Physik I
Mechanik und Thermodynamik
Experimentalphysik 1
Mechanik und Wärme
W. Demtröder, Springer Verlag http://rd.springer.com/search?query=978-3-642-25466-6
Halliday: Physik, Bachelor Edition
Halliday, Resnick, Walker
Wiley-VCH Verlag
Gerthsen: Physik
D. Meschede, Springer Verlag http://rd.springer.com/book/10.1007%2F978-3-642-12894-3
Bergmann, Schaefer:
Lehrbuch der Experimentalphysik
Bd.1: Mechanik, Akustik, Wärme
Verlag Walter de Gruyter
Physik
P. A. Tipler
Spektrum Akademischer Verlag
Taschenbuch der Mathematik
(Bronstein-Semendjajew, Musiol, Mühlig)
Verlag Harri Deutsch
Vorlesungsskript
Physik I: Mechanik und Wärmelehre
Achim von Keudell
2012, Ruhr-Universität Bochum http://www.ep2.rub.de/files/skripte/skriptpi.pdf
Vorlesungsskript
HK http://www.ieap.uni-kiel.de/plasma/ag-kersten/
Literaturempfehlungen:
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
2 Mechanik:
2.1 Mechanik eines Massenpunktes
2.2 Systeme von Massenpunkten
2.3 Bewegte Bezugssysteme
2.4 Dynamik starrer Körper
2.5 Deformierbare Medien
2.6 Strömende Flüssigkeiten und Gase
2.7 Schwingungen
2.8 Wellen
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
3 Thermodynamik:
3.1 Kinetische Gastheorie
3.2 Wärme
3.3 Wärmetransport
3.4 Hauptsätze der Thermodynamik
3.5 Reale Gase und Flüssigkeiten
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
P H Y S I K (griech.: physis) = die Natur betreffend
Die Physik ist ein eigenständiger Teil der Naturwissenschaften und
beschäftigt sich mit der Untersuchung von Zuständen, Vorgängen und
Erscheinungen vorwiegend der unbelebten Natur, bei denen die
beteiligten Körper in der Regel keine stofflichen Veränderungen
erfahren.
Aufgabe der Physik ist die Beobachtung der Naturvorgänge mit Hilfe
des gezielten Experimentes und deren Beschreibung und
Durchdringung mit den Methoden der Mathematik, wobei es gilt, die
allgemeinen Gesetzmäßigkeiten dieser Vorgänge aufzudecken.
1 Einführung 1.1
Was ist Physik ?
• Physik ist die Wissenschaft, die sich i.a. mit der
Erklärung der Natur beschäftigt
• Physik geht von der Naturbeobachtung aus
• durch Verständnis physikalischer Zusammen-
hänge werden Ereignisse vorhersagbar
• auf der Basis dieser Erkenntnisse werden neue
Anwendungen / Technologien erschlossen
• gelingt es in einem Experiment, ein „Natur-
gesetz“ zweifelsfrei zu widerlegen, so ist dieses
Naturgesetz ab diesem Zeitpunkt obsolet
• Physik erhebt nicht den Anspruch, Wahrheiten
über die Natur zu produzieren, sondern bietet
immer nur Theorien an, die im Rahmen ihrer
Gültigkeitsgrenzen eine gute Beschreibung der
Naturvorgänge darstellen
1.1
Was ist Physik ?
