Ringvorlesung „Biologie I: Biodiversität und Evolution“WINTERSEMSTER 2008-2009
http://www.bot.uni-heidelberg.de/koch/
Marcus KochHeidelberger Institut für Pflanzenwissenschaften
BIODIVERSITÄT und PFLANZENSYSTEMATIK
2. (14.)
Literaturempfehlungen:
1) Einstieg: Dieter Hess. 2005. Systematische Botanik. UTB Verlag, Stuttgart, 239 Seiten [19,90 €]2) Vertiefung: Peter Sitte et. al. 2002. Strasburger – Lehrbuch der Botanik. 35. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg, 1119 Seiten [99,90 €]. – inkl. CD-Rom
3) Begriffe (Dt): CD-Rom (Besl et al. – zum Strasburger) Wörterbuch zur Botanik von G. Wagenitz Begriffe (Engl): Edmund Launert. 1998. Biologisches Wörterbuch. UTB Verlag, Stuttgart, 739 Seiten [39,90 €]
4) Vertiefung (Engl): Walter S. Judd et al. 2002. Plant systematics: a phylogenetic approach. Sinauer Associates, Sunderland, USA, 576 Seiten, [102,50 €]. - inkl. CD-Rom
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Taxonomie und Systematik:
* taxonomische Einheiten* „der“ pflanzliche Artbegriff
Benennung der Pflanzen: Nomenklatur
* Regelwerk (International Code of Botanical Nomenclature)* Formale Aspekte werden unter dem Begriff TAXONOMIE zusammengefasst
* Grundlage: binäre Kombination (Binom)Gattungsnamen + Artepithet (z.B. Fagus sylvatica)zusätzlich: Autorenname des Erstbeschreibers (z.B. Fagus sylvatica L.)
in diesem Fall: L. = Linnaeus[Species Plantarum, 1753], Prioritätsregel
* Synonyme: mehrere Namen für ein Taxon* Homonyme: gleiche Namen für verschiedene Taxa* Basionym (ursprünglicher Name): Achillea sudetica Opiz Achillea millefolium L. subsp. sudetica (Opiz) Oborny
nomen conservandum
nomen conservandum, nom.cons., geschützter Name E: conserved name Eine Name einer Familie, Gattung oder Art, der durch ein bestimmtes Verfahren festgelegt (geschützt) ist und verwendet werden muss, auch wenn er sonst nach den Regeln illegitim ist (z.B. als jüngeres Homonym).
Geschichte: Der Gedanke, Namen zu konservieren, wurde durch das Werk von O. KUNTZE (1891) ausgelöst, der die Regeln der Nomenklatur von 1867 konsequent anwendete und zeigte, dass danach über 1000 Gattungsnamen zu ändern seien. In einem ersten Antrag Berliner Botaniker (Ber. Deutsch. Bot. Ges. 10: 327. 1892) wurden 81 bekannte Gattungsnamen zur Konservierung vorgeschlagen. Der Botanische Kongress in Wien 1905 akzeptierte das Prinzip des Schutzes von Gattungsnamen und der Code von 1912 enthielt eine Liste von 405 Namen. Später wurde das Vorgehen zur Konservierung formalisiert durch das Einschalten von Nomenklatorischen Kommitees. Außerdem wurde die Konservierung auf Artnamen ausgedehnt (seit Code 1. ICBN 1983).
Rangstufen der Pflanzen-Nomenklatur
Analog zu Strasburger (Lehrbuch der Botanik, 35. Aufl. 2002)
Reich EucaryaUnterreich - bionta ChlorobiontaAbteilung bzw. Stamm - phyta, -mycota StreptophytaUnterabteilung - phytina, -mycotina SpermatophytinaKlasse - phyceae, -mycetes, -opsida, -atae MagnoliopsidaUnterklasse - idae RosidaeÜberordnung - anaeOrdnung - ales AsteralesFamilie - aceae AsteraceaeUnterfamilie - oideae AsteroideaeTribus - eae AnthemideaeGattung AchilleaSektion AchilleaSerieAggregat A. millefolium agg.Art A. millefoliumUnterart A. m. subsp. sudeticaVarietätForm A. m. subsp. s. f. rosea
Der Artbegriff: allgemein und in der Botanik
Einige Artbegriffe definieren Arten zu einem bestimmten Zeitpunkt ihrer Genese, andere definieren Arten durch ihre evolutionäre Geschichte und den Ökologischen Kontext
* Taxonomischer Artbegriff (auch „morphologischer“ oder „phenetischer“ A.)
