Eine Zukunftsaufgabe in guten Händen
Renaturierungsprojekte Flussauen in Deutschland – eine Übersicht
Dr. Thomas Ehlert Fachgebiet II 3.2 „Binnengewässer,
Auenökosysteme und Wasserhaushalt“
Foto: Olaf Büttner/UFZ
Fachtagung „Neues Wasser auf alten Wegen – Lebendige Luppe“ 7. - 8. Oktober 2013, Leipzig
Dr. Thomas Ehlert, 13.09.2011
Zustand der rezenten Flussauen
Naturnahe Flüsse und Auen gehören zu den artenreichsten Ökosystemen Mitteleuropas und sind natürliche Zentren der Artenvielfalt
Foto: M. Scholz, UFZ Foto: Trägerverbund Burg Lenzen e.V.
Dr. Thomas Ehlert, 13.09.2011
Zustand der rezenten Flussauen
Flüsse und Auen unterliegen weiterhin einem hohen Nutzungsdruck
Foto: T. Ehlert Foto: T. Ehlert
Foto: T. Ehlert Foto: StMUG Bayern
Ausgangslage: Kosten für wasserwirtschaftliche, kulturbautechnische und schifffahrtliche Maßnahmen
Entwässerungsmaßnahmen in der freien Landschaft 1955 bis 1985 (auch außerhalb der Auen)
3,5 Mrd. € (im Durchschnitt 112 Mio. € pro Jahr)
Gewässerausbau 1955 bis 1985
3,1 Mrd. € (im Durchschnitt 101 Mio. € pro Jahr)
Unterhaltung von Gewässer- und Hochwasserschutzanlagen 1971 bis 1985
2,3 Mrd. € (im Durchschnitt 73 Mio. € pro Jahr)
Quelle: Lübbe 2001
Erhaltung, Aus- und Neubau von Bundeswasserstraßen 2011 - 2015 750 Mio. € pro Jahr Quelle: BMVBS (2011, Entwurf): Investitionsrahmenplan 2011- 2015 für die Verkehrsinfrastruktur des Bundes
In der Vergangenheit sind mit einem enormen finanziellen und technischen Aufwand die Gewässer ausgebaut und Bedingungen für eine intensive landwirtschaftliche Nutzung der Auen hergestellt worden.
Zum Vergleich: Innerhalb der letzten 30 Jahre wurden im Bundesförder-programm „chance Natur“ für 30 Gewässer- und Auenprojekte ca. 325 Mio. € bereitgestellt, d.h. in 30 Jahren die Summe, die in den 1970er Jahren jährlich für Gewässerausbau und Melioration bereitstanden.
Dr. Thomas Ehlert, 13.09.2011
Zustand der rezenten Flussauen
BfN, 2009
Es besteht ein dringender Handlungsbedarf, den Flüssen wieder mehr Raum zu geben und den ökologischen Zustand der Fließgewässer und Auen zu verbessern
Verteilung der Auenzustandsklassen – rezente Flussauen
nur noch 10% der vorhandenen Flussauen sind naturnah Brunotte et al. 2009
36 % 9 % <1 % 20%
34 %
Bestandsentwicklung Biotope der Gewässer und Auen
Foto: T. Ehlert Foto: B. Neukirchen
negativ
weitgehend stabil
positiv
Bestandsentwicklung Biotope
nicht abschätzbar
Ellwanger et al. 2012
Foto: T. Ehlert
Naturnahe Auenentwicklung - Stand der Umsetzung
Foto: T. Ehlert, BfN Foto: B. Neukirchen, BfN
Foto: B. Neukirchen, BfN
Welche positiven Entwicklungen bei der Verbesserung des Auenzustandes und bei der Rückgewinnung von Überschwemmungs-flächen liegen bereits vor?
Auenprojekte – bundesweite Übersicht
265 Projekte* zur Renaturierung von Flussauen und zur Rückdeichung in allen Einzugsgebieten Deutschlands * nicht abschließende Erfassung an Flüssen
Es gibt eine größere Anzahl von Projekten zur Auenrenaturierung, die vor allem in den letzten 20 Jahren umgesetzt wurden bzw. sich in Umsetzung befinden.
Auenprojekte an Flüssen
Quelle: BfN unveröff.
Auenprojekte – bundesweite Übersicht
Wann wurden die Auenprojekte umgesetzt?
0
5
10
15
20
25
30
35
Jahr der Fertigstellung
Anza
hl P
roje
kte
*
* Bezug: 161 Projekte
Verbesserung des Auenzustandes
Auenzustandsklassen nach Brunotte et al. (2009)
Klassen-sprünge
Renaturierungsmaßnahmen wirken sich positiv auf den Auenzustand aus.