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
1 Einführung 1.2
Experiment – Modell – Theorie
• Physik geht von der Naturbeobachtung aus
• Experimente sind gezielte Fragen an die Natur, auf die man bei geeigneter
Versuchsanordnung eine eindeutige Antwort erhalten kann
• zunächst wird ein Vorgang durch Messen von Größen quantitativ erfasst
• danach versucht man, diese Größen zueinander in Beziehung zu setzen um
universelle Gesetzmäßigkeiten herauszufinden
• Physikalische Gesetze verknüpfen messbare Größen und Begriffe miteinander
• die übliche Beschreibung ist die mathematische Gleichung
• die theoretische Beschreibung in der Physik ist immer die Beschreibung eines
Modells, das man sich von der Natur macht
• der Gültigkeitsbereich einer physikalischen Theorie wird durch das Experiment
überprüft
T. Brahe (1546-1601) J. Kepler (1571-1630) I. Newton (1643-1727)
3
2
1
2
2
1
a
a
2
21
r
mmGF
Beispiel:
Planetenbewegung,
Himmelsmechanik
• Arbeitsmodell – Arbeitshypothese – richtige Hypothese – gesicherte Theorie –
ständige Validierung
• die Aufklärung der Naturphänomene ist allerdings ein schwieriger Prozess, da
die Beobachtung oftmals von mehreren Naturgesetzen gleichzeitig bestimmt
wird, so dass man eine einzelne Gesetzmäßigkeit nicht isoliert von anderen
beobachten kann
• weiterhin erlaubt die Entwicklung immer feinerer und genauerer Messmethoden
und -instrumente die Theorien der Physik immer besser zu überprüfen
• dabei werden irgendwann Abweichungen zwischen Theorie und Experiment
sichtbar, die neue Gedankengebäude / Theorien erforderlich machen
• neue, bessere Theorien enthalten vorhergehende Theorien oftmals als
Spezialfälle
• Beispiele:
Planetenbewegung / Himmelsmechanik, Quantenmechanik, Relativitätstheorie
Beobachtung und Abstraktion, Modell
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
1 Einführung 1.3
Geschichte der Physik
1.3.1 Antike Naturphilosophie
Physik als qualitative Naturlehre
• Thales von Milet (624-546 v.Chr.)
Entdeckung von Magnetismus und Reibungselektrizität
• Anaximander (611-546 v.Chr.)
Vier Grundstoffe: Feuer, Wasser, Luft und Erde
• Pythagoras (572-492 v.Chr.)
Mathematische Untermauerung der Naturphilosophie
• Anaxagoras (499-428 v.Chr.)
Welt ist aus kleinen, unterschiedlichen Teilen aufgebaut
• Leukipp (489-428 v.Chr.), Demokrit (455-370 v.Chr.)
Welt ist aus gleichen, unteilbaren Atomen aufgebaut
• Aristoteles (384-322 v.Chr.) Fünftes Element: Äther; Begriff „Physik“
• Archimedes (287-212 v.Chr.) Kreisumfang und –inhalt,
Massenschwerpunkt, Auftrieb, Erdkrümmung, Maschinen
• Ptolemäus (1.Hälfte 2. Jhd. v.Chr.) Ptolemäisches Weltbild
fest flüssig gasförmig ????? = Plasma
Normalität ? typische Zustandsform
im Universum !
Festkörper Flüssigkeit Gas Plasma
- -
+ -
+
+
normalerweise kennt man die drei Aggregatzustände :
. Festkörper, Flüssigkeiten und Gase
PLASMA wird manchmal auch “der vierte Aggregatzustand” genannt
die Philosophen kannten : Erde, Wasser, Luft und Feuer
Archimedes (287 – 212 v.Chr.)
• Kreisumfang und –inhalt, Oberflächen von Körpern
• Schwerpunktsbestimmung
• Auftrieb (Archimedisches Prinzip)
• Hebelgesetze (Hebekräne, Steinschleudern)
• Krümmung der Erdkugel
1 Einführung 1.3
Geschichte der Physik
1.3.2 Entwicklung der klassischen Physik
Präzisierung der Bewegungslehre :
17. Jhd. : Mechanik (himmlische und irdische Körper)
18. Jhd. : Analytische Mechanik Klassische Mechanik
(Impuls-, Drehimpulssatz, Gase, Flüssigkeiten, Festkörper)
• Kopernikus (1473-1543) Erde kreist um Sonne
• Galilei (1564-1642) Experiment als Prüfstein von Hypothesen
• Newton (1642-1727) Grundgesetze der Bewegung
• Lagrange (1736-1813) Mathematische Darstellung der Mechanik
Kinetische Gastheorie :
• Boyle (1627-1691) Prinzip der chemischen Elemente
• Dalton (1766-1844) Konkreterer Atombegriff
• Mendeleev (1834-1907) Periodensystem der Elemente
(* 1564 in Pisa, + 1642 in Florenz)
• Mathematikprofessor 1592
(Euklidische Geometrie)
• Diskussion astronomischer und
philosophischer Fragestellungen
in Form der „Discorsi“
• Kontakte zu Kepler 1598, Vertreter
des heliozentrischen Weltbildes
• Einsatz des Fernrohres
(Sonnenflecken, Jupitermonde,
Saturnringe, Mondkrater)
• Streit mit der katholischen Kirche
(Rehabilitation 1992)
Galileo Galilei
Der „erste“ Experimentalphysiker …
Isaac Newton * 1643 in Woolsthorpe, † 1727 in London
• Studium in Cambridge,
• 1665 revolutionäre Fortschritte in Mathematik, Optik,
Physik und Astronomie
(Infinitesimalrechnung, theoretische Mechanik,
Spiegelteleskop, Interferenz, etc.)
