PD Dr. med. P. FrankeAbteilung Abhängigkeitserkrankungen
LVR Klinikum DüsseldorfKliniken der Heinrich-Heine Universität Düsseldorf
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
Version 07/2013
„…Angenommen, es müsste bei der Versorgung von Patientengespart werden …Nennen Sie bitte 3 Krankheiten, bei denen man am ehesten Geld einsparen kann…“
Angermeyer et al. 2005; Mann & Kiefer, 2009
Alkoholismus: 54 %Depressionen: 30 %Schizophrenie: 27 %
(Vgl. je 17 % Diabetes mellitus und Rheumatismus)
Volkswirtschaftliche Kosten durch Alkoholkonsum
(1) Produktionsausfälle durch alkoholbedingte Erkrankungen und
Fehlen am Arbeitsplatz (ca. 92.000 Fälle/Jahr)
(2) Ausgaben im Gesundheitswesen für alkoholbedingte
Erkrankungen und Unfälle
(3) Erhöhte Sterblichkeit durch alkoholbedingte Erkrankungen
und Unfälle (42.000 Fälle/Jahr)
(4) Soziale Folgekosten für durch Alkoholkonsum
geschädigte Familien
(5) Frühzeitige Berentung (ca. 6500 Fälle/ Jahr)
Geschätzter volkswirtschaftlicher Schaden durch alkoholbezogene Morbidität und Mortalität in D:
20 Milliarden € pro Jahr
(Bergmann & Horch, 2003)
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
I. Diagnostik und allgemeine Therapieprinzipien II. Neurobiologische Grundlagen III. Klinik der alkoholbezogenen Störungen IV. Klinische Behandlung der Opiatabhängigkeit
Franke: Vorlesung - Abhängigkeitserkrankungen
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
I. Diagnostik und allgemeine Therapieprinzipien II. Neurobiologische Grundlagen III. Klinik der alkoholbezogenen Störungen IV. Klinische Behandlung der Opiatabhängigkeit
2. Epidemiologie von Substanzmissbrauch und -abhängigkeit
3. Therapeutische Grundprinzipien der Behandlung suchtkranker Menschen
1. „Suchterkrankungen“
I. Allgemeine Einführung: Diagnostik und Therapie von „Suchterkrankungen“
Körperliche und/oder psychische Schäden
substanzspezifisch, z.B. Enthemmung,Affektlabilität, verwaschene Sprache,Enge, lichtstarre Pupillen
• Starkes Verlangen• Verminderte Kontrolle• körperliche Entzugssymptome• Toleranzentwicklung• Vernachlässigung von Pflichten• Körperliche und/oder psychische Schäden
Akute Intoxikation x.0
Schädlicher Gebrauch/Missbrauch x.1
Abhängigkeitx.2
ICD-10 Diagnostik und Klassifikation – Erläuterungen I
Psychotische Störungx.5
Vorw. akustische Halluzinationen/ DD Schizophrenie
Amnestisches Syndrom/ Demenz
substanzspezifisch, z.B. mit Krampfanfällen, Muskelschmerzen
Entzugssyndrom
x.3
Andauernde Beeinträchtigung des Kurz- und Langzeitgedächtnisses, Zeitgitterstörungen, Merkfähigkeitsstörung
ICD-10 Diagnostik und Klassifikation – Erläuterungen II
Delirium
x.4
Vorw. optische Halluzinationen
2. Epidemiologie von Substanzmißbrauch und
Abhängigkeit
Riskanter Konsum
Missbrauch
Abhängigkeit
in Behandlung
Häufigkeit von problematischem Alkoholkonsum
10,4 Mio. Menschen
5,0 Mio. Menschen
ca. 150 000 Menschen
2,5 Mio. Menschen
Suchtmedizinisch-psychiatrische Behandlung
60-70 %:hausärztlicheBehandlung
?
Ab wann wird Alkoholkonsum riskant ?
