vorgelegt von
Hermann Kramer
Universitätsprofessor Dr. Bruno Bleckmann
Diese Dissertation ist auf den Internetseiten der
Universitätsbibliothek online verfügbar.
Inhaltsverzeichnis 1.
Einleitung.........................................................................................................................................1
2. Der Besuch des Constantius in
Rom..............................................................................................14
1. Einleitung
Ronald Syme hat im Jahre 1968 in seiner Rezension1 der Dissertation
von Alexander
Demandt2 geschrieben: „Sallust and Tacitus: one should look for
their influence, not in
style only. That is a question that still waits on a proper answer.
Ammianus is a very
bookish writer.“ Symes Anregung muss wohl so verstanden werden,
dass Ammian auch
hinsichtlich der von ihm dargestellten Inhalte Anregungen aus den
Schriften des Sallust
und des Tacitus bekommen hat, und wenn er dies in der Rezension
einer Dissertation
äußert, die sich mit dem Geschichtswerk des Ammianus Marcellinus
befasst, dann sind
offensichtlich zumindest leichte Zweifel in der Hinsicht geäußert,
dass sich alles immer so
abgespielt habe, wie Ammian es darstellt, so dass der Historiker,
der sich mit Ammians
Res gestae befasst, auch hinsichtlich der dargestellten Inhalte
immer wieder berücksichti-
gen muss, dass Ammian vielleicht auch darin von den Darstellungen
des Sallust oder des
Tacitus, vielleicht auch noch anderer Literatur angeregt worden
ist.
François Paschoud hat im Jahre 1989 einem Aufsatz, der sich mit
bestimmten Episoden
aus Ammians Res gestae befasst, als Überschrift gegeben, was man
bei GIORDANO BRUNO:
Gli eroici furori, Paris 1585, 2. T. 3. Dialog wie eine Sentenz
liest: se non è vero, è ben
trovato. Paschoud versucht bei bestimmten in den Res gestae
dargestellten Ereignissen
den Nachweis, dass diese sich so, wie Ammian sie schildert, nicht
abgespielt haben kön-
nen, dass vielmehr Ammian hier jeweils ein Motiv aus der Literatur
übernommen habe –
also bookish sei – und so bestimmte Episoden oder zumindest
wichtige Details nach lite-
rarischem Vorbild „erfunden“ habe.
Wenn auch nicht von Paschoud ausgesprochen, so wird damit doch eine
lange Zeit und
wohl auch heute noch oft vertretene communis opinio erschüttert,
dass Ammian unter den
Geschichtsschreibern der Spätantike der glaubwürdigste sei.
Ammianus Marcellinus war laut eigener Aussage (AMM. 14,9,1) im
Jahre 353 n.Chr. als
protector domesticus im Gefolge des magister militum Ursicinus in
Antiocheia, wo Ursici-
nus in einem Prozess gegen Anhänger des Cäsars Gallus den Vorsitz
hatte. Als protector
domesticus3 gehörte er zum Stab von einem der ranghöchsten Militärs
im römischen Heer.
Im Jahre 355 n.Chr. begleitete er, in derselben Funktion, Ursicinus
von Mailand aus nach
Köln, wohin Ursicinus vom Kaiser Constantius II. geschickt wurde,
um Silvanus auszu-
schalten, der sich dort hatte zum Augustus erheben lassen (AMM.
15,5). Im Jahre 357 n.Chr.
1 SYME (1968) 316f. 2 DEMANDT (1965) 3 Protectores domestici,
organisiert in scholae und dem comes domesticorum unterstellt, sind
belegt erst
seit der Mitte des 4. Jahrhunderts.
1
wurde er, weiterhin protector domesticus im Stab / Gefolge des
Ursicinus, von Constantius
II., wahrscheinlich von Sirmium aus in den Osten an die Perserfront
geschickt (AMM.
16,10,21). Dort erlebte er die Belagerung von Amida durch den
Perserkönig Sapor im Jahre
359 n.Chr., konnte sich aber vor der Einnahme der Stadt absetzen
und nach Antiocheia ret-
ten. Im Jahre 363 n.Chr. nahm er am Persienfeldzug des Kaisers
Julian teil und kehrte nach
dessen Tod (26./27. Juni 363) mit dem Heer ins Römische Reich,
wahrscheinlich nach
Antiocheia, zurück.
Diese Daten lassen sich mit Sicherheit aus seinem Geschichtswerk
Res gestae erschlie-
ßen. Als sehr wahrscheinlich darf auch gelten, dass er nach Rom
gegangen ist und dort die
Res gestae geschrieben und auch in Lesungen einem römischen
Publikum vorgestellt hat
(Vgl. den Brief des Libanios an einen Μαρκλλινος in Rom, LIBAN.
epist. 1063.4) Von die-
sem 31 Bücher umfassenden Geschichtswerk sind nur die letzten 18
Bücher erhalten. Die-
se decken den Zeitraum von 353 bis 378 n.Chr. ab, d.h. die letzten
acht Jahre der Herr-
schaft des Kaisers Constantius II. und die Herrschaft der Kaiser
Julian, Jovian, Valentinian,
Valens und Gratian. Aus den Hinweisen, Anspielungen, biographischen
Daten u.ä., die als
gesichert gelten können, hat man erschlossen, dass die Res gestae
wohl im letzten Jahr-
zehnt des 4. Jahrhunderts abgeschlossen waren.
In der Sphragis seines Werkes (AMM. 31,16,9) bezeichnet Ammian sich
als Grieche
(Graecus), schreibt dieses Werk jedoch in lateinischer Sprache, was
vor dem Hintergrund,
dass er in Rom schreibt, nicht erstaunt, dagegen umso mehr, wenn
seine Muttersprache
Griechisch gewesen sein sollte. Laut Sphragis beginnt er die Res
gestae mit der Geschichte
des Kaisers Nerva, was bedeutet, dass er sich als „Fortsetzer“ des
Tacitus versteht. Daraus
ergibt sich ein weiteres erstaunliches Phänomen: In einer Zeit, in
der es in der Historiogra-
phie in lateinischer Sprache nur die Breviarien gibt5, nimmt Ammian
eine Tradition wieder
auf, in der es, soweit wir wissen, fast 250 Jahre lang keinen
bedeutenden Vertreter gegeben
hat.
Sowohl als Grieche nach Rom zu gehen und dort in lateinischer
Sprache zu schreiben, als
auch gegen die in dieser Zeit in der Historiographie herrschende
Tendenz Geschichte in der
„klassischen“ Tradition zu schreiben, setzen bewusste
Entscheidungen Ammians voraus.
Die letztere dieser Entscheidungen bedingt, dass Reden und Exkurse,
die in den Breviarien
ganz fehlen, in das Werk aufgenommen werden und dass einige
Elemente, die in den Bre-
4 Zur schwierigen Frage, ob Libanios Μαρκλλινος mit Ammianus
Marcellinus identifiziert werden kann, vgl. FORNARA (1992).
5 Die Annalen des Flavianus Nicomachus können hier unberücksichtigt
bleiben, da weder über den Inhalt noch über die Form irgendetwas
bekannt ist.
2
viarien nur sporadisch oder kurz angedeutet vorkommen, wie Exempla,
Episoden und An-
gaben über die innere Einstellung der Akteure der Geschichte und
über die Ziele ihres
Handelns, weitaus umfangreicher als in den Breviarien vorkommen.6
Die Gründe dafür
sind nur schwer zu erkennen, da sie wie auch die biographischen
Daten nur aus dem Werk
erschlossen werden können. Wenn aber Ammian sich in direkter Form
dazu geäußert haben
sollte, dann dürfte das im Proömium zum Gesamtwerk geschehen sein.
Dagegen dürfte es
möglich sein, die Voraussetzungen zu benennen, damit dieses
„Wagnis“ überhaupt gelin-
gen konnte: Ammian muss die damals übliche Bildung bekommen haben,
die zu seiner
Zeit stark von der Rhetorik geprägt ist. Abgesehen von den zu
Ammians Zeiten schon als
Klassiker geltenden Cicero und Vergil müssen Sallust, Livius und
Tacitus in einem gewis-
sen Umfang noch im Original greifbar gewesen sein. Indem Ammian
sich in die klassische
Tradition der lateinischen Historiographie stellt, übernimmt er die
Rhetorisierung und als
schon im zweiten Jahrhundert festzustellendes Merkmal der Sprache
der Historiographie
auch die Poetisierung der Sprache, nahegelegt natürlich auch durch
die nie unterbrochene
Nähe von Epos und Geschichtsschreibung.
In den erhaltenen 18 Büchern der Res gestae, die einen Zeitraum von
ca. 25 Jahren abde-
cken (353 n.Chr. - 378 n.Chr.), liegt die umfangreichste und
detailreichste Geschichte für
diesen Zeitraum vor. Es ist längst erschlossen worden, dass die 13
verlorengegangenen
Bücher der Res gestae nicht annähernd so ausführlich gewesen sein
können. Wo Ammian
den Übergang zur ausführlichen Darstellungsweise gemacht hat, ist
mehrfach Thema
scharfsinniger Erörterungen gewesen, ist aber für die folgende
Arbeit nicht relevant.
Ehe der Versuch gemacht werden kann, diesen Sonderfall „Ammian“ in
der lateinischen
Historiographie der zweiten Hälfte des 4. Jahrhunderts aus den
wenigen biographischen
Daten und dem Werk selbst ein klein wenig „aufzuklären“, muss
anhand der Geschichte
der modernen Ammianforschung gezeigt werden, dass auch nach knapp
sechs Jahrhunder-
ten der Ammianedition und -forschung noch hinreichend zu tun
ist.
Da Ammian für den erhaltenen Teil der Res gestae nur in einer
Handschrift erhalten ist,
die vor dem 16. Jahrhundert entstanden ist, dem Codex membr. s. IX
Fuldensis, Vat. Lat.
6 Als Beispiel diene die Schlacht von Straßburg: EUTROP. 10,14: A
quo [gemeint ist Julian] modicis copiis apud Argentoratum, Galliae
urbem, ingentes Alamannorum copiae extinctae sunt, rex nobilissimus
cap- tus, Galliae restitutae. - PS.-AUREL.VICT. Epit. de Caes.
42,13-14: Iste [gemeint ist Julian] in campis Argentoratibus apud
Gallias cum paucis militibus infinitas hostium copias delevit.
Stabant acervi montium similes, fluebat cruor fluminum modo; captus
rex nobis Nodomarius; fusi omnes optimates; redditus limes Romanae
possessionis; ac postmodum cum Alamannis dimicans potentissimum
eorum regem Badomarium cepit. - AURELIUS VICTOR de Caes. 42,17:
isque [gemeint ist Julian] nationes feras bre- vi subegit captis
famosis regibus. - Bei FESTUS brev. 28 überhaupt nicht erwähnt,
vage Andeutung höch- stens in Iuliano, in externos hostes expertae
felicitatis principi. Dagegen AMM. 16,12 12,5 Teubnerseiten.
3
1873, (Sigle V)7, war nach der Entdeckung des Ammianus Marcellinus
durch Poggio Brac-
ciolini während der Zeit des Konstanzer Konzils (1414 – 1418) durch
Abschriften für wei-
tere Verbreitung zu sorgen, und als dies durch den Buchdruck
deutlich erleichtert wurde,
war im wesentlichen editorische Arbeit zu leisten, wobei die
Ausgaben aus der ersten Hälf-
te des 16. Jahrhunderts weder einen kritischen Apparat noch einen
Kommentar enthielten,
so dass zu den Verschreibungen in den Handschriften und dem
Missverstehen der Ab-
schreiber auch noch entstellende Konjekturen der Herausgeber kommen
konnten. Zuerst
kommentierend zu Ammians Res gestae und von historischem Interesse
im modernen Sinn
geleitet sind die Arbeiten der Brüder Valois (Henri de Valois
(Henricus Valesius) 1603 –
1676 (Ammianausgabe 1636) und Adrien de Valois (Hadrianus Valesius)
1607 – 1692, von
dem die Kapitelüberschriften in den Res gestae stammen. Im 18.