• Universalgesetz der Gravitation
• „Philosophiae Naturalis Principia Mathematica“ 1687
Der „erste“ theoretische Physiker …
• Himmelsmechanik, Gravitationsgesetz
• Grundgesetz der Mechanik
• mathematische Beschreibung
1 Einführung 1.3
Geschichte der Physik
1.3.2 Entwicklung der klassischen Physik
19. Jhd. :
Mathematische Mechanik, Allgemeiner Energiesatz, Statistische Physik
(Gase als Vielteilchensysteme), Theorie des elektromagnetischen Feldes,
Geometrische Optik
Klassische Physik:
Mechanik, Thermodynamik, Elektrodynamik, Optik
19. Jhd. : Elektrizität und Magnetismus
• Faraday (1791-1867) Elektromagnetische Induktion
• Maxwell (1831-1879) Theorie des Elektromagnetismus
• Hertz (1857-1894) Elektromagnetische Wellen
M. Faraday (1791-1867) J.C. Maxwell (1831-1879) H. Hertz (1857-1894)
1 Einführung 1.3
Geschichte der Physik
1.3.3 Moderne Physik
Paradigmenwechsel:
Lichtgeschwindigkeit (Michelson 1881); Quantenhypothese (Planck 1900)
Neue Konzepte:
• Kopplung Raum-Zeit-Materie
• Ablösung eines strengen Determinismus durch prinzipiell statistische Aussagen
• Auflösung der Grenzen zwischen Materie und Energie
• Einstein (1879-1955) Relativitätstheorie
• Planck (1858-1947), Heisenberg (1901-1976), Schrödinger (1887-1961)
Quantentheorie
• Bohr (1885-1962), Sommerfeld (1868-1951)
Atomphysik, Kernphysik, Elementarteilchenphysik
20. Jhd. : Relativitätstheorie, Quantentheorie
(Klassische Mechanik als Grenzfall kleiner Geschwindigkeiten, Aufbau der Atome,
Kerne, Elementarteilchen, Festkörper)
M. Planck (1858-1947)
• Schwarzkörperstrahlung
• Ansätze einer Quantentheorie
Der „erste“ Quantenphysiker …
* 1879 in Ulm, † 1955 in Princeton
• Spezielle und Allgemeine Relativitätstheorie,
• wesentliche Beiträge zur Kosmologie
• Arbeiten zum Photoeffekt, Molekularbewegung etc.
