Organisations
Ergebnisse der Befragung
ein kohärentes Sc
Jürgen Beyer, Hanna Haag, Ute Ludwig, Robert Müller
Fachbereich Sozialwissenschaften
Organisations- und Schnittstellenanalyse
- Endbericht-
der Befragung und Handlungsempfehlungen für
ein kohärentes Schnittstellenmanagemen
Jürgen Beyer, Hanna Haag, Ute Ludwig, Robert Müller
Fachbereich Sozialwissenschaften
Institut für Soziologie
Wirtschaft und Betrieb
Prof. Dr. Jürgen Beyer
und Schnittstellenanalyse
und Handlungsempfehlungen für
hnittstellenmanagement
Jürgen Beyer, Hanna Haag, Ute Ludwig, Robert Müller
2
Inhalt 1. Einleitung: Organisations- und Schnittstellenanalyse ..................................................................... 3
2. Informationen zur Datenerhebung ................................................................................................. 4
3. Ergebnisse der Organisationsanalyse .............................................................................................. 6
3.1. Konzeptionelle und operative Organisationen ........................................................................... 6
3.2. Zuständigkeiten und Arbeitsweisen der Organisationen ............................................................ 7
4. Analyse der Netzwerkstruktur ....................................................................................................... 18
4.1 graphische Darstellung des Kontakt- und Teilnetzwerkes ........................................................ 18
4.2 Interpretation der Netzwerkstruktur ........................................................................................ 20
5. Ergebnisse der Befragung .............................................................................................................. 22
5.1. Beteiligung der Organisationen an den Bildungsübergängen ................................................... 22
5.2. Erfolgreiche Kooperationen und Beispiele aus der Praxis ........................................................ 24
5.3. Probleme der Zusammenarbeit ................................................................................................ 26
5.3.1 Zielgruppenbezug .................................................................................................................. 26
5.3.2 Zuständigkeits- und Ressourcenlogik .................................................................................... 28
5.3.3 Mangelnde Koordination....................................................................................................... 30
5.3.4 Wissenslücken ....................................................................................................................... 30
5.3.5 Flexibilitätslücken .................................................................................................................. 31
5.3.6 Kontinuität und Verlässlichkeit ............................................................................................. 31
5.4. Wahrgenommene Kooperationslücken .................................................................................... 32
5.5. Exkurs: Alleinerziehende im Übergangssystem ........................................................................ 37
6. Handlungsempfehlungen für das Schnittstellenmanagement ...................................................... 38
6.1. Bedarfs- und Zielgruppenorientiertes Handeln......................................................................... 38
6.2. Entwicklung eines einheitlichen Beratungspfades .................................................................... 39
6.3. Wissen als Kooperationsgrundlage ........................................................................................... 39
6.4. Etablierung einer Lotsenfunktion .............................................................................................. 40
6.5. Qualitätsentwicklung der Vernetzung ....................................................................................... 40
6.6. Förderung verteilter Netzwerkstrukturen ................................................................................. 40
6.7. Stärkung bestehender Ressourcen und Initiativen ................................................................... 40
7. Fazit ............................................................................................................................................... 41
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................................... 42
Anhang .................................................................................................................................................. 44
1. Einleitung: Organisations
Die erste Phase des Modellprojektes „Lernen vor Ort“ (9/2010
gänge Familie-Kita, Kita-Schule und Elternzeit
nen. Vielmehr müssen Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren diese Übergänge häufig para
lel bewältigen und benötigen daher ein umfassendes und an ihre Bedürfnisse angepasstes Übe
gangssystem. An diesem Ausgangspunkt setzt die Organ
Auftrag von „Lernen vor Ort“ (LVO) von der Universität Hamburg
ten durchgeführt wurde.
Abb. 1: Schnittstellen der Übergänge
Ein zentrales Ziel der Analyse ist die
nen Bildungsübergängen mitwirken und häufig
aus der Zielgruppe) befasst sind.
Art und Weise, wie die Einrichtungen und Organisationen arbeiten, welche Zielsetzungen sie dabei
verfolgen und mit welchen Zust
Einheit der einzelnen Organisation hinaus und fragt nach der Art und Qualität
Übergangsmanagement. Dabei wird zunächst die gesamte Netzwerkstruktur mit Hilfe einer Net
werkkarte abgebildet, um die Ausdehnung des Netzwerkes im Übergangs
hand der Aussagen der Befragten
fehlende Zusammenarbeit an Schnittstellen
der Zusammenarbeit ab (Ist-Zustand)
Optimierungspotential der Kooperation (Soll
von Handlungsempfehlungen, die der Optimierung der N
die Übergangssituation erleichtern
Schwächen, Risiken und Chancen die Schnittstellenkooperation aufweist und wie ggf. darauf reagiert
werden kann, um ungenutzte Chancen und P
Familie -Kita
Elternzeit-Beruf
: Organisations- und Schnittstellenanalyse
hase des Modellprojektes „Lernen vor Ort“ (9/2010-8/2012) hat gezeigt, dass die
Schule und Elternzeit-Wiedereinstieg nicht isoliert betrachtet werden k
Vielmehr müssen Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren diese Übergänge häufig para
lel bewältigen und benötigen daher ein umfassendes und an ihre Bedürfnisse angepasstes Übe
An diesem Ausgangspunkt setzt die Organisations- und Schnittstellenanal
Auftrag von „Lernen vor Ort“ (LVO) von der Universität Hamburg am Fachbereich Sozialwissenscha
Schnittstellen der Übergänge
Ein zentrales Ziel der Analyse ist die Identifizierung übergangsrelevanter Akteure
nen Bildungsübergängen mitwirken und häufig mit der oben genannten Zielgruppe (bzw. Teilgruppen
aus der Zielgruppe) befasst sind. Darüber hinaus gibt die Organisationsanalyse
die Einrichtungen und Organisationen arbeiten, welche Zielsetzungen sie dabei
ändigkeiten sie betraut sind. Die Schnittstellenanalyse
Einheit der einzelnen Organisation hinaus und fragt nach der Art und Qualität
Übergangsmanagement. Dabei wird zunächst die gesamte Netzwerkstruktur mit Hilfe einer Net
werkkarte abgebildet, um die Ausdehnung des Netzwerkes im Übergangssystem
hand der Aussagen der Befragten werden ferner Erfolge der Kooperation, aber auch
fehlende Zusammenarbeit an Schnittstellen ermittelt. Einerseits bildet die Analyse den
Zustand), andererseits gibt sie Aufschluss über das Veränderungs
Kooperation (Soll-Zustand). Ein letzter Schritt besteht in der
, die der Optimierung der Netzwerkstruktur dienen
erleichtern sollen. Die Analyse gibt Aufschluss darüber, welche S
Schwächen, Risiken und Chancen die Schnittstellenkooperation aufweist und wie ggf. darauf reagiert
werden kann, um ungenutzte Chancen und Potentiale sinnvoll zu nutzen.
Kita
Kita-Schule
3
und Schnittstellenanalyse
8/2012) hat gezeigt, dass die Über-
nicht isoliert betrachtet werden kön-
Vielmehr müssen Familien mit Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren diese Übergänge häufig paral-
lel bewältigen und benötigen daher ein umfassendes und an ihre Bedürfnisse angepasstes Über-
Schnittstellenanalyse an, die im
am Fachbereich Sozialwissenschaf-
gangsrelevanter Akteure, die an den einzel-
Zielgruppe (bzw. Teilgruppen
Organisationsanalyse Aufschluss über die
die Einrichtungen und Organisationen arbeiten, welche Zielsetzungen sie dabei
Schnittstellenanalyse geht über die
Einheit der einzelnen Organisation hinaus und fragt nach der Art und Qualität der Vernetzung im
Übergangsmanagement. Dabei wird zunächst die gesamte Netzwerkstruktur mit Hilfe einer Netz-
system zu ermitteln. An-
Kooperation, aber auch Probleme und
rseits bildet die Analyse den Status Quo
Aufschluss über das Veränderungs- und
besteht in der Entwicklung
zwerkstruktur dienen und den Familien
Die Analyse gibt Aufschluss darüber, welche Stärken,
Schwächen, Risiken und Chancen die Schnittstellenkooperation aufweist und wie ggf. darauf reagiert
Abb. 2: Arbeitsschritte der Organisations
2. Informationen zur Datenerhebung
Aufgrund der Zielsetzung, detailliertes Wissen über die Arbeitsweise und Kooperation
ten Organisationen im Hamburger Übergangssystem
samt 13 unterschiedlichen Einrichtungen leitfadengestützte Experteninterviews geführt.
views fanden größtenteils als Einzelinterviews statt, einige Gespräche wurden
digkeitsbereichen mehrerer Interviewpersonen in Form von Gruppeninterviews geführt.
Gesprächsleitfaden (s. Anhang)
Kooperationspartnern. Die Interviewten wurden gebeten, alle Einrichtungen einzuzeichnen, mit d
nen sie im Kontext der Bildungsübergänge zusammenarbeiten.
Handlungsempfehlungen für ein kohärentes Schnittstellenmanagement
Schnittstellenanalyse bestehende Kooperationen im Übergangssystem
OrganisationsanalyseOrganisationsstruktur
OrganisationsLeitfadeninterviews und Netzwerkkarten
Arbeitsschritte der Organisations- und Schnittstellenanalyse
Informationen zur Datenerhebung
Aufgrund der Zielsetzung, detailliertes Wissen über die Arbeitsweise und Kooperation
im Hamburger Übergangssystem zu erlagen, wurden mit 21 Personen aus insg
ichtungen leitfadengestützte Experteninterviews geführt.
views fanden größtenteils als Einzelinterviews statt, einige Gespräche wurden bei ähnlichen Zustä
digkeitsbereichen mehrerer Interviewpersonen in Form von Gruppeninterviews geführt.
diente eine Netzwerkkarte der Ermittlung von Schnittstellen
Die Interviewten wurden gebeten, alle Einrichtungen einzuzeichnen, mit d
ungsübergänge zusammenarbeiten.
Handlungsempfehlungen für ein kohärentes Schnittstellenmanagement
Schnittstellenanalyse bestehende Kooperationen im Übergangssystem Kooperationslücken und Probleme
OrganisationsanalyseZuständigkeiten und
Handlungsmöglichkeiten Zielgruppenbezug
Organisations- und Schnittstellenanalyse Leitfadeninterviews und Netzwerkkarten Netzwerkanalyse und Interviewauswertung
4
Aufgrund der Zielsetzung, detailliertes Wissen über die Arbeitsweise und Kooperationen der beteilig-
en, wurden mit 21 Personen aus insge-
ichtungen leitfadengestützte Experteninterviews geführt. Die Inter-
bei ähnlichen Zustän-
digkeitsbereichen mehrerer Interviewpersonen in Form von Gruppeninterviews geführt. Neben dem
Ermittlung von Schnittstellen- und
Die Interviewten wurden gebeten, alle Einrichtungen einzuzeichnen, mit de-
Handlungsempfehlungen für ein kohärentes
Kooperationslücken und Probleme
Zielgruppenbezug
und Schnittstellenanalyse Netzwerkanalyse und Interviewauswertung
5
Abb. 3: Netzwerkkarte
Die Befragten gehören unterschiedlichen Organisationen aus dem Bereich Übergangsmanagement
an. Neben Fachbehörden und städtischen Einrichtungen finden sich auch freie Träger im Untersu-
chungssample. Die Auswahl der konkreten Interviewpersonen wurde von LVO vorgenommen.
Abb.4: Befragte Einrichtungen
- Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI)
- Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV)
- Bezirksamt Hamburg-Nord, Fachamt Sozialraummanagement
- Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten
- Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG)
- Handwerkskammer / Koordinierungsstelle Teilzeitausbildung (Artis)
- Harburger Netzwerk für Alleinerziehende (HAnNe)
- Jobcenter ‚team.arbeit.hamburg‘
- Koordinierungsstelle für Weiterbildung und Beschäftigung (KWB), Worklife
- Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung
- Der Paritätische Hamburg
- Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV)
- Wellcome
Weiter Kontaktkreis
Befragte Organisation
enger Kontaktkreis
6
Für die Analyse des Datenmaterials wurden die Interviews zunächst gemäß der qualitativen Inhalts-
analyse1 in Kombination mit dem Verfahren der Grounded Theory2 kodiert, um die Aussagen der
Interviewten zu strukturieren. Die Kodierung orientierte sich dabei weitgehend an den Fragen aus
dem Leitfaden. Ergänzend dazu wurden aus dem Material Kategorien entwickelt, die nicht in den
Leitfaden abgebildet waren. In einem zweiten Schritt erfolgte die Zusammenführung unterschiedli-
cher Aussagen eines Codes zu Paraphrasen, um auf Basis der Paraphrasierung die zentralen Fragen
der inhaltlichen Analyse beantworten zu können. Im Vordergrund standen neben organisationsbezo-
genen Fragen vor allem Fragen der organisationsübergreifenden Zusammenarbeit im Übergangssys-
tem.
3. Ergebnisse der Organisationsanalyse
Im Folgenden werden nun zunächst die Ergebnisse aus der Organisationsanalyse vorgestellt. Darin
werden die befragten Organisationen hinsichtlich ihrer Arbeitsweise, Zuständigkeit und ihrer Ziel-
gruppe vorgestellt.
3.1 Konzeptionelle und operative Organisationen
Eine wichtige Unterscheidung der von uns untersuchten Organisationen liegt zwischen konzeptionel-
len und operativen Arbeitsweisen der Organisation. Diese Unterscheidung ist besonders einerseits in
Hinblick auf den Kontakt mit der Zielgruppe entscheidend, denn hierin drückt sich die jeweilige Nähe
und Distanz zur Zielgruppe aus, und damit auch die Wahrnehmung der Komplexität der Einzelfälle. Es
zeigt sich, dass sich hinter dieser Unterscheidung eine spezifische Logik der Vernetzung verbirgt:
a) Operativ handelnde Organisationen agieren und vernetzen sich oftmals, um konkrete Hilfesu-
chende zu unterstützen und zeichnen sich daher durch einen direkten Zielgruppenbezug aus.
Der Austausch untereinander erfolgt über konkrete Maßnahmen. Kooperationspartner befinden
sich oftmals auf der operativen Ebene, es handelt sich also um andere Einrichtungen, die selbst
in direktem Kontakt mit der Zielgruppe stehen. Diese Art der Zusammenarbeit erfolgt vor allem
auf lokaler Ebene im jeweiligen Bezirk und Sozialraum.
b) Konzeptionell arbeitende Organisationen (vor allem die Behörden) entwickeln Hilfe- und Unter-
stützungskonzepte, wie z.B. in Form von ESF-Projekten, Qualifizierungsmaßnahmen oder über-
greifende Info-Veranstaltungen. Sie zeichnen sich nicht nur durch eine relative Distanz zur Ziel-
gruppe, sondern ebenfalls durch eine relative Distanz zu den operativ agierenden Organisatio-
nen aus. Konzeptionell arbeitende Organisationen verfolgen eine andere Logik der Vernetzung.
Sie sind für ihre Arbeit einerseits angewiesen auf Informationen zu den Bedarfen der Zielgruppe,
welche sie aber nur z.T. über operative Organisationen erhalten, die über einen direkten Zugang
zu den Familien verfügen. Viel stärker stehen sie aber mit ihnen selbst ähnlichen Akteuren in
1 Vgl. dazu Mayring, Philipp (2010): Qualitative Inhaltsanalyse. Grundlagen und Techniken, Weinheim: Belz.
2 Vgl. dazu Strauss, Anselm L. (2010): Grounded Theory. Grundlagen qualitativer Sozialforschung, Weinheim: Belz.
7
Kontakt, also beispielsweise anderen Behörden. Eine wichtige Orientierung in ihrer Arbeit sind
demzufolge politische Maßgaben, die sie sich im Austausch mit anderen öffentlichen Einrichtun-
gen aneignen. Inhalte der konzeptionellen Arbeit richten sich insgesamt weniger an den tatsäch-
lichen Bedarfen im Sozialraum als an politisch gesetzten Schwerpunktthemen (wie z.B. derzeit
Alleinerziehende) aus. Trotz eines guten Überblicks über die Trägerlandschaft insgesamt, auf die
sie zudem strukturbildend eingreifen, fehlt den konzeptionellen Organisationen ein Einblick in
die tatsächliche Qualität der Vernetzung im jeweiligen Sozialraum. Dies ist nicht zuletzt auch ei-
ner beobachteten Distanz zwischen Bezirk und Behörde geschuldet.
Im nächsten Abschnitt werden die untersuchten Organisationen im Hinblick auf ihre Arbeitsweise,
ihre Organisationsstruktur und den Bezug zur Zielgruppe vorgestellt. Dabei wird die Unterscheidung
zwischen konzeptionellen und operativ arbeitenden Organisationen beibehalten.
3.2 Zuständigkeiten und Arbeitsweisen der Organisationen
a) Konzeptionelle Organisationen
BASFI: Zuständigkeitsbereiche „Frühe Hilfen“ und „Eltern-Kind-Zentren“
Die Interviewten der Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (BASFI) gehören innerhalb
der Behörde dem Referat für Familienpolitik an. Insgesamt hat ihr Referat zwölf Mitarbeiter, die an
unterschiedlichen Schwerpunktthemen arbeiten, z.B. Kinderschutz, Abteilung Kinderbetreuung, Fa-
milien-TÜV, Elternschulen, Mütterberatung sowie die bereits genannten Arbeitsbereiche der Inter-
viewten. Angestrebt wird eine enge Zusammenarbeit zwischen der Familienpolitik und der Gesund-
heitsförderung, was in den Augen der Interviewten gut klappt.
Die Interviewten selbst haben zwei inhaltlich fokussierte Arbeitsschwerpunkte, die sich auf die Ziel-
gruppe der Familien mit Kindern von 0-6 Jahren beziehen, allerdings mit der Einschränkung, dass sie
sich überwiegend auf die ersten drei Lebensjahre konzentrieren und folglich auch nur an den ersten
Übergängen (Elternzeit-Wiedereinstieg und Familie-Kita) beteiligt sind. Der Übergang Kita-Schule
wird in ihrem Aufgabenfeld hingegen nach Angaben der Interviewten aufgrund der Altersstruktur
ihrer Zielgruppe nicht betreut.
Die Aufgabenbereiche betreffen a) die Betreuung der „Eltern-Kind-Zentren“ sowie b) die Umsetzung
der Bundesinitiative „Frühe Hilfen“ auf Landesebene. Ziel der Frühen Hilfen ist es, Familien vor, wäh-
rend und nach der Geburt zu betreuen, woraus sich ein nochmaliger Zuschnitt der Zielgruppe auf
Familien mit Kindern im Alter von Null bis einem Jahr ergibt. Dafür werden von der Interviewten der-
zeit Bedingungen geschaffen, Kommunikationswege ausgebaut, Informationen bereitgestellt, mit
dem Ziel, „diesen Prozess jetzt so einheitlich wie möglich zu gestalten und so zu gestalten, also dass er
trotz unterschiedlichster Grundvoraussetzungen und Bedingungen in den Bezirken doch wiederer-
kennbar ist und dass er überall ähnlich verläuft, dass also Familien, wenn sie Unterstützung brauchen,
von Anfang an auch diese Unterstützung bekommen, dass sie dann auch übergeleitet werden, wenn
sie Bedarf haben und wenn sie diesen Bedarf auch artikulieren.“ Dabei geht es zum Beispiel darum,
Informationen bereit zu stellen und für jeden zugänglich zu machen. So zum Beispiel eine Datenbank
der sog. Babylotsen, die zukünftig auch für Familienhebammen, soziale Dienste, Jugendämter u.a.
zugänglich gemacht werden soll, „weil ich glaube, das ist gewünscht, dass man irgendwo nachgucken
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kann, ich habe hier eine Familie, die hat das und das Problem und ich möchte gerne – die wohnen da
und da – und ich möchte gerne mich informieren, was kann ich dieser Familie anbieten.“ Im Bereich
der Eltern-Kind-Zentren geht es weniger um die Implementierung von Strukturen, sondern eher um
die Qualitätskontrolle derselben. Da alle EKIZe bereits ihre Arbeit aufgenommen haben, ist die Inter-
viewte derzeit damit beschäftigt, die Arbeit der Zentren vor Ort zu evaluieren und übergreifende
Qualitätsstandards zu entwickeln.
