Diplomarbeit
Medikamentöse Therapie des Asthma bronchiale
mit Schwerpunkt auf allergisches Asthma
eingereicht von
Jiemei HSIEH
Geb. Dat.: 26.10.1986
zur Erlangung des akademischen Grades
Doktorin der gesamten Heilkunde
(Drin. med. univ.)
an der
Medizinischen Universität Graz
ausgeführt am
Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie
unter der Anleitung von
Univ.-Prof. Dr.med.univ. Josef DONNERER
1. stv. Institutsvorstand
Graz, im Juli 2014 (Unterschrift)…………………………...
i
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre ehrenwörtlich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig und ohne fremde
Hilfe verfasst habe, andere als die angegebenen Quellen nicht verwendet habe und die den
benutzten Quellen wörtlich oder inhaltlich entnommenen Stellen als solche kenntlich
gemacht habe.
Graz, am 18.07.2014 Jiemei Hsieh
ii
Gendergerechte Formulierung
Zur Erleichterung der Lesbarkeit der vorliegenden Arbeit und aus Gründen der
Praktikabilität hat sich die Autorin entschlossen, geschlechtsneutrale Formulierungen bzw.
das generische Maskulinum zu verwenden. In dieser Schreibweise sind ausdrücklich
sowohl männliche als auch weibliche Personen eingeschlossen, soweit nicht zu einer
differenzierten Betrachtung explizit nur die männliche oder weibliche Wortform gewählt
wurde.
iii
Danksagungen
Für die Überlassung des Themas sowie für die fürsorgliche Betreuung möchte ich mich
sehr herzlich bei meinem Diplomarbeitsbetreuer Professor Donnerer bedanken. Ein
besonderer Dank gilt Professor Lutz Henning-Block, der sich für ein Interview bereit
erklärte sowie mir geduldig mit Tipps und Ratschlägen zur Seite stand.
Zum Schluss danke ich meine Eltern sowie meine Oma die mir trotz der geographischen
Distanz immer Rückhalt geben und auf mich schauen.
iv
Zusammenfassung
Einleitung: Die vorliegende Arbeit dient der Charakterisierung der Pharmakotherapie des
Asthma bronchiale anhand heutiger Standards und aktueller Studienergebnisse. Nach
Darstellung der aktuellen Interpretation der Pathophysiologie des Asthmas wird auf das
Netzwerk immunologischer und inflammatorischer Faktoren sowie auf die Interaktion mit
beteiligten spezifischen Zellarten eingegangen. Neben den Aspekten der Pathologie des
Erwachsenen wird auch auf das Asthma des Kindes eingegangen. Besondere Gewichtung
findet das Allergische Asthma. Die Diskussion umfasst prinzipiell das Problem einer
symptomatischen Therapie sowie eine kurze Darstellung der aktuellen Situation der
Asthmatherapie.
Methoden: Die Daten wurden mittels Literaturrecherchen erhoben, wobei als Quellen
Lehrbücher, Fachzeitschriften, wissenschaftliche Artikeln, Publikationen, und
Literaturdatenbanken wie Pubmed, Medline sowie Google scholar dienten.
Ergebnisse: Trotz zahlreicher Fortschritte in der Pharmakotherapie des Asthmas bleibt
unbefriedigend, dass analog zu vielen anderen Erkrankungen, die Therapie nur
symptomatisch ist. Detailliert werden in der Arbeit die Anleitungen zur Therapie sowohl
des Asthmas beim Erwachsenen als auch beim Kind dargestellt. Die Resultate des
medikamentösen Teils beinhalten relevante Studienergebnisse der etablierten
therapeutischen Substanzen sowie neue Ansätze am Beispiel von Inhibitoren der
Phosphodiesterasen und der Biologicals Omalizumab und Quilizumab.
Neueste Studien zeigen, dass eine längere Behandlung mit Beta-2-Agonisten nicht nur zu
einer Desensibilisierung und Downregulation der Beta-2-adrenergen Rezeptordichte führt,
sondern dadurch die Ausschüttung von entzündungsinduzierenden Zytokinen fördert.
Damit wurde wahrscheinlich die Erklärung gefunden, weshalb Patienten nach
langjährigem Beta2-Agonisten Gebrauch eine Verschlechterung ihrer asthmatischen
Beschwerden erfahren.
Neue Kombinationspräparate von Glukokortikoiden mit langwirksamen Beta-2-Agonisten
wie Vilanterol mit Fluticason wurden angeführt, welche bereits bei nur einmaliger täglicher
Anwendung eine gute Wirkung erzielen.
Ein relevanter neuer Ansatz ist der Gebrauch der Biologicals Omalizumab und
Quilizumab. Omalizumab, ein monoklonaler Antikörper gegen IgE konnte bereits seit der
v
Einführung 2005 gute Resultate in der Behandlung des schweren allergischen Asthmas
erbringen. Quilizumab ist ein brandneues Biological, welches im Gegensatz zu
Omalizumab als monokonaler Antikörper an B-Zellen bindet. Sie erkennen das M1
Segment der IgE Rezeptorstelle der B-Zellen und führen die B-Zellen in Folge in die
Apoptose. Damit wird ebenfalls der IgE Blutspiegel wirksam gesenkt. Beide Substanzen
werden für die Behandlung eines allergischen Asthmas vorgesehen.
Es ist auch beobachtbar, dass die pharmazeutische Entwicklung von Anticholinergika, die
vorher streng für die Indikation chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD)
reserviert waren, neuerdings auf das Asthma ausgedehnt wird. Als interessantes Beispiel
für eine Weiterentwicklung einer altbekannten Substanzklasse wie den Theophyllinen ist
der Phosphodiesterase-4-Hemmer Roflumilast anzusehen. Für eine zukünftige
Entwicklung könnte diese Strategie neben der Entwicklung neuer Biologicals ein weiterer
tragfähiger Ansatz zur Verbesserung der Asthmatherapie sein.
vi
Abstract
Introduction:
This paper characterizes the pharmacotherapy of human bronchial asthma using novel
standards and recent results of clinical studies. Following the interpretation of the actual
view on the pathogenesis of asthma, a network of immunological and inflammatory factors
as well as their interaction with various specific cell types is presented. In addition to the
aspects of the pathology of the adult, the asthma of the child is also presented. Allergic
asthma is highlighted. The results include relevant study reports on the established
therapeutic substances as well as new therapies, for example those using the biologicals
Omalizumab und Quilizumab. The discussion includes the problem of a symptomatic
therapy as well as a short presentation of the current situation of asthma therapy.
Methods:
Assessment of the data was performed using literature searches, books, papers, scientific
articles, publications and databases such as, Pubmed, Medline and Google Scholar.
Results:
Despite numerous advances in the pharmacotherapy of asthma it remains unsatisfactory
that, as with many other diseases, the treatment is only symptomatic. Instructions for the
treatment of asthma both in adults and in children are provided in detail as well as relevant
results from studies of established therapeutic substances, and new approaches like
inhibitors of phosphodiesterases and biologicals Omalizumab and Quilizumab.
Recent studies show that prolonged treatment with beta-2 agonists leads to desensitization
and down-regulation of beta-2-adrenergic receptor density and even promotes the secretion
of inflammatory cytokines. This is likely the explanation why patients experience a
worsening of their asthma symptoms after long term use of beta2-agonists.
New combinations of glucocorticoids with long-acting beta-2 agonists such as vilanterol
with fluticasone were cited, which achieve a good effect even at a single daily application.
A relevant new approach is the use of Omalizumab and biologicals Quilizumab.
Omalizumab is a monoclonal antibody against IgE, which achieved good results in the
treatment of severe allergic asthma. Quilizumab is a brand new biological, which binds to
B cells. It targets the M1 segment of the IgE receptor site of B-cells and cause the B cells
to go into apoptosis. Both substances are provided for the treatment of allergic asthma.
vii
It is also seen that the pharmaceutical development of anticholinergic drugs, which were
previously reserved strictly for the indication of chronic obstructive pulmonary disease
(COPD), has recently been extended to asthma. An interesting example of the development
of phosphodiesterase-4 inhibitors is roflumilast. For future development, this strategy
could be another viable approach to improve the treatment of asthma in addition to the
development of new biologicals.
viii
Inhaltsverzeichnis
Danksagungen ..................................................................................................................... iii
Zusammenfassung .............................................................................................................. iv
Abstract ............................................................................................................................... vi
Inhaltsverzeichnis ............................................................................................................. viii
Glossar und Abkürzungen .................................................................................................. x
Abbildungsverzeichnis ...................................................................................................... xii
Tabellenverzeichnis .......................................................................................................... xiii
1 Einleitung ..................................................................................................................... 1
1.1 Definition ................................................................................................................ 1
1.2 Epidemiologie ......................................................................................................... 1
1.3 Klinische Symptomatik ........................................................................................... 1
2 Asthmaformen & Pathogenese ................................................................................... 3
2.1 Einteilung ................................................................................................................ 3
2.2 Endo und Phänotypysierung ................................................................................... 5
2.3 Das Allergische Asthma bronchiale ....................................................................... 6
2.3.1 Zusammenhang von Atopie, Allergie und Asthma ......................................... 7
2.3.2 Exogen-allergisches Asthma ........................................................................... 8
2.4 Intrinsisches Asthma ............................................................................................... 9
3 Pathogenese des Asthma bronchiale ........................................................................ 10
3.1 Begünstigende exogene Faktoren ......................................................................... 11
3.1.1 Inhalative Allergene ...................................................................................... 11
3.2 Pathophysiologie des allergischen Asthma bronchiale ......................................... 12
3.2.1 Remodelling: ................................................................................................. 14
4 Diagnostik des Asthma bronchiale ........................................................................... 16
4.1 Lungenfunktionsprüfung ...................................................................................... 16
4.1.1 Röntgenuntersuchung .................................................................................... 19
4.1.2 Allergologische Tests .................................................................................... 19
4.1.3 Nicht invasive Marker der Atemwegsentzündung ........................................ 20
FeNo ............................................................................................................................ 20
5 Inhalative Applikation .............................................................................................. 22
6 Der akuter Asthmaanfall .......................................................................................... 25
6.1 Status asthmaticus ................................................................................................. 25
7 Material und Methoden ............................................................................................ 27
8 Ergebnisse zur medikamentösen Therapie anhand aktueller Literatur .............. 28
8.1 Antiinflammatorische Medikamente .................................................................... 28
ix
8.1.1 Glukokortikosteroide ..................................................................................... 28
8.1.2 Dinatriumcromoglicinsäure (DNCG) und Nedocromil (Cromone) .............. 31
8.1.1 Anti-IgE-Antikörper, Biologicals: ................................................................. 32
8.2 Bronchodilatatorische Medikamente .................................................................... 35
8.2.1 Kurz wirksame Beta-2-Agonisten ................................................................. 35
8.2.2 Lang wirksame Beta-2-Mimetika .................................................................. 38
8.2.1 Leukotrien-Rezeptorantagonisten .................................................................. 41
8.2.2 PDE4-Hemmer, Theophyllin ......................................................................... 42
8.2.3 Muskarinrezeptor-Antagonisten .................................................................... 44
8.3 Stufenschema ........................................................................................................ 45
8.3.1 Praktische Anwendung .................................................................................. 45
9 Aspekte des Asthma bronchiale beim Kind ............................................................ 48
10 Diskussion ................................................................................................................... 52
11 Literaturverzeichnis .................................................................................................. 54
x
Glossar und Abkürzungen
Abb: Abbildung
AK Antikörper
Anx-A: Annexin A1
BAL: Bronchoalveoläre Lavage
BDP: Beclometasondipropionat
BV: Bioverfügbarkeit
BV: Bioverfügbarkeit
CD4+: Cluster of Differentiation 4-positiv
COPD: Chronisch obstruktive Lungenerkrankung
DI: Dosierungsintervall
DI: Dosisintervall
DNCG: Dinatriumcromoglicicum
DNCG: Dinatriumcromoglinsäure
EF ren: Eliminationsfraktion über die Niere
EF: Eliminationsfraktion
eG: eosinophile Granulozyten
ERV: Exspiratorisches Restvolumen
FCKW: Fluorchlorkohlenwasserstoffe
FEV1: Einsekundenkapazität (forciertes exspiratorisches Volumen nach einer Sekunde)
FRC: Fraktionierte Respiratorische Kapazität
GINA: Global Initiative for Asthma
HWZ :Halbwertszeit
IC50 : mittlere inhibitorische Konzentration
ICS: Inhalative Kortikosteroide
IgE: Immunglobulin E
IL: Interleukin
kU/l: Enzymeinheitx100 pro Liter
KUBA: Kurzwirksame Beta-2-Agonisten
LABA: Langwirksame Beta-2-Agonisten
LTA: Leukotrienantagonist
mAK: monokolonale Antikörper
NaCl: Natriumchlorid
xi
NF-κB: nuclear factor 'kappa-light-chain-enhancer' of activated B-cells, ubiquitär
vorkommender Transkriptionsfaktor
nG: neutrophile Granulozyten
p.i.: inhalative Gabe
PAF: Plättchenaktivierender Faktor
PEB: Plasmaproteinbindung
PEF: Peak exspiratory flow, maximaler Atemfluss
ppb: parts per billion
RAST: Radio-Allergo-Sorbent-Test
RSV: Respiratorische-Synzytial-Viren
RV: Residualvolumen
sIgE: serologische Immunglobulin E
Th: T-Helferzellen
TLC: Totale Lungenkapazität
VC: Vitalkapazität
xii
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Asthmaeinteilung nach Th2-Assoziation ............................................................. 4
Abbildung 2 Asthmaeinteilung nach Entzündungsform ......................................................... 5
Abbildung 3 „Atopie und Asthma“ ............................................................................................ 7
Abbildung 4 Sofortreaktion und Spätreaktion ......................................................................... 8
Abbildung 5 Pathophysiologie des allergischen Asthma bronchiale .................................... 14
Abbildung 6 Symptome und Auskultationsbefunde eines Asthma bronchiale ................... 16
Abbildung 7 Fluss-Volumen-Kurve ......................................................................................... 17
Abbildung 8 Veränderung der Lungenvolumina und Kapazitäten bei. Asthmatiker ........ 18
Abbildung 9 Strukturformel Budesonid ................................................................................. 29
Abbildung 10 Strukturformel der Dinatriumcromoglicinsäure ........................................... 31
Abbildung 11 Wirksamkeit von Omalizumab ........................................................................ 34
Abbildung 12 Strukturformel von Reproterol ........................................................................ 37
Abbildung 13 Strukturformel Salbutamol .............................................................................. 37
Abbildung 14 Strukturformel Fenoterol ................................................................................. 37
Abbildung 15 Strukturformel Salmeterol ............................................................................... 38
Abbildung 16 Strukturformel von Montelukast ..................................................................... 41
Abbildung 17 Strukturformel von Theophyllin ...................................................................... 42
Abbildung 18 zeigt relevante selektive catecholtypische PDE-4-Hemmstoffe ..................... 43
Abbildung 19 Stufenschema medikamentöse Langzeittherapie beim Asthma .................... 46
xiii
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Subtypen des Allergischen Asthmas ......................................................................... 6
Tabelle 2 Auflistung der charakteristischen Untersuchungsbefunde des Asthma
bronchiale ............................................................................................................................. 9
Tabelle 3 Auflistung der Unterschiede zwischen allergisches und intrinsisches Asthma ..... 9
Tabelle 6 Wirkstoffeigenschaften Inhalativer Glukokortikosteroide ................................... 29
Tabelle 7 "KUBA" Kurzwirksame Beta.2.Agonisten im Überblick..................................... 38
Tabelle 8 Langwirksame Beta-2-Agonisten „LABA“ ............................................................ 39
Tabelle 9 Selektivitätsprofil der PDE-Isoemzyme PDE-4 ,3,5,7 ........................................... 43
Tabelle 10 Leukotrien-Rezeptor-Antagonist, Degranulationshemmer und PDE4-Blocker
in der Übersicht ................................................................................................................. 44
Tabelle 11 Schwerdegrade des Asthmas beim Erwachsenen ................................................ 45
Tabelle 12 Klinisches Kontrollschema bei Säuglingen und Kindern unter 4 Jahren. ........ 49
Tabelle 13 Klinisches Kontrollschema bei Kindern zwischen 5-11 Jahren. ........................ 49
Tabelle 14 Stufenplan für Dauertherapie bei Kindern im Alter zwischen 5-11 Jahren ..... 50
Tabelle 15 Stufenplan für Dauermedikation für Kinder unter 4 Jahren ............................. 51
1
1 Einleitung
In der westlichen Hemisphäre ist Asthma bronchiale eines der häufigsten chronischen
Erkrankungen. Weltweit sind circa 300 Millionen Menschen an Asthma erkrankt; mit
steigender Prävalenz.