Albert Einstein
Atome,
Ladungsträger
Spektren
Hohlraumstrahlung
Wellen
Quanten
Leukipp, Demokrit (-400)
M.Lomonossow, A.Lavoisier (1789)
J.Dalton (1803), A.Avogadro (1811)
D.I.Mendelejew (1869), J.L.Meyer
E.Goldstein (1886),
P.Lenard, W.Wien,
G.J.Stoney, J.J.Thomson (1897)
H.Becquerel (1896)
W.Hallwachs (1888)
J.Balmer (1885), J.R.Rydberg (1888), W.Ritz
M.Faraday (1833)
J.Fraunhofer (1813)
R.W.Bunsen, G.R.Kirchhoff (1859)
H.Geiger, E.Rutherford (1911)
M.Planck (1900)
A.Einstein (1905)
R.Boyle (1662) R.Clausius (1860), J.C.Maxwell (1866),
L.Boltzmann A.Einstein (1905)
Elektrolyse
atomos
Massenerhaltung
Atomgewicht
PSE
Kinetische
Gastheorie Teilchenstatistik und Kinetik Molekularbewegung
Spektralanalyse
Strahlungsgesetze
P.Zeeman (1896), J.Stark (1910)
O.Lummer, E.Pringsheim (1899)
Schwarzer Strahler
I.Newton (1680)
A.J.Fresnel (1820)
Kathodenstrahlen
Kanalstrahlen
Elektronen, Ionen
Streuexperimente
Anregungsniveaus
1680 1800 1850
Korpuskeltheorie
1875 1900
J.Franck, G.Hertz (1914)
Lichtquanten
Strahlungsformel
Wirkungsquantum
1910
Serienformel, Termschema
Photoeffekt
1915
E.Rutherford (1911)
J.W.Rayleigh, J.Jeans (1894), W.Wien
J.J.Thomson (1903)
Atommodelle
1825 1905
Radioaktivität
H.Hertz (1884)
Linienaufspaltung
W.C.Röntgen (1895) X-Strahlen
Wellentheorie EM-Wellen
N.Bohr (1913)
Historischer Überblick
A.H.Compton (1922)
Atome,
Ladungsträger
Spektren
Hohlraumstrahlung
Wellen
Quanten
N.Bohr (1913)
Atommodell
1915 1920 1925 1910 1930
A.Sommerfeld (1919)
Atommodell,
Feinaufspaltung
Compton-Streuung
L.V.de Broglie (1924)
Welle-Teilchen-Dualismus,
Materiewellen
E.Schrödinger (1926)
Wellenmechanik, Schrödinger-Gleichung
W.Heisenberg (1927)
Matrizenmechanik, Unschärfe
C.J.Davisson, L.H.Germer (1927) Elektronen-Streuung
W.Pauli (1924)
Spin
P.Dirac (1930)
Quantenstatistik
Historischer Überblick
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
1 Einführung 1.4
Physik und andere Wissenschaften
Physik und Mathematik
• gemeinsame Entstehungsgeschichte
• Mathematik ist Voraussetzung (Sprache) der Physik
• Physik gibt Anregungen für neue Entwicklungen in der Mathematik
(z.B. Differential- und Integralrechnung)
Physik und Chemie
• erste Belege für Atomhypothese
• chemische Bindung wurde erst durch Quantenmechanik erklärt
• Berechnungen zu Molekülen und komplexen Kristallstrukturen
• Chemie ist Voraussetzung für moderne experimentelle Festkörperphysik
(z.B. hochreine Materialien)
• Chemie setzt immer mehr physikalische Methoden ein (Kristallstrukturanalyse,
Elementanalyse)
• Physikalische Chemie, Quantenchemie
1 Einführung 1.4
Physik und andere Wissenschaften
Physik und Biologie / Medizin
• Apparatemedizin (Röntgengeräte, Kernspintomograph, Ultraschall-
diagnostik, Laser ....)
• Moderne Biologie (Licht-, Elektronen-, Atomkraft-Mikroskope ....)
• Kristallstrukturanalyse war Voraussetzung für Entschlüsselung der DNS
• Transportprozesse in lebenden Zellen
• Selbstorganisation von Molekülen
• Untersuchung der Photosynthese mittels ultrakurzer Laserimpulse
• Biophysik / Biochemie, Medizinische Physik
Physik und Technik (Ingenieurwissenschaften)
• Physik: Grundlagen in Messtechnik, Festigkeitslehre, Vakuumtechnik,
Elektrotechnik, Elektronik, Kommunikationstechnik, Energietechnik, Kälte-
technik, ….
• Technik: Voraussetzung für Experimentiertechnik
• Materialwissenschaft
1 Einführung 1.4
Physik und andere Wissenschaften
Physik und Wirtschaftswissenschaften
• Physik, Mathematik: Messung von Warenströmen, statistische Verfahren,
nichtlineare Dynamik, Börsenverhalten, Vorhersagemodelle
Physik und Philosophie / Ethik
• alle Paradigmenwechsel der Physik wirkten spektakulär auf die Philosophie
zurück
• hinter allen Paradigmen der Physik stehen philosophische Vorstellungen
• ethische Fragen lassen sich im Rahmen der Physik nicht beantworten, d.h.