1 l Bier = 40g Alkohol0,7l Wein = 65g Alkohol 0,04l Schnaps = 10g Alkohol
Frauen: > 20 g Alkohol/Tag = 1 Drink/Tag = 7 Drinks/Woche (140g/Woche)
Männer: > 30 - 40 g Alkohol/Tag = 2 Drinks/Tag = 14 DrinksWoche (280g/Woche)
Riskanter Alkoholkonsum:
bei regelmäßigem Konsum:deutlich erhöhtes Risiko für Folgeerkrankungen
Alkoholbedingte Folgeerkrankungen I
Neuropsychiatrische Folgeerkrankungen Alkoholinduzierte Psychosen Gedächtnisstörungen bis zur Demenz Persönlichkeitsveränderungen Nervenschädigungen
Internistische (körperliche) Folgeerkrankungen Lebererkrankungen (Fettleber, Hepatitis, Zirrhose) Magenerkrankungen (Krampfadern an der Speiseröhre, Magengeschwüre) Bauchspeicheldrüsenerkrankungen (akute und chronische Entzündungen) erhöhtes Risiko für Krebserkrankungen
Alkoholbedingte Folgeerkrankungen II
Muskelabbau, Muskelschwäche
Impotenz
Störungen des Immunsystems
erhöhtes Missbildungsrisiko bei Schwangeren
Für die meisten körperlichen Alkoholfolgeerkrankungensind bisher keine spezifischen Behandlungsmöglichkeiten bekannt
…daher ist es wichtig
problematischen Alkoholkonsum
frühzeitig zu erkennen…
Erkennen einer Alkoholproblematik (Screening)
Klinische ZeichenAlkoholgeruchgerötete Konjunktivenaufgedunsenes GesichtTremorGangunsicherheiterhöhte SchweißneigungHabitus (Muskelatrophie der Beine, Kontrast zum Bauch)erhöhte Reizbarkeit, Störung der Impulskontrolle(Fremdanamnese !)
LaborparameterGamma-Glutamyl-Transferase (-GT)Mikrokorpuskuläres Volumen der Erythrozyten (MCV)Carbohydrate deficient transferrin (CDT)
SelbstbeurteilungsfragebögenCAGE (> 1)AUDIT (> 8)
Screeningfragebogen Alkohol: CAGE
1. Haben Sie jemals das Gefühl gehabt, Sie müßten Ihren Alkoholkonsum vermindern ?
2. Haben andere Personen Sie dadurch verärgert, dass diese Ihr Trinkverhalten kritisiert haben ?
3. Haben Sie jemals Schuldgefühle wegen Ihres Alkoholkonsums gehabt ?
4. Haben Sie jemals als erstes am Morgen ein alkoholisches Getränk getrunken, um Ihre Nerven zu beruhigen ?
Schwellenwert: > 1
Screening-Fragebogen Alkohol: AUDIT
nie 1 x Monatoder seltener
2 x Monat 3 x Monat 3-4 x Monatoder öfter
1-2 3-4 5-6 7-9 10 oder mehr
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
Wie oft trinken Sie alkoholische Getränke ?
Wieviele alkoholischeGetränke trinken Sie pro Tag ?
Wie oft trinkenSie 6 oder mehralkoholische Getränke pro Tag ?
Wie oft hatten Sie im letzten Jahr das Gefühl, Sie könntennicht aufhören zutrinken, wenn Sie Angefangen haben ?
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
0 1 2 3 4Babor et al. 1989
Screening-Fragebogen Alkohol: AUDIT (Forts.)
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
Wieoft konnten Sie imletzten Jahr nicht dastun, was von Ihnen erwartet wurde, weil Sie Alkohol getrunken haben ?
Wie oft brauchen Siemorgens ein alkoho-lisches Getränk, weil Sie vorher stark getrunken haben ?
Wie oft haben Sie im letzten Jahr Gewissens-bisse gehabt oder sichschuldig gefühlt ?
Wie oft hatten Sie sichim letzten Jahr nichtan Ereignisse aus derNacht zuvor erinnern Können, weil Sie Alkohol getrunken hatten ?
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
0 1 2 3 4Babor et al. 1989
Screening-Fragebogen Alkohol: AUDIT (Forts.)
Haben Sie sich oder einen anderen schon einmal verletzt,weil Sie Alkohol Getrunken hatten ?
