Katalysator während des Sorptionsvorganges ergibt,
dass elementares Quecksilber am Katalysator in Anwesenheit von Chlorwasserstoff bei
Temperaturen von etwa 340°C vollständig zu ionischem Quecksilber-(II)-chlorid oxidiert wird.
Auch das während des Desorptionsvorganges freigespülte Quecksilber wird unabhängig von
der aufgegebenen HCl-Konzentration fast ausschließlich als ionisches Quecksilber-(II)-
chlorid gemessen.
Die Spontanität der Desorption von Quecksilber ist temperaturabhängig. Dies drückt sich
darin aus, dass die Desorption durch eine Erhöhung der HCl-Konzentration bei höheren
Katalysatortemperaturen (ab etwa 280°C) spontaner und vollständiger verläuft als bei
niedrigeren Temperaturen (kleiner etwa 280°C). Die Freisetzung des adsorbierten
Quecksilbers vollzieht sich bei niedrigeren Temperaturen über einen längeren Zeitraum mit
einem deutlich niedrigerem Peak am Anfang der Desorption. Dieses Phänomen der
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 68
Sorption-/Desorption von Quecksilber ist auch an den anderen Katalysatortypen festgestellt
worden.
Sowohl der zeitliche Verlauf der Hg-Konzentration hinter Katalysator, die Abhängigkeit des
Sorptionsvermögens von der HCl-Konzentration als auch das Phänomen der spontanen
quantitativen Desorption von Hg durch eine Erhöhung der HCl-Konzentration lässt die These
zu, dass es sich bei den Vorgängen am Katalysator um Adsorptionsvorgänge handelt, die
durch die HCl-Konzentration beeinflusst bzw. kontrolliert werden.
Der zeitliche Verlauf der Sorption von Quecksilber an die Oberfläche des Katalysators lässt
sich durch folgende Funktion sehr gut wiedergeben:
)1()( 1tkoutHg eAtc −−= Gleichung 8.3
worin A gleich der dosierten Hg-Konzentration cHg in ist und damit den asymptotischen Wert
darstellt. Die Funktion cHg out(t) nimmt zum Zeitpunkt t = 0 s den Wert 0 an und nähert sich für
t ? 8 dem Wert der Asymptote (cHg in) an. Der Parameter k1 ist die Adsorptionskonstante,
die bei gegebener Temperatur und Katalysatortyp in erster Linie eine Funktion der HCl-
Konzentration ist. Für größere Werte von k1 nähert sich die hinter Katalysator gemessene
Konzentration cHg out schneller der aufgegebenen Konzentration cHg in an (Abbildung 8.15).
Abb. 8.15: Beschreibung des prinzipiellen Verlaufs der Sorption von Hg an die Katalysatoroberfläche für unterschiedliche Werte von k nach der Chapman-Richards-Funktion.
Es ist naheliegend, dass die Sorption von Quecksilber mit der Sorption von HCl an der
Oberfläche des Katalysators konkurriert. Ist das der Fall, so lässt sich ein Belegungsgrad θ
definieren, der angibt welcher Anteil der Oberfläche durch eine HCl-Belegung für die Hg-
Sorption nicht mehr zur Verfügung steht. Der Belegungsgrad ist dann eine Funktion der Zeit
und in erster Linie abhängig vom Katalysatortyp, der HCl-Konzentration und der Temperatur.
In Abbildung 8.16 ist der Belegungsgrad θ (Gleichung 8.1) für den Katalysatortyp NT-LD 1 in
Abhängigkeit der HCl-Konzentration für verschiedene Temperaturen dargestellt.
0
20
0 1000 2000 3000 4000 5000 6000
Kon
zent
ratio
n c H
g ou
t [µ
g/m
3 ]
Zeit t [s]
k1 = 10-4
k1 = 10-3
k1 = 10-2
A
)1()( 1tkoutHg eAtc −−=
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 69
Abb. 8.16: Zeitverhalten der Sorptionsvorgänge am KAT (NT-LD 1) in Abhängigkeit der
Temperatur und der HCl-Konzentration.
Ein Belegungsgrad θ =1 zur Zeit t bedeutet, dass kein Quecksilber am Katalysator mehr
adsorbiert wird und 100 % der Hg-Inputkonzentration nach Katalysator gemessen wird. Es
wird deutlich, dass der Belegungsgrad in erster Linie von der HCl-Konzentration abhängig
ist.
Unter der Annahme, dass es sich bei der Sorption von Hg und auch von HCl an der
Oberfläche des Katalysators um eine rein physikalische Adsorption handelt, gilt zum
Zeitpunkt t der durch die Gleichung 8.4 beschriebene Zusammenhang:
ckc
A
cradBelegungsg outHg
+==
2
θ Gleichung 8.4
Darin ist der Belegungsgrad θ gleich dem Quotienten aus der Konzentration cHg out, die zum
Zeitpunkt t nach Katalysator gemessen wird und dem asymptotischen Wert A der
Inputkonzentration cHg in. Der Parameter c steht für die HCl-Konzentration. Die Konstante k2
stellt den Quotienten aus der Adsorptions- und Desorptionskonstanten dar. Diese
Darstellung entspricht der Beschreibung der Langmuirschen Adsorptionsisothermen. Der
Verlauf der Funktion θ(c) ist für eine gegebene Temperatur und für 3 Werte von k2 in
Abbildung 8.17 dargestellt.
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
500 1500 2500 3500 4500 5500 6500
Bel
egun
gsgr
ad θ
[%]
Zeit nach Dosierstart [s]
NT-LD 1
< 230°C230 bis 280°C280 bis 310°C310 bis 340°C
HCl < 1 mg/m3
1 < HCl < 20 mg/m3
HCl > 30 mg/m3
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 70
Man erkennt, dass die Funktion für kleine Werte von c (c << k), von Null ausgehend
proportional zu c ansteigt und sich für große Werte von c (c >> k) asymptotisch dem
Belegungsgrad „1“ annähert. Das bedeutet, dass sich der Anteil der Hg-Konzentration, der
hinter Katalysator gemessen werden kann, nahezu unabhängig von der Temperatur für
höhere HCl-Konzentrationen früher der Inputkonzentration annähert. Der
Belegungsgrad θ erreicht in diesem Fall schneller den Wert „1“.
Im Laborversuch kann für sehr niedrige HCl-Konzentrationen, z.B. c < 1 mg/m3 auch nach
etwa 6300 s noch ein Belegungsgrad θ < 0,2 ermittelt werden. Dies bedeutet, dass zu dieser
Zeit nur etwa 20 % der Inputkonzentration hinter Katalysator gemessen wird. Der übrige
Anteil wird vom SCR-Katalysator, der hauptsächlich aus Metallen und Metalloxiden besteht,
adsorbiert.
Abbildung 8.18 stellt einen Vergleich zwischen dem bereits vorgestellten Ergebnissen am
Typ NT-LD 1 und den anderen in Tabelle 8.5 aufgeführten Katalysatortypen her. Der
Belegungsgrad (Gleichung in 8.4) in Abbildung 8.18 wurde ohne und mit der Komponente
SO2 von etwa 110 bis 125 mg/m3 und jeweils nach 20 bis 30 Minuten bestimmt. Die
Konzentration von O2 lag zwischen 1,7 und 1,85 Vol-%, die Konzentration für H2O lag
zwischen 2,9 und 4 Vol-%.
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0 20 40 60 80 100 120
Bel
egun
gsgr
ad θ
Konzentration c
k2 = 5
k2 = 0,5
k2 = 0,05
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
0,01 0,1 1 10 100 1000
Bel
egun
gsgr
ad θ
Konzentration c
k2 = 0,05
k2 = 0,5
k2 = 5
Abb. 8.17: Mathematische Beschreibung der Sorptionsvorgänge am Katalysator für eine gegebene Temperatur und drei verschieden Werte von k2
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 71
Es wird deutlich, dass sich die aktiven Katalysatoren (NT-LD 1; LD 2; HD 1; RE-HD 1)
ähnlich verhalten. Der Belegungsgrad nimmt mit zunehmender HCl-Konzentration zu. Die
high-dust Katalysatoren (HD 1 und RE-HD 1) haben für sehr geringe HCl-Konzentrationen
einen etwas höheren Belegungsgrad als die low-dust Katalysatoren (NT-LD 1 und LD 2). Der
„Dummy“-Katalysator zeigt unabhängig von der HCl-Konzentration nur eine sehr geringe
Sorptionsneigung für Hg, was sich in einem HCl-unabhängigen Belegungsgrad von nahe 1
ausdrückt. Die SO2-Konzentration hat für die aktiven Katalysatoren einen vernachlässigbaren
Einfluss auf den Belegungsgrad. Der Dummy hingegen zeigt bei Anwesenheit von SO2 und
HCl-Konzentrationen im Bereich von etwa 80 mg/m3 eine geringe Sorptionsneigung für Hg,
der Belegungsgrad nimmt Werte kleiner 1 an.