Jahrhundert verwendet
Edward Gibbon in seiner Geschichte für die Darstellung der
Ereignisse, die die Zeit betref-
fen, die Ammians Res gestae umfassen, die Res gestae z.T. bis in
Details hinein als Quelle
und begründet dies damit, Ammian sei „an accurate and faithful
guide who composed the
history of his own times without indulging the prejudices and
passions which usually affect
the minde of contemporary.“8 Selbst da, wo heute in der
Geschichtswissenschaft große
Vorbehalte gegenüber Ammians Darstellung sind, wie z.B. gegenüber
den beiden Romex-
kursen, war Gibbon der Ansicht gewesen, Ammian beschreibe seine
Zeit „accurate[ly] and
faithful[ly]“. Dieses Urteil Gibbons ist bis in die Mitte des 20.
Jahrhunderts maßgeblich
geblieben, wenn es darum geht, Ammian als historische Quelle für
einen bestimmten Zeit-
abschnitt der Spätantike zu verwenden. Da das Interesse für die
Geschichte der Spätantike
seit Gibbon niemals mehr erloschen ist, aber die Spätantike vor
allem als eine Zeit des Ver-
falls gesehen wurde, glaubte man, dies gelte für alle Bereiche,
somit auch für die Ge-
schichtsschreibung und die Literatur im Ganzen. Für Ammian
bedeutete das, dass er im
Vergleich zu den klassischen Autoren relativ wenig kommentiert
wurde und die Kommen-
tierungen sich vor allem auf die Realien, auf Daten der
Ereignisgeschichte und sprachlich-
grammatische Phänomene bezogen.9 Außerdem wurden für Ammians Res
gestae ganze
Listen erstellt mit sprachlichen Übereinstimmungen mit Sallust,
Cicero, Vergil, Tacitus,
aber auch Solinus, Florus, Valerius Maximus u.a.10 Ammian muss also
sehr belesen
gewesen sein.
In den rein historisch orientierten Arbeiten geht es vor allem um
Quellenforschung im tra- 7 Unabhängig von V und vor V entstanden
nur der Codex membr. s. IX Hersfeldensis (Sigle M), der aber
nur
für AMM. 28,4,21Ende bis 28,5,2 den Text der Res gestae enthält. 8
GIBBON, EDWARD: The History of the Decline and Fall of the Roman
Empire, Chapt. 26,5. 9 Kommentar von WAGNER-ERFURDT (1808) 10 Das
letzte mir bekanntgewordene Beispiel die Dissertation von OWENS
(London) 1948.
4
ditionellen Sinne, im weiteren Sinne um das Verhältnis Ammians zu
den Breviarien, der
Enmannschen Kaisergeschichte und der Historia Augusta11.
In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beginnend und zunehmend
in der zweiten Hälfte
findet eine Neubewertung der Spätantike insgesamt und vor allem
auch der Kunst und Li-
teratur der Spätantike statt. Während die traditionelle
Quellenforschung zu Ammians Res
gestae abgeschlossen scheint, hat diese Neubewertung der Spätantike
und das daraus resul-
tierende Interesse zu einer im Vergleich zur vorhergehenden Zeit
größeren Fülle von Arbei-
ten zu Ammian geführt. Es führte dazu, dass auch Ammians Sprache
und sein Stil gegen
das abschätzige Urteil Nordens12 neu bewertet wurden, was eine
Reihe von Aufsätzen zu
diesem Thema brachte, in denen Ammian meist neben andere Autoren
der Spätantike wie
Prudentius oder vor allem Claudian gestellt wurde und die
zunehmende Poetisierung der
Prosa herausgearbeitet wurde. In den Kommentaren kamen zu den
Erklärungen der Realien
und der Historie auch sprachliche und strukturale Erläuterungen,
die weit über die lexika-
lisch-grammatischen Kommentierungen hinausgingen13. Die damit
einhergehende Speziali-
sierung führte dazu, dass in den meisten Arbeiten entweder der
historische Aspekt oder der
philologische Aspekt zu Lasten des jeweils anderen Aspektes
hervorgehoben wurde, und
sich in der Ammianforschung so etwas wie zwei Richtungen
ausbildeten, die oft nebenein-
ander verliefen, ohne sich gegenseitig zur Kenntnis zu nehmen.14 Da
jedoch alle antike
Historiographie spätestens seit Herodot in ihren Darstellungsformen
stark von der Rhetorik
beeinflusst ist und man bei aller Literatur der Spätantike geradezu
von einer Rhetorisierung
sprechen kann, wurde sehr schnell klar, dass man in der Forschung
zu Ammian beide Ten-
denzen berücksichtigen muss. Dazu kommt, dass Topos-, Motiv-,
Rezeptionsforschung und
11 Hier hat die Arbeit von Syme [SYME, RONALD: Ammianus Marcellinus
and the Historia Augusta, Cambrid- ge 1968] einen gewissen
Abschluss gebracht. Seine Arbeit ist jedoch schon deutlich unter
dem Einfluss der Neubewertung der Spätantike zu sehen, und insofern
ist sie Aufforderung zu weiterem Forschen auf diesem Gebiet.
12 In: NORDEN, EDUARD. : Antike Kunstprosa vom VI. Jahrhundert
v.Chr. bis in die Zeit der Renaissance Leip- zig (1898), im
Nachdruck von 1971 640- 644. - Norden zitiert dazu einfach von
Gutschmid (VON GUTSCHMID Kleine Schriften V 583f.): „Ammian
schreibt ein blumiges und barbarisches Latein; sein gesuchter,
outrierter Stil steht unter dem Einflusse der asianischen Rhetorik
, die in seiner Zeit den Geschmack beherrschte... Als Grieche und
Soldat schreibt er unsicher. Aber die Diktion ist trotz des
Schwulstes nicht ohne Kraft... Die Perioden sind gedunsen und
leiden an Wortüberfülle. Poetische Worte sind sehr zahlreich, nicht
minder obsolete Worte1), Mataphern und Neuerungen im Gebrauch der
Worte. […] Am übelsten sind die schlechten Konstruktionen und die
barocken Wortstellungen, die erst bei einiger Überlegung den Sinn
des Schriftstellers ergeben.“
13 Hier sei auf die von DE JONGE in den Dreißigerjahren des 20.
Jahrhunderts begonnene und von DEN BOEFT, DEN HENGST und TEITLER
weitergeführte Reihe der philologisch-historischen Kommentare
verwiesen, die einmal einen Kommentar zum Gesamtwerk der Res gestae
ergeben soll. Allerdings kann man jetzt schon sagen, dass aufgrund
der Ergebnisse der Ammianforschung der letzten 50 Jahre die ersten
Bände neu ge- schrieben werden müssten.
14 Dies gilt bis heute z.B. in allen Abhandlungen, die Ammian im
Rahmen der Militärgeschichte behandeln, aber auch für die
Standardwerke zur Prosopographie der Spätantike, wie PLRE.
5
moderne Literaturtheorien und Narratologie die Suche nach dem vom
Autor vorgestellten
Hörer- oder Lesepublikum und die Suche nach Erzähl- und / oder
Belehrungsintention des
Autors dazu angeregt haben, Ammians Res gestae unter immer neuen
Aspekten zu
erforschen. Hier seien in chronologischer Reihenfolge ohne Anspruch
auf Vollständigkeit,
aber schon ausgerichtet auf das Ziel, das mit der vorliegenden
Abhandlung verfolgt wird,
die Arbeiten aufgeführt, die vorrangig dazu geführt haben, zu den
inzwischen kaum noch
zu überschauenden Arbeiten zu Ammian eine weitere hinzuzufügen:
Straub (1939) (Herr-
scherideal)15; Demandt (1965 (Ammians Geschichtsbild); Urban (1966)
(Topoi in Belage-
rungsschilderungen)16; Syme (1968) (Verhältnis der Res gestae zur
Historia Augusta); Ro-
sen (1970) (Einfluss der Darstellungsformen auf die
Glaubwürdigkeit); Bitter (1976) (To-
poi in Schlachtenschilderungen); Sabbah (1978) (Ammians
Methode(n)); Salemme (1987)
(Vergleiche und similitudini); Paschoud (1989) und (1992) (Ammians
Glaubwürdigkeit);
Kautt-Bender (1991) („Anleihen“ aus Plautus; Dramatisierung);
Wittchow (2001)(Erzähl-
formen in den Res gestae); Mary (2003) und (2008) (Konzeptione(n)
des Raumes in den
Res gestae; Erschaffen eigener Wirklichkeiten); Kelly (2008)
(Allusivität); Ross (2016)
(Julians romanisation)17.
Abgesehen von den neuen Einsichten, die diese Arbeiten hinsichtlich
der Arbeitsweise
Ammians und hinsichtlich des formalen Aufbaus und der Struktur der
Res gestae erbracht
haben, ist es vor allem Eines, das von den Autoren dieser Arbeiten
sowohl als Prämisse
ihrer Arbeiten vorausgesetzt wird als auch als Ergebnis herauskommt
und das am besten zu
fassen ist in den Titeln der Arbeiten von MATTHEWS (The Roman
Empire of Ammianus 15 In der Dissertation von Straub sind gerade
für die beiden von mir im Folgenden behandelten Erzählungen
Ammians Ergebnisse herausgearbeitet, die bis heute die
Ammianforschung geprägt haben und mit denen sich jeder, der diese
Erzählungen behandelt, auch heute noch wird auseinandersetzen
müssen. Allerdings sei auch schon hier angemerkt, dass einige
dieser Ergebnisse zumindest modifiziert werden müssten, z.B. dass
sich der Prinzipat der frühen Kaiserzeit so deutlich vom Dominat
des Kaisertums der Spätantike un- terschieden habe, wie es Straub
darstellt, oder dass die Kaisererhebungen der Spätantike, besonders
was die Mitwirkung des Heeres betrifft, sozusagen auf ein
allgemeines Bewusstsein gegründet waren, das es ermöglichte, den
legitimen Kaiser vom Usurpator zu unterscheiden. Außerdem müsste
einmal genauer untersucht werden, ob nicht manche der Thesen in
Straubs Dissertation einen Einfluss der Zeitumstände erkennen
lassen (vgl. vor allem das Vorwort).
16 In den beiden Erzählungen, die ich behandle, kommt keine
eigentliche Belagerung vor (In AMM. 20,4 ge- hen die Soldaten gegen
das palatium Julians allerdings wie bei einer Belagerung vor.),
aber die Arbeit von Urban ergibt, dass die Topoi in den
Belagerungsberichten der Historiographen tatsächlich Topoi sind,
weil sie in einer langen, bis auf Herodot und Homer zurückgehenden
Tradition stehen. Und wenn Ammian in diesem Bereich Topoi
verwendet, warum sollte das dann nicht auch in anderen Bereichen
der Fall sein? - Zur Umsetzung der durch Urbans Arbeit gegebenen
Anregungen vgl. die Dissertation von Bitter (1976).
17 Vor allem die von den oben genannten Arbeiten, die nach Sabbahs
Buch (SABBAH, GUY: La méthode dAmmien Marcellin. Recherches sur la
construction du discours historique dans les Res gestae, Paris
1978) erschienen sind, zu dem Rosen in: ROSEN, KLAUS: Ammianus
Marcellinus, Darmstadt 1982, 67 sagt, dass sich „hinter dieses in
der Spanne von THOMPSON bis SABBAH erreichte Ergebnis […] nicht
mehr zurückgehen lasse, haben auf teils ganz verschiedene Weise und
unter sehr verschiedenen Aspekten gezeigt, dass man bei allen
antiken Historiographen und somit auch bei Ammian genau
unterscheiden muss, was bloße Information historischer Fakten und
was Konstruktion, bzw. Fiktion des Autors ist.