Hat Ihnen ein Verwandter, Freundoder Arzt geraten,Ihren Alkoholkonsumzu verringern ?
nie 1 x Monatweniger als1 x Monat
1 x Woche fasttäglich
0 1 2 3 4
nein Ja, aber nicht imletzten Jahr
Ja, imletzten Jahr
Schwellenwert: > 8
Babor et al. 1989
Körperliche und/oder
psychische Schäden
Alkohol-missbrauch
• Starkes Verlangen• Verminderte Kontrolle• körperliche Entzugssymptome• Toleranzentwicklung• Vernachlässigung von Pflichten• Körperliche und/oder psychische Schäden
Alkohol
abhängigkeit
riskanter Alkoholkonsum
Frauen: mehr als 20 g Alkohol/TagMänner: mehr als 30-40 g Alkohol/Tag
Verschiedene Schweregrade problematischen Alkoholkonsums
Epidemiologie: Illegale Drogen,Medikamente und Nikotin
Quelle: IFT München, 2004: 18-59 jährige Personen in Deutschland
300.000(alle, außer THC)
175.000(nur Opiate)
74.600
?
140.000
240.000
14.300
?Riskanter Konsum
Missbrauch
Abhängigkeit
in Behandlung
?
?
1,9 Mio.
2.000
IllegaleDrogen Cannabis
Medi-kamente* Nikotin
* =Schmerzmittel, Schlaf- und Beruhigungsmittel, Anregungsmittel, Appetitzügler
13,1 Mio.( > 6 Zig./die)
4,3 Mio.
?
?
Allgemeine Therapieprinzipien bei substanzgebundenen
Abhängigkeitserkrankungen
Motivation und Stadien der Veränderungsbereitschaft bei Suchterkrankungen
nach: Prochaska & DiClemente, 1982
Rückfall
Aufrechterhaltung
Ausstieg
AbsichtslosigkeitVorbesinnung
AbsichtsbildungBesinnung
VorbereitungHandlungsbereitschaft
Handlung
Veränderte Therapiestrategien bei problematischem Alkoholkonsum
1. Frühe Diagnosestellung wichtig, um weiteren Schaden zu
vermeiden
2. Rückfallprävention entscheidend für den Langzeitverlauf
3. Interdisziplinäre suchtmedizinische Behandlung
4. Medikamentöse Behandlung – auch außerhalb des Entzugs
5. „Niedrigschwellige“ Therapie, Akzeptanz von Abwehr,
schrittweise Entwicklung suchtfreier Ziele
Hierarchie der Ziele und Inhalte einerniedrigschwelligen Therapie bei Suchterkrankungen
1. Überlebenssicherung/ Schadensminderung „harm reduction“
Substitution
Behandlung von Folgeschäden und Begleiterkrankungen
2. Stabilisierung
Klärung der aktuell bestehenden sozialen, juristischen und ökonomischen Probleme
3. Abstinenzorientierung
4. Abstinenz RückfallpräventionRehabilitation
Gelegenheit zur Reflexion der eigenen Situation
Aufklärung über „safer use“
Motivation zur Aufnahme weiterführendertherapeutischer Maßnahmen
(Beigebrauchs-) Entzugsbehandlung
Allgemeine Voraussetzungenin der Behandlung suchtkranker Menschen
Interdisziplinäres spezialisiertes Team
Bereitschaft mit suchtkranken Menschen vorbehaltlos zu arbeiten
Vernetzung mit dem regionalen Drogenhilfesystem
• Bereitschaft Sachkenntnis zu erwerben• Strukturierte Vorgehensweise, Supervision• Schriftliche Vereinbarungen treffen• Konsequenzen vor Behandlungsbeginn klar festlegen
• Vorurteilsfreie, aber kritische Grundhaltung• Distanz wahren
• Eigene Grenzen (oder die der Institution) erkennen
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
I. Diagnostik und allgemeine Therapieprinzipien II. Neurobiologische Grundlagen III. Klinik der alkoholbezogenen Störungen IV. Klinische Behandlung der Opiatabhängigkeit
2. Mesolimbisch-mesokortikales Belohnungssystem