Die vorliegende Arbeit fasst relevante Forschungsergebnisse der letzten Jahre zusammen
und evaluiert den neusten Stand der Leitlinien zur Pharmakotherapie. Hierbei wird neben
dem Asthma des Erwachsenen auch das des Kindes berücksichtigt. Die Darstellung der
Pharmakotherapie involviert etablierte medikamentöse Therapien wie auch neue Ansätze
wie Inhibitoren der Phosphodiesterasen sowie die Behandlung mit Anti-IgE Antikörpern.
1.1 Definition
“Asthma bronchiale ist eine chronische, entzündliche Erkrankung der Atemwege. Bei
prädisponierten Personen führt die Entzündung zu anfallsweiser Atemnot infolge
Bronchokonstriktion. Die Atemwegsobstruktion ist spontan oder durch Behandlung
reversibel. Die Entzündung verursacht eine Zunahme der Empfindlichkeit der Atemwege
(bronchiale Hyperreagibilität) auf eine Vielzahl von Reizen” [1].
1.2 Epidemiologie
Rund 5-16% der Weltbevölkerung leiden unter Asthma bronchiale [2]. Während die
Inzidenz bei Erwachsenen bei circa 4 % liegt, tritt sie im Kindesalter in circa 10% mit
tendenziell zunehmender Häufigkeit auf. Asthma ist daher im Kindesalter die häufigste
chronische Erkrankung mit einer Häufigkeit von circa 10% bei Individuen zwischen 5-17
Jahren [3].
Während sich die Zahl der Asthma assoziierten Todesfälle in den letzten Jahren drastisch
reduzierte, nehmen die Neuerkrankungen besonders in benachteiligten Sozialgruppen und
bei fettleibigen Kindern zu [3].
1.3 Klinische Symptomatik
Aufgelistet sind Symptome welche charakteristisch für eine asthmatische Erkrankung sind:
2
Giemen
Wheezing (Pfeiffen)
Kurzatmigkeit
Thorakales Engegefühl
Husten
Triggerassoziertes Auftreten (z.B. kalte Luft, Gräser)
Meistens treten mehrere Symptome gemeinsam auf, eine Verschlimmerung der
Symptomatik tritt nachts sowie bei körperlicher Anstrengung auf [4]
3
2 Asthmaformen & Pathogenese
2.1 Einteilung
Einteilung nach Ätiologie:
Asthma bronchiale kann nach ätiologischen Gesichtspunkten eingeteilt werden:
- Extrinsisches Asthma (Allergisches Asthma)
Das exogen-allergische Asthma wird vornehmlich bei Kindern und Jugendlichen
beobachtet. Hierbei kommt es nach Allergenkontakt zu einer überschießenden Antwort des
Immunsystems vom Typ I nach Coombs, die IgE-vermittelt zu einer spontanen Freisetzung
von Histamin führt. (Sofortreaktion). Nach der Sofortreaktion tritt in der Regel eine
Spätreaktion auf, die noch Gegenstand weiterer Ausführung sein wird. [5][1].
- Intrinsisches Asthma (Nichtallergisches Asthma)
Neben allergischem Asthma werden auch intrinsische Faktoren ursächlich für die
Entstehung von Asthma verantwortlich gemacht. Am häufigsten sind hierbei Infekte des
oberen Respirationstraktes bzw. der Nasennebenhöhlen kausal beteiligt [5]. Organisch
werden hierbei häufig Schleimhautpolsterbildung sowie Polypen in den Nasennebenhöhlen
beobachtet. Charakteristischerweise zeigen die Patienten im Blut keine erhöhten IgE-
Konzentrationen [6].
- Mischformen
Die meisten Patienten leiden nicht rein an einer intrinsischen oder extrinsischen
Asthmaform, sondern an der Kombination beider Komponenten. Als Ursache können
sowohl Allergene als auch zusätzliche Auslöser wie chemische oder physikalische Reize,
Kälte, körperliche Belastung oder vorausgegangene Infekte sein [7].
Als weitere Subtypen können “Late onset Asthma”, NSAR-assoziiertes Asthma
(“Aspirinasthma”) oder Adipositas-assoziiertes Asthma unterschieden werden [7][8].
Um neuen pathophysiologischen Erkenntnissen gerecht zu werden, wurden anhand
aktueller Forschungsergebnisse weitere Einteilungsmodelle vorgeschlagen [9][2].
4
Nach T-Helferzellenpopulation:
Auf zellulärer Ebene kann nach T-Helferzellenpopulation die Unterteilung in Th2
assoziiert (extrinsisches Asthma) und Nicht-Th2 assoziiert (intrinsisches Asthma) erfolgen.
Wobei ein Asthma bronchiale mit Th2 Assoziation wesentlich häufiger ist und sich als ein
extrinsisches Asthma präsentiert [2].
Abbildung 1 Asthmaeinteilung nach beteiligten Th2-Assoziation, übernommen und
modifiziert nach [2]
Einteilung nach Entzündungsreaktion:
Weitere Differenzierung kann nach Entzündungsreaktion getätigt werden. Wir
unterscheiden hier in ein eosinophiles von einem neutrophilen Asthma, wobei die
eosinophile Form häufiger ist [9]. Diese Einteilung hat ebenfalls therapeutische
Konsequenz, da Patienten mit neutrophilem Asthma gut auf Theophylin ansprechen,
jedoch eine relative Glukokortikoidresistenz aufweisen [9].
Einteilung Asthma bronchiale nach
assozierter T-Helfezellen Population
Th2 -assoziertextrinsisches Asthma
=allergisches Asthma
nicht Th2 assoziert
intrinsisches Asthma
neutrophiles Asthma
Rauchen und Adipositas asssoziertes Asthma
5
Abbildung 2 Asthmaeinteilung nach Entzündungsform, ebenfalls angeführt ist die
dazugehörige Therapie, übernommen, reproduziert und modifiziert nach [9] ,[7]
2.2 Endo und Phänotypysierung
Der Asthma-Phänotyp wird mittels biochemischer, pathophysiologischer und klinischer
Merkmale bestimmt. Anhand genetischer Disposition und Umweltfaktoren können
Asthma-Entzündung
eosinophil
allergisch
Allergenkarenz
Sauerstoffgabe, Montelukast
Glukokortikoide
Therapie mit Anti-IgE Antikörper
Omalizumab
nicht-allergisch
Sauerstoffgabe, Montelukast,
Glukokortikoide
Therapie mit Anti-Interleukin5
neutrophil
zeigt Resistenz gegenüber
Glukokortikoidtherapie
Zusätzlich low dose antiinflammatorische Makrolid-Antibiotika
6
verschiedene Phänotypen unterschieden werden. Die phänotypische Differenzierung
erfolgt unter anderem durch die Häufigkeit von Exazerbationen, sowie durch das variable
Ansprechen auf inhalative Glukokortikoide (ICS). Pathophysiologisch handelt es sich um
die Koinzidenz von bestimmten Immunzellpopulationen, Entzündungsparametern
inklusive Mediatoren sowie Triggermechanismen zur Freisetzung inflammatorischer
Faktoren. Eine Zuordnung des Phänotyps kann für die Wahl der individuellen
Asthmatherapie bestimmend sein [10].
Der Endotyp wird an Hand der Histopathologie, bestimmter Biomarker, genetischer
Prädisposition bzw. epidemiologischer Hintergründe, sowie der klinischen Symptomatik
analysiert. Er unterscheidet weitere Subtypen des Asthma-Phänotyps [10].
2.3 Das Allergische Asthma bronchiale
Das allergische Asthma bronchiale wird als extrinsisches Asthma häufig mit den
Erkrankungen des atopischen Formenkreises in Zusammenhang gesehen [2][5].
Tabelle 1 Subtypen des Allergischen Asthmas; übernommen und modifiziert nach [11]
Hierfür charakteristisch sind der eosinophile Phänotyp und die Th2-assozierte
Entzündungsantwort. Allergisches Asthma zeigt ein gutes Ansprechen auf Glukokortikoide
Allergisches Asthma Subtypen: Ursachen, Symptome, Prognosen
1. Saisonales allergisches
Asthma
Pollenallergie, Patienten zeigen außerhalb der
Pollensaison keine Symptome der bronchialen
Hyperreagibilität.
Gute Prognose. Mit dem Alter werden die Symptome
besser.
2. Ganzjähriges allergisches
Asthma mit multiplen
Sensibilisierungen
Auch sensibilisiert gegen perennierende Allergene.
Das Risiko eines chronischen Asthmas ist erhöht.
3. Primär allergisches Asthma Chronifiziertes Asthma,
mit ganzjährigen Beschwerden
7
und kann am wirksamsten durch Allergenkarenz positiv beeinflusst werden. In schweren
Fällen können Biologicals angewendet werden, welche gezielt IgE oder Interleukin 4,5
angreifen und blockieren. Zurzeit ist Omalizumab als Anti-IgE Antikörper für die Therapie
bei mässig bis schwerem allergischen Erkrankungen zugelassen [2][12][9].
2.3.1 Zusammenhang von Atopie, Allergie und Asthma
Die Atopie manifestiert sich als eine Hyperreagibilität gegenüber äusseren Reizen, welche
sich nicht nur im Respirationstrakt (z.B. Rhinitis) sondern beispielsweise auch an der Haut
(Neurodermitis oder atopisches Ekzem) sowie an einer gastrointestinalen
Überempfindlichkeit im Sinne einer Nahrungsmittelallergie zeigen kann [5].
Die Abbildung beschreibt den Zusammenhang der drei „A“s und die Ausbildung der
Mischkollektive, die sowohl allergische wie auch intrinsische Asthmasymptome
entwickeln.
Abbildung 3 „Atopie und Asthma“ modifiziert nach [11] Während es häufig Atopiker
sind, die an ein Asthma allergischen Ursprungs leiden, können auch Patienten die initial an
ein intrinsisches Asthma erkrankt sind, mit zunehmender Dauer der Erkrankung zusätzlich
IgE assoziierte allergische Asthmasymptomatik entwickeln. Umgekehrt kann sich aus dem
allergischen Asthma mit IgE Assoziation in weiterer Folge durch chronische
8
Sensibilisierung auf intrinsische Trigger wie emotionalen Stress sowie kalte Luft, ohne
Vorhandensein des eigentlichen Allergens ebenfalls Symptome ausbilden [11][13]
2.3.2 Exogen-allergisches Asthma
Hierbei sind vorwiegend Kinder bzw. Jugendliche betroffen und nur circa 10% der
erwachsenen Asthmatiker [13]. Immunpathologisch handelt es sich um eine IgE-
vermittelte Überempfindlichkeitsreaktion vom Typ I nach Coombs. Hierbei kommt es nach
Allergenkontakt zu Freisetzung von IgE und zur nachfolgenden Freisetzung von Histamin.
Letzteres bewirkt eine Aktivierung der glatten Muskelzellen der Bronchialwege und damit
einen Bronchospasmus. Die Freisetzung von IgE wird durch Beta2-Agonisten inhibiert.
Das extrinsische Asthma tritt saisonal gehäuft auf [7].
Die folgende Abbildung beschreibt eine Sofortreaktion (Frühreaktion) und eine
Spätreaktion bei einem Provokationstest nach Gabe eines inhalativen Allergens. Während
ein gesunder Proband keine FEV1(forciertes exspiratorisches Volumen in einer Sekunde)
Abnahme demonstriert, zeigt der hyperreagible Asthmatiker zwei Phasen der Abnahme des
FEV1: Erstens eine signifikante Senkung direkt nach Provokation, die mit Beta-2-
Agonisten reversibel ist und eine nach mehreren Stunden einsetzende Spätreaktion, die
erneut zu einem FEV1 Abfall führt [5]. Dieser Test weist nach, dass Patient 2 an einem
Asthma bronchiale leidet.
Abbildung 4 Sofortreaktion und Spätreaktion; sie werden gezeigt an Veränderungen des
FEV1 (forciertes exspiratorisches Volumen in einer Sekunde) nach inhalativer Allergengabe
9
an einem gesunden Probanden (Patient 1) und einem Asthmapatient (Patient 2)
übernommen aus [5]
Bei allergischem Asthma können folgende Befunde in der Diagnostik erhoben werden. Die
angeführten Tests werden im Kapitel 4 genauer erläutert.
Tabelle 2 Auflistung der charakteristischen Untersuchungsbefunde des Asthma bronchiale
Untersuchungen Allergisches Asthma
Prick-Hauttest, Atopienachweise positiv
Unspezifische bronchiale
Provokationstests
Hohe bronchiale Hyperreagibilität
PEF-Tagesvariabilität Über 20%
Obstruktion Unterschied FEV1 >15%
Bronchospasmolysetest (<400ug
Salbutamol oder Fenoterol, ppf.