Der Kontakt zur Zielgruppe erfolgt nicht direkt, sondern über Multiplikatoren. „Wir sind also nicht
diejenigen, die tatsächlich direkte Angebote machen für Familien, sondern wir machen Angebote für
diejenigen, die dann wieder mit Familien arbeiten.“ Direkten Kontakt haben die Interviewten nur in
Einzelfällen, wenn sie bspw. die von ihnen betreuten Einrichtungen wie bspw. Eltern-Kind-Zentren
oder Elternschulen vor Ort aufsuchen. „Das ist dann einfach noch ein Schritt näher ran und das finde
ich auch immer sehr wichtig und das gibt einem noch ein ganz anderes Gefühl dafür.“ Im Bereich
Frühe Hilfen gibt es eine Gruppe mit bezirklichen und behördlichen Vertretern und einigen freien
Trägern, die den Prozess begleitet und das schwerpunktmäßige Interesse verfolgt, den Kontakt zu
betroffenen Familien auszubauen und zu halten, was z.B. über Informationsbroschüren oder den
jährlich stattfindenden Hamburger Familientag erfolgt.
Bezüglich der zur Verfügung stehenden Ressourcen äußern sich die Interviewten weitgehend positiv
und betonen, dass im Bereich der Frühen Hilfen trotz der Haushaltskonsolidierung zusätzliche Gelder
zur Verfügung gestellt wurden, sodass entstandene Lücken geschlossen werden konnten. Die Inter-
viewten thematisieren allerdings einen Wahrnehmungsunterschied hinsichtlich der finanziellen Mit-
tel zwischen Behörde und Bezirk. „Es ist interessant, dass auch von den Bezirken immer gesagt wird,
ja, wir kriegen jetzt Geld, aber es reicht uns doch gar nicht. Also statt zu sagen, super, wir haben jetzt
Geld gekriegt und das können wir jetzt mehr machen – wenn Sie so fragen, ob die Ressourcen ausrei-
chen, würde Ihnen wahrscheinlich kaum jemand sagen, ja, die reichen aus. Sondern das ist offenbar
so, dass selbst wenn man etwas dazu kriegt womit man vielleicht gar nicht gerechnet hätte, dass man
sagt, ja, das bisschen, was können wir denn damit machen.“ Als problematisch werden auch die Ne-
beneffekte zusätzlicher EU-Mittel empfunden, die beispielsweise die Implementierung eines Projek-
tes wie HAnNE erlauben. „Dann sagen die anderen Bezirke, ja, wenn ihr uns das Geld gebt, machen
wir das auch. Können wir aber nicht.“ Kritisch betrachten die Interviewten zudem die Ausrichtung
finanzieller Mittel an sozialdemographischen Daten, welche die tatsächlichen Ressourcen vor Ort
nicht berücksichtigen.
BASFI: Zuständigkeit „Familienbildung“ und „Vereinbarkeit Familie und Beruf“
Die Interviewten arbeiten innerhalb der BASFI an den Arbeitsschwerpunkten „Familienbildung“ und
„Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. Dabei ist es die Aufgabe der Interviewten, einen Überblick
über die Angebotslandschaft zu besitzen und diese nach den gesetzlichen Maßgaben und Richtlinien
zu steuern und zu kontrollieren. Auch wirkt die Behörde selbst stark in die Angebotsstruktur hinein,
indem sie nach ihren Maßgaben über Zuwendungen für neue Träger entscheidet. Kontakte werden
daher von der Organisationseinheit selbst gesteuert, je nachdem, wo aktuelle Handlungsbedarfe
sind. Netzwerke werden insofern nach eigenen Bedarfen und entsprechend der jeweils aktuellen
politischen Schwerpunkte und gesetzlichen Bestimmungen geknüpft. Kooperationslücken entstehen
folglich keine. Vernetzung im Sinne einer partnerschaftlichen Kooperation ist dort wichtig, wo keine
Richtlinien vorhanden sind. Dies ist beispielsweise im Bereich Vereinbarkeit von Familie und Beruf
9
der Fall, wo es weder gesetzliche Vorgaben noch Steuerungsmöglichkeiten gibt. Da Familienpolitik
eine Querschnittsaufgabe ist, ist es für den Bereich auch wichtig, sich innerhalb der Behördenland-
schaft zu vernetzen, wobei offensichtlich kein etabliertes Netzwerk besteht. Inhalte der Zusammen-
arbeit beziehen sich auf einen thematischen Austausch um die Bedarfe in der Familienbildung zu
ermitteln sowie auf das Erlangen von Wissen und Informationen zu aktuell relevanten Themen.
Selbst ist die Behörde nicht sehr eng mit der Zielgruppe vernetzt, was zum Teil als bedauerlich wahr-
genommen wird: „Ja, gut, man wäre schon manchmal gerne näher dran. Besonders wenn ich jetzt an
die Elternschulen denke, die eben von den Bezirksämtern gesteuert sind, man muss halt immer über
die Bezirksämter an die Elternschulen herantreten oder spricht halt eher mit den Vertretern aus den
Bezirksämter, die halt auch wiederum woanders sitzen zum Teil, ja, auch unterschiedlich nahen oder
guten Kontakt haben zu den einzelnen Einrichtungen.“
BASFI_ Zuständigkeitsbereich „Kindertagesbetreuung“ und „Integration von Zuwanderern“
Beide Interviewpartnerinnen gehören der BASFI an und arbeiten in unterschiedlichen Referaten. Die
Interviewte aus dem Referat Kinderbetreuung berichtet vor allem aus ihrer Tätigkeit im Rahmen der
Schnittstelle Kita-Schule. Innerhalb ihres Referates, das insgesamt sieben Mitarbeiter umfasst, wer-
den Grundsatzfragen zur Kindertagesbetreuung bearbeitet, so z.B. Sprachförderung, Kindertages-
pflege, Bildungsempfehlungen sowie die Entwicklung eines kooperativen Verfahrens zwischen Kita
und Schule im Rahmen des Vorstellungsverfahrens der Viereinhalbjährigen, an dem sie maßgeblich
mit beteiligt war. Ein weiteres Schwerpunktthema ihrer Arbeit bildet die Ganztagsbetreuung. Im Re-
ferat für Integration sind insgesamt 13 Personen tätig, die Arbeitsschwerpunkte umfassen u.a. auf
der konzeptionellen Ebene die Erarbeitung eines Landesprogramms gegen Rechtsextremismus, im
Management des Integrationsbeirates und auf der operativen Ebene die Sprachförderung, Projekt-
förderung sowie die Migrationsberatung.
Beide Arbeitsbereiche sind in den Augen der Interviewten Querschnittsthemen, sodass es immer
wieder zu Überschneidungen mit anderen behördeninternen Referaten sowie behördenexternen
Akteuren kommt. Als angenehm für die interne Zusammenarbeit wird die räumliche Nähe im Bereich
Kindertagesbetreuung beurteilt. Dadurch können inhaltliche Überschneidungen zügig besprochen
und geregelt werden. Allerdings beklagt die Interviewte zugleich einen Mangel an Zeit, sodass zwar
die räumlichen Begebenheiten und Strukturen Flurgespräche ermöglichen, die zeitlichen Ressourcen
dies jedoch oft nicht erlauben. Effektiv seien auch regelmäßige Dialoggruppen und AGs, die teilweise
auch mit den Bezirksamtsfachkräften stattfinden, wodurch ein regelmäßiger Austausch über die Situ-
ation in den sieben Hamburger Bezirken ermöglicht wird.
Der Kontakt zur Zielgruppe der Familien mit Kinder von 0-6 Jahren wird im Grundsatzreferat Kinder-
tagesbetreuung nur mittelbar über die Ansprechpartner der Kita-Träger und Verbände hergestellt.
Dabei geht es um konzeptionelle Fragen und die Aushandlung von Rahmenbedingungen. Auch im
Referat für Integration gibt es keine direkten Berührungspunkte mit der Zielgruppe der Familien.
Lediglich über die Kooperation mit Beratungseinrichtungen oder dem Referat für Familienförderung
wird der Kontakt indirekt hergestellt. Während es sich beim Referat für Integration um eine sehr
breit aufgestellte Zielgruppe handelt (Menschen mit Migrationshintergrund jeden Alters), fällt die
Zielgruppe des Referats für Kindertagesbetreuung mit der Zielgruppe von LVO zusammen.
10
BGV und HAG: Zuständigkeitsbereich „Frühe Hilfen“ und „Gesundheitsförderung“
In der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz (BGV) liegen die Schwerpunkte zum einen in
der Gesundheitsförderung im Rahmen des „Paktes für Prävention“, in der Vereinbarkeit von Familie
und Beruf für die mittlere Lebensphase ab 20 sowie im Kita-Bereich im Rahmen des Bundesprojektes
„Frühe Hilfen“. Zudem betreuen die Interviewten der BGV die Koordinierungsstelle für gesundheitli-
che Chancengleichheit. In der Hamburger Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung (HAG) wer-
den vor allem die Querschnittsthemen der soziale Lage und Gesundheit bearbeitet und Präventions-
ketten aufgebaut. Schwerpunkte liegen hier im Bereich Kinder/ Familie sowie im Bereich Wohnungs-
losigkeit und Gesundheit. Zwischen BGV und HAG besteht eine regelhafte Kooperation, die sich nicht
zuletzt auch aus der finanziellen Zuwendung von Seiten der Behörde ergibt. Gemeinsam arbeiten
BGV und HAG am Aufbau einer Förderungs- und Präventionskette mit unterschiedlichen Zugängen.
Im Rahmen des Paktes für Prävention wird in Rothenburgsort beispielhaft eine solche Gesundheits-
und Präventionskette aufgebaut, in die verschiedene Akteure des Stadtteils mit eingebunden sind. Im
Bereich der „Frühen Hilfen“ arbeiten die Interviewten vor allem daran, die Strukturen des Zugangs
für hilfebedürftige Eltern zu optimieren. Zum anderen soll entwicklungsauffälligen Kindern frühzeitig
Hilfe angeboten werden.
Bei der HAG handelt es sich um einen Verein, der zum einen von der BGV, zum anderen von Ham-
burger Krankenkassen gefördert wird und in fast allen Bundesländern vertreten ist. Die BGV über-
nimmt als Behörde zum einen ministerielle Aufgaben und versteht ihre Hauptaufgabe darin, im Rah-
men der Gesundheitsförderung Strukturen zu schaffen, die einen besseren Zugang zur Zielgruppe
ermöglichen. Insgesamt gibt es fünf Gesundheitsabteilungen innerhalb der BGV, die mit unterschied-
lichen Schwerpunktthemen betraut sind, u.a. gesetzliche Krankenversicherung, Sucht, Krankenhaus-
planung, Amt für Verbraucherschutz. Auch das Amt für Arbeitsschutz ist in der BGV angesiedelt. Die
Interviewten selbst sind in der Fachabteilung Gesundheitsdaten- und Gesundheitsberichterstattung
angesiedelt und arbeiten im Sachgebiet der Struktur- und Qualitätsentwicklung im Bereich Gesund-
heitsförderung.
Zielgruppe der Einrichtungen sind alle Akteure, die mit Familien mit Kindern von 0-10 arbeiten und
dafür sorgen, dass Eltern und Kinder gesund leben können, v.a. Schulen, Kitas, die Jugendhilfe sowie
andere Gesundheitsdienste. Ein direkter Kontakt zur Zielgruppe besteht demnach nur teilweise, in
der Regel arbeiten die Interviewten mit Multiplikatoren, obwohl sie aufgrund der Stadtstaatstruktur
„näher dran sind“ als andere Ministerien. Lediglich bei Modellprojekten wird die Zielgruppe direkt
mit einbezogen. Auch im Rahmen des Projektes in Rothenburgsort veranstalten die Interviewten in
unregelmäßigen Abständen Wortshops und Fokusgruppen, wodurch ein direkter Kontakt zur Ziel-
gruppe entsteht. Bei Einzelprojekten der Vernetzungsstelle Schulverpflegung wird auch direkt Kon-
takt zur Zielgruppe der Schüler und Schülerinnen aufgenommen. Auch zu den Schulleitern nimmt die
HAG Kontakt auf, um die Gesundheitsförderung an Schulen zu verbessern. Im Bereich „Frühe Hilfen“
besteht über die Familienteams und Familienhebammen ein direkter Kontakt zur Zielgruppe der
Schwangeren und Familien mit Kindern von 0-3, da hier eine Begleitung in Einrichtungen angedacht
ist. Bei Verbundprojekten ist somit eine unmittelbare Nähe zur Zielgruppe weitaus häufiger gegeben
als bei ministeriellen Arbeiten auf der Steuerungs- und Strukturebene.
Die interne Zusammenarbeit verläuft in der Behörde in den meisten Fällen über hierarchische Wege,
seltener über die kurzen Wege der Arbeitsebene. Themenbezogen gibt es zum einen fachlichen Aus-
tausch oder einen Steuerungsaustausch mit Kollegen aus anderen Abteilungen. In der HAG gibt es
11
aufgrund der Vereinsstruktur weniger hierarchische Wege, sondern Zielvereinbarungen mit der Be-
hörde, gebunden an die Zuwendungen, sodass mit der BGV jährlich drei Absprachegespräche statt-
finden. Darüber hinaus gibt es Vereinssitzungen und zwei Mitgliederversammlungen.
Behörde für Schule und Berufsbildung (BSB)/ Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwick-
lung (LI)
Das Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung ist ein wissenschaftliches Institut für an-
gewandte Wissenschaft. Es übernimmt Aufträge der Stadt Hamburg im Schulwesen und im Kita-
Bereich. Aufgabe des LI ist es, beispielsweise Reformen oder kleinere Projekte zu evaluieren.
Ursprünglich lag der Fokus des von uns untersuchten Referats „Diagnostik und Testentwicklung“ der
Abteilung Qualitätsentwicklung im Schulbereich. Die Erweiterung in Richtung Primar- und Elemen-
tarbereich umfasst mittlerweile das Aufgabengebiet Evaluation von Projekten im Bereich des Über-
gangs vom Elementar- in den Primarbereich. So hat das Referat beispielsweise die Bildungsstandards
der BASFI für den Elementarbereich evaluiert oder das BLK-Modell FÖRMIG (Förderung von
Migrantenkindern), dessen Ziel die Kooperation im Übergang in Bezug auf das Thema Sprachförde-
rung ist. Darüber hinaus wird über das Referat das so genannte Viereinhalbjährigenverfahren evalu-
iert. Aufgabe des Referats ist es, Trends in der Entwicklung der kindlichen Versorgung, der Kompe-
tenzen der Kinder vor Eintritt in die Schule aufzuzeigen. Daneben werden die Kinder im Rahmen von
Lernausgangslagenerhebungen in die Schule begleitet.
Die Entwickelung von Tests, Beobachtungsverfahren und Einschätzungsbögen umfasst die Zielgruppe
der Kinder ab 4 Jahren. Der Kompetenzbereich des Referats reicht darüber hinaus auch bis zur Se-
kundarstufe. Insofern verfügt das Referat über umfassende Datengrundlagen zur Entwicklung von
Kompetenzen und Förderbedingungen von Kindern im Übergang Elementar-/Primarbereich. Dabei ist
es nicht Aufgabe des LI, direkt in die Kitas oder Schulen einzugreifen, sondern vor allem die Ausstat-
tung mit diagnostischen Verfahren vorzunehmen. Daneben ist das Berichts- und Vorschlagswesen auf
der Basis der durch die Tests generierten Daten Kernaufgabe des Instituts.
Der Paritätische Hamburg
Der Paritätische Hamburg zählt zu den großen Hamburger Kitaverbänden, die inhaltliche Ausrichtung
ist konfessionslos und nicht parteipolitisch gebunden. Die Organisation ist in unterschiedliche Zu-
ständigkeitsbereiche (Kita, Jugendhilfe, Altenhilfe, Behindertenhilfe) gegliedert. Im Bereich der frü-
hen Bildung zählen die Fortbildung und Qualitätsentwicklung, Verhandlungen mit der Behörde zu
Landesrahmenverträgen (Kita, GBS), die Fachberatung für Mitgliedsorganisationen sowie Grundsatz-
fragen und Projektentwicklung zu den zentralen Aufgaben. Darüber hinaus gibt es eine selbstständi-
ge übergeordnete Einheit, die Kontakt- und Informationsstelle Selbsthilfe (KIS), die bspw. Räume und
Infrastruktur für Selbsthilfegruppen anbietet und koordiniert.
Die Zielgruppe des Verbandes sind in erster Linie Mitgliederorganisationen, im Bereich der frühen
Bildung die Kitaträger und Kita-Leitungen. Mit der Zielgruppe der Familien mit Kindern von 0-6 Jahren
steht der Verband folglich nur mittelbar über die Kita-Träger und -einrichtungen in Kontakt. Das
Thema Schnittstellen ist auch für die interne Zusammenarbeit im Verband relevant geworden. Die
Interviewte merkt an, dass eine Orientierung hin zu Schnittstellenthemen auch intern durch das Den-
ken in Zuständigkeiten erschwert wird. „Dann gibt es aber unsere Säulen und die bilden sich auch
12
über rechtliche Grundlagen ab, über Zuständigkeiten in den Behörden. Das ist nicht immer einfach,
Schnittstellenthemen oder Querschnittthemen gut zu bearbeiten.“
Ein Schwerpunktthema des Verbandes, an dem auch die Interviewte beteiligt ist, betrifft den Bereich
Ganztägige Bildung an Schulen (GBS). Der Verband setzt sich insbesondere für die Initiative „GB plus
S“ ein, die den kleinräumlichen Bezug betont und die Verantwortung in die Hand des jeweiligen
Stadtteils („S“) übergibt. Die Idee ist, eine Vernetzung im jeweiligen Stadtteil herzustellen und z.B.
Kooperationen zwischen Schulen und Akteuren der Jugendhilfe aufzubauen, „dass nicht nur die Schu-
le sich abschotten kann und sagen kann, okay, dann machen wir Nachmittagsbetreuung und der Rest
ist egal, sondern dass alle Kompetenzen, die da sind, und Angebote auch im Sinne der Kinder und
Jugendlichen sinnvoll genutzt werden können.“
Elbkinder Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten GmbH
Die Elbkinder – Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten GmbH - sind ein Öffentliches Unterneh-
men der Freien Hansestadt Hamburg in privater Rechtsform. Es umfasst 178 Kitas mit rd. 25.000 Kin-
dern und ist damit der größte Kita-Träger bundesweit.
Zielgruppe der Elbkinder sind vor allem Kinder und ihre Eltern, wobei die Eltern umso mehr in den
Fokus der Arbeit rücken, je jünger die Kinder sind. Eltern und Kinder werden entsprechend als die
hauptsächlichen Kooperationspartner gesehen. Daneben sind vor allem die Elternvertretungen und -
ausschüsse auf Landes- und Bezirksebene wichtige Akteure, die gut organisiert sind und die Interes-
sen der Kitas politisch vertreten. Des Weiteren ist der Kita-Träger vor allem mit anderen Behörden
und öffentlichen Einrichtungen vernetzt. Dazu zählen die BSB und die BASFI, das Lehrerfortbildungs-
institut (LI), weiterhin die KTB-Sachgebiete (Kita-Gutscheine), Jugendämter, ASD sowie Schulen.
Übergangsrelevant ist vor allem die Arbeit mit den Eltern sowie mit den Schulen und dem LI.