6
(1989); Hervorhebung von mir) und ROSS (Ammianus Julian (2016);
Hervorhebung von
mir): In den Res gestae entsteht ein Bild des Römischen Reiches,
wie Ammian es sich vor-
gestellt hat, und der „Latin Julian“, den Ross in der Literatur der
zweiten Hälfte des vierten
Jahrhunderts sucht, kann eine Fiktion Ammians sein. Sowohl bei
Matthews als auch bei
Ross hat das keinen resignierenden Rückzug auf eine Position
zurück, dass man überhaupt
nicht wissen könne, wie das Römische Reich in Wirklichkeit gewesen
sei und was bei
Julian in Wirklichkeit geschehen sei. Dennoch impliziert in der
Historiographie das Phäno-
men der Rhetorisierung als auch das Phänomen der Ereignisse, die
auch zu Zeiten Ammi-
ans so nicht vorgekommen sein können und folglich auch nicht
beobachtet oder bezeugt
worden sein können18, die Frage nach der Glaubwürdigkeit des
Historikers.
Wenn man Ammians Aussage in 16,10,21 nimmt, er habe zu den iuniores
in Ursicinus
Stab im Jahre 357 n.Chr. gehört, dann ist klar, dass er den
Zeitraum, für den seine Darstel-
lung ausführlich ist, selbst erlebt hat, somit seine mehrfache
Berufung auf Autopsie von
daher nicht zu beanstanden ist. Da er jedoch so etwas wie eine
„Weltgeschichte“ schreibt,
muss er, selbst wenn er in den Jahren als Soldat viele Gebiete des
Römischen Reiches und
vor allem diejenigen kennengelernt hat, in denen sich die
wichtigsten Ereignisse dieser
Zeit abgespielt haben (Gallien; Oberitalien; Donauraum;
Konstantinopel; Kleinasien bis
Syrien; Grenzgebiete zu Persien), daneben Quellen gehabt haben. Da
er selbst jedoch keine
Quellen nennt, bleibt für die Forschung hier nur der Weg, sie aus
Ammian selbst durch
Vergleich zu erschließen19.
Natürlich ist das ein Problem nur für den modernen Interpreten, der
darin einen Wider-
spruch zu der immer wieder von den Geschichtsschreibern vertretenen
Auffassung, die
Wahrheit zu sagen, zu sehen glaubt. Aber in den oben aufgeführten
Fällen hat man diese
zur Zeit Ammians für wahr gehalten. Schwieriger aus heutiger Sicht
zu beurteilen hinsicht-
lich dieses Wahrheitsanspruches sind die Fälle, in denen es um die
Rhetorisierung geht: Da
wohl nicht mehr zu bestreiten ist, dass speziell in der Spätantike
alle Literatur von der Rhe-
torik beeinflusst ist, hat dies auch in der Ammianforschung
manchmal zu der radikalen Po-
sition geführt, auf die Überprüfung des Wahrheitsgehaltes der Res
gestae weitgehend zu
verzichten20 und den Wahrheitsanspruch selbst für Rhetorik zu
halten. Dazu kommen die
Fälle, in denen Ammians Res gestae unter einem speziellen Aspekt
untersucht worden sind
18 Beispiele aus Ammian: unterschiedliche Verwesungsgeschwindigkeit
bei Leichen von Persern und Rö- mern (AMM. 19,9,9); nach dem
Geschlecht unterschiedliche Lage von im Wasser treibenden Leichen
(AMM. 26,10,18); einmaliges Verabreichen eines Giftes, das nicht
unfruchtbar macht, aber nach jeder Em- pfängnis eine Fehlgeburt
auslöst (AMM. 16,10,18) u.v.m.
19 Vgl. dazu in der oben genannten Arbeit von Rosen das Kapitel II
2. Ammians Quellen 52-72. 20 So z.B. WITTCHOW (2001) und ROSS
(2016).
7
und die dabei erzielten Ergebnisse weiterführend eine solche
Untersuchung hätten nach
sich ziehen müssen.21 Schließlich sind hier diejenigen Arbeiten zu
nennen, die entweder als
Nebenprodukt zu dem Ergebnis führen, dass es nicht so gewesen sein
könne, wie Ammian
es schildere22, oder die eigens zu dem Zweck unternommen wurden,
die Glaubwürdigkeit
Ammians zumindest partiell in Zweifel zu ziehen23.
Der Einfluss der Rhetorik auf Ammians Res gestae darf zwar
unbesehen als für das ganze
Werk geltend angenommen werden, aber er muss dennoch zunächst am
Text nachgewiesen
werden. In den speziell historisch orientierten Arbeiten wird zwar
in den meisten Fällen ge-
sagt, dass er bei Ammian vorhanden sei oder man damit rechnen
müsse, aber es finden sich
nur wenige konkrete Nachweise. Dann ist zu ergründen, in welchem
Maße die Rhetorisie-
rung beeinflusst, beeinträchtigt oder gar verhindert
herauszufinden, wie es denn in Wirk-
lichkeit gewesen ist. Letztlich möchte der Historiker, selbst wenn
er sich der Grenzen,
diese Wirklichkeit überhaupt erst zu definieren, bewusst ist und
dass die Darstellung
niemals eine äquivalente Abbildung sein kann, dies doch zumindest
annähernd wissen.
Der Einfluss der Rhetorik, vor allem die damit gegebene
Möglichkeit, Lücken in der
Überlieferung nach den Grundsätzen der Probabilität durch
inventio24 aufzufüllen, aber 21 Ammians Constantius II. z.B. weist
Züge auf wie der mürrische Alte in Plautus Komödien (und
dabei
sind auch sprachliche Übereinstimmungen mit Plautus zu
finden.)(KAUTH-BENDER (1991)) Hier ist wiederum auch ROSS (2016) zu
nennen, der Ammians Bericht von der Erhebung Julians zum Cäsar
(AMM. 15,8) als eine verfehlte „Adoption“ nach SALL. Iug. 9-10 und
TAC. hist. 1,14-17 interpretiert.
22 So z.B. Ehling [ EHLING, KAI in: Jahrbuch für Numismatik und
Geldgeschichte 47(1997) 229-233] zur Er- hebung des Prokop zum
Augustus in AMM. 26,6,15,-18 und Baudy (1992). Waldherr (1997) zum
Seebeben des Jahres 365 n.Chr. in AMM. 26,10,15,-19.
23 Hier sind natürlich an erster Stelle die beiden Aufsätze von
Paschoud zu nennen, bei denen jeweils schon im Titel die
Zielrichtung der Arbeit angegeben ist: PASCHOUD, FRANÇOIS:
Valentinien travesti, ou: De la malignité dAmmien, in: BOEFT, J.
DEN, HENGST, D. DEN, TEITLER, H.C. (Hrsgg.), Cognitio gestorum: The
Historiographic Art of Ammianus Marcellinus, Amsterdam 1992, 67-84;
PASCHOUD, FRANÇOIS: «Se non è vero, è ben trovato»: tradition
littéraire et vérité historique chez Ammien Marcellin, in: Chiron
XIX, 1989, 37-54
24 Nach antiker Theorie ist die inventio „das >Finden< der
Gedanken“ (Cic. inv. 1,21,29), „das, was die res an mehr oder
minder verborgenen Gedankenentwicklungsmöglichkeiten enthält, wird
herausgeholt (ex- cogitatio)“ [LAUSBERG 20084) 146]. Mit der
probabilis … narratio (CIC. inv. 1,21,29) ist der Leser / Hörer
„von der Tatsächlichkeit des Inhalts“ der narratio zu überzeugen
[LAUSBERG 20084) 180]. Nach antiker Theorie ist dies natürlich
zunächst für die Auseinandersetzung vor Gericht gedacht, aber die
immer wieder konstatierte Rhetorisierung der antiken
Geschichtsschreibung schließt eben auch die Ausweitung oder
Übertragung dieser Theorien auf die Geschichtsschreibung ein. - Es
bedürfte längerer Ausführungen, um zu zeigen, dass die Annahme der
inventio auch beim Geschichtsschreiber nicht in einem Widerspruch
zu dem Anspruch der Geschichtsschreiber zu stehen braucht, immer
der Wahrheit verpflichtet gewesen zu sein. Ein Hauptproblem aber
dürfte sein, herauszufinden, an welchen Stellen man mit inventio
rechnen muss und welche die Kriterien sind, die auf inventio
schließen lassen. Dabei dürfte auch eine wichtige Rolle spielen,
wie derjenige, der heute Ammian zu interpretieren sucht, die
Probabilität der ammiane- ischen Erzählung beurteilt. Bezogen auf
die von Paschoud behandelten Fälle enthüllt sich die Unwahr-
scheinlichkeit erst nach dem Heranziehen spezieller
wissenschaftlicher Erkenntnis, und wenn zu Ammi- ans Zeiten der
Leser / Hörer die fast immer in diesen Geschichten vorkommenden
Anspielungen und Umbildungen früherer Ereignisse bemerkte und
verstand, dann dürfte dies wohl eher als Beweis ange- sehen worden
sein, dass es so war, als dass es zu Zweifel angeregt hätte. Für
die in dieser Arbeit vorge- legten Fälle sind in der Regel im
Kommentar die Belege aufgeführt, nach denen Ammian seine Erzählung
gestaltet haben könnte, und in der Interpretation wird begründet,
warum Zweifel an der Historizität
8
auch der bewusste Anschluss an eine „unzeitgemäße“ Tradition
vermögen zwar z.T. den
Detailreichtum von Ammians Res gestae zu erklären, aber für sich
genommen, nicht zu be-
gründen, warum Ammian sich für diese „unzeitgemäße“ Form der
Geschichtsschreibung
entschieden hat und warum er nach Rom gegangen ist, um dort seine
Res gestae zu schrei-
ben. Da Ammian sich auch hierzu nicht direkt äußert, muss alles
Diesbezügliche wiederum
aus seinem Werk erschlossen werden: In der modernen Ammianforschung
hat man die Ent-
scheidung Ammians für Rom mit der Suche nach dem von Ammian
intendierten Hörer /
Leser verknüpft. Daraus ergibt sich gleichsam von selbst, dass der
Vortragende / Autor ent-
sprechend dem horazischen prodesse et delectare formvollendet seine
Sicht der Geschichte
und der Funktion der Geschichtsschreibung mitteilen will (Tendenz
der Res gestae). Auch
ein nur oberflächlicher Blick auf die Res gestae lässt erkennen,
dass diese Tendenz geprägt
ist von Vorurteilen Ammians in allen möglichen Bereichen, vor allem
aber hinsichtlich der
den handelnden Personen unterstellten Motive (Tendenziosität). Die
Entscheidung für die
klassische Geschichtsschreibung erfährt indirekt eine Begründung in
der Polemik Ammi-
ans gegenüber den Abbreviatoren (AMM. 15,1,1) und der Verteidigung
seiner Form der Ge-
schichtsschreibung gegenüber obtrectatores, deren Vorwurf wohl
gelautet haben muss,
dass Ammians Geschichtsschreibung zu viele minutiae enthalte, wir
würden heute sagen,
zu minutiös sei. Ammian nennt an dieser Stelle (AMM. 26,1,1) einige
Beispiele, aber sagt
leider nicht, wie eine nicht-minutiöse Geschichtsschreibung
aussieht. Erschwerend kommt
für den heutigen Interpreten hinzu, dass man in dem Detailreichtum
der ammianeischen
Geschichtsschreibung vom ersten Eindruck her vieles für minutiae
hält, was Ammian of-
fensichtlich nicht dafür gehalten hat.
Aus diesem kurzen Überblick über die Forschungsgeschichte zu
Ammians Res gestae er-
gibt sich, dass einerseits die mit der Neubewertung der Spätantike
einhergehende Intensi-
vierung der Ammianforschung die Notwendigkeit einer Weiterführung
zeigt, da vor allem
Ergebnisse der Topos-, Motiv- und Rezeptionsforschung entweder erst
noch zu erarbeiten
sind (z.B. Rezeption Ammians im Mittelalter!25) oder in das bisher
Erarbeitete zu integrie-
ren sind (Allusivität in Ammians Geschichtsschreibung26; Ammians
Religiosität, bzw. seine
angebracht sind. 25 Nachruf des Matthäus Paris von 1251 oder 1252
auf den Stauferkaiser Friedrich II.: Fridericus principum
mundi maximus stuporque mundi et immutator mirabilis. - Dies gilt
genauso für die Neuzeit, wenn man einmal von den Editoren und
Kommentatoren, die entweder Philologen oder Historiker waren,
absieht; ich verweise in diesem Zusammenhang auf einen Brief
Fran-cesco Vettoris an Niccolò Machiavelli vom 23. Nov. 1513
[www.aiutamici.com/fdp/eBook/ebook/Niccolo
Machiavelli-LettereaFrancescoVettori.pdf ; zuletzt eingesehen am
23.Nov.2014] und auf LAURENCE STERNE: The Life and Opinions of
Tristram Shandy, Gentleman, zuerst publiziert 1759-67. Es scheint
mir, dass in letzterem Werk vor allem Slawkenbergiuss Tale es wert
wäre zu untersuchen, ob Kenntnis Ammians an-zunehmen wäre.