3. Tiermodelle zu positiven und negativen Verstärkern bei Abhängigkeitserkrankungen
1. Drogenwirkung
II. Neurobiologische Grundlagen von Suchterkrankungen
Affektive Reaktion nach DrogeneinnahmeZeitpunkt des Drogen-Erstkonsums
a-Prozeß
b-Prozeß
0
Ausprägung desprimärenDrogeneffekts
Ausprägung deraffektiven Nachwirkungen
100
-100 ZeitDrogenwirkung
Neurochemische Korrelate: Vermehrte Sekretion von Glucocorticoiden Aktivierung limbischer CRF Systeme
Affektive Reaktion nach DrogeneinnahmeIntermittierender Drogenkonsum: Sensitisierung
a-Prozeß
b-Prozeß
Zeit
0
100
-100
Ausprägung desprimärenDrogeneffekts
Ausprägung deraffektiven Nachwirkungen
Drogenwirkung
Neurochemische Korrelate: Verstärkte dopaminerge und opioiderge Neurotransmission
Affektive Reaktion nach DrogeneinnahmeChronischer Drogenkonsum: Gegenregulation („Counteradaptation“)
Neurochemische Korrelate: Verminderte dopaminerge, opioiderge und serotoninerge Neurotransmission
b-Prozeß
a-Prozeß
Veränderung des „hedonic set point“
0
100
-100
Ausprägung desprimärenDrogeneffekts
Ausprägung deraffektiven Nachwirkungen
Drogenwirkung
Zeit
Affektive Reaktion nach DrogeneinnahmeAbstinenz nach chronischem Drogenkonsum: Vulnerabilität
Zeit
0
100
-100
Ausprägung desprimärenDrogeneffekts
Ausprägung deraffektiven Nachwirkungen Drogenwirkung
Erleichterte Motivation auf drogenassoziierte Reize
Gegenregulations- und Sensitisierungs -Phänomene :
Neuroanatomisches Korrelat bei Abhängigkeitserkrankungen:
Aufgaben:
Mesolimbisch-mesokortikales Belohnungssystem
Antizipation positiver Stimuli
Aktivierung durch Ausschüttung von Dopamin
Mechanismus:
Identifikation relevanter Stimuli
Aktivierung desMesolimbisch-mesokortikalen Belohnungssystems:
Dopaminausschüttung
Ncl. accumbens
Ventrales Tegmentum
PräfrontalerCortex
Dopaminerge Neurone
Natürliche Stimuli:Essen, Trinken, Sexualität
Drogen:Opiate, Alkohol,Kokain, Nikotin
„Suchtgedächtnis“:Erinnerung an Drogenwirkung
Drogenritualenegative Erfahrung
des Entzugs
Psychologische Modelle zu substanzgebundener Abhängigkeit: Tiermodelle für positive Verstärker
I. Operante Konditionierung : z.B. Selbstverabreichung von Morphin
Morphin
belohnende Aspekte der Morphinwirkung führen zu Dosissteigerung
Verhalten wird durch seine Folgen kontrolliert:
II. Klassische Konditionierung : z.B. konditionierte Platzpräferenz
Morphin
Psychologische Modelle zu substanzgebundener Abhängigkeit:
Tiermodelle für positive Verstärker
Einfluß der Umgebungsbedingungen auf das Verhalten
Verhalten wird durch seine Folgen kontrolliert:
Positive Verstärkermechanismen
sind für die Entwicklung einer
Abhängigkeitserkrankung entscheidend
Psychologische Modelle zu substanzgebundener Abhängigkeit: Tiermodelle für negative Verstärker
+Naloxon (Opiat
Antagonist)
Vermeidung eines aversiven Stimulus/negativer Konsequenzen (Entzugserscheinungen), um Opiatwirkung aufrecht zu erhalten.
Entzugserscheinungen
morphinabhängiges Tier Hebelbetätigung
Morphinapplikation
akute Morphinwirkung
Morphin
Für die Aufrechterhaltung einer
Abhängigkeitserkrankung spielen
sowohl positive als auch negative
Verstärkermechanismen eine wichtige Rolle
Welche Risikofaktoren für die Entstehung von Abhängigkeitserkrankungen gibt es ?