Die Zielgruppe der Familien, die durch die Kitas betreut werden, ist in sich sehr heterogen. Die An-
sprüche und Anforderungen, die an die Organisation gestellt werden variieren je nach Sozialstruktur
der Stadtteile. Dadurch sind auch die Notwendigkeiten der einzelnen Kitas zu Kooperation und Ver-
netzung unterschiedlich. Folglich gibt es zahlreiche Anforderungen, die an die Kitas gestellt werden,
so dass die jeweiligen inhaltlichen Schwerpunkte und Arbeitsweisen entsprechend ausgerichtet wer-
den müssen. Ermöglicht wird das durch eine dezentrale Steuerung, d.h. die Kita-Leitungen arbeiten
weitestgehend selbstständig und finanzieren sich über die Kita-Gutscheine. Auch inhaltlich arbeiten
die einzelnen Kitas sehr selbstbestimmt. Eine gemeinsame Orientierung wird dabei durch die für alle
Kitas geltenden Bildungsempfehlungen gewährleistet.
Die Kitas sind insbesondere mit den Übergängen Familie-Kita und Kita-Schule konfrontiert. Die Inter-
viewte sieht die Kitas als besonders zuverlässigen Partner für Eltern, die flexibel sein müssen und mit
unvorhergesehenen Situationen konfrontiert sind. So ist das Angebot beispielsweise besonders für
Alleinerziehende attraktiv, die laut der Interviewten besonders auf Zuverlässigkeit angewiesen seien.
Die Kitas stehen aktuell vor einer Veränderung der Übergangssituation. Eltern kehren mittlerweile
immer früher in den Beruf zurück und der Rechtsanspruch erhöht sich ab August 2013 für Kinder ab
einem Jahr. Zudem werden die Vorschulkinder zunehmend in den Schulen betreut. Statt wie ehemals
die 3-7 Jährigen werden künftig Kinder zwischen 0 und 6 Jahren die Kitas besuchen, was in den Au-
gen der Interviewten „eine ganz große Veränderung für alle Beteiligten“ bedeutet.
Die übergangsrelevanten Kooperationen werden als weitestgehend positiv beschrieben. Für den
Übergang Elternzeit-Beruf sind allerdings auch die Unternehmen als übergangsrelevante Akteure
13
wichtig, die die Übergänge für die Eltern oft erschweren, vor allem, weil die Unternehmen einseitig
Forderungen an eine immer größere Flexibilität im Betreuungsangebot stellen.
Fachamt Sozialraummanagement, Abteilung Integrierte Sozialplanung
Die Interviewte gehört innerhalb des Fachamtes Sozialraummanagement der Abteilung Integrierte
Sozialplanung an und bezeichnet ihre Funktion als „ministerielle Ebene im Bezirk“. Die Abteilung um-
fasst insgesamt 17 Mitarbeiter. Die Hauptaufgabe besteht darin, auf Basis sozialökonomischer Daten
in den jeweiligen Stadtteilen Bedarfe zu ermittelt. Aktuell arbeitet die Abteilung Integrierte Sozial-
planung an den Themenschwerpunkten Bildung, Integration und Seniorenbeschäftigung. Von zentra-
ler Bedeutung sind dabei auch Beteiligungsvorhaben (z.B. Regionale Bildungskonferenzen), „dass die
Leute eben auch selber sagen, wo sind unsere Bedarfe und was wollen wir und wie kann man sie so-
zusagen mit der Kommunalpolitik so machen, dass die Bedarfe auch ins kommunalpolitische Handeln
einfließen.“ Die Interviewte arbeitet als Abteilungsleiterin. Ein Hauptaufgabenfeld der Interviewten
liegt in der Organisation von Veranstaltungen sowie der Durchführung von Workshops und Befra-
gungen im Sozialraum. Insbesondere bei den Beteiligungsworkshops liegt das Ziel darin, die ermittel-
ten Bedarfe zu überprüfen. Weiterhin muss entschieden werden, welche Maßnahmen vor Ort ergrif-
fen werden können und welche Bedarfe an die Fachbehörden als Geldgeber delegiert werden müs-
sen.
Der Kontakt zur Zielgruppe erfolgt mittelbar über Institutionen, die ihrerseits mit bestimmten Bevöl-
kerungsgruppen zusammenarbeiten (z.B. Jugend- oder Seniorenhilfe). Dem Sozialraummanagement
kann folglich keine eigene Zielgruppe zugeordnet werden, zumal die einzelnen Ämter unterschiedli-
che Zielgruppen ansteuern. Die interne Zusammenarbeit erfolgt im eigenen Amt über Dienstbespre-
chungen, amtsübergreifend findet eine Fachamtsleiterrunde statt, um sich mit den anderen Berei-
chen im Dezernat zu vernetzen (Jugend, Gesundheit und Soziales).
b) Operative Organisationen
Koordinierungsstelle Teilzeitausbildung/ Artis
Die Koordinierungsstelle Teilzeitausbildung wird von der BSB und BASFI gefördert, „Beschäftigung
und Bildung“ ist der Träger der Organisation. Die Koordinierungsstelle selbst ist beim Artis Ausbil-
dungsservice angesiedelt und befasst sich damit, junge Eltern und Pflegende, die noch keine Ausbil-
dung abgeschlossen haben, in eine betriebliche Teilzeitausbildung zu vermitteln. Neben dieser
Hauptaufgabe verfolgt die Koordinierungsstelle ferner das Ziel, das Thema Teilzeitausbildung in
Hamburg bekannter zu machen. Dazu gehört auch die Beratung von Betrieben zu diesem Thema. Die
Einrichtung gliedert sich in die Bereiche Beratung von BewerberInnen, Betriebsberatung sowie den
Bereich Öffentlichkeitsarbeit. Insgesamt arbeiten ca. fünf Personen in der Koordinierungsstelle. Der
Schwerpunkt liegt auf betrieblicher Teilzeitausbildung.
Die Arbeit besteht überwiegend in der Beratungstätigkeit (Erst- und Folgegespräch). Die Beraterin-
nen besprechen mit den Hilfesuchenden Bewerbungsunterlagen, suchen nach offenen Stellenange-
boten oder unterstützen in Fragen der Kinderbetreuung. Hat eine Bewerberin einen Ausbildungsplatz
gefunden, wird sie auch während der Ausbildung von Artis betreut. „Und da habe ich dann auch
schon im Betrieb Krisenintervention gemacht. Also das kommt auch mal vor.“ Auch Arbeits- und Fach-
14
tagungen sowie Informationsabende werden von der Koordinierungsstelle veranstaltet. Darüber
hinaus halten die Mitarbeiter Kontakt zu den Behörden, Betrieben und Betroffenen. Im Beriech Be-
triebsberatung wird ferner Betriebsakquise betrieben
Zur Zielgruppe der Beratungsstelle gehören überwiegend junge Frauen, wobei entgegen der Annah-
men der Behörde viele Bewerberinnen bereits über 25 Jahre alt sind. „Also bei den Leuten, die die
Projekte planen, ist eben dieser typische Lebenslauf, dieser typische deutsche männliche Lebenslauf
im Kopf, ich gehe zur Schule, und dann mache ich möglichst gleich eine Ausbildung, und das ist eben
vielleicht durch ein Kind irgendwie um zwei Jahre unterbrochen worden oder so. Aber wir haben alles
Mögliche an krummen Lebensläufen. Und die passen irgendwie in fast keine Fördermaßnahme, die
fallen irgendwie so ziemlich aus der Rolle oft.“ Daraus ergibt sich, dass viele Angebote der Zielgruppe
nicht entsprechen und die Bedürfnisse und Probleme der Altersgruppe häufig nicht berücksichtigt
werden. Insgesamt ist die Zielgruppe nach Aussagen der Interviewten sehr heterogen und reicht von
einer sozial gut integrierten Mutter mit Kindern im schulpflichtigen Alter über die Mutter, die sich
noch in Elternzeit befindet und noch keine Kinderbetreuung organisiert hat bis hin zur Schwangeren,
die um ihre beruflichen Perspektiven bangt.
Harburger Netzwerk für Alleinerziehende/ HAnNe
Das Projekt HAnNe wird vom (Europäischen Sozialfond) ESF gefördert und ist ministeriell an das
BMAS im Rahmen des ESF-Programmes „Wirksame Hilfen für Alleinerziehende“ angegliedert. Beglei-
tet wird das Projekt durch die GSU (Gesellschaft für soziale Unternehmensberatung), woraus sich für
HAnNe ein engmaschiges Berichtswesen ergibt. Ziel des Projektes ist die Etablierung eines Netzwer-
kes für Alleinerziehende im Stadtteil Hamburg Harburg, die Mitarbeiter besitzen nach eigener Aussa-
ge eine „rein koordinative Funktion“. Konkret arbeitet HAnNe an einer „Beratungsplattform“, die
Alleinerziehenden die Hilfesuche erleichtern soll, indem nicht, wie bisher, statische Daten gesam-
melt, sondern vielmehr flexible Verläufe zu den betreffenden Personen abgebildet werden, die eine
Verweisberatung erleichtern. Das Netzwerk umfasst insgesamt 13 Einrichtungen, die sich per Koope-
rationsvereinbarung beteiligen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Netzwerkpartner, die ohne Verein-
barung mitarbeiten und in erster Linie am Informationsaustausch beteiligt sind. Allen gemeinsam ist
das Anliegen, die Situation für Alleinerziehende vor Ort zu verbessern. Die einzelnen Kooperations-
partner bringen ihre jeweilige Expertise aus ihren Zuständigkeitsbereichen mit (z.B. Jobcenter, Ju-
gendhilfe, KWB). Personell verfügt HAnNe über 1,5 Stellen, begleitet wird das Projekt von einer
Steuerungsgruppe. Zur Etablierung und Entwicklung eines tragfähigen Netzwerkes veranstaltet HAn-
Ne zahlreiche Kooperationstreffen und versucht darüber hinaus, in bereits bestehenden Strukturen
und Treffen das Thema Alleinerziehende in Harburg nachhaltig stark zu machen.
Der Hauptauftrag des Projektes liegt der Interviewten zu Folge darin, zum einen das Interesse und
Bewusstsein für die Probleme und Belange der Alleinerziehenden in Harburg zu stärken, zum ande-
ren soll ein Verständnis für Dienstleistungsketten und Serviceorientierung vermittelt werden. Über
Dienstleistungsketten sollen Wege eingespart und Hilfeleistungen effektiver gestaltet werden. „Die
Kita stellt fest, ich habe hier ganz viele Anfragen zu Erziehungsfragen.(…)Da scheint ein enorm hoher
Bedarf zu sein, also versuche ich, ein System herzustellen, in dem ich diesen Bedarf sozusagen für die
Zielgruppe so zugänglich mache, dass es möglichst automatisiert läuft. Im besten Fall kriegt man
dann auch wieder Trägerkooperation so hin, dass der Weg für die Alleinerziehenden im Grunde im
15
Haus bleibt oder so.“ Ein engmaschiges Kooperationsnetz soll eine möglichst schnelle und umfangrei-
che Hilfe gewährleisten, die auf individuelle Bedarfe reagiert.
Jobcenter/ team.arbeit
Die Interviewte ist im jovcenter/ team.arbeit tätig. Netzwerkarbeit ist ein wichtiger Bestanteil ihrer
Arbeit, deren Aufgabe vor allem in der Entwicklung von Maßnahmen zur Arbeits- und Beschäfti-
gungsfähigkeit der Leistungsbezieher liegt. In der Zusammenarbeit mit anderen Akteuren geht es
einerseits um einen Austausch, in dem die Bedarfe der Zielgruppe ermittelt werden. Inhaltliche
Schwerpunkte der Arbeit und eine Fokussierung auf Teilzielgruppen hängen dabei vor allem vom
politischen Fokus ab (z.B. Alleinerziehende). Es werden darüber hinaus aber auch gemeinsam be-
darfsorientierte Maßnahmen entwickelt, wie die Info-Börse für Alleinerziehende in Kooperation mit
LvO.
Neben der Tatsache der Arbeitslosigkeit ist die Zielgruppe des Jobcenters oft noch mit weiteren
komplexen Problemlagen konfrontiert, die quer zu den Übergängen liegen und im Fachjargon „Ver-
mittlungshemmnisse“ genannt werden (Schulden, Trennung, Sucht). Vor diesem Hintergrund ist die
Kooperation mit solchen Einrichtungen wichtig, die jeweils auf die spezifischen Problemfelder spezia-
lisiert sind. Diese Art der Kooperation ist gesetzlich verankert, während eine eigene Beratung der
Kunden ausdrücklich nicht zum gesetzlichen Auftrag gehört. Deshalb ist die Verweisberatung eine
wesentliche Aufgabe des Jobcenters. Neben der Verweisberatung sieht die Interviewte die Aufgabe
des Jobcenters vor allem darin, ganz im Sinne der Aktivierungslogik die Eigenverantwortung der Kun-
den zu stärken. Gerade beim Thema Kinderbetreuung werden die Kunden angewiesen, sich eigen-
verantwortlich um eine angemessene Betreuungssituation zu kümmern.
Innerhalb der LVO-Zielgruppe der Familien mit Kindern von 0-6 ist die Gruppe der Familien mit Kin-
dern von 0-3 für das Jobcenter schwieriger zu erreichen, da diese Anspruch auf drei Jahre Erzie-
hungszeit haben. Deswegen ist neben den im Projekt bisher fokussierten Übergängen auch Über-
gang in die Elternschaft von großem Interesse, da die Leistungsbezieher mit Übergang in die Eltern-
schaft aus dem Handlungsraum des Jobcenters verschwinden und insofern die Integration in den
Arbeitsmarkt erschwert. Deswegen ist es für die Interviewte wichtig, mit schwangeren Leistungsbe-
zieherinnen in Kontakt zu bleiben und auch ihnen Angebote zu machen, um einer zu starken Ar-
beitsmarktferne vorzubeugen.
Koordinierungsstelle Weiterbildung (KWB)/ Worklife
Das Projekt Worklife ist innerhalb der KWB angesiedelt und hat den Auftrag, Berufsrückkehrerinnen
hinsichtlich der Möglichkeiten und Chancen des beruflichen Wiedereinstiegs zu beraten. Zielgruppe
der Einrichtung sind Frauen, die gerne wieder in den Beruf einsteigen möchten sowie Schwangere,
die sich über die Planung der Elternzeit und den beruflichen Wiedereinstieg vor der Geburt ihres
Kindes informieren. Meist handelt es sich um Akademikerinnen oder Frauen mit Ausbildung. Zur
Zielgruppe zählen überwiegend Mütter mit Kindern im Alter von 0-3, sodass neben dem beruflichen
Übergang v.a. der Übergang Familie-Kita relevant ist. Die Kernaufgaben der KWB Worklife umfassen
Beratungsgespräche sowie die persönliche Begleitung im Bewerbungsprozess. Des Weiteren bietet
die KWB Workshops z.B. zum Thema Kinderbetreuung an. Die Beratung umfasst neben der Hilfe beim
Bewerbungsverfahren auch die Planung der Elternzeit und Kinderbetreuung. Im Vordergrund steht
der persönliche Kontakt zur Zielgruppe.“ Also wenn es um Wiedereinstieg geht, ist es schwerpunkt-
16
mäßig die Motivation, dieses Selbstbewusstsein oft auch aufzubauen. Das ist ja etwas, wir begleiten
die Damen ja bis zum Wiedereinstieg, dass wir immer wieder Ansprechpartner sind, selber den Kon-
takt auch halten.“ Im Gespräch mit den Betroffenen werden individuelle Strategien entwickelt, die
sich an den jeweiligen Bedarfen orientieren. Im Bereich Kinderbetreuung ist der Handlungsspielraum
der Befragten allerdings eher gering. Zwar können Handlungsempfehlungen und Tipps gegeben wer-
den, doch fehlt der KWB der direkte Kontakt zur Kita. Die interne Zusammenarbeit erfolgt größten-
teils über die Teamsitzungen sowie über „Flurfunk, also tatsächlich, dass man einfach mal rüber geht
und direkt einen Fall bespricht.“
Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V. (VAMV)
Der Verband alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV) ist ein bundesweit organisierter Verband
mit Hauptsitz in Berlin. Die Beratungseinrichtung in Hamburg erhält von der BASFI finanzielle Zuwen-
dung, die Interviewte bezeichnet ihre Tätigkeit als „hauptamtliche Hilfe zur Selbsthilfe“. Im Büro ar-
beiten 1,5 hauptamtliche Stellen. Unterstützung erhält die Beratungseinrichtung weiterhin von eh-
renamtlich tätigen Anwälten und Kinderbetreuungskräften. Die Beratungsstelle entstand ursprüng-
lich aus einer selbstorganisierten Beratung von Betroffenen. Die Beratung selbst erfolgt telefonisch,
schriftlich und persönlich. Neben der Beratungstätigkeit übt der VAMV politische Arbeit des Dach-
verbandes aus und veranstaltet Informationsnachmittage, Erziehungs- und Entspannungskurse sowie
andere Gruppenarbeiten. In Einzelfällen ist auch eine Begleitung zu Einrichtungen möglich, allerdings
reichen dafür die personellen Ressourcen nur bedingt aus. Einerseits handelt es sich also um Ver-
weisberatung, andererseits um Begleitung, die vor allem dann notwendig ist, wenn es sich um be-
stimmte Personengruppen (z.B. Migranten) handelt.
Die Interviewte selbst ist mit unterschiedlichen Aufgabenfeldern betraut. Zum einen kümmert sie
sich um die Beratung, Statistik und Dokumentation. Weitere Tätigkeiten sind Netzwerk- und Grup-
penarbeit sowie die Organisation von Veranstaltungen. Inhaltliche Schwerpunkte der Beratung sind
zum einen die Existenzsicherung aufgrund einer vorliegenden Trennung und Scheidung. Zum anderen
handelt es sich um Fragen, die mit den Kindern zusammenhängen, z.B. Umgangsrecht, Sorgerechts-
fragen und Kinderbetreuung im Zusammenhang mit der Erwerbstätigkeit oder anderen Bedarfen, die
anstehen. Auch das Thema Wohnen und Umziehen nimmt einen immer größeren Raum ein, „weil
das in Hamburg immer schwieriger wird, bei Trennung und Scheidung neuen Wohnraum zu finden,
gerade auch, wenn man Kinder hat und alleinerziehend ist.“
Die Zielgruppe des VAMV umfasst alle Alleinerziehenden jeden Alters. Häufiger als Personen, die
bereits längerfristig alleinerziehend leben kommen trennungswillige Menschen in die Beratungsstel-
le. Auch Schwangere suchen die Einrichtung auf, wenn sie wissen, dass sie das Kind allein erziehen
werden. Die vierte Gruppe sind alleinerziehende Väter sowie Männer, die nicht alleinerziehend sind
und Fragen zum Umgangsrecht mit ihrem Kind stellen.
Ihren persönlichen Handlungsspielraum sieht die Interviewte vor allem in einer kompetenten Ver-
weisberatung und in der Hilfe zur Selbsthilfe. Durch ein gut strukturiertes Netzwerk sind aus ihrer
Perspektive gute Informationen über andere Einrichtungen vorhanden, die ihr einen adäquaten Ver-
weis zu anderen Einrichtungen ermöglichen. Besonders wenn Kontakte über einen längeren Zeitraum
bestehen und wachsen können, sieht die Befragte gute Voraussetzungen, die Betroffenen aus einer
Hand beraten zu können. Die Grenzen ihrer Kompetenz und Kapazitäten sieht die Befragte im Be-
17
reich der persönlichen Begleitung. Zwar sei eine Begleitung in Einzelfällen möglich, doch könne dies
aufgrund finanzieller und personeller Ressourcen nicht immer gewährleistet werden.