Philosophie
• Naturphilosophie, Erkenntnistheorie
Vielzahl von Grenzgebieten (Interdisziplinarität)
Physikalische Chemie
Biophysik
Geophysik
Astrophysik
…
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
1 Einführung 1.5
Maßsysteme
• Messen ist immer der Vergleich von Größen miteinander
• für einen universellen Vergleich sind Normale erforderlich
• Normale müssen bestimmte Anforderungen erfüllen:
# Normal muss eine ausreichende Messgenauigkeit ermöglichen
# Normal muss mit der geforderten Genauigkeit reproduzierbar sein
# Herstellung / Aufbewahrung des Normals und die Reproduzierbarkeit der
Vergleichsmessung müssen unter vertretbarem Aufwand möglich sein
• Normale waren oftmals in der Natur auftretende Größen (Elle, Fuß ....)
• offensichtlich werden solche Maße den obigen Forderungen nicht gerecht
• deshalb Anlehnung an Größen, die mindestens im Prinzip auf der ganzen
Erde zugänglich sind (Äquatorumfang, Sonnentag …)
• aber auch diese Größen sind nicht mehr genau genug
• daher versucht man, universelle Größen zu nutzen (Lichtgeschwindigkeit,
Wellenlängen bestimmter Strahlungsvorgänge …)
1 Einführung 1.5
Maßsysteme
1.5.1 Grundgrößen der Physik, Maßeinheiten und Messverfahren
• im Prinzip lassen sich alle physikalischen Größen auf die drei Grundgrößen
Länge, Zeit und Masse zurückführen
• es ist jedoch zweckmäßig, einige weitere Grundgrößen einzuführen
Internationales Einheitensystem SI
(Grundgrößen / Basiseinheiten)
Länge (l) m (Meter)
Zeit (t) s (Sekunde)
Masse (m) kg (Kilogramm)
Temperatur (T) K (Kelvin)
Elektrische Stromstärke (I) A (Ampere)
Stoffmenge (n) mol (Mol)
Lichtstärke (In) cd (Candela)
Winkel (ϕ) rad (Radiant)
Raumwinkel (Ω) sr (Steradiant)
• bereits vor 1800 wurde das Meter (m) definiert, das
heute die SI-Einheit der Länge ist
• das Meter war damals auf den Äquatorumfang der Erde
bezogen
(1m sollte genau 1/10 000 000 eines Erdquadranten sein)
• als Maßverkörperung wurde ein Platin-Iridium-Stab
aufbewahrt
• schon bald erwies sich, dass die ursprüngliche Messung
des Äquatorumfangs um 0,02% falsch war
• am Menschen orientierende Längenmaße erwiesen sich
sehr bald als unpraktisch
• Längenmessung
Länge
17
Länge
• Mitte des 20. Jahrhunderts erwies es
sich als Hindernis, dass das Meter-
normal nur auf ca. 10-6 genau mit Kopien
bzw. anderen Maßverkörperungen
verglichen werden konnte
• daher wurde 1960 die Wellenlänge der
orangen Fluoreszenzlinie des Krypton-
Isotops 86 als Referenz gewählt
• diese Referenz hatte nur bis 1983 Bestand
• seither ist die Lichtgeschwindigkeit der Referenzwert (c = 299792458 m/s)
• d.h. das Meter ist nun auf die Zeitmessung zurückgeführt
1 Meter ist die Länge der Strecke, die das Licht im Vakuum
während der Dauer von 1/299792458 s durchläuft.
