Patent- und Lizenzvertragsrecht Teil 1
ETHZ HS 2008
Einführung: Internationale Dimension und praxisorientierte rechtliche AspekteDr. H. Laederach ©
Schutztitel mit Wirkungen
Patent =
Schutztitel mit Bedingungen
Zeitlich geographisch- Schutzbeginn - Einzelstaat- Schutzdauer - Supranational
Patentfähigkeit Patentwürdigkeit In Kraft stehend- Erfindung im Sinne d. PatG. - gewerbliche Anwendbarkeit - Neuheit- gesetzl. Ausschlussgründe - Erfinderische Tätigkeit
Gerichtliche Durch- setzung Zivil- und Strafrecht
Offenbarung
Inhaltsübersicht
Kurzer historischer Überblick
PVUe/PCT/TRIPS
Patentrechtsaspekte im Arbeitsalltag
Historische Betrachtung1. Patentgesetz der Welt:
„Parte Veneziana“ (1474):
- Neuheit der Erfindung in Bezug auf Staatsgebiet Venedigs- Erfindung muss genügend offenbart werden- Schutzdauer 10 Jahre
(Vorbehalt auf Patenturkunde) - Strafe bei Patentverletzung: 100 Dukaten + Vernichtung der verletzenden Gegenstände
Historische Betrachtung
Die „Parte Veneziana“ (1474) gilt auch heute noch als ein modernes und alle wichtigen Aspekte umfassendes Patentgesetz.
Fazit: Auf ihm fussen alle aktuellen Patentgesetze. Es lohnt sich, dieses zu kennen und zu verstehen.
Historische Betrachtung
USA: 1. Kolonialpatente (Einzelstaaten)2. 1790 1. Patentgesetz3. Verfassungsklausel 1789 („The
Congess shall have the power..to promote the Progress of Science.. by securing for limited Times to Inventors the exclusive Right to their Discoveries..“
Historische Betrachtung
4. Abschaffung der Patentprüfung (Überlastung der Minister!!), Wiedereinführung 1836.
5. Erster (gescheiterter) Versuch anlässlich der Patentharmonisierungskonferenz (ca. 1992), das „first to invent-Prinzip“ (fti) zugunsten des „first to file-Prinzips“ (ftf) einzuführen.(Noch heute: Gegensatz USA mit fti – Rest der Welt mit ftf)
Historische Betrachtung
Globale Entwicklungen
- 1883 Pariser Verbandübereinkunft - 1970 Patentzusammenarbeitsvertrag- 1994 WTO/TRIPS
= Meilensteine zum modernen Patentsystem heutiger Prägung
Pariser VerbandsübereinkunftOff. Englischer Wortlaut,
http://www.wipo.int/treaties/en/ip/paris/index.html
Vor 1883 Vielzahl nationaler (Klein-) Schutzsysteme für gewerbliches Eigentum.
Schutz für Nichtstaatsangehörige kaum zu erlangen.
Zunehmender grenzübergreifender Handel.
Pariser VerbandsübereinkunftPatentanmeldungen in allen gewünschten Staaten mussten gleichzeitig erfolgen, ansonst Gefahr der neuheitsschädlichen Wirkung1883: Gründerstaaten:Belgien, Brasilien, El Salvador, Frankreich, Guatemala, Italien, Holland, Portugal, Serbien, Spanien, SchweizHeute:173 Unterzeichnerstaaten (3.10.08) http://www.wipo.int/treaties/documents/english/word/d-paris.doc
Ziele der Pariser Verbandsübereinkunft
Alle Mitgliedsländer bilden eine Union zum Schutz des gewerblichen Eigentums
Patente - GebrauchsmusterMuster-/Modelle - HandelsmarkenDienstleistungsmarken - HandelsnamenHerkunftsangabenMissbrauchsverhinderung (unlauterer Wettb.)
Art. 1 PVUe
Schutzsysteme des Geistigen Eigentums
Urheberrecht Gewerbliches Eigentumsrecht
PatenteMarken
Muster & Modelle
TopografienWettbewerbsrecht
(Unlauterer Wettbewerb)
Ziele der Pariser Verbandsübereinkunft
Inländerbehandlungsprinzip Bürger aller Mitgliedsstaaten sollen gleich behandelt und der ihnen gewährte Schutz soll gleich sein, wie wenn er ein Bürger des den Schutz gewährenden Staates wäre.
Art. 2 PVUe
Ziele der Pariser Verbandsübereinkunft
PrioritätsfristJede Person, die in einem der Unionsstaaten eine gemäss jeweiligem nationalen Gesetz gültige Anmeldung für ein unter Art. 1 PVUe aufgelisteten Schutzsysteme macht, soll eine sog. Prioritätsfrist von 12 Monaten erhalten, während der er diese Anmeldung mit dem gleichen Erstanmeldedatum in einem andern Mitgliedsland rechtsgültig deponieren kann (Art. 4 PVUe)
PCT
Patent Cooperation Treaty (=off. Englischer Text, http://www.wipo.int/treaties/en/registration/pct/index.html
Heute:139 Unterzeichnerstaaten(Stand 03.10.2008)
(Mitgliedschaft für alle PVUe-Mitglieder offen)
PCT
Anmeldezahlen: 2006: 147‘400 (7,9% mehr als 2005)2007: 158‘400 (7,5% mehr als 2006)Daraus Einnahmen für WIPO:ca. 450 Mio Fr.
PCT Ausgangslage
Vor 1970: Eine Patentanmeldung musste in jedem Staat, in dem die Erfindung unter Schutz gestellt werden sollte, einzeln hinterlegt werden (mit oder ohne Nutzung der Priorität einer Erstanmeldung)
PCT: Folgen dieser Ausgangslage
Hohe Kosten (Übersetzungen), administra-tiver und zeitlicher Druck auf Anmelder, etc.
Doppelspurigkeiten, wie z.B.Jeder Staat prüft die Eingangsanforderungen des Patentgesuchs(Beinahe) Jeder Staat erstellt selbst eine kostenaufwendige Recherche zum Stand der Technik
Ziele des PCT
Zentralisierte Patentanmeldung in den Mitgliedstaa-ten über eine „Internationale Patentanmeldung“ mit freier Wahl der designierten Staaten) Jedes Patentamt der Mitgliedstaaten ist auch Anmeldeamt für eine Int. Anmeldung (zusätzlich auch das sog. Int. Bureau der WIPO in Genf)Erstellen eines RecherchenberichtsPublikation der Anmeldung+ Recherchenbericht
Ziele des PCT
Vorläufiges Internationales Prüfverfahren (fak.)Zustellung der Patentgesuchsunterlagen an die Patentämter der designierten Staaten.Anbieten von Dienstleistungen
PCT ist kein Patenterteilungssystem, sondern liefert nur ein zentralisiertes
Anmeldeprozedere.
PCT: Entwicklung Anmeldezahlen
2007: 158‘400
PCT-Verfahren
Off. Sprachen: Chinesisch, English, Französisch, Deutsch, Japanisch, Russisch and Spanisch.
-Receiving Office: Formalprüfung, Senden einer Kopie an das International Bureau und einer zweiten Kopie an das Internationale Searching/Examination Office.
-Publikation: 18 Monate nach Erstanmeldedatum-Nationale Phase: 20 Monate oder 30 Monate (mit
Intern. Examination) nach Erstanmeldedatum
PCT-Verfahren
Eine gute Schilderung des PCT-Verfahrens finden Sie unter
http://www.wipo.int/pct/en/basic_facts/basic_facts.pdf
WTO-TRIPS (1994)Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights
Basispunkte des Vertrages:http://www.wto.org/english/tratop_e/trips_e/t_agm0_e.htm
Angemessener weltweiter IP-SchutzGewährleistete Durchsetzung der RechteBeilegung von Streitigkeiten zwischen WTO-MitgliedsstaatenÜbergangsbestimmungen
Anzahl Mitgliedsstaaten: 153 (3.10.08)
TRIPS (1994)Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights
Minimalbestimmungen betreffend:
RegistrierrechtePatenteMuster und ModellMarken
Urheberrecht
Weitere Angaben zum TRIPS
Siehe file „Internationale Aspekte und Definition der Schutzinstrumente“
Ausblick
EU-GemeinschaftspatentGlobal Patent System
In den Blöcken Europa, Japan und USA sind folgende Bestrebungen im Gange oder schon umgesetzt:
.
AusblickGesetztes- oder Vertragsänderungen:
EPA: Software soll bedingungslos dem Patentschutz zugänglich sein (diese Forderung wurde am 6.7.05 durch Beschluss des Europäischen Parlamentes abgelehnt; mit der zugehörigen Richtlinie betr. computerimplementierter Erfindungen hätte europaweit eine Harmonisierung der Patentrechte erreicht werde sollen).
USA: Alles, was Menschen unter der Sonne an Nützlichem erfinden, soll schützbar sein;
Japan: Business methods per se nicht schützbar, mit Bezug zu Software jedoch schützbar.
Patentrecht im Arbeitsalltag
Patentanmeldezahlen:
1999 2000 2002 2005 2006
EPA 89‘318 100‘708 106‘243 128‘713 135‘231
USA 288‘811 315‘015 345 732 390‘733 425‘966
Japan 405‘655 436‘865 421‘732 427‘078 408‘675
Betrachtungspunkte
Wie melde ich eine Erfindung zum Patent an?
Was beinhaltet ein Patentdokument?
Wie endet ein Patentschutz?
Das Anmeldeverfahren
Ziel: Ein in CH gültiges Patent erwirken.Heutige Wahlmöglichkeiten:
Nationales PatentEuropäisches Patent ( 34 Staaten +4 Erstreckungsstaaten + 1 Eingeladener Staat)PCT-Patentanmeldung (139 Staaten)
Der Anmeldetag
Poststempel oder Eingang beim Amt legt den Beginn des begehrten Patent-schutzes fest.
Achtung: Da ein Kriterium für die Gültigkeit des Patentes die Neuheit ist, darf vor der Patentanmeldung die darin definierte Erfindung nirgends publik gemacht werden.
Gültigkeit des Anmeldetages
Die Erfindung ist in der .. Patentanmeldung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann (Art. 83 EPUe)Nichtigkeitsgrund: Wenn der Gegenstand des ... Patentes über den Inhalt der Anmeldung in der eingereichten Fassung hinausgeht (Art. 138 EPUe)
Patenterteilungsverfahren
CH: Gesuch wird geprüft (primär nur Offen-barung, d.h. keine Prüfung auf Neuheit und erfinderische Tätigkeit) und nach ca. 2-3 Jahren entweder das Patent erteilt und die Patentschrift publiziert oder das Gesuch zurückgewiesen.
Patenterteilungsverfahren
EPA:Erstellen des RecherchenberichtsPublikation der ungeprüften Anmeldung zusammen mit RecherchenberichtPrüfung des Gesuchs (Neuheit, ET)Erteilung des Patentes oder ZW(Schutzgewährung durch benannte Mitgliedstaaten)
Mitgliedsstaaten der EPOZ. Zeit 34 MitgliedsstaatenAT Österreich BE Belgien CH SchweizCY Zypern DE Deutschland DK
DänemarkES Spanien FI Finnland FR FrankreichTR Türkei BG Bulgarien CZ TschechienGR GriechenlandIE Irland IT ItalienLI Liechtenstein LU Luxemburg MC MonacoNL Niederlande PT Portugal SE SchwedenGB England EE Estland SK SlowakeiHU Ungarn PL Polen RO RumänienSI Slowenien LV Lettland HR KroatienIS Island LT Litauen LV LetlandMT Malta NO Norwegen
Erstreckungsstaaten der EPO
Z. Zeit 5 Erstreckungsstaaten, auf die die Schutzwirkung der EP-Patentanmeldungen und EP-Patente erstreckt werden kann
AL AlbanienBA Bosnien und HerzegowinaMK MazedonienYU Serbien und Montenegro
Berechtigte Beitrittskandidaten(Art. 166 EPUe)
MK Republik Mazedonien
Patenterteilungsverfahren EPA 2
Innerhalb 9 Monaten nach Erteilung hat jedermann das Recht, Einspruch gegen die Erteilung beim EPA einzulegen.
Gegen alle Entscheidungen des EPA können diejenigen, die am Verfahren, das zur Entscheidung führte, beteiligt waren, Beschwerde beim EPA erheben.
PatenterteilungsverfahrenPCT:
Erstellen des RecherchenberichtsPublikation der ungeprüften Anmeldung zusammen mit RecherchenberichtEv. Prüfung des Gesuchs (Neuheit, ET)Weiterleitung des Gesuchs an die designierten Staaten zur (weiteren) Prüfung und ErteilungSchutzgewährung oder ZW durch jeden designierten Staat
Das Patentdokument
Rot = Amtlicher Eintrag
Grün = Bibliograf. Teil
Blau = Titel + Technische
Zusammen- fassung
Grau = Patentansprüche
Rot = Stand der Technik
Gelb = Aufgabe
Hellblau = Lösung (Theorie)
Grün = Figurenlegende
Rosa = Ausführungs- beispiel(e)
Neuheitsprüfung
Nur Patentansprüche werden geprüftVergleich mit jeweils nur einem Dokument, das bei der Recherche gefunden wurdeNeuheit wird verneint, wenn in dem zum Vergleich herangezogenen Dokument alle Merkmale des betrachteten Patentanspruchs vorliegen
Prüfung der erfinderischen Tätigkeit
Nur Patentansprüche werden geprüftVergleich mit der Gesamtheit der Dokumente, die bei der Recherche gefunden wurdenET wird verneint, wenn in den zum Vergleich herangezogenen Dokumenten alle Merkmale des betrachteten Patentanspruchs vorliegen und deren Kombination dem Fachmann zum Anmeldezeitpunkt „nahelagen“ (keine rückblickende Beurteilung zulässig!)
Erlöschen des Patentschutzes
Nach Ablauf der 20 Jahre seit AnmeldedatumWenn der Inhaber vorher darauf verzichtetWenn eine fällige Jahresgebühr nicht bezahlt wirdWenn ein Gericht oder die Einspruchsabteilung des EPA das Patent für nichtig erklärt
Hinweis: Konsultieren Sie des amtl. Register hinsichtlich Bestand eines Patentes.