26 Das „Standardwerk“ zu diesem Thema ist jetzt sicherlich KELLY,
GAVIN: Ammianus Marcellinus, The Allu-
Geschichtsschreibung noch einer vertieften Begründung harrt. Daraus
lassen sich die der
folgenden Arbeit zugrundegelegten Prinzipien, die dabei angewandten
Methoden und die
damit angestrebten Ziele herleiten:
Weil Ammian ein sprachlich schwieriger Autor ist28, der
Interpretierende der heutigen Zeit
sich aber in einem Abstand von mehr als 1600 Jahren zu Ammians
Zeiten befindet, und
weil die Res gestae so detailreich sind, wird der eigentlichen
Interpretation ein philolo-
gisch-historischer Kommentar vorausgeschickt29, der auch die
Realien erklärt, die aufgrund
sive Historian, Cambridge 2008, und jeder, der sich mit der
Allusivität bei Ammian befasst, muss sich an Kellys Arbeit
orientieren und wird dann immer wieder mit Bewunderung feststellen,
wieviel man für Am- mians Arbeitsweise und seine Auffassung von
Geschichtsschreibung aus den von Kelly genauestens nach dem von ihm
gefundenen Klassifizierungssystem (pp. 198-214) analysierten
Beispielen gewinnt. Weitge- hend ausgeklammert bleibt aber bei
Kelly, ob nicht auch wie bei den exempla durch die Anspielungen das
Paradox entsteht, dass einerseits die zeitliche Dimension in die
Vergangenheit und manchmal auch in die Zukunft „verlängert“ wird
und andererseits durch die notwendige Assoziation „Also war so
etwas schon einmal da und wird vielleicht auch wieder so sein“
etwas Ahistorisches in die Darstellung kommt.
27 Letzte mir zu diesem Thema bekanntgewordene Arbeit ist DAVIES,
JASON P.: Romes Religious History: Li- vy, Tacitus and Ammianus on
their Gods, Cambridge 2004 (es sei denn, man nähme wegen Julian
auch ELM, SUSANNA: Sons of Hellenism, Fathers of the Church.
Emperor Julian, Gregory of Nazianzus, and the Vision of Rom,
Berkeley Los Angeles London 2012 dazu). Da das Thema immer noch
äußerst kontrovers diskutiert wird und für manche Wissenschaftler
die Auseinandersetzung zwischen Christentum und Hei- dentum das
Thema der Spätantike ist, ich mich aber darin nicht für kompetent
halte und auch der Mei- nung bin, dass es in den von mir
behandelten Geschichten Ammians keine Rolle spielt, wird es von mir
nicht weiter behandelt.
28 Es ist gar nicht so einfach, Belege dafür in der modernen
Literatur zu Ammian zu finden (Wer gibt schon gerne zu, dass er
Schwierigkeiten hat, mit dem Latein Ammians zurechtzukommen?). Nur
indirekt ver- weist darauf ein Satz bei Rosen (ROSEN (1982) 10):
„Aber erst ihre [gemeint sind Ammians Res gestae] Sprache macht sie
zu einem der am mühevollsten zu übertragenden Prosawerke
überhaupt.“ Dass man jedoch diese Schwierigkeit bewältigen muss und
ihr nicht durch Arbeit allein mit Übersetzungen entgehen kann,
findet sich bei A.J. WOODMAN: Readers and Reception: A Text Case,
in: MARINCOLA, JOHN (Hrg.): A Companion to Greek and Roman
Historiography Chichester 2011, 133 – 144 S.144:“If they [gemeint
sind scholars of historiography] read in anything but the original
Latein, the reader will be unable to distin- guish actual
historical information from the authors imaginative constructions.
And the study of history itself becomes impossible if readers do
not acquire the means to distinguish fact from fiction.“
29 Für AMM. 16,10 gibt es einen derartigen modernen Kommentar: DE
JONGE, P., Philological and Historical Commentary on Ammianus
Marcellinus XVI, Groningen 1972, ss. 109-145, für AMM. 20,4-5 gibt
es derar- tige moderne Kommentare: SZIDAT, JOACHIM: Historischer
Kommentar zu Ammianus Marcellinus Buch XX–XXI, Teil I: Die Erhebung
Julians, Wiesbaden/Stuttgart 1977 (= Historia ES H. 31) ss.
129-181; DEN BOEFT, J., D. DEN HENGST, H.C.TEITLER, Philological
and Historical Commentary on Ammianus Marcelinus XX, Gronin-gen
1987 ss. 51-133. De Jonge behandelt im Kommentar zu 16,10 neben
einigen Fragen zur Konstituierung des Textes vor allem die
Eigenheiten der ammianeischen Sprache hinsichtlich des Wortge-
brauchs und der Syntax und zitiert dabei und auch in der Erklärung
der Realien mehrfach den Kommentar von Wagner-Erfurdt. Was den
historischen Teil betrifft, so geht es vor allem um
prosopographische An- gaben, während Angaben zu Allusivität,
Glaubwürdigkeit Ammians, Funktion der exempla und zur Kom- position
des Textes nicht behandelt werden. Szidat konzentriert sich in
seinem Kommentar zu 20,4-5 trotz einiger Anmerkungen zu
philologisch-sprachlichen Problemen vor auf den historischen Gehalt
dieser Er- zählung. Dabei versucht er unter Auswertung aller
Berichte, die in mehr oder weniger ausführlicher Schil- derung sich
auf die Erhebung Julians zum Augustus beziehen, den Ablauf samit
der Vorgeschichte zu re- konstruieren und alle sich aus Ammians
Erzählung ergebenen Probleme zu lösen, stößt daber aber, da er sich
den Ergebnissen der Arbeiten von Straub und Alföldi vorbehaltlos
anschließt und die Problematik der Glaubwürdigkeit Ammians
weitgehend ausklammert, mehrfach auf Ungereimtheiten und
Widersprüche in Ammians Erzählung. Der Kommentar von DEN BOEFT u.a.
zu AMM. 20,4-5 ist formal (d.h. in der Gliede- rung nach Lemmata
und großenteils auch in der Abgrenzung der Lemmata) das Vorbild für
meinen philo- logisch-historischen Kommentarteil gewesen, und so
wie bei den Boeft u.a. vieles von dem, was bei Szi-
10
des zeitlichen Abstandes erklärungsbedürftig sind, der aber auch
möglichst vollständig sog.
Parallelstellen aus Ammian selbst und aus anderen Autoren anführt,
um so die Besonder-
heiten von Sprache und Stil Ammians besser zu erkennen. Dazu kommen
die Stellen,
wiederum aus Ammian selbst und anderen Autoren, deren Kenntnis
Voraussetzung dafür
ist, dass man exempla und vor allem auch Anspielungen richtig
versteht. So nebenbei wird
damit auch einfach durch die Quantität ein Beweis für Ammians
bookish-Sein geführt.
Dieser Kommentar ist nach den Kola oder Sätzen des ammianeischen
Textes gegliedert.
Da allgemein anerkannt ist, dass Ammian belesen war und der
Detailreichtum der Res ge-
stae sicherlich auch eine Folge dieser Belesenheit ist, werden im
Kommentar lexikalische,
inhaltliche und motivische Ähnlichkeiten aufgeführt, und im
Kommentar und / oder in der
Interpretation wird versucht zu klären, welche Funktion sie in der
Erzählung haben.
Weil die Rhetorisierung der Literatur der Spätantike heute nicht
mehr bezweifelt wird,
aber nur selten in der Historiographie nachgewiesen wird, wird
versucht, an repräsentati-
ven Stellen diesen Nachweis zu erbringen.
Weil jede Rhetorisierung eine Manipulation der dargestellten
Wirklichkeit ist und weil Ar-
beiten speziell zu Ammian zumindest das negative Ergebnis erbracht
haben, dass es
manchmal nicht so gewesen sein kann, wie Ammian es schildert, wird
der Ammiantext
nicht nur daraufhin untersucht, wo derartige Stellen sind, sondern
in der Interpretation auch
versucht zu klären, ob die Rhetorisierung in Form der inventio
Auswirkungen auf die dar-
gestellte Wirklichkeit hat.
Es ist in der Forschung zur antiken Historiographie unbestritten,
dass Reden keine Au-
thentizität beanspruchen können und Historizität nur in dem Sinne,
dass in bestimmten
Situationen in der Regel eine Rede gehalten wurde und dass das
Gesagte nicht zu Wider-
sprüchen zum Geschehensverlauf, zu den Rahmenbedingungen der Rede
und im weitesten
Sinne zum Sprecher (Aussehen, Charakter, Denkweise u.ä.) führen
durfte. Dieses Prinzip
ist natürlich auch in der folgenden Arbeit beachtet.
Aus dem bewussten Anschluss Ammians an die klassische
Historiographie in lateinischer
Sprache folgt, dass auch Ammian, wenn er nicht als naiver
Geschichtenerzähler dastehen
will, in seinen Res gestae von einer bestimmten
Geschichtsauffassung ausgehend die Dar-
dat steht, erscheint, so kommt auch inhaltlich vieles von dem, was
bei den Boeft u.a. steht, wieder in mei- nem Kommentar vor (wobei
ich mich bemüht habe, das jeweils kenntlich zu machen). Da jedoch
seit 1987 auch im grammatisch-sprachlichen und
stilistisch-literarischen Bereich die Kenntnisse hinsichtlich
Ammians Res gestae umfangreicher geworden sind, habe ich es für
nötig gehalten, dem in meinem Kom- mentar Rechnung zu tragen. Nicht
zuletzt soll in meinem Kommentar auch vorbereitet werden, was in
der Interpretation besonderes Gewicht erhält, aber bei den Boeft
u.a. noch nicht so intensiv bearbeitet ist, die Erzähltechnik
Ammians, deren Einfluss auf die Darstellung des Geschehens, die
inventio in Ammians Er- zählungen und die Glaubwürdigkeit
Ammians.
11
stellung dazu benutzt hat, die Res gestae nach dieser
Geschichtsauffassung zu gestalten,
wie es Sallust, Livius und Tacitus auch getan haben. Schon ein
flüchtiger Blick auf das,
was vom Gesamtwerk erhalten ist, zeigt, dass bei Ammian zu dieser
Tendenz vor allem im
Hinblick auf die Hauptakteure in den Res gestae eine ausgeprägte
Tendenziosität kommt.
Beides nachzuweisen, wird neben anderem Ziel der Interpretation
sein.