In der Praxis wird die Neigung von Quecksilber mit Metallsalzen Wechselwirkungen
einzugehen bzw. mit anderen Metallen eine Metallverbindungen einzugehen (Amalgame zu
bilden) ausgenutzt, um Rauchgase auf einem vergleichsweise niedrigerem
Temperaturniveau (Tmax. < 130°C) von Quecksilberspuren zu reinigen.
Die Sorption von gasförmigem Quecksilber an metallbeschichteten porösen Sorbentien hat
[KELLER 1993] näher untersucht. Er fand bei porösen Sorbentien (Zeolithe, Keramikträger,
poröse Gläser), die mit Metallen und Metalllegierungen (Zn, Cu, Ag, Au, Pt) imprägniert
wurden, neben dem Einfluss des verwendeten Metalls einen signifikanten Einfluss der
Porenstruktur des verwendeten Trägermaterials auf die Hg-Sorptionsleistung. Eine
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
0 20 40 60 80 100
HCl-Konzentration [mg/m3]
Bel
egu
ng
sgra
d [
%]
NT-LD 1
Dummy
HD 1
RE-HD 1
LD 2
ohne SO2
0,0
0,2
0,4
0,6
0,8
1,0
0 20 40 60 80 100
HCl-Konzentration [mg/m3]
Bel
egu
ng
sgra
d [
%]
LD 2
HD 1
RE-HD 1
Dummy
mit SO2
Abb. 8.18: Vergleich der Hg-Sorptionsrate (ohne/mit SO2) unterschiedlicher Katalysator-
typen in Abhängigkeit der HCl-Konzentration bei einer Temperatur von 330°C.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 72
signifikante Sorption ist allerdings im Temperaturbereich oberhalb 300°C nur für Platin (Pt)
festzustellen. Eine Desorption konnte durch eine Verringerung der Hg-Konzentration und
eine Temperaturerhöhung erreicht werden. Eine reine Amalgambildung kann zur Erklärung
der Sorptionsvorgänge ausgeschlossen werden. KELLER vermutete die Kombination aus
Physisorption und Metallatom-Hg-Wechselwirkung. Eine abschließende Klärung der
Mechanismen der Sorptionsvorgänge von metallischem, gasförmigem Quecksilber an
metallbeschichteten porösen Sorbentien konnte nicht erbracht werden.
Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten um Quecksilber sorptiv an Metallen in Anwesenheit
saurer Komponenten zu binden. Erstens kann das gasförmige Quecksilber rein physisorptiv
an die mit Metallsalzen imprägnierte Oberfläche angelagert werden (Gleichung 8.2). Mit den
in Rauchgasen aus Kohlefeuerungen enthaltenen Inhaltsstoffen sind verschiedene
Metallsalze wie Metallnitrat, Metallsulfat und Metallchlorid möglich. Das hier diskutierte
Metallchlorid wird mit dem im Synthesegas enthaltenen HCl gebildet und liegt bei den
Versuchstemperaturen als entwässertes Metallsalz vor. Zweitens ist eine chemische
Reaktion des angelagerten oder auch des gasförmigen HgCl2 mit dem Metallsalz denkbar
(Gleichung 8.3). Drittens spielt vermutlich auch bei den hohen Temperaturen die Affinität des
Quecksilbers zu den Kationen der Salze eine nicht unwesentliche Rolle (Gleichung 8.4).
solvgas HgClHgCl ,2,2 ↔ Gleichung 8.2
020,2 2 HgClMeMeHgCl solv ++↔+ −+ Gleichung 8.3
yx HgMeHgyMex ↔+ 00 Gleichung 8.4
Eine Erklärung für das ausgeprägte Sorptionsverhalten von Quecksilber am untersuchten
Katalysator bei Temperaturen um etwa 340°C könnte eine Kombination aus Adsorption und
Zementation des zweiwertigen Quecksilberchlorids an der Oberfläche des Katalysators sein.
Der im Synthesegas enthaltene Chlorwasserstoff belegt die aktiven Oberflächen und bildet
eine Metallsalzverbindung mit dem zweiwertigen Quecksilberchlorid. HCl und HgCl2
konkurrieren um die aktiven Zentren, was bei einer Erhöhung der HCl-Konzentration zu
weniger adsorptiv gebundenem Quecksilber und einem Freispülen von bereits gebundenem
Quecksilber führt.
An der Müllverbrennungsanlage Spittelau (Wien, Ö) wird die Sorption von Quecksilber an
Metallen bei Temperaturen von 90°C bis etwa 130°C dazu genutzt, um gasförmiges
Quecksilber mittels metallbeschichteter poröser Sorbentien aus den Abgasströmen zu
entfernen. Mit metallsalzimprägnierten Keramikreaktoren erfolgt in tail-end-Schaltung bei
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 73
niedrigen HCl-Konzentrationen von etwa 10 mg/m3 die Feinreinigung der Rauchgase von
Quecksilber. Je nach Einsatztemperatur werden Beschichtungen mit Cu-, Ag-, Au- oder Pt-
Salzen auf einen keramischen Grundträger aus Al2O3/SiO2 aufgebracht. Das sorbierte
Quecksilber kann durch ein heißes Spülgas bei Temperaturen zwischen 350 und 500°C
regenerativ von den Keramikreaktoren entfernt werden [MUSTER 1995].
Ein weiteres Verfahren nutzt die sorptiven Eigenschaften einer Mischung aus TiO2 und V2O5
zusammen mit acht weiteren Metalloxiden in Form von Pellets, um u. a. Quecksilber aus
dem Rauchgas von Krematorien zu entfernen. Das System besteht aus mehreren
wechselbaren Patronen mit einer Füllung von je 37.5 kg dieser Pellets, die bei einer
Temperatur von etwa 150°C mit dem Quecksilber zu Hg-V und Hg-Ti amalgamiert. Nach
Angaben des Herstellers (Vermeulen Product Engineering) hat jede Patrone eine Oberfläche
von 7,5 Mill. m2 und kann theoretisch bis zu 50 % des Eigengewichts Quecksilber
aufnehmen. Dieses System ist bisher in 6 Krematorien in den Niederlanden, Belgien und
Deutschland eingebaut [VERMEULEN 2001].
8.3.3 Untersuchungen zum Oxidationsverhalten
Grundsätzlich findet am SCR-DeNOx-Katalysator eine Übertragung von Rauchgassauerstoff
auf verschiedene Reduktionsmittel statt. Neben den in Kapitel 8.3 beschriebenen
Hauptreaktionen mit NH3 (Gleichungen 8.1 und 8.2) zur Reduktion der Stickoxide laufen am
Katalysator auch zahlreiche unerwünschte Nebenreaktionen ab, die zum einen den
Hauptreaktionen entgegen wirken (z.B. Gleichungen 8.5 und 8.6) als auch zur Oxidation
anderer im Rauchgas befindlicher Komponenten führen (Gleichungen 8.7).
OHNONH 2223 6234 +→+ Gleichung 8.5
OHNOONH 223 6454 +→+ Gleichung 8.6
322 22 SOOSO →+ (SO2-Konversion) Gleichung 8.7
Für die Oxidation von Quecksilber sind drei denkbare Mechanismen von Bedeutung, die im
weiteren einer grundsätzlichen Untersuchung unterzogen werden. Dies gilt einerseits der
Oxidation des Hg0(g) durch Sauerstoff zum HgO(g) und der nachfolgenden Reaktion von
HgO(g) zu HgCl2(g) als auch der vermuteten Einstellung des Deacon-Gleichgewichts an
High-dust-Katalysatoren, die durch die Bildung von Cl2 am Katalysator zu einer schnellen
Oxidation von Hg0(g) führt [GUTBERLET 1992], [VOSTEEN 1999]. Ein weiterer
Mechanismus ist die in Kapitel 8.3.2 beschriebene HCl-kontrollierte Adsorptions-
/Desorptions-Oxidation von elementarem Quecksilber an der Oberfläche des Katalysators.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 74
Die Beurteilung des Oxidationsverhaltens von SCR-DeNOx Katalysatoren erfolgt unter den
in Kapitel 8.3.1 und 8.3.2 erläuterten Versuchsbedingungen. Zusätzlich wird die
Speziesverteilung Hg0(g) und HgCl2(g) nach der 3. Lage des Katalysators mit dem in Kapitel
6.3 erläuterten Probenahmesystem ermittelt. Die Verteilung der Quecksilberspezies ohne
Katalysatorelemente (Abbildung 8.19) bei sonst gleicher Versuchsanordnung macht deutlich,
dass in Abhängigkeit von der HCl-Konzentration ein elementarer Hg-Anteil zwischen 59 und
76 % im Gas vorhanden ist und bei steigender HCl-Konzentration der elementare Anteil
erwartungsgemäß abnimmt.
Abb. 8.19: Speziesverteilung für Quecksilber ohne Katalysatorelemente
(T = 300°C; cH2O = 4 Vol-%; cO2 = 1,8 Vol-%)
Um den Einfluss der Katalysatoren auf Quecksilber miteinander vergleichen zu können wird
ein Oxidationsgrad OxG nach Gleichung 8.8 bestimmt.