Wellcome: Zuständigkeitsbereiche „Familie in Not“ und „Teamkoordination“
Wellcome wurde 2002 gegründet und ist eine gemeinnützige GmbH, die Hilfen für Familien mit
Kleinkindern anbietet und vor allem auf den Übergang in die Elternschaft fokussiert. Wellcome arbei-
tet nach dem Franchise-System und ist mittlerweile bundesweit tätig. Die GmbH ist lokal organisiert
in sogenannte „Wellcome-Teams“, die aus ehrenamtlichen Helfern bestehen und von einer fachli-
chen Kraft geleitet werden. Jedes Wellcome-Team ist angegliedert an eine Institution der „Frühe
Hilfen“. In Hamburg sind es traditionellerweise vor allem Familienbildungsstätten, aber auch zuneh-
mend Kitas und Elternschulen. Derzeit gibt es in der Hansestadt 16 Wellcome-Teams, bundesweit
operieren rund 230.
Seit 2009 beinhaltet Wellcome zusätzlich das Projekt „Familien in Not“, ein Patenprojekt, mit dem
die Wellcome gGmbH auf Familien reagiert, die sich in kurzfristigen Notlagen befinden. Betroffene
Familien können über einen Antrag eine finanzielle Unterstützung von durchschnittlich 600 Euro im
Jahr bekommen. Des Weiteren können Familien im Rahmen von „Familie in Not“ ein Jahr lang von
einer sogenannten „Wellcome-Fee“ professionell begleitet werden, um Lösungswege für prekäre
Situationen zu finden.
Die Finanzierung der GmbH erfolgt zum Einen aus den Franchise-Gebühren, die jeder Standort be-
zahlt, aber auch aus Unternehmenskooperationen und Spenden. Zum Teil kommen öffentliche Gel-
der hinzu. So wird beispielsweise die Stelle der Landeskoordination in Hamburg durch die BASFI fi-
nanziert. Die einzelnen Standorte sind für ihre Finanzierung selbst verantwortlich, die mehrheitlich
über Spenden gewährleistet wird, wobei der Anteil an Zuschüssen durch öffentliche Gelder zunimmt.
Ziel von Wellcome ist die Unterstützung von Familien nach der Geburt eines Kindes. Dabei richtet
sich das Hilfeangebot vor allem an Familien, die selbst über kein Hilfenetzwerk (Familie, Freunde,
Nachbarschaft) verfügen. Wellcome fungiert somit als Ersatz der klassischen Nachbarschaftshilfe. Die
Art der Hilfe kann dabei unterschiedlich aussehen. Es geht dabei aber immer um eine Anschubhilfe,
d.h. eine Hilfe zur Selbsthilfe. Wichtig dabei ist das Vorhandensein eines lokalen Netzwerkes, um eine
kompetente und passgenaue Verweisberatung in den Familien zu gewährleisten. Wichtige Partner
sind beispielsweise Kinderärzte, andere Beratungsstellen oder Geburtskliniken. Da Wellcome stark
stadtteilbezogen arbeitet, ist es auch angewiesen auf ehrenamtliche Helfer vor Ort: „Wir gucken ei-
gentlich immer eher stadtteilbezogen.“ Netzwerkarbeit ist alltäglicher Bestandteil der Organisation,
sowohl auf Vernetzung auf der fachlichen/professionellen Ebene mit anderen Hilfesystemen, als
auch strategisch für die Generierung von Spendengeldern und die Akquise von neuen Ehrenamtli-
chen.
Die Zielgruppe von Wellcome sind vor allem Familien von 0 bis 1. In diesem Zeitraum haben die Fami-
lien die Möglichkeit, die ehrenamtliche Unterstützung wahrzunehmen. Der Fokus liegt auf Proble-
men, die im Wesentlichen aus der Übergangssituation nach der Geburt eines neuen Babys heraus
entstehen. Zielgruppe von dem Patenprojekt „Familie in Not“ sind Familien mit Kindern bis zu sechs
Jahren. Bei der Wellcome-Fee sind es Familien mit Kindern von null bis drei Jahren. Grundsätzlich
werden Familien aus allen sozialen Schichten betreut. Im Fall von „Familien in Not“ und der Wellco-
me-Fee haben allerdings Familien
tigen.
4. Analyse der Netzwerkstruktur
Anhand der Netzwerkkarten, die von den Befragten hinsichtlich der Kooperation mit anderen Einric
tungen im Übergangssystem ausgefüllt wurde, ist es möglich, di
kes graphisch abzubilden und zu interpretieren
4.1 Graphische Darstellung des Kontakt
Abb. 5: Häufigkeit der Nennung von Organisationen
Abbildung 5 zeigt die Häufigkeitsverteilung der Nennungen von Or
(roter Balken) sowie die Nennungen ausschließlich im engen Kontaktkreis (grauer
sind darin relativ viele Einzelnennungen bei den Kontaktbeziehungen (65% aller genannten Organis
tionen) erkennbar. Nur wenige
dreimal als Kooperationspartner
BASFI, Bezirksämter, Jobcenter und
Fee haben allerdings Familien Vorrang, die eine vorübergehende materielle Unterstützung ben
Analyse der Netzwerkstruktur
Anhand der Netzwerkkarten, die von den Befragten hinsichtlich der Kooperation mit anderen Einric
ausgefüllt wurde, ist es möglich, die Struktur des bestehenden Netzwe
und zu interpretieren.
raphische Darstellung des Kontakt- und Teilnetzwerkes
Abb. 5: Häufigkeit der Nennung von Organisationen
Häufigkeitsverteilung der Nennungen von Organisationen
(roter Balken) sowie die Nennungen ausschließlich im engen Kontaktkreis (grauer
relativ viele Einzelnennungen bei den Kontaktbeziehungen (65% aller genannten Organis
. Nur wenige Organisationen (14 von insgesamt 113/ 12,4%) wurden häufiger als
dreimal als Kooperationspartner in die Netzwerkkarte eingezeichnet. Am häufigsten genannt werden
r und HAnNe.
18
rielle Unterstützung benö-
Anhand der Netzwerkkarten, die von den Befragten hinsichtlich der Kooperation mit anderen Einrich-
e Struktur des bestehenden Netzwer-
und Teilnetzwerkes
ganisationen im Gesamtnetzwerk
(roter Balken) sowie die Nennungen ausschließlich im engen Kontaktkreis (grauer Balken). Zunächst
relativ viele Einzelnennungen bei den Kontaktbeziehungen (65% aller genannten Organisa-
Organisationen (14 von insgesamt 113/ 12,4%) wurden häufiger als
Am häufigsten genannt werden
19
Abb. 6: Gesamtnetzwerk (enger und weiter Kontaktkreis)
Abb. 7: Teilnetzwerk (nur enger Kontaktkreis)
4.2 Interpretation
Abb. 8: Netzwerktypen
Quelle: Barabasi, 2003 3
Die graphische Darstellung (Abb. 6 und 7) deutet auf ein eher dezentralisiertes Netzwerk hin, in dem
eine Mehrzahl der befragten Organisationen eine wichtige Rolle als
übermittler einnehmen. Das Netzwerk verfügt ferner über eine große Ausdehnung mit vielen Auslä
fern, denen lediglich eine Randpositionierung zukommt. In Abbildung 6
schen den Knotenpunkten in roter Farbe die Verbindungen im Nahbereich an. Verbindungen in
schwarzer Farbe verdeutlichen Kontakte im Fernbereich. In beiden Abbildungen symbolisiert die
Größe der Knotenpunkte im Netzwerk die Häufigkeit
Einrichtungen angegeben wurde. Die Farbe der Knotenpunkte (von Schwarz bis Hellrot) illustriert
ebenfalls die Bedeutung einzelner Knotenpunkte im netzwerkinternen Kommunikationsfluss. Neben
den Angaben über Kontakte im direkten Nah
weitere Informationen mit einbezogen: Je heller der Rotton, desto häufiger werden Einrichtu
von anderen Organisationen genannt. Darüber hinaus wird berücksichtig, wie häufig
Organisationen wieder von anderen Knotenpunkten als Kooperationspartner angegeben wurden
(Rangprestige).
Zwischen einigen befragten Einrichtungen
geringerem Maße dem VAMV scheinen ei
formationen stattzufinden. Diese Träger sind sowohl als Sender als auch als Adressaten im Kontakt
und Informationsnetzwerk aktiv und dementsprechend zentral. Eindeutig im Zentrum steht die
BASFI, die strukturbildend und konzeptionell arbeitet und über die finanzielle Zuwendung zahlreicher
Projekte entscheidet. Es finden sich aber auch Einrichtungen, die nicht befragt wurden aber dennoch
eine relativ zentrale Position im Netzwerk einnehmen (weil sie häufi
3 Barabási, Albert-László (2003): Linked: How Everything Is Connected to Everything Else and What It Means for Business,
Science, and Everyday Life, New York (u.a.): Plume, S. 145.
Interpretation der Netzwerkstruktur
Die graphische Darstellung (Abb. 6 und 7) deutet auf ein eher dezentralisiertes Netzwerk hin, in dem
Mehrzahl der befragten Organisationen eine wichtige Rolle als Knotenpunkte und
bermittler einnehmen. Das Netzwerk verfügt ferner über eine große Ausdehnung mit vielen Auslä
fern, denen lediglich eine Randpositionierung zukommt. In Abbildung 6 zeigen Verbindungen zw
schen den Knotenpunkten in roter Farbe die Verbindungen im Nahbereich an. Verbindungen in
schwarzer Farbe verdeutlichen Kontakte im Fernbereich. In beiden Abbildungen symbolisiert die
Größe der Knotenpunkte im Netzwerk die Häufigkeit, mit der die jeweilige Einrichtung von and
Einrichtungen angegeben wurde. Die Farbe der Knotenpunkte (von Schwarz bis Hellrot) illustriert
ebenfalls die Bedeutung einzelner Knotenpunkte im netzwerkinternen Kommunikationsfluss. Neben
Kontakte im direkten Nah- und Fernbereich werden aber bei der Farbgebung noch
weitere Informationen mit einbezogen: Je heller der Rotton, desto häufiger werden Einrichtu
von anderen Organisationen genannt. Darüber hinaus wird berücksichtig, wie häufig
Organisationen wieder von anderen Knotenpunkten als Kooperationspartner angegeben wurden
Zwischen einigen befragten Einrichtungen wie etwa BASFI, Bezirksämtern, HAnNe, Jobcenter
scheinen eine rege Kooperation und ein häufiger Austausch von I
formationen stattzufinden. Diese Träger sind sowohl als Sender als auch als Adressaten im Kontakt
und Informationsnetzwerk aktiv und dementsprechend zentral. Eindeutig im Zentrum steht die
rukturbildend und konzeptionell arbeitet und über die finanzielle Zuwendung zahlreicher
Projekte entscheidet. Es finden sich aber auch Einrichtungen, die nicht befragt wurden aber dennoch
eine relativ zentrale Position im Netzwerk einnehmen (weil sie häufig von den befragten Einrichtu
László (2003): Linked: How Everything Is Connected to Everything Else and What It Means for Business,
, New York (u.a.): Plume, S. 145.
20
Die graphische Darstellung (Abb. 6 und 7) deutet auf ein eher dezentralisiertes Netzwerk hin, in dem
notenpunkte und Informations-
bermittler einnehmen. Das Netzwerk verfügt ferner über eine große Ausdehnung mit vielen Ausläu-
zeigen Verbindungen zwi-
schen den Knotenpunkten in roter Farbe die Verbindungen im Nahbereich an. Verbindungen in
schwarzer Farbe verdeutlichen Kontakte im Fernbereich. In beiden Abbildungen symbolisiert die
, mit der die jeweilige Einrichtung von anderen
Einrichtungen angegeben wurde. Die Farbe der Knotenpunkte (von Schwarz bis Hellrot) illustriert
ebenfalls die Bedeutung einzelner Knotenpunkte im netzwerkinternen Kommunikationsfluss. Neben
und Fernbereich werden aber bei der Farbgebung noch
weitere Informationen mit einbezogen: Je heller der Rotton, desto häufiger werden Einrichtungen
von anderen Organisationen genannt. Darüber hinaus wird berücksichtig, wie häufig die nennenden
Organisationen wieder von anderen Knotenpunkten als Kooperationspartner angegeben wurden
HAnNe, Jobcenter oder in
ne rege Kooperation und ein häufiger Austausch von In-
formationen stattzufinden. Diese Träger sind sowohl als Sender als auch als Adressaten im Kontakt-
und Informationsnetzwerk aktiv und dementsprechend zentral. Eindeutig im Zentrum steht die
rukturbildend und konzeptionell arbeitet und über die finanzielle Zuwendung zahlreicher
Projekte entscheidet. Es finden sich aber auch Einrichtungen, die nicht befragt wurden aber dennoch
g von den befragten Einrichtun-
László (2003): Linked: How Everything Is Connected to Everything Else and What It Means for Business,
21
gen benannt wurden). Zu dieser Gruppe gehören die Elternschulen und in einem geringeren Maße
auch die EKIZ und Soloturn. Daneben zeigen sich aber auch Einrichtungen, die weniger dicht in das
Kontaktnetzwerk eingebunden sind. Diese Organisationen wurden befragt, sie nehmen aber keine
bedeutsame Stellung als Kooperationspartner ein. Sie nennen in der Befragung zwar viele der im
Netzwerk prominenten Organisationen als ihrem Nah- oder Fernbereich zugehörig. Die von ihnen
angegebenen Organisationen erwidern diese Nennungen aber nicht oder nur selten. Deshalb rücken
sie in der visuellen Darstellung als kleine Knoten ohne Farbe an den Rand des Netzwerkes. Zu dieser
Gruppe gehört neben dem Paritätischen Wohlfahrtsverband etwa BGV, Elbkinder, HAG, HWK, das
Sozialraummanagement sowie Wellcome. Diese Organisationen erscheinen auf das Gesamtnetzwerk
bezogen relativ isoliert. Angesichts der Verteilerfunktion, die einige dieser Organisationen aber an
den Ausläufern des Gesamtnetzwerkes erfüllen, könnte eine stärkere Integration dieser Akteure die
Reichweite und die Übersicht der zentralen Akteure möglicherweise deutlich erhöhen. Schließlich
verfügen Träger, wie etwa Wellcome, Elbkinder oder der Paritätische Wohlfahrtsverband über ein
dichtes und spezialisiertes Netzwerk kleinerer kommunaler Träger, Stiftungen und Vereine. Für die
zentralen Akteure im Gesamtnetzwerk sind diese spezialisierten Netzwerke ohne die eher randstän-
digen Einrichtungen aber kaum oder überhaupt nicht zu erreichen. Eine engere Kooperation mit den
genannten Einrichtungen könnte deshalb auch für die zentralen Akteure Vorteile bei der Zusammen-
arbeit und beim Wissens- und Informationstransfer mit sich bringen.
In Abbildung 7 werden lediglich die Beziehungen im Nahbereich dargestellt. Dieses Netzwerk lässt
sich als Kern der Kooperationsbeziehungen und Informationsflüsse im Gesamtnetzwerk lesen. Auch
hier treten BASFI, HAnNe, die Bezirksämter sowie das Jobcenter als zentrale Akteure hervor. Auffällig
ist wieder die geringe Integration der beiden befragten Kita-Verbände (Elbkinder, Paritätischer) so-
wie der BSB/LI. Diese Organisationen stehen zwar mit vielen Einrichtungen in Kontakt, werden je-
doch selbst von anderen Organisationen nicht als wichtiger Kooperationspartner (im engen Kontakt-
kreis) genannt. Unterschiede zwischen den beiden Netzwerken zeigen sich in Bezug auf die KWB und
BSB/LI. Beide Einrichtungen erscheinen im Gesamtnetzwerk zentraler, weil sie relativ wenige Nen-
nungen im Nahbereich aufweisen, aber relativ häufig dem Fernbereich zugeordnet werden.
22
5. Ergebnisse der Befragung
Nachdem bisher zunächst die befragten Organisationen im Hinblick auf ihre Zielsetzungen, Arbeits-
weisen und den Zielgruppenbezug vorgestellt und eine erste Übersicht des Netzwerkes im Über-
gangsmanagement gegeben wurde, steht nun die detaillierte Analyse der übergangsbezogenen Zu-
sammenarbeit im Fokus.
5.1 Beteiligung der Organisationen an den Bildungsübergängen
Zunächst ergibt sich aus der Analyse ein zentrales Ergebnis: Aufgrund der Stadtstaatstruktur in Ham-
burg gibt es keine einheitliche Lösung, die für alle Regionen und Stadtteile gelten kann. Vielmehr
muss sich das Schnittstellenmanagement einerseits an kleinräumlichen Einheiten, andererseits ganz
konkret auch am Einzelfall ausrichten, um effektiv wirksam zu sein. Dennoch lassen sich einige zent-
rale Akteure ermitteln, die teilweise für alle Übergänge relevant sind.
Übergang Familie-Kita
Nahezu alle Interviewpartner sind an diesem Übergang beteiligt, woraus man auf überlappende Zu-
ständigkeitsbereiche schließen kann. Schnittstellenakteure in diesem Übergang sind:
- BASFI (Struktur, Konzeption, Zuwendung)
- Bezirke/ v.a. Jugendämter (ausführende Organe, z.B. Kita-Gutscheine)
- Paritätischer und Elbkinder e.V. (Zusammenarbeit mit Kita-Einrichtungen)
- Artis (Verweisberatung vor Antritt der Ausbildungsstelle)
- VAMV (Verweisberatung sowie direkte Kooperation mit Kitas im Stadtteil Hamm/Horn, gele-
gentlich auch Begleitung)
- HAnNe (Information für Alleinerziehende zur Kinderbetreuung im Stadtteil Harburg)
- Sozialraummanagement (Ermittlung von Bedarfen, Zusammenarbeit im Bezirk)
- Eltern-Kind-Zentren (Information/ gegenseitiger Austausch sowie Verweisberatung)
- BGV/ HAG (Gesundheitsförderung in Kitas)
- KWB-Worklife (Verweisberatung)
- Kita-Einrichtungen (Vergabe von Plätzen; laut Interviewpartner ist die Vernetzung im Sozial-
raum sehr unterschiedlich und reicht von sehr stark bis gar nicht)
- Wellcome (Information und Verweisberatung, gelegentlich auch Begleitung)
- Jobcenter (Verweisberatung im Zusammenhang mit einer Maßnahme)
- AGFW (Zusammenarbeit der freien Wohlfahrtspflege)
- Elternschulen (Information und Verweisberatung)
- KIFAZ (Information und Verweisberatung)
Innerhalb der Bezirke gibt es unterschiedliche Kooperationsstrukturen, die von Stadtteil zu Stadtteil
stark variieren. Auch der Kooperationsbedarf ist stark von der Struktur vor Ort abhängig. Während es
Stadtteile gibt, in denen aufgrund eines hohen Anteils an sozial benachteiligten und damit häufig
bildungsfernen Familien ein dichtes Kooperationsnetz erforderlich ist, sind in anderen Stadtteilen
zum Teil Elterninitiativen o.ä. vorhanden, die eine Kooperation der Einrichtungen ergänzen. Die Ei-
23
genmotivation der Familien ist folglich sehr groß, sodass eine flächendeckende Versorgung mit Kin-
dertagesbetreuung weitgehend sichergestellt ist, da die Eltern sich darum selbstständig bemühen.
An anderen Stellen fehlt diese sozialräumliche Struktur hingegen, sodass stärker von außen gesteuert
werden muss.
Übergang Kita-Schule
Der Übergang von der Kita in die Grundschule ist ein Übergang, der weitgehend autonom und inner-
halb der Systeme Kita und Schule abläuft, wobei festzustellen ist, dass sich ein grundlegendes Prob-
lem in den unterschiedlichen Systemlogiken und dem Konkurrenzverhältnis zwischen Kita und Schule
manifestiert. Die Analyse der Interviews hat ferner gezeigt, dass es auf behördlicher Ebene zwischen
BASFI und BSB wenig inhaltliche und strukturelle Zusammenarbeit gibt. „Die Kita ist fertig und die
Schule fängt an“, so die Aussage einer Befragten, die das Grundproblem verdeutlicht. Besonders
auffällig wird das Missverhältnis zwischen Kita und Schule am Beispiel der Viereinhalbjährigen-
Untersuchung, an der beide Akteure mitwirken. So herrschte bisher Uneinigkeit und Konkurrenz zwi-
schen Kita und Schule, nicht zuletzt aufgrund fehlender Verbindlichkeit und mangelnder Zuständig-
keitsbeschreibungen der Untersuchung, was die Zusammenarbeit zwischen beiden Akteuren er-
schwerte. „Und das war also Frust bei den Schulen, weil sie damit nichts anfangen konnten vielfach.