Um einen hinreichenden Nachweis zu erbringen, dass es in den Res
gestae so etwas wie
eine für das gesamte Werk geltende Tendenz gibt, müsste natürlich
der gesamte erhaltene
Text der Res gestae interpretiert werden. Das gilt ebenso für den
Versuch eines Nachwei-
ses, dass Ammian bewusst an die klassische lateinische
Historiographie anschließt. Das ist
natürlich nicht möglich (Die von DE JONGE in den Dreißigerjahren
des vorigen Jahrhunderts
begonnene und von DEN BOEFT u.a. fortgeführte Kommentierung des
erhaltenen Gesamt-
werks ist bis heute noch nicht abgeschlossen!30). Dass die dadurch
erzwungene Auswahl
dann auf AMM. 16,10 und AMM. 20,4-5 gefallen ist, ist in folgendem
begründet: Beide
Stellen stechen aus dem durchgehend detailreichen Gesamtwerk noch
einmal durch
besonderen Detailreichtum hervor, eignen sich also in besonderer
Weise, in einem
speziellen Aspekt zu erforschen, was Ammian mit diesem
Detailreichtum bezweckt und
inwiefern dieser dazu beiträgt, seine Entscheidung für die
klassische Form der
Geschichtsschreibung zu begründen. Daneben, und zwar gleichwertig,
wenn nicht sogar
wichtiger, zwei weitere Ansätze: In den Res gestae ist die Reihe
der Stadtpräfekten der
Stadt Rom fast vollständig und meist sogar verbunden mit einer den
Stadtpräfekten
betreffenden Episode wiedergegeben (was für den in den Res gestae
behandelten Zeitraum
auch für Konstantinopel möglich gewesen wäre, aber nicht
geschieht). Dies ist eindeutig
ein Zeichen für die große Bedeutung, die die Stadt Rom für Ammian
hat. Rom ist auch in
AMM. 16,10 der Schauplatz im Zentrum der Geschichte, und für Ammian
einer der beiden
„Hauptakteure“. Constantius II. ist nicht nur im Hinblick auf die
Gesamttendenz der Res
gestae wichtig, sondern neben den anderen Kaisern des von Ammian
behandelten
Zeitraumes (Julian, Jovian, Valentinian, Valens, Gratian)
derjenige, an dem man vor allem
die Tendenziosität von Ammians Geschichtsschreibung nachweisen
kann.
Die die Geschichte Julians behandelnden Bücher (15-25) nehmen
innerhalb der erhal-
tenen Bücher (14-31) insofern eine Sonderstellung ein, als der
darin behandelte Zeitraum
(355–363 n.Chr. = 7,5 Jahre) im Vergleich zu dem in den letzten
Büchern (26-31) behan-
delten Zeitraum (363–378 n.Chr. = knapp 15 Jahre) nur ungefähr halb
so groß ist, die Dar-
30 Inzwischen ist dies eingetreten: Zu Anfang des Jahres 2018 ist
der Kommentar zum 31. Buch erschienen (J. DEN BOEFT, J.W. DRIJVERS,
D. DEN HENGST, H.C. TEITLER: Philological and Historical Commentary
on Ammmianus Marcellinus XXXI Leiden • Boston 2018).
12
stellung also weitaus ausführlicher ist als in den anderen Büchern
(was, wenn man an-
nimmt, dass das Gesamtwerk mit der Regierung Nervas (96 n.Chr.)
begonnen hat, noch
auffälliger ist). Allein schon daraus wird klar, dass für Ammian
die Geschichte Julians in
der Geschichte des Römischen Reiches, soweit er sie überblicken
kann, so etwas wie einen
Kulminationspunkt darstellt. Da auch ohne eingehendere Analyse
allein aus der Kenntnis
der Biographie Julians hervorgeht, dass innerhalb der Geschichte
Julians die Erhebung
zum Augustus ebenfalls so etwas wie einen Kulminationspunkt
darstellt, ist damit eine hin-
reichende Begründung gegeben, AMM. 20,4-5 eingehender zu
untersuchen. Da man allein
aus den quantitativen Verhältnissen herleiten kann, welche
Bedeutung Ammian der Ge-
schichte Julians beimisst, aber aus dem Abstand der heutigen Zeit
man es ohne weiteres sa-
gen darf, dass hier in der Bewertung Ammians irgendwie ein
Missverhältnis vorliegt,
dürfte auch AMM. 20,4-5 besonders geeignet sein, um die
Tendenziosität Ammians in einem
konkreten Fall zu belegen.
2.1. Text (Ammianus Marcellinus, Res Gestae 16, 10, 1 – 21)
1: Haec dum per Eoas partes et Gallias pro captu temporum
disponuntur, Constantius,
tamquam recluso Iani templo, stratisque hostibus cunctis, Romam
visere gestiebat, post
Magnentii exitium absque nomine ex sanguine Romano triumphaturus.
2: Nec enim gen-
tem ullam bella cientem per se superavit, aut victam fortitudine
suorum comperit ducum,
vel addidit quaedam imperio, aut usquam in necessitatibus summis
primus, vel inter primos
est visus, sed ut pompam nimis extentam, rigentiaque auro vexilla,
et pulcritudinem stipa-
torum ostenderet agenti tranquillius populo. haec vel simile
quidquam videre nec speranti
umquam nec optanti, 3: ignorans fortasse quosdam veterum principum
in pace quidem lic-
toribus fuisse contentos: ubi vero proeliorum ardor nihil perpeti
poterat segne, alium anhe-
lante rabido flatu ventorum lenunculo se commisisse piscantis,
alium ad Deciorum exem-
pla vovisse pro re publica spiritum, alium hostilia castra per
semet ipsum cum militibus
infimis explorasse: diversos denique actibus inclaruisse
magnificis, ut gloriosas suas res
posteritati celebri memoria commendarent. 4: Ut igitur multa
quaeque consumpta sunt in
adparatu ... secunda Orfiti praefectura, transcurso Ocriculo,
elatus honoribus magnis, stipa-
tusque agminibus formidandis, tamquam acie ducebatur instructa,
omnium oculis in eo
contuitu pertinaci intentis. 5: Cumque urbi propinquaret, senatus
officia, reverendasque
patriciae stirpis effigies ore sereno contemplans, non ut Cineas
ille Pyrrhi legatus in unum
coactam multitudinem regum, sed asylum mundi totius adesse
existimabat. 6: Unde cum se
vertisset ad plebem, stupebat, qua celeritate omne, quod ubique
est, hominum genus con-
fluxerit Romam: et tamquam Euphraten armorum specie territurus aut
Rhenum, altrin-
secus praeeuntibus signis, insidebat aureo solus ipse carpento,
fulgenti claritudine lapidum
variorum: quo micante, lux quaedam misceri videbatur alterna. 7:
Eumque post antegressos
multiplices alios, purpureis subtegminibus texti circumdedere
dracones, hastarum aureis
gemmatisque summitatibus illigati, hiatu vasto perflabiles, et ideo
velut ira perciti sibilan-
tes, caudarumque volumina relinquentes in ventum. 8: Et incedebat
hincinde ordo geminus
armatorum, clypeatus atque cristatus, corusco lumine radians,
nitidis loricis indutus; sparsi-
que cataphracti equites, quos clibanarios dictitant, personati
thoracum muniti tegminibus,
et limbis ferreis cincti, ut Praxitelis manu polita crederes
simulacra, non viros: quos lami-
narum circuli tenues apti corporis flexibus ambiebant, per omnia
membra deducti: ut, quo-
cumque artus necessitas commovisset, vestitus congrueret iunctura
cohaerenter aptata. 9:
Augustus itaque faustis vocibus adpellatus, montium litorumque
intonante fragore cohor-
14
ruit, talem se tamque immobilem, qualis in provinciis suis
visebatur, ostendens. 10: Nam et
corpus perhumile curvabat portas ingrediens celsas, et velut collo
munito rectam aciem
luminum tendens, nec dextra vultum, nec laeva flectebat; tamquam
figmentum hominis:
non, cum rota concuteret, nutans, nec spuens, aut os aut nasum
tergens vel fricans, manum-
ve agitans visus est umquam. 11: Quae licet adfectabat, erant tamen
haec et alia quaedam
in citeriore vita patientiae non mediocris indicia, ut existimari
dabatur, uni illi concessae.
12: Quod autem per omne tempus imperii, nec in consessum vehiculi
quemquam suscepit,
nec in trabea socium privatum adscivit, ut fecere principes
consecrati, et similia multa,
quae elatus in arduum supercilium tamquam leges aequissimas
observavit, praetereo,
memor, ea me rettulisse, cum incidissent. 13: Proinde Romam
ingressus, imperii virtutum-
que omnium larem, cum venisset ad Rostra, perspectissimum priscae
potentiae forum, ob-
stupuit: perque omne latus, quo se oculi contulissent, miraculorum
densitate praestrictus,
adlocutus nobilitatem in curia populumque e tribunali, in palatium
receptus favore multi-
plici, laetitia fruebatur optata; et saepe cum equestres ederet
ludos, dicacitate plebis oblec-
tabatur, nec superbae, nec a libertate coalita desciscentis,
reverenter modum ipse quoque
debitum servans. 14: Non enim, ut per civitates alias, ad arbitrium
suum certamina finiri
patiebatur: sed ut mos erat, variis casibus permittebat. Deinde
intra septem montium
culmina, per acclivitates planitiemque posita urbis membra
collustrans et suburbana, quid-
quid viderat primum, id eminere inter alia cuncta sperabat: Iovis
Tarpei delubra, quantum
terrenis divina praecellunt: lavacra in modum provinciarum
exstructa; amphitheatri molem
solidatam lapidis Tiburtini compage, ad cuius summitatem aegre
visio humana conscendit;
Pantheum, velut regionem teretem speciosa celsitudine fornicatam;
elatosque vertices, qui
scansili suggestu consurgunt, priorum principum imitamenta
portantes, et Urbis templum,
forumque Pacis, et Pompei theatrum, et odeum, et stadium, aliaque
inter haec decora urbis
aeternae. 15: Verum, cum ad Traiani forum venisset, singularem sub
omni caelo structu-
ram, ut opinamur, etiam numinum adsensione mirabilem, haerebat
attonitus, per giganteos
contextus circumferens mentem, nec relatu effabiles, nec rursus
mortalibus adpetendos.
Omni itaque spe huiusmodi quidpiam conandi depulsa, Traiani equum
solum locatum in
atrii medio, qui ipsum principem vehit, imitari se velle dicebat,
et posse. 16: Cui prope
adstans regalis Hormisda, cuius e Perside discessum supra
monstravimus, respondit astu
gentili: Ante, inquit, Imperator, stabulum tale condi iubeto, si
vales: equus, quem fabricare
disponis, ita late succedat, ut iste, quem videmus. Is ipse
interrogatus, quid de Roma senti-
ret, Id tantum sibi placuisse, aiebat, quod didicisset ibi quoque
homines mori. 17: Multis
igitur cum stupore visis horrendo, Imperator de fama querebatur ut
invalida vel maligna,
15
quod augens omnia semper in maius, erga haec explicanda, quae Romae
sunt, obsolescit:
deliberansque diu, quid ageret, urbis addere statuit ornamentis, ut
in maximo circo erigeret
obeliscum, cuius originem formamque loco competenti monstrabo. 18:
Inter haec Helenae
sorori Constantii, Iuliani coniugi Caesaris, Romam adfectionis
specie ductae, regina tunc
insidiabatur Eusebia, ipsa, quoad vixerat, sterilis: quaesitumque
venenum bibere per frau-
dem illexit, ut quotiescumque concepisset, immaturam abiceret
partum. 19: Nam et pri-
dem in Galliis, cum marem genuisset infantem, hoc perdidit dolo,
quod obstetrix corrupta
mercede, mox natum, praesecto plus quam convenerat umbilico,
necavit: tanta tamque dili-
gens opera navabatur, ne fortissimi viri suboles adpareret. 20:
Cupiens itaque augustissima
omnium sede morari diutius Imperator, ut otio puriore frueretur et
voluptate, adsiduis nun-
tiis terrebatur et certis, indicantibus Suevos Raetias incursare,
Quadosque Valeriam, et Sar-
matas, latrocinandi peritissimum genus, superiorem Moesiam et
secundam populari Panno-
niam: quibus percitus, tricesimo, postquam ingressus est, die, IV.
Kal. Iunias ab urbe pro-
fectus, per Tridentum iter in Illyricum festinavit. 21: Unde misso
in locum Marcelli Severo,
bellorum usu et maturitate firmato, Ursicinum ad se venire
praecepit. Et ille, litteris gratan-
ter acceptis, Sirmium venit, comitantibus sociis: libratisque diu
super pace consiliis, quam
fundari posse cum Persis Musonianus rettulerat, in Orientem cum
magisterii remittitur
potestate: provectis e consortio nostro ad regendos milites natu
maioribus, adulescentes
eum sequi iubemur, quidquid pro re publica mandaverit
impleturi.