Zusätzlich 200 ug Ipratropium)
Obstruktion reversibel ( Unterscheid FEV1
<15%) mit der Krankheitsdauer Abnahme
der Reversibilität
Spirometrie und Ganzkörper-
Plethysmographie
Im Intervall oft normal.
Geringgradige Obstruktion messbar, auch
wenn FEV1 normal ist
Blut und Sputum Eosinophilie nachweisbar
Übernommen und modifiziert nach [14]; PEF: Peak exspiratory flow, maximaler
Atemfluss
2.4 Intrinsisches Asthma
Das Intrinsische Asthma ist als eosinophiles, nicht-allergisches Asthma definiert. Meistens
handelt es sich um eine Ersterkrankung im Erwachsenenalter und es besteht eine
perennierende Symptomatik. Während fulminanter Exazerbationsphasen lassen sich
sowohl im Blut als auch im Sputum eine hohe Anzahl eosinophiler Zellen nachweisen [5].
Es wurde zudem beobachtet, dass Patienten mit intrinsischem Asthma häufig an einer
Allergie gegen Analgetika (z.B. Aspirin) leiden. Wie oben erwähnt, ist die klinische
Symptomatik nicht selten von einer Sinusitis oder Polyposis nasi begleitet (sog.
Sinubronchiales Syndrom) [11].
Tabelle 3 Auflistung der Unterschiede zwischen allergisches und intrinsisches Asthma
Allergisches Asthma Intrinsisches Asthma
Ätiologie Atopie, multifaktoriell unklar
Pathogenese/Trigger Allergene Virale und bakterielle
Infektionen, Nichtsteroidale
Analgetika
Beginn Kindesalter Erwachsenenalter
Polyposis nasi, (+) +++
10
Rhinosinusitis
Analgetika -Intoleranz (+) +++
Hauttest positiv negativ
Übernommen aus [14]
3 Pathogenese des Asthma bronchiale
Die familiäre Häufung ist keine Seltenheit bei Asthmatikern. Besteht bei einem Elternteil
ein Asthma bronchiale, so wird das Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von 25% auch an
Asthma erkranken; dieser Prozentsatz erhöht sich auf über 50%, wenn beide Elternteile an
dieser Erkrankung leiden [5].
Eine genetische Determination des Asthma bronchiale als Erkrankung des atopischen
Formenkreises wurden mittels Familienanamnesen durchgeführt und ergab einen
multifaktoriellen Vererbungsgang [5]. Unter Atopie versteht man die genetisch bedingte
Disposition, auf normale Umweltallergene überschießend mit einer Antikörperbildung der
Klasse IgE zu reagieren [2]. Bei Genanalysen konnte man einen engen Zusammenhang der
Faktoren feststellen, welche für die Atopie, bronchiale Hyperreagibilität und
Entzündungsmechanismen verantwortlich sind. Mehrere Gene wurden isoliert, welche
unter Verdacht stehen, die Ausbildung des atopischen Phänotyps zu begünstigen.
Inwieweit die betroffene Person dann an Asthma erkrankt und wie stark die Manifestation
ist, hängt dann von den äußeren Faktoren ab [5]. Dies wird als Hinweis gewertet, dass die
Epigenetik einen großen Einfluss hat auf die Entstehung der Krankheit.
Man geht davon aus, dass das Verhalten der Mutter während der Schwangerschaft
ebenfalls Auswirkung auf die Asthmaentstehung hat. Beispielsweise kann sich
mütterliches Rauchen und Passivrauchen sowie ein stark erhöhter Body mass Index sowie
drastische Gewichtszunahme der Mutter während der Schwangerschaft sich negativ auf die
Ausbildung von einem Asthma bronchiale beim Kind auswirken [15][16].
Genetische Disposition:
Als polygenetische Erkrankung scheint die Pathogenese des Asthmas mit einer
Fehlsteuerung mehrere Gene wie beispielsweise STAT6, ADAM33 assoziiert zu sein [2].
Auf dem Chromosom 5q wird ein Genlocus für bronchiale Hyperreagibilität vermutet. Hier
liegen Gene, die für Zytokine, IgE-Synthese und die mit einer Th2 vermittelten
Entzündung assozierten Interleukine IL-4, IL-5, IL-9, IL-13 sowie Wachstumsfaktoren
kodieren. Die enge örtliche Nachbarschaft dieser Gene könnte den Zusammenhang
11
zwischen Atopie und bronchialer Hyperreagibilität erklären; vorausgesetzt, dass die
interagierenden Faktoren fehlgesteuert sind. Auf Chromosom 11q und auf Chromosom 14q
liegen ebenfalls Genanteile, die für den IgE-Rezeptor, bzw. solche, die für den T-Zell-
Antigenrezeptor kodieren. Man geht heute davon aus, dass die Veranlagung zur Atopie
autosomal-dominant vererbt wird. [2] [14][17]
3.1 Begünstigende exogene Faktoren
3.1.1 Inhalative Allergene
Hierzu unterscheiden wir Substanzen mit hohem Molekulargewicht und niedrigem
Molekulargewicht. Substanzen von hohem Molekulargewicht umfassen Tierhaare und
Epithelien, Getreidemehle, Proteinpartikel, Pollen. Zu Substanzen mit niedrigem
Molekulargewicht zählen beispielsweise Diisocyanate (im Baugewerbe) [14].
Unabhängig von allergischen Ursachen spielen vor allem Infektionen eine Schlüsselrolle
bei der Entstehung bronchialer Hyperreagibilität. Während die Infektion im Wesentlichen
von den Pathogenitätsmerkmalern mikrobieller Faktoren sowie deren
Keimzahlvermehrung in infizierten Geweben bestimmt wird, bewirkt eine begleitende
Inflammation die Heilung bzw. Regeneration zur Überwindung infektbedingter lokaler
Schädigungen. Unter Normalbedingungen überwindet der Organismus eine Infektion ohne
resultierende Schädigungen. Kommt es jedoch zu einer Störung der involvierten
zellbiologischen Vorgänge bei einem Infekt, so können fehlregulierte
Wirtabwehrmechanismen bei entsprechend disponierten Individuen zu unerwarteten
Konsequenzen führen [17].
Postuliert man eine inadäquat funktionierende Wirtsabwehr zur Überwindung mikrobieller
Infektionen, ist evident, dass inflammatorische Mechanismen zu Überwindung lokaler
Schädigungen fehlreagieren. Nicht selten führen virale Infekte und atypische Keime (z.B.
Mykoplasmen) die Liste potentieller mikrobieller Faktoren an. Zudem zeigen klinische
Verläufe bei intrinsischem Asthma das Problem einer sogenannten Superinfektion; das
heisst das parallele Auftreten zweier oder mehrerer mikrobieller Faktoren [18] .
Ein relevantes klinisches Problem bei intrinsisch bedingtem Asthma ist das sogenannte
sinubronchiale Syndrom. Hierunter versteht man ein Asthma bei gleichzeitigem
Vorhandensein von Polypen bzw. Schleimhautpolstern in den Nasennebenhöhlen. Da die
Epithelien im Respirationstrakt und dem in Nasennebenhöhlenbereich quasi zellbiologisch
identisch sind, führt eine Fehlsteuerung des inflammierten Epithels in den
12
Nasennebenhöhlen bei entsprechender Disposition zur Ausdehnung der Inflammation in
den Bronchialtrakt. Eine wirksame Therapie kann neben der antimikrobiellen Behandlung
nur in einer operativen Sanierung der entsprechenden Pathologien bestehen [17].
3.2 Pathophysiologie des allergischen Asthma bronchiale
Neben der Entzündung der Bronchialschleimhaut sowie Überempfindlichkeit des
Bronchialsystems ist die bronchiale Obstruktion durch akute Bronchokonstriktion,
ödematöse Schwellung sowie Verlegung der Atemwege durch übermäßige Produktion
eines veränderten
hochviskösen Bronchialsekrets (Hyper- bzw. Dyskrinie) bestimmend für die
Pathophysiologie eines Asthma bronchiale.
a) Sensibilisierung: Hierbei kommt es zum Kontakt eines Allergens mit den
immunkompententen Zellen der Bronchialschleimhaut. Hiernach beginnt der
Prozess der Freisetzung von IgE, das mittels Rezeptoren mit lokalen Mastzellen
reagiert.
b) Degranulation: Bei einer Interaktion zweier oberflächenständigen IgE-Antikörper
setzt die Mastzelle durch Degranulation Entzündungsmediatoren wie Histamin frei.
c) Barriere-überwindung und Internalisierung: Diese Entzündungsmediatoren
führen zu einer Auflockerung der tight junctions; das Allergen schlüpft durch die
Epithelbarriere, trifft im subepithelialen Raum auf Makrophagen und wird von
diesen internalisiert.
d) Präsentierung und Aktivation: Als antigenpräsentierende Zelle (APC) präsentiert
dieser Makrophage das Allergen den naiven CD4+-T-Lymphozyten (Th0-Zellen),
welche darauf hin aktiviert werden.
e) Th2-Aktivierung: Die aktivierten CD4+-T-Lymphozyten sezernieren Interleukin
2, welches zu einer klonalen Expansion der naiven T-Zellen zu Th1 und Th2-Zellen
13
führt. Bei Atopikern ist die Aktivierung Th2-gewichtet, d.h. die Aktivität dieser
Reaktion ist gesteigert[13][5].
f) Sekretion von proinflammatorischen Mediatoren Die Mitbeteiligung der T-
Zellen führt zu Freisetzung bestimmter Zytokine wie z.B. Interleukin4, das die
Synthese von IgE aus Plasmazellen (B-Zellen) und die klonale Expansion
eosinophiler Granulozyten (eG) fördert. Die so gesteigerte IgE-Synthese begünstigt
die Interaktion der Mastzellen und perpetuiert somit die Freisetzung von Histamin.
Sekretorische Inhaltsstoffe mit proinflammatorischer Wirkung werden aus eG und
anderen Zellen freigesetzt und verfestigen somit den lokalen Entzündungsvorgang
[19].
14
Abbildung 5 Pathophysiologie des allergischen Asthma bronchiale; übernommen aus [19]
eG: eospinophile Granulozyten nG: neutrophile Granulozyten PAF: Plättchenaktivierender
Faktor
3.2.1 Remodelling:
Bei einer chronisch bestehenden oder sich dauerhaft reaktivierenden Entzündung im
bronchopulmonalen Raum ist die Gefahr eines Remodellings gegeben. Hiermit wird ein
zellbiologischer Prozess beschrieben, der primär im Bindegewebe abläuft. Es beschreibt
den über das normale Maß hinausgehende Verlust der Lungenfunktion auf Grund
struktureller Umbauprozesse, die mit der obstruktiven Ventilationsstörung einhergehen.
Auflockerung der tight junctions= Barriereverlust
Allergen gelangt in den subepithelialen
Raum
Aktivierung der Immunreaktion über
Makrophagen (APC) und Th2 Zellen als auch über
direkte Aktiverungsmechanismen
Aktivierung und Ausschüttung von
Entzündungsmediatoren vorwiegend durch
Mastzellen
Einwanderung von Lymphozyten, nG und eG
Sofortreaktion:Histamin
Serotonin undProteasen
VerzögerteReaktion:
Leukotriene, Prostaglandine,
PAF etc.
Entzündung, Bronchokonstriktion, Hyper& Dyskrinie
Spätreaktion:
Zytokine
15
Dies geschieht signifikant nur in einen Teil der Asthmapatienten. Anatomisch kommt es zu
einer „Verdickung der bronchialen Basalmembran mit subepithelialer Fibrose sowie zur
Hypertrophie der glatten Muskulatur, besonders in den kleinen Atemwegen“ [5]. Die
Hauptrolle spielen hierbei die Myofibroblasten. Analog hierzu steigt bei den Asthmatikern
die Anzahl der Zellen in den Bronchialschleimhautoberflächen nach Allergenprovokation
[5]. Inwieweit das Remodelling für den Verlauf des Asthma bronchiale relevant ist, bedarf
weiterer Abklärung.
16
4 Diagnostik des Asthma bronchiale
Die Diagnose eines Asthma bronchiale stützt sich auf zwei Eckpfeiler:
Anamnese mit respiratorische Beschwerden und variable Einschränkung des
exspiratorischen Luftflusses [4]. In den meisten Fällen kann bereits aus einer sorgfältigen
Anamneseerhebung die Verdachtsdiagnose gestellt werden. Auskultatorisch kann sich der
Patient zwischen den Intervallen völlig beschwerdefrei präsentieren.
Abbildung 6 Symptome und Auskultationsbefunde eines Asthma bronchiale, übernommen
und zeichnerisch reproduziert nach [4]
4.1 Lungenfunktionsprüfung
Die Lungenfunktionsprüfung gibt Auskunft über mehrere Kriterien wie beispielsweise
Überblähung, Obstruktion, Atemwiderstand und bronchiale Hyperreagibilität. In der
Asthmaabklärung sind dabei folgende Methoden wichtig:
Spirometrie (zur Unterscheidung zwischen restriktiver und obstruktiver
Ventilationsstörung)
Analyse von Fluss-Volumenkurven siehe Abbildung ( vor und nach Beta2-
Agonistengabe)
17
Ganzkörper-Plethysmographie (einzige Methode der Erfassung des
Residualvolumens)
PEF-Messung
In erster Linie wird die Spirometrie eingesetzt. Wir beobachten im Gegensatz zum
gesunden Patienten einen pathologischen Tiffeneau-Test < 70% bei forcierter Exspiration.
Dabei vermindert sich vorwiegend das Forcierte Exspiratorische Sekundenvolumen
(FEV1); die Forcierte Vitalkapazität (FVC) bleibt unverändert [20].
Beim chronischen Asthma bronchiale kann zusätzlich in der Ganzkörper-Plethysmographie
ein erhöhtes Residualvolumen sowie eine verminderte Vitalkapazität zusätzlich beobachtet
werden [20]. Siehe Abbildung 8.
Abbildung 7 Fluss-Volumen-Kurve; eine obstruktive Ventilationsstörung kann in der
Exspiration gut beobachtet werden (rot); der Volumenfluss ist hierbei drastisch reduziert.