Bei den Kitas, weil sie das Gefühl hatten, wir werden nicht gehört. Bei den Eltern auch, weil sie dann
teilweise auch ganz unterschiedliche Informationen über ihr Kind und über die bestmögliche weitere
Förderung usw. gehört haben.“ Aus diesem Grund wurde im vergangenen Jahr eine formalisierte
Untersuchung in Form eines Dokumentationsbogens in Kooperation mit der BASFI, der BSB sowie
den Kita-Trägern eingeführt, die das Verständnis zwischen Kita, Eltern und Schule erhöhen soll. Hier
fand also eine Zusammenarbeit der beteiligten Behörden statt, um strukturelle Probleme zu behe-
ben. Auch beim Übergang Kita-Schule stellen viele Interviewpartner sozialräumliche Unterschiede
fest. So gebe es in bestimmten Stadtteilen eine engmaschige Zusammenarbeit zwischen einer Kita
und einer Grundschule, doch lasse sich dies nicht verallgemeinern. Auch hier müssen die sozialräum-
lichen Begebenheiten mitgedacht und berücksichtigt werden, um bereits bestehende Kooperationen
zu unterstützen oder mögliche Kooperationen zu forcieren.
Beteiligt sind an diesem Übergang folgende Schnittstellenakteure:
- BSB (Bildungspläne und Rahmenbedingungen für den Eintritt in die Schule,
Viereinhalbjährigen-Untersuchung)
- BASFI (z.B. Viereinhalbjährigen-Untersuchung, Ganztagsschulen)
- Kita-Träger (z.B. Viereinhalbjährigen-Untersuchung)
- Schulen
- Eltern-Kind-Zentren (Verweisberatung)
- BGV-HAG (Gesundheitsförderung an Schulen)
- VAMV (Kooperation mit Schulen im Stadtteil Hamm/ Horn)
- IfBQ und IQB (Qualitätsentwicklung im Bildungswesen)
- LI (Lehrerbildung und Schulentwickung)
Übergang Elternzeit-Wiedereinstig
Wie die Analyse des Datenmaterials gezeigt hat, hängt der Übergang Elternzeit-Wiedereinstieg in
sehr starkem Maße vom Gelingen des ersten Bildungsübergangs von der Familie in die Kita ab. Auch
24
der Übergang von der Kita in die Schule ist relevant, allerdings besteht aufgrund der gesetzlichen
Schulpflicht eine Verpflichtung der Teilnahme, sodass auch ein Platz in einer Grundschule gesichert
ist. Beim Übergang in die Kita ergeben sich allerdings zahlreiche Schwierigkeiten, z.B. der Ort der
Kindertageseinrichtung, die Stundenzahl sowie der Anspruch auf einen Betreuungsgutschein in Ab-
hängigkeit von der Arbeitszeit (bis zum 2. Lebensjahr). Hinzukommt das wirtschaftliche Eigeninteres-
se der Kindertageseinrichtungen, wodurch insbesondere Beschäftigte in Teilzeit (z.B. Auszubildende,
Alleinerziehende) benachteiligt sind, wenn es um die geforderte Stundenzahl geht. Obwohl die bei-
den Übergänge sehr stark verschränkt sind, was sich besonders gut am Beispiel der Alleinerziehen-
den feststellen lässt (s. unten), findet aus Sicht der Interviewpartner keine ausreichende Vernetzung
der Übergänge statt. Zwar haben Einrichtungen, die sich um die Kindertagesbetreuung kümmern
häufig auch mit der Thematik des beruflichen Wiedereinstiegs zu tun, fühlen sich dafür aber nicht
immer verantwortlich, weil dieser Bereich ihre Zuständigkeit überschreitet. Hinzukommt eine feh-
lende Kooperation mit der freien Wirtschaft, sodass kaum Einfluss auf die beruflichen Rahmenbedin-
gungen genommen werden kann.
Beteiligt sind an diesem Übergang folgende Schnittstellenakteure:
- Jobcenter/ team.arbeit (Vermittlung in Maßnahmen)
- Artis (Vermittlung in Teilzeitausbildung)
- Handwerkskammer (Vermittlung in Teilzeitausbildung)
- Andere Kammern (z.B. Ärztekammer)
- Innungen
- VAMV (Information und Verweisberatung für Alleinerziehende, teilweise auch Begleitung
zum Jobcenter o.ä.)
- KWB-Worklife (Information und Verweisberatung zum Thema Wiedereinstieg, Kooperation
mit Verbundunternehmen)
- HAnNe (Informationsplattform für Alleinerziehende)
- BASFI (z.B. durch Eltern-Kind-Zentren, Bereitstellung von Informationsmaterial)
5.2 Erfolgreiche Kooperationen und Beispiele aus der Praxis
Die Interviewten benennen in den Gesprächen erfolgreiche Kooperationen aus der Praxis, die an
dieser Stelle als „best-practice-Beispiele“ angeführt werden, um auf das bereits vorhandene Potential
des Übergangsmanagements aufmerksam zu machen.
Klare Strukturen und Wissen vereinfachen die Arbeit
Was von den Interviewpartnern immer wieder als Kooperationsvorteil genannt wird sind klare Struk-
turen, die ein bestimmtes Profil vorgeben (z.B. Zugangsvoraussetzungen). Eine Verweisberatung
kann nur dann effektiv wirken, wenn den Akteuren bekannt ist, wen sie konkret wohin verweisen
können, sodass sich umständliche Zusatz- und Irrwege vermeiden lassen. Als positives Beispiel wird
die Zusammenarbeit mit dem Jobclub-Soloturn dargestellt. „Da ist es ja so, dass es da bestimmte
Eingangsvoraussetzungen gibt, die sind ganz klar ALG-II-Empfänger, und mindestens ein Kind muss
unter sieben Jahre alt sein, und allein erziehend. Und wenn ich dann jemanden habe, der diese Kriteri-
en erfüllt (…), dann bin ich natürlich völlig glücklich, dass ich die dann einfach mal dorthin schicken
25
kann und die sich da informieren können.“ Teilweise kennen sich Einrichtungen aus bestehenden
Netzwerken, denkbar ist auch eine Projektvorstellung im Rahmen von Arbeitstagungen, um sich ge-
genseitig vorzustellen. Nur durch ein umfangreiches Wissen kann eine kompetente Verweisberatung
gewährleistet werden. Dies betrifft nicht nur die Zugangsvoraussetzungen, sondern auch generelle
Informationen zum Personal und der Arbeitsweise anderer Organisationen.
Netzwerkbildung über ein gemeinsames Ziel
Eine gemeinsame Zielsetzung ist für die Struktur eines Netzwerkes von zentraler Bedeutung. Initiiert
durch LVO hat sich beispielsweise im Bezirk Nord ein kleines Netzwerk herausgebildet, das sich mit
dem Übergang von der Elternzeit in den beruflichen Wiedereinstieg befasst. Als gemeinsames Ziel
wurde die Entlastung und Verbesserung der Situation von Berufsrückkehrerinnen formuliert. Im
Netzwerk der „Alleinerziehendenbörse“ haben sich Akteure des Bezirkes zusammengeschlossen, die
mit Familien und Berufstätigen arbeiten (z.B. teamarbeit, Kifaz, offene Kinder- und Jugendarbeit ),
„sodass man also so einen kleinen Kreis hat von Leuten, die sagen, ja, da wollen wir durchaus mal was
machen“. Auch die BASFI kooperiert inzwischen mit der Initiative, die auch andere Bezirke über-
nehmen. „Es wird auch weiterhin wahrscheinlich ein ESF-finanziertes Beratungsprojekt geben für
diese Gruppe, um dieses Thema weiter zu bewegen, den Berufseinstieg. Und das ist sozusagen inno-
vativ, das ist was Neues, das gab es nicht vorher.“
Eigenständige Entwicklung von Netzwerken
Nicht immer ist es notwendig, Netzwerkarbeit von außen zu steuern, teilweise entstehen sie auch
aus einer Nachbarschaftsinitiative oder einer Kirchengemeinde heraus. In Winterhude gab es bei-
spielsweise eine Initiative von Kindertageseinrichtungen, die sich als Ziel gesetzt hatten, den Kontakt
zu Schulen zu intensivieren. „Sie sind einfach da rein und haben gesagt, wir wollen unser Treffen hier
machen. Die Schule hat ja gesagt und hatte dann sozusagen die Idee, da gehe ich doch mal hin und
gucke mal, was die da machen und dadurch sind die ins Gespräch gekommen. Das gibt es schon ziem-
lich lange und ist inzwischen auch ein großes Netzwerk geworden. Und da wird sich schon durchaus
darüber ausgetauscht, welche Grundschulen mit welchen Kitas eigentlich vornehmlich zu tun haben
und wie sozusagen die Kitas aufgestellt sind und wie man die Übergänge auch mit unterstützen
kann.“ Eine solche Netzwerkstruktur lässt sich möglicherweise als „best-practice“ über die Regiona-
len Bidungskonferenzen multiplizieren, indem dort Projekte vorgestellt werden, die als Paradebei-
spiel tragfähige Strukturen entwickelt haben, an denen sich anderen Akteure in ihrer Netzwerkarbeit
orientieren können. Insgesamt ist aus Sicht der Interviewten im Bereich Kita-Schule ein Innovations-
druck aus den eigenen Reihen zu beobachten, der sich unter der Überschrift ‚Bildungshaus‘ – einem
ehemaligen Konzept - sammelt. So meint eine behördliche Vertreterin: „Und da gibt es ganz viele
Bestrebungen, das vor Ort umzusetzen, auch wenn es jetzt von Verwaltungsseite oder von politischer
Seite kein expliziter Schwerpunkt ist und wir auf ministerieller Ebene daran nicht arbeiten, arbeiten
die Einrichtungen vor Ort daran, und ja auch mit großem Erfolg teilweise. (…) Und auch gerade über
den Ganztag finden sich wieder Kita-Träger und Schulen zusammen und sagen dann, wir wollen aber
was, was darüber hinausgeht. Da entsteht ganz viel.“
26
Bezug zur Zielgruppe
Ein zentraler Aspekt für ein erfolgreiches Schnittstellenmanagement ist die Nähe zur und das Arbeit
mit der Zielgruppe, „das ganz kleinräumliche Denken“. Nicht immer ist ein enger Kontakt möglich,
gerade wenn es sich um behördlichen Arbeitsalltag handelt. Ein positives Beispiel für die Einbindung
der Zielgruppe in die Arbeit und Vernetzung ist der Pakt für Prävention, in dessen Rahmen z.B. Fo-
kusgruppen mit den Betroffenen veranstaltet werden. „Man bezieht sie mit ein, auf einmal gibt es
Themen, an die man vorher gar nicht gedacht hat, und so was ist ganz wichtig.“ Indem auch die Be-
dürfnisse und Belange der Zielgruppe Raum finden, können Hilfsangebote besser greifen, als wenn
Experten ein abstraktes Hilfesystem etablieren.
Formalisierte Regeln erleichtern die Arbeit
Schriftliche Vereinbarungen ermöglichen verbindliche Kooperationen und binden die Partner an Re-
geln, die ihr Handeln leiten. So berichten einige Interviewpartner von positiven Effekten schriftlicher
Kooperationsvereinbarungen auf die Netzwerkarbeit. Beispielsweise haben laut Aussagen einer In-
terviewten bei den ‚Frühen Hilfen‘ die ersten Arbeitsgruppen eine Gründungserklärung abgegeben,
die sich auf grundlegende Zielsetzungen verständigt haben. „Und durch die Wichtigkeit, die sie dem
gegeben haben, hatte ich den Eindruck, das ist ein Instrument, wenn man so was hat.“
Hilfe jenseits der Zuständigkeit
Ein Problem des Schnittstellenmanagement sind Zuständigkeitslogiken, die einem koordinierten Zu-
sammenarbeiten im Weg stehen. Ein positives Beispiel, in dem über den eigenen Zuständigkeitsbe-
reich hinaus gearbeitet wird, ist laut Aussagen einer Interviewten ein Eltern-Kind-Zentrum im Stadt-
teil Lurup, das mit einer Stadtteilschule kooperiert. Gemeinsam bilden sie eine Anlaufstelle für den
gesamten Stadtteil. „Das ist ein ganz super guter Übergang, da merkt man gar nicht, ist das jetzt
Schule oder Kita, weil das ist den Kindern vertraut, das ist auch den Eltern vertraut, die Eltern haben
auch Vertrauen zu den jeweiligen handelnden Personen vor Ort, die kommen auch mit Problemen zu
denen, wo sie sonst normalerweise nicht an eine öffentliche Stelle gehen würden, weil das da allmäh-
lich so gewachsen ist und weil die wissen, wenn ich da hingehe, dann kriege ich auch Hilfe. Dann krie-
ge ich das, was ich brauche.“
5.3 Probleme der Zusammenarbeit
Neben erfolgreichen Praxisbeispielen kommen in den Interviews zahlreiche Probleme zum Ausdruck,
die übergangsübergreifend bestehen. Nicht immer läuft die Zusammenarbeit reibungslos ab. So
konnten anhand der Analyse des Datenmaterials einige zentrale Problemfelder ermittelt werden.
5.3.1 Zielgruppenbezug
„Ich glaube nicht, dass die eine Fachbehörde mit der anderen jemals darüber gesprochen hat. Also, die sind,
glaube ich, soweit ich das Ermessen kann, nicht aufeinander abgestimmt.“
27
Eine zentrale Herausforderung für ein kohärentes Schnittstellenmanagement besteht zunächst in der
Heterogenität der Zielgruppe. Die von uns untersuchten Organisationen sind sich über die Vielfalt
und Komplexität der Problemlagen innerhalb der Gruppe der Familien mit Kindern von 0-6 einig. Die
Familienstruktur variiert allein in Hinblick auf sozialstrukturelle Kennzahlen wie Größe, Zusammen-
setzung, Bildungs- und Einkommensstatus. Hinzu kommen jeweils eigene biografische Ansprüche
(Erziehungsvorstellungen, berufliche Ansprüche, Familienplanung) und individuelle Problemlagen
(Krankheit, Schicksalsschläge). Die Familien sind zudem selbst sehr unterschiedlich vernetzt. Sie kön-
nen sich in einem stabilen sozialen Netzwerk im Familien-, Freundes- oder Bekanntenkreis befinden
oder vereinzelt auf sich selbst angewiesen sein. In den Interviews wird deutlich, dass diese eigenen
Netzwerke der Familien oft wenig ausgebaut sind. Ein externes Hilfesystem ist deshalb umso wichti-
ger. Die unterschiedlichen Organisationen fokussieren meist nicht auf die gesamte Zielgruppe, son-
dern auf bestimmte Teile der Zielgruppe (z.B. Familien mit Kindern von 0-1, alleinerziehende Fami-
lien, arbeitslose Familienangehörige) und auf entsprechend spezifische Problemlagen (Kinderbetreu-
ung, Wiedereinstieg in den Beruf). Auch, wenn sie mit der „Ganzheit der Person“ konfrontiert sind,
so werden die Probleme jeweils nach organisationsspezifischen Zielen, Aufgaben und Kompetenzen
gelöst, so dass auch Übergangsproblematiken nicht ganzheitlich bearbeitet werden. Auch wenn die
Heterogenität der Zielgruppe berücksichtigt werden muss, darf der Gesamtblick nicht verloren ge-
hen, um Verbindungslinien zwischen den Übergängen im Blick zu behalten. Solange eine Einrichtung
nur einen klaren Fokus auf eine Teilgruppe legt (z.B. Familien mit Kindern von 0-3, Arbeitslose, Al-
leinerziehende), wird sie Schnittstellen zu anderen Gruppen und Themen außen vor lassen.
Dennoch darf die Berücksichtigung der Besonderheit jedes Einzelfalls nicht negativ ausgelegt wer-
den. So betonen viele Interviewpartner, dass eine individuelle Beratung und Unterstützung unum-
gänglich ist. Vor dem Hintergrund der Komplexität der Problemlagen ist eine Spezialisierung und
Fokussierung auf einzelne Themen der Organisationen keineswegs als negativ zu bewerten. Nur so
können diese fachlich-professionell bearbeitet werden. Viele Organisationen besitzen allerdings ein
Bewusstsein dafür, dass ihre eigene Bearbeitung der Problemlagen allein nicht ausreichend ist. An
dieser Stelle ist die Zusammenarbeit und Kooperation mit anderen Einrichtungen im Hilfe- und
Unterstützungssystem entscheidend: Wenn Organisationen mit Fällen konfrontiert sind, die die eige-
ne Kernkompetenz überschreiten, so sollten diese sich Rat in dafür zuständigen fachlich spezialisier-
ten Einrichtungen holen und die Hilfebedürftigen entsprechend weiter verweisen.
Auch unterscheiden sich die Organisationen hinsichtlich ihrer Aufgaben und Ziele, die das Selbstver-
ständnis im Umgang mit der Zielgruppe prägen. Deutlich wird dies beispielsweise an der jeweiligen
Inklusion der Zielgruppe in die Organisation. Während die Zielgruppe an einige Organisationen qua
gesetzlicher Bestimmung gebunden ist (z.B. BASFI, Jobcenter), kennzeichnet sich das Verhältnis zu
anderen Organisationen durch Freiwilligkeit (z.B. VAMV, Artis). Auch die Zielverfolgung ist different.
Folglich kann es zu Spannungen zwischen den Organisationen kommen. Offensichtlich herrscht in
dem von uns betrachteten Unterstützungsangebot für Familien ein ethischer Code des nicht-
direktiven Vorgehens. Organisationen, die von diesem Code abweichen, lassen sich nur schwer in
eine kooperative Zusammenarbeit integrieren.
Einfluss auf die Kooperation zwischen den Organisationen und deren Zusammenarbeit hat auch die
Zielgruppe selbst, die mit ihren Anforderungen an die Organisation deren Agieren beeinflusst und
lenkt. Hier ist wiederrum eine Differenzierung zwischen den Stadteilen notwendig. Während die Zu-
sammenarbeit in Stadtteilen mit hohem Bildungsanteil von der Zielgruppe aktiv eingefordert wird
(besonders im Fall Kita-Schule), organisieren die Einrichtungen ihre Kooperationen in Stadteilen mit
28
niedrigem Bildungsanteil weitestgehend selbst und werden nur passiv, nämlich über konkrete Einzel-
fälle, von der Zielgruppe gelenkt. Zielgruppe und Unterstützungssystem stehen sich im letzteren Fall
getrennt voneinander gegenüber. Eine Inklusion muss aktiv von den Einrichtungen forciert werden,
beispielsweise, wenn Kinder mit Migrationshintergrund sprachlich gefördert werden sollen. In den
Stadteilen mit hohem Bildungsanteil ist die Interaktion zwischen der Zielgruppe und den übergangs-
relevanten Einrichtungen deutlich höher. Deutlich wird hier also eine unterschiedliche Aneignungslo-
gik: In Stadtteilen mit hohem Bildungsanteil findet eine Aneignung der Institutionen durch die Betrof-
fenen statt, während die Institutionen in schlechter gestellten Stadtteilen sich die Zielgruppe aneig-
nen müssen.
