Nebenwirkungen von Compliance
Verlust der Freiheit und (ethische) Überforderung der Mitarbeiter?
Vortrag auf der Tagung
„Unternehmerische Freiheit und Verantwortung – Compliance und Corporate Responsibilty“
am 23. Oktober 2016
Akademie Franz Hitze Haus
Münster
Werner Schiewek, Landespolizeipfarrer der EKvW und Lehrbeauftragter des Rates der EKD
für Ethik im Polizeiberuf an der Deutschen Hochschule der Polizei (DHPol) in Münster-
Hiltrup
In unserem Fall:
1. Verlust der Freiheit.
2. Ethisch-moralische Überforderung der Mitarbeiter, vielleicht auch der Unternehmen als ganzer.
Compliance
allein für sich gesehen, ist schon ein sehr anspruchsvolles Projekt.
Ein “erfolgskritischer Faktor” von Compliance besteht in der Förderung von
Ist natürlich interessant (und auch lohnenswert!), aber in aller Regel doch recht aufwendig und leider oft auch wenig nachhaltig.
Es gibt einiges zum Thema:
In Form einer freiwilligen Selbstbindung
= Einschränkung unse-rer Willkürfreiheit.
= Wir wollen nicht alles tun, was wir tun könnten.
= Übernahme von moralisch-ethischer Verantwortung.
Moralische Integrität
Lassen wir uns auf das “sachgerechte Unterscheiden” zwischen Gut und Böse wirklich ein, dann sind wir unsere “Freiheit” in einem gewissen Sinne “los”.
Antwort auf Teilfrage 1:Complicance- und Integrity-Aspekte schränken unsere Freiheit ein.
Paradoxer Effekt:
Freiheitsgewinne durch Freiheitseinschränkungen:
Gleichzeitig können wir genau deswegen mit einer Erhöhung unserer Kooperationschancen rechnen und dadurch größere Freiheitsspielräume in F/E, Produktion und Vertrieb gewinnen.
Verantwortung und Verantwortungs-dimensionen
Verantwor-tungsdimen-
sionen
Wer?
• Individuum•Korporation/ Institution
•Gesellschaft/ Staat
Woher?
• Hans Jonas
Wem gegenüber?
•Gewissen•anderen Individuen
• Institutionen
(Für) Was?
•Handlung•Unterlassung•Resultate/ ProdukteWofür?
•vorhersehbare Folgen
•unvorherseh-bare Folgen
Weswegen?
•Normen und Werte
•Gesetze
Wann?
•prospektiv•aktuell• retrospektiv
Wie?
•Verursachung•Zurechnung•Haftung
Ropohl sowie Knoepffler/Albrecht 2010
Ist das überhaupt nötig?
Und wenn ja, kann man das überhaupt schaffen?
Es reicht völlig aus, wenn der Einzelne ein rational kalkulierender Nutzenmaximierer ist (ein „homo oeconomicus“):
Adam Smith(Invisible hand)Friedrich August von Hayek(Uneinholbarer Informationsverarbeitungsvorsprung freier
Märkte)Milton Friedman(The business of business is business)
Niklas Luhmann(Wirtschaft als autonomes – nicht autarkes! – soziales
System)Karl Homann (Moralische Domestizierung der Wirtschaft einzig und allein
über die Rahmenordnung = Einhaltung von Spielregeln, über die politisch entschieden wird)
Aber auch:
Preisabsprachen / Kartellbildung Bestechung Menschenunwürdige Arbeitsbedingungen Kinderarbeit Umweltverschmutzung Ressourcenverbrauch / Nachhaltigkeit
Und ein Ende ist nicht abzusehen:
Das ist sehr komplex und die dafür erforderlichen Prozesse und Fähigkeiten nicht minder!
Verantwortung für
1. Compliance (Normen/ Richtlinien/ Gesetze)
2. Integrity (Werte, Moral, Ethik
= Verantwortung dafür,Verantwortung zu übernehmen
Dazu eine gute und eine
schlechte Nachricht:
Zuerst die gute Nachricht:
Aus der Sicht der Verantwortlichen (Mitarbeiter, Führungskräfte, Spitzenmanagement) bedarf es einer moralisch-ethischen Normalkompetenz (Problem: dunkle Triade – „toxic leadership“)
Dunkle Triade
(Quelle: http://karriereblog.svenja-hofert.de/2015/10/die-dunkle-triade-der-macht-persoenlichkeitsstoerungen-im-top-management-erkennen-und-einschaetzen/)
Toxisches Dreick destruktiver Führung
(Quelle: Eingedeutschte Fassung des Originals von Padilla et al. [2007, S. 180] bei Weibler [2012, S. 636])
Moral bzw. moralische Werte zu haben, reicht allein nicht aus! Sie müssen auch als Leistungswerte umgesetzt werden:
(Quelle: Werteviereck nach Josef Wieland: Die Ethik der Governance. Marburg 1999, S. 94)
Dazu eine gute und eine
schlechte Nachricht:
Und jetzt die schlechte Nachricht:
Für Organisationen ist es ungleich schwieriger die entsprechenden Prozesse zu etablieren und auf hohem Niveau zu steuern.
Resümee:
1. Verlust der Freiheit.Ja!
Aber es “lohnt” sich.
2. Ethisch-moralische Überforderung der Mitarbeiter, vielleicht auch der Unternehmen als ganzer.
Nein!
Also machbar, ist aber mit erheblichen Anstrengungen verbunden.