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Year: 2011
Phäochromozytom - eine nicht ganz einfache Diagnose
Reusch, C E
Reusch, C E (2011). Phäochromozytom - eine nicht ganz einfache Diagnose. In: 42. Jahresversammlungder SVK, Interlaken, Switzerland, 19 May 2011 - 21 May 2011.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch
Posted at the Zurich Open Repository and Archive, University of Zurich.http://www.zora.uzh.ch
Originally published at:Reusch, C E (2011). Phäochromozytom - eine nicht ganz einfache Diagnose. In: 42. Jahresversammlungder SVK, Interlaken, Switzerland, 19 May 2011 - 21 May 2011.
Reusch, C E (2011). Phäochromozytom - eine nicht ganz einfache Diagnose. In: 42. Jahresversammlungder SVK, Interlaken, Switzerland, 19 May 2011 - 21 May 2011.Postprint available at:http://www.zora.uzh.ch
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Originally published at:Reusch, C E (2011). Phäochromozytom - eine nicht ganz einfache Diagnose. In: 42. Jahresversammlungder SVK, Interlaken, Switzerland, 19 May 2011 - 21 May 2011.
PHÄOCHROMOZYTOM – EINE NICHT GANZ EINFACHE DIAGNOSE
Claudia Reusch, Dipl ECVIM-CA
Phäochromozytome sind Katecholamin-produzierende neuroendokrine
Tumoren der sogenannten chromaffinen Zellen des Nebennierenmarks. Die Tumoren gelten als selten, möglicherweise ist die tatsächliche Inzidenz
jedoch höher als angenommen und die „Seltenheit“ kann durch die schwierige Diagnosefindung aufgrund der unspezifischen klinischen
Symptomatik und der eingeschränkten diagnostischen Möglichkeiten erklärt werden.
Die Mehrheit der Phäochromozytome beim Hund ist maligne. Bei etwa 50% der Fälle ist eine Invasion in umliegendes Gewebe, Einbruch in die
Vena cava caudalis und Metastasierung in regionäre Lymphknoten, Leber, Milz, Pankreas, Niere, Lunge, Herz, Knochen, ZNS vorhanden. Die
klinischen Symptome sind Ausdruck einer konstanten oder
intermittierenden exzessiven Sekretion von Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin) und/oder die Folge des raumfordernden Prozesses und/oder
Metastasierung. Die Tumoren sind langsam wachsend, meist solitär und unilateral,
gelegentlich jedoch auch bilateral. Die Grösse variiert beträchtlich, sie kann wenige Millimeter betragen oder einen Durchmesser von > 10 cm
erreichen. Es scheint eine Korrelation zwischen der Tumorgröße und der hormonellen Aktivität sowie dem Schweregrad der klinischen Symptome
zu bestehen. Phäochromozytome können gleichzeitig mit Glukokortikoid-produzierenden Tumoren der Nebennierenrinde, ACTH-produzierenden
Tumoren des Hypophysenvorderlappens und anderen endokrinen Tumoren als Teil des MEN-(Multiple Endocrine Neoplasia)Syndroms vorkommen.
Signalement, klinische Symptome und Laborbefunde
Phäochromozytome können prinzipiell in jedem Alter auftreten, das
mittlere Alter zum Zeitpunkt der Diagnose liegt bei 10 bis 12 Jahren. Eine Rasse- oder Geschlechtsdisposition scheint es nicht zu geben.
Das klinische Bild ist sehr variabel, die Symptome können aufgrund der sporadischen Hormonsekretion mehrfach täglich oder auch in Abständen
von Wochen oder Monaten auftreten. Der Schweregrad der Erkrankung ist ebenfalls sehr unterschiedlich, Tiere mit Phäochromozytom können
klinisch asymptomatisch bis lebensgefährlich krank sein. Folgende Symptome treten auf: Anorexie, Apathie, Schwäche,
Gewichtsverlust, Tachypnoe, Hecheln, Tachykardie, Arrhythmie, Zusammenbrechen, blasse Schleimhäute, Blutungen (Nase, Gingiva,
Auge), akute Erblindung durch Retinablutung/-ablösung (aufgrund einer Hypertension), Angst, Drangwandern, Zittern, Tremor, Krämpfe,
Polyurie/Polydipsie, Vomitus, Diarrhoe, schmerzhaftes Abdomen. Sehr grosse Tumoren können zu einem erhöhten Bauchumfang, Aszites,
Ödem der Hintergliedmassen führen, intra-abdominale oder
retroperitoneale Blutung kann als seltene Komplikation ebenfalls auftreten.
Die Laborbefunde (Hämatologie, Chemie, Urinanalyse) sind variabel und
nicht diagnostisch und umfassen Anämie, Neutrophilie, erhöhte Leberenzyme, Azotämie und Hypoalbuminämie.
Diagnose Differenzialdiagnostisch kommen je nach vorherrschenden Symptomen
eine Vielzahl von kardiovaskulären, respiratorischen, neuromuskulären und endokrinen Erkrankungen (v.a. Hyperadrenokortizismus,
Hyperthyreose) in Frage.