* Biologischer Artbegriff (Auskreuzende Individuen – Drosophila genetics, Mayr 1963)Genfluß, Genpool, Heterozygotie (Ausgangspunkt der Gentik)
* Ökologischer Artbegriff: Definition über die ökologische Nische
* Evolutionärer Artbegriff (Simpson 1961): hier werden evolutionäre Linien definiert und für den Artbegriff herangezogen
Der Artbegriff: allgemein und in der Botanik
Beispiel taxonomischer Artbegriff (und seine Grenzen):
Taraxacum officinale agg.: In Mitteleuropa hunderte von Arten, die durch kleinstemorphologische Unterschiede getrennt werden kölnnen, ABER die einzelnenSippen sind weitgehend APOMIKTISCH
Dennoch gibt es immer wieder Sexualität,was dann zu neuen Typen führt!
Der Artbegriff: allgemein und in der Botanik
Beispiel biologischer Artbegriff (und seine Grenzen):
1. Fortpflanzungsgemeinschaft (bildet eine umgrenzte Gruppe)ABER etwa 1/3 aller höheren Pflanzen sind INZÜCHTER
ABER Pflanzen sind i.d.R. nicht mobil und es gibt KEINE freie Kreuzbarkeit
2. Aufbau von Kreuzungsbarrieren (ökologisch, biologisch, geographische, …)
3. Ausgangspunkt: heterogene Umwelt und biparentale Fortpflanzung
Microthlaspi perfoliatum L. (selbstend)diploidpolyploid
Thlaspi erraticumThlaspi improperum
Der Artbegriff: allgemein und in der Botanik
Beispiel Evolutionärer Artbegriff (und seine Grenzen):
1. Konzept ist auf alle Fortpflanzungsmodi anwendbar!
2. Ähnliche Genotypen werden in einer ähnlichen Umwelt zusammengehalten
ABER: Über 50% der Pflanzen sind polyploid und eventuell „hybridogenen“ Ursprungs- keine Abstammungslinien, sondern retikulate Muster!
A B C D E F A B C D E F
Der Artbegriff: allgemein und in der Botanik
Beispiel Cochlearia - Löffelkraut
A B C D E F
ancestral diploid Cochlearia
C. macrorrhiza
C. groenlandica C. islandica 2n=12 2n=14
C. pyrenaica
C. officinalis
C. polonica
C. bavarica
C. tatrae
C. anglica
ssp. officinalis
ssp. norvegica
ssp. integrifolia
C. danica
C. aestuaria
C. tridactylitis
C. oblongifolia
2n=6x
2n=4x
2n=8x
2n=6x
mostly coastal taxa
nordic / subarctic /arctic taxa
Central European inland taxa
C. excelsa
??
FIGURE 1
Cochlearia excelsa
Der Artbegriff: allgemein und in der Botanik
Schlussfolgerung:
Die Art ist und bleibt wichtigste Einheit der Biodiversitätsforschung und auch der phylogenetischen Systematik
dennoch
bedarf der Begriff ART immer wieder einer kritischen Reflektion.
Übersicht über das System der Pflanzen
SCHEMA UNTER:http://www.bot.uni-heidelberg.de/koch/
Studenten/WS-2008-2009/GV-BIO-1
aus Strasburger (Lehrbuch der Botanik, 35. Aufl. 2002)
Pflanzen sind photoautotrophe, eukaryotische Organismen.
Im Rahmen der Botanik werden aberauch alle jenen heterotrophen O.
besprochen, die sich von autotrophenableiten oder die zum Verständnisder Phylogenie der Autotrophen
wichtig sind.