5.3.2 Zuständigkeits- und Ressourcenlogik
„Solange es um Geld geht und Zuständigkeiten und Gesetze … gibt es daraus folgend Handlungslogiken, die sich
oft mit dem Nachbaramt oder der Fachbehörde widersprechen.“
Eine weitere Schwierigkeit für das Übergangsmanagement bringen fehlende Ressourcen derjenigen
mit sich, die eine Bedarfslücke ggf. schließen könnten. Bedarfe, die das Sozialraummanagement er-
mittelt, können häufig aufgrund fehlender personeller oder finanzieller Ressourcen nicht ausreichend
gedeckt werden. „Das begegnet uns beispielweise bei den Bildungskonferenzen, weil natürlich sind
Akteure da, die auch neue Dinge ins Leben rufen würden, neue Aktivitäten entfalten würden und im-
mer sofort feststellen, ja, selbst wenn ich ein Flugblatt machen will, dann kostet es Geld, wer bezahlt
das denn überhaupt.“ Neben fehlenden Ressourcen kommen häufig Zuständigkeits- und Handlungs-
probleme hinzu. Vor allem in Zeiten der Haushaltskonsolidierung sei es eine besondere Herausforde-
rung, neue Wege zu gehen, „weil das Geld einfach nicht da ist.“ Dies betrifft auch die Verstetigung
von Projekten, die nach einer kurzen Laufzeit beendet werden. Für Nachhaltigkeit kann jedoch nur
dann gesorgt werden, wenn finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.
Die Zuständigkeitslogik tritt auch dann als Barriere auf, wenn es beispielsweise um den Bereich schu-
lische Bildung geht. Denn auch wenn es, wie beim Projekt „Lernen vor Ort“, eine Zusammenarbeit
mit der Bildungsbehörde gibt, liegen die tatsächliche Zuständigkeit und somit der Handlungsspiel-
raum in vielen Bereichen in der Hoheit der Bildungsbehörde, sodass eine starkes hierarchisches Ge-
fälle besteht. Auch inhaltlich gibt es oft sehr unterschiedliche Schwerpunktsetzungen, sodass die
einen bestimmte Bildungspläne ausarbeiten, die anderen hingegen auf das System Kinder und Eltern
blicken. „Und das geht da manchmal überhaupt nicht zusammen. Da scheitert der eine am andern.“
Insofern muss man Zuständigkeitslogiken aufbrechen, um eine wirksame Kooperation zu ermögli-
chen. Bemerkbar sei diese Schwierigkeit besonders im Übergang zwischen Kita und Schule, da beide
Systeme für sich operieren und häufig wenig Bereitschaft zeigen, miteinander zu kooperieren. Die
Kita fühlt sich nicht mehr zuständig, sobald es um das Thema Schule geht und umgekehrt ist die
Schule oft nicht bereit, sich um Belange zu kümmern, die den Kitabereich betreffen, was einem rei-
bungslosen Übergang häufig im Weg steht. Einige Befragte bemerken, dass es auch wenig inhaltli-
chen Austausch auf behördlicher Ebene zwischen der BASFI und der BSB gibt.
Auch die Verteilung finanzieller Ressourcen auf Basis von Sozialdaten des Sozialraummanagements
sehen viele Interviewte kritisch, weil Bezirke häufig um die finanzielle Zuwendung konkurrieren. Oft-
mals werden keine Ressourcen vor Ort berücksichtigt, die jedoch in das Übergangsmanagement mit
eingebunden werden müssen. Dabei kann es sich z.B. um ein generationenübergreifendes Wohnpro-
29
jekt mit Kinderbetreuung, eine private Elterninitiative oder gute familiäre Strukturen handeln, die
bestimmte von außen betrachtete Mängel dadurch ausgleichen können. „Das ist nichts, was man
systematisch per Statistik oder so was abbilden kann, sondern da muss man dann genau hingucken.
Und das ist etwas, was wir hier gar nicht einschätzen können, sondern das ist wirklich dann die
Kenntnis vor Ort. Und diese Kenntnis haben nur die, die wirklich vor Ort sind. Die wissen, welche Fami-
lien zu ihnen kommen und wie die Strukturen sind.“ Insofern darf die finanzielle Zuwendung nicht nur
von sozioökonomischen Daten abhängen, sondern muss gleichzeitig kleinräumliche Strukturen be-
rücksichtigen, die in statistischen Erhebungen nicht oder nur geringfügig auftauchen.
Als problematisch erachten viele Interviewte wirtschaftliche Eigeninteressen der Kitas, die eine Un-
terversorgung in bestimmten Regionen bedingen und zu Fehlanreizen führen. „Und da gibt es einfach
eine Unterversorgung in Stadtteilen oder Quartieren, wo eben Menschen leben, die eher weniger
berufstätig sind.“ Häufig werden höhere Kita-Gutscheine von den Kitaleitungen bevorzugt, sodass
beispielsweise Arbeitslose oder Eltern, die nur halbtags arbeiten, benachteiligt sind. „Beim Kita-
Gutscheinsystem war es schon immer rentabler, hohe Gutscheine anzunehmen und niedrige eher
nicht, weil das System so gestrickt ist. Mit niedrigen Gutscheinen, mit Halbtagsbetreung kann man
nicht gut Personal refinanzieren und auch keine qualitativ gute Personalausstattung herstellen in
Kitas.“ Dadurch sind aus einer sozialpolitischen Perspektive betrachtet bestimmte Bevölkerungs-
gruppen benachteiligt. Einige Interviewte sehen hier einen dringenden Handlungsbedarf und plädie-
ren z.B. für eine kostenfreie oder kostenreduzierte Betreuung für sozial benachteiligte Familien.
„Eine Forderung von uns ist immer gewesen, auch die Betreuung kostenlos zu machen für bestimmte
Bevölkerungsgruppen und das ist ja gar nicht hier vorgesehen, die ganze Staffelung und Härtefallan-
träge, also die Hürden sind einfach zu groß.“ Insofern müssen die Regelungen für eine Unterstüt-
zungsleistung im Kindertagesbetreuungssystem vereinfacht werden, sodass auch sozial benachteilig-
te Bevölkerungsgruppen den Weg in die Kita finden.
Um insgesamt den Anteil Kindertagesbetreuung bedarfsgerecht zu erhöhen, muss zu bestimmten
Bevölkerungsgruppen und Kulturen ein andrer Zugang gewählt werden, um das Thema frühkindliche
Bildung zu stärken. Häufig gäbe es, so die Interviewten, in Migrantenkreisen Berührungsängste mit
dem Thema „Fremdbetreuung“ und Vorbehalte gegenüber dem System Kita. „Und da müsste es viel
mehr Verbindung geben zwischen Kitas und dem Stadtteil in Richtung aufsuchende Sozialarbeit, wie
kann man niedrigschwellig eigentlich diese Familien erreichen, Orte schaffen, Räume schaffen, wo
darüber auch informiert werden kann in angemessener Art und Weise.“ Die Interviewten delegiert die
Verantwortung nicht allein in behördliche Hand, sondern fordern von den Kitas eine stärkere Öff-
nung und Vernetzung im Sozialraum. So müsste es mehr Kooperationen zu niedrigschwelligen Ange-
boten im Stadtteil geben, um bildungsferne und sozial benachteiligte Familien möglichst frühzeitig in
die Betreuung einzubinden. Viele Kitas sehen allerdings keine Notwendigkeit, sich im Stadtteil zu
integrieren, „die haben es einfach nicht nötig, sie müssen es nicht, die Eltern kommen und die, die am
schnellsten laufen, sind am ersten da und dann ist es gut.“ Gerade durch diese Einstellung gelingt es
bildungsfernen Familien nicht, den Weg in die Kita zu finden. Zwar kann der Impuls nicht allein von
den Kitas ausgehen, dennoch sollte die Bereitschaft für eine Kooperation im Sozialraum gestärkt
werden.
30
5.3.3 Mangelnde Koordination
„Es muss einen politischen Willen dahinter geben. Ansonsten funktioniert das nicht, ansonsten bleiben das klei-
ne Trägerkooperationen, die so auf direkten Zuruf laufen und in der Regel persönlich gestaltet werden und hier
auch ihre Berechtigung haben.“
Aus der eigenen Projekterfahrung erachten einige Interviewte es für notwendig, im Bereich des
Übergangs- und Schnittstellenmanagement eine politische Grundlage für die Arbeit zu haben. So gibt
es beispielsweise in anderen Kommunen Projekte, die direkt an das politische Organ des Oberbür-
germeisters angebunden sind und dadurch eine Verbindlichkeit erhalten. „Da steht jemand hinter,
das hat ein Label, das hat eine Signalwirkung.“ Die Befragten sind sich darüber einig, dass ein „Hü-
ter“, der „Programme aus einem Guss“ entwirft, zu einer verbindlichen und nachhaltigen Struktur
beitragen kann. Wenn sich niemand verantwortlich fühlt, werden neue Ideen und Initiativen oft nicht
umgesetzt. Allerdings fordern die Interviewten gleichzeitig eine höhere Eigenmotivation vieler Akteu-
re, wenn es beispielsweise um die Beteiligung an Netzwerktreffen geht. Hierarchien sind notwendig,
müssen jedoch im Sozialraum durch ein koordiniertes und kooperatives Miteinander ergänzt wer-
den. Dies gelingt nur dann, wenn die Strukturen der Vernetzung an die Voraussetzungen der Akteure
angepasst werden und nicht umgekehrt.
Als wichtig erachten die Interviewten vor allem eine gemeinsame Zielsetzung und ein koordiniertes
Vorgehen bei der Etablierung neuer Netzwerke, wie dies bei der Entwicklung der Präventionskette
erfolgt ist. Wichtig seien eine Bestandsaufnahme der bestehenden Netzwerkstruktur und deren Op-
timierung. Nur auf diese Weise kann vor Ort eine effektive Beratung und Versorgung der Zielgruppe
mittels einer Kette funktionieren. Zentraler Bestandteil sollte aus Sicht der Interviewten eine schrift-
liche Vereinbarung zwischen den Kooperationspartnern sein, die Verbindlichkeit schaffe und ein
gemeinsames Ziel definiere. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Entscheidungsfähigkeit
der Akteure. „Es bringt ja auch nichts, Stunden und Tage über irgendwas zu reden mit Menschen, die
dann gar nicht in der Lage sind, irgendwas auch zu entscheiden.“ Kompetenzen müssen somit ein-
deutig definiert sein. Eng damit verbunden ist der Gedanke ‚alle unter einem Dach‘, womit die Inter-
viewten nicht in erster Linie die räumliche Nähe, sondern das aufeinander abgestimmt Sein und eine
gegenseitige Kenntnis meinen. Nur wenn alle im Netzwerk auch voneinander wissen, kann erfolg-
reich von einer Hilfe in die andere verantwortlich übergeleitet werden, wie dies beispielsweise beim
Konzept „Frühe Hilfen“ durch Familienteams und Einrichtungen wie wellcome der Fall ist.
5.3.4 Wissenslücken
„Da bräuchten wir eine ganze Stelle, um da immer auf dem Laufenden zu sein, was gibt es in welchem Stadtteil,
für welche Zielgruppe, mit welchem Schwerpunkt und wie lange.“
Bedingung für eine kompetente Verweisberatung ist vor allem, dass die Einrichtungen im Hilfe- und
Unterstützungsnetzwerk voneinander wissen. Dieses Wissen ist aufgrund der stetigen Veränderung
des Netzwerkes durch die Beendigung und Neubeantragung von Projekten oftmals nicht gegeben. Es
handelt sich um ein Wissensdefizit in Bezug auf die Vielfalt des Hilfesystems, das Arbeitswege verlän-
gert und eine adäquate Hilfeleistung verhindert. Hinzukommt eine Tendenz zur Übervernetzung. „In
den Bezirken treten sich die Vernetzer schon auf die Füße, und es wird so viel vernetzt, dass keiner
mehr zum wirklichen Arbeiten kommt.“ Es besteht also ein hohes Bestreben zur Vernetzung, diese
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verläuft in den Augen der Interviewten jedoch sehr unkoordiniert und unsystematisch. Folglich leiten
sie für sich die Aufgabe ab, „genauer zu gucken, also nicht, ich bin überall dabei, sondern ich bin da-
bei, wo ich was bewirken kann, und wo sich für mich auch was tut.“ Es muss eine Akzentuierung
stattfinden, um die Qualität der Netzwerke zu stärken. Es fehlen klar zugeschnittene und präzise
Informationen, die zu einer schnellen Hilfe beitragen.
Nicht nur für die Hilfseinrichtungen, sondern auch für die Hilfesuchenden stellt die Unübersichtlich-
keit der Hilfsangebote ein Problem dar. So bemerken die Interviewten eine Informationsflut, die viele
Betroffene überfordere und wenig zielgerichtetes Wissen vermittle. Die Zukunftsvision ist eine ‚Hilfe
aus einer Hand‘, „damit man nicht irgendwie von Langenhorn nach Billstedt fahren muss und von da
aus nach Harburg und vielleicht noch mal in die Walddörfer, um dann irgendwie der Weisheit letzten
Schluss zu erlangen“.
5.3.5 Flexibilitätslücken
„Das, was die Kitas anbieten und das was die Arbeitgeber fordern zusammen mit dem, was für Mütter machbar
ist, das passt einfach manchmal an einigen Stellen nicht. Da wäre noch Bedarf.“
Ein weiteres Problem sehen die Interviewten in der fehlenden Flexibilität der Gesetzesauslegung
und der Ausrichtung von Maßnahmen und Regelungen an normalen Lebensläufen, die die Betroffe-
nen oft nicht aufweisen, „sondern die die Leute, die die Vorschriften machen, so im Kopf haben.“ Auf-
grund fehlender Ermessens- und Handlungsspielräume gibt es sehr viele Betroffene, die aus dem
System fallen und denen nicht geholfen werden kann. Vielen könnte geholfen werden, wenn Aus-
nahmeregelungen zugelassen werden. In den Augen der Interviewten werden die Vorschriften immer
kleinteiliger und komplizierter. Dann gibt es wiederum so genannte „Kann-Leistungen“, bei denen
der Ermessensspielraum größer ist, wenn es beispielsweise um ein zinsloses Darlehen für Frauen in
Teilzeitausbildung geht. Sobald beispielsweise eine Teilzeitausbildung begonnen wird, fallen die ALG-
II-Bezüge weg und die Auszubildenden erhalten Berufsausbildungsbeihilfe. Erst wenn der BAB-
Bescheid vorliegt, können beim Jobcenter ergänzende Leistungen für die Kinder beantragt werden.
Allerdings kann sich ein Sachbearbeiter auch gegen ein Darlehen aussprechen. „Da hingen dann eben
auch tatsächlich begonnene Ausbildungsverhältnisse schon am seidenen Faden, weil wir hier einen
Anruf bekommen haben, ich weiß jetzt nicht, wie ich nächste Woche irgendwie was zu essen bezahlen
soll, denn ich habe meine finanziellen Ressourcen aufgebraucht. Und deshalb sagen wir immer, das ist
die einzige Möglichkeit, die wir hier haben: Planen Sie das gut. Und wir vermitteln auch sehr, sehr
ungern kurzfristig in eine Teilzeitausbildung, weil das eben einen relativ langen Vorlauf benötigt.“
5.3.6 Kontinuität und Verlässlichkeit
„Man kann nur gut an Schnittstellen zusammenarbeiten, wenn man auch weiß, wer der Andere ist, nicht nur auf
dem Papier und aus den Leistungsbeschreibungen.“
Ein großes Thema in den Interviews ist die kurze Laufzeit vieler Projekte, die beispielsweise vom ESF
gefördert werden. Aufgrund der ständig wechselnden Struktur ist eine konstante Zusammenarbeit
untereinander nicht möglich. „Und das können wir uns natürlich nicht aussuchen, auch wenn es ein
tolles Projekt war, mit dem wir gut kooperiert haben, das interessiert in der Regel ja erst mal nieman-
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den, so, und das war’s dann. Und dann muss man was Neues auftun.“ Eine besondere Herausforde-
rung sehen die Interviewten darin, im jeweiligen Sozialraum, indem das Projekt angesiedelt ist, ein
Bewusstsein für die Notwendigkeit des Zusammenarbeitens zu erwecken. Häufig besteht von bezirk-
licher Seite die Einstellung, ein ESF-Projekt bringe dem Bezirk einen bestimmten Nutzen, sei also für
den Bezirk eingerichtet. So bestand beispielsweise bei HAnNe in Harburg die eigentliche Aufgabe des
Projektteams darin, ein Netzwerk aufzubauen und dieses zu koordinieren. Somit ist in diesem Fall
eine intensive Mitwirkung des Bezirkes und freier Träger vor Ort erforderlich, denn „hier wird die
eigentliche Arbeit ja von allen gemacht“. Somit müssen Bezirke stärker mit Projekten zusammenar-
beiten und eine hohe Eigenmotivation mitbringen, damit auch nachhaltige Strukturen über die Pro-
jektlaufzeit hinaus geschaffen werden können. Gelingt es nicht, nachhaltige Strukturen zu
ettablieren, geht wertvolles Know-How verloren, was die Interviewte als Ressourcenverschwendung
bezeichnet. Eine Möglichkeit besteht darin, dass jeder Teilnehmer eines Netzwerkes nach Beendi-
gung des Projektes mit dem neuen Wissen in seine alten Strukturen zurückkehrt, wodurch das Wis-
sen nicht ganz verloren geht, „es entwickelt sich nur nicht weiter.“
Hinderlich ist für eine gute Zusammenarbeit auch die hohe Fluktuation, die insbesondere in größe-
ren Institutionen wie Behörden herrscht. „Die Mitarbeiter werden zum Teil auch nur kurz geschult,
die können das auch gar nicht alles überblicken. Aber das ist eben für die Bewerberinnen von uns
manchmal eine ziemliche Katastrophe dann, weil sie plötzlich ohne Geld dastehen oder eben Dinge
nicht bewilligt bekommen, die vielleicht möglich wären.“ In Bezirken, in denen Projekte wie ‚Jobclub-
Soloturn‘ oder die ‚Infobörse für Alleinerziehende‘ ins Leben gerufen wurden, funktioniert die Zu-
sammenarbeit hingegen sehr gut. Besonders wenn Personen schon länger in einem Projekt oder in
einer Einrichtung arbeiten, klappen der Austausch und die Verweisberatung sehr reibungslos. „Gut ist
es eben immer, wenn da feste Personen sind, Ansprechpersonen für dieses Thema, die auch über ei-
nen längeren Zeitraum da sind.“
Kontinuität schafft jedoch nicht nur Verlässlichkeit und eine gute Arbeitsstruktur unter den Hilfsein-
richtungen. Auch für die Betroffenen ist eine Vertrauensbasis aus Sicht der Interviewten von zentra-
ler Bedeutung. „Es ist auch so, dass Betroffene Schwierigkeiten damit haben, wenn sie immer auf
verschiedene Leute treffen. Man hat ja mit Menschen zu tun, da geht’s auch um Vertrauen.“ Somit ist
eine personelle Konstanz unumgänglich, da sich erst aus dem gegenseitigen Kennenlernen über ei-
nen längeren Zeitraum hinweg beständige Kooperations- und Vertrauensstrukturen entwickeln kön-
nen. Herrscht dennoch eine hohe Fluktuation vor, muss sichergestellte werden, dass Wissensbestän-
de weitergegeben werden und somit nachhaltige Strukturen der Zusammenarbeit geschaffen wer-
den.
5.4 Wahrgenommene Kooperationslücken
Die obigen Problemstellungen verweisen auf bestehende Kooperationslücken an unterschiedlichen
Bildungsübergängen. Nicht selten sind die aufgezeigten Defizite der Zusammenarbeit miteinander
verschränkt. Wenn zu wenig Wissen ausgetauscht wird, können Informationen nicht fließen, sodass
möglicherweise auf die Bedarfe der Zielgruppe nicht adäquat reagiert werden kann. Im Folgenden
werden konkrete Kooperationslücken aufgezeigt, die von den Befragten artikuliert werden. Auch die
Netzwerkanalyse hat erste Hinweise auf fehlende Kooperationen ermöglicht.