Aufgrund der unspezifischen und sehr variablen klinischen Symptomatik
stellt die Aufarbeitung eine diagnostische Herausforderung dar. Häufig wird die Diagnose erst post mortem gestellt. Eines der besonderen
Kennzeichen der Erkrankung ist eine Hypertension. Sie ist jedoch nur etwa in 50% der Hunde zum Zeitpunkt der Untersuchung nachweisbar; und es
ist zu beachten, dass eine Hypertension nicht pathognomonisch für ein Phäochromozytom ist. Die meisten Tumoren haben zum Zeitpunkt der
Vorstellung des Patienten eine Grösse erreicht, die eine ultrasonographische Darstellung problemlos ermöglicht.
Phäochromozytome zeichnen sich jedoch nicht durch ein spezielles
ultrasonographisches Muster aus, daher umfassen die Differenzialdiagnosen neben dem Phäochromozytom weitere
hormonproduzierende Tumore wie Glukokortikoid-produzierende Nebennierenrindentumore und Aldosteronome sowie nicht-funktionelle
Massen wie Myelolipom, Zyste, Abszess, Hämatom und Metastasen. Glukokortikoid-produzierende Nebennierenrindentumore sind die mit
Abstand häufigsten Tumore der Nebenniere und die klinischen Symptome können ähnlich sein wie diejenigen beim Phäochromozytom. Daher sollte
in fraglichen Fällen zunächst das Vorliegen eines Glukokortikoid-produzierenden Nebennierenrindentumors ausgeschlossen werden. CT und
MRT sind zwar sensitiver zur Identifizierung einer Nebennierenmasse als die Ultraschalluntersuchung, das genaue Ansprechen der Art des Tumors
ist jedoch damit ebenfalls nicht möglich. Weitere bildgebende Verfahren wie die Szinthigraphie mit Radioiod-markierten Metaiodbenzylguanidin und
der Positronen-Emissions-Tomographie mit Fluorobenzylguanidin haben
möglicherweise eine höhere Spezifität, sie wurden bisher jedoch nur in einer kleinen Zahl von Fällen beschrieben. In der Humanmedizin wird
routinemässig die Messung von Katecholaminen (Adrenalin, Noradrenalin) und Metanephrinen (Metanephrin, Normetanephrin) im Plasma oder 24
Std-Sammelurin durchgeführt. In der Veterinärmedizin sind diese Messungen noch nicht überall etabliert bzw. die Verfügbarkeit ist stark
eingeschränkt. Wir haben uns in den letzten Jahren in Zusammenarbeit mit dem Universitätsspital Zürich mit der Erstellung von
Referenzbereichen der Katecholamin- und Metanephrin-Kreatinin Verhältnisse im Urin und deren Sensitivität und Spezifität für die Diagnose
von Phäochromozytomen befasst. Bisher hat sich das Normetanephrin:Kreatinin Verhältnis als der beste
Parameter gezeigt. Für die Probensammlung und Probenaufbereitung gelten relativ strenge Richtlinien, daher ist eine enge Zusammenarbeit mit
dem Labor erforderlich.
Abb. 1 Syntheseweg und Metabolismus der Katecholamine
Abb. 2 Normetanephrin:Kreatinin Verhältnis im Urin bei gesunden Hunden, Hunden mit Phäochromozytom und mit Cushing-Syndrom
Gesund Phäo Cushing-Syndrom
No
rmet
anep
hri
n:K
reat
inin
e
200
400
600
800
1000
1200
1400
Therapie und Prognose Die Therapie der Wahl ist die Adrenalektomie. Aufgrund der Gefahr von
intraoperativen Komplikationen (extreme Hypertension, Arrhythmien,
Tachykardie) durch die Manipulation am Tumor mit der Folge einer exzessiven Katecholaminfreisetzung sollten 1 – 2 Wochen vor der
geplanten Operation adrenerge Antagonisten verabreicht werden. Am häufigsten wird Phenoxybenzamin verwendet. Die Dosis beträgt initial 2x
täglich 0,25 mg/kg, sie sollte langsam erhöht werden, bis sich Anzeichen einer Hypotension oder Nebenwirkungen (z.B. Vomitus) zeigen oder bis
die maximale Dosis von 2x täglich 2,5 mg/kg erreicht ist. Eine gute intra-operative Überwachung ist sehr wichtig, die perioperative
Letalität beträgt etwa 20%. Aufgrund des häufig malignen Tumorcharakters ist die Prognose vorsichtig
bis ungünstig. Tiere, die die postoperative Phase überstehen, können jedoch durchaus mehrere Jahre leben.
Literatur
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Ruckstuhl N, Reusch CE: Urinary catecholamine and metanephrine to
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pheochromocytoma, and in healthy dogs. J Vet Intern Med, 24(5):1093-7,
2010.
Anschrift der Verfasserin
Prof. Dr. Claudia Reusch
Klinik für Kleintiermedizin
Vetsuisse-Fakultät der Universität Zürich
Winterthurerstrasse 260
8057 Zürich