17a
Winkel
• das Winkelmaß wird als Teil des Vollkreises definiert
• üblich ist vor allem die Messung des Winkels in Grad (Vollkreis = 360°) und die
weitere Unterteilung in Bogenminuten (60' = 1°) und Bogensekunden (60'' = 1')
• häufig wird das Bogenmaß des Winkels verwendet, das durch den Quotienten
aus der Länge L eines Kreisbogens und des Radius R definiert ist, so dass der
Vollkreis im Bogenmaß die Länge 2p hat
• um die Messung im Bogenmaß deutlich zu machen, nennt man den Winkel, bei
dem L=R ist, 1 Radiant (rad)
• analog ist der Raumwinkel W in Steradiant (sr) definiert durch das Verhältnis
einer Kreisfläche S auf der Kugel zum Quadrat des Radius
• die gesamte Kugel entspricht daher einem Raumwinkel von 4p sterad
296,572
3601
prad
1 Steradiant ist der Raumwinkel, unter dem 1m2
der Oberfläche der Einheitskugel (R=1m) vom
Kugelmittelpunkt aus erscheint.
• Erdrotation (Tag und Nacht)
• Umlauf der Erde um die Sonne (Jahreszeiten)
• Umlauf des Mondes um die Erde (Monate)
• Biologische Rhythmen (Blutkreislauf)
• Künstliche Abläufe (Wasseruhr, Sanduhr)
• Mechanische Schwingungen (Pendel)
• Elektrische Schwingungen (Schwingkreis)
• Atomare Oszillationen
• Rotation der Pulsare
Zur Definition einer Zeiteinheit eignet sich jeder periodische Vorgang :
Zeit
Zeit
• zur Zeitmessung kann im Prinzip jeder periodische Vorgang benutzt werden
• in der Natur gibt es aber eine Reihe von Schwingungsvorgängen, deren
Frequenz mit einer viel höheren relativen Genauigkeit festliegt als die Erdrotation
oder selbst die Revolution der Erde um die Sonne
• sehr gute Quarzuhren erreichen schon hohe Genauigkeit
• dennoch lassen sich Quarzuhren nicht als Zeitnormal einsetzen, da deren
Schwingungsfrequenz von den Abmessungen des Schwingquarzes und weiteren
Einflussgrößen abhängt
1 Sekunde ist die Dauer von 9.192.631.770 Perioden der elektromagnetischen
Strahlung, die dem Übergang zwischen den Hyperfeinstrukturniveaus im
Grundzustand des Cäsiumnuklids 133 entspricht.
• weitaus höhere Genauigkeiten liefern atomare Übergänge (Frequenzen)
• eine solche Festfrequenz ist z.B. durch einen sogenannten Hyperfein-
Übergang von Cäsium-Atomen gegeben (1967)
• diese liegt im Mikrowellenbereich bei rund 9 GHz, ist also z.B. der Zeit-
messung über Zählung bereits zugänglich
Zeit
Masse
• die Masse ist ein Maß für die Schwere eines Körpers, die mit dessen
Stoffmenge zusammenhängt
• die Masse von Körpern ändert sich auch nicht bei Formänderungen oder bei
Änderung des Aggregatzustands
• eine der wichtigsten Erkenntnisse der Physik ist, dass schwere und träge
Masse übereinstimmen
• d.h. es ist dieselbe Größe, die das Gewicht eines Körpers und dessen
Trägheit hervorruft
• ursprünglich war die Einheit der Masse so gewählt worden, dass ein
Kubikdezimeter Wasser bei 4°C Celsius ein Kilogramm wiegen sollte
• als Vergleichsnormal wurde ein Platin-Iridium-Zylinder angefertigt, der in Paris
aufbewahrt wird
1 Kilogramm ist die Masse des internationalen
Kilogrammprototyps.
(Platin (90%)-Iridium(10%)-Legierung mit einer
Dichte von 21,5 g/cm³.
Deutsches Normal:
Bei der PTB in Braunschweig
Masse: m(Pt9.0Ir1.0) = 1.00... kg
Höhe Zylinder: h = 39.0 mm
Durchmesser: d = 39.0 mm
Dichte: 21.5 g/cm3
Wird alle 10 Jahre mit dem
Pariser Urkilogramm
verglichen !!!
Ziel: Zurückführung auf
„bessere“ Größen.