Dies bessert sich nach Gabe vom Beta-2-agonisten; übernommen und modifiziert nach
[21]
Für Säuglinge und Kleinkinder sind eigene Messgeräte auf dem Markt mit angepasster
Softwarefunktion, ein vermehrter Einsatz von Spirometrie in der frühkindlichen Diagnostik
wird damit vereinfacht [22]. Durch einfache Provokationstests können zusätzliche
18
Informationen gewonnen werden. Mit einem Beta2-Agonist (z.B. Salbutamol) kann die
potentielle Reversibilität der obstruktiven Atemwegsbeschwerden überprüft werden. Bei
der Lungenfunktionsprüfung von älteren Kindern kann man diese körperlich belasten
(Sprinten, Springen) hiernach wird die Lungenfunktion vor und nach der Belastung
gemessen. Eine Reversibilität der Symptomatik nach inhalativer KUBA Therapie ( FEV1
grösser als 12% und Differenz über 200ml) gilt als Nachweis einer asthmatischen
Erkrankung [5][20][23].
Abbildung 8 Veränderung der Lungenvolumina und Kapazitäten bei. Asthmatiker (rot);
übernommen von [21]. Hier zu sehen ist eine Zunahme des Residualvolumens und eine
Abnahme der Vitalkapazität. TLC: Totale Lungenkapazität, FRC: Fraktionierte
Respiratorische Kapazität ERV: Exspiratorisches Restvolumen RV: Residualvolumen VC:
Vitalkapazität
Beschwerdefreie Intervalle zwischen asthmatischen Anfällen können mit völlig
unauffälligen Lungenfunktionstests einhergehen und kann bei wiederkehrender
Symptomatik wiederholt werden. In solchen Fällen findet auch die Überprüfung mittels
Peak-flow Protokollen sowie Hyperreagibilitätstestung mittels Metacholin sowie eine
FeNo Messung statt [5][6].
Peak-flow test: Bei der Messung des PEF- (Peak Exspiratory-Fow) wird die höchste
Strömungsgeschwindigkeit während der forcierten Exspiration gemessen. Dieser Wert
zeigt sich unabhängig vom Atemwiderstand und unterliegt hohen Schwankungen. Generell
gilt aber, dass eine Schwankung des PEF Wertes über 20% sowie Verbesserung des PEF
19
um 60l/min innerhalb eines Tages (über 20% des Ausgangswertes) den Verdacht einer
asthmatischen Erkrankung bestätigt [20].
Metacholinprovokationstest:
Dieser Test zeigt, ob beim Untersuchten eine bronchiale Hyperreagibilität besteht. „Hierbei
muss dieser in stufenweise steigender Dosis Metacholin inhalieren, welches eine
Bronchokonstriktion provoziert. Kann bei geringer Dosis bereits ein Abfall von 20% des
ursprünglichen FEV1 Wertes registriert werden, so ist die Diagnose einer bronchialen
Hyperreagibilität zu erwägen. Bei einer hohen Sensibilität und niedrigen Spezifität zeigt
dieser Test allerdings bei 1/3 der Testpersonen ein falschpositives Ergebnis. Wenn kein
Abfall von 20% des ursprünglichen FEV1 Wertes beobachtet wird, kann eine
Asthmaerkrankung mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, womit es als
gute Ausschlussdiagnostik Einsatz findet [20]. Mit anderen Substanzen kann ebenfalls
eine Provokation erreicht werden; Mannitol-Inhalation, Histamin, körperliche Belastung
sowie bewusste eukapnische Hyperventillation [7].
4.1.1 Röntgenuntersuchung
Die Diagnose des Asthma bronchiale wird niemals anhand eines Röntgenbildes der Lunge
gestellt. Trotzdem gehört in die Dypnoe-Diagnostik die Aufnahme eines Thoraxröntgens.
Sie dient dem Ausschluss pathologischer Befunde wie z.B. Kardiopulmonale
Dekompensation, Pneumothorax, Pneumonien, Fehlbildungen und Stenosen [24][5]. Im
chronischen Stadium des Asthmas kann eine Hyperinfiltration der Lunge dargestellt
werden [5].
4.1.2 Allergologische Tests
Diese sind bei Verdacht einer allergischen Genese des Asthmas indiziert. Angewendet
werden der Prick-Hauttest sowie sIgE (RAST; Radio-Allergo-Sorbent-Test) und nasale als
auch bronchiale Allergenprovokation. Häufig sind allergische Sensibilisierungen gegen
Hausstaubmilben und Gräser, welche die atemwegsobstruktiven Beschwerden
verursachen. Bei Kleinkindern ist es zudem ratsam, eine Nahrungsmittelallergie als
Ursache des Asthmas in Erwägung zu ziehen [5].
20
Prick-Hauttest
Dieser Test wird auf Grund seiner hohen Sensibilität sowie einfachen und schnellen
Durchführung häufig eingesetzt. Besonders bei einer spezifischen Allergenquelle kann so
eine weitere Eingrenzung erreicht werden. Dabei wird die Haut eingeritzt und das Allergen
an der verletzten Stelle angebracht. (Intrakutan-oder Reibetest ist ebenfalls möglich). Es
können Einzelallergene oder Gruppenallergene getestet werden; z.B. Mischungen aus
Gräserpollen, Hausstaubmilben, Tierepithelien.
Die Ausbildung von Quaddeln gibt Auskunft über den entsprechenden
Sensibilisierungsgrad. Die Prick-Hauttestung ist weit gehend harmlos. Meistens kommt es
lediglich an der Kontaktstelle zu Juckreiz und Rötung [7][5].
IgE-Messung
Dieser Test ist gegenüber dem oben genannten Pricktest kostspieliger und wird
vorwiegend bei Patienten mit schlechter Compliance oder Erkrankungen der Haut
(Beispielsweise eine schwere Neurodermitis mit Gefahr einer Superinfektion) bzw. einem
erhöhten Anaphylaxie-Risiko angewendet. Es handelt sich um eine serologische Messung
der spezifischen IgE-AK mittels RAST (Radio-Allergo-Sorbent-Test) [7].
Das zu testende Allergen wird an Papierscheibchen gebunden und reagiert mit den
spezifisch gegen das Allergen gerichteten AK im Patientenserum. Durch eine radioaktive
Markierung des Antikörpers kann eine quantitative Aussage über die vorhandene Menge
spezifischer IgE-Antikörper erzielt werden. Die RAST-Ergebnisse werden in kU/l
angegeben und eingeteilt in sogenannten "RAST"-Klassen von 0(negatives Ergebnis) bis
VI (hohe Sensibiliserungsgrad, dieses Allergen induziert sehr wahrscheinlich asthmatische
Beschwerden) [5][25]. Die ermittelten Allergene können nachfolgend noch mittels
Provokationstest am Patienten getestet werden [5].
4.1.3 Nicht invasive Marker der Atemwegsentzündung
FeNo
NO wird von den Schleimhautepithelzellen in den Atemwegen produziert. FeNO steht für
"Fraktioniertes exhaliertes Stickstoffmonoxid (NO)". Ist dieser Wert erhöht, weist es unter
anderem auf eine eosinophile Entzündungsvorgang in den Atemwegen hin [26].
Da die in der Ausatemluft gemessene NO-Konzentration mit einer kortikoidempfindlichen
asthmatischen Entzündung korreliert, wird die Messung des Fraktionierten exhalierten
21
Stickstoffmonoxid zunehmend als Verlaufsparameter des Asthmas eingesetzt. Sie wird vor
allem bei obstruktiven Atemwegserkrankungen wie Asthma bronchiale und COPD
angewendet. Sie gibt Auskunft über ein Ansprechen der ICS Therapie und kann u.a. zur
Kontrolle ICS Compliance eingesetzt werden [5][26].
Die verwendete Masseinheit ist ppb (parts per billion). Ein Abfall des FeNO-Wertes um
20% zeigt eine Besserung oder Therapieansprechen an, hingegen spricht ein FeNO-
Anstieg um denselben Wert für eine Verschlechterung des allergischen
Entzündungsgeschehens. Ein FeNo-Anstieg kann beispielsweise nach abruptem Absetzen
einer ICS Therapie auftreten [5][7][26].
FeNO-Messgeräte registrieren elektrochemisch oder mittels Chemilumineszenz die NO-
Konzentration in der Ausatemluft [6][26].
Bei Erwachsenen gilt ein Wert unter 25 ppb als normal (Kinder unter 20 ppb). Werte über
50 ppb (Kinder über 35 ppb) weisen bereits auf eine eosinophile Entzündung der
Atemwege hin. Um falsch niedrige Werte zu vermeiden, sollte die Messung möglichst vor
einer Spirometrie bzw. vor der Anwendung von ICS oder Beta-2-Agonisten erfolgen [26].
Das Messergebnis wird massgeblich von den folgenden Faktoren beeinflusst: Alter, Größe,
Geschlecht, Körpergewicht und allergische Sensibilisierungen (Asthmatische oder
rhinitische Beschwerden müssen noch nicht vorliegen). Allergenexposition,
Atemwegsinfekte wie auch nitrathaltige Nahrungsmittel (z.B. Pöckelfleisch, Kopfsalat)
können die FeNO-Werte erhöhen. Rauchen wie auch eine ICS Therapie senken die
Messwerte. Bei Rauchern sollte man deshalb normale bzw. niedrigere Messwerten bei
vorbestehender Symptomatik nicht bagatellisieren, da sich dahinter eine eosinophile
Entzündung verbergen kann [6][26].
Sputum:
Eine hohe Anzahl von eosinophilen Zellen im Sputum geben Hinweis auf ein
asthmatisches Geschehen [5].
22
5 Inhalative Applikation
Für den Therapieerfolg ist die richtige Inhalation entscheidend. Einige wichtige Faktoren
müssen hierbei berücksichtigt werden:
Partikelgrösse des Wirkstoffes
Passendes Inhalationsgerät
Compliance des Patienten
sichere Handhabung und richtige Inhalationstechnik
Regelmässige Kontrolle beim Hausarzt bzw. Vorhandensein von Ansprechpartner
bei Fragen bzgl. der Anwendung [7]
Die ideale Partikelgrösse des Wirkstoffes soll zwischen 2-5 µm liegen [6]. Kleinere
Partikeln gelangen in die Alveolen und können systemische Nebenwirkungen auslösen.
Grössere Partikel um die 50 µm erreichen nicht mehr die Bronchien. Das Ziel ist eine hohe
bronchopulmonale Deposition des inhalierten Wirkstoffes. Unabhängig vom verwendeten
Inhalationssystem erreichen jedoch durchschnittlich nur 10-40% des inhalierten
Wirkstoffes letztendlich die Bronchien; der Grossteil (60 – 90%) des Inhalats wird für
gewöhnlich verschluckt oder verbleibt im Oropharynx [6][27].
Mit der entsprechenden Dosiertechnik sowie dem passenden Inhalationsgerät soll dieser
Verlust und die Gefahr von systemischen Nebenwirkungen möglichst gering gehalten
werden.
Technik und Umsetzung
In der Behandlung des Asthma bronchiale sollte in jedem Alter die inhalative Applikation
bevorzugt werden, da mit dieser die beste pulmonale Deposition erreicht werden kann.
Es können etwa drei Arten von Inhalationsgeräten unterschieden werden: Dosieraerosole,
Pulverinhalatoren und Vernebler [6].
23
Dosieraerosol:
Der Wirkstoff wird in Aerosolform versprüht und zeitgleich eingeatmet. Wichtig ist dabei
die zeitliche Koordination zwischen Auslösung und Inhalation (atemgetriggerte
Inhalation), die technisch insbesondere für Ältere und Kinder schwierig ist umzusetzen.
Etwa 10-20% des Wirkstoffs gelangt mit dieser Applikationsmethode in die Lunge, der
Rest verbleibt im Spacer und Oropharynx oder wird verschluckt.
Richtiger Gebrauch für Dosieraerosole: Patient nimmt langsam einen tiefen Atemzug und
hält dann den Atem an [6][27].
Eine Hilfsmassnahme stellt die „Spacervorschaltung“ dar, welcher ein Zwischendepot
zwischen Inhalator und Patient darstellt. Der Patient kann durch die Spacervorschaltung
den Wirkstoff zeitlich unabhängig vom Sprühstoß in mehreren Inhalationen portioniert
aufnehmen. Dadurch reduziert sich der verschluckte Dosisanteil [6][27].
Richtiger Gebrauch: Patient atmet ein paar Mal langsam tief ein, und hält dann den Atem
an. Diese Methode ist geeignet für alte, bettlägrige Patienten.
Pulverinhalator (Turboinhaler):
Der Wirkstoff wird bereits in der gewünschten Partikelgrösse durch Vibration oder
Rotation freigesetzt, ein Grossteil des Pulvergemisches gelangt in die Lunge.
Richtiger Gebrauch: Patient atmet ein paar Mal rasch tief ein, und hält dann den Atem an.
Er ist besonders geeignet für den jungen complianten Patienten. Verglichen mit dem
Dosieraerosol ohne Spacervorschaltung ist die Handhabung etwas einfacher, da die genaue
Koordination von Auslösung und Einatmung entfällt. Allerdings ist beim Pulverinhalator
eine ausreichend starke Inspiration anfangs erforderlich, weshalb dieses System für
Kleinkinder, Schwerstkranke und generell Patienten die keine forcierte tiefe Inspration
mehr zustande bringen, schwierig ist.
Vernebler:
Beim Düsen-Ultraschallvernebler wird meist elektrisch durch Ultraschall ein Aerosol des
Wirkstoffs erzeugt. Durch die Vernebelung dauert die Inhalation wesentlich länger als mit
Dosieraerosole oder Pulverinhalatoren, der Patient muss jedoch keine Atemtechnik
beherrschen sondern atmet langsam tief ein, und atmet dann wie gewohnt wieder aus. Über
24
ein Mundstück oder eine Maske wird der Nebel ohne Aufwand eingeatmet. Diese Methode
ist somit auch für bettlägrige Patienten sowie Kleinkinder und Säuglinge anwendbar. Da
sie wesentlich größer sind und eine Stromquelle benötigen, finden sie meist stationär
Anwendung.
Inhalative Optionen für Kinder:
Bei Kleinkindern vor dem sechsten Jahr sollte die Inhalation mit einem Dosieraerosol plus
Spacer erfolgen. Circa ab dem Schuleintritt können Pulverinhalatoren und
atemzuggetriggerte Dosieraerosole ausprobiert werden.
Nebenwirkungen:
Die meisten inhalativen Antiasthmatika zeichnen sich durch einen hohen First-Pass-Effekts
im Darm und in der Leber aus, sodass nur geringe Dosen im systemischen Kreislauf
ankommen. Mögliche Nebenwirkungen sind Heiserheit und Mundtrockenheit welche
während häufiger Inhalation sowie fehlerhafter Anwendung auftreten können [13][23]. Die
Gabe von FCKW-freien Dosieraerosolen (z.B. Junik ®, oder Ventolair ®) führen aufgrund
der Partikelgröße und neuen Düseneigenschaften zu einer geringeren Belastung des
Oropharynx bei einer besseren Verteilung und Deposition im Lungengewebe [6].