[%]100)()(
)()()( 0
xKATnachgHg
KATnachgHggHgOxGgradOxidations
−= Gleichung 8.8
Die Oxidationsgrad gibt an, welchen Anteil das HgCl2(g) am gesamten gasförmigen
Quecksilber nach Katalysator hat. Es wird angenommen, dass der Wert des
Oxidationsgrades unabhängig vom Belegungsgrad ist. In Abbildung 8.20 sind die
Oxidationsgrade in der Gasphase nach den einzelnen Katalysatortypen in Abhängigkeit der
HCl-Konzentration bei einer Temperatur von etwa 330°C dargestellt. Es wird deutlich, dass
der Oxidationsgrad stark von der HCl-Konzentration abhängig ist. Für kleine HCl-
Konzentrationen von <1 mg/m3 sinkt der Oxidationsgrad für die Typen HD 1 und RE-HD 1
auf unter 20 % während der Oxidationsgrad für Typ NT-LD 1 noch bei über 80 % liegt. Es
fällt auf, dass die Typen mit einem kleineren pitch (sogar der Dummy) für kleinere HCl-
Konzentrationen höhere Oxidationsgrade besitzen. Dies lässt vermuten, dass die Oxidation
0
10
20
30
40
0,3 3 30
Hg
-Ko
nze
ntr
atio
n [
µg/m
3 ]
24 % HgCl2
76 % Hg0 66 % Hg0 59 % Hg0
34 % HgCl241 % HgCl2
HCl-Konzentration [mg/m3]
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 75
von Quecksilber am Katalysator diffusionsbestimmt ist, der Katalysator durch seine
Oberfläche den Stoffaustausch fördert und damit die Oxidation von Quecksilber positiv
beeinflusst. Diese Vermutung wird durch den Vergleich der Werte bei der Bestimmung des
„Oxidationsgrades“ während einer Messung mit leerem Katalysatorgehäuse (ohne KAT) am
Ende des Katalysatorgehäuses sowie nach einer längeren Verweilzeit an der Stelle vor
Elektrofilter (ohne KAT vor E-Filter) bekräftigt. Hier kommt es allein durch die Verlängerung
der Verweilzeit und weiteren Abkühlung zu höheren Oxidationsgraden.
Abb. 8.20: Vergleich der Hg-Oxidationsgrade (ohne/mit SO2) unterschiedlicher Katalysator-
typen in Abhängigkeit der HCl-Konzentration bei einer Temperatur von 330°C.
Eine Erhöhung der HCl-Konzentration führt für die untersuchten Katalysatoren zu einer
Erhöhung des Oxidationsgrades auf nahe 100 %. Um den Einfluss der einzelnen
Bestandteile des Katalysators auf das Verhalten von Quecksilber zu untersuchen wurden
detaillierte Laboruntersuchungen mit dem in Kapitel 7.5 beschriebenen Apparatur
durchgeführt. Anhand der RFA-Analysen der Katalysatoren wurden die chemischen
Hauptbestandteile der Katalysatoren bestimmt und die Reinsubstanz in Pulverform auf ihren
Einfluss auf die Speziesverteilung hin untersucht. Dazu wurden etwa 100 mg jeder Substanz
(Tabelle 8.7) mit Glaswolle in einem Glasröhrchen fixiert und auf eine konstante Temperatur
von etwa 330°C beheizt. Mit dem Kalibriergasgenerator und zwei Verdampfern, denen
jeweils mit einer Schlauchpumpe ein konstanter Flüssigkeitsstrom zugeführt wird, wird ein
Gas-/Dampfgemisch aus 10,5 Vol-% O2 (trocken), 9,5 Vol.-% H2O (feucht), 1,4 bis 2,8 mg/m3
HCl (feucht) und etwa 28 µg/m3 Hg (trocken) sowie optional 75,7 mg/m3 SO2 (feucht), Rest
N2 generiert und durch die Glasröhrchen geleitet.
0
20
40
60
80
100
0,1 1 10 100 1000
HCl-Konzentration [mg/m3]
Oxi
dat
ion
sgra
d O
xG [
%]
NT-LD 1
Dummy
HD 1
RE-HD 1
LD 2
ohne KAT
ohne KATvor E-Filter
ohne SO2
0
20
40
60
80
100
0,1 1 10 100 1000
HCl-Konzentration [mg/m3]
Oxi
dat
ion
sgra
d O
xG [
%]
LD 2
Dummy
HD 1
RE-HD 1
mit SO2
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 76
Tabelle 8.7: Einwaage und Qualität der untersuchten Katalysatorkomponenten.
Komponente Versuch Einwaage [mg]
Qualität Partikelgröße
ohne SO2 103,7 99,8 % Powder 10 micron Al2O3
mit SO2 109,9
ohne SO2 106,7 99,5 %/rutile28 Powder < 45 micron TiO2
mit SO2 100,4
ohne SO2 96,6 99,9 % Powder V2O5
mit SO2 101,3
ohne SO2 96,0 99,9 % Powder WO3
mit SO2 103,0
ohne SO2 99,4 99,95 % Powder CaO
mit SO2 103,7
SiO2 ohne SO2 102,5 99,9 % Powder-325 mesh
Die Hg gesamt-Konzentration und die Speziesverteilung nach Glasröhrchen werden ermittelt
(Abbildung 8.21).
Abb. 8.21: Einfluss einzelner Katalysatorkomponenten auf die Speziation von Quecksilber.
Entgegen der Erwartungen wurden bei den Versuchen mit pulverförmigen Substanzen auf
der Glaswolle höhere elementare Quecksilberanteile gemessen als bei den „Nullmessungen“
ohne Substanzen auf der Glaswolle. Das heißt aber, dass bereits gebildetes HgCl2(g) zu
einer anderen Verbindung konvertiert wird, ähnlich wie in den Versuchen mit Ca-haltigen
Materialien. CaO besitzt auch in diesen Versuchen eine hohe Konversionsrate KR (vgl.
Abbildung 8.4) von fast 100 %, was bedeutet, dass hinter dem Glasröhrchen mit CaO
ausschließlich Hg0(g) vorliegt (vg. Kapitel 8.1). Einen ähnlich großen Einfluss besitzt auch
WO3, das Konversionsraten von etwa 86 % (ohne SO2) bzw. 73 % (mit SO2) aufweist. Al2O3,
TiO2 und V2O5 haben einen deutlichen Einfluss auf die Speziation, die Konversionsraten
28 In Katalysatoren wird TiO2 in der anatas-Form verwendet.
0
20
40
60
80
100
Al2O3 TiO2 V2O5 WO3 CaO SiO2
Ko
nve
rsio
nsr
ate
KR
[%
]
Temperatur 330°C
Al2O3 TiO2 V2O5 WO3 SiO2CaO
ohne SO2
mit SO2
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 77
liegen hier zwischen 20 und 53 % ohne SO2 im Gas-/Dampfgemisch und zwischen etwa 12
und 38 % mit SO2. Die Ergebnisse zeigen außerdem, dass die Komponente SiO2 keinen
Einfluss auf die Speziesverteilung hat. Die Konversionsrate KR liegt nahe Null.
Diese Ergebnisse stehen zunächst im Widerspruch zu den Ergebnissen aus den Messungen
mit den Katalysatorelementen, die einen positiven Beitrag der Katalysatorkomponenten auf
die Oxidation von Hg erwarten ließen. Andererseits haben die Versuche mit den
Katalysatorelementen auch gezeigt, dass die Oxidation von Quecksilber zu HgCl2(g) für
niedrige HCl-Konzentrationen unvollständig abläuft und für einige Typen nach Katalysator
sogar niedrigere Oxidationsgrade als ohne Katalysatorelemente festzustellen waren.
In anderen Arbeiten konnte bisher eine gesteigerte Oxidation von Hg bei Anwesenheit von
Eisenoxid (Fe2O3), Aluminiumoxid (Al2O3) und Titanoxid (TiO2) von [ZYGARLICKE 2000]
festgestellt werden. Dort wird außerdem von einer Konversion von Hg0(g) in eine oxidierte
Form etwa Hg2+X(s,g) in Anwesenheit von Al2O3 und TiO2 in einem Gasgemischen aus N2/O2
oder Ar/O2 berichtet und angenommen, dass X Sauerstoff sein könnte. Gleichzeitig wird
berichtet, dass eine Eindüsung von Al2O3 und TiO2 in ein Rauchgas nahezu kein Einfluss auf
die Speziation von Hg hatte. Aus den vorliegenden Erkenntnissen kann also vermutet
werden, dass in Anwesenheit von Al2O3, TiO2 oder WO3 durch die Abgabe eines
Sauerstoffatoms HgO(g) gebildet wird, das die Adsorptionseinheit unbeeinflusst passiert und
in der Analyseeinheit als Hg0(g) gemessen wird. Diese Vorgänge verlangen jedoch noch
einer grundsätzlichen Klärung.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 78
8.4 Verhalten bei der Staubabscheidung
Die Ergebnisse der experimentellen Untersuchungen zeigen, dass die Sorptionsfähigkeit der
Flugasche mit niedrigem Rest-C-Gehalt im wesentlichen durch den CaO-Gehalt (vgl.