33
Regionale Bildungskonferenzen:
Die Regionalen Bildungskonferenzen sind aus unserer Sicht ein Instrument des Erfahrungs- und In-
formationsaustausches. Aufgrund der inhaltlichen Steuerung durch die BSB sowie die Bezirksämter
besteht vor allem eine Verbindung zu schulischen sowie Kita-Vertretern. In den Interviews mit der
BASFI haben die RBK hingegen kaum Erwähnung gefunden, was vermutlich daran liegt, dass sie an
der Konzeption nicht beteiligt ist. Auch befragte Beratungseinrichtungen haben wenig Beteiligung an
den RBK signalisiert. Gleichzeitig geht aus vielen Interviews die Notwendigkeit einer Informations-
plattform hervor, um Wissen auszutauschen und sich einen Überblick über das Hilfesystem zu ver-
schaffen.
Unser Eindruck ist, dass ein bereits etabliertes Instrument wie die RBK ausgebaut werden kann, um
eine derartige Vernetzung herzustellen. Da nach Angaben der Interviewten die RBK je nach Bezirk in
Qualität und Frequentierung stark variieren, müsste es möglicherweise einheitliche Qualitätsstan-
dards geben. Eventuell wäre auch eine direkte Zusammenarbeit der beiden Behörden BSB und BASFI
im Bereich RBK wichtig, um über die BASFI neue Kooperationspartner in die RBK zu holen, die von
ihrer Zuständigkeit weniger dem Thema Bildung zugeordnet sind (z.B. EKIZ), sondern andere Themen
fokussieren. Eine Interviewte bedauert, dass eine Evaluation der RBK gezeigt hat, dass es „keine neu-
en Kooperationen oder verbindliche Absprachen gibt, irgendetwas in diesen Konferenzen, wo für diese
Region, für diesen Stadtteil was Neues entwickelt wird. Und das war ja eigentlich das ursprüngliche
Ziel, dass man sich die Bildungsangebote anguckt, dass man da auch wieder Lücken erkennt und dass
man sich erst mal kennenlernt, auch niedrigschwellig.“ Die Bereitschaft zur Beteiligung an der RBK
scheint da zu sein, allerdings deutet das Zitat zum einen auf eine resignierte Haltung gegenüber den
bisherigen Erfolgen hin. Gleichzeitig verweist es auf eine gewisse Passivität im Umgang mit ausge-
bliebenen Erfolgen. Die Verantwortlichkeit wird an andere delegiert, die für die RBK verantwortlich
sind. Eventuell muss aber genau an dieser Stelle angesetzt werden und bei allen beteiligten Akteuren
das Bewusstsein der Verantwortlichkeit geweckt werden, um gemeinsam verbindliche und effektive
Verabredungen auf den RBK zu etablieren.
Eltern-Kind-Zentren:
Eltern-Kind-Zentren (EKIZ) sind zwar in Hamburg flächendeckend aktiv, aus den Interviews geht je-
doch hervor, dass nur wenige Befragte tatsächlich mit ihnen zusammenarbeiten, obgleich sie in den
Interviews als relevante Schnittstellenakteure wahrgenommen werden. „Die Eltern-Kind-Zentren, die
von den Ressourcen her es dann wiederum auch erlauben, nicht nur die Gutschein-Kinder zu betreuen,
sondern auch für Familien, für Eltern und auch für Kinder, die noch gar keinen Gutschein haben oder
den vielleicht auch gar nicht wollen, da Angebote zu schaffen. Dass sich Kitas so ein bisschen weiter
entwickeln, hier sind es Eltern-Kind-Zentren oder Familienzentren, das fände ich sinnvoll.“ Allerdings
benennen Lediglich die KWB/ Worklife, HAnNe und Artis eine direkte Kooperation mit den EKIZ, die
BASFI ist mit der finanziellen Zuwendung und konzeptionellen Betreuung beauftragt. Aus dem obigen
Zitat geht eine niedrigschwellige Anlaufstelle für Familien hervor, die über das offene Angebot in EKIZ
ermöglicht wird. Je nach Sozialraum unterscheidet sich das Angebot und orientiert sich nach Anga-
ben der Interviewten an den Bedarfen vor Ort. So kann es durchaus vorkommen, dass auch Themen
diskutiert und Angebote bereitgestellt werden, die über den Übergang Familie-Kita hinausgehen und
beispielsweise den Übergang Elternzeit-Wiedereinstieg betreffen. In diesem Fall wäre es wichtig,
dass auch Akteure mit den Eltern-Kind-Zentren zusammenarbeiten, die beispielsweise Alleinerzie-
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hende oder Arbeitslose betreuen. In diesem Fall könnte auch eine Verweisberatung aus dem Sozial-
raum in das Hilfesystem sichergestellt werden, wenn z.B. eine alleinerziehende Mutter im EKIZ er-
fährt, an welche Hilfseinrichtung sie sich wenden muss, die möglicherweise nicht vor Ort, sondern in
einem ganz anderen Stadtteil gelegen ist.
Gerade aufgrund der Stadtstaatstruktur finden sich viele Einrichtungen, die eine bestimmte Zielgrup-
pe fokussieren, nur in einzelnen Stadtteilen, sodass Betroffene oft aufgrund der Distanz keinen Zu-
gang zu bestimmten Angeboten haben. Diese räumliche Distanz kann durch ein bereitgestelltes Wis-
sen kompensiert werden. Dazu sind jedoch Kooperationen aus den unterschiedlichen Sozialräumen
zu den sozialraumübergreifenden operativen Einrichtungen notwendig (z.B. VAMV). So fällt auf, dass
einige Einrichtungen insbesondere im jeweiligen Sozialraum ein dichtes Kooperationsnetz aufweisen,
eine übergreifende Struktur jedoch manchmal fehlt, die eine kompetente Verweisberatung ermögli-
chen würde.
Frühe Hilfen/ Schwangerenberatungsstellen/ Familienhebammen:
Familienhebammen, Frühe Hilfen sowie Schwangerenberatungsstellen haben einen direkten Kontakt
zu den Familien und lernen sie intensiv kennen. Anderen Institutionen fehlt hingegen der direkte
Kontakt zur Zielgruppe und aus Datenschutzgründen können sie von Dritten keine Informationen
erhalten. So wäre es denkbar, dass z.B. Familienhebammen mit anderen Organisationen (z.B. Jobcen-
ter) intensiver zusammenarbeiten, um „Wissenslücken zu schließen, die dann mitunter gefährlich fürs
Kind werden können“. Anhand der Analyse des Netzwerkes ist eine relative Randpositionierung von
Hilfseinrichtungen und -initiativen, die Familien vor und unmittelbar nach der Geburt eines Kindes
begleiten. Allerdings lässt sich oft bereits durch einen frühen Blick in die Umgebung eines Kindes
erkennen, welche Voraussetzungen für einen guten Übergang in die frühkindliche Bildung gegeben
sind. Je früher eine mögliche Hilfe ansetzt, desto schneller kann etwaigen Risiken vorgebäugt wer-
den. Ebenfalls lässt sich der Übergang von der Familienzeit in den beruflichen Wiedereinstieg mögli-
cherweise effektiver planen, wenn möglichst frühzeitig damit begonnen wird. Gerade operative Ein-
richtungen und Initiativen, die Familien sehr intensiv zuhause begleiten, sind in der Lage, Probleme
zu erkennen und Hilfe anzubieten. Allerdings bedarf es dafür zum einen ein stabiles Verweisnetzwerk
und zum anderen das Wissen um diese Einrichtungen bei anderen operativen und konzeptionellen
Organisationen.
Förderung ehrenamtlicher Strukturen:
Einige der Befragten arbeiten ehrenamtlich und sind daher in besonderem Maße auf Unterstützungs-
leistungen angewiesen. „Was die Förderung von ehrenamtlichen Strukturen angeht, gerade in Bezug
auf ‚Frühe Hilfen‘, da müsste viel mehr gemacht werden. (…) Auch von der Bundesinitiative, da ist die
Stärkung des Ehrenamts wirklich die dritte Säule und das hat Hamburg hier einfach nicht wahrge-
nommen.“ In vielen Bereichen ist ehrenamtliches Engagement nicht selbstverständlich, wird aber
dennoch von den Akteuren geleistet. „Wir haben auch ganz engagierte Partner, also gerade hier so
aus dem Margaretenhort, aus dem Jobcenter, da sind zum Teil echt Ehrenamtliche drin, neben ihrer
Arbeitszeit. Also das ist für mich wirklich hochgradig engagiert, was so Einzelne da leisten, weil sie das
Thema so toll finden.“
35
Jugendamt:
Viele der Befragten äußern den Wunsch, intensiver mit den jeweiligen Jugendämtern vor Ort zu-
sammenzuarbeiten, um über die Belange der Kinder besser informiert zu sein. Viele betrachten das
Thema Übergänge überwiegend als ein Kinderthema, sodass die Kooperation mit dem Jugendamt
eine zentrale Bedeutung erlangt.
Kooperation mit Ärzten im Sozialraum:
Ärzte sind ein wichtiger Schnittstellenakteur, da sie sowohl in der Kita und Schule mitwirken, gleich-
zeitig einen direkten Kontakt zur Zielgruppe haben. Einige Befragte äußern jedoch die Schwierigkeit,
Ärzte für ihre Veranstaltungen und Belange zu gewinnen. „Ärzte direkt zu erreichen, die in ihre Praxen
eingebunden sind, ist schwierig für uns. Wir können natürlich über unseren Weg mit den Kammern
und einzelnen Interessenvertretungen reden.“ Möglicherweise ist es auch hier erforderlich, andere
Zugangswege zu wählen und eine andere Art der Beteiligung am Netzwerk zu etablieren.
LEA/ BEA:
Auffällig ist eine sehr geringe Vernetzung der Interviewpartner mit dem LEA und den BEAs. Lediglich
die Elbkinder sowie die BASFI benennen eine direkte Zusammenarbeit. Bei den Kitaträger liegt eine
Verbindung nahe, doch auch andere Akteure könnten die Zusammenarbeit möglicherweise intensi-
vieren, da über den LEA ein indirekter Zugang zur Zielgruppe der Eltern und damit zu einem zentralen
Akteur in den frühkindlichen Bildungsübergängen (v.a. Familie-Kita) gewährleistet wird. Als Interes-
sensvertretung der Eltern im Bereich Kindertagesbetreuung werden auf bezirklicher Ebene Informa-
tionen über Probleme und Anregungen zu Lösungsansätzen diskutiert, sodass indirekt dort auch die
Bedürfnisse und Erwartungen der Eltern einfließen, worauf bestimmte Einrichtungen reagieren kön-
nen. Somit sehen wir in der Kooperation mit dem LEA/ BEA durchaus Potential für das Schnittstel-
lenmanagement.
Mütterberatung/ Mütterzentren:
Die Mütterberatung wurde in den Interviews und auch im Werkstattgespräch als wichtiger Akteure
betont. Die Netzwerkanalyse zeigt hingegen eine randstellige Bedeutung. Lediglich Wellcome und die
KWB nennen eine explizite Zusammenarbeit. Wenn Mütterberatungsstellen als relevante Akteure
identifiziert werden, muss die Zusammenarbeit ausgebaut werden. Sie bieten einen niedrigschwelli-
gen Zugang zur Zielgruppen und können somit als Türöffner fungieren.
Mehrgenerationenhäuser:
Mehrgenerationenhäuser zeichnen sich durch die Integration unterschiedlicher Altersgruppen aus
und bilden darüber einen Ort, an dem niedrigschwellige Hilfsangebote greifen können. Ähnlich wie
die Mütterberatung werden Mehrgenerationenhäuser nur selten als Kooperationspartner genannt,
obwohl eine Zusammenarbeit erstrebenswert ist.
36
Schulen:
Schulen sind ein zentraler Schnittstellenakteur, der auch von vielen Akteuren des Hilfe- und Über-
gangssystems angesteuert wird. Insbesondere für den Übergang in die Schule sind sie für Kitas, aber
auch für die BSB, das LI oder andere Einrichtungen ein wichtiger Akteur. Aus den Interviews geht die
Bedeutung der Zusammenarbeit mit Schulen im Sozialraum eindeutig hervor. Allerdings betonen
viele Befragte gleichzeitig eine große Schwierigkeit, mit Schulen in Kontakt zu kommen. Sie sind ein
wichtiger Partner, zu dem der Zugang jedoch häufig erschwert ist. So meint eine der Interviewten, sie
„hätte gern Schule im Boot gehabt“, allerdings habe es von schulischer Seite keine Bereitschaft zur
Kooperation gegeben. Auch aus Sicht der freien Wohlfahrtspflege ist eine Zusammenarbeit mit Schu-
len häufig nicht gegeben. So sei es z.B. schwierig, Schulen für Veranstaltungen zum Thema GBS zu
gewinnen. „Wir haben mal zu diesem ‚GB plus 6‘ eine große Fachveranstaltung gemacht und dann
haben wir uns bemüht, auch Schulen mit einzuladen, aber das ist echt unmöglich, das geht irgendwie
nicht, ich weiß nicht, wieso.“ Andere stellen eine Eigendynamik und Geschlossenheit des Systems
Schule gegenüber anderen Akteuren fest. „Die reagieren vielleicht auch eher aus ihrem eigenen Um-
feld auf Einladungen usw. Das ist echt nicht so einfach, da irgendwie zueinander zu kommen.“ Wenn
der Bedarf der Zusammenarbeit geäußert wird, müssen andere Wege des Zugangs gefunden werden,
um den Schulen den Anreiz einer Kooperation zu geben. Das können etwa inhaltliche Schwerpunkt-
setzungen sein, die auch für die Schulen eine Zusammenarbeit erfordern.
Sportvereine:
Sportvereine werden von einigen Interviewpartnern als Schnittstellenakteure identifiziert, die für die
beiden ersten Bildungsübergängen wichtig sind. „Sportvereine haben ja gerade eine ganz wichtige
Bedeutung, ganztagsmäßig oder kitamäßig Kooperationen zu schließen, müssen eigentlich ihr ge-
wohntes Turnhallen- und Sportplatzsetting verlassen und sich öffnen in andere Settings rein, das ist
ein ganz wichtiger Punkt.“ In Sportvereinen kommen sozialstrukturell betrachtet sehr unterschiedli-
che Personengruppen zusammen, sodass auch hier das Thema Bildung stark gemacht werden kann.
Unternehmen als wichtiger Partner
In den Interviews ist durchgängig deutlich geworden, dass auch Unternehmen hochgradig über-
gangsrelevante Akteure sind, allerdings ist der Zugang zur freien Wirtschaft oftmals erschwert, so-
dass wenig Kooperation besteht, wenn es beispielsweise um die Vermittlung in den beruflichen Wie-
dereinstieg geht. Somit können auch die Rahmenbedingungen der Berufstätigkeit nicht hinreichend
diskutiert werden, wenn es beispielsweise um das Thema Kinderbetreuung geht. Hier könnte eine
Verschränkung der Übergänge stattfinden, was jedoch aufgrund mangelnder Kooperationswege
nicht erfolgt. Die Vernetzung und Kooperationen in den öffentlichen Strukturen sind zwar eine wich-
tige Voraussetzung für das Gelingen der Übergänge, aber nicht allein dafür entscheidend.
Zusammenarbeit zwischen BASFI und Sozialraum/ Bezirken:
In den Interviews kommt eine mangelnde Zusammenarbeit zwischen der BASFI und den Bezirksäm-
tern, v.a. dem Fachamt Sozialraummanagement zum Ausdruck. „Ich würde mir selbst noch mehr Kon-
takte zum Sozialraummanagement und zur Wirtschaftsförderung in den Bezirken wünschen. Das ha-
ben wir auch so ein bisschen im Blick, weil es auch wichtig ist, dass man auch weiß, was vor Ort es
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dort für Initiativen gib, die man auch nutzen kann.“ Andere Beschreiben das Verhältnis zwischen Be-
hörde und Bezirk teilweise auch als Konkurrenzverhältnis. Unterschiedliche Zuständigkeiten und Inte-
ressen stehen einer reibungslosen Zusammenarbeit im Weg, die jedoch von zentraler Bedeutung ist,
da nur auf diese Weise der Informationsfluss vom Sozialraum in die Behörde als Steuerungsinstanz
funktionieren kann.
5.5 Exkurs: Alleinerziehende im Übergangssystem
Einige der Interviewparten können bedingt durch ihre Arbeitsweise einen besonderen Blick auf das
Hilfesystem für Alleinerziehende werfen und sehen zahlreiche Lücken aus der Perspektive ihrer Klien-
ten, die noch nicht hinreichend berücksichtigt werden. Auffällig ist, dass die Bildungsübergänge für
die Zielgruppe der Alleinerziehenden in besonderem Maße verschränkt sind. Nur wenn eine adäqua-
te Kinderbetreuung gewährleistet ist, können Alleinerziehende ihren Beruf wieder aufnehmen oder
sich nach einer neuen Arbeitsstelle umsehen. Doch bereits beim Thema Kinderbetreuung ergeben
sich zahlreiche Schwierigkeiten für die Betroffenen. So beklagen die Interviewten eine fehlende
Randzeitenbetreuung und Flexibilität in den Kitas bei gleichzeitiger Forderung von flexiblen Arbeits-
kräften von Arbeitgeberseite, sodass die Berufstätigkeit selten mit den Betreuungszeiten vereinbar
ist. Ein weiteres Problem ergibt sich aus dem unregelmäßigen Betreuungsbedarf vieler Alleinerzie-
hender. Eine der Interviewten zieht folgende Schlussfolgerung: „Das, was die Kitas anbieten und das
was die Arbeitgeber fordern zusammen mit dem, was für die Mütter machbar ist, das passt einfach
manchmal an einigen Stellen nicht. Da wäre noch der Bedarf.“
Was viele Befragte weiterhin feststellen, ist ein fehlendes oder falsches Bewusstsein der Alleinerzie-
henden-Thematik in der Öffentlichkeit. Um dieser Zielgruppe eine bedarfsgerechte Hilfe anbieten zu
können, müsste in der Gesellschaft sowie speziell in den beteiligten Hilfseinrichtungen ein Bewusst-
sein für die Problemlagen und Herausforderungen von Alleinerziehenden geschaffen werden, „dass
man es eben überall immer wieder anbringt und guckt, okay, was kann diese oder jene Institution
noch tun, um diesen besonderen Bedürfnissen eben gerecht zu werden“. Häufig herrscht in der Öf-
fentlichkeit nach wie vor das stigmatisierende Bild der arbeitslosen Alleinerziehenden mit Hartz IV-
Bezug vor. „Sie sind zwar im Arbeitslosengeld II öfters als andere Gruppen, aber die überwiegende
Zahl der Alleinerziehenden arbeitet und die verdienen ihr Geld alleine, aber das geht häufig leider in
der Diskussion ganz und gar verloren, was ich nicht so gut finde.“ Dementsprechend muss sich das
Hilfesystem an die Bedarfe der Zielgruppe anpassen und Strukturen schaffen, die es Alleinerziehen-
den ermöglichen, erfolgreich in den Beruf zurückzukehren oder einen neue Berufstätigkeit aufzu-
nehmen.
Häufig müssen Alleinerziehende allerdings zunächst andere Probleme bewältigen, bevor sie sich um
eine Berufstätigkeit kümmern und die Bildungsübergänge meistern können. So geht es meist auch
darum, eine neue Wohnung zu finden, wenn eine aktuelle Trennung vorliegt. Eine der Befragten be-
klagt hier eine fehlende Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft. „Man wird immer verwiesen,
die SAGA, GWG anzurufen oder dergleichen, die ganzen Genossenschaften, das haben wir alles schon
dreißig Mal hinter uns. Die haben aber alle nichts.“ Hilfreich wären daher für Einrichtungen wie den
VAMV Kontakte zu Privatpersonen oder öffentlich gefördertem Wohnraum.
Schwierig wird es für Alleinerziehende auch in Notfallsituationen, wenn beispielsweise ein Kranken-
hausaufenthalt notwendig ist. Der ASD übernimmt zwar in der Regel die Kosten für eine Betreuungs-
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person, allerdings wird von den Betroffenen erwartet, dass sie sich diese Person eigenständig su-
chen. „Aber dann muss die Frau, die ja eigentlich krank ist und vielleicht schon auf einem halbgepack-
ten Koffer sitzt, die muss dann noch was organisieren, die vielleicht auch im Arbeitsverhältnis steht
und dann trotzdem einen Notfall hat.“ Hier fehlt eine Zusammenarbeit zwischen ASD und möglichen
Betreuungspersonen, um den Betroffenen die ohnehin erschwerte Situation zu erleichtern.
