Russland 2005 Eine Zwischenbilanz
Gesellschaft für Auslandskunde, München
Klaus Segbers, FU Berlin2. Februar 2005
Übersicht
1 Der neue globale Kontext und der Kollaps der UdSSR
2 Der westliche Russland-Diskurs
3 Russland: Eine Zwischenbilanz
1.1 Der globale Kontext 1
Ende des Westfaelischen Systems (Globalisierung)
Ende des Kalten Krieges
Ende des bipolaren Systems
1.2 Der globale Kontext 2
(Viel) mehr Akteure, mehr Spielebenen Ein Ergebnis dieser Veränderungen ist, dass die Welt unsicherer geworden zu sein scheint. Analytisch benötigen wir eine neue politische Kartographie. Politisch und sozial müssen wir lernen, mit mehr Unsicherheiten umzugehen.
1.3 Russland nach 1990
Innere Entwicklungsblockaden führten zum Kollaps der UdSSR Zunehmende Globalisierung schränkte die Reaktionsformen ein Zu wirtschaftlichem, politischem und sozialem Wandel tritt nation building hinzu Heute ist keine isolierte Entwicklung mehr möglich
2.1 Der westliche Russland-Diskurs
Einzigartigkeit, Irrationalität Staatsförmigkeit, Konsistenz und Steuerbarkeit Apocalypse forever
Führt zu: Personalisierung „oben“ Überschätzung der politischen Steuerung Unterschätzung anderer Akteure und Faktoren Ausblendung von positivem Wandel und Normalität Verbleiben in der „autoritären Falle“
2.2 Nützliche Annahmen
„Russland“ kann man verstehen; politische Prozesse sind nicht irrational.Zugleich: Politik ist oft nicht konsistent, und sie ist oft kaum organisierbar.Es gibt verschiedene wichtige Analyseebenen, und wesentliche nichtstaatliche Akteure.Politikkerne sind definierbar: Ressourcen.Institutionen sind bedeutsam.Der alte Transformationsbegriff ist erschöpft.Die Erwartung von Designer-Reformen ist unrealistisch. Die grossen Erklärungs-Narrative täuschen fast immer.
3.1 Das „Putin“-Phänomen
„Putin“ konnte als Ausdruck eines neuen Äquilibriums gedeutet werden.
„Putin“ spiegelte eine relative Saturierung wichtiger Eliten- und Interessengruppen.
„Putin“ symbolisierte die Konvertierung von „roving“ in „stationary bandits“.
„Putin“ stand und steht für die Interessen und Stimmungen verschiedener sozialer Gruppen.
Das Fehlen eines „Post-Putins“ irritiert das politische Leben in Russland erheblich.
3.2 Politik: Fortschritte seit 1999
Politische Eruptionen wenig wahrscheinlich.
Höhere top-down EffizienzBessere Verzahnung zwischen
Zentrum und RegionenGrössere Distanz zu den
„Oligarchen“Duma und PA sind
professionellerAber: bargaining ist noch immer
die vorherrschende Form der politischen Interaktion
3.3 Politik: Risiken und Probleme
Rechtsorgane entwickeln sich noch
Probleme mit Parteien und robuster Zivilgesellschaft
Volatile Entscheidungsprozesse, Fixierung auf erste Personen anstatt auf Regeln
Verlangsamte Verwaltungsreform
Entscheidungshemmende Wirkungen von Wahlen – auch hier
3.4 Wirtschaft: Wandel seit 1999
Härtere Budgetschranken Weniger virtuelle und
BartergeschäfteNeuer SteuerkodexVereinfachung des ZollrechtsNeues BodenrechtEntwicklung der Mittelklasse
und KMUBesseres corporate
governance, business climateKonsolidierung der
Aussenverschuldung
3.5 Wirtschaft: Risiken und Konflikte
Bankensystem - begonnenPensionsreform - begonnenKommunale Reformen - begonnenReformen der „natürlichen Monopole“ (RAO EES, MPS, Gazprom, Transneft)Aussenverflechtung (Energieträger; Abhängigkeit von Weltmarktpreisen)Noch instabile Investitionstrends
Macroeconomic indicators
1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 GDP, % - 5.3 6.4 10.0 5.1 4.7 7.3 7.4
Industrial prod., % 5.2 11.0 11.9 4.9 3.7 7.0 7.0
F’d investments, % 12.0 5.3 17.4 10.0 2.6 12.5 12.8
Unemployment, % 11.8 11.7 10.2 9.0 7.1 8.9 8.1
Current acc’t, $ bn 0.2 24.6 46.8 33.9 29.1 35.8 22.6 Source: Goskomstat, CBR.