Kapitel 8.1) bestimmt wird. Weiterhin wird die Sorption von Hg an Flugaschen auch durch
Interaktionen mit den anderen bereits sorbierten, größtenteils sauren Rauchgas-
komponenten (HCl, SO2) beeinflusst. Hierbei kommen sowohl Physisorption- als auch
Chemisorptionsvorgänge in Betracht.
Diese Vermutung basiert auf Erfahrungen bei der parallelen Beprobung des Rohgases im
Verbrennungsreaktor mit dem Probenahme-Elektrofilter (vgl. Kapitel 7.3) und einem
konventionellen filternden Abscheider. Dort lassen sich durch den Einbau eines Polizeifilters
hinter die elektrostatische Abscheideeinrichtung gleichzeitig zwei verschiedene
Flugstaubfraktionen gewinnen (vgl. Tabelle 8.8). Die erste Flugstaubfraktion (GB/KS 80/20
E-fein), die bei einer Temperatur von etwa 130°C bei der Verbrennung einer Mischung aus
80 Gew.-% Steinkohle (Göttelborn) und 20 Gew.-% KS (Backnang) (vgl. Tabelle 8.1) durch
die elektrostatische Abscheidung auf der Abscheidefolie gewonnen wurden, besteht
hauptsächlich aus feinem, nahezu vollständig ausgebranntem Flugstaub. Die zweite Fraktion
auf dem Polizeifilter (GB/KS 80/20 E-grob) besteht überwiegend aus unverbrannten, groben
Kokspartikeln, die aufgrund ihrer Masse oder ihrer chemischen Zusammensetzung nicht
elektrostatisch abgeschieden werden konnten. Eine getrennte Analyse der beiden
Flugaschefraktionen ergibt eine nahezu identische Quecksilberkonzentration dieser beiden
Proben. Der hohe Rest-C Gehalt der groben Asche auf dem Polizeifilter von etwa 55 Gew.-%
führt nicht zu einer verbesserten Quecksilberabscheidung gegenüber dem feinen
Elektrofilterstaub. Ein Vergleich der Quecksilberkonzentration mit der Flugascheprobe aus
dem Elektrofilter mit Proben aus einem filternden Abscheider (GB/KS 80/20 F-gesamt), die
bei einer Temperatur von T = 250 °C gewonnen wurden, lässt eine Abnahme des
Quecksilbergehaltes mit steigender Filtertemperatur erkennen. Der Unterschied zwischen
elektrostatischer Abscheidung und filternder Abscheidung wird auch beim Vergleich des
Schwefel-Gehaltes der Stäube (GB/KS 80/20 E-fein) und (GB/KS 80/20 F-gesamt) deutlich.
Trotz einer höheren Filtertemperatur ist der S-Gehalt der Probe aus der filternden
Abscheidung mit 0,76 Gew.-% deutlich höher als der S-Gehalt der Probe aus dem
Elektroabscheider mit 0,58 Gew.-%. Durch den Aufbau eines „Filterkuchens“ auf der
Quarzwatte kommt es bei der filternden Staubabscheidung zu einem intensiveren Kontakt
zwischen Rauchgas und Partikeln.
Um das Sortpionsvermögen der Flugstäube verschiedener Brennstoffmischungen anhand
der Quecksilbergehalte der Staubproben miteinander vergleichen zu können, muss neben
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 79
dem Quecksilbergehalt des Brennstoffs bzw. Brennstoffgemisches zusätzlich noch der
Aschegehalt der Brennstoffe berücksichtigt werden (vgl. Tabelle 8.1). Mit dem Flugstaub (GB
F-gesamt) der Steinkohle Göttelborn werden nach der vereinfachenden Gleichung 8.9 nur
etwa 1 % des Quecksilberinputs mit dem Flugstaub bei dieser Temperatur abgeschieden.
Für den Flugstaub (KS F-gesamt) ergibt sich ein wesentlich höherer Anteil von etwa 22 %
und für den Flugstaub des Mischbrennstoffs ein Anteil von etwa 31 %. Ein noch höherer
Anteil ergibt sich für den Flugstaub aus dem Elektrofilter mit etwa 45%.
).(max
)([%]
Sorptiongervollständibeic
robeFlugaschepcnteilSorptionsa
Hg
Hg= Gleichung 8.9
mit )(,
)().(max
BrennstoffwftAschegehal
BrennstoffcSorptiongervollständibeic Hg
Hg =
Tabelle 8.8: Vergleich verschiedener Flugascheproben anhand der Temperatur der Probenahme und der chemischen Zusammensetzung
GB/KS 80/20
GB/KS 80/20
Göttelborn (GB)
Backnang (KS)
GB/KS 80/20
Bezeichung
E-grob E-fein F-gesamt F-gesamt F-gesamt
Filtertyp Elektrofilter Filternder Abscheider
Filtertemperatur 130°C 250°C
Hg-Gehalt mg/kgAsche 0,68 0,69 0,02 0,35 0,48
N-Gehalt Gew.-% 1,07 0,097 0,11 0,077 0,013
C-Gehalt Gew.-% 54,91 4,35 0,46 0,206 0,28
S-Gehalt Gew.-% 0,91 0,58 1,49 0,44 0,76
H-Gehalt Gew.-% 0,50 0,17 0,33 0,194 0,13
SiO2 Gew.-% 11,3 40,0 43,1 37,5 40,4
Al2O3 Gew.-% 5,5 17,9 24,9 14,7 19,3
Fe2O3 Gew.-% 2,5 12,5 11,4 14,1 13,0
Mn Gew.-% 0,03 0,11 0,12 0,10 0,11
MgO Gew.-% 0,5 2,9 3,1 3,2 3,2
CaO Gew.-% 1,6 8,7 6,2 11,1 9,4
Na2O Gew.-% 0,0 0,4 0,7 0,5 0,6
K2O Gew.-% 0,7 2,4 2,6 2,4 2,4
TiO2 Gew.-% 0,3 0,7 1,0 0,8 0,8
P2O5 Gew.-% 0,6 5,5 0,5 11,3 5,9
Offensichtlich ist, dass sich der mit dem Flugstaub abgeschiedene Quecksilberanteil bei
einer Mitverbrennung von Klärschlamm stark verändert. Während bei einer Temperatur von
250°C mit dem Flugstaub der reinen Steinkohleverbrennung nur eine geringe
Quecksilbermenge abgeschieden wird lässt sich dieser Anteil durch die Mitverbrennung von
Klärschlamm erhöhen.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 80
Dafür sind folgende Mechanismen denkbar:
Ø Der hohe Aschegehalt des Klärschlammes führt zu erhöhtem Angebot an
Kondensationskeimen durch die drastische Erhöhung des Flugstaubgehaltes.
Ø Der Gehalt an freiem CaO steigt durch den mitverbrannten Klärschlamm und führt
dadurch zu einer gesteigerten Sorption von HCl, SO2 und dadurch auch zur Sorption
von Hg.
Ergebnisse aus Versuchen zur Mitverbrennung von Klärschlamm an einer zirkulierenden
Wirbelschicht (ZWS) mit nachgeschaltetem Zyklonabscheider und Filterkerze bestätigen die
vermuteten Mechanismen. Die Versuchsanlage und weitere Ergebnisse sind in
[AMAND 2001] beschreiben. Die Ergebnisse belegen zunächst den starken Einfluss der
Filtertemperatur auf das Abscheideverhalten von Hg (Abbildung 8.22). Während in der
Bettasche (ca. 800°C) kein Quecksilber
nachzuweisen ist, sind im Sekundärzyklon (ca.
350°C) geringe Konzentrationen und in der
Filterkerze (ca. 150°C) deutliche Hg-
Konzentrationen nachzuweisen. Der Hg-Gehalt
im abgeschiedenen Staub nimmt bei
Temperaturen < ca. 350°C mit sinkender
Temperatur der Abscheidung überproportional
zum Input zu.
Die Analyse der Flugstäube aus dem Zyklonabscheider hat gezeigt, dass die Hg-
Konzentration in der Zyklonasche (Abscheidetemperatur etwa 300°C) mit dem CaO-Gehalt
und dem S-Gehalt der Flugasche
korreliert (Abbildung 8.23). Der Rest-C-
Gehalt hatte in diesem Temperatur-
bereich auf den Hg-Gehalt der
Flugasche keinen Einfluss. Aufgrund der
durch das Feuerungskonzept der
Wirbelschicht optimalen Temperaturen
zur Einbindung saurer Rauchgas-
bestandteile (z.B. SO2) werden diese
Komponenten in Vergleich zu einer
Staubfeuerung wesentlich effizienter in
die Flugasche eingebunden. Um den
0
0,5
1
1,5
2
2,5
0 25 50 75 1000
2
4
6
8
10
12
14
16
Hg-
Geh
alt [
mg/
kgA
sche
]S
-Geh
alt [
Gew
-%/k
gAsc
he]
CaO
- un
d R
est-
C-G
ehal
t [G
ew-%
/kg A
sche
]
Rest-C-Gehalt
S-Gehalt
CaO-Gehalt
Hg-Gehalt
Klärschlammanteil [%]
Abb. 8.23: Hg-Gehalt der ZWS-Aschen in Ab-hängigkeit von CaO-, und S- und Rest-C-Gehalt.