Bei ¾ der Projekte* ist eine Verbesserung der Auenzustandsklasse zu verzeichnen. * Bezug: 91 Projekte
Verbesserung des Auenzustandes durch Renaturierungsmaßnahmen
Foto: Wasserverband Eifel-Rur
Rur bei Körrenzig (NW) vor Umsetzung der Maßnahme
Foto: Wasserverband Eifel-Rur
1 Jahr nach Umsetzung der Maßnahme (2002)
Foto: Wasserverband Eifel-Rur
7 Jahre nach Umsetzung der Maßnahme (2008)
Auenzustand vor Maßnahmenumsetzung
Auenzustand nach Maßnahmenumsetzung
Beispiel Rur (Maaseinzugsgebiet)
Foto: J. Purps
Verbesserung des Auenzustandes durch Deichrückverlegung
Lenzener Elbtalaue (BB) vor Umsetzung der Maßnahme (1999)
während der Baumaßnahme (2007)
Beispiel Lenzener Elbtalaue Auenzustand vor
Maßnahmenumsetzung
Auenzustand nach Maßnahmenumsetzung
Foto: J. Purps
neue Deichlinie im Bau
neue Deichlinie
Verbesserung des Auenzustandes durch Renaturierung in der Stadt
Beispiel Isar in München
Luftbild Isar in München nach Umsetzung der Maßnahme (2010) Foto: BKG 2010
Isar in München nach Umsetzung der Maßnahme
Foto: B. Schackers, UIH Ingenieur- und Planungsbüro
Auch in Städten ist eine Verbesserung des Auenzustandes möglich.
Auenzustand vor Maßnahmenumsetzung
Auenzustand nach Maßnahmenumsetzung
Dr. Thomas Ehlert, 13.09.2011
Auenrenaturierung und Hochwasserschutz
Beispiel: Deichrückverlegung Lenzener Elbtalaue
Foto: J. Purps
Beseitigung einer konstruktiven Schwachstelle im Deichsystem
420 ha wiedergewonnene Retentionsfläche / Aue
1/3 des Elbe-Abflusses fließen bei Hochwasser über das Vorland
Durch die Deichrückverlegung (Fertigstellung 2009) waren die Wasserstände 2011 im Gebiet wie berechnet um 35 cm niedriger als bei vergleichbaren Hochwassern vorher.
An der rd. 5 km elbaufwärts gelegenen Stadt Schnackenburg sank der Hochwasserscheitel durch die Deichrückverlegung um mehr als 20 cm.
Die positiven Auswirkungen der Deichrückverlegung wurden auch beim Juni-Hochwasser 2013 festgestellt. Quellen: LUGV Brandenburg / Alexy u. Faulhaber (2011) / Damm (unveröff.)
Die zentralen Maßnahmen eines länderübergreifenden und naturverträglichen Hochwasserschutzes sollten Teil des nationalen Hochwasserschutzprogramms der Bundesregierung werden.
Ökosystemleistungen Auenrenaturierung und Nährstoffrückhalt
Foto: C. Schulz-Zunkel, UFZ
Flussauen halten jährlich bis zu 42.000 t Stickstoff und 1.200 t Phosphor zurück.
Damit erreicht die Reinigungsleistung deutscher Flüsse und Flussauen hinsichtlich des Nährstoffrückhaltes einen Wert von rund 500 Mio. € pro Jahr, die für ähnlich wirkungsvolle Maßnahmen in der Landwirtschaft aufgebracht werden müssten. Quelle: Scholz et al. (2012)
Auenrenaturierung Zusammenfassung und Ausblick
Auenschutz funktioniert: Es gibt zahlreiche gelungene Modellprojekte zur Gewässer- und Auenrenaturierung, aber sie sind bislang in ihrer Flächen- bzw. Streckenwirkung begrenzt und können bestehende Defizite nur teilweise rückgängig machen. Eine Trendwende, wie bei der Verbesserung der Wasserqualität, ist noch nicht erreicht.
Auenschutz lohnt sich: Bei der Umsetzung von Auenprojekten profitiert nicht nur die biologische Vielfalt, auch der Nährstoffrückhalt in Flussauen steigt erheblich und der vorsorgende Hochwasserschutz und Erholungswert werden nachhaltig verbessert.
Auenschutz gemeinsam umsetzen: Auenschutz braucht gemeinsame Lösungen vieler gesellschaftlichen Akteure und eine vertrauensvolle Zusammenarbeit.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!
weitere Informationen http://www.bfn.de/0324_gewaesser_u_auen.html
Foto: T. Ehlert