2.2 Übersetzung
1: Während diese Anordnungen in den östlichen Teilen (des Reiches)
und in Gallien
entsprechend den zeitlichen Möglichkeiten getroffen wurden,
wünschte Constantius, so als
sei der Janustempel (wieder) geschlossen und als seien alle Feinde
niedergeworfen, Rom
zu besuchen, um nach dem Untergang des Magnentius, ohne einen
Siegernamen (zu erhal-
ten), aufgrund (des Vergießens) von römischem Blut einen Triumph zu
feiern. 2: Denn er
besiegte kein Volk, das Kriege aufleben ließ, von sich aus [unter
eigener Führung] und
erfuhr auch nicht, dass eines durch die Tapferkeit seiner Führer
besiegt worden sei, fügte
auch nichts dem Reich hinzu und wurde nirgends in höchsten Gefahren
als erster (in vor-
derster Linie) und auch nicht unter den ersten gesehen, sondern (er
feierte den Triumph),
um einen allzu ausgedehnten Festzug, goldstarrende Fahnen und die
Schönheit seines
Gefolges einem Volk zu zeigen, das ruhig lebte und deshalb niemals
erwartete und auch
nicht wünschte, das oder etwas Ähnliches zu sehen, 3: wobei er
vielleicht nicht wusste,
dass einige von den alten Kaisern im Frieden sich mit Liktoren
begnügt haben, wo aber die
16
Hitze der Schlachten nichts Langsamträges dulden konnte, dass da
der eine trotz des
wütenden Wehens der Winde sich einem Fischerkahn anvertraut hat,
ein anderer nach dem
Vorbild der Decier sein Leben für den Staat geweiht hat und wieder
ein anderer das feind-
liche Lager von sich aus mit den einfachsten Soldaten erkundet hat,
dass schließlich diese
auf verschiedene Art durch großartige Taten berühmt geworden sind,
so dass sie ihre eige-
nen ruhmreichen Taten der glänzenden Erinnerung der Nachwelt
anvertrauten. 4: Sobald
also vieles und das, was bei der Vorbereitung verbraucht worden war
(?), .... zog er
während der zweiten Präfektur des Orfitus durch Ocriculum und
weiter dahin, stolz auf die
großen Ehrungen, umgeben von furchterregenden Abteilungen, so als
sei das Heer in
Schlachtordnung aufgestellt, wobei die Augen aller auf diesen
Anblick unablässig gerichtet
waren. 4: Und als er sich der Stadt näherte, betrachtete er mit
heiterem Gesicht die Ehr-
erbietungen des Senats und die ehrwürdigen Bilder des
Patrizierstammes und meinte, nicht
wie Kineas, jener Gesandte des Pyrrhus, dass eine Menge Könige sich
an einem Ort ver-
sammelt habe, sondern dass ein Asyl für die ganze Welt da sei. 6:
Als er sich von da zur
Plebs gewandt hatte, staunte er, mit welcher Schnelligkeit das
gesamte Menschen-
geschlecht, das es überall gibt, in Rom zusammengeströmt sei: und
so, als wolle er den
Euphrat oder den Rhein durch den Glanz der Waffen erschrecken, saß
er, während auf
beiden Seiten die Feldzeichen vorausgingen, selbst allein auf einem
goldenen Wagen, in
der leuchtenden Klarheit verschiedener (Edel)Steine; da dieser so
funkelte, schienen sich
gewissermaßen zwei Lichter zu mischen. 7: Ihn umgaben hinter
vielfältigen anderen, die
vorausgingen, die Drachen, die aus purpurnen Stoffen gewebt waren,
die an die mit Gold
und Edelsteinen besetzten Spitzen der Lanzen gebunden waren, die
wegen des riesigen
Rachens durchweht werden konnten und deshalb wie vom Zorn erregt
zischten und die
Spiralen ihrer Schwänze im Wind (hinter sich) ließen. 8: Und hier
schritt auf beiden Seiten
die doppelte Reihe der Bewaffneten einher, mit Schild und mit
Helmbusch ausgestattet, in
hellem Lichte strahlend, mit leuchtenden Panzern bekleidet; und
(dazwischen) verstreut die
Panzerreiter, die man clibanarii nennt, maskiert, durch
Panzerbedeckungen geschützt und
mit eisernen Gürteln gegürtet, so dass man hätte glauben können, es
seien Statuen, von der
Hand des Praxiteles geglättet, nicht (lebende) Menschen; dünne
Blechstreifen, passend zu
den Biegungen des Körpers, die über alle Körperteile gezogen waren,
umgaben sie, so dass
die Bekleidung, egal wohin die Notwendigkeit die Glieder bewegte,
sich anpasste, da die
Scharniere zusammenhängend eingefügt waren. 9: Und so mit
glückverheißenden Rufen
Augustus genannt, erstarrte er vor Schrecken (nicht), als das
Getöse der Berge und Ufer
donnernd ertönte, wobei er sich solchermaßen und so unbeweglich
zeigte, wie man ihn in
17
seinen eigenen Provinzen sah. 10: Denn er krümmte seinen sehr
kleinen Körper, wenn er
durch hohe Tore hindurchfuhr, und drehte sein Gesicht weder nach
rechts noch nach links,
wie das Abbild eines Menschen, wobei er, als ob sein Hals befestigt
sei, den Blick der
Augen geradeaus richtete, und man sah ihn niemals schwanken, obwohl
das Rad (ihn)
durchschüttelte, oder spucken oder den Mund oder die Nase wischen
oder reiben oder mit
der Hand fuchteln. 11: Mochte er das auch erkünsteln, so waren dies
und manches andere
in seinem „Privat“leben Anzeichen für eine nicht mittelmäßige
Selbstbeherrschung, die
allein ihm gewährt war, wie man glauben durfte. 12: Dass er aber
während seiner gesamten
Regierungszeit niemanden zum Sitzen in seinem Wagen genommen hat
und keinen priva-
ten Gefährten im Konsulat hinzugenommen hat, wie es zu Göttern
erklärte Kaiser getan
haben, und vieles Ähnliches, was er, zu hohem Stolz erhoben, wie
äußerst gerechte Geset-
ze beachtet hat, übergehe ich, da ich mir bewusst bin, dass ich es
(dann) erzählt habe, wenn
es vorgefallen ist. 13: Er zog also in Rom ein, der Heimstatt des
Reiches und aller Tugen-
den. Als er zur Rostra auf dem Forum, dem sichtbarsten (Zeichen)
der alt(ehrwürdig)en
Macht, gekommen war, staunte er. Überall, wohin sich seine Augen
begaben, von der
Dichte der Wunder geblendet, redete er zum Adel in der Kurie, zum
Volk von der Redner-
tribüne aus; unter vielfältiger Gunst wurde er im Palast empfangen
und genoss die er-
wünschte Freude. Und oft, wenn er Reiterspiele gab, freute er sich
über die Witzigkeit der
Plebs, und weil sie weder hochmütig war noch von der angeborenen
Freiheit abwich,
wahrte auch er selbst ehrerbietig das geschuldete Maß. 14: Denn er
ließ nicht, wie in ande-
ren Städten, die Wettkämpfe nach seinem eigenen Gutdünken beenden,
sondern er überließ
es, wie es Brauch ist, den verschiedenartigen Zufällen. Und als er
dann die Teile der Stadt,
die innerhalb der Gipfel der sieben Berge und auf den Hängen und in
der Ebene liegen, und
die Vorstädte besuchte, da erwartete er, dass, egal, was er zuerst
gesehen hatte, das alles
andere überrage: die Heiligtümer des Jupiter Tarpeius, soweit
Göttliches Irdisches über-
ragt, die nach der Art von Provinzen erbauten Bäder, die Masse des
Amphitheaters, gefes-
tigt durch das Gefüge aus tiburtinischem Stein, (des
Amphitheaters), zu dessen oberem
Rand der menschliche Blick kaum hinaufsteigt, das Pantheon, wie
eine runde Stadtgegend,
die in spektakuläre Höhe gewölbt ist; und die hohen Scheitel, die
sich auf besteigbarem
Unterbau erheben und die Statuen früherer Kaiser tragen, und der
Tempel der Stadt, das
Forum Pacis, und das Theater des Pompeius, das Odeion, das Stadion
und dazwischen
andere (weitere) Schmuckstücke der ewigen Stadt. 15: Als man aber
zum Trajansforum
gekommen war, einem einzigartigen Bauwerk unter dem ganzen Himmel,
bewunderswert
auch, wie wir meinen, aufgrund der Zustimmung der Götter, da blieb
er „angedonnert“ wie
18
angewurzelt stehen, ließ seinen Blick über die gigantischen
zusammenhängenden Bau-
werke schweifen, die man nicht beschreiben kann und die (zu bauen)
von Sterblichen nicht
wieder angestrebt werden sollte. Und so sagte er, weil alle
Hoffnung vertrieben war, etwas
derartiges zu versuchen, dass er allein das Pferd des Traian, das
mitten im Atrium steht und
den Kaiser selbst trägt, nachahmen wolle und könne. 16: Der Prinz
Hormisdas, der ganz in
der Nähe stand, dessen Weggang aus Persien wir an früherer Stelle
erwähnt haben,
bemerkte mit der für sein Volk typischen Schläue und sagte:
„Vorher, (mein) Kaiser, lass
einen solchen Stall bauen, wenn du es vermagst: das Pferd, das du
herstellen lassen willst,
soll so in der Breite daruntergehen, wie das da, das wir sehen,
(breit ist).“ Eben dieser ant-
wortete, als er gefragt wurde, was er über Rom denke, ihm habe nur
das gefallen, dass er
erfahren habe, dass auch dort Menschen sterben.“ 17: Als nun vieles
mit erschreckendem
Staunen besichtigt worden war, da beklagte der Kaiser sich über die
Fama, da sie schwach
oder bösartig sei, weil sie, obwohl sie (sonst) immer alles
vergrößere, unscheinbar (und
nicht in der Lage sei), das zu erklären, was in Rom sei; und als er
lange überlegte, was er
tun solle, beschloss er, den Schmuckstücken der Stadt etwas
hinzuzufügen, nämlich im
Zirkus Maximus einen Obelisken aufrichten zu lassen, über dessen
Herkunft und Aussehen
ich an passender Stelle berichten werde. 18: Währenddessen
unternahm die damalige Kö-
nigin Eusebia, die selbst unfruchtbar war, solange sie gelebt
hatte, einen Anschlag auf
Helena, die Schwester des Constantius, die Ehefrau des Cäsars
Julian, die, indem man
besondere Zuneigung heuchelte, nach Rom geholt worden war. Sie
suchte ein Gift und
brachte sie durch Betrug dazu, es zu trinken, damit sie jedesmal,
wenn sie schwanger
würde, eine Fehlgeburt hätte. 19: Denn schon vorher brachte sie in
Gallien, als Helena
einen Jungen geboren hatte, diesen mit der List um, dass die Amme,
die bestochen worden
war, den gerade Geborenen tötete, indem sie die Nabelschnur weiter
als man durfte, ab-
schnitt; so große und so sorgfältige Mühe wurde aufgewendet, damit
keine Nachkommen-
schaft des größten Helden zur Welt käme. 20: Obwohl also der Kaiser
wünschte, an dem
allerehrwürdigsten Sitz länger zu verweilen, um reinere Muße und
Freude zu genießen,
wurde er durch ständige und zuverlässige Nachrichten erschreckt,
die anzeigten, die Sue-
ben seien in Rätien eingefallen, die Quaden in Valeria und die
Sarmaten, ein äußerst erfah-
renes Volk bei Raubzügen, verwüsteten das obere Mösien und das
zweite Pannonien.
Dadurch beunruhigt, brach er am dreißigsten Tag, seitdem er
eingezogen war, d.h. am 30.
Mai, von der Hauptstadt auf und eilte über Tridentum nach
Illyricum. 21: Nachdem er von
da den Severus, einen kriegserfahrenen, gereiften und gefestigten
Mann an die Stelle des
Marcellus geschickt hatte, ließ er Ursicinus zu sich kommen. Und
der kam, nachdem er
19
den Brief mit Freuden erhalten hatte, in Begleitung der Gefährten
nach Sirmium. Nachdem
man lange über den Frieden Pläne erwogen hatte, der nach dem
Bericht des Musonianus
mit den Persern fest geschlossen werden könne, wurde er mit der
Amtsgewalt eines Magis-
ters in den Osten geschickt; nachdem die Älteren aus unserer
Gemeinschaft befördert wor-
den waren, um die Soldaten zu führen, erhielten wir Jungen den
Befehl, ihm zu folgen, um
alles zu erfüllen, was er im Interesse des Staates befehle.