Organisationstyp (allgemeiner Bauplan):
Alte Bezeichnung der Großgruppen: ProkaryotenProkaryotische AlgenSchleimpilzePilzeEukaryotische AlgenFlechtenMoose und Gefäßpflanzen
Innerhalb all dieser Organisationstypen gibt es, auf verschiedene Merkmale/Merkmals-Komplexe bezogen, Progressionsreihen (Anpassungsstufen, Organisationsstufen):
z.B.: Aufbau eines Organismuseinzellig, mehrzellig-zerfallend, einfaches Sprossmycel, Zellfäden mit echten Verzweigungen, Ausbildung von Plasmodesmen,mehrere Zellfäden bilden Pseudogewebe, Gewebebildung, Gewebe-differenzierung und Kormusbildung (höhere Pflanzen)
AUSSCHNITTE DIESER REIHE FINDET MAN IN PROKARYOTEN,PILZEN ODER ALGEN VERWIKLICHT – auch Rückentwicklung möglich
ORGANISATIONSTYPEN
BAKTERIENPROKAROTISCHE ALGEN
EUKARYOTISCHE ALGENSCHLEIMPILZEPILZEFLECHTENMOOSE und GEFÄßPFLANZEN
Organisationstypen entsprechen vielfach Entwicklungsstufen und sind als solche Ausdruckmehrfach unabhängig vollzogener Anpassungen an bestimmte Lebensbedingungenbzw. der allgemeinen organisatorischenHöherentwicklung.
aus Strasburger (Lehrbuch der Botanik, 35. Aufl. 2002)
I. Reich BACTERIA1. Abteilung: Posibacteriota2. Abteilung: Negibacteriota3. Abteilung: Cyanobacteriota4. Abteilung: Prochlorophyta
II. Reich ARCHAEA1. Abteilung: Crenachaeota2. Abteilung: Euryarchaeota
III. Reich EUCARYA 1. Unterreich: Acrasiobionta
1. Abteilung: Acrasiomycota 2. Unterreich: Myxobionta
1. Abteilung: Myxomycota2. Abteilung: Plasmodiophoromycota
3. Unterreich: Heterokontobionta1. Abteilung: Labyrinthulomycota2. Abteilung: Oomycota3. Abteilung: Heterokontophyta
4. Unterreich: Mycobionta (Chitinpilze)1. Abteilung: Eumycota
ORGANISATIONSTYPEN
BAKTERIEN PROKAROTISCHE ALGEN EUKARYOTISCHE ALGEN SCHLEIMPILZE PILZE
III. Reich EUCARYA 5. Unterreich: Glaucobionta 6. Unterreich: Rhodobionta
1. Abteilung: Rhodophyten(inkl. Cryptophyta, Dinophyta, Haptophyta, Heterokontophyta)
7. Unterreich: Chlorobionta1. Abteilung: Chlorophyta (Grünalgen I)
(inkl. Chlorarachniophyta, Euglenophyta)2. Abteilung: Streptophyta
1. Unterabteilung: Streptophytina (Grünalgen II)2. Unterabteilung: Bryophytina (Moose)3. Unterabteilung: Pteridophytina (Farnpflanzen)4. Unterabteilung: Spermatophytina (Samenpflanzen)
ORGANISATIONSTYPEN
EUKARYOTISCHE ALGEN MOOSE und GEFÄßPFLANZEN
ORGANISATIONSTYPEN
BAKTERIENPROKAROTISCHE ALGEN
EUKARYOTISCHE ALGENSCHLEIMPILZEPILZEFLECHTENMOOSE und GEFÄßPFLANZEN
Organisationstypen entsprechen vielfach Entwicklungsstufen und sind als solche Ausdruckmehrfach unabhängig vollzogener Anpassungen an bestimmte Lebensbedingungenbzw. der allgemeinen organisatorischenHöherentwicklung.
aus Strasburger (Lehrbuch der Botanik, 35. Aufl. 2002)
Übersicht über das System der Pflanzen
aus Strasburger (Lehrbuch der Botanik, 35. Aufl. 2002)
Endocytose – Endosymbiontentheorie
Ein Schlüssel zum Verständnisder Evolution aller Organismen.
Prim. Endocytobiose:(Gram neg. Bakterien)(Blau“algen“)
Mitochondrienprimäre Plastiden
Sek. Endocytobiose:(Rotalgen, Grünalgen)
Plastiden der RotalgenPlastiden der Grünalgen
Ektocytobiose: Flechten
FortpflanzungKernphasenwechsel
Generationswechsel