• von den bisher aufgeführten Einheiten ist die Masse die einzige, die auf einem künstlich
hergestellten, insofern also willkürlichen, Normal beruht
• es gab Versuche, diese Einheit über Silizium-Einkristalle neu zu definieren, indem die
interatomaren Abstände direkt mit Wellenlängen verglichen
Werden
• damit hätte die Masseneinheit auf die Masse von Atomen und über die Zahl der Atome
pro Volumeneinheit auf das Volumen eines solchen Kristall bezogen werden können
• bisher weichen aber die Gitterparameter (d.h. die interatomaren Abstände) auch bei
hochreinen Material noch zu sehr für verschiedene Siliziumkristallen voneinander ab, so
dass die geforderte relative Genauigkeit von besser als 10-9 nicht erreicht werden konnte
Temperatur
• im Prinzip kann die Temperatur über mechanische Größen definiert werden
(kinetische Energie der Teilchen)
• es hat sich aber als zweckmäßig erwiesen, die Temperatureinheit über den
Tripelpunkt des Wassers zu definieren
1 Kelvin ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des
Tripelpunktes von Wasser.
• zur Messung der Temperatur benötigt man eine Größe, die eine reproduzierbare
Temperaturabhängigkeit aufweist (Ausdehnung, Widerstand, Thermospannung …)
Stromstärke
• bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde zur Definition dieser Basiseinheit die
chemische Wirkung des Stromes verwendet
• man legte fest, dass genau dann ein konstanter Strom von 1 A fließt, wenn aus
einer Silbernitratlösung in einer Sekunde genau 1,118 mg Silber an der
negativen Elektrode angelagert werden
• die Definition der elektrischen Stromstärke baut heute direkt auf mechanischen
Größen auf
• Strommessung erfolgt z.B. über Wechselwirkung mit Magnetfeldern
(Drehspulmessinstrument)
1 Ampere ist die Stärke eines zeitlich konstanten
elektrischen Stromes durch zwei parallele Leiter,
die den Abstand 1 m haben und zwischen denen
die durch den Strom hervorgerufene Kraft je 1 m
Länge 2 10-7 N beträgt.
1 Einführung 1.5
Maßsysteme
1.5.2 SI-System, Umrechnung von Maßeinheiten
• Physikalische Größen werden in Einheiten gemessen
• das gültige Einheitensystem ist das SI-System (Systeme Internationale) mit
den Basiseinheiten kg, m, s für Massen, Längen und Zeiten
• Zehnerpotenzen können durch Wortzusätze ausgedrückt werden, um
praktische abgeleitete Einheiten zu bekommen
• so sind Potenzen kleiner als 1: milli, micro, nano pico … und Potenzen
größer als 1 sind: kilo , Mega, Giga, Tera …
• das Umrechnen von Einheiten geschieht, indem man die Einheiten formal
mit in die Gleichung schreibt und sie dort durch den jeweiligen
Umrechnungsfaktor ersetzt, z.B.
1 Einführung:
1.1 Was ist Physik ?
1.2 Experiment - Modell - Theorie
1.3 Geschichte der Physik
1.4 Physik und andere Wissenschaften
1.5 Maßsysteme
1.6 Messfehler und Messgenauigkeit
Physik I – Mechanik und Thermodynamik
1 Einführung 1.6
Messfehler und Messgenauigkeit
1.6.1 Wahrnehmen vs. Messen: Sinnestäuschungen
• nicht immer entspricht das, was wir mit den Sinnesorganen wahrnehmen, der
Wirklichkeit (Illusion)
• manche dieser Sinnestäuschungen kommen in der Natur vor, viele werden durch
experimentelle Anordnungen künstlich hervorgerufen
• in einigen Fällen werden wir durch Fälschungen und Manipulationen in die Irre
geführt
• falsche Wahrnehmung ist oft durch eine Überlastung der Sinnesorgane bedingt,
manchmal kann das Gehirn die empfangenen Reize nicht richtig verarbeiten
• in anderen Fällen wird auf bestimmte Erfahrungswerte vertraut, die zu einer
Fehlinterpretation führen
• die bekanntesten Fehlwahrnehmungen sind optische Täuschungen
(z.B. Reisender im Zug – die Reize, die das Auge hier aufnimmt, werden vom Gehirn
falsch interpretiert)
• dabei kann es zu trügerischen Farb- und Formeindrücken, Fehlschlüssen bei
Größenverhältnissen oder falschen räumlichen Zuordnungen kommen
• die visuellen Reize überfordern die Netzhaut des Auges oder das Gehirn wird zu
falschen Rückschlüssen verleitet
1 Einführung 1.6
Messfehler und Messgenauigkeit
1.6.2 Arten von Messfehlern
• jede Messung ist mit einem Fehler behaftet
• man unterscheidet prinzipiell zwei Arten von Fehlern
Systematische Fehler
• systematische Fehler sind meistens durch die Messapparatur bedingt (z.B. durch
die Verwendung eines falschen Maßstabes)
• somit ergeben alle Messungen einen Wert, der um einen konstanten Faktor von der
Wahrheit abweicht
• ein weiteres Beispiel ist die Nicht-Berücksichtigung von Effekten wie Magnetfeldern,
Fehlern in der Experimentkonzeption etc.