2.3 Kommentar
10,1: haec: gemeint sind die in 16,9 geschilderten, über den dux
Mesopotamiae, Cassi-
anus, gemachten Versuche des praefectus praetorio Musonianus,
zwischen Constantius
und Sapor einen Friedensschluss zustandezubringen, und die in
16,2–4 geschilderten ersten
Erfolge des Cäsars Iulian in Gallien. - per eoas partes et Gallias:
a) us,-a,-um nach
griech. ος, bzw. ος, Adjektiv zu s (griech. ς die Göttin der
Morgenröte) und
damit für den Osten stehend: „östlich“.1 Zu der hier aus zunächst
“wertfreien geographi-
schen Bezeichnungen“ (Orient und Okzident) sich in dieser Zeit
herausbildenden Antithese
von „emotional geladene(n), assoziationsbefrachteten
Schlagworte(n)“ vgl. PABST (1986)
175f. Die Antithese hier in inkonzinner Form und zugleich so etwas
wie eine polare Aus-
drucksweise. - b) Vgl. auch AMM.
18,4,2;18,5,5;22,9,14;26,5,2;30,4;31,10,11;28,1,1(in eois
tractibus);20,3,1;28,1,1;30,2,9;30,4,8. - c) Galliae: immer im
Plural, da die dem praefectus
praetorio Galliarum unterstehenden Diözesen XIII und XVI schon seit
Augustus mehrere
Provinzen umfassen. - Ammian hat in den Kapiteln 11 und 12 des 15.
Buches der Res ges-
tae einen Exkurs über Gallien gebracht. In diesem Exkurs ist in
11,6-15 die verwaltungs-
mäßige Einteilung Galliens beschrieben, beginnend mit Germania
inferior an der Mün-
dung des Rheins, dann den Rhein aufwärts bis zu den Alpen mit
Nennung jeder Provinz
(secunda Germania; prima (Germania)), dann sozusagen die nächste
Reihe, wieder be-
ginnend an der Küste (Belgica prima; secunda ... Belgica;
Lugdunensis prima; secunda ...
Lugdunensis) (Vgl. CRUMP (1975) 36). - haec ... pro captu temporum
disponuntur: Zur
Junktur pro captu temporum vgl. AMM.
14,11,42;15,1,1;21,4,23;25,6,5;25,8,10;27,8,44;
1 Wohl zuerst in Dichtung bei Catull, Vergil hat dieses Adjektiv
achtmal, vgl. HAGENDAHL (1921) 19;71; oft bei Claudian (vgl. MOES
(1980) 103); in Prosa selten seit PLIN. MAI. (6,33 ab oriente eous
... vocatur (oce- anus)). Vgl. auch DEN BOEFT u.a. (2008) 101 zu
AMM. 26,5,2. - Vgl. auch AMM. 18,4,2: ad tuendas partes eoas;
18,5,5; 22,9,14; 30,4,1; 20,3,1: per eoos tractus; 30,2,9;
30,4,8.
2 ut pro rerum tunc urgentium captu disponeretur concordi consilio
[„dass entsprechend dem Umfang der damals drängenden Sachen nach
einmütiger Beratung Anordnungen getroffen würden“]
3 inter multa, quae pro captu instantium rerum erat acturus [„unter
vielem, was er entsprechend dem Um- fang der anstehenden Dinge tun
wollte“]
4 pro captu virium; ROWELL (1966) 844 schließt aus dieser Angabe,
dass der Exkurs über Britannien (in den verlorengegangenen Büchern
der Res gestae) ausführlich gewesen sein muss. Zu seinen
Folgerungen vgl. auch zu 29,5,18.
20
Substantiv captus,-us die Bedeutung „Umfang“, „Fassungsvermögen“
und die jeweils
durch pro captu + genet. gebildete Junktur gibt letztlich eine
Einschränkung für den ge-
schilderten Vorgang an [in 25,6,5 ist der Bau des Lagers dadurch
eingeschränkt, dass man
sich in einem Tal befindet], ohne dass jedoch dadurch eine
Bewertung des Vorgangs durch
den Autor vorgenommen würde, vielmehr ist speziell die Junktur pro
captu temporum bei
Ammian zu einer Floskel in Sätzen geworden, die zu einem neuen
Abschnitt überleiten,
was man z.B. daran sehen kann, dass Ammian diese Floskel in
31,10,20, obwohl es auch
da um an die Zeitumstände angepasste Anordnungen geht (dispositis),
zu poscebant setzt. -
quasi cluso Iani templo: a) V liest quam recluso Iani templo. Quam
muss korrupt sein.
Recludere = claudere [gewöhnlich recludere „aufschließen“]8 ist
nicht zu belegen [GEOR-
GES 2,2228 führt nur diese Stelle an; die drei von DE JONGE (1972)
110 angeführten Stellen
(Dig. 42,1,15,2;47,2,21,6; Instit. 2,2,7) können nicht ohne
weiteres als Beleg gewertet wer-
den, da an allen drei Stellen recludere bedeutet „etwas irgendwo
einschließen, wegschlie-
ßen“ (die Ortsangabe ist immer vorhanden). Re- in der Bedeutung
„wieder“ ist eine der
üblichen Bedeutungen des inseparablen Präfixes re-, so dass
recludere als „wieder schlie-
ßen“ durchaus möglich ist (wenn auch sonst nicht belegt), nur dass
nicht verständlich ist,
warum es hier auf die Wiederherstellung eines früheren Zustandes
ankäme. - Da zwischen
quasi und tamquam kein Unterschied besteht (vgl. MENGE §392) – es
wird immer ein bloß
angenommener Gedanke eingeführt -, beide Konjunktionen auch bei
Partizipien vorkom-
men (in der Spätantike in zunehmendem Maße), ist es schwer zu
entscheiden, ob man die
von allen Herausgebern akzeptierte Konjektur des Heraeus (quasi
cluso ...) oder den Vor-
schlag des Valesius (tamquam recluso ...), der handschriftlich
leichter als versehentliches
Weglassen des tam- zu verstehen ist, annimmt.- Gemeint ist in
beiden Fällen, dass das
Geschlossensein des Janustempel den Frieden symbolisiert. Ob der
Brauch zur Zeit des
Constantius noch bestand9, ist für die Deutung der Stelle
irrelevant, und dass dies nicht
5 (Valentinus) ... exsules sollicitabat et milites pro temporis
captu ausorum illecebrosas pollicendo mer- cedes [„er wiegelte
Verbannte und Soldaten auf, indem er entsprechend dem Umfang der
Zeit (SEYFARTH: für den Augenblick) ihnen verlockende Belohnungen
für ihre Wagnisse versprach“]
6 ut super Armeniae statu pro captu rerum componeret impendentium
[„dass er über den Zustand Arme- niens entsprechend dem Umfang der
anstehenden Dinge Vereinbarungen treffe“]
7 dispositis igitur, quae pro temporum captu per Gallias res
rationesque poscebant, et ... [„nachdem also das angeordnet war,
was entsprechend dem Umfang der Zeiten die Umstände und die
Überlegungen für Gallien erforderten“]
8 NOVÁK (1896) 16 weist darauf hin, dass recludere bei Ammian immer
die Bedeutung „aufschließen“, „öffnen“ hat (15,3,3; 21,12,19;
22,12,8; 23,4,9; 27,12,7; 29,1,20).
9 Nach HA vit. Gord. 26,3 bestand der Brauch angeblich noch in der
Mitte des 3. Jahrhunderts: (Gordian III. eröffnet den Krieg gegen
Persien) Gordianus aperto Iano gemino, quod signum erat indicti
belli, profectus est contra Persas.
21
mehr habe so sein können, weil man sich in der Zeit eines
christlichen Kaisers befinde, ist
schon von TILLEMONT (Histoires des Empereurs T.I p. 561) als
Argument bestritten worden;
DE JONGE führt außerdem drei Stellen aus Claudian an, die sich alle
auf die Zeit des christ-
lichen Kaisers Honorius beziehen.10 - b) Zum Brauch, den Janusbogen
nur dann geschlos-
sen zu halten, wenn Frieden herrscht, vgl. DKP Bd.2, s.v. Ianus,
1311–1314 [W. EISENHUT].
Weder Augustus11 (vgl. RES GESTAE DIVI AUGUSTI, with an
introduction and commen-
tary by P.A. Brunt and J.M. Moore, Oxford 1967 (reprinted 1978),
54–55 zu Res gestae,
cap. 13) noch Claudian oder Orosius sprechen vom Janustempel. Janus
hatte zwar einen
Tempel auf dem forum holitorium, aber der oben erwähnte Brauch war
an den Ianus gemi-
nus geknüpft, einen Torbogen, der den Durchgang vom Forum zum
Argiletum und zum
Quirinal bildete. Dass Ammian Tempel und Bogen verwechselt, scheint
mir neben dem
zum Abl. abs. gesetzten quasi darauf hinzuweisen, dass der Brauch
zu Ammians Zeiten
nicht mehr bestand.12 - *c) LIV. 1,19,2: (Numa Pompilius) Ianum ad
infimum Argiletum
indicem pacis bellique fecit, apertus ut in armis esse civitatem,
clausus pacatos circa om-
nes populos significaret.13 SUET. Ner. 13,3 (Beim „Triumph“ über
Tiridates) Ianum gemi-
num clausit tamquam nullo residuo bello.14 - CLAUDIAN. 27,637–639:
perpetuisque inmoto
cardine claustris / Ianus bella premens laeta sub imagine pugnae /
armorum innocuos paci
largitur honores [„und während die Türangel sich aufgrund der
ewigen Riegel nicht be-
wegt, zerdrückt Janus die Kriege unter dem frohen Bild des Kampfes
und schenkt dem
Frieden von Waffen unbeschädigte Ehren.“]15 - Vgl. auch EUTROP.
Brev. 9,2,2: (Gordian)
10 Die Stelle aus OROSIUS, Hist. adv. paganos 7,3,4 (Postquam
redemptor mundi, Dominus Iesus Christus, venit in terras et
Caesaris censu Romanus adscriptus est, dum per duodecim, ut dixi,
annos clausae belli portae beatissima pacis tranquillitate
cohibentur) kann allerdings in diesem Zusammenhang nicht als Beleg
dienen, da das Schließen des Janustempels zur Zeit des Augustus
kein Anachronismus ist.
11 AUGUSTUS, Res Gestae, 13: Ianum Quirinum, quem clausum esse
maiores nostri voluerunt, cum per totum imperium populi Romani
terra marique esset parta victoriis pax, cum prius, quam nascerer,
a condita urbe bis omnino clausum fuisse prodatur memoriae, ter me
principe senatus claudendum esse censuit. - SUET. Aug. 22: Ianum
Quirinum semel atque iterum a condita urbe ante memoriam suam
clausum in multo breviore temporis spatio, terra marique pace
parta, ter clusit. - FLOR. 4,12,64: Sic ubique certa atque continua
totius generis humani aut pax fuit sub Numa rege et victa primum
Carthagine aut pactio, aususque tandem Caesar Augustus
septingentesimo ab urbe condita anno Ianum geminum cludere, bis
ante clusum. - Allerdings Bringmann, S. 113: „Der Tempel des Gottes
Janus wurde geschlossen ...“ und auch S. 114 in seiner Übersetzung
von Res gestae 13: „Den Tempel des Janus Quirinus....“
12 Eine gewisse Bestätigung durch HA Gord. 26,3: aperto Iano
gemino, quod signum erat indicti belli, weil der Vorgang nach
Ansicht des Autors einer Erläuterung bedarf.