25
6 Der akuter Asthmaanfall
Ein schwerer Asthmaanfall wird wie gefolgt definiert [23]:
Peak exspiratory flow (PEF)< 60%
Sprechdyspnoe
Atemfrequenz> 30/min
Herzfrequenz >120/min
Sauerstoffsättigung < 90%
Der Patient darf während des akuten Asthmaanfalls nicht liegend gelagert werden und
bedarf einer schnellstmöglichen O2 Gabe sowie „Reliever“-Therapie mit einem KUBA
(siehe Kapitel Kurz wirksame Beta-2-Agonisten).
Spricht der Patient nicht sofort auf den kurzwirksamen Beta-Agonisten an bzw.
verschlechtert sich, so wird eine per os oder intravenöse CS Therapie begonnen [23]. Sollte
nach circa 1 Stunde weiterhin keine Besserung (PEF, O2 Sättigung) eingetreten sein, so ist
zusätzlich eine über eine Dauer von 20 Minuten verabreichte Magnesiumsulfatgabe
(maximal 1x 2g iv.) indiziert. Weiters ist ein vernebeltes Anticholinergikum
Ipratropiumbromide (Atrovent®) einzusetzen [14]. Bei weiterer Verschlechterung der
Dyspnoe sowie Verwirrtheitszustand des Patienten sind intensivmedizinische Massnahmen
einzuleiten [23].
6.1 Status asthmaticus
Wenn im Zuge eines Asthmaanfalls über 4 Stunden keine Besserung oder
Verschlechterung der akuten Dyspnoe eintritt und der Patient kein Ansprechen auf KUBA
zeigt, befindet er sich in einem Status asthmaticus („life threatening asthma“) [14].
Therapie beim lebensgefährlichen Asthmaanfall:
Gabe von O2: Ziel ist eine Sauerstoffsättigung von mindestens 90%
Gabe von KUBA: (Salbutamol oder Terbutalin)
Gabe von Adrenalin subkutan oder intravenös unter Rhytmusmonitoring
Magnesiumsulfat
Monitoring, EKG, Pulsimetrie
26
Auskultatorisch können oftmals keine Atemgeräusche oder nur schwach wahrgenommen
werden („silent chest“). Unter Berücksichtigung einer möglichen kardialen Belastung ist
entgegen frühere Guidelines keine Flüssigkeitszufuhr im Status asthmaticus indiziert [14].
27
7 Material und Methoden
Im Rahmen der Literaturrecherche wurden thematisch relevante Schriftpassagen aus
verfügbaren Lehrbüchern, Fachzeitschriften, wissenschaftlichen Artikeln, Publikationen,
Literaturdatenbanken (PubMed, Google Scolar) evaluiert und bewertet. Die Literatur
stammte aus dem Bestand der Bibliothek der Medizinischen Universität Graz sowie der
Medizinischen Universität Zürich und dem Internet. Die verwendete Literatur stammt
vorwiegend aus Deutschland, Schweiz, sowie aus dem englischsprachigen Raum und ist in
deutscher oder englischer Sprache verfasst. Die Abhandlung der Thematik
„Medikamentöse Therapie des Asthma bronchiale mit Schwerpunkt auf allergisches
Asthma“ wurde nach erfolgter Literatursammlung im Rahmen einer Literaturrecherche
verfasst. Um einen Überblick über Asthma bronchiale zu vermittelten, wurden die
gegenwärtigen Vorstellungen zu Pathophysiologie und medikamentöser Wirkungen auf die
bronchopulmonalen Obstruktion berücksichtigt. In den folgenden Kapiteln wurde
vertiefend auf das allergische Asthma eingegangen, mit Darstellung der neuesten
Erkenntnisse der Immunpathologie. Danach wurde der aktuellste Stand der Therapie
anhand der Literatur der letzten Jahre dargestellt und diskutiert. Im letzten Teil wurden
Studien über neue Asthma Medikamente wie Anti-IgE-mAK (Omalizumab) und Analoga
von PDE-4-Hemmestoffen miteinander verglichen und interpretiert. Zudem sind
exemplarisch rezente Ergebnisse aktueller Studien berücksichtigt.
Methoden: Unter Verwendung von Boolesche Operatoren wie AND, OR, NOT konnte
eine gezielte und effiziente Recherche durchgeführt werden. Den Booleschen Operator
NOT wurde beispielsweise verwendet im Zusammenhang mit „Omalizumab“ um den
Begriff „Urtikaria“ auszuschliessen.
Durch einen passwortgeschützten Einstieg in die Literaturdatenbanken über
www.medunigraz.at/bmed ist die Möglichkeit gegeben auf eine Vielzahl von Artikeln
zurückzugreifen. Die verwendeten Suchtermini beinhalten englische Medikamentennamen
wie Xolair sowie Begriffe wie „eosinophiler Phänotyp“.
In die Recherche wurden unter anderem Reviews, Cochraine Studien und historische
Artikeln als Material inkludiert. Es wurde das Zitierprogramm „MENDELEY“ verwendet,
welches erlaubte die ausgewählten Online-Publikationen nach Schlagwörter („Tags“) zu
sortieren und für ein rasches Zugreifen zu speichern.
28
8 Ergebnisse zur medikamentösen Therapie anhand
aktueller Literatur
Die Therapie des Asthma bronchiale kann vom therapeutischen Ansatz aus in eine kausale
und in eine pharmakologische Therapie unterteilt werden. Während die kausale Therapie in
einer Allergenkarenz und/oder spezifischen Desensibilisierung besteht, ergeben sich für die
Anwendung pharmakologischer Therapien verschiedene Möglichkeiten, allerdings mit der
Einschränkung, lediglich symptomatisch effektiv zu sein. Hierbei gilt es, eine
antientzündliche von einer bronchodilatatorischen Wirkung zu unterscheiden. Grundlage
hierfür sind die oben angeführten pathophysiologischen bzw. immunbiologischen
Zusammenhänge [13].
8.1 Antiinflammatorische Medikamente
8.1.1 Glukokortikosteroide
Diese Substanzgruppe, die 1950 durch den mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichneten
Chemiker Tadeus Reichstein isoliert und synthetisiert wurde, ist heute eines der häufigsten
verwendeten Medikamente.
Glukokortikosteroide sind die stärksten pharmakologischen Entzündungshemmer. Sie sind
in der Lage, den Langzeitverlauf der asthmatischen Krankheit positiv zu beeinflussen und
werden vorzugsweise inhalativ eingesetzt. In der Langzeittherapie führen sie zur
Reduktion der asthmatischen Beschwerden und senken den Verbrauch von
Bronchodilatatoren. Zudem wird eine Verbesserung der Lungenfunktion erreicht und das
Auftreten akuter Asthmaanfälle gemindert [13].
29
Die Zellen der Bronchialwand und des Immunsystems verfügen über Steroidrezeptoren zur
Bindung des Glukokortikoids. Die Steroidrezeptoren befinden sich intrazellulär. Nach
Aktivierung durch ein Hormon kommt es zur Interaktion mit einem Transkriptionsfaktor,
NF-κB, der an die Promotoren bestimmter Gene, die an der Regulation des
Entzündungsgeschehens beteiligt sind, bindet. In der Folge wird die Transkription
blockiert. Bei einem akuten Asthmaanfall verläuft die klinische Wirkung langsamer als die
von Beta-2-Agonisten, weswegen CS mit Beta-2-Agonisten kombiniert werden müssen.
CS besitzen zudem die Eigenschaft, die Rezeptorendichte für Beta-2-Agonisten zu
erhöhen, was deren Wirkung steigert [3][5][23] . Folgende Präparate werden insbesondere
eingesetzt:
Tabelle 4 Wirkstoffeigenschaften Inhalativer Glukokortikosteroide übernommen und
reproduziert aus [6]
Wirkstoff der Gruppe „ICS“
Applikationsform Einzeldosis DI in Std. BV %
HWZ In Std.
PEB in %
EF ren in %
Beclometason-Diproprionat
Per inhalationem (p.i.)
250-1000 µg
12
150
2 (62)
0,5 (3)
87 0
Budesonid p.i. 200-800 µg
12
250
26-38
2,8 88 0
Mometason p.i. 200-800 µg
12
750
n.b. 4.5 99 0
Fluticason p.i. 125-500 µg 12
2000
12-24
8-14 91 0
p.i.: inhalative Gabe, DI: Dosisintervall BV: Bioverfügbarkeit HWZ: Halbwertszeit PEB:
Plasmaproteinbindung EF ren: Eliminationsfraktion über die Niere n.b.: nicht beschrieben
Abbildung 9 Strukturformel Budesonid
übernommen aus [69]
30
Bei der Darreichungsform kann zwischen inhalativer und systemischer Gabe unterschieden
werden. Inhalative CS sind Mittel der Wahl bei Langzeittherapie des Asthma bronchiale.
Vorteil der inhalativen Gabe nahe am Wirkort ist die Verhinderung systemischer
Nebenwirkungen von Glukokortikoden, insbesonderen des gefürchteten Cushing-
Syndroms. Zu den relevanten Nebenwirkungen zählen neben einer Osteoporose,
psychische Veränderungen, Übergewicht und Hypertonie [6].
Da die Einnahme Mundsoor begünstigt, soll die Inhalation möglichst vor
Mahlzeitendurchgeführt werden bzw. auf Reinigung von Mund und Rachenraum post
inhalationem geachtet werden. Systemische Nebenwirkung treten auf Grund der niedrigen
Dosis in der Regel nicht auf [7][23]. Ein Absetzen dieser Medikamentengruppe bei
Schweregrad 2 bis 4 (siehe Tabelle 9) ist auch bei erreichter Beschwerdefreiheit
kontraindiziert.[13]
Systemische Glucokortikoidtherapie:
Diese werden bei einem akuten Asthmaanfall verabreicht (siehe oben). Systemische
Glukokortikoidtherapie (vorzugsweise Prednisolon) wird üblicherweise intravenös oder
oral durchgeführt [13]. Eine anhaltende systemische Gabe gilt es zu vermeiden, sofern der
Patient mit anderen Methoden therapierbar ist und ist nur in der Stufe 5 indiziert (siehe
Abbildung 19 auf Seite 46). Bei oraler Gabe ist der maximale Therapieeffekt nach 6-12
Std. zu erwarten. Bei schweren Verläufen können unter Umständen Tage vergehen, ehe
sich eine Verbesserung der Symptome einstellt [5]. In einer klinischen Studie aus Indien
von 2014 zeigte Arulparithi et al dass die Wirksamkeit von vernebeltem Budesonid mit der
von oralem Prednisolon bei der Behandlung des akuten, schweren Asthmas bei Kindern
verglichen. Inkludiert wurden Kinder im Alter von 5-12 Jahren mit akuter Exazerbation
eines Asthma bronchiale.
Methode: Die Budesonid-Gruppe erhielt vernebeltes Budesonid (800 ug) in Abständen von
20 min und eine Einzeldosis von Placebo-Tabletten. Die Kontroll- Gruppe inhalierte
dagegegen Placebo-Lösungen in Intervallen von 20 min und erhielt eine Einzeldosis von
Prednisolon (oral, 2 mg / kg). Beide Gruppen erhielten zusätzlich drei Konzentrationen von
vernebeltem Salbutamol (0,15 mg / kg). Herzfrequenz, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung,
PEF (Peak-Flow-Rate) und Fitness unter Belastung wurden gemessen. Als Ergebnis
zeigten beide Gruppen durch die Therapie eine signifikante Abnahme der Tachykardie,
Tachypnoe sowie Verbesserung der Sauerstoffsättigung. In der Budesonid-Gruppe wurde
31
zudem eine Verbesserung der PEF-Werte gemessen (p = 0,024). Hervorzuheben ist, dass
die Abnahme der Tachykardie signifikant höher in der Budesonid-Verumgruppe war.
Beide Kollektive demonstrierten eine ähnlich gute Abnahme der Tachypnoe Ebenfalls
zeigten beide Gruppen nach 2 Stunden eine signifikante Verbesserung der Klinik. Ein
deutlicher höherer Anteil von Patienten der Budesonid-Gruppe war fit für die Entlassung
nach 2 Stunden (basierend auf den klinischen Schweregrad-Scores).
Conclusio dieser Studie lautet, bei Kindern zwischen 5 und 12 Jahren mit akutem
schwerem Asthma führte vernebeltes Budesonid zu einem bessseren klinischen Ergebnis
als oral eingenommendes Prednisolon. So bewirkte vernebeltes Budesonid verbesserte
PEF Level und körperliche Fitness an den untersuchten Kindern [28].
Generell gilt, bei stabilem Verlauf ist eine orale Gabe vergleichbar wirksam wie die
intravenöse; falls möglich, ist stets die nicht-invasivere Applikationsart zu bevorzugen
[23]. Auf Grund der wachstumshemmenden und metabolisch einflussnehmenden
Wirkungen der Glukokortikoide muss die Größen- und Gewichtsentwicklung unter CS-
Therapie regelmäßig kontrolliert werden. Neben den Glukokortikoiden gibt es noch andere
anti-inflammatorisch wirksame Medikamente, die als Basistherapie eingesetzt werden.
8.1.2 Dinatriumcromoglicinsäure (DNCG) und Nedocromil (Cromone)
Diese gehören in die Gruppe der Degranulationshemmer und setzen primär an Mastzellen
an.
Abbildung 10 Strukturformel der Dinatriumcromoglicinsäure; übernommen aus [29]
Hier verhindern sie durch eine membranstabilisierende Wirkung die Histaminfreisetzung
bzw. Freisetzung anderer immunmodulierender Mediatoren aus der Mastzelle sowie das
Einwandern von eG aus dem Blut in das Bronchialgewebe. Sie blockieren die bronchiale
Obstruktion durch Herabsetzung der bronchialen Hyperreagibilität sowie durch Hemmung
der Sofortreaktion sowie Spätreaktion [6][13][30].
Während der exakte Wirkungsmechanismus dieser Medikamentengruppe nicht geklärt ist,
untermauern Experimente von Yadiz et all [31] die Hypothese, nach der
32
Degranulationshemmer wie DNCG und Nedocromil ihre Wirkung durch den
entzündungshemmenden Mediator Annexin-A1 (Anx-A1) entfalten. Sie stimulieren die
Phosphorylierung und Sekretion von Anx-A1 aus Mastzellen, welches einer
Histaminausschüttung entgegegen wirkt. Cromone blockieren zudem unspezifisch
Membran Chlorid-Kanäle, welche eine wichtige Rolle bei der Degranulierung der
Mastzellen spielen [32][33].
Inhalativ zugeführt, verbessert Nedocromilnatrium asthmatische Symptome, vor allem bei
mittelschwerem Asthma wird die bronchiale Obstruktion verringert und bronchiale
Hyperreagibilität reduziert. Bronchialbiopsien haben eine Abnahme der aktivierten
Eosinophilen bei längerer Nedocromil Behandlung gezeigt, was darauf hindeutet, dass der
klinische Nutzen von einer entzündungshemmenden Wirkung des Arzneimittels abhängt
[30][34].
DNCG ist ein Derivat des Khellins, einem ägyptischen Kräuterheilmittel und Nedocromil
ist ein Derivat der DNCG. Beide Substanzen gibt es in topischer Form als Inhalat [34].
Generell wirken Cromone nur schwach antientzündlich. Auf Grund der geringen
Nebenwirkungen werden sie bei Kindern noch gerne eingesetzt. Nebenwirkungen sind
zum Beispiel: Erbrechen, Husten und Übelkeit. Eine mehrmalige tägliche Applikation der
Cromone ist auf Grund der geringen HWZ (siehe Tabelle 5) notwendig, welches mit
Compliance-Problemen assoziiert sein kann [13][23].
8.1.1 Anti-IgE-Antikörper, Biologicals:
Die zwei Substanzen die in diesem Kapitel besprochen werden sind Omalizumab und
Qilizumab. Sie sind sogenannte Biologicals (=Biopharmazeutika), d.h. biotechnologisch
bzw. gentechnisch hergestellte Nukleinsäuren und Proteine, die gezielt in die
pathophysiologischen Mechanismen eingreifen, indem sie an bestimmte Zytokine oder
deren Rezeptoren anbinden und diese blockieren [6]. Omalizumab ist ein monoklonaler,
chimärer Anti-IgE-Antikörper zur Behandlung des schweren allergischen Asthmas. Da der
therapeutische Antikörper das endogen vermehrt gebildete IgE komplexiert, blockiert es
die IgE vermittelten Effekte auf Mastzellen. Wenige Jahre sind seit der Zulassung für die
Anti-IgE Therapie des Asthmas mit Omalizumab vergangen; laufende Studien bestätigen
die Langzeiteffekte dieses Medikamentes [12].
Omalizumab hat eine positive Wirkung auf den klinischen Verlauf d.h. Verminderung der
Exazerbationen durch IgE vermittelte Effekte. Trotz seiner guten Wirksamkeit bleibt seine
Verschreibung auf wenige schwere Verläufe eines Asthma bronchiale beschränkt.
33
Problematisch ist die Tatsache, dass sich ein Therapieeffekt laborchemisch derzeit nicht
kontrollieren lässt. So bleibt der erwartete Effekt einer Senkung erhöhter IgE
Konzentrationen im Blut eines Patienten ohne Nachweis. Eine Erklärung hierfür ist sehr
wahrscheinlich, dass der zum laborchemischen Nachweis verwendete analytische
Antikörper an denselben Stellen des IgE Moleküls bindet wie der therapeutische IgE
Antikörper. Diese Unterscheidungen sind nur in Speziallabors durchführbar und bislang
für den Routinengebrauch nicht verfügbar [17].
Neben der primären Indikation allergisches Asthma bronchiale sind während der letzten
Jahren dermatologische Krankheitsbilder (z.B. Atopische Dermatitis) erfolgreich behandelt
worden [35].
Nebenwirkungen:
Da es sich bei Omalizumab um eine Kombination eines tierischen und menschlichen
Antikörpers handelt, sind insbesondere bei Langzeitbehandlungen wie bei vielen
Biologicals mit dem Problem einer Fremdkörperreaktion nicht auszuschließen. So werden
Fälle von Anaphylaxie beschrieben, bis hin zu ungeklärten Allergieformen, die nur schwer
therapierbar sind. [36]
Langzeittherapie:
Während die Anzahl der langzeittherapierten Patienten ansteigt, ist ein Diskurs über die
therapeutische Konzentration entstanden.
Klinischen Daten aus Schweden zeigen folgendes: bei 18 schwedischen Patienten wurde
die Langezeittherapie nach 6 Jahren versuchsweise beendet und die Asthmabehandlung mit
konventioneller ICS/LABA-Therapie fortgeführt. Im follow up zeigte sich 3 Jahre später
eine stabile Klinik. Die Conclusio der Studie war, dass eine Beendigung der Omalizumab
Therapie nach circa 6 Jahren Dauertherapie in Betracht gezogen werden kann [12].
Laufende Phase III Studien zeigen jedoch nach Unterbrechung der Therapie die eindeutige
Tendenz, dass IgE Level erneut ansteigen und klinische Allergiesymptome wiederkehren,
welches direkt mit einer rekurrierten Neusynthese von IgE nach Auswaschung des
Therapeutika korreliert [37].
In einer israelischen Studie wurde die Wirksamkeit von Omalizumab als Zusatztherapie
bei schwerem Asthma untersucht. (siehe Abb. 11) Hiernach bewirkte Omalizumab
34
(Xolair®) eine circa 50% Senkung der Exazerbationsraten nach 28 Wochen gegenüber
einer Therapie lediglich mit Beta-2-Agonisten und CS [38].
Abbildung 11 Wirksamkeit von Omalizumab; in einer israelischen Studie wurde die
Wirksamkeit von Omalizumab als Zusatztherapie bei schwerem Asthma untersucht. Diese
Balkendiagramme zeigen, dass Exazerbationen in der Xolair® -Gruppe nach 28 Wochen
um circa die Hälfte reduziert sind gegenüber der Placebo-Kontrollgruppe [38].
Problemtisch ist die Dosierung und Dauer der Therapie. Die empfohlene Maximaldosis
beträgt 600mg Omalizumab alle 2 Wochen [39]. Empfohlene Dauer der Therapie beträgt
etwa 6 Monate. Letzteres ist allerdings vorbehaltlich, weil sich keine sichere Voraussage
über die Stabilität des Verlaufs unter Therapie machen lässt. Da es sich bei Omalizumab
nicht um eine kausale Therapie handelt, ist unter Umständen eine Dauertherapie
anzustreben [12][38].
Bei wiederkehrender Symptomatik nach Absetzen von Omalizumab, kann in leichten
Fällen eine konventionelle Kombinationstherapie mit Beta2-Agonist/ICS versucht werden
oder in schweren Fällen erneut eine Omalizumab Therapie in Betracht gezogen werden.
Dabei sollte man, sofern das therapiefreie Intervall kein Jahr überschritten hat, wieder die
alte Dosierung verwenden [12][37].
Neueste Forschungsergebnisse weisen auf eine Weiterentwicklung von Substanzen zu
Beeinflussung der IgE Synthese hin. So wurde erst kürzlich in einer klinischen Phase II
35
Studie das neuentwickelte Produkt Quilizumab getestet, das direkt an B-Zellen bindet und
diese in die Apoptose führt. Als Resultat beobachtete man signifikant gesenkte IgE-
Blutspiel sowie eine deutliche Verbesserung der Lungenfunktion bei Patienten mit
allergischer Rhinitis oder Asthma bronchiale [40].
8.2 Bronchodilatatorische Medikamente
Ein Verständnis über das vegetative Nervensystem ist hilfreich, um die Wirkweise von
Bronchodilatatoren zu verstehen.
In der Regulation der Bronchienweite stehen sich Wirkungen des Sympatikus und
Parasympatikus gegenüber. Erstes ist zuständig für „Flight or fight“ Reaktionen, zweiteres
für Ruhephasen und regenerative Tätigkeit des Körpers. Rezeptoren, die die Botenstoffe
des Sympatikus (Adrenalin) erkennen, nennt man Beta-Rezeptoren. Bei Stimulation durch
betaadrenerge Botenstoffe kommt es zur Erweiterung der Bronchien, (diese unterstützt
eine sympatotone Flucht oder Kampfsituation mit maximaler Lungenfunktion). Bei
parasympatischer Aktivierung verengen sich die zuvor dilatierten Bronchien wieder.
In der Asthmatherapie wird durch den Einsatz von Beta2-Agonisten eine
sympatomimetische Wirkung erreicht, d.h. eine bronchodilatative Wirkung erzielt. Ebenso
kann eine Hemmung des Parasymatischen Systems durch Muskarinrezeptor-Antagonisten
zu einer leichten Linderung der asthmatischen Symptome führen.
8.2.1 Kurz wirksame Beta-2-Agonisten
Die kurz wirksamen Beta-2-Agonisten (KUBA) gelten als Bedarfsmedikation und werden
bei Auftreten von asthmatischen Beschwerden eingesetzt. (siehe Abbildung 19 auf Seite
46) Das Ziel ist eine schnelle und zuverlässige Bronchodilatation [19].
Dabei binden sie direkt an den membranständigen, adrenergen Beta-2-Rezeptoren
(Adrenorezeptoren) der glatten Muskelzellen der Bronchialwand und der glatten
36
Muskelzellen der Pulmonalarterien. Rezeptor-vermittelt kommt es zu einer Relaxation der
glatten Muskulatur auf zellulärer Ebene durch die Aktivierung von cAMP und der
Proteinkinase A. Diese löst eine Kettenreaktion aus, welche in einer Erniedrigung der
intrazellulären Calzium-Ionenkonzentration, einer Hemmung der Myosin-Leichtketten-
Kinase und der Öffnung Calzium-aktivierter Kaliumkanäle resultiert [6]. Durch die
Relaxation der glatten Muskulatur kommt es zu einer raschen Aufhebung der
Atemwegsobstruktion sowie zu einer Absenkung des pulmonalarteriellen Drucks [17].
Der Beta-2-Agonist findet in der Asthmatherapie für gewöhnlich inhalative Anwendung
und ist die Therapie der ersten Wahl bei Atemnot im Rahmen der asthmatischen
Erkrankung [13].
Beta2-Agonisten können zudem die mukoziliare Clearance durch Stimulation des
Flimmerepithels erhöhen, zeigen selbst jedoch keine antiinflammatorische Wirkung.
Im Gegenteil; neueste Studien zeigen, dass eine längere Behandlung mit Beta2-Agonisten
nicht nur zu einer Desensibilisierung und Downregulation der Beta2-adrenergen
Rezeptordichte führt, sondern dadurch die Ausschüttung von entzündungsfördernden
Zytokinen aus brochialen Epithelzellen fördert [41]. Dies würde möglicherweise auch
erklären, weshalb Patienten nach langjähriger Beta2-Agonisten Gebrauch eine
Verschlechterung ihrer asthmatischen Beschwerden erfahren. Glukokortikoide können
einer Toleranzentwicklung zum kleinen Teil entgegengewirkten [6][41].
Folgende Substanzen finden beispielsweise Verwendung als kurz wirksame Beta-2-
Agonisten (KUBA) [13];
Salbutamol (Sultanol®)
Fenoterol (Berotec®)
Terbutalin (Bricanyl®)
Reproterol (Bronchospasmin®)
(siehe Abbildungen 12-14)
Während Reproterol (assoziert mit einem hohen Nebenwirkungsprofil) nur i.v. verabreicht
wird und mit einer kurzen HWZ von lediglich circa 1,5 Stunden hauptsächlich Einsatz im
Status asthmaticus findet [5][13], können die first-line Medikamente Salbutamol und
Fenoterol inhalativ angewendet werden. Fenoterol, Terbutalin sowie andere Beta-2-
Agonisten werden neben ihre brochospamolytische Wirkung aufgrund ihrer Wirkung auf
37
glatte Muskelzellen des Uterus ebenfalls zur Hemmung der Wehentätigkeit (Tokolyse)
verwendet.
Bambuterol (Bambec) ist ein neues Präparat, welches oral verfügbar ist und ihre
Aktivierung erst in der Lunge durch Esterasen erfährt. Diese spalten von der Struktur einen
Carbamin-säure Rest ab; es entsteht das kurz wirksame Terbutalin. Für eine retardierte
Wirkung kann Terbutalin p.o. in Tablettenfrom ( Bricanyl-Duriles®) appliziert werden.
Das pharmakologisch wirksame Isomer bei allem KUBAs ist zumeist die (R)-Form.
Therapeutisch wird jedoch das Racemat, ein 1:1-Gemisch der R und L Form-Isomere,
verwendet [42]. Auf die physikochemischen Eigenschaften der inhalativen Beta-2-
Agonisten wird später in der Arbeit ausführlicher eingegangen.
Abbildung 12 Strukturformel von Reproterol übernommen aus [43]
Abbildung 13 Strukturformel Salbutamol übernommen aus [29]
Abbildung 14 Strukturformel Fenoterol übernommen aus [29]
38
Tabelle 5 "KUBA" Kurzwirksame Beta.2.Agonisten im Überblick
Wirkstoff der Gruppe Kurzwirksame Beta-2-Agonisten
Applikationsform Einzeldosis DI in Std.
Bioverfügbarkeit in %
HWZ PEB in %
EF ren in %
Salbutamol Per inhalationem (p.i.)
100-200 µg (1-2 Sprühstöße)
2-4
n.b. 4h 10 30
p.o. (Tropfen) 2-4 mg 8-12 45
Fenoterol p.i. 100-200µg (1-2 Sprühstöße)
6 19 3h 48 15
Reproterol nur i.v. 100-200µg (1-2 Sprühstöße)
1,5 100 1,5 77 65
Terbutalin
p.i. 500 µg (1 Sprühstoß)
6-8 30 3,5h 25 10
p.o. (ret.) 7,5 mg 12 12
s.c. 250-500 µg - 100 Übernommen, modifiziert und reproduziert aus [6][42]; p.i.: inhalative Gabe, DI:
Dosisintervall BV: Bioverfügbarkeit HWZ: Halbwertszeit PEB: Plasmaproteinbindung EF
ren: Extraktionsfraktion über die Niere
8.2.2 Lang wirksame Beta-2-Mimetika
Langwirksame Beta-2-Agonisten (LABA) haben eine Wirkdauer von 12-24 Stunden. Sie
heissen beispielsweise Formoterol (Foradil®) und Salmeterol (Severent®). Die
Medikamente werden als Prophylaxe von Asthmaanfällen ab Schweregrad 3 eingesetzt. (
siehe Abbildung 15) Bei zweimaliger Inhalation pro Tag reduziert dies bereits den Bedarf
an KUBA. [13]
Abbildung 15 Strukturformel
Salmeterol übernommen von
[70]
39
LABA bilden die ideale Ergänzung zur ICS-Basistherapie, da beide Substanzen in
Kombination ihre synergetische Wirkung entfalten und Patienten deutlich von dieser
Kombination profitieren. [44]
Tabelle 6 Langwirksame Beta-2-Agonisten „LABA“
Wirkstoff der Gruppe Langwirksame Beta-2-Agonisten
Applikationsform Einzeldosis DI in Std.
Bioverfügbarkeit in %
HWZ PEB in %
EF ren in %
Formoterol Per inhalationem (p.i.)
12-24 µg (1-2 Sprühstöße)
12
40-50 8h 63 11
Salmeterol p.i. 25-50µg (1-2 Sprühstöße)
12 n.b. 4h 93 0
übernommen und reproduziert nach [6] S.529
Im praktischen Gebrauch werden Kombinationspräparate aus beiden Substanzklassen
eingesetzt: wie beispielsweise ein Kombinationspräparat aus Fluticason und
Salmeterol(Seretide) sowie Budesonid und Formoterol. Letzteres ist als weit verbreitetes
Symbicort-Aerosol in der Anwendung [39].
Neueste Entwicklung der Kombinationspräparate:
Das Kombinationspräparat aus Vilanterol und Fluticason ist bei mäßigem bis schwerem
Asthma indiziert und wird nur einmal täglich angewendet. Die Vereinfachung der Therapie
führt potentiell zu einer besseren Patientencompliance. [45]
Der langwirksame Beta2-Agonist sollte in Kombination mit einem ICS verordnet werden.
Wichtig ist, dass Langwirksame Beta2-Agonisten niemals bei Asthmapatienten als
Monotherapie verwendet werden und auch nicht bei akutem Asthmaanfall eingesetzt
werden sollte. Die FDA hat im Jahre 2009 eine Metaanalyse veröffentlicht, die klar
anzeigt, dass eine Monotherapie keinen Vorteil bringt, sondern mit mehr asthmaassozierten
Komplikationen einhergeht [46][44].
40
Kontraindikationen und Nebenwirkungen
Nebenwirkungen einer Inhalation mit Beta-2-Agonisten können Tremor durch Stimulation
der Beta-2-Rezeptoren der Skelettmuskelzellen, innere Unruhe durch Stimulation des ZNS,
sowie in seltensten Fällen eine Reflextachykardie und Arrhythmie auslösen [39][19] .
Untersucht wurde das Nutzrisikoprofil von ICS und LABA Präparaten. Gegenüber dem
Nutzen für Asthmatiker ist wegen einer hohen Selektivität der Substanzen für die
Adrenorezeptoren in dem Lungengewebe das kardiale Risiko wenig relevant [23][47].
Kontraindiziert ist eine gleichzeitige Therapie von Beta 2-Agonisten mit nicht
kardioselektiven Betablockern (z.B. Propranolol). Bei drohendem Abort im 1. oder 2.
Trimenon der Schwangerschaft und während der Stillzeit sollte nach Möglichkeit auch
nicht mit Beta2-Agonisten therapiert werden [39].
Mikrokinetik der inhalativen Beta-2-Agonisten
Die Wirkdauer der jeweiligen Medikamente hängt mit ihren physikochemischen
Eigenschaften zusammen. Die physiologischen Zusammenhänge werden nun anhand
Salbutamol (KUBA), Salmeterol und Formoterol (LABA) erläutert
Kurzwirkende Beta-Mimetika wie Salbutamol sind hydrophil, sie entfaltet ihre Wirkung
rasch, wirken aber nur kurz. Die beiden lang wirksamen Beta2-Agonisten Formoterol und
Salmeterol ( LABA) wirken lange und unterscheiden sich nur in der Geschwindigkeit ihres
Wirkeintritts.
Salmeterol ist lipophil, sie entfaltet ihre Wirkung verzögert. Formoterole sind hydrophil
und lipophil, sie treten rasch ein und haben trotzdem eine lange Wirdauer.
Dies erklärt sich anhand der folgenden physiologischen Gegebenheiten:
Die Beta2-Rezeptoren befinden sich in der die Zellwand der bronchialen Muskelzellen, sie
sitzen transmural und ragen mit dem Rezeptorkopf in den Zwischenzellraum, welcher von
der interstitiellen Flüssigkeit umgebenen ist. Der aus der Zellwand ragende Rezeptorkopf
kann in der hydrophilen Umgebung schnell wasserlösliche (hydrophile) Medikamente wie
Salbutamol binden und eine sofortige Wirkung innerhalb wenigen Minuten auslösen.
Dabei kommt es in Folge zu Erweiterung der Bronchien. Das Medikament wird jedoch
auch auf Grund ihrer Hydrophilie nach wenigen Stunden wieder aus der Rezeptorbindung
gespült. Salbutamol wird daher „kurz wirksam“ genannt.
Langwirksame Beta-2-agonisten mit lipophilen Anteil werden nicht so schnell aus der
Rezeptorbindung ausgewaschen, sie akkumulieren und wirken länger
bronchospasmolysierend. Rein lipophile Betaagonisten können jedoch nur verzögert ihre
41
Wirkung entfalten, da sie schlecht löslich sind im hydrophilen Milieu der
Zwischenzellräume. Formoterol, das sowohl einen lipophilen als auch hydrophilen Anteil
hat, kann daher sowohl eine schnelle Wirkung entfalten als auch die lange Wirkzeit eines
LABAs erfüllen. [19] [42].
8.2.1 Leukotrien-Rezeptorantagonisten
Leukotriene sind stark bronchokonstriktorisch wirksame Mediatoren, die vor allem von
Mastzellen, Granulozyten und Makrophagen synthetisiert und freigesetzt werden.
Montelukast (SINGULAIR®), ein Cysteinyl-Leukotrien-1-Rezeptorantagonist, bindet
selektiv an den CysLT1-Rezeptor an der glatten Muskelzelle, so dass die Leukotriene C4,
D4, E4 nicht mehr binden und ihre bronchokonstriktorische Wirkung nicht entfalten
können[13]. Die Wirkung von Leukotrien-Rezeptorantagonisten wurde in klinischen
Studien sowohl für anstrengungsbedingtes Asthma, Asthma nach Provokation mit kalter
Luft und Allergenen sowie Analgetika-induziertes Asthma nachgewiesen. [6][13]
Im Unterschied zu den Beta2-Agonisten tritt bei den Leukotrien-Rezeptorantagonisten
auch bei längerer Behandlung keine Toleranzentwicklung auf. Sie lassen sich mit allen
anti-asthmatisch wirksamen Medikamenten kombinieren. Besonders effektiv ist es als
“Add-on-Antiasthmatikum” in Kombination mit Beta2-Agonisten[13].
Abbildung 16 Strukturformel von
Montelukast [71]
42
8.2.2 PDE4-Hemmer, Theophyllin
Abbildung 17 Strukturformel von Theophyllin, übernommen aus [48]
Vergleicht man die Wirkung von Theophyllin mit Beta2-Agonisten, so ist es in der
bronchodilatatorischen Wirkung unterlegen. Theophyllin wird beim akuten Asthmaanfall
eingesetzt und als Basistherapie ab Asthma Stufe 3 verwendet (siehe Abbildung 19
Stufenschema medikamentöse Langzeittherapie beim Asthma, erstellt nach [13]). Es
bildet eine gute Ergänzung zum Kortikoid. Der vollständige Wirkungsmechanismus ist bis
dato nicht völlig aufgeklärt. Theophyllin wirkt über die unspezifische Hemmung von
verschiedenen Phosphodiesterase (PDE)-Isoenzymen, welche die intrazelluläre
Umwandlung von cAMP und cGMP durch Hydrolyse zu AMP und GMP bewirken. Mit
einer intrazellulären Erhöhung von cAMP wird die dilatatorische und die partiell
antientzündliche Wirkung erreicht [13][49].
Die optimale Serumkonzentration, d.h. die therapeutische Konzentration von 5 bis 15 mg/l
Theophyllin sollte unter Kontrolle des Serumspiegels individuell bestimmt werden [5][13]
[23].
Theophyllin hat eine geringe therapeutische Breite, nach zu rascher i.v. Injektion wurden
bereits Todesfälle beschrieben [5]. Daher ist eine regelmäßige Kontrolle des Serumspiegels
wichtig, um Überdosierungen zu vermeiden. Unerwünschte Nebenwirkungen können
bereits ab Plasmaspielgel von 20 µg/ml auftreten. Zu diesen gehören beispielsweise
Unruhe, Schlaflosigkeit, Übelkeit und bei schwereren Fällen Arrhythmien, sowie
epileptische Anfälle [5][6].
Die Einnahme hat sich bei vorwiegend nächtlichen Atembeschwerden bewährt [13]
43
Obwohl die Theophylline bereits seit Jahrzenten eine tragende Säule der Asthmatherapie
sind, hat lange Zeit keine Weiterentwicklung stattgefunden. In den letzten Jahren wurden
mehrere Analoga vorgestellt. Von den genannten Medikamenten hat sich bislang
Roflumilast in der Therapie der COPD etabliert [49].
Abbildung 18 zeigt relevante selektive catecholtypische PDE-4-Hemmstoffe, darunter
Roflumilast, übernommen aus [49]. Seit der Synthese von Rolipram, dem ersten selektiven
PDE-Hemmer, wurden stetig Strukturmodifizierungen an den Analoga durchgeführt mit
dem Bestreben der Effektsteigerung sowie der Reduktion variabler Nebenwirkungen.
Während Cilomilast für die Therapie der COPD letzte klinische Studien durchläuft [50],
befindet sich L-826,141 noch in der experimentellen Phase [49]. Roflumilast befindet sich
für COPD bereits in Einsatz [50], ihr Effekt an Asthma bronchiale wird derzeit überprüft.
Seit der Synthese von Rolipram, dem ersten selektiven PDE-Hemmer, wurden stetig
Strukturmodifizierungen (Compoundierungen) an den Analoga durchgeführt mit dem
Bestreben der Effektsteigerung sowie der Reduktion variabler Nebenwirkungen wie
Übelkeit, Erbrechen, psychotrope Aktivität und Magensaftsekretion [49] .
Tabelle 7 zeigt die Selektivität für die PDE-Isoenzyme.
Tabelle 7 Selektivitätsprofil der PDE-Isoemzyme PDE-4 ,3,5,7
Compounds
IC50 /(µM)
PDE-4 PDE-3 PDE-5 PDE-7
1l 0,006 2,0 >5 >5
1o 0,009 >5 3,5 3,0
1p 0,026 >5 >5 >5
entnommen und reproduziert aus [49] Compounds: Faltungs und
Modifizierungsmöglichkeiten. IC50 gibt die Konzentration eines Inhibitors an, bei der eine
halbmaximale Inhibition beobachtet wird („Wirkkraft“ bzw. Selektivität des Inhibitors).
Diese Tabelle gibt die Isoenzym Selektivität der Compounds 1l, 1o, 1p auf die
44
Phosphodieasterasen 3,4,5 und 7 an. Dabei ist ersichtlich, dass Compound in der „1l“
Faltungsmöglichkeit die stärkste Selektivität für PDE4 hat und somit am effektivsten
inhibiert. Insgesamt ist es auch in den 1o und 1p Compoundierung in seiner Wirkung den
anderen angeführten Phosphodiesterasen überlegen [49].
Erwähnenswert sind in diesem Kapitel ebenfalls die bifunktionellen PDE-Inhibitoren. Es
handelt sich dabei um eine Kombination aus PDE3-Hemmer und PDE4-Hemmer.
Präklinisch wurde für dieses Medikament eine Steigerung der Mukoziliäre Clearance
sowie auch bronchodilatatorische und antiinflammatorische Wirkungen beschrieben [51].
Gemeinsam entfalten diese Präparate eine additive synergische Wirkung. Limitationen
bestehen durch starke gastrointestinale Nebenwirkungen die aus einer p.o. Einnahme
resultieren sowie geringer Potenz bei ausschliesslicher inhalativer Gabe. Die Zukunft der
PDE-Hemmer in der Behandlung von obstruktiven Ventilationsstörungen ist noch
Gegenstand aktueller Forschung [51].
Tabelle 8 Leukotrien-Rezeptor-Antagonist, Degranulationshemmer und PDE4-Blocker in
der Übersicht
Wirkstoffe Applikationsform
Einzeldosis DI in Std. BV %
HWZ In Std.
PEB in %
EF in %
Leukotrien-Rezeptor-Antagonist
Montelukast p.o.
4-10 mg
24
68 4,5 99 0
Degranulations hemmer
Natriumcromoglicat
p.i. 20 mg
6
15 1,3 70 50
PDE4- Blocker
Roflumilast p.o. 500 µg 24 80 17 (30)
99 (97)
0
übernommen und reproduziert nach [6]; p.i.: inhalativ p.o.: oral DI: Dosierungsintervall
BV: Bioverfügbarkeit HWZ: Halbwertszeit PEB: Plasmaeiweissbindung EF:
Extraktionsfraktion
8.2.3 Muskarinrezeptor-Antagonisten
45
Verglichen mit Beta2-Agonisten sind Muskarinrezeptor-Antagonisten schwächere
Bronchdilatatoren. Diese Medikamentengruppe spielt heutzutage kaum noch eine Rolle für
die Therapie des Asthma bronchiale. Iprotropiumbromid (Atrovent®) wird als
Dosieraerosol lokal angewendet. Die Wirkung tritt ein nach 3-5 min und hält 4-6 Stunden
an. Als Parasympatholytikum ist das Medikament kontraindiziert bei Engwinkelglaukomen
sowie Miktionsstörungen. Als Nebenwirkung wird auch die Mundtrockenheit beschrieben
[13].
8.3 Stufenschema
8.3.1 Praktische Anwendung
Die medikamentöse Therapie des Asthma bronchiale vollzieht sich in der praktischen
Anwendung auf zwei Ebenen; es gibt eine Bedarfstherapie („Reliever“) sowie eine
Basistherapie („Controller“), welche je nach Schweregrad der Erkrankung einzusetzen
sind [6].
Zur allgemeinen Schweregradsbestimmung der Krankheit bezieht man sich auf
untenstehende Tabelle.
Tabelle 9 Schwerdegrade des Asthmas beim Erwachsenen
Schweregrad Asthma-Symptome tagsüber
Asthmasymptome nachts
FEV1 oder PEF bezgl. Sollwert in %
Stadium 1 Intermittierend
<2x/Woche <2x/Monat >80%
Stadium 2 Leicht persistierend
<1x/Tag >2x/Monat >80%
Stadium 3 Mittelschwer persistierend
Jeden Tag, täglicher Bedarf von Beta2-Agonisten
>1x/Woche 60%-80%
Stadium 4 Schwer persistierend
Andauernde Symptome
häufig <60%
übernommen und reproduziert nach [23] S.323
In der folgenden Abbildung ist das Stufenschema der medikamentösen Langzeittherapie
abgebildet, welches sich nach der aktuellen Literatur als das für den Patienten am
46
günstigsten erwiesen hat. Wenn keine Sondervermerke stehen, so ist von einer inhalativen
Darreichungsform auszugehen.