Männliches Geschlecht
Frühes Ersterkrankungsalter Komorbidität mit antisozialer Persönlichkeitsstörung Schweregrad der Abhängigkeit
Genetische Risikofaktoren
Risikoberufe
Einfluß soziales Umfeld
Erziehungsmilieu
Persönlichkeit/ Temperament „Risikobereitschaft“
Umweltfaktoren
IndividuelleFaktoren
Belastende Lebensereignisse
DROGE
Positive Verstärkerwirkung
Sensitisierung und Konditionierung
Drogensuchendes Verhalten„Drogenhunger“
Vermeidung negativer
Konsequenzen(Entzug)
• Euphorie• Angst- und Spannungsreduktion• Leistungssteigerung • Verfügbarkeit von Drogen
• Persönlichkeitsfaktoren • Einflüsse von „peer groups“• Kultureller Kontext
• Genetische Faktoren• belastende Ereignisse
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
I. Diagnostik und allgemeine Therapieprinzipien II. Neurobiologische Grundlagen III. Klinik der alkoholbezogenen Störungen IV. Klinische Behandlung der Opiatabhängigkeit
Psychiatrische Erkrankungen und Folgeschäden bei Alkoholabhängigkeit
Akute Alkoholintoxikation („einfacher Rausch“)
Entzugssyndrom
Alkoholhalluzinose
Wernicke Enzephalopathie/ Korsakow-Syndrom
Akute Alkoholintoxikation: „einfacher Rausch“ (ICD-10 F 10.0)
Bewußtseinsstörungen (Somnolenz bis Koma)Gehobene Stimmungslage/ GereiztheitGesteigerter Antrieb und PsychomotorikDysphorieDysarthrieKoordinations- und Aufmerksamkeitsstörungengestörte Wahrnehmung und Urteilskraft
Psychopathologischer Befund (PPB):
Alkohol-Entzugssyndrom (ICD-10: F10.3)
Vegetative Entzugs-Erscheinungen:
• Tachykardie,• Hypertonie,• Schwitzen,• Tremor
Komplikation 1: Delirium tremens
Desorientiertheit Optische HalluzinationenAngst, Dysphorie, ReizbarkeitSchreckhaftigkeit
Komplikation 2: Zerebraler Krampfanfall
Alkoholhalluzinose (ICD-10: F 10.5)
wach und orientiert (!) akustische HalluzinationenAngst, Dysphorie, ReizbarkeitInnere Unruhepsychomotorische Erregung
Psychopathologischer Befund:
Differentialdiagnose: Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis
Hirnmorphologische Veränderungenbei Alkoholabhängigkeit:
Großhirnatrophien: 30-50 % Psychopathologisch: distanzloses Verhalten verflachter Affekt kognitive Defizite
Korsakow-Syndrom: 3-12 % Psychopathologisch: Bewußtseinsstörung
Desorientiertheit Störung des Alt- und Neugedächtnisses Konfabulationen
Komorbidität von Abhängigkeitserkrankungen
Angst- und Panikstörungen: 1/3 Männer 2/3 Frauen
Affektive Störungen: 50 % bzw. 15 %Suizidversuche/Suizide: 11-15 % bzw. 2-4 %
Persönlichkeitstörungen: bis zu 50%
Schizophrenie: 10 – 40 %
Somatische Begleiterkrankungen: NeurologischHepatologischGastrointestinalKardiologisch
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
I. Diagnostik und allgemeine Therapieprinzipien II. Neurobiologische Grundlagen III. Klinik der alkoholbezogenen Störungen IV. Klinische Behandlung der Opiatabhängigkeit
Opiate
Codein Tbl., Saft
Methadon Lösung +
Morphin + + +
Heroin + + +
Applikation: oral inhalieren intranasal i.v./ i.m
Buprenorphin sublingual
direkte Wirkung über zentrale und
periphere Opioid-Rezeptoren ( )
Euphorie, Entspannung, Angstlösend, Sedierung
Opiate: ICD-10 Diagnostik und Klassifikation
Leitsymptom: Miosis, AtemdepressionAkute IntoxikationF 11.0
MissbrauchF 11.1
AbhängigkeitF 11.2
Entzugssyndrom F 11.3
Psychotische StörungF 11.5
Amnesie/ DemenzF 11.6
geringe Datenlage;schneller Übergang in Abhängigkeit
einhergehend mit gesundheitlichen und sozialen Folgeschäden
Leitsymptom: Mydriasis kein Delirium
seltener im Vgl. zu Alkoholabhängigkeit
Nein !