13 Bei Livius ist im Anschluss angegeben, wann die Schließung bis
zu seinen Zeiten vorgekommen ist (Bis deinde post Numae regnum
clausus fuit, semel T. Manlio consule post Punicum primum perfectum
bellum, iterum, quod nostrae aetati di dederunt ut videremus, post
bellum Actiacum ab imperatore Caesare Augusto pace terra marique
parta.) [Dazu VON HAEHLING (1989) 89]. Das ist hier bei Ammian
nicht von Interesse. - Bei Tacitus wird nur Ann. 2,49,1 ein
Janustempel unter denen erwähnt, deren Wiederherstellung von
Augustus übernommen und von Tiberius vollendet wurde. Allerdings
liegt dieser am Forum holitorium (Ortsangabe in derselben Form wie
bei Livius!).
14 Auffallend, dass bei Sueton in 18,1 auch der Ausdruck augendi
propagandique imperii vorkommt. 15 Der römische Kaiser Flavius
Honorius (Regierungszeit 393–423, geb. am 9. Sept. 384 in
Konstantinopel
22
Gordianus admodum puer, cum Tranquillinam Romae duxisset uxorem,
Ianum Geminum
aperuit et ad Orientem profectus Parthis bellum intulit. - Romam
visere gestiebat: a)
AMM. 22,9,14: (Iulianus) at hinc videre properans Antiochiam,
Orientis apicem pulchrum.-
b) * HOR. c. 3,3,53–56 (Weissagung der Juno) (Roma) quicumque mundo
terminus obstitit,/
hunc tanget armis, visere gestiens, / qua parte debacchentur ignes,
/ qua nebulae pluviique
rores; *CLAUDIAN. VI Cons. Hon. 331–333 (zitiert in der
Interpretation); 506-508: quin et
Clitumni sacras victoribus undas, / candida quae Latiis praebent
armenta triumphis / vise-
re cura fuit [„Ja, ihm lag auch viel daran, die den Siegern
heiligen Wasser des Clitumnus
zu besuchen, die den Triumphen Latiums (schnee)weiße Stiere
liefern“];*DIO (XIPH.) 77,
22,1: (Caracalla zieht nach Alexandreia): πικρυπτμενος τν ργν κα
ποθεν ατος
προσποιομενος [„indem er seinen Zorn verbarg und so tat, als sehne
er sich nach ihnen“];
*HERODIAN. 4,8,6: (Caracalla) κε τε ποδεχθες πολυτελς κα διατρψας
χρνου τινς
π τν λεξνδρειαν στλλετο, πρφασιν μν ποιομενος ποθεν τν π
λεξνδρ
κτισθεσαν πλιν, κα τ θε χρσασθαι ν κενοι σβουσιν ξαιρτως [„nachdem
er dort
(gemeint ist Antiocheia) aufwändig empfangen worden war und sich
ein gewisse Zeit auf-
gehalten hatte, zog er weiter nach Alexandreia, wobei er vorgab,
sich nach der unter Ale-
xander gegründeten Stadt zu sehnen und dem Gott zu opfern, den jene
ganz besonders ver-
ehren.“]. - c) Die Formulierung ist eine Horazreminiszenz: in carm.
3,3 verkündet Juno,
dass Roms Expansionsbestrebungen über die ganze Welt so lange
erfolgreich sein werden,
solange man nicht auf die Idee kommt, Troja wiedererstehen zu
lassen; was aussieht wie
als zweiter Sohn des römischen Kaisers Theodosius I. d. Gr., gest.
am 15. (?) Aug. 423 in Ravenna) besuchte anlässlich des Antritts
seines 6. Konsulats (Amtsantritt am 1. Jan. 404) die Stadt Rom.
Claudius Claudianus beschreibt im Panegyricus de sexto consulatu
Honorii Augusti den Aufbruch zu dieser Reise aus Ravenna, die Fahrt
nach Rom, den adventus des Kaisers in Rom, die Feierlichkeiten beim
Amtsantritt und die sich daran anschließenden Veranstaltungen in
Rom in den Versen 494–639 dieses Panegyricus. - Zahlreiche der
Elemente sprachlicher und inhaltlicher Art, aus denen sich die
Erzählung Ammians zusam- mensetzt, kehren in Claudians Panegyricus
wieder. Sie sind im Folgenden im Kommentar, gekennzeich- net durch
einen vorangestellten asterikos (*), in der Regel ohne
weitergehende Erläuterung, bei dem entsprechenden Lemma des
Ammiantextes angegeben. An dieser Stelle sei dazu nur bemerkt, dass
der Panegyricus des Claudian später geschrieben und ediert worden
ist als Ammians Res gestae, dass also Ammians 10. Kapitel des 16.
Buches der Res gestae einen der Prätexte zu Claudians Panegyricus
bildet. Zu allen weitergehenden Folgerungen vgl. die
Interpretation. - Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwi- schen
Ammianus Marcellinus 16,10 (a) und Claudians Panegyricus de sexto
consulato Honorii Augusto (b) (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Anlass: (a) Triumph über Magnentius – (b) Antritt des 6.
Konsulates. Anspielungen auf zentrale Ereignisse: (a) Aufrichten
des Obelisken im Zirkus Maximus – (b) Erneuerung der Mauern Roms
durch Stilicho (531). Wege: (a) (Mediolanum) – Ocriculum – Rom –
Tridentum – Raetia – Valeria – Moesia superior – Pannonia secunda –
Sirmium – (b) Ravenna – Padus – Fanum – Metaurus – Appennin –
Clitumnus – Narnia – Tibertal – Rom – Rückweg kommt nicht vor. Wege
in Rom: (a) Stadttore – Forum Romanum – palatium – Bauten im
Zentrum – Trajansforum – (b) pons Mulvius – Palatinus collis.
"Aktionen" des Einziehenden: (a) pompam ostendere (§2) – urbi
propinquare (§5) – se vertere ad plebem (§6) – kein consessus –
corpus curvare (§10) – Romam ingressus (§13) – Reden an den Adel –
an das Volk (§13) – edere ludos (§13) – venire ad Traiani forum
(§15).- (b) consessus (Stilicho – Honorius)(579/80) – Honorius
triumphans (580) – ruft die Quiriten zur rostra (587/8) – sitzt auf
solium eburneum (588) – relatio vor dem Senat.
23
der harmlose Wunsch, auch entfernte Gegenden zu besuchen und zu
besichtigen, führt im
Falle Roms zum Versuch, diese Gegenden im Krieg zu überwinden. Dies
scheint bei Horaz
Umwandlung eines Motivs, das bei Catull in carm. 11,9-10 so
aussieht: sive trans altas
gradietur Alpes, Caesaris visens monimenta magni [„sei es, dass er
über die Höhen der
Alpen hinwegschreitet und die Denkmäler des großen Cäsar
besichtigt“].16 - d) Romaufent-
halte der Kaiser in der Zeit von 298 n. Chr. bis 475 n. Chr.
aufgeführt bei DEMANDT (2007)
376 Anm. 7: Der letzte Aufenthalt vor dem ConstantiusII. der des
Nepotianus (3. Juni 350
n. Chr.), der nächste danach der Gratians im Sommer 376 n. Chr.17 -
post Magnenti exi-
tium: a) Die Herrschaft oder Usurpation des Usurpators oder röm.
Kaisers Flavius Mag-
nentius dauerte von 350 bis 353. Magnentius beging 353 in Lugdunum
Selbstmord, als sei-
ne Lage aussichtslos geworden war. Die entscheidende Niederlage
erlitt er schon am 28.
Sept. 351 bei Mursa (Pannonien) durch Constantius, dann noch einmal
353 in den Cotti-
schen Alpen. - b) SEYFARTH 1, S. 256, Anm. 1 bezieht die ersten
Worte (post emensos insu-
perabilis expeditionis eventus) des erhaltenen Teils von Ammians
Res Gestae auf Constan-
tius Siege über Magnentius. - Vgl. DKP Bd. 3, s.v. Magnentius,
882/83 [A. LIPPOLD]; DE
JONGE (1935) 105 zu AMM. 14,1,1 (wonach die Kampfhandlungen in
Gallien im Juli 353 mit
der Schlacht bei Mons Seleuci geendet hätten). - c) Ausdrücklich
bei Ammian Bezug auf
Magnentius genommen 14,5,1 (Gerontium, Magnentianae comitem
partis); 22,14,4: Bei
einem Sieg über Julian habe Constantius vorgehabt, dessen Kopf
genauso als Siegeszei-
chen durch das Reich schicken zu lassen, wie er es mit dem des
Magnentius getan habe: ut
Iuliani ad eos (gemeint sind die Bewohner von Hierapolis) mitteret
caput perduellis ingra-
ti specie illa, qua Magnenti circumlatum meminerat membrum;
Anspielungen in der Be-
zeichnung tyranni in 15,8,6 und 17,5,13 (vgl. zu 26,7,12). - absque
nomine: a) Absque ist
im Frühen Latein eine Konjunktion (= si sine), kommt im klassischen
Latein nicht vor und
taucht seit Fronto, Gellius und Apuleius als Präposition (= sine)
auf. [BRUGMAN, OSCAR:
Absque, in: Rheinisches Museum 32 (1877) 485–487; HAVERLING (1988)
45] - b) Damit ist
gemeint, dass Constantius keinen Siegertitel wie Africanus,
Britannicus, Germanicus o.ä.
erhielt. Nach Paneg. 2(12),5,4 (si eius saeculo mos ille vixisset)
kamen in der zweiten
Hälfte des 4. Jhs. derartige Siegertitel etwas aus der Mode,
wahrscheinlich weil aufgrund
des häufig zu findenden Titels victor omnium gentium überflüssig
[MCCORMICK (1986)
113f.]. - c) Anders der bei OROS. 7,10,4 geschilderte Fall:
Domitianus pravissima elatus
iactantia sub nomine superatorum hostium de extinctis legionibus
triumphavit, d.h., ob-
16 Beide Stellen schon bei BORZSÁK (1976) 365 als Reminiszenzen aus
Catull, bzw. Horaz bezeichnet. 17 Zum Besuch Gratians vgl. die
Interpretation. Vgl. auch HUMPHRIES (2003) 3.
24
wohl es auch hier um einen „Bürgerkrieg“ geht, wird der
Triumphaltitel einfach gefälscht. -
*d) Vgl. auch VERG. Aen. 557/8 (Tod des Priamus): iacet ingens
litore truncus, / avulsum-
que umeris caput et sine nomine corpus. - ex sanguine Romano: a) Ex
sanguine Romano
gibt den Grund für den Triumph des Constantius an. Ebenso im Epilog
des Constantius ex
clade provinciarum den Grund für die Errichtung der Triumphbögen18.
- b) Vgl. HA Sev.
9,10-11: atque ob hoc reversus triumpho delato appellatus est
Arabicus Adiabenicus Par-
thicus. Sed triumphum respuit, ne videretur de civili triumphare
victoria. [„und deshalb
zurückgekehrt wurde er, nachdem ihm der Triumph übertragen worden
war, Arabicus,
Adiabenicus und Parthicus genannt. Aber den Triumph wies er zurück,
damit es nicht so
aussah, als triumphiere er mit einem Sieg in einem
Bürger(krieg).“]19. - Vgl. vor allem auch
CIC. Philipp. 4,2,4: (Antonius) ardens odio, cruentus sanguine
civium Romanorum ... . - c)
Bezogen auf Constantius Krieg gegen Magnentius vgl. JULIAN, orat. 1
(ες Κωνστντιον)
42a (οδ γρ μφλιον ξιον προσαγορεειν τν πλεμον, ο βρβαρος ν γεμν
αυ-
τν ναγορεσας βασιλα κα χειροτονσας στρατηγν [„denn es war auch
nicht richtig,
als einen Bürgerkrieg den Krieg zu bezeichnen, dessen Führer ein
Barbar war, der sich
selbst zum Kaiser ernannt und als Feldherrn gewählt hatte“]), wo
Julian offensichtlich die
herrschende Ansicht, es sei ein Bürgerkrieg gewesen, dadurch zu
entkräften versucht, dass
er Magnentius zum Barbaren erklärt. - *d) LUCAN. 1,7–14: Quis
furor, o cives, quae tanta