IVD
0
3
6
9
12
15
Bed ash Sec. c. Filter
Con
c. o
f Hg
(mg/
kg)
0% sludge 15% sludge 50% sludge
Abb. 8.22: Hg-Konzentration in den Outputströmen einer Wirbelschicht.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 81
Einfluss der kondensierten Phasen auf die Sorptionsfähigkeit der Flugaschen eingehender
zu untersuchen, wurden die in den Wirbelschichtversuchen eingesetzten Brennstoffe (Kohle
und Klärschlamm) im Laborofen verascht und die so gewonnenen Aschen mit den
Zyklonflugaschen im Laborversuch auf ihre Hg-Sorptionsfähigkeit hin untersucht.
Ergänzend wird ein E-Filterstaub aus einem Kraftwerk (Altbach, Steinkohle-Staubfeuerung)
in die Betrachtungen mit aufgenommen (Tabelle 8.9). Eine definierte Menge Staub wird auf
einem Quarzwattefilter fein verteilt und in der Filtereinheit (Abbildung 7.7) des
Probenahmesystems auf eine Temperatur von 130°C beheizt. Anschließend wird mit dem
Prüfgasgenerator ein Synthesegas aus 6,4 Vol-% H2O, 190 mg/m3 i.N.f. HCl, Rest N2, und
einer definierten Hg-Konzentration durch die Filtereinheit geleitet und die Hg-Konzentration
hinter Filter kontinuierlich erfasst.
Tabelle 8.9: Zusammensetzung der (Flug-)ascheproben der Sorptionsversuche.
Flugstaubzusammensetzung Rest-C-Gehalt [Gew-%]
S-Gehalt [Gew-%]
CaO-Gehalt [Gew-%]
100% Kohle (ZWS) 16,34 1,14 4,1
85% Kohle/15% KS (ZWS) 7,39 1,87 6,0
50% Kohle/50% KS (ZWS) 6,81 1,46 6,6
100% Klärschlamm (ZWS) 1,09 1,82 7,7
100% Kohle (laborverascht) 0,07 2,55 3,9
100% KS (laborverascht) 0,04 0,60 9,5
E-Filterstaub aus Staubf. <2 k.A. 8,1
Die Ergebnisse zeigen ein deutlich unterschiedliches Sorptionsvermögen der
Zyklonflugaschen aus der Wirbelschicht und der Ascheproben aus dem Laborofen derselben
Brennstoffe (Abbildung 8.24).
Abb. 8.24: Hg-Sorptionsfähigkeit unterschiedlicher Flugaschen.
0
10
20
30
40
50
60
10 120
230
340
450
560
670
780
890
100
Zeit [s]
Hg
-Sch
lup
f [µg
/Nm
3 ]
100% Kohle (ZWS)
85% Kohle/15% KS (ZWS)
50% Kohle/50% KS (ZWS)
100% Klärschlamm (KS) (ZWS)
100% Kohle (laborverascht)
100% KS (laborverascht)
100% KS (laborverascht)
E-Filterstaub aus Staubfeuerung
Dosierstop für 100% KS
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 82
Erreicht die Hg-Konzentration die dosierte Konzentration von etwa 53 µg/m3 oder einen
nahezu konstanten Wert wird die Dosierung ausgeschaltet und das Abklingverhalten vom
Hg-CEM aufgezeichnet. Von der aufgegebenen gasförmigen Hg-Gesamtkonzentration
wurde durch alle Flugascheproben aus dem Zyklonabscheider einer Wirbelschichtanlage ein
Großteil (40 %) über einen Zeitraum von etwa 600 Sekunden sorbiert. Sowohl der im
Laborofen veraschte Klärschlamm als auch ein E-Filterstaub aus einer Staubfeuerung
zeigten deutlich geringere Sorptionsfähigkeiten. Die laborveraschte Kohle verhielt sich
ähnlich wie die Zyklonflugaschen. Aussagen zum Einfluss der Porosität der Flugaschen
können aufgrund fehlender Daten nicht gemacht werden.
Die Ergebnisse legen dennoch den Schluss nahe, dass die Sorptionsfähigkeit von
Flugaschen durch andere, während der Abkühlung der Rauchgase sorbierte, Phasen
deutlich beeinflusst wird. Weitere Versuche zur Sorptionsfähigkeit von Flugaschen machen
den Einfluss der Temperatur deutlich (Abbildung 8.25). In diesen Versuchen wurde die
Temperatur der Filtereinheit variiert. Es kann festgehalten werden, dass im allgemeinen bei
hohen Temperaturen die Sorptionsfähigkeit von Flugaschen verringert wird.
0
20
40
60
80
100
120
10 120
230
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1000
1110
1220
1330
1440
1550
1660
1770
1880
1990
2100
2210
2320
2430
2540
Zeit [s]
rela
tive
r H
g-S
chlu
pf
je 1
00 m
g
Flu
gst
aub
[µg
/Nm
3 ]
Zyklonstaub abgeschieden bei 300°C (Kohle mit 15 Gew-% Klärschlammanteil)
158°C
137°C
124°C
Dosierstop
Abb. 8.25: Temperaturabhängigkeit der Sorptionsfähigkeit von Flugasche.
Aus den gezeigten Ergebnissen wird außerdem deutlich, dass filternde Staubabscheider bei
gleicher Temperatur durch Ausnutzung der Sorptionsfähigkeit von Filterschichten generell
eine höhere Abscheideeffizienz in Bezug auf Hg aufweisen als Elektroabscheider. Oberhalb
einer Filtertemperatur von etwa 300°C geht die Sorption für Hg auf nahezu Null zurück.
Aktuelle Ergebnisse aus Forschungsvorhaben in den U.S.A. haben gezeigt, dass
Flugaschen neben der Sorption von Quecksilber auch die Speziation von Quecksilber im
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 83
Rauchgas beeinflussen können. Untersuchungen mit Flugaschen verschiedener Kohlen und
Gasgemischen aus metallischem Quecksilber in HCl- und SO2-haltigen Rauchgasen haben
gezeigt, dass metallisches Quecksilber an Flugaschen durch die Rauchgasbestandteile
unterschiedlich stark oxidiert wird [DOE 2001].
8.5 Verhalten am Nasswäscher
Grundsätzlich hat sich gezeigt, dass bei der Verwendung von konditionierter
Kalksteinsuspension im Wäscher eine nahezu vollständige Abscheidung des HgCl2(g) aus
dem Rauchgas erfolgt. Die Untersuchungen haben jedoch auch gezeigt, dass eine
Bestimmung des pH-Wertes im Sumpf der Füllkörperkolonne nicht ausreicht, um das
Löslichkeitsverhalten für HgCl2 entlang der Füllkörperkolonne zu charakterisieren. Bei einem
pH-Wert von etwa 6,5 und einem RedOx-Potential von nahe Null wurde der
Füllkörperkolonne über die Waschflüssigkeitszufuhr um etwa 15:32 Uhr destilliertes Wasser
zugegeben (Abbildung 8.26), um den Flüssigkeitsstand aufzufüllen.
Abb. 8.26: Wiederfreisetzung von bereits gelöstem Hg durch Zufuhr von H2O-dest.
Das hinter Nasswäscher angebrachte Hg-CEM zeigte zeitgleich eine starke Erhöhung der
Quecksilberkonzentration von etwa 4 µg/m3 auf etwa 15 µg/m3 im Reingas an. Die Zufuhr
von H2O-dest. führt offensichtlich zu einer lokalen Störung des Löslichkeitsgleichgewichtes
im Waschwasser und somit zu einer Wiederfreisetzung von bereits gelöstem Quecksilber.
Weder die Anzeige des pH-Werts noch die des RedOx-Potentials weist eine signifikante
Änderung während dieser Zeit auf. Nach etwa 15 Minuten ist der Ausgangswert von 4 µg/m3
wieder erreicht. Zwischen 15:46 Uhr und 15:55 Uhr wurde das Hg-CEM kurzzeitig vom der
Probenahme im Reingas getrennt.
-100
0
100
200
300
400
500
600
15:24 15:28 15:32 15:36 15:41 15:45 15:49 15:53 15:58 16:020
3
5
8
10
13
15
18
20
Red
Ox-
Po
ten
tial
[m
V]
Hg
-Ko
nze
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atio
n n
ach
Wäs
cher
[µg
/m3]
pH
-Wer
t W
äsch
er [
-]
RedOx-Potential
pH-Wert
Hg-Konzentration
Zufuhr von H2O-dest.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 84
9. Zusammenfassung Gegenstand dieses Forschungsvorhabens ist die Untersuchung des Verhaltens von
Quecksilber bei der Mitverbrennung von Klärschlämmen in Kohlestaubfeuerungen unter
Berücksichtigung des gasförmigen Quecksilberanteils bei unterschiedlichen Rauchgas-
reinigungssystemen. Ziel der Untersuchungen ist die Ermittlung von Parametern, die das
Abscheideverhalten einzelner Rauchgasreinigungsstufen für das Element Quecksilber
bestimmen. Hierzu werden experimentellen Untersuchungen an einer Rauchgasreinigung im
Labormaßstab, die an einen Verbrennungsreaktor angeschlossen werden kann,
durchgeführt. Durch die systematische Variation von relevanten Parametern sollen
grundlegende Mechanismen erkannt und gegebenenfalls quantifiziert werden.
Die im Rahmen der Untersuchungen verwendeten Rauchgasreinigungskomponenten
Katalysator, Elektroabscheider und Füllkörperkolonne (Nasswäscher) können entweder mit
Rauchgasen aus dem Verbrennungsreaktor oder mit definierten Gasgemischen beaufschlagt
werden. Die Messtechnik erlaubt sowohl die kontinuierliche Erfassung des
Gesamtquecksilbergehaltes als auch die Ermittlung der Speziesverteilung
(partikelgebundenes Hg, gasförmiges HgCl2 und Hg0). Es werden Messungen im Rohgas
des Verbrennungsreaktors durchgeführt, um die Speziesverteilung vor Einleitung in die
Rauchgasreinigungsanlage bei Temperaturen von etwa 350°C zu ermitteln. Eine
Bilanzierung der Input und Outputströme entlang der Rauchgasreinigungsstufen bei
unterschiedlichen Brennstoffqualitäten wurde durchgeführt, um den Einfluss der einzelnen
Reinigungsstufen auf die Verteilung der Quecksilberspezies zu ermitteln. Durch detaillierte
Messungen mit definierten Gasgemischen an einzelnen Reinigungsstufen (Katalysator) und
Laborversuche (Sorptionsverhalten von Flugstaub) werden entdeckte Phänomene bestätigt
und quantifiziert.
Der vorliegende Abschlussbericht stellt eine erhebliche Erweiterung des Verständnisses des
Quecksilberverhaltens in einzelnen Rauchgasreinigungsstufen dar. Die Ermittlung des
Sorptions- und Oxidationsverhaltens für unterschiedliche SCR-DeNOx-Katalysatoren ist eine
wichtige Basis zur weiteren Erforschung des Oxidationsmechanismus von Quecksilber an
katalytischen Oberflächen. Die nachgewiesenen Phänomene am Katalysator tragen
außerdem zum Verständnis des Zeitverhaltens von Quecksilber in Rauchgasreinigungs-
anlagen bei. Für CaO als wichtige Flugstaubkomponente konnte sowohl der Einfluss auf die
Sorption als auch die Speziation von Quecksilber bei unterschiedlichen Temperaturen
erstmals belegt und quantifiziert werden. Das Ziel des Vorhabens wurde erreicht.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 85
Messungen im Rohgas: Die Mitverbrennung des untersuchten Klärschlamms führt bei
Mitverbrennungsanteilen von 3,8 bzw. 19,0 % thermischen Anteil zu einer Zunahme der Hg-
Konzentration im Rohgas von 52 bzw. 262 % verglichen mit der Rohgaskonzentration der
reinen Kohleverbrennung. Bei Temperaturen der Probenahme zwischen 270 und 300°C
bleibt der partikelgebundene Anteil nahezu unverändert bei etwa 7 bis 21 %. Es ist kein
eindeutiger Zusammenhang zwischen Mitverbrennungsanteil und gasförmiger Hg-Speziation
zu erkennen. Vielmehr beeinflussen die Zusammensetzung der Flugasche, insbesondere
das Vorhandensein von reaktivem CaO, und die Temperatur der Probenahme die mit der
eingesetzten Messtechnik ermittelte Speziesverteilung.
Messungen entlang der Rauchgasreinigung: Beim Betrieb des Verbrennungsreaktors mit
nachgeschalteter Rauchgasreinigung zeigt sich der starke Einfluss des eingesetzten
Katalysators auf die Oxidation von Quecksilber. Mit definierten Gasgemischen und
ausreichenden Konzentrationen an HCl lassen sich Oxidationsgrade von > 90 % erreichen.
Die Oxidation von Hg am Katalysator führt zu hohen partikelgebundenen Anteilen im
Elektrofilter. Die erstmals nachgewiesene starke Sorption von Quecksilber an SCR-DeNOx-
Katalysatoren in Verbindung mit der durch die Sammelleistung des Elektroabscheiders
begrenzten Versuchszeit führt zu deutlichen Minder- oder Mehrbefunden bei der
Bilanzierung der Input- und Outputströme für Quecksilber.
Einfluss des Katalysators: Die Ergebnisse belegen ein temperaturabhängiges
Sorptionsgleichgewicht zwischen Hg und HCl an der Oberfläche des Katalysators. Niedrige
HCl-Konzentrationen führen zu einer ausgeprägten Sorption von Quecksilber an die
Oberfläche des Katalysators. Für HCl-Konzentrationen < 5 mg/m3 werden über einen
Zeitraum von ca. 2 Stunden über 50 % des Quecksilberinputs vom Katalysator adsorbiert.
Für HCl-Konzentrationen > etwa 50 mg/m3 werden nur sehr geringe Quecksilbermengen
adsorbiert. Die Desorption von Quecksilber wird durch eine Steigerung der HCl-
Konzentration eingeleitet und verläuft spontan mit einem Peak am Anfang einem
asymptotisch ausgeprägten Abklingverhalten.
Für zwei verschiedene low-dust Katalysatortypen und einen high-dust Katalysator wird das
Oxidationsverhalten für Hg in Abhängigkeit der HCl-Konzentration bei einer Temperatur
bestimmt. Es zeigt sich, dass die Oxidation zu HgCl2(g) bei ausreichender HCl-Konzentration
(etwa 50 mg/m3) nahezu vollständig abläuft. Für niedrige HCl-Konzentrationen verläuft die
Oxidation unvollständig. Die durchgeführten Untersuchungen zum Einfluss einzelner
Katalysatorbestandteile lassen zwei unterschiedliche Oxidationsmechanismen vermuten, die
jedoch bisher nicht bewiesen werden konnten.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 86
Verhalten bei der Staubabscheidung: Die komplexen Reaktionsmechanismen des
Oxidationsverhaltens von Hg und die Abhängigkeit von mehreren gasförmigen
Elementkonzentrationen (S, Cl) sowie von der chemischen und physikalischen
Aschezusammensetzung, insbesondere dem CaO-Gehalt und der Porosität, erschweren
vereinfachende Aussagen. Der teilweise hohe CaO-Gehalt in Klärschlammaschen bei der
Mitverbrennung in Steinkohlefeuerungen verbunden mit einem insgesamt höheren
Aschegehalt der Klärschlämme führt zu einer signifikanten Erhöhung der angebotenen CaO-
Oberfläche im heißen Rauchgas. Die Anwesenheit von CaO im Rauchgas wirkt sich durch
eine Bildung von Alkalisulfiden bzw. von Alkalichloriden auf die Erscheinungsform und die
Konzentration der angebotenen Reaktionspartner Chlor und Schwefel aus. CaO stellt
einerseits bei tieferen Temperaturen eine signifikante Sorptionsquelle für Quecksilber dar.
Andererseits wird bereits gebildetes ionisches HgCl2(g) von CaO reduziert. Das
Vorhandensein von reaktivem CaO im Rauchgas durch hohe Ca-Gehalte im Brennstoff oder
eine Dotierung des Rauchgases mit Ca-haltigen Sorbentien führt dadurch bei Temperaturen
unterhalb von etwa 300°C zu höheren partikelgebundenen Anteilen und bei Temperaturen
oberhalb von etwa T = 300°C zu deutlich höheren elementaren Hg0(g)-Anteilen im
Rauchgas.
Verhalten am Nasswäscher: Es konnte gezeigt werden, dass die Abscheidung von Hg im
Wäscher nicht alleine von der Wasserlöslichkeit von HgCl2(g) bestimmt wird. Störungen im
stationären Betrieb des Wäschers können zu einer Wiederfreisetzung von bereits gelöstem
Hg führen.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 87
10. Nutzen und Verwertbarkeit der Ergebnisse und Erfahrungen
Messtechnik: Die Bestimmung des Verhaltens von Quecksilber in Rauchgasen sowohl bei
der Monoverbrennung von Abfall als auch bei Mitverbrennung biogener Abfallstoffe mit Kohle
stellt aufgrund der geringen Elementkonzentration von Hg eine schwierige messtechnische
Aufgabe dar. Obwohl es mittlerweile eine Reihe eignungsgeprüfter Messsysteme für
Gesamtquecksilber im Konzentrationsbereich von 0 bis 75 bzw. 150 µg/Nm3 gibt, kommt es
aufgrund der verschiedenartigen Applikationen zu teilweise erheblichen Unstimmigkeiten
zwischen den Messergebnissen der eingesetzten Hg-CEM und den manuellen
diskontinuierlichen Vergleichsmessverfahren. Ein Grund hierfür ist die Problematik bei der
Kalibrierung der Messgeräte, die für jede Rauchgasmatrix spezifisch durchgeführt werden
muss. Aus den vorliegenden Erkenntnissen kann außerdem darauf geschlossen werden,
dass ein anderer Grund darin zu suchen ist, dass eine unzureichende Beheizung der
Staubabtrennung vor den Messgeräten durch Sorptions- und Desorptionsvorgänge des
abgetrennten Flugstaubs einen Einfluss auf die Höhe des Messsignals haben kann.
Rauchgasreinigung: Einen erheblichen Einfluss auf das Verhalten von Quecksilber in
Rauchgasreinigungsanlagen hat ein SCR-DeNOx Katalysator. In high-dust Schaltung ist bei
ausreichend vorhandenem HCl mit einer Verstärkung der Oxidation von gasförmigem
Quecksilber zu rechnen. Dadurch kann bei weiterer Abkühlung der Rauchgase bis zur
Staubabscheidung eine Erhöhung des partikelgebundenen Anteils und damit eine
Verbesserung der Hg-Abscheidung durch nachgeschaltete Gewebe- oder Elektrofilter
erreicht werden.
In low-dust oder tail-end Schaltung eines Katalysators nach Staubabscheidung und
Abtrennung der sauren Rauchgaskomponenten durch einen Nasswäscher oder durch eine
trockene Reinigungsstufe ist aufgrund der niedrigen HCl-Konzentrationen mit Sorptions- und
Desorptionsvorgängen am Katalysator zu rechnen. Die sich als plötzlicher Hg-Peak
äußernden Desorptionsvorgänge können vor allem bei tail-end Anlagen trotz hoher
Abscheideleistung der Hg-Reinigungsstufe und gleichbleibender emittierter Hg-Fracht durch
die identifizierten und beschriebenen Mechanismen zu kurzzeitigen Grenzwertverletzungen
(Halbstunden-Mittelwert) führen. Insbesondere das beschriebene dynamische Verhalten von
Quecksilber an tail-end Katalysatoren macht eine direkte Zuordnung der Hg-Konzentration
nach selektiver Hg-Abscheidung und dem Hg-Emissionsgrenzwert unmöglich.
Hohe CaO-Gehalte im Rauchgas, die entweder durch hohe Ca-Gehalte des Brennstoffs oder
durch zusätzliche Eindüsung von Ca-haltigen Sorbentien, z.B. in trockenen
Rauchgasreingungsstufen (Flugstromadsorbtion oder Sprühadsorption) oder durch eine
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 88
Konditionierung von Klärschlamm mit CaCO3 hervorgerufen werden, können bei
Temperaturen > 330°C zu einer drastischen Reduzierung des HgCl2(g) Anteils führen. Die
Sorption von Hg an CaO findet erst bei Temperatur < 330°C statt und beträgt bei einer
Temperatur von 150°C etwa 45 % der Inputkonzentration. Bisher geht man davon aus, dass
höhere CaO-Gehalte im Brennstoff zu einer Erhöhung des partikelgebundenen
Quecksilberanteils, der in den Staubfiltern bei Temperaturen von 125°C bis 140°C
abgeschieden wird, führt. Diese Annahme konnte in den Laborversuchen durch die
Ermittlung des Sorptionsverhaltens von CaO bestätigt werden. Die Bedeutung des CaO für
die Speziesverteilung von Quecksilber in der Gasphase ist bisher nicht bekannt oder nur
indirekt vermutet worden. Bei Verbrennungsanlagen, die in ihrem Rauchgasreinigungs-
system nach der Staubabscheidung eine Nasswäsche haben, muss ein höherer CaO-Gehalt
im Brennstoff, eine Konditionierung des Brennstoffes oder eine zusätzliche Eindüsung von
Kalkstein durch die Erhöhung des partikelgebundenen Anteils nicht zwangsläufig zu
niedrigeren Quecksilberkonzentrationen im Reingas führen. Die Erhöhung des CaO-
Gehaltes führt vielmehr zu einer Erhöhung des elementaren Quecksilberanteils vor
Nasswäscher und so zu einer drastischen Verminderung der Abscheideleistung des
Wäschers für Quecksilber.
Untersuchungen zum Sorptionsverhalten verschiedener Flugstäube belegen den Einfluss
kondensierter saurer Rauchgaskomponenten und der Temperatur auf den Sorptionsverlauf.
Aus den Ergebnissen kann gefolgert werden, dass filternde Staubabscheider gegenüber
Elektroabscheidern durch die verlängerte Verweilzeit des Staubes im Rauchgas und damit
der Ausnutzung ihres Sorptionsvermögens höhere Abscheideraten für Hg aufweisen. Da für
die Bindung von Quecksilber an Flugstäuben sowohl Physi- als auch
Chemiesorptionsmechanismen in betracht kommen ist bei Temperaturerhöhungen auch mit
Desorptionsvorgängen zu rechnen. Die kürzlich von anderen Stellen berichtete oxidative
Wirkung von Flugstäuben ist in diesem Forschungsvorhaben nicht betrachtet worden, stellt
aber eine interessante Möglichkeit dar, die Abscheideleistung von Rauchgasreinigungs-
systemen positiv zu beeinflussen.
Sowohl bei der Abfall- als auch bei der Kohleverbrennung stellen die nassen Rauchgas-
reinigungsstufen eine bedeutende Quecksilbersenke dar. Die Gesamtabscheideeffizienz der
nassen Reinigungsverfahren hängt dabei entscheidend vom Anteil der ionischen
Quecksilberverbindung HgCl2 in der Gasphase ab. Um eine hohe Abscheideeffizienz zu
gewährleisten und eine Wiederfreisetzung von bereits gelöstem Quecksilber aus dem
Waschwasser zu vermeiden, ist der Wäscherkreislauf hinsichtlich RedOx-Potential, pH-Wert,
gelöster Hg-Konzentration und Waschwassertemperatur zu kontrollieren.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 89
Aufgrund der komplexen Vorgänge im Kalksteinwäscher sind bisher nur wenige direkte
Einflussparameter auf die Abscheideeffizienz für Quecksilber identifiziert worden (vgl.
Kapitel 8.5). Insbesondere die Anwesenheit von unvollständig oxidierten Schwefel-
verbindungen im Waschwasser beeinflusst die Löslichkeit von Quecksilber negativ. Bei der
Bilanzierung der Input- und Outputströme an Kalksteinwäschern kommt es häufig durch
höhere Output- als Inputströme zu Unstimmigkeiten. Diese Diskrepanzen machen eine
grundsätzliche Klärung des Löslichkeitsverhaltens von Quecksilber in Kalksteinwäschern
notwendig.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 90
11. Veröffentlichung der Ergebnisse Über den Fortschritt innerhalb des Projektes und die erzielten Ergebnisse ist in folgenden
Veröffentlichungen berichtet worden:
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Spliethoff, H.; Hein, K.R.G.: Verhalten von Quecksilberemissionen bei der Mitverbrennung von Klärschlämmen in Kohlestaub-feuerungen; VDI Berichte 1540 "Wege des Abfalls", ISBN 3-18-091540-4
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Hein, K.R.G.: Verhalten von Quecksilber in Rauchgasreinigungsanlagen; Poster präsentiert auf dem 17.
Kraftwerkstechnischen Kolloquium, 24./25. Okt. 2000, Dresden; Proceedings: Kraftwerks-technisches Kolloquium, 32, 2000, Dresden. (to be published)
Åmand, L.-E.; Coda, B.; Feng, X.;
Co-combustion of Dried Sewage Sludge and Coal – The Fate of Heavy Metals; presented at the 16th International Conference on Fluidized Bed Combustion; May 13-16 2001, Reno, Nevada, USA.
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Hein, K.R.G.
Einfluss von Temperatur und HCl-Konzentration auf die Quecksilberspeziation an CaO; Chem.-Ing.-Tech 2001, 73, No. 3, S. 217-222.
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Hein, K.R.G. Influence of Temperature and HCl Concentration on Mercury Speciation in the Presence of Calcium Oxide (CaO); Chem. Eng. Technol. 24 (2001) 12, pp. 1267-1272.
Hocquel, M. ; Unterberger, S. ; Hein, K.R.G.; Understanding Mercury Behaviour – a contribution to higher removal efficiencies; 3rd International Symposium on Incineration and Flue Gas Treatment Technologies, 2 – 4 July 2001, Brussels.
Hocquel, M. ; Unterberger, S. ; Hein, K.R.G.; Understanding Mercury Behaviour - a contribution to higher removal efficiencies; Power Plant Chemistry; Volume 3 (2001), No. 8; page 475-481.