• bei systematischen Fehlern sind alle Messungen in gleicher Weise betroffen und
eine „unendliche“ Wiederholung einer Messung verbessert nicht die Güte der
Vorhersage
Statistische Fehler
• statistische Fehler entstehen durch Schwankungen in der Durchführung
einer Messung
• durch häufiges Wiederholen einer Messung lässt sich der statistische Fehler
reduzieren
1 Einführung 1.6
Messfehler und Messgenauigkeit
1.6.3 Verteilung, Mittelwert, Streuung von Messfehlern
• betrachten wir zunächst N Messungen einer Größe x :
• Mittelwert :
• für unendliche viele Messungen erhält man im Grenzfall :
N
i
ixN
xx1
1
N
i
iN
wwahr xN
xx1
1lim
Messwertverteilung, Standardabweichung
• jede einzelne Messung xi weicht um einen Fehler ei vom wahren Wert xw ab
(absoluter Fehler der Messung xi)
• dies gilt ebenso für den Fehler des Mittelwertes (absoluter Fehler des Mittels)
• Fehler der Einzelmessung und der des Mittelwerts sind verknüpft durch
• mittlerer Fehler des arithmetischen Mittels
iwi xxe
xxw
N
i
i
N
i
iw
N
i
iww eN
xxN
xN
xxx111
111
N
j
N
ijj
i
N
i
N
i
i
N
i
i eeN
eN
eN
.0
,112
1
2
2
2
12
2 111
N
i
iwm xxN 1
22 1s
Messwertverteilung, Standardabweichung
• mittlerer Fehler der Einzelmessung (Standardabweichung)
• Standardabweichung einer Einzelmessung s ist mit Standardabweichung des
Mittelwertes sm verknüpft durch
• im allgemeinen ist allerdings der wahre Wert für x nicht bekannt, sondern es
lässt sich nur durch eine endliche Anzahl von Messungen ein Mittelwert bilden
• betrachten wir also zunächst die Abweichung Dxi einer einzelnen Messung i vom
Mittelwert
N
i
iw xxN
e1
22 )(1
s
ssN
m
1
D xxxxxxx w
e
iwii
i
Standardabweichung, Fehlerstreuung
• unter diesen Betrachtungen erhält man für die Standardabweichungen
• liegen nur statistische Fehler vor, so erhält man für die Verteilung der Messwerte
eine Normalverteilung, die durch die Gauss-Funktion beschrieben wird
D xxxxxxx w
e
iwii
i
N
i
ixxN
e1
22
1
1s
N
i
im xxNN 1
22
1
1s
1 Einführung 1.6
Messfehler und Messgenauigkeit
1.6.4 Fehlerfortpflanzung
• oftmals setzt sich das Ergebnis einer Messung aus einer Anzahl von einzelnen
Größen zusammen
• Wie groß ist jetzt der Fehler des Ergebnisses, wenn man zunächst nur den
Fehler der Eingangsgrößen kennt?
• betrachten wir dazu die Messung einer Größe y, die von den Eingangsgrößen
xi abhängt : y(x1, x2, x3, …)
• der Fehler in der Größe y bestimmt sich dann aus den partiellen Ableitungen
und den Fehlern der Eingangsgrößen Dx1, Dx2 etc., gemäß
...
2
3
3
2
2
2
2
1
1
D
D
DD x
dx
dyx
dx
dyx
dx
dyy