Zentrale Wirkungen der Opioide
Organsystem Organregion Wirkung
ZNS limbisches System EuphorieAnxiolyse
SedierungAnalgesie
Atemzentrum Atemdepression
Hustenzentrum Hustendämpfung
Kern N. oculomotorius Miosis
Kern N. vagus Bradykardie
Klinische Stadien des Opiatentzugs
Stadium
Auftreten der Symptomatikin Std. nach letzter Einnahme von:
HEROIN METHADON Symptome
0
12Craving, Angst 4
I Gähnen, Schwitzen Tränenfluß, Rhinorrhö „Yen-Schlaf“
8 32 - 48
II Mydriasis, PiloerektionTremor, Muskelzucken,Hitze- und Kälteschauer Knochen/ Muskelschmerzen
12 > 48
III RR und Temp.-ErhöhungTachykardie, Unruhe
18-24 > 48
IVFieber, Erbrechen, DiarrhoeMuskelkrämpfe 24-36 > 48
Tage
Methadon-Dosis
7 14 21
10
20
30
40
Exemplarische Abbildung einer Methadon-gestützten Entgiftungsbehandlung
Entzugssymptomatik
Therapiebausteine einer qualifiziert-homologen Opiat-Entzugsbehandlung
Vor Therapiebeginn: Festgelegte Rahmenbedingungen der Behandlung
Aufnahmebedingung: „niedrigschwellig“
Diagnostik und ggf. Therapie begleitender psychiatrischer Störungen
Linderung der Entzugssymptome(medikamentös undalternative Verfahren)
Ärztl. Visiten undstrukturierter Tagesablauf mitBegleittherapien
Opioid-gestützte Behandlung (Methadon/Buprenorphin)
Erarbeitung von Weiterbehandlungsmöglichkeiten
Behandlungsmöglichkeiten und -zielenach der Entzugsbehandlung
stationäre Behandlung (z.B. Entwöhnungstherapie = Reha)
ambulante Behandlung mit Opiat-Antagonisten
ambulante Rehabilitationsmaßnahme
Weiterbehandlung der psychiatrischen Komorbidität (stationär, teilstationär oder ambulant) Teilnahme an Selbsthilfegruppen für ehemalige Abhängige
Substitution mit Opioiden (Methadon/Buprenorphin): vorübergehend (bis weitere Therapiemaßnahmen möglich) langfristig (1-2 Jahre), zur Schadensbegrenzung und Überlebens- sicherung
Abstinenzorientierte Therapien
Substanzgebundene Abhängigkeitserkrankungen
I. Diagnostik und allgemeine Therapieprinzipien II. Neurobiologische Grundlagen III. Klinik der alkoholbezogenen Störungen IV. Klinische Behandlung der Opiatabhängigkeit V. Sonstige illegale Drogen
Franke: Vorlesung WS 2010/11 - Abhängigkeitserkrankungen
Kokain
Applikation: inhalieren intranasal i.v.
Wirkungsweise: Blockade der Dopamin-, Noradrenalin-und Serotonin Wiederaufnahme
Sympathomimetisch: Antriebssteigerndreduziertes Schlafbedürfnis, „Wachheit“,Innere Unruhe, paranoides Erleben
Inhibition des Dopamin-Transporters
Wirkungsweise:
(Blockade der Dopamin-, Noradrenalin-und Serotonin Wiederaufnahme)
Sympathomimetisch:weniger stark im Vgl. zu Kokain
Applikation: inhalieren intranasal i.v.oral
Amphetamine
(„speed“, „ice“)
Dopaminfreisetzung
Applikation: inhalierenoral
Wirkungsweise: über periphere und zentrale Cannabinoid-Rezeptoren
Cannabis
(Haschisch, Marihuana)
Sedierend, appetitsteigernd,Bewußtseinsverschiebung,psychotisches Erleben, Ängste
Ecstasy
Applikation: i.v.oral
Wirkungsweise: serotonerg
Antriebssteigernd, Euphorie,psychomotorische Unruhe, psychotisches Erleben, Ängste
(MDMA - Methylen-Dioxy-Methamphetamin)
Dopaminfreisetzung
Direkte Wirkung auf Temperatur-Regulation
Phenylcyclidin -PCP(„angel dust“)
Applikation: inhalieren intranasal i.v.oral
Wirkungsweise: Antagonist am NDMA-Rezeptor(N-Methyl-D-Aspartat)
Halluzinogen
LSD (Lysergsäure-Diäthylamid)
Applikation: i.v.oral
Wirkungsweise: serotonerg
Halluzinogen
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit