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Pädagogische PsychologieVL Erziehung und Sozialisation in der
FamilieTeil 1:
1. Vorstellung des Fachgebiets Pädagogische Psychologie2. Einleitung & Veranstaltungsüberblick3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle4. Überlegungen zu Einflusswegen in familialen Erziehungs- und
Sozialisationsprozessen
Prof. Dr. Noack
Friedrich- Schiller- Universität JenaInstitut für Psychologie
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Pädagogische PsychologieVL Erziehung und Sozialisation in der
FamilieTeil 1:
1. Vorstellung des Fachgebiets Pädagogische Psychologie2. Einleitung & Veranstaltungsüberblick3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle4. Überlegungen zu Einflusswegen in familialen Erziehungs- und
Sozialisationsprozessen
Prof. Dr. Noack
Friedrich- Schiller- Universität JenaInstitut für Psychologie
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Basistexte
• Hofer, M., Klein-Allermann, E. & Noack, P. (2. Aufl. 2002). Lehrbuch Familienbeziehungen. Eltern und Kinder in der Entwicklung. Göttingen: Hogrefe.
• Schneewind, K.A. (1999). Familienpsychologie. Stuttgart: Kohlhammer. (3. Aufl. 2010)
• Petzold, M. (1992). Familienentwicklungspsychologie. Einführung und Überblick. München: Quintessenz.
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Erziehung und Sozialisationin der Familie
Überblick I
1. Vorstellung des Fachgebiets Pädagogische Psychologie
2. Veranstaltungsüberblick3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle4. Überlegungen zu Einflusswegen in familialen
Erziehungs- und Sozialisationsprozessen5. Erbe und Umwelt in der Familie6. Familiengründung und Erstelternschaft7. Die Interaktion mit Säugling und Kleinkind, Bindung,
mütterliche Erwerbstätigkeit8. Zweites Kind und Geschwisterbeziehungen9. Erziehungseinstellungen, -ziele und -stile
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Überblick II
10. Familie und Schule11. Die Familie mit Jugendlichen,
Individuationsprozess12. Beruf der Eltern, Berufsorientierung der Kinder13. Der Auszug aus dem Elternhaus, „empty nest“14. Eltern zwischen Kindern und Großeltern, Tod
der Eltern15. Trennung, Alleinerziehende, Stieffamilien,
Adoption16. Einflüsse gesellschaftlicher
Rahmenbedingungen
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Definition ‘Familie’
• biologisch, rechtlich==> Elternschaft
• soziologisch==> gesellschaftliche Anerkennung
• sozialpsychologisch==> raum-zeitlich abgegrenztes, privates,dauerhaftes, enges Beziehungssystem
“... kleine Gruppe von zusammenlebenden Menschen ...,wenn sie durch nahe und dauerhafte Beziehungenmiteinander verbunden sind und wenn sie sichauf eine nachfolgende Generation hin orientieren.”
Hofer et al. (1992)
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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Erziehung und Sozialisation
‘Erziehung’• intentionale Handlungen zur Veränderung des Gefüges der
psychischen Dispositionen anderer Menschen (d.h. mit Förderungsabsicht, ohne Rücksicht auf Erfolg)
Brezinka (1977)
• Prozess der Wechselwirkung von Lehren (Absicht oder Wirkung bedeutungslos) und Lernen (Änderungen von Persönlichkeitseigenschaften mit Verhaltensrelevanz)
Klauer (1973)‘Sozialisation’• Prozess der Entstehung und Entwicklung der Persönlichkeit in
wechselseitiger Abhängigkeit von der gesellschaftlich vermittelten Umwelt; Ausbildung zu einem gesellschaftlich handlungsfähigen Subjekt
Geulen & Hurrelmann (1980)
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
8
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
-1910 1911-20 1921-30 1931-40 1941-50 1951-60
5+ Kinder
4 Kinder
3 Kinder
2 Kinder
1 Kind
ohne Kind
Verteilung der Familiengrößen (%) nach Geburtskohorten der Mütter
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
9
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
1935,BRD
1945,BRD
1950,BRD
1955,BRD
1950,DDR
1955,DDR
3 Kinder
2 Kinder
1 Kind
Geburtenhäufigkeit: % Frauen mit Kindern in Kohorten (Grundmann & Huinink, 1991)
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
10
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
2005 D 2005 WD 2005 OD
4+ Kinder
3 Kinder
2 Kinder
1 Kind
% Frauen mit Kindern in Deutschland 2005
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
11
0
10
20
30
40
50
60
70
80
90
100
1972 1982 1992 2002 2005
3+ G
2 G
1 G
Einzel
% Kinder in Deutschland nach Geschwisterstatus 1972 - 2005
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
12
13
2008: 4,6
14
15
D 2003: 29 / 32J.D 2009: 30 / 33J.)
16
17
0
50000
100000
150000
200000
250000
300000
350000
400000
450000
500000
1972 (M) 1985 (M) 1972 (W) 1985 (W)
mit Kind
ohne Kind
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
18- bis 35jährige in nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften 1972 (0,5%) und 1985 (4,4%), Bundesrepublik Deutschland (DDR:
ca.28%); nach Grundmann & Huinink (1991)
18
0
5
10
15
20
25
30
1972 WD 1985 WD 1985 OD 2004 WD 2004 OD
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
18- bis 35jährige in nicht-ehelichen Lebensgemeinschaften in West- und Ostdeutschland (%)
19
Nicht-ehelich geborene Kinder je 1000 Lebendgeborene
(5. Familienbericht, 1995, u.a.)
0
50
100
150
200
250
300
350
1845 1871 1925 1950 1970 1990
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
2006WD OD240 600
20
Scheidungen in Ost- und Westdeutschlandauf 100.000 Ehen pro Jahr
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
00 05
21
22
23
24
25
0
10
20
1970, BRD 1985, BRD 1981, DDR 2005, D
Väter
Mütter
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
Anteil der Alleinerzogenen unter allen Kindern
(< 18J.; Grundmann & Huinink, 1991)
26
0
10
20
1970, BRD 1985, BRD 1981, DDR 2005, D
Väter
Mütter
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
Anteil der Alleinerzogenen unter allen Kindern
(< 18J.; Grundmann & Huinink, 1991)
EU: 13%
27
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
1913 1918 1923 1928 1933 1938 1943 1948 1953 1958 1963 1968
Heim
Stiefelt.
ein Elt.
beide Elt.
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
Aufwachsen bis zum 15. bzw. 18. Lebensjahr (DJI, nach Bertram, i.Dr..)
28
29
Geburtenentwicklung in West- und Ostdeutschland
Geburtenziffern/ Frau
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
00 09
30
31
32
33
34
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
1935 1945 1950 1955
Alt
er
in J
ah
ren
BRD
DDR
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
Mittleres Alter von Frauen bei Erstgeburt nach Kohorten (Grundmann & Huinink, 1991)
35
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
1935 1945 1950 1955
Alt
er
in J
ah
ren
BRD
DDR
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
Mittleres Alter von Frauen bei Erstgeburt nach Kohorten (Grundmann & Huinink, 1991)
1962-66: 26 J.
36
37
38
Erwerbsbeteiligung von verheirateten Frauen mit Kindern(%)
(Grundmann & Huinink, 1991;Statistisches Bundesamt, 1999)
Jahr BRD DDRInsgesamt 1965 36,5 1972 40,7
1988 44,1[1999 51,7 74,3]
2004 61,6 71,9ein Kind 1972 43,0
1988 47,3 94,2 2004 61,2 69,4zwei Kinder 1972 35,3
1988 39,8 91,4 2004 60,8 71,4drei + Kinder 1972 32,5
1988 34,7 83,2 2004 46,9 52,0Alleinerziehende (Statistisches Bundesamt, 1999)
ABL NBL[1999 62,9 65,8]
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
39
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
40
41
Ausmaß der Erwerbsbeteiligung von Frauen mit Kindern 2005 (%)
n. erw. <20Std. 20-35Std. >35Std.
ein Kind 29 18 23 30
zwei Kinder 32 24 23 21
drei Kinder 44 25 17 14
vier + Kinder 59 19 10 12
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
42
43
44
45
0
2
4
6
8
10
12
14
16
18
1950 1970 1975 1991
Mill
ion
en
0-14 Jahre
65 Jahre +
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
Einwohner in jüngster und ältester Bevölkerungsgruppe (Bertram, i.Dr.)
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47
Rahmentheorien
• Familiensystemtheorie
• Familienentwicklungstheorie
• Familienstreßtheorie
• Dimensionale Modelle
• Rationale / Austauschtheoretische Modelle
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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Verhalten von Eltern 13jähriger Söhnen in dyadischen und triadischen Interaktionen
Verhalten Dyade Triade
Mutter:Aufgabe v. Kontrolle >Langeweile >offene Meinung - < +entspannt <konsistent <emotional <affektiv <eigenständig <
Vater:responsiv >verlangt Teilnahme >respektiert Sohn + > -egalitär >fördert Individualität >kritisch, feindselig <zurückgezogen <schließt Sohn aus <konfrontativ <emotional <
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
49
Familiensystemtheorie• Familie als Einheit von Subsystemen (Individuum, Dyaden,
Triaden )• Grenzen • Offenheit• Einbettung in über-, neben- und untergeordnete Systeme• bidirektionale Einflüsse• Kontinuität Honöostase• Dynamik• Ganzheitlichkeit• Zielorientierung• Äqui-, Multifinalität• Regelhaftigkeit• Zirkuläre Kausalität
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
50
Familienentwicklungstheorie(nach Carter & McGoldrick, 1988)
(3)Familie mit
jungen Kindern(2)
Familienverbindung durch
Heirat
(4)Familie mit
Jugendlichen
(1)Auszug, alleinsteh.junge Erwachsene
(5)Entlassen der Kinder,nachelterliche Phase
(6)letzter
Lebensabschnitt
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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Beispiele für Familienentwicklungsaufgabenin zwei mittleren Stadien
des Familienlebenszyklus(nach Carter & McGoldrick, 1988)
(2) Familienverbindung durch Heirat
Bildung des Ehesystems
Neuorientierung der Beziehungen mit den erweiterten Familien und Freunden, um den Partner einzubeziehen
(3) Familie mit jungen Kindern
Anpassung des Ehesystems, um Raum für ein Kind bzw. Kinder zu schaffen
Koordinieren von Erziehungsaufgaben und der Haushaltsführung
Neuorientierung der Beziehungen mit der erweiterten Familie, um Eltern- und Großelternrolle miteinzubeziehen
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
(3)Familie mit
jungen Kindern(2)
Familienverbindung durch
Heirat
(4)Familie mit
Jugendlichen
(1)Auszug, alleinsteh.junge Erwachsene
(5)Entlassen der Kinder,nachelterliche Phase
(6)letzter
Lebensabschnitt
Trennung
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Phasenmodell zur Bewältigung von Familienstreß
Bestehende Ressourcen
Stressor BewältigungKrise
Wahrnehmung des Stressors
Kumulation von
Stressoren
Bestehende und neue
Ressourcen
Wahrnehmung von Krise, Stressor
+
Anpassung
-
ZeitABCX-Modell (Hill, 1958)
Doppeltes ABCX-Modell (McCubbin & Patterson, 1983)
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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Familientypen nach dem Circumplex-Modell (Olson, 1990)
Kohäsionlosgelöst getrennt verbunden verstrickt
An
pas
sun
gsf
ähig
keit chaotisch
flexibel
strukturiert
rigide
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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FamilienklimaFamilienKlimaSkalen von Schneewind (1988;
nach der Family Environment Scale, Moos, 1974)
• POSITIV-EMOTIONALES KLIMA– harmonisches, auf Verständnis und Zuwendung
beruhendes Familienleben mit weitgehend befriedigender Konfliktregelung
• ANREGENDES KLIMA– offener und komplikationsloser Erfahrungsautausch
nach innen, aktive Bemühungen nach außen um neue Erfahrungen im sozialen, kulturellen und Freizeitbereich
• NORMATIV-AUTORITÄRES KLIMA– starre Einhaltung und Überwachung von Regeln,
geordnete Abläufe, Leistungs- und Erfolgsorientierung
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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Austauschtheorien
z.B. Equity-Theorie (Walster et al., 1978)Ergebnisse A Ergebnisse B--------------- = ---------------Beiträge A Beiträge B
“Ressourcen” in familialen Austauschbeziehungen:soziale AnerkennungAutonomieSicherheitmaterielle RessourcenWertintegrationGleichheit
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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austauschtheoretisch orientierte“Values-of-Children”-Forschung
(z.B. Nauck, 1989)Nutzen:
ökonomischpsychischsozial-normativ
Kosten:materiellpsychisch
FertilitätErziehungspraktiken
hohe Nutzenerwartungen (individuell; gesellschaftlich)
ökonomisch psychisch(Türkei, Thailand, Philippinen) (Bundesrepublik, USA)
viele Kinder wenige Kinder
Behütung, Förderung vonKontrolle Autonomie/Individualität
3. Definitionen, Trends, Rahmenmodelle
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Mögliche Einflußwege in einer Familientriade nach Parke et al. (1979)
Vater dyadisch/direktKind
Mutter transitivKind
Vater zirkulärMutter
Kind parallelVater
Vater dyadisch/direktMutter
Kind transitivMutter
Vater zirkulärKind
Mutter parallel
4. Überlegungen zu Einflußwegen in familialen Erziehungs- und Sozialisationsprozessen