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Hein, K.R.G. Influence of HCl, SO2, CaO and Catalytic Material on the Speciation of Mercury; The A&WMA Specialty Conference on Mercury Emissions: Fate, Effects, and Control; August 21-23, 2001; Chicago, IL (USA)
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Hein, K.R.G. Influence of HCl, SO2, CaO and Catalytic Material on the Speciation of Mercury; Journal of the Air & Waste Management Association, special edition on mercury; (to be published).
Hocquel, M.; Unterberger, S.; Hein, K.R.G.; Appl, H.; König, T.
Dynamisches Verhalten von Hg an SCR-DeNOx-Katalysatoren; VGB-Fachtagung „Thermische Abfallverwertung 2002“; 20. März 2002 in Nürnberg.
AiF-Forschungsvorhaben Nr. 12211 Seite 91
12. Literaturverzeichnis
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Anhang A 1: Eigenschaften und Verwendungsbereich von Quecksilberverbindungen.
Hauptname Quecksilber Quecksilber(II)chlorid Quecksilber(II)oxid Schwefelsäure Quecksilber(II)-Salz Diquecksilber(I)dichlorid
Synonyme Mercury NCI C60399 Quick silver
Mercuric chloride Mercury chloride NCI C60173 Quecksilberdichlorid Sublimat korrosiv Sulema TL 898
Dikupfersulfid Mercuric oxide C.I. 77760 Mercury oxide Mercury(II) oxide Quecksibleroxid Santar
Mercuric sulfate Mercury sulfate Quecksilber(II)bisulfat Quecksilber(II)sulfat Quecksilberdisulfat Quecksilbersulfat Sulfuric acid mercury(2+) salt (1:1)
C.I. 77764 Calogreen Calomel Cyclosan Kalomel Mercury chloride Quecksilbermonochlorid Quecksilbersubchlorid
CAS-Nr.: 7439-97-6 7487-94-7 21908-53-2 7783-35-9 10112-91-1
Erscheinungsbild: flüchtiges schweres flüssiges Metall
Kristalle, Pulver, Granulat; lichtempfindlich
Kristalle (Rhomben), Pulver; Zersetzung
Kristalle, Pulver, Granulat; lichtempfindlich
Kristalle, Pulver
Farbe: silbrig weiß, durchscheinend gelb bis rot weiß weiß, an Luft dunkel
Geruch charakteristisch (unangenehm)
Summenformel Hg HgCl2 HgO Hg SO4 Hg2Cl2 Bezugs-zustand
Schmelzpunkt: -38.42 °C 276.00 °C 500.00 °C 450.00 °C 400 - 500 °C,
Sublimation
Siedepunkt: 356.70 °C 302.00 °C 400.00 °C 383.00 °C bei 101,3 kPa
Relative Dichte (D20/4): 13.5000 5.4400 11.1000 6.4700 7.1500 (Wasser = 1)
Dampfdruck: 0.00016 kPa 0.00010 kPa 0.10000 kPa 0.10000 kPa vernachlässigbar bei 20.0 °C
Wasserlöslichkeit: 6.000 mg/l 69000.000 mg/l 50.000 mg/l 600000.000 mg/l 2.000 mg/l bei 20.00 °C
Verteilungskoeffizient: log pow = 4.500 log pow = 0.100 log pow = 3.230 Zersetzung
Dampfdichte (Luft=1): 6.90 8.70 7.49 10.27
Kritische Temperatur: 1677.0 °C
Kritischer Druck: 73200.0 kPa
Geruchsschwellenwert: 13 ppm
Metallisches Quecksilber Verwendungsbereich: Arzneimittel, Lebensmittel/Bedarfsgegenst., techn. Hilfsstoff, Pflanzenschutz/Desinfekt., Zwischenprodukt
In der Meß- und Steuerungstechnik; für Schädlingsbekämpfungsmittel; Katalysator; zur Herstellung von Thermometern, Spiegeln, elektrischen Gleichrichtern; Zwischenprodukt für Arzneimittel.
AUFNAHMEWEGE: Die Substanz kann in den Körper aufgenommen werden durch Inhalation und über die Haut. Auch als Dampf! WIRKUNGEN BEI KURZZEITEXPOSITION:
Giftig gemäß EU-Einstufung; Inhalation des Dampfes kann zu Lungenentzündung führen; Möglich sind Effekte auf Nieren, Zentralnervensystem; Die Effekte sind u.U. verzögert
WIRKUNGEN NACH WIEDERHOLTER ODER LANGZEITEXPOSITION:
Bildung von Gefühlsschwankungen, psychischer Instabilität, Tremor, Wahrnehmungsstörungen, Sprachstörungen; Gefahr kumulativer Effekte; Beeinträchtigung der Fortpflanzungsfähigkeit im Tierversuch.
Quecksilber(II)-chlorid Verwendungsbereich: Arzneimittel, techn. Hilfsstoff, Pflanzenschutz/Desinfekt; Katalysator; Verstärker in der Fotografie; Reagenz AUFNAHMEWEGE: Die Substanz kann in den Körper aufgenommen werden durch Inhalation des Aerosols, über die Haut und durch Verschlucken. WIRKUNGEN BEI KURZZEITEXPOSITION:
Ätzend; Sehr giftig gemäß EU-Einstufung; Die Substanz ätzt Augen, Haut und Atemwege; Ätzend beim Verschlucken; Inhalation des Aerosols kann zu Lungenödem führen (s. Anm.); Möglich sind Effekte auf die Nieren; Exposition oberhalb des Arbeitsplatzgrenzwertes kann zum Tode führen; Die Effekte sind u.U. verzögert; Ärztliche Beobachtung notwendig.
WIRKUNGEN NACH WIEDERHOLTER ODER LANGZEITEXPOSITION:
Wiederholter oder andauernder Hautkontakt kann zur Sensibilisierung führen; Bildung von Nierenschädigungen. Quecksilber(II)-oxid Verwendungsbereich: Arzneimittel, Farben/Lacke, techn. Hilfsstoff, Pflanzenschutz/Desinfekt.; Antiseptikum; Depolarisator in Trockenbatterien; Reagenz AUFNAHMEWEGE: Die Substanz kann in den Körper aufgenommen werden durch Inhalation des Aerosols, über die Haut und durch Verschlucken. WIRKUNGEN BEI KURZZEITEXPOSITION: Sehr giftig gemäß EU-Einstufung; Die Substanz reizt Augen, Haut und Atemwege. WIRKUNGEN NACH WIEDERHOLTER ODER LANGZEITEXPOSITION:
Wiederholter oder andauernder Hautkontakt kann zur Sensibilisierung führen. Möglich sind Effekte auf die Nieren. Bildung von Nierenschäden.
Schwefelsäure Quecksilber(II)-Salz: Verwendungsbereich: Arzneimittel, techn. Hilfsstoff; Katalysator; Bezugselektroden (Normalelement); galvanische Batterien WIRKUNGEN BEI KURZZEITEXPOSITION:
Ätzend; Sehr giftig gemäß EU-Einstufung; Die Substanz reizt die Haut und ätzt Augen und Atemwege; Ätzend beim Verschlucken; Inhalation des Aerosols kann zu Lungenödem führen; Möglich sind Effekte auf den Magendarmtrakt; Exposition oberhalb des Arbeitsplatzgrenzwertes kann zum Tode führen; Die Effekte sind u.U. verzögert; Ärztliche Beobachtung notwendig.
WIRKUNGEN NACH WIEDERHOLTER ODER LANGZEITEXPOSITION: Möglich sind Effekte auf die Nieren; Bildung von Nierenschäden. Quecksilber(I)-chlorid Verwendungsbereich: Arzneimittel, Farben/Lacke, techn. Hilfsstoff, Pflanzenschutz/Desinfekt. WIRKUNGEN BEI KURZZEITEXPOSITION: Gesundheitsschädlich gemäß EU-Einstufung; Die Substanz reizt die Augen; Ärztliche Beobachtung notwendig. WIRKUNGEN NACH WIEDERHOLTER ODER LANGZEITEXPOSITION: Möglich sind Effekte auf die Nieren.
Anhang A 2: Einflußfaktoren auf das Verhalten von Quecksilber in der Rauchgasreinigung einer Kohlefeuerung.
Dampf-erzeuger DENOX E-Filter REA
KohleKlärschlamm
350°C 130°C1100°C 60°C
Oxidation in KAT abhängig von: HCl/Cl2, aktiviertes-C, Flugasche1
Hg-Abscheidung abhängig von: Rauchgastemperatur, CaO, Rest-C; Aschegehalt und -zusammensetzung
2
Hg-Auswaschung abhängig von: pH-Wert, SO2-Gehalt, L/G-Verhältnis; RedOx-Potential
3
HgH
HgCl2
HgSHgSO4
HgOHg0
Hg(CH3)2
HgBr2
Hg0
HgCl2
Hg2Cl2
Cl
BrF
ashS
Flugasche
Hg0
HgCl2
Gips
Filterkuchen
Abwasser
Reingas
INPUT
1
23
Oxi
datio
n
Hg0
OUTPUT
Fre
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Ab
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2+
HgO
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