6. Handlungsempfehlungen für das Schnittstellenmanage-
ment
6.1 Bedarfs- und Zielgruppenorientiertes Handeln
Um das Hilfesystem zu optimieren, sollten die Bedarfe und Bedürfnisse der Zielgruppe stärker be-
rücksichtigt und in die Arbeit integriert werden. Zwar analysiert etwa das Sozialraummanagement
bereits soziodemographische Daten in den einzelnen Bezirken, doch sind auch aktive Formen der
Partizipation denkbar, um insbesondere auch die Hilfe zur Selbsthilfe zu stärken. Das Wissen über die
sozialen Lagen und Probleme der Zielgruppe sind eine Grundvoraussetzung für ein wirksam greifen-
des Schnittstellenmanagement. Darüber hinaus sollte jedoch die Zielgruppe ganz bewusst am Über-
gangsmanagement beteiligt werden.
Wichtig sei ferner, die Holschuld der Betroffenen aufzubrechen und mehr Service anzubieten, da
viele Hilfesuchende oftmals den Weg in Behörden oder Beratungseinrichtungen scheuen. Wenn bei-
spielsweise in einem Eltern-Kind-Zentrum festgestellt wird, dass die Eltern nicht zum Jobcenter ge-
hen, kann die Überlegung angestellt werden, eine Sachbearbeiterin des Jobcenters in das EKIZ zu
holen, um einen Erstkontakt herzustellen und Hemmungen abzubauen. Das Hilfesystem sollte neben
der Verweisberatung und der Beratung also auch andere Angebote bereitstellen, die
niedrigschwellige Hilfe garantieren und zugleich Berührungsängste abbauen.
Um die Zielgruppe zu erreichen, muss in bestimmten Situationen und Problemlagen ein anderer Zu-
gang gewählt werden als bisher. Um z.B. den Anteil an Kindertagesbetreuung bedarfsgerecht zu er-
höhen, muss das Thema frühkindliche Bildung bei bestimmten Bevölkerungsgruppen zunächst ge-
stärkt werden. Häufig gäbe es, so die Interviewten, z.B. in Migrantenkreisen Berührungsängste mit
dem Thema „Fremdbetreuung“ und Vorbehalte gegenüber dem System Kita. „Und da müsste es viel
mehr Verbindung geben zwischen Kitas und dem Stadtteil in Richtung aufsuchende Sozialarbeit, wie
kann man niedrigschwellig eigentlich diese Familien erreichen, Orte schaffen, Räume schaffen, wo
darüber auch informiert werden kann in angemessener Art und Weise.“ Die Interviewten delegieren
die Verantwortung nicht allein in behördliche Hand, sondern fordern von den Kitas eine stärkere
Öffnung und Vernetzung im Sozialraum. So müsste es mehr Kooperationen zu niedrigschwelligen
Angeboten im Stadtteil geben, um bildungsferne und sozial benachteiligte Familien möglichst früh-
zeitig in die Betreuung einzubinden. Viele Kitas sehen nach Angaben der Interviewten allerdings kei-
ne Notwendigkeit, sich im Stadtteil zu integrieren, „die haben es einfach nicht nötig, sie müssen es
nicht, die Eltern kommen und die, die am schnellsten laufen, sind am ersten da und dann ist es gut.“
Gerade durch die wirtschaftliche Orientierung der Kindertagesstätten gelingt es bildungsfernen Fami-
lien nicht, den Weg in die Kita zu finden. Zwar kann der Impuls nicht allein von den Kitas ausgehen,
dennoch sollte die Bereitschaft für eine Kooperation im Sozialraum gestärkt werden.
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Die Unterscheidung zwischen konzeptionell und operativ arbeitenden Organisationen impliziert fer-
ner ein Ungleichgewicht zwischen den Akteursgruppen. Da die konzeptionell arbeitenden Organisa-
tionen über weitgehende Entscheidungsbefugnisse (Zuwendungen) verfügen und strukturbildend auf
das Entscheidungs- und Unterstützungsnetzwerk wirken, ist die Zusammenarbeit z.T. durch Abhän-
gigkeitsverhältnisse gekennzeichnet. Das von uns untersuchte Netzwerk charakterisiert sich folglich
durch Machtrelationen, welche sich in Bezug auf eine Zusammenarbeit störend auf eine inhaltliche
Fokussierung auf Übergangsproblematiken der Zielgruppe auswirken kann. Somit müssen Machtge-
füge an bestimmten Stellen aufgebrochen werden, um ein erfolgreiches Übergangsmanagement zu
ermöglichen.
6.2 Entwicklung eines einheitlichen Beratungspfades
In den Interviews ist deutlich geworden, dass es selbst bei gleicher Problemlage eines Ratsuchenden
keinen einheitlichen Beratungspfad gibt. Die Empfehlungen der unterschiedlichen Interviewpartner
waren dabei sehr verschieden und z.T. sogar widersprüchlich. Besonders auffällig war, dass die ge-
setzlichen Regelungen des Kita-Gutschein-Systems, speziell die Bedingungen für den Erhalt eines
Kita-Gutscheins, jeweils unterschiedlich beschrieben wurden. Offensichtlich herrschen Wissens- und
Informationslücken zum Kita-Gutscheinsystem, die eine kompetente und ganzheitliche Beratung im
Übergang Familie-Kita und damit Elternzeit-Beruf erschweren. Nicht nur das Wissen der Einrichtun-
gen ist also entscheidend, sondern auch ein einheitliches Wissen über die gesetzlichen Vorgaben und
Prozesse. So könnten beispielsweise für typische Fallarten des Übergangs „best practice“-
Empfehlungen entwickelt werden.
6.3 Wissen als Kooperationsgrundlage
Das Wissen von und übereinander stellt eine wichtige Grundlage für das Gelingen der Übergänge dar.
Wie aus den Interviews hervorgeht, fehlen klar zugeschnittene und präzise Informationen, die zu
einer schnellen Hilfe beitragen. Insofern wäre eine interaktive Plattform wichtig, die einen aktuellen
Überblick über vorhandene Hilfseinrichtungen bietet. Nur so kann vermieden werden, dass Akteure
zwar ihre bestehenden Kontakte intensivieren, jedoch keine neuen Kooperationspartner finden und
sich folglich die Struktur des Hilfesystems nicht weiterentwickeln kann. Denkbar wäre etwa die Ent-
wicklung einer dynamischen Aktualisierung der Informationen zum Hilfe- und Unterstützungsnetz-
werk. Auch die Abbildung von Beratungsverläufen nach dem Vorbild von HAnNe kann für die Bera-
tungseinrichtungen selbst hilfreich sein. Hier können sie einsehen, welchen Beratungsweg die oder
der Betroffene bereits gegangen ist, um darauf aufbauend eine sinnvolle und dem Fall entsprechen-
de Anschlussberatung zu gewährleisten. Um etwa bestehende Kooperationslücken zu beheben ist es
zudem notwendig, diese offen darzulegen und zu kommunizieren. So können beispielsweise offen-
sichtliche „Verweissackgassen“ vermieden werden, indem man Anfragen außerhalb der eigenen Zu-
ständigkeit vermerkt und somit auf fehlgeleitete Beratungspfade aufmerksam macht.
40
6.4 Etablierung einer Lotsenfunktion
Über das alleinige Wissen hinaus erscheint es hilfreich, wenn die Einrichtungen im direkten Aus-
tausch miteinander stehen, so dass Hilfebedürftige nicht nur verwiesen, sondern in die nächste Hilfe-
instanz begleitet werden. So kann eine Anschlussberatung besonders dann effektiv sein, wenn ein
Austausch zu vorherigen Hilfesystemen besteht. Dies bedeutet, dass die Schnittstellen zwischen den
Einrichtungen so gestaltet werden, dass hilfesuchende Familien nicht nur verwiesen, sondern in die
entsprechenden Organisationen begleitet werden. Da die einzelnen Einrichtungen eine Begleitung
aufgrund fehlender personeller und zeitlicher Ressourcen jedoch oft nicht gewährleisten können,
wäre es notwendig, eine Lotsenfunktion in den Organisationen zu etablieren, die in ihrem Selbst-
verständnis über die eigenen Grenzen hinaus agieren müssten.
6.5 Qualitätsentwicklung der Vernetzung
Netzwerke müssen wachsen, dürfen dies aber nicht unkontrolliert tun. Vielmehr ist eine dauerhafte
Qualitätsentwicklung und -kontrolle unumgänglich. Nur auf diese Weise kann sichergestellt wer-
den, dass ineffiziente Strukturen durch tragfähige Kooperationen ersetzt werden. Dabei geht es vor
allem um die Absicherung verlässlicher und nachhaltiger Strukturen durch schriftliche Vereinbarun-
gen oder so genannte „Pakte“. Kooperationsvereinbarungen wurden von den Interviewten als klarer
Kooperationsvorteil angesehen, der Verbindlichkeit und Verlässlichkeit unter den Organisationen
schafft.
6.6 Förderung verteilter Netzwerkstrukturen
Wie die Netzwerkanalyse gezeigt hat, ist das untersuchte Netzwerk eher dezentral organisiert. Es
finden sich einige Organisationen, denen eine wichtige Verteilerfunktion zukommt. Um den Informa-
tionsfluss zwischen den Akteuren zu optimieren, ist die Etablierung verteilter Netzwerkstrukturen
hilfreich, die dafür sorgt, dass auch die randständigen Organisationen effektiver in die Kooperation
eingebunden werden. So könnte es beispielsweise Signalinitiativen der Vernetzung geben wie etwa
die Regionalen Bildungskonferenzen, auf denen ein Wissensaustausch stattfindet.
6.7 Stärkung bestehender Ressourcen und Initiativen
Nicht immer ist es notwendig, neue Wege zu gehen. Wie die Darstellung der erfolgreichen Koopera-
tionen gezeigt hat, gibt es im Hamburger Übergangssystem zahlreiche Praxisbeispiele, die als „best
practice“ fungieren. Viele Organisationen verfügen bereits über ein umfangreiches Wissen über die
Bedarfe der Zielgruppe oder arbeiten aus einer Eigeninitiative heraus mit wichtigen Schnittstellenak-
teuren zusammen, sodass diese Ressourcen möglicherweise ausgebaut werden können. Das sozial-
räumliche Denken ist hier besonders entscheidend, da sich oftmals vor Ort Strukturen bilden, die nur
auf dieser Ebene wirksam und effektiv sind, von vielen Akteuren jedoch nicht wahrgenommen wer-
den.
41
7. Fazit
Die Organisations- und Schnittstellenanalyse hat die These der Verschränkung der drei untersuchten
Bildungsübergänge bestätigt. Die Organisationen und Beratungsstellen der Befragung arbeiten größ-
tenteils mit ein und derselben Zielgruppe, allerdings ergibt sich aufgrund des hohen Spezialisierungs-
grades ein fokussierter Zuschnitt auf einen Ausschnitt der Gesamtzielgruppe. Dies wiederum hat zur
Folge, dass die Verschränkung der Übergänge zwar inhaltlich gegeben ist, konzeptionell und operativ
hingegen nicht oder nur teilweise umgesetzt wird. Insbesondere operativ arbeitende Einrichtungen,
die einen direkten Kontakt zur Zielgruppe besitzen wie etwa die Eltern-Kind-Zentren oder Beratungs-
einrichtungen für Alleinerziehende können umfassend auf die Gesamtproblematik der Hilfesuchen-
den reagieren und neben dem eigenen Zuständigkeitsbereich auch Nachbarbereiche ansteuern. Eine
Vernetzung zwischen operativen und konzeptionellen Organisationen ist somit von besonderer Be-
deutung. Im Sozialraum sind hingegen Initiativen der operativen Akteure untereinander besonders
wichtig, um kleinräumlich Hilfe anbieten zu können. Die bereits bestehenden und erfolgreich agie-
renden Praxisbeispiele bestätigen diese These und deuten auf Potentiale hin, die etwa in Form von
‚best practice‘ genutzt werden können. Dafür bedarf es allerdings eines optimierten Wissensmana-
gements, um einerseits das Wissen aus den bereits bestehenden Kooperationen zu kommunizieren
und dadurch andererseits das Netzwerk tragfähig zu machen und zu erweitern.
Ein zentraler Aspekt der Datenanalyse besteht im Zielgruppenbezug, der durch die von uns erhobe-
nen Daten nur teilweise gegeben ist. Viele Interviewpartner signalisieren ein großes Interesse daran,
die Zielgruppe stärker in die Arbeit einzubeziehen. In diesem Fall wäre eine Anschlussuntersuchung
denkbar, die genau diese Perspektive in den Fokus der Betrachtung rückt und von der Zielgruppe
ausgehend nach Potentialen und Lücken des Kooperationsnetzwerkes fragt. Eventuell ergeben sich
Unterschiede zwischen der Innen- (Akteure im Netzwerk) und Außenperspektive (Zielgruppe) auf das
Hamburger Übergangssystem, die wiederum genutzt werden können, um die Struktur des Netzwer-
kes und die bedarfsorientierte Hilfe zu optimieren.
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Abkürzungsverzeichnis
AGFW: Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
ANE e.V. : Arbeitskreis Neue Erziehung
ARTIS: Teilzeitausbildung
ASD: Allgemeiner Sozialer Dienst
ATB: Alleinerziehenden Treffpunkt und Beratung
AWO: Arbeiterwohlfahrt
BASFI: Behörde für Soziales, Familie und Integration
BGV: Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz
BSB: Behörde für Schule und Bildung
BSU: Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt
DIPF: Deutsche Institut für Internationale Pädagogische Forschung
DKSB: Deutscher Kinderschutzbund
DRK: Deutsches Rotes Kreuz
EKIZ: Eltern-Kind-Zentrum
EMSE: Empiriegestützte Schulentwicklung
ESF: Europäischer Sozialfond
HAG: Hamburgische Arbeitsgemeinschaft für Gesundheitsförderung
HAnNE: Harburger Netzwerk für Alleinerziehende
HWK: Handwerkskammer
IfBQ: Institut für Bildungsmonitoring
IQB: Institut für Qualitätsentwicklung im Bildungswesen
KGFM: Kommunales Gesundheitsförderungsmanagement
KIFAZ: Kinder- und Familienzentrum
KK: Kirchenkreis
KWB: Koordinierungsstelle Beschäftigung und Weiterbildung
LEA: Landeselternausschuss Kinderbetreuung
LI: Landesinstitut für Lehrerbildung und Schulentwicklung
LVG: Landesvereinigung für Gesundheit
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LVO: Lernen vor Ort
RBK: Regionale Bildungskonferenzen
REBUS: Beratungsstelle für Pädagogik und Psychologie
SBZ: Stadtteilbildungszentrum
SIZ: Schulinformationszentrum
SOAL: Alternativer Wohlfahrtsverband e.V.
SPTZ: Sozialpädagogisches Forschungsinstitut
VAMV: Verband alleinerziehender Mütter und Väter e.V.
ZAA: Zentrale Anlaufstelle Anerkennung
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Anhang
Gesprächsleitfaden
A: Personenbezogene/arbeitsbezogene Fragen
- Bitte erzählen Sie uns kurz etwas zu Ihrer Person: Wer sind Sie und wie ist ihr beruflicher Werdegang!
- Bitte beschreiben Sie uns einmal Ihre Arbeit:
o Was ist Ihre Funktion, wofür sind Sie zuständig?
o was sind Ihre Aufgaben und Tätigkeitsfelder?
B: Organisationsbezogene Fragen
- Können sie uns etwas über Ihre Organisation (Behörde, Träger…) erzählen:
o Was sind die Aufgaben und Ziele Ihrer Organisation?
o Wo verorten Sie sich, womit beschäftigt sich Ihre Organisationseinheit?
- Wie erfolgt die Zusammenarbeit innerhalb Ihrer Abteilung/ Behörde/ Organisation (zutreffendes Auswählen)?
C: Zielgruppenbezogene Fragen
- Mit welcher Zielgruppe haben Sie bei Ihrer Arbeit hauptsächlich zu tun?
o Wer kommt mit welchem Anliegen zu Ihnen?
o Hat sich die Zielgruppe in den vergangenen Jahren verändert? Wenn ja, inwiefern?
- Die Zielgruppe, die uns interessiert, sind junge Familien mit Kindern im Alter von 0-6 Jahren, die unterschiedli-
che Übergänge meistern müssen (z.B. Elternzeit-Beruf, Elternzeit-Kita, Kita-Schule). Inwiefern haben Sie hier
mit dieser Zielgruppen zu tun? (eventuell geht der/die Interviewte darauf bereits vorher ein)
o Wie können Sie Ihnen helfen und welche Maßnahmen wenden Sie an?
o Welche konkreten Ziele verfolgen Sie als Institution/ Einrichtung?
o Welche Mittel/ Ressourcen stehen Ihnen zur Verfügung?
o Sind diese Ihrer Meinung nach ausreichend?
D: Zusammenarbeitsbezogene Fragen (extern/ organisationsübergreifend)
- Bisher haben wir über Ihre Arbeit innerhalb der Abteilung/ Organisation/ Behörde (zutreffendes auswählen)
gesprochen. Mich/ uns würde noch interessieren, mit welchen Einrichtungen/ Behörden/ Institutionen Sie zu-
sammenarbeiten. Ich habe/ wir haben eine Netzwerkkarte mitgebracht und würde/n Sie nun bitten, die Ein-
richtungen, mit denen Sie kooperieren, hier einzuzeichnen. Dabei geht es auch um die Frage, wie häufig/ inten-
siv Sie untereinander zusammenarbeiten. Nehmen Sie sich ruhig ein paar Minuten dafür Zeit.
- Jetzt haben Sie sich selbst die Zusammenarbeit verdeutlicht. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit?
o Wie regelmäßig arbeiten Sie zusammen?
o Was sind die konkreten Inhalte und Ziele der Zusammenarbeit?
o Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit, wie funktioniert das in Ihren Augen?
o Was würden Sie gerne verändern/ verbessern? (z.B. Arbeitsabläufe, die sehr aufwendig sind)
o Wo sehen Sie noch Lücken in der Zusammenarbeit, die geschlossen werden müssen?
o Können Sie sich an eine Situation erinnern, in der eine Zusammenarbeit erforderlich gewesen wä-
re, aber nicht möglich war?
o Wer müsste in Ihren Augen noch beteiligt werden und warum?
o Wenn Sie noch einmal zurückblicken, hat sich in den letzten Jahren etwas an der Zusammenarbeit
verändert?
- Stellen Sie sich bitte einmal folgende Situation vor: Zu Ihnen kommt eine junge alleinerziehende Mutter, die
einen Krippenplatz oder eine Tagesmutter für Ihren 10-Monatigen Sohn und für sich selbst eine neue Arbeits-
stelle sucht. Wie können Sie ihr helfen?
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Die Studie wurde im Auftrag des Projekts „Lernen vor Ort“ durchgeführt von:
Dr. Jürgen Beyer, Universität Hamburg, Fachbereich Sozialwissenschaften, Professor für Soziologie
(insbesondere Wirtschafts- und Organisationssoziologie), Kontakt: [email protected]
Dipl. Soz. Hanna Haag, Universität Hamburg, Fachbereich Sozialwissenschaften, Wissenschaftliche
Mitarbeiterin im Bereich Soziologie
Dipl. Soz. Ute Ludwig, Universität Hamburg, Fachbereich Sozialwissenschaften, Wissenschaftliche
Mitarbeiterin im Bereich Soziologie
Dipl. Pol. Robert Müller, Universität Hamburg, Fachbereich Sozialwissenschaften, Wissenschaftlicher
Mitarbeiter im Bereich Soziologie