Abbildung 19 Stufenschema medikamentöse Langzeittherapie beim Asthma, erstellt nach
[13]
Stufe 1 (nur Bedarfsmedikation “Reliever”):
Bei bisher unbehandelten Patienten mit intermittierenden leichten Beschwerden. Keine
Dauertherapie, bei Bedarf kann ein kurzwirksamer inhalativer Beta2-Agonist angewendet
werden. Bei Asthmasymptomen >2x/Woche in den letzten 3 Monaten ist eine Steigerung
der Therapie indiziert. Bei diesen Patienten ist eine Relievertherapie nicht mehr
ausreichend und mit erhöhter Asthmamortalität verbunden [5].
Stufe 2 (Antiinflammatorische Dauermedikation mit inhalativen Glukokortikoide,
“Controller”)
Für mildes, persistierendes Asthma. Hierbei werden inhalative Glukokortikoide in
niedriger Dosierung angewendet. Alternativ können inhalative Cromoglycinsäure,
langwirksame Theophylline oder ein Leukotrien-Antagonist eingesetzt werden.
Bedarfsmedikation aller Stufen ist ein inhalativer Beta2-Agonist [5][23].
47
Stufe 3 (Verstärkung durch langwirksamer Beta2-Agonist):
Bei mäßiges, persistierendes Asthma. Es handelt sich um inhalative Glukokortikoide in
mittlerer Dosierung oder niedriger Dosierung in Kombination optional mit einem
langwirksamen inhalativen Beta2-Agonisten. Hierbei sind fixe Kombinationspräparate
verfügbar. Die Applikation ist für gewöhnlich 2x/Täglich, bei neuen Präparaten auch
1x/täglich. Die synergistische Wirkung beider Stoffgruppen ist einer hochdosierten ICS
Monotherapie klar vorzuziehen[5].
Stufe 4 (Erhöhung der inhalativen Glukocortikoiddosis):
Für schweres, persistierendes Asthma. Hier kommen Inhalative Glukokortikoide in
mittlerer bis hoher Dosierung zum Einsatz. Diese werden mit einem langwirksamen
inhalativen Beta2-Agonisten kombiniert. Als Alternative kommt auch eine Monotherapie
mit einem inhalativen Glukokortikoid mittlerer Dosierung oder die Kombination eines
inhalativen Glukokortikoids in mittlerer Dosierung plus einem Leukotrien-Antagonisten
oder Theophyllin in Betracht [5].
Stufe 5 (Sytemische Glukokortikoidgabe oder Gabe von IgE-AK):
Für schweres, persistierendes Asthma, welches nicht anders kontrollierbar ist. Bei
ständiger ausgeprägter Asthmasymptomatik ist die orale Glukokortikoidegabe in mittlerer
bis hoher Dosierung, kombiniert mit einem langwirksamen inhalativen beta2-Agonisten,
indiziert. Als Alternative kann bei einem schweren allergischen Asthma ein monoklonaler
IgE-Antikörper (Omalizimab) gegeben werden. Bei unzureichendem Therapieerfolg ist
eine zusätzlich Gabe von systemischen Glukokortikoiden indiziert [13].
Mit Hilfe dieser therapeutischen Vorgaben ist es möglich, asthmatische Beschwerden
deutlich zu erleichtern.
48
9 Aspekte des Asthma bronchiale beim Kind
Obwohl sich die Pathogenese des Asthmas beim Kind an den oben geschilderten
Vorstellungen und Konzepten orientiert, gibt es doch einige Unterscheidungen, die nur
kurz hier erwähnt seien. Unter den pränatalen Faktoren wird unter anderem eine
Fehlsteuerung verschiedener Toll-like Rezeptoren sowie Veränderungen in der
Signaltransduktion bei Th2-Zellen berichtet [52][53] . Studien die unter Berücksichtigung
ethnischer sowie sozioökonomischer Zusammenhängen ausgewertet wurden, zeigen eine
gesteigerte Prävalenz in sozial schlecht gestelltem Umfeld des Kindes [54]. Hierzu zählt
unter anderem ein relativer Vitamin D Mangel welcher mit einer gesteigerten
Suszeptibilität gegenüber Infektionen verbunden ist [55]. Insbesondere die häufige
Assoziation von Virusinfektionen (Human Rhinovirus C, RSV und Varizellen Infekte etc.)
und Asthma bronchiale ist auffällig [56][57][58].
Die rechtzeitige Erkennung und Diagnostik eines Asthma bronchiale ist vor allem beim
Kind von großer Wichtigkeit. Bei bestimmter immungenetischer Disposition kann bei
Säuglingen und Kleinkindern das Asthma eine RSV-Bronchitis maskieren oder auch
gegebenfalls sich daraus entwickeln. Dazu gilt es zu berücksichtigen dass die Aspiration
von Fremdkörpern auch nach Entfernung zu Hyperreagibilität führen können und als
Differenzialdiagnose ebenfalls beachtet werden muss. Ab dem Schuleintritt steht das
Asthma allergischer Genese, welches durch inhalative Allergene ausgelöst wird, im
Vordergrund [5]. Im Unterscheid des Asthmas beim Erwachsenen fallen gehäuft
Virusinfekte mit der akuten obstruktiven Ventilationsstörung zusammen. Hierbei handelt
es sich häufig um eine Infektion mit RSV oder auch Rotavirusinfektionen, wobei letztere
in der Regel mit Nahrungsmittelallergien koinzidieren. [59][60]
In einer Studie bei 84 Kindern mit RSV Infekt und 91 gesunden Kontrollen wurde der
Infekt mit Ribavirin therapiert. Dies hatte zur Folge, dass in 15% der Fälle eine Besserung
der Lungenfunktion gesehen wurde. [61]
Palivizumab, ein mAK, welcher vor allem bei präventiver Therapie gegen RSV eingesetzt
wird, bewirkte in einer anderen Studie bei 191 an RSV erkrankten Kleinkindern in 26%
gegenüber 13% der gesunden Kontrollen eine Verbesserung der Symptomatik [62].
In einer weiteren Studie wurde der Effekt von Omalizumab gegenüber Placebo bei 419
Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 6-20 Jahren nachgewiesen [63].
49
Die Therapieziele der medikamentösen antiasthmatischen Therapie sind vergleichbar mit
denen der Therapie bei Erwachsenen. Zusätzlich muss darauf geachtet werden, dass keine
Beeinträchtigung des Wachstums bzw. der körperlichen Entwicklung eintritt. Bleibende
Differenz der Körpergrösse könnte aus einer ICS Behandlung resultieren [64]. In den
folgenden Übersichtstabellen sind die Therapieempfehlungen bei Säuglingen und
Kleinkindern bis 4 Jahren bzw. bei Kindern von 5-11 Jahren aufgelistet.
Tabelle 10 Klinisches Kontrollschema bei Säuglingen und Kindern unter 4 J.
Kontrolliert teilweise kontrolliert unkontrolliert
Tag Symptome Über 2
Tage/Woche, nur
1x/Tag
Über 2 Tage/Woche oder
mehrmals am Tag am weniger als
Tagen/Woche
mehrmals am Tag
Nächtliches
Aufwachen
Weniger als
1x/Monat
Über 1x/Monat Über 1x/Woche
Einschränkung
täglicher
Aktivitäten
keine mässig stark
„reliever“-
Therapie
weniger als 2
Tage/Woche
Über 2 Tage/ Woche Mehrmals am Tag
Asthmaanfälle
und Therapien
mit
systemischen
CS/Jahr
0-1x/Jahr 2-3x/Jahr Über 3x/Jahr
übernommen und reproduziert aus [14];CS: Krotikosteroide
Tabelle 11 Klinisches Kontrollschema bei Kindern zwischen 5-11 Jahren.
Kontrolliert teilweise kontrolliert unkontrolliert
Tag Symptome Über 2 Tage/Woche, nur
1x/Tag
Über 2 Tage/Woche
oder mehrmals am Tag
am weniger als
Tagen/Woche
mehrmals am Tag
Nächtliches Aufwachen Weniger als 1x/Monat Über 2x/Monat Über 2x/Woche
Einschränkung
täglicher Aktivitäten
keine mässig stark
„reliever“-Therapie weniger als 2
Tage/Woche
Über 2 Tage/ Woche Mehrmals am Tag
Asthmaanfälle und
Therapien mit
systemischen CS/Jahr
0-1x/Jahr Über 2x/ Jahr Über 2x/Jahr
übernommen und reproduziert aus (40)
Diese Tabellen sind eine Evaluationshilfe, wie gut die Asthmatherapie kontrolliert und
ausgeführt wird. Bei häufigem Gebrauch der Relievertherapie sowie häufigen
50
Exazerbationen sollte eine Anpassung der Basismedikation erfolgen sowie die
Anwendungstechnik nochmals überprüft werden.
Ebenso sind Stufenpläne für die Dauermedikation beider Patientenkollektive dargestellt.
Tabelle 12 Stufenplan für Dauertherapie bei Kindern im Alter zwischen 5-11 Jahren
Stufe Dauermedikation
1 Keine ( nur Bedarfsmedikation: KUBA: Fenoterol unter
400ug/Tag)
2 ICS: niedrige Dosis, dazu alternativ
LTA (Montelukast 5mg/Tag) oder
inhalativ Cromone (Cromoglicinsäure 2x2
mg/Tag)
3 ICS: mittlere Dosis
oder niedrige Dosis, dazu alternativ
LABA (Salmeterol 2x50ug, Formoterol 2x6ug)
oder
LTA oder
Theophyllin
4 ICS: mittlere Dosis oder niedrige Dosis plus LABA
Alternativ mittlere Dosis plus
LTA oder
Theophyllin
5 ICS: hohe Dosis plus LABA oder alternativ zu LABA:
LTA oder
Theophyllin
6 ICS: hohe Dosis plus LABA plus orale CS, alternativ mit
LTA oder
Theophyllin
übernommen, modifiziert und reproduziert nach [14]
51
Tabelle 13 Stufenplan für Dauermedikation für Kinder unter 4 Jahren; übernommen,
modifiziert und reproduziert nach [14]
( Bedarfsmedikation: KUBA)
Stufe Dauermedikation
1 Keine
2 ICS: niedrige Dosis
oder alternativ LTA oder Theophyllin
3 ICS: mittlere Dosis
4 ICS: mittlere Dosis
plus
LABA oder LTA
5 ICS: hohe Dosis
plus
LABA oder LTA
6 ICS: hohe Dosis
plus
LABA oder LTA
Dazu orale Glukokortikoide
52
10 Diskussion
Die Pharmakotherapie des Asthmas gründet sich auf zahlreiche historische
Untersuchungen. Unter den vielen Forschern und Ärzten, die sich mit dem Thema
beschäftigten sei unter anderem Willem Osler (1849-1919) erwähnt, der Asthma als eine
Störung neuronaler Prozesse in den Bronchialwegen beschrieb. Anhand Studien der
Allergie haben Prausnitz und Küstner [65] den Zusammenhang zwischen Atopie und
Asthma hergestellt. Später wurde das Konzept der Entstehung des Asthmas durch
fehlgeleitete Rezeptoren von Sir Henry Dale [66] geprägt. Er vermutete eine Fehlsteuerung
neurogener Prozesse in der Bronchialmuskulatur als Ursache der Erkrankung. Später
demonstrierte Ahlquist1948 die Existenz verschiedener Rezeptormoleküle [67], was durch
Lands [68] mittels Unterscheidung von Beta1 und Beta2 Adrenozeptoren bestätigt wurde.
Inzwischen sind die Vorstellungen über das Asthma weitgehend ergänzt worden durch
Kenntnisse der Immunologie, Entzündungspharmakologie und Zellbiologie inklusive der
Molekularbiologie.
Trotz zahlreicher Fortschritte in der Pharmakotherapie des Asthmas bleibt unbefriedigend,
dass analog zu vielen anderen Erkrankungen, die Therapie nur symptomatisch ist. Im
Vordergrund pharmakologischer Wirkungen stehen hier zweifellos die spontanen Effekte
von Beta2-Agonisten und/oder Theophyllinen. Neben der hierdurch erzielbaren
Bronchodilatation dominiert die komplexe antientzündliche Wirkung von
Kortikosteroiden.
Obwohl die Kombination von Beta2-Agonisten und Kortikosteroiden anhand ihrer
synergistischen Wirkung täglich angewendet wird, ist ihre Wirksamkeit begrenzt.
Dieses impliziert die Notwendigkeit weitere wirksame Therapien zu entwickeln. Sowohl
die medizinischen Grundlagenforschung als auch die pharmazeutische Industrie bedienen
sich derzeit sogenannter Biologicals. Basierend auf molekularbiologischen
Untersuchungen wird hierbei ein Zielmolekül charakterisiert, das in die Regulation
immunologischer, inflammatorischer und pharmakologischer Vorgänge involviert ist.
Mittels Antikörper wird die Wirkung dieses Moleküls neutralisiert. Bezogen auf das
Asthma ist eine solche Entwicklung an Omalizumab exemplifiziert. Obwohl die Therapie
mit Omalizumab in klinischen Studien zumeist zu überzeugenden Resultaten führt, muss
daraufhin gewiesen werden,. dass ein chimärischer Antikörper „vor allem bei
Langzeitbehandlungen“ ein nicht zu unterschätzendes Risiko darstellt. Das zunehmende
Detailwissen über humorale Interaktionen bei der Pathogenese des Asthmas lässt bereits
53
jetzt erkennen, dass diese Entwicklung zu neuen Biologicals führen wird. Als ein rezentes
Beispiel sei hier die Neuentwicklung des Medikamentes Quilizumab erwähnt, dessen
Wirkung darin besteht spezifisch B-Lymphozyten in die Apoptose zu treiben und
hierdurch die IgE-Synthese drastisch zu reduzieren.
Es ist allerdings beobachtbar, dass die pharmazeutische Entwicklung von Anticholinergika
die vorher streng für die Indikation chronisch obstruktiver Lungenerkrankungen (COPD)
restringiert war, neuerdings auf das Asthma ausgedehnt wird, wie umgekehrt Beta2-
Agonisten in der COPD Anwendung finden (mehrere klinische Studien werden derzeit
durchgeführt). Als interessantes Beispiel für eine Weiterentwicklung einer altbekannten
Substanzklasse wie den Theophyllinen, ist die Synthese von Inhibitoren der PDE-
Isoformen erwähnenswert. Für eine zukünftige Entwicklung könnte diese Strategie ein
tragfähiger Ansatz zur Synthese neuer Substanzen bzw. Substanzklassen sein.
54
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