3.6 Gesellschaft: Stabilisierung
Fähigkeiten zur AnpassungRelativer ZusammenhaltWachsendes soziales KapitalZivilgesellschaftliche
Komponenten Stärker werdende
MittelschichtenRelativ gute Aus/Bildung der
Jugend
3.7 Gesellschaft: Risiken
Ethnisch verkleidete Konflikte
Sich aufbauende Fundamentalismen
Veraltete Infrastruktur
Negative demographische Tendenzen
Gesundheitsprobleme
Zurückbleiben der depressiven Knoten
3.8 Weltpolitik: Integration Integration, nicht opting out ist die
vorherrschende Tendenz:Annäherung an WTOTeilnahme an Allianz gegen
den TerrorismusPro-institutionelle Ausrichtung
(Irak)Zugleich Balancieren in
verschiedene RichtungenRussland ist auch Europa
3.9 Weltpolitik: Risiken und Konflikte
Keine wirksamen nationalen Interessen: Akteure verfolgen partikulare StrategienVolatile Preise auf den WeltenergiemärktenInstabilität im Mittleren Osten… auf dem Balkan, im Kaukasus, in Zentralasien Trennungsschmerzen vom Imperium Ukraine, etc.)Dynamische Entwicklung in ChinaPartieller brain drainDigital/ informational divide
3.10 „Putin“- Effekte: Zwischenbilanz Es gibt eine klare Tendenz zu mehr Stabilität, zu institutionellem Wandel und kalkulierbareren öffentlichen Gütern.Zugleich wächst die Instabilität angesichts der ungewissen Putin-Nachfolge.Die P-Verwaltung möchte eher einen managed capitalism. Dazu wird der Energiesektor kontrolliert.Dennoch – es gibt keinen gemeinsamen wirtschaftlichen und politischen Raum im klassischen Sinn, und das wird wohl so bleiben: Russland als patchwork.Gewiss fehlt es an Ressourcen und Optionen, um ein autoritäres Regime nach dem Muster des 20. Jahrhunderts zu etablieren. Aber auch eine Musterdemokratie des 20. Jahrhunderts wird nicht mehr entstehen. Schliesslich: auch Chaos wird wohl nicht dominieren.Es ist hilfreich, die RF auch mit SA, Indien und Brasilien zu vergleichen anstatt mit der OECD.
the end...
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Wirtschaftliche Indikatoren
Ölproduktion (in Millionen Barrel je Tag)Quelle: Deutsche Bank Research, F.A.Z. Institut in: FAZ 13.04.2003
7,866,95
6,34 6,18 6,04 6,12 6,07 6,316,71
7,29 7,59
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002
2.6 FP’s Conditioning Variables
Permanent media exposure
Permanent elections
Changing domestic and European coalitions
Continuing multi-level games
4.3 Conditions for a hegemon
On the first count, huge opportunities were missed after 9/11. Not many societies perceive the U.S. as benign.
A “acceptable” hegemon must meet one fundamental condition – as a hegemonic power, he must have at least a medium-range time horizon, and he must have developed encompassing interests. Is this the case with the current U.S. administation?
1.2 Der globale Kontext 2
Mehr Akteure, mehr (Spiel)Ebenen, mehr Spiele, mehr (auch konkurrierende) Regeln Weniger reale Souveränität für Regierungen Die Agenda der Nachkriegszeit (WW 2) wechselt: Wie mit Asymmetrien und patchworks umgehen? Allgemein: Abnehmende Konsistenz der Politik
3.x Zeithorizonte, 1990 – 2004
2004199919941990
3.4
3.2
3.0
2.8
2.6
2.4
2.2
2.0
1 year
4 years
Long-term
2.8
2.3
2.1
2.4
3.1
2.82.72.7
2.8